Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 44

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Ich habe dieses Argument zur Kenntnis genommen, auch wenn es immer schon mehr der politischen Rationalität verpflichtet war als der Sachlogik: Nur weil es alle so machen, muß es noch lange nicht Maastricht-konform sein. Ich habe jedoch auch immer folgendes dazugesagt: Ich gebe zu, EUROSTAT hat schon öfter unverständlich entschieden, aber daß das Maastricht-konform sein soll, werde ich erst dann glauben, wenn ich es von EUROSTAT schriftlich habe. In der Zwischenzeit habe ich es schriftlich von EUROSTAT bekommen. Ich empfehle Ihnen sehr, Herr Staatssekretär, die "Eurostat-News-Release" vom 17. Dezember 1997 zu lesen. Dort geht es darum, wie Ausschüttungen der Zentralbank an den Staat budgetmäßig behandelt werden sollen, und um Fälligkeitstermine für Steuern und wie sie sich auf das Defizit auswirken.

Meines Erachtens ist es eindeutig, daß bei den Produktions- und Einfuhrsteuern – das heißt in erster Linie bei der Mehrwertsteuer – die Verbuchung zum Zeitpunkt der Entstehung der Transaktion zwingend ist. Sie haben da keinerlei Spielraum, mit 13. Überweisungen oder sonstigen Fragen der Kassenwirksamkeit der Besteuerung herumzutun. Es kommt einzig und allein auf den Zeitpunkt der Transaktion an. Insoweit also die Steuerguthaben Mehrwertsteuern sind – und ich nehme an, der größte Teil dieser Guthaben sind Mehrwertsteuereinnahmen –, sind diese 15 Milliarden Schilling, die Sie als Einnahmen verbuchen, nicht Maastricht-konform.

Ähnlich – wenn auch mit einer anderen Begründung – verhält es sich mit den Einkommensteuern und dem Rest von Vermögensteuern – in Österreich sind es vor allem Einkommensteuern. Ich will Sie jetzt nicht mehr mit diesen technischen Details behelligen. Es kommt mir nur darauf an, zu sagen: 15 Milliarden Schilling beim Defizit 1998 fehlen Ihnen jetzt plötzlich wieder. Ich bin sehr gespannt darauf, welche Phantasie Sie – in Verbindung mit dem bekannten Sachverstand der Beamten des Finanzministeriums – walten lassen werden, um diese 15 Milliarden Schilling doch wieder Maastricht-konform als Einnahmen wirksam sein zu lassen. Man lernt ja immer wieder etwas dazu. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

10.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Müller. – Bitte. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

10.59

Abgeordneter Karl Gerfried Müller (SPÖ): Sehr geehrte Herren Präsidenten! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Österreich gehört zu den wohlhabendsten Staaten und kann auf einen sehr positiven Aufholprozeß in den letzten Jahrzehnten verweisen. Wir sind zu Recht stolz auf die Leistungen der Österreicherinnen und Österreicher. Unser Land ist das drittreichste der Europäischen Union. Aber um unter den besten zu bleiben, um künftige Fehlentwicklungen und Notprogramme zu vermeiden, mußten rasch Reformen umgesetzt werden. Eine Fortführung höherer Defizite hätte den finanz- und wirtschaftspolitischen Spielraum stark verringert und auf längere Sicht zu einer unfinanzierbaren Budgetbelastung geführt. Die Regierung hat trotz vieler Unkenrufe der Opposition verantwortungsvoll gehandelt.

Was den verbalen Ausritt von Kollegen Haselsteiner, der jetzt offensichtlich nicht mehr im Saal ist, betrifft: Herr Haselsteiner! Wenn wir den Berichten über Ihre riesigen Gewinne Glauben schenken dürfen, dann kann die österreichischen Steuer- und Wirtschaftspolitik nicht so schlecht sein, wie Sie das heute hier von diesem Rednerpult aus durch Ihre schon bekannte Schwarzweißmalerei darzustellen versuchten.

Der Bundesrechnungsabschluß 1996 bescheinigt einen absolut positiven Weg, einen Weg, der die Sicherung und Erhöhung des Wohlstandes, die Verbesserung der Beschäftigungslage insgesamt, die Sicherung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit sowie die langfristige Finanzierung unseres Sozialstaates in den Vordergrund gestellt hat.

Gerade das Jahr 1996 war ja ein Jahr der Weichenstellungen für die Zukunft unseres Landes. In den letzten Jahren hat sich die Schere zwischen Einnahmen und Ausgaben der öffentlichen Haushalte stark geöffnet. Dies hat zu einem Anstieg des Defizits geführt. Es mußten also gegensteuernde Maßnahmen gesetzt werden, die 1996 erstmals auch voll gegriffen haben.


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