Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 151

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 3595/AB

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zu einer Kurzdebatte über die Anfragebeantwortung des Bundesministers für Justiz mit der Ordnungszahl 3595/AB.

Die erwähnte Anfragebeantwortung ist bereits verteilt worden, sodaß sich eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache auf folgende Redezeitbeschränkungen gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung aufmerksam: Erstredner zur Begründung maximal 10 Minuten, jeder Folgeredner maximal 5 Minuten, Stellungnahmen der Mitglieder der Bundesregierung oder zu Wort gemeldeter Staatssekretäre sollen 10 Minuten nicht überschreiten.

Ich ersuche nun Herrn Abgeordneten Morak als Unterzeichner des Verlangens, die Debatte zu eröffnen. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. - Bitte, Herr Abgeordneter.

18.18

Abgeordneter Franz Morak (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Ich bin überzeugt: Nichts braucht die kulturpolitische Debatte weniger als eine Belebung oder eine Perpetuierung der Mühl-Debatte. Strafrechtspolitisch ist die Sache aber meiner Meinung nach virulent und sollte von uns noch nicht gegessen worden sein. In ihrer Art war das nämlich doch ein Parallelfall zur Affäre Lucona, gekrönt durch ein Happening in den Staatstheatern.

Eine Persönlichkeit, die sich die Sozialdemokratie seinerzeit aufs Brot geschmiert hat, zum Frühstück, zum Mittagessen und zum Abendessen, von Kreisky angefangen bis hin zum kleinsten burgenländischen Sozialpotentaten, hat M. es verstanden, sich mit List, Gewalt, Bestechung der Strafverfolgung und der gerichtlichen Abrechnung dieser Delikte zu einem guten Teil oder zu einem guten schlechten Teil - wie Sie wollen - zu entziehen, denn beim Prozeß wurde nur die Spitze des Eisberges verhandelt, einfach dadurch, daß ungeheure Zahlungen geleistet wurden.

Ich verweise in diesem Zusammenhang auf das Buch von Andreas Schlothauer, das 1992 bekannt war, weil es 1992 erschienen ist - mitten in der heißen Debatte.

Diese Chinesische Mauer oder dieses chinesische Machwerk rund um den "Friedrichshof", dieser Schutzwall aus roten Ziegelsteinen ist ein burgenländisches Trauerspiel der Sonderklasse. Heute wissen wir, daß die burgenländischen Strafverfolgungsbehörden kein Kuß der Welt aus ihrem Dornröschenschlaf geweckt hätte. Man hat schon fester ein paar Mal hintreten müssen, daß sie aufgewacht sind. - Warum wohl? Wenn in einem Strafverfahren, wie das noch immer im Raum steht und noch immer nicht widerlegt ist, Zeugen und Opfer massiv mit Geldzuwendungen von ihrer Aussage abgehalten werden, dann heißt das, daß hier mit elementarer Schlampigkeit ermittelt wurde.

Denn hier geht es nicht um diskrete Zahlungen im Hinterzimmer, um diskrete Absprachen in einem Hinterzimmer, hier geht es um 17,4 Millionen Schilling. Die sind nämlich geflossen, damit ehemalige Bewohner und ehemalige Opfer den Mund halten. Und das werfe ich der strafverfolgenden Behörde vor: Es wäre 1992 (Abg. Dr. Khol: Das ist der Punkt!) - 1992! - bei einiger Mühe der verfolgenden Behörden, bei einigem Lesen der Literatur möglich gewesen, daß sie diesen Tatbestand aufgedeckt hätten.

Jetzt lesen wir aber in Ihrer Beantwortung, die Sache hat sich auf gut österreichisch erledigt, sie ist an Altersschwäche gestorben - sie ist nämlich verjährt. Und irgendwann wird irgendwer irgendwo und irgendwie eine Antwort geben und einen Bericht schreiben, den wahrscheinlich keiner lesen wird. Darauf freuen wir uns natürlich, aber vielleicht sollten wir jetzt noch einmal die Akteure vor den Vorhang rufen. Wenn wir schon die strafrechtliche Verantwortung in diesem Fall nicht klären, so sollten wir doch noch einmal die politische abhandeln.


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