Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 125

Meine Damen und Herren! Wenn die Österreichische Volkspartei einen Antrag vorgelegt hat, dann muß ich fragen: Was sollen wir mit diesem Antrag wirklich machen, wenn gleichzeitig die Parole ausgegeben wird, Herr Klubobmann Khol, daß darüber nicht abgestimmt werden darf? (Abg. Dr. Khol: Im Ausschuß!) Das heißt, Sie wollen von vornherein keine ernsthafte Debatte im Ausschuß. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Khol.) Ja, Sie wollen im Ausschuß debattieren, aber der Sinn einer Debatte im Ausschuß ist ja, daß darüber dann auch im Plenum diskutiert wird und daß dann auch im Plenum eine Abstimmung erfolgt. Wenn Sie sagen, über Ihren Antrag darf nicht abgestimmt werden, dann verhindern Sie von vornherein eine seriöse, sinnvolle Debatte. Sie wollen keine Abstimmung und damit auch keine Diskussion und keine Beratung.

Ich glaube, wir brauchen eine sehr offene Diskussion. Es sollten alle Optionen, die es gibt, ... (Abg. Dr. Khol: Wo wollen Sie denn diskutieren?) Zuerst im Ausschuß und dann im Plenum. (Abg. Dr. Khol: Ja, so wollen wir es auch!) Aber wenn Sie Ihre Option, Herr Kollege Khol, gar nicht ins Plenum bringen wollen, weil das hieße, darüber abzustimmen ... (Abg. Dr. Khol: Haben wir ja! Wir wollten sie nur nicht im Zuge der gestrigen Debatte abgestimmt haben!) Lieber Herr Kollege Khol! Es ist die Parole ausgegeben worden, die Österreichische Volkspartei bringt einen Antrag ein, aber es wird darüber nicht abgestimmt.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Moser! Damit da kein Irrtum entsteht: Alle Anträge, die in der heutigen Sitzung eingebracht werden und den geschäftsordnungsmäßigen Voraussetzungen entsprechen, werden selbstverständlich abgestimmt. Darüber brauchen wir uns nicht zu streiten.

Abgeordneter Hans Helmut Moser (fortsetzend): Herr Präsident! Das stimmt schon. Ich gehe davon aus, daß Sie gemäß der Geschäftsordnung vorgehen. Aber der Herr Klubobmann Khol hat von vornherein erklärt, daß es über den Antrag, den die Österreichische Volkspartei eingebracht hat und der dem Außenpolitischen Ausschuß zugewiesen werden soll, dann zu keiner Abstimmung im Parlament kommt. Das ist gesagt worden, und daher ist man gar nicht bemüht - das ist meine Schlußfolgerung -, hier eine ernsthafte Diskussion zu führen.

Ich meine, daß eine derartige Diskussion notwendig ist und daß alle Optionen auf den Tisch gelegt werden müssen. Die Optionen der Grünen kennen wir, wir kennen die Optionen der Freiheitlichen und auch jene der Österreichischen Volkspartei. Und ich denke, daß man im Zuge der Diskussion auch fair informieren und einmal von dieser Greuelpropaganda wegkommen wird müssen.

Ich bedauere wirklich, daß Herr Klubobmann Kostelka heute seine Einschätzung der NATO wieder wie folgt erläutert hat: Die NATO ist nicht neu, sie ist ein altes Konzept; atomarer Erstschlag. - Herr Klubobmann, das stimmt nicht! (Abg. Dr. Kostelka: O ja!) Die NATO kennt den atomaren Erstschlag nicht mehr. Sie kennt nur die Antwort auf einen atomaren Erstschlag. Das hat die NATO in ihrer Konzeption, aber nicht einen Erstschlag im Falle eines Angriffes, von wem auch immer. (Abg. Schieder: Das ist aber auch nicht exakt! Die Antwort auf einen Erstschlag mit atomaren Waffen!) Mit atomaren Waffen; das steht im Antrag. (Abg. Schieder: Die Antwort ist das!) Richtig, aber Herr Kollege Kostelka hat von einem Erstschlagskonzept der NATO gesprochen. (Abg. Schieder: Ja, die NATO verwendet es als erste!) Das ist falsch. Die NATO verwendet es nicht als Erstschlag. Die NATO verwendet es als Antwort auf einen Erstschlag eines anderen Landes. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Herr Kollege Kostelka! Sie haben offensichtlich die Entwicklung der letzten Jahre verschlafen. (Abg. Dr. Kostelka: Das strategische Konzept ist nach wie vor alt!) Ich darf Sie daran erinnern: Die NATO hat Grundakte mit Rußland abgeschlossen. Die NATO hat sich entwickelt, die NATO hat sich verändert. Es gibt die Grundakte mit Rußland (Abg. Dr. Kostelka: Völkerrechtlich nicht verbindlich!), es gibt das Partnerschaftsabkommen mit der Ukraine, es gibt weitere Mitglieder in der NATO. Es gab die Konferenz von Berlin und die Konferenz von Madrid, wo die NATO neue Strukturen festgelegt hat. Die NATO hat weniger Streitkräfte als vor Jahren. Es gibt den NATO-Kooperationsrat. Es gibt neue Schwerpunkte in der Aufgabenstellung der NATO, sie bewegt sich weg von der klassischen militärischen Verteidigung hin zum Krisenmanagement. Das ist die


Vorherige SeiteNächste Seite
Seite 1