Stenographisches Protokoll

168. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Montag, 10. Mai 1999

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

168. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode Montag, 10. Mai 1999

Dauer der Sitzung

Montag, 10. Mai 1999: 13.00 – 13.07 Uhr

16.01 – 21.05 Uhr

*****

Inhalt

Nationalrat

Mandatsverzicht der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Ing. Walter Meischberger 14

Angelobung der Abgeordneten Mag. Karin Praxmarer und Hans Sevignani 14

Personalien

Verhinderungen 14

Geschäftsbehandlung

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 5584/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung 16

Durchführung einer Debatte gemäß § 57a Abs. 1 der Geschäftsordnung 80

Redner:

Mag. Terezija Stoisits 80

Anton Gaál 82

Dkfm. DDr. Friedrich König 83

Dr. Helene Partik-Pablé 84

Dr. Volker Kier 85

Dr. Gabriela Moser 86

Bundesminister Mag. Karl Schlögl 87

Wortmeldung der Abgeordneten Mag. Dr. Heide Schmidt betreffend Nichtabgabe einer Erklärung durch den Bundesminister für Inneres 16

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Peter Kostelka betreffend Ablauf von Sondersitzungen 16

Unterbrechungen der Sitzung 17, 39

Feststellungen des Präsidenten Dr. Heinz Fischer betreffend Störung des Sitzungsverlaufs durch Besucher auf der Galerie sowie die diesbezüglich anzuwendenden Geschäftsordnungsbestimmungen 30, 40

Antrag der Abgeordneten Dr. Volker Kier, MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung der politischen Verantwortlichkeit des Bundesministers für Inneres für die Vorfälle, die zum Tod des Nigerianers Marcus Omofuma geführt haben, gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung 89

Bekanntgabe 38

Verlangen gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 89

Redner:

Dr. Volker Kier 89

Emmerich Schwemlein 91

Walter Murauer 92

Dr. Michael Krüger 93

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 94

Karl Smolle 95

Ablehnung des Antrages 97

Wortmeldung der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic betreffend Äußerungen der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé sowie Ersuchen, das Protokoll dieser Ausführungen an alle Klubs zu verteilen und das zum Gegenstand von Präsidialberatungen zu machen 88

Feststellung des Präsidenten Dr. Heinrich Neisser betreffend die Wortmeldung der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic 88

Ausschüsse

Zuweisungen 15

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend den Tod des Flüchtlings Marcus Omofuma (6217/J) 17

Begründung: Dr. Alexander Van der Bellen 25

Bundesminister Mag. Karl Schlögl 29

Debatte:

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 39

Dr. Peter Kostelka 42

Paul Kiss 44

Herbert Scheibner 47

MMag. Dr. Madeleine Petrovic (tatsächliche Berichtigung) 49, 61

Mag. Dr. Heide Schmidt 50

Mag. Terezija Stoisits 52

Anton Leikam 55

Bundesminister Mag. Karl Schlögl 58

Günther Platter 62

Dr. Helene Partik-Pablé 63

Dr. Volker Kier 65

Karl Öllinger 68

Dr. Josef Cap 70

Werner Amon 71

Mag. Karl Schweitzer 72

Dr. Martina Gredler 74

Wolfgang Großruck 76

Dkfm. Holger Bauer 78

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol und Genossen betreffend Folgerungen aus dem tragischen Tod des Schubhäftlings Marcus O. – Annahme (E 177) 46, 79

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen betreffend Maßnahmen zur Kontrolle des Sicherheitsapparates – Ablehnung 54, 79

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Abschiebestopp von Asylwerberinnen und Asylwerbern bis zum Abschluß aller anhängigen Verfahren – Ablehnung 67, 79

Entschließungsantrag der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend Aussetzung der Novellierung des Sicherheitspolizeigesetzes – Ablehnung 69, 79

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Einrichtung eines Menschenrechtsbeirates zur Beratung des Bundesministers für Inneres – Ablehnung 75, 80

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen betreffend Trendwende im Vollzug des Fremden- und Asylgesetzes – Ablehnung 78, 80

Eingebracht wurden

Regierungsvorlagen 15

1722: Budgetüberschreitungsgesetz 1999 – BÜG 1999

1735: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft betreffend den Militärdienst der Doppelbürger samt Anhang

1750: Pflanzenschutzgrundsatzgesetz

1767: Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird

Berichte 15

III-184: Zweiundzwanzigster Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 1998)

III-194: Forschungsbericht 1999; BM f. Wissenschaft und Verkehr

Vorlage 49 BA: Bericht über die Genehmigung von Vorbelastungen für das 1. Quartal 1999; BM f. Finanzen

Vorlage 50 BA: Bericht über die Genehmigung von überplanmäßigen Ausgaben im 1. Quartal 1999; BM f. Finanzen

Anträge der Abgeordneten

Dr. Volker Kier und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Fremdengesetz (BGBl. I 1997/75) geändert wird (1079/A)

