Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 116. Sitzung / 209

Sie dem zu! Es wäre ein erster Schritt zu einer echten Mindestabsicherung, vor allem für Frauen.

Ein kurze vierte Bemerkung zu Frau Steibl, die gemeint hat, eine Änderung des Vergabegesetzes in Richtung verpflichtender Berücksichtigung von Frauen sei verfassungswidrig, EU-rechtswidrig. (Abg. Steibl: Ich habe nicht "Rechtswidrigkeit" gesagt!) - Das ist eine sehr defensive Argumentation. Hätten die GenkritikerInnen so agiert, das Verbot von Genmais wäre nie erreicht worden. Hätte die Sozialdemokratie am Anfang so argumentiert, würden wir heute noch 16 Stunden arbeiten. Dieses Argument zählt überhaupt nicht. (Präsident Dr. Fischer übernimmt den Vorsitz.)

In einem fünften und letzten konkreten Punkt zur Nomenklatur: Ich frage jene, die es für egal halten, ob eine Bezeichnung männlich oder weiblich ist: Wenn es so egal ist, warum wird dann nicht einmal durchgängig die männliche Bezeichnung verwendet? - Bei bestimmten untergeordneten Funktionen von Frauen wurde das "in" immer schon verwendet: die Bedienerin, die Wäscherin, die Büglerin, die Krankenschwester, das Stubenmädchen. Bei diesen Bezeichnungen gab es immer schon die weiblichen Formen. Nur bei der Frau Präsident oder der Frau Minister hat man das "in" gerne verschwiegen. Sprache kann verräterisch sein! Ich schlage dringend vor, auch zu diesem Punkt gesetzliche Verpflichtungen einzuführen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das sind aber wirklich nicht die Probleme der Frauen, Frau Abgeordnete!)

Ich komme nun zu dem, was vielleicht auch Sie, Frau Partik-Pablé, als das wirkliche Problem ansehen, nämlich zur Verfassungsebene. In puncto legistischer Qualität des nun eingebrachten Regierungsantrages teile ich voll die Auffassung von Präsident Brauneder: Das ist ein juristischer Pfusch, wie es ärger nicht mehr geht! Frau Bundesministerin! Ich fürchte auch, daß durch den männlich dominierten Verfassungsgerichtshof für die Frauen realiter eine Verschlechterung ihrer Verfassungsposition herauskommen kann.

Ich weiß nicht, worüber Sie sich empören, Herr Kollege Nürnberger und andere. (Abg. Nürnberger: Was ist denn schon wieder?) Vielleicht ist Ihnen das nicht so wichtig. Es sollte aber gerade Sozialdemokraten interessieren. Abgeordneter Kräuter hat gesagt, es sei ein beschämendes Ergebnis, Frau Abgeordnete Wurm hatte einen Traum, und es wurde von Ihnen durchwegs behauptet, schuld seien vor allem die ÖVP und die FPÖ.

Meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion! Ich sehe das anders. Sie wissen, daß es mittlerweile vier Parteien gibt, die eine etwas härtere und auch legistisch bessere Verfassungsbestimmung mittragen. (Abg. Silhavy: Kollege Brauneder hat aber etwas anderes gesagt!) Es wurde gesagt, auch die Kolleginnen und Kollegen der freiheitlichen Partei würden den von Grünen und Liberalen, von Frau Pollet-Kammerlander und von Frau Schaffenrath eingebrachten Antrag mittragen. Das wären vier Parteien mit einer satten Zweidrittelmehrheit.

Das heißt, es liegt an den Sozialdemokraten, wenn dieser Antrag nicht beschlossen wird. Denn Abgeordneter Khol wird meiner Meinung nach wegen zwei Worten in einem Antrag nicht die Koalitionsfrage stellen und zu Neuwahlen schreiten. Es liegt nur an Ihnen.

Aber Sie brauchen einen Funken von politischem Mut. Sie behaupten immer wieder, es herrsche eine konservative Ideologie vor. Ich sage Ihnen, bei Ihnen gibt es nur mehr eine Machtideologie und sonst gar nichts mehr. Sie könnten es hier und heute erreichen, daß dieser Antrag mit der etwas besseren Verfassungsbestimmung Realität wird. Frau Abgeordnete Wurm! Sie würden in diesem Punkt nicht mehr zu träumen brauchen. Wenn Sie aber jetzt nicht zustimmen, dann werden Sie aufwachen und bemerken, daß Sie das Ganze auf der Ebene eines Traumes belassen haben.

Meine Damen und Herren von der sozialdemokratischen Fraktion! Man fragt sich, wer denn eigentlich das Koalitionsabkommen ausverhandelt hat. War es denn die Sache der Frauen nicht wert, einen koalitionsfreien Raum zu vereinbaren? War wirklich nur die Promillegrenze und ein bißchen was sonst diesbezüglich durchsetzbar? (Abg. Dr. Mertel: Das ist verhindert worden!) Hätten Sie darum nicht auch so streiten können wie um die Anteilsrechte der Bank Austria? Oder sind die Frauen nicht so viel wert?


Vorherige SeiteNächste Seite
Seite 1