Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 105. Sitzung / Seite 29

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Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung, Herr Minister.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Frau Abgeordnete! Meine Damen und Herren! Allgemein ist das Ziel der Reform die Stärkung des wirtschaftlich schwächeren Partners in der Ehe und im Falle der Scheidung, insbesondere bei der Teilung der Aufgaben während der Ehe, beim Schutz vor Verlust der Wohnung und im Aufteilungs- und Unterhaltsbereich. Konkrete Maßnahmen sind im Ehewirkungsrecht, im Scheidungsrecht und im Scheidungsfolgenrecht geplant.

Im Ehewirkungsrecht soll eine Verdeutlichung der Pflicht zur partnerschaftlichen Gestaltung der ehelichen Lebensgemeinschaft vorgenommen werden, also insbesondere was die in Summe tunlichst möglichst gleichmäßig zu verteilenden Lasten der Erwerbstätigkeit, Haushaltsführung und Kinderbetreuung anlangt. Von einem erzielten Einvernehmen soll bei besonders berechtigten Gründen von einem Partner auch einseitig abgegangen werden können, etwa bei Aufnahme einer Berufstätigkeit. – Unterhalt auch in Geld statt nur in natura, Sicherung des Wohnungsbedürfnisses, Aufhebung der Mitwirkungsverpflichtung im Erwerb des Ehegatten, bessere Entlohnung, wenn solch eine Mitwirkung stattfindet.

Im Ehescheidungsrecht wird es vermutlich nicht möglich sein, vom Verschuldensprinzip gänzlich abzugehen. Wir wollen allerdings alle Verschuldensscheidungsgründe in einem Verschuldenstatbestand, schwere Eheverfehlung mit Zerrüttung, zusammenfassen.

Im Scheidungsfolgenrecht soll aber das Verschuldensprinzip doch in den Hintergrund treten, insofern als es auch möglich ist, den Bedarf stärker als bisher zu berücksichtigen, etwa dadurch, daß unabhängig vom Verschulden dem Bedürftigen Unterhalt dann gewährt wird, wenn die Bedürftigkeit sozusagen ehebezogen ist, sei es, daß er innerhalb der Ehe wegen Kinderbetreuung nicht in der Lage war, einen Beruf zu ergreifen, oder sei es danach. Der Unterhalt soll auch zeitlich befristet sein.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister. – Zusatzfrage.

Abgeordnete Rosemarie Bauer (ÖVP): Herr Bundesminister! Das, was Sie jetzt vorgebracht haben, war uns immer schon ein großes Anliegen, zumal es meistens die Frauen sind, die dann in der Lebensabsicherung, in ihrer weiteren Lebensplanung sogar zu Sozialfällen werden. Immer wieder wird auch – das ist ein Grundproblem – über die gemeinsame Obsorge für die Kinder diskutiert, die zum Teil arm sind, nicht nur weil sie zu Scheidungswaisen, sondern auch förmlich zu Geiseln werden. Aus internationalen Erfahrungen wissen wir aber, daß dieses gemeinsame Sorgerecht nicht unbedingt gerade die beste Lösung ist. Welche Überlegungen stellen Sie in diesem Zusammenhang an?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Frau Abgeordnete! Ich habe schon in einem anderen Zusammenhang erklärt, daß in jenen Fällen, in denen die Eltern trotz Scheiterns ihrer Beziehung zumindest in Fragen der gemeinsamen Kinder einvernehmlich vorgehen wollen und auch – objektiv betrachtet – können und ein solches gemeinsames Vorgehen durchaus – auch objektiv betrachtet – im Interesse und zum Wohle des Kindes ist, die Ausübung der Obsorge durch beide Teile nicht von vornherein ausgeschlossen erscheint.

Ich kann mir etwa ein Modell vorstellen, daß nach der Scheidung bei entsprechendem Einvernehmen, wenn es zum Wohle des Kindes ist, zwar einem Ehegatten die Obsorge übertragen wird, dem anderen aber eine Teilhabe an dieser Obsorge eingeräumt wird, die solange besteht, bis das Einvernehmen nicht mehr gegeben ist oder es nicht mehr zum Wohle des Kindes ist.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Stoisits. – Bitte.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Es gibt große Mißstände im Zusammenhang mit Scheidungen, wenn es um die Kosten von Scheidun


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