Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 128. Sitzung / 32

der Wirtschaftskammer Niederösterreich oder auch anderer Wirtschaftskammern ist, ihren Mitgliedsbetrieben dringend von der Einstellung behinderter Menschen abzuraten.

Ich darf daran erinnern, daß wir erst vor wenigen Wochen den Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung hier im Haus diskutiert haben, daß sich ein wesentliches Kapitel in diesem Aktionsplan mit der Arbeitslosigkeit behinderter Menschen beschäftigt und daß wir uns einig waren in dem Bemühen, auf diesem Gebiet ganz besondere Anstrengungen zu unternehmen.

Dieser Nationale Aktionsplan, meine sehr geehrten Damen und Herren, muß Makulatur bleiben, wenn zumindest Teile der Arbeitgeberschaft, der Wirtschaftskammer dieses Landes derart skandalöse Ratschläge geben.

Zum zweiten Bereich: Die soziale Krankenversicherung befindet sich 1996 erstmals auf dem Weg der Konsolidierung. Franz Hums hat zu Recht darauf hingewiesen: Damals gab es ein Minus von 400 Millionen Schilling. In diesem Zusammenhang darf ich darauf hinweisen, daß wir ab dem 1. Juli eine sozialpolitisch bemerkenswerte Neuerung vorfinden: Die Krankenversicherung der Bauern wird angedockt an die Gebietskrankenkasse. Das bedeutet für bäuerlich Versicherte die Übernahme des Sachleistungsprinzipes. Das bedeutet, daß eine Bevölkerungsgruppe, die - siehe das Armutskapitel im Sozialbericht - wahrlich nicht zu den materiell begünstigten im Land gehört, endlich wie Angestellte, wie Arbeiter, wie andere Gruppen im Land auch die Möglichkeit hat, zum Arzt zu gehen, ohne vorher das Geld hinlegen zu müssen. Das ist eine ganz große, sozialpolitisch wichtige Errungenschaft, und darüber sind wir alle sehr, sehr froh. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.)

In diesem Zusammenhang stört es mich, daß das, was wir als Errungenschaft empfinden, von der Ärztekammer als etwas dargestellt wird, was kritikwürdig ist. Ich habe großes Verständnis dafür, daß Standesvertreter auf Probleme hinweisen, und ich habe auch Verständnis dafür, daß das im Vorfeld von Kammerwahlen etwas drastischer und etwas polemischer geschieht, aber ich möchte von dieser Stelle aus auch den Appell von Franz Hums unterstützen und darum bitten, daß hier bald wieder Ruhe einkehren möge und man bald wieder zu einem konstruktiven Gesprächsklima zurückfinden möge - mit dem Sozialministerium, mit dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger, mit der Apothekerkammer und mit all jenen, mit denen die Ärztekammer tagaus, tagein zu tun hat. Die Patienten jedenfalls werden dankbar dafür sein. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.15

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nun gelangt Frau Abgeordnete Haidlmayr zu Wort. - Bitte, Frau Abgeordnete.

19.15

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Sozialbericht aus 1996 zeigt im Behindertenbereich genau das auf, was wir immer angekündigt haben, das passieren wird. Das Problem ist, daß nicht nur 1996 die Lage behinderter Menschen miserabel war, sondern daß sie auch 1997 miserabel war und 1998 noch immer miserabel ist.

Ihr Sozialbericht zeigt ganz deutlich auf, daß sich im Bereich der Pflegevorsorge die Situation nicht verbessert hat, sondern ganz im Gegenteil, sie hat sich gravierend verschlechtert, denn immer mehr Menschen sind in der Pflegestufe 1 eingereiht und erhalten nur mehr 2 000 S. Bereits 1996 waren in Summe nur mehr knapp 2 300 Menschen in der Stufe 7. Frau Ministerin! Wenn es wirklich so wäre, daß es nur 2 300 Menschen gibt, die schwerstbehindert sind und eine Rund-um-die-Uhr-Betreuung brauchen, dann ginge es uns gut und dann hätten wir nicht so massive Probleme, wie wir sie haben, wenn es um behinderte Menschen geht.

Und noch eines, Frau Ministerin: Sie haben in Ihrem Sozialbericht aus 1996 auch ein Kapitel zum Thema der Verpflichtung von Unternehmen, behinderte ArbeitnehmerInnen zu beschäftigen. Also bei diesem Kapitel, Frau Ministerin, bleibt einem wirklich die Sprache weg. Sie schreiben, man müsse alles daransetzen, damit die Behinderteneinstellungspflicht erfüllt werde. Ja, Frau Ministerin, haben Sie vergessen, daß nicht einmal Bund, Länder und Gemeinden ihre


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