Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 139. Sitzung / 72

Meine Damen und Herren! Ich zitiere Hermann Nitsch, "Die Eroberung von Jerusalem", Seite 160 (Abg. Dr. Schmidt: Was ist Ihre Alternative? Ist es die Bücherverbrennung, die Sie wollen?):

"Die nackte Leiche eines neunjährigen Mädchens wird auf eine Kirchenbank gelegt; das Geschlechtsteil des Mädchens wird aufgeklafft; mit einer Silbersonde wird mehrmals tief hineingestochen; das Geschlechtsteil wird mit einem Skalpell zerfleischt; Zuckerwasser wird auf die blutige Wunde geschüttet; Nummer O saugt und schleckt das gezuckerte Blut von dem zerfleischten Geschlechtsteil." – So geht das seitenlang weiter. (Abg. Dr. Stippel: Diese Rede ist ein Trauerspiel!)

Das ist die Politik, die Sie unterstützen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dieses Zitat – ich könnte noch seitenlang weiter zitieren – will ich Ihnen nicht ersparen. Denn das, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie, ist die Freiheit der Kunst, die Sie verteidigen. Ich meine, daß das mit Freiheit der Kunst absolut nichts zu tun hat, das ist ein widerlicher Aufruf, Frau Dr. Schmidt, zur Schändung von Leichen, zur Schändung von Frauenleichen und von Kinderleichen. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Schmidt: Sie wollen es halt nur verbieten! Was wollen Sie denn? – Abg. Mag. Stadler: Frau Oberlehrer! Wenn Sie es noch nicht wissen: Es ist bereits verboten!)

Das ist abartig, und ich meine, daß jemand, der so etwas niederschreibt, der so etwas denkt, eigentlich ein Fall für den Psychiater, aber auch für den Staatsanwalt ist. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Morak: Was ist das für ein Fall, der das immer wieder vorliest?)

Herr Morak! Ich verstehe Sie schon, daß Sie mir jetzt sozusagen den Schwarzen Peter zuschieben wollen, aber das sind Ferkeleien. Eigentlich ist "Ferkelei" eine Sauerei gegenüber dem Ferkel. (Abg. Morak: Lesen Sie es gerne? – Sie lesen es gerne!) – Nein, ich lese es Ihnen vor, damit Sie sich vor Ihrer Verantwortung nicht drücken können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was nun den Kunstbericht 1996 betrifft, fällt mir nur noch die Kritik eines unabhängigen Journalisten ein. Hans Haider ... (Rufe und Gegenrufe zwischen der ÖVP und den Freiheitlichen.) – Ich verstehe Ihre Emotionen, weil wir aufdecken, was Sie zudecken wollen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hans Haider von der Zeitung "Die Presse" hat schon im April ... (Abg. Wabl: Was würden Sie machen, wenn Sie Kulturminister wären? – Abg. Dr. Graf: Diese Kunst nicht fördern!) – Solche Dinge würde ich nicht fördern, nicht über Jahrzehnte hinweg fördern – um Ihre Frage zu beantworten.

Von 700 Millionen Schilling gingen nämlich drei Fünftel – so schreibt ein unabhängiger Journalist – an SPÖ-dominierte Vereine. Das hat schon ein Kollege meiner Fraktion erwähnt. (Rufe und Gegenrufe bei den Freiheitlichen, den Grünen und der ÖVP.) Ein Fünftel der Subventionen ging an ÖVP-dominierte Firmen und Genossenschaften, und nur ein Fünftel, meine Damen und Herren, kam nichtparteipolitisch beeinflußten Künstlern oder Kunstvereinigungen zugute.

Im Mittelalter, sehr geehrte Damen und Herren, haben sich die Kaiser und Fürsten Hofnarren und Spielleute gehalten. Ich habe den Eindruck, daß sich die Regierungsparteien analog dazu den einen oder anderen Staatskünstler halten. Besonders augenfällig wird dieses Abhängigkeitsverhältnis in Wahlzeiten, in denen nämlich sogenannte Prominentenkomitees für den jeweiligen Kandidaten der einen oder anderen Regierungspartei Propaganda machen und werben.

Was wir Freiheitlichen wollen, ist die Freiheit der Künstler von parteipolitischen Zwängen. Wir wollen aber auch Künstler, die sich ihrer gesellschaftspolitischen Verantwortung bewußt sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.11


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