Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 94. Sitzung / Seite 9

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Darin erschöpfen sich aber keineswegs unsere Aktivitäten. Ich habe schon beim heurigen Österreichischen Juristentag ausgeführt, daß wir im Rahmen der Neuregelung des strafprozessualen Vorverfahrens auch die Definition der verfahrensrechtlichen Stellung des Opfers neu vornehmen wollen. Es geht um verstärkte Möglichkeiten des Einflusses auf den Verfahrensablauf und auf die Stoffsammlung. Es geht um die Befriedigung des Bedürfnisses nach immaterieller, aber auch materieller Wiedergutmachung, aber auch um eine professionelle Verfahrensbegleitung samt psychologischer und rechtlicher Beratung und Betreuung während des Verfahrens und nach dessen Beendigung.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage, Frau Dr. Fekter.

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Herr Minister! Zugegeben: Es sind bereits Rechte für die Opfer in den Gesetzen normiert, aber bedauerlicherweise erfahren die Opfer nicht oder viel zu spät davon. In der Zeit der Ministerschaft von Dr. Foregger war einmal die Rede davon, daß es ein Merkblatt geben soll, das die Bediensteten in den Bereichen Justiz und Sicherheit dabei unterstützen soll, die Opfer über deren Rechte zu informieren. Denken Sie daran, die Information der Opfer besser zu gestalten?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Ja, Frau Abgeordnete. Schon allein aufgrund der nicht zuletzt durch Sie ausgelösten Diskussion in den letzten Wochen sowie aufgrund des Ergebnisses der Beratungen des Österreichischen Juristentages habe ich den Auftrag gegeben, ein verbessertes – es gibt ja eines – Formblatt über die Belehrung von Personen, die durch eine Straftat in ihren Rechten verletzt worden sind, aufzulegen. Dieses Formblatt soll den betroffenen Personen bereits bei der Anzeige, jedenfalls aber vor der Vernehmung zur Sache rechtzeitig ausgehändigt werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Frau Dr. Schmidt, bitte.

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Wenn es überhaupt eine Steigerung der Bedauernswürdigkeit von Opfern gibt, dann, muß ich sagen, sind sicher die Opfer von Kindesmißbräuchen am bedauernswertesten. In diesem Zusammenhang haben Sie uns schon einmal auf eine Anfrage geantwortet, daß es in Österreich insgesamt nur drei kindergerecht eingerichtete Vernehmungszimmer gibt. Ich glaube jedoch, daß es notwendig wäre, alle Verfahren, die mit Kindesmißbrauch in Zusammenhang stehen, so zu konzentrieren, daß sie von Leuten geführt werden, die auch im Umgang damit geschult sind; das wäre an den Jugendgerichtshöfen gegeben. Auch dazu gibt es einen Antrag der Liberalen, der seit einem halben Jahr im Parlament liegt und bisher nicht behandelt wurde.

Gibt es Überlegungen in Ihrem Ressort in die Richtung, die Verfahren über Kindesmißbräuche auf die Jugendgerichtshöfe zu konzentrieren?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Außerhalb von Wien gibt es sozusagen noch ein eigenes Jugendgericht in Graz, dieses ist ein Einmannbetrieb, der auch nicht ausgelastet ist. Ich sehe bei allen anderen Landesgerichtshöfen allein aufgrund des Anfalles nicht die Notwendigkeit einer eigenen organisatorischen Einrichtung. Ich meine aber, daß es an allen Landesgerichtshöfen besonders geschulte Personen, vor allem Richter, gibt, die durch die Geschäftsverteilung für Jugendgerichtssachen bestimmt werden.

Als wichtig erscheint es mir in diesem Zusammenhang, daß die im Gesetz schon seit einiger Zeit vorgesehene Möglichkeit der schonenden und auch abgesonderten Vernehmung wirklich Praxis wird. Dafür gibt es sowohl Schulungen als auch den Kontakt mit Sachverständigen, durch die die Vernehmung dann stattfinden kann, und – jedenfalls bis zum Ende dieses Jahres – überall die räumlichen, organisatorischen und technischen Voraussetzungen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Herr Abgeordneter Maier, bitte.


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