Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 162. Sitzung / 169

Es geht auch darum, wie ich höre, die Honorare durchsichtiger zu gestalten. Das ist schon richtig! Man wird nur aufpassen müssen, denn viele Leute sagen: Was kostet mich das? – Dem gegenüber kann man nur den Tarif zücken und sagen: "Schauen Sie, pro Schriftsatz soundso viel, pro Verhandlung soundso viel. Wahrscheinlich kostet das zwei Verhandlungen." – Natürlich kann es am Schluß auch fünf kosten. Man wird das nur anhand des Tarifes als Parameter sagen können.

Dazu, daß man jetzt stolz darauf ist, daß man bei einvernehmlichen Scheidungen auf ein Pauschalhonorar von 15 000 S kommt, kann ich nur sagen: Das ist eine Illusion! Denn da kommen zwei Leute, die ja in Auseinandersetzung leben, und die wollen geschieden sein. Nun geht es darum, die Scheidungsproblematik unter einen Hut zu bringen, die Vermögensproblematik unter einen Hut zu bringen, die Obsorgeproblematik für die Kinder unter einen Hut zu bringen und die Unterhaltsfrage für den Ehepartner und für die Kinder zu klären. Und dafür gibt es dann 15 000 S. Nach der Statistik, die die Kammer errechnet, bleiben davon, nach Abzug der ständigen Regien, 30 Prozent für den Anwalt, also etwas mehr als 4 000 S vor Steuer.

Bitte, wer hat die Illusion, daß eine vernünftige Ehescheidung mit dem Engagement und dem Interesse, das man beim Anwalt in solchen Dingen erwartet, für etwas mehr als 4 000 S brutto über die Bühne gebracht wird – mit Besprechungen, Korrespondenz, Telefonaten und zumindest einer Verhandlung vor Gericht? – Ich glaube, man wird sehr aufpassen müssen, der Versuchung zu widerstehen, die Freiberufler noch deutlicher, als es ohnehin schon der Fall ist, einzuschränken und sie vor allem wirtschaftlich in den Griff zu bekommen.

Dieser Versuchung wird man widerstehen müssen, und wir Freiheitlichen werden alles tun, um bei diesem Widerstand dagegen, sie zu vereinnahmen, eine entsprechende Rolle zu spielen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.25

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich jetzt Herr Bundesminister Dr. Michalek zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

18.25

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren des Hohen Hauses! Mit den beiden Novellen zum Berufsrecht der Rechtsanwälte und Notare liegen nun wichtige Gesetzentwürfe vor, die weitreichende Änderungen in den Rechtsgrundlagen dieser beiden klassischen rechtsberatenden Berufe herbeiführen.

Ich möchte die Gelegenheit nützen, aus diesem Anlaß als, wie ich betone, zuständiger Ressortminister auf die unverzichtbare Schlüsselstellung hinzuweisen, die gerade auch im heutigen modernen Rechts- und Wirtschaftsleben den Rechtsanwälten und Notaren im Hinblick auf die Sicherung und Bewahrung des demokratischen Rechtsstaats, die Grund- und Freiheitsrechte der Bürger und das gute Funktionieren der Rechtspflege, auch das muß man sagen, zukommt.

Meine Damen und Herren! Die freien Rechtsberufe sind – und man muß das immer wieder in Erinnerung rufen – Garanten für die Durchsetzung der Rechte der Bürger sowohl gegenüber dem Staat und seinen Organen als auch gegenüber anderen kollektiven Mächten und übermächtigen Wirtschaftsunternehmen. Sie gewährleisten in unserer immer anonymer werdenden Massengesellschaft dem einzelnen Bürger durch persönlichen Rat, durch persönliche Hilfe die notwendige Individualität und Menschlichkeit bei der Wahrung seiner Rechte und Interessen.

Durch die verstärkten internationalen Wirtschaftsbeziehungen wurde das Betätigungsfeld der freien Rechtsberufe im Wirtschaftsbereich erheblich erweitert und ihnen neue Aufgaben gestellt. Zugleich ist die Tätigkeit der freien Rechtsberufe aber auch eine Voraussetzung für das reibungslose Funktionieren dieser internationalen Wirtschaftsbeziehungen und der damit verbundenen wirtschaftlichen Möglichkeiten der Marktteilnehmer.

Bei aller Offenheit und Vorsorge für eine Internationalisierung auch der anwaltlichen Berufsausübung darf aber – und da teile ich durchaus die Meinung des Herrn Abgeordneten Ofner – nicht übersehen werden, daß auch in Zukunft die rechtsberufliche Beratung und Vertretung ganz


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