Nationalrat, XX.GP Stenographisches Protokoll 165. Sitzung / 118

Gerade in diesem Dilemma steckt ja die SPÖ (Zwischenruf des Abg. Jung): daß sie auf der einen Seite sagt, sie möchte gerne die Neutralität behalten, aber andererseits erkennen muß, daß man zwischen Brandstifter und Feuerwehr nicht neutral sein kann. (Beifall bei der ÖVP.)

Da Sie sich in dieser Frage so schwertun, wollen Sie fünf Jahre lang darüber nicht diskutieren, was ja erneut eine besonders eigenartige Vorgangsweise ist. Man kann doch unmöglich völlig unabhängig davon, was rund um einen passiert, was sich rund um einen in der Welt abspielt, ein fünfjähriges Diskussionsverbot verhängen! Das ist leichtfertig, und das ist auch sicherheitspolitisch keinesfalls zu unterstützen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Die war gut, die Rede!)

16.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Stoisits. – Bitte.

16.25

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Dobar dan, poštovane dame i gospodo! (Abg. Dr. Khol: Laku noć!) Herr Klubobmann Khol, für ”laku noć” – ”gute Nacht” – ist es noch zu früh (Abg. Dr. Khol: Wenn ich Sie sehe!), denn es ist heute, obwohl die Debatte schon lange andauert, einiges noch nicht oder, in Anbetracht der Bedeutung, die es hätte, nicht intensiv genug angesprochen worden. (Abg. Dr. Khol: "Visoki Dom!" haben Sie vergessen!)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Herr Präsident! Einige der Oppositionsredner, aber auch Redner der Regierungsfraktionen haben heute mehrfach darauf hingewiesen, daß die Leistungen, die Österreich – die Redner von den Regierungsparteien haben das vor allem auf die Bundesregierung und auf die österreichische Bevölkerung bezogen, und ich möchte das auch nicht in Abrede stellen oder kritisieren – in bezug auf die Flüchtlingshilfe erbringt, und zwar sowohl die Leistungen vor Ort, wie das so schön heißt (Abg. Böhacker: An Ort und Stelle!) – eigentlich müßte es "an Ort und Stelle" oder "am Ort" heißen –, als auch jene die Spendenbereitschaft der Österreicher und Österreicherinnen betreffend großartig sind. In Anbetracht der gewaltigen Summen, die im Rahmen von "Nachbar in Not" aufgebracht wurden und von denen ich auch im Fernsehen gehört habe, bin auch ich beeindruckt davon.

Wie fast jedes Ding hat aber auch dieses zwei Seiten. Wenn ich Revue passieren lasse, was Sie, Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsfraktionen, in Ihrer Funktion als VolksvertreterInnen, die Sie hier mehrheitlich, also zu zwei Dritteln, die österreichische Bevölkerung vertreten, hier im Nationalrat gesagt haben, dann kann ich mich eines davon doch etwas abweichenden Eindruckes nicht erwehren. (Zwischenruf des Abg. Böhacker.)

Herr Kollege von der FPÖ! Von Ihrer Partei rede ich ja gar nicht, denn diese hat überhaupt keinen konstruktiven Satz zum Thema Flüchtlinge gesagt, sondern sie meint nur, daß ein guter Flüchtling der ist, der dort bleibt, wo er ist und nicht flüchtet. Das ist ungefähr die Haltung der FPÖ. Aber das beunruhigt mich nicht, denn das ist eine Position, die in Österreich ganz sicher nicht mehrheitsfähig ist.

Mehrheitsfähig könnte hingegen das werden – das freut mich zwar nicht, aber ich habe den Verdacht –, was die Regierungsfraktionen äußern, weil auch namhafte Spitzenpolitiker diese Botschaft, ohne sie direkt auszusprechen, transportieren, nämlich die Botschaft, tunlichst darauf zu achten, daß wir nur ja nicht allzu viele Kosovo-Albaner, die Flüchtlinge sind, nach Österreich bekommen. Es gab heute keinen Redner, der in seinem Redebeitrag nicht gesagt hätte, daß das, was im Kosovo passiert, Völkermord ist.

Allen hier im Raum ist klar oder scheint es klar zu sein, daß Völkermord passiert, aber niemand von den Rednerinnen und Rednern von den Regierungsparteien ist auf die Idee gekommen, daß in Übereinstimmung mit der Tatsache, daß Bombardements in ihren Augen legitim sind, weil ja Völkermord passiert, jene Menschen, die vor diesem Völkermord flüchten, Anspruch darauf hätten, in Österreich politisches Asyl zu bekommen. Jeder einzelne von ihnen ist kollektiver Verfolgung ausgesetzt und hätte demzufolge nach dem österreichischen Asylgesetz und nach der Genfer Flüchtlingskonvention das Recht, Asyl zu bekommen.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite