Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 135. Sitzung / Seite 98

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Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde an den Bundesminister für Inneres betreffend Abschiebung von Kosovo-Albanern (4676/J)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage 4676/J.

Da diese inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

"Wer wegen der aktuellen Bedrohung an Leib und Leben, aus Furcht vor ethnischen Säuberungen, Vergewaltigungen und Folter aus der von Serben regierten Krisenregion Kosovo oder einem anderen politischen Krisengebiet nach meist abenteuerlicher Reise per Bahn, Schiff, Flugzeug oder Bus in Österreich gelandet ist, sollte sich noch nicht in Sicherheit wähnen. Die meisten Flüchtlinge müssen kennenlernen, was Schubhaft und Abschiebung ist.

Gerade in letzter Zeit haben aufgrund der kriegerischen Auseinandersetzungen vermehrt Kosovo-Albaner in Österreich um Asyl angesucht, da sie in ihrem Heimatland brutal verfolgt werden. Im Fall der Kosovo-Albaner sind die Asylbehörden derzeit eher der Ansicht, daß diese Verfolgten keine Flüchtlinge im Sinne der Genfer Konvention seien. Das geht so weit, daß laut Berichten von FlüchtlingsbetreuerInnen Beamte der Bundesasylbehörde Flüchtlingen aus dem Kosovo vorschlagen, ihre Heimat zu verlassen und sich in der jugoslawischen Teilrepublik Crna Gora/Montenegro anzusiedeln. Der Zynismus mancher Bescheidbegründungen ist kaum zu überbieten:

In einem Asylbescheid vom 6.5.1998 betreffend einen Kosovo-Albaner heißt es:

,Dieser Übergriff durch die Polizei ist für Sie sicherlich furchtbar gewesen, doch darf seitens der Asylbehörde auch nicht unberücksichtigt bleiben, daß es sich hiebei um eine zwar schärfstens zu verurteilende, aber leider allgemein übliche Vorgangsweise handelt (...)‘

Aus einem Asylbescheid vom 22.5.1998 betreffend einen Kosovo-Albaner, dessen Schwager und der Vater des Schwagers bei dem Massaker an ethnischen Albanern in Likoshan ermordet wurden (dieses Massaker wurde von der schweizerischen Flüchtlingshilfe dokumentiert):

,Soweit Sie vorbringen, in Ihrem Heimatland von der dort herrschenden bürgerkriegsähnlichen Situation betroffen zu sein, so ist dies allein nicht als geeignet anzusehen, das Vorliegen begründeter Furcht vor Verfolgung im Sinne der Genfer Konvention glaubhaft zu machen, weil den aus solchen Verhältnissen resultierenden Benachteiligungen sämtliche dort lebende Bewohner ausgesetzt sind und solche Verhältnisse daher nicht als konkrete, individuell gegen den Asylwerber gerichtete Verfolgungshandlungen eingestuft werden können.

Die allgemeine Lage ist zwar angespannt, und es kommt immer wieder zu Übergriffen und Kampfhandlungen. Diese Ereignisse haben jedoch noch nicht ein solches Ausmaß erreicht, daß etwa jeder Kosovo-Albaner mit einem hohen Maß an Wahrscheinlichkeit in seiner physischen Existenz, seiner körperlichen Unversehrtheit und seiner persönlichen Freiheit aktuell bedroht wäre, wie dies etwa in Zeiten einer völligen Anarchie der Fall wäre. Es kann daher davon ausgegangen werden, daß Sie konkret keine Bedrohung im Sinne des § 57 Fremdengesetz zu gewärtigen hätten.‘

Mit der gleichen Begründung wurde der Asylantrag eines Kosovo-Albaners, dessen Kind zwischen 5. und 7.3.1998 ermordet wurde, abgelehnt und gleichzeitig festgestellt, daß eine Zurückschiebung oder Abschiebung in den Herkunftsstaat (!) zulässig sei.

Aus einem weiteren ablehnenden Asylbescheid betreffend einen Kosovo-Albaner vom 2.6.1998:


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