Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 139. Sitzung / 57

lebendige Auseinandersetzung fehlt der künstlerischen Arbeit der gesellschaftliche Nährboden. Eine solche allgemeine, breite und trotzdem qualifizierte Auseinandersetzung ist ein wesentliches Ziel der Kunstpolitik meiner Fraktion. Berichte wie der vorliegende leisten dazu einen Beitrag, und das ist erfreulich.

Uns geht es darum, ein Klima zu schaffen und zu fördern, in dem Kunstschaffen, in dem künstlerische Experimente und auch deren Scheitern möglich ist. Denn auch das Scheitern muß seinen legitimen Platz in der Kunst haben. Bei der heurigen Ars Electronica hat der Kulturphilosoph Paul Virilio sinngemäß gesagt, daß mit jeder Erfindung der Unfall, das Scheitern mit erfunden sei. – Das muß meiner Meinung nach auch für künstlerische Prozesse, für die künstlerische Produktion gelten. Den Platz für das Gelingen und für das Scheitern muß die Kultur- und Kunstpolitik ermöglichen.

Meine Damen und Herren! Erst kürzlich, beim Treffen der zuständigen EU-Ministerinnen und -Minister in Linz, haben alle politisch Verantwortlichen die gesellschaftliche Bedeutung der Kunst unterstrichen und betont, wie notwendig es sei, Künstlerinnen und Künstler, Produktionen und Institutionen substantiell zu fördern und zu unterstützen – die Betonung liegt auf "substantiell" –, und das mehr denn je! Und das ist auch gut so.

Ich bin – wie einige meiner Vorrednerinnen und Vorredner – überzeugt davon, daß eine breite, aber eben seriös und auch sachkundig geführte Diskussion in Österreich, auf europäischer Ebene und über die Grenzen der EU hinaus wichtig ist.

Auch ich kann nicht umhin zu sagen, daß ich jene scheinheilige Empörung, die gelegentlich in diesem Haus – und wer weiß, vielleicht auch heute noch einmal – aufflammt und die ziemlich künstlich und oft höchst unkünstlerisch ist, für nichts anderes halte als eine Art verbaler Showgymnastik, die mit dem Objekt der Aufregung oft nur wenig zu tun hat (Beifall des Abg. Schwemlein – Abg. Mag. Schweitzer: In künstlerischer Scheinheiligkeit sind Sie ja Expertin!) und, wie ich zu behaupten wage, die Sie – und ich wende mich dabei an die FPÖ – wider besseres Wissen zum Gaudium und oft auch zur Aufhetzung des Publikums vorführen. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich komme aber noch kurz zu Wichtigerem zurück: Die Linzer Konferenz hat gezeigt, daß Österreich seine fortschrittliche kulturpolitische Position in der EU gut vertreten und einbringen kann. Ich nenne aus Zeitmangel nur einige Stichworte: Kunst darf nicht primär und sicher nicht ausschließlich mit den Maßstäben des Markts gemessen werden (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Schöggl), Kunst und Künstler müssen großzügig gefördert werden, die Förderprogramme der EU werden weitergeführt, die Einbeziehung der Nachbarländer, die nicht in der EU sind, soll zu einer Aufstockung des Budgets führen, und kleineren, innovativen Projekten ist der Vorzug vor Mega-Events zu geben – um nur einige Stichwörter zu nennen.

Aus Sicht meiner Fraktion sind damit die Weichen in die richtige Richtung gestellt. Und diese Richtung bedeutet nicht Förderpolitik von oben gegen FörderwerberInnen von unten, sondern kreative Kommunikation und tragfähige Strukturen für gemeinsame Entscheidungen, um ein vielfältiges und vielseitiges Kulturschaffen und Kulturleben zu ermöglichen. (Beifall bei der SPÖ.)

12.05

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Klubobmann Mag. Stadler. 10 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte. (Abg. Wabl: Jetzt kommt der Schimaneksche Kulturbegriff!)

12.05

Abgeordneter Mag. Johann Ewald Stadler (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Anknüpfend an die Ausführungen meiner Vorrednerin möchte ich einmal zeigen, was in diesem Land den Leuten als Kunst serviert wird. Man braucht niemanden aufzuhetzen, die Empörung der Menschen ist ernst, Frau Dr. Konrad. Ich weiß nicht, ob Sie sich dessen bewußt sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Erinnern Sie sich an die Empörung des Abgeordneten Khol – oder hetzt er auch die Leute auf, Ihr Koalitionspartner –, als wir eine Dringliche Anfrage eingebracht haben (Zwischenruf des Abg.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite