Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 102. Sitzung / Seite 22

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Ein Vorschlag auf mündliche Berichterstattung liegt mir nicht vor, daher gehen wir sofort in die Beratung dieser Vorlage in zweiter Lesung ein.

Als erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Stadler. Redezeitlimit: 20 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.06

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Die zur Debatte und in Verhandlung stehende Gesetzesvorlage zielt auf die rechtliche Grundlage zum Abschluß eines Gliedstaatsvertrages für den Österreichischen Städtebund und den Österreichischen Gemeindebund ab. Der Hintergrund ist die Schaffung eines Konsultationsmechanismus, der angeblich notwendig ist, um die Maastricht-Kriterien zu erreichen und auf Dauer einhalten zu können. Dafür würde das bisher vorhandene rechtliche Instrumentarium nicht ausreichen, wird behauptet.

Herr Präsident! Ich bin froh darüber, daß Sie die letzte Debatte zu diesem Gegenstand, die letzte Verfassungsdebatte zum Anlaß genommen haben, bremsend auf den kleineren Regierungspartner einzuwirken, da die Eingriffe in den Parlamentarismus doch so gravierend sind, daß Ihr mäßigender Einfluß in Ihrer Eigenschaft als Präsident dieses Hauses mehr als notwendig war.

Ich freue mich auch darüber, daß Kollege Neisser – der Dritte Präsident sieht es übrigens genauso – die Dinge differenzierter sieht als seine eigene Fraktion. Es steht nämlich auch dem Zweiten Präsidenten an, in erster Linie auf die Rechte des Hauses zu achten und sich den Wünschen einer Fraktion nicht zu beugen.

Meine Damen und Herren! Das vorhandene Begutachtungsverfahren hinsichtlich der Auswirkungen von Gesetzen, insbesondere der finanziellen Auswirkungen, reicht völlig aus, um die erforderlichen Informationsflüsse vom Bund an die Länder sicherzustellen.

Es gibt Einspruchsrechte der Bundesregierung gegenüber Gesetzesbeschlüssen der Länder – das stellt ebenfalls sicher, daß es nicht zu Belastungen einer Gebietskörperschaft durch die anderen Gebietskörperschaften kommen kann.

Es gibt in diesem Haus eine Ländervertretung, nämlich den Bundesrat, der die Aufgabe hätte (Abg. Haigermoser: "Hätte"!)  – ich betone: hätte –, zu verhindern, daß Belastungen der Länder durch die gesetzgebende Körperschaft Nationalrat stattfinden, um zu gewährleisten, daß die Rechte der Länder, insbesondere die finanziellen Rechte der Länder, gewahrt werden.

Meine Damen und Herren! Es gibt eigentlich schon ausreichend Regelungen, die dafür sorgen, daß Kostenwahrheit, Kostentransparenz und Kostendisziplin stattfinden. Bezeichnend war, daß im Hearing des Unterausschusses des Verfassungsausschusses sämtliche Experten, namhafte Experten, namhafte Vertreter der österreichischen Rechtswissenschaft, der Verfassungslehre und der Verfassungstheorie, diesen Entwurf verworfen haben, und zwar samt und sonders.

Professor Pernthaler hat im Zusammenhang mit dieser Gesetzesvorlage gemeint, sie sei schlichtweg eine Katastrophe. – Meine Damen und Herren von der Österreichischen Volkspartei! Professor Pernthaler ist jemand, der Ihnen nicht so ferne steht, der Verständnis für die Anliegen des Föderalismus hat; er ist ja der Leiter des Institutes für Föderalismusforschung, getragen von den Bundesländern Salzburg, Tirol und Vorarlberg. Er hat gesagt, der Weg, der da beschritten wird, sei schlichtweg eine Katastrophe. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die Einwände von Professor Brünner – ein ehemaliges ÖVP-Mitglied, später Abgeordneter des Liberalen Forums – waren vom Feinsten. Er sagte: Durch die vorliegende Gesetzesvorlage wird das demokratische Bauprinzip der Bundesverfassung nachhaltigst beeinträchtigt, weil eine Delegation von Verfassungsrechtserzeugung an Vollzugsorgane erfolgt. – Keiner der in der Sitzung des Unterausschusses oder auch des Verfassungsausschusses Anwesenden war in der Lage, diesen Einwand eines hervorragenden Verfassungsrechtlers zu entkräften.


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