Mag. Dr. Heide Schmidt, MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Inneres gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG (1080/A) (E)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen betreffend Trendwende im Vollzug des Fremden- und Asylgesetzes (1081/A) (E)

Mag. Dr. Josef Höchtl und Genossen betreffend Neugestaltung der Bankenaufsicht in Österreich (1082/A) (E)

Zurückgezogen wurde der Antrag der Abgeordneten

Maria Schaffenrath und Genossen betreffend unterstützende Maßnahmen für begabte SchülerInnen (836/A) (E) (Zu 836/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Unsicherheit um Medizinstudium an der Universität Linz (zweiter und dritter Abschnitt) (6170/J)

Walter Murauer und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Einführungserlaß zur Strafprozeßnovelle 1999 (6171/J)

Mag. Dr. Heide Schmidt und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend das ehemalige Bankhaus "M. Thorsch & Söhne" (6172/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Wiederherstellung rechtsstaatlich geordneter Verhältnisse beim Vollzug des Wasserrechtsgesetzes in Kärnten – insbesondere im ländlichen Raum (6173/J)

Dr. Andreas Khol und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Genehmigung der Zinssenkung bei den österreichischen Bausparkassen (6174/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Blutskandal in Österreich (6175/J)

Hermann Böhacker und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Abfertigungszahlungen bei Selbstkündigungen im Verbund-Konzern (6176/J)

Maria Rauch-Kallat und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend SPÖ-Politpropaganda im ÖH-Wahlkampf auf Kosten der Steuerzahler (6177/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Sicherung des Grundrechtes auf ein faires Verfahren in Wiederaufnahmeprozessen und betreffend die Sicherung des Verfahrensgrundsatzes der amtswegigen Wahrheitsforschung gemäß § 3 der Strafprozeßordnung in Strafverfahren und kriminalpolizeilichen Ermittlungen (6178/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Sicherung des Grundrechtes auf ein faires Verfahren in Wiederaufnahmeprozessen und betreffend die Sicherung des Verfahrensgrundsatzes der amtswegigen Wahrheitsforschung gemäß § 3 der Strafprozeßordnung in Strafverfahren und kriminalpolizeilichen Ermittlungen (6179/J)

Herbert Scheibner und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend den Stand der Umsetzung des Mech-Paketes (6180/J)

Klara Motter und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Blutspenderverordnung (6181/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Interpol-Tagung in Bad Waltersdorf (6182/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend bundesweit einheitliche Überprüfung der Deutschkenntnisse von Staatsbürgerschaftswerbern (6183/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Gefährdung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit durch Protestaktionen und Demonstrationen (6184/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz im Ressortbereich (6185/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz im Ressortbereich (6186/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz im Ressortbereich (6187/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz im Ressortbereich (6188/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz im Ressortbereich (6189/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz im Ressortbereich (6190/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz im Ressortbereich (6191/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz im Ressortbereich (6192/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz im Ressortbereich (6193/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz im Ressortbereich (6194/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz im Ressortbereich (6195/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz im Ressortbereich (6196/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz im Ressortbereich (6197/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Präsidenten des Rechnungshofes betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz im Ressortbereich (6198/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz (verstaatlichte Betriebe, Pensionsversicherungsanstalten, Krankenkassen usw.) (6199/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz im Bereich der Länder sowie der Städte und Gemeinden (6200/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Bahnoffensive der ÖBB (6201/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Frauenförderung in den Sozialversicherungsträgern (6202/J)

Andreas Wabl und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend geplante Dämmstofferzeugung in Fürstenfeld/Stmk (6203/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Überfluggenehmigungen (6204/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Überfluggenehmigungen (6205/J)

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung und Verkehr betreffend Überfluggenehmigungen (6206/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Neubau des Gendarmeriepostens Weiz (6207/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Neubau des Gendarmeriepostens Weiz (6208/J)

Theresia Haidlmayr und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Neubau des Gendarmeriepostens Weiz (6209/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend politische Konsequenzen aus der Entwicklung der Einkommensverteilung in Österreich (Darstellungen des Sozialberichtes) (6210/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend politische Konsequenzen aus der Entwicklung der Einkommensverteilung in Österreich (Darstellungen des Sozialberichtes) (6211/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend politische Konsequenzen aus der Entwicklung der Einkommensverteilung in Österreich (Darstellungen des Sozialberichtes) (6212/J)

Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Steuerreform 2000 – Verlängerung der Spekulationsfrist bei Aktien (6213/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Überwachung in Österreich (6214/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend EU-Fördermittel für Behinderten-Integrationsprojekte (6215/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Lösung des Jahr-2000-Problems (6216/J)

Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend den Tod des Flüchtlings Marcus Omofuma (6217/J)

Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Änderung der Mauttarife bei den Straßensondergesellschaften (6218/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend endlich Gruppenpraxen und die Anstellung von Ärzten bei Ärzten zulassen (6219/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Gleichstellung der Schüler und Schülerinnen der Schulen für psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflege mit den Schülern und Schülerinnen des Krankenpflegefachdienstes, des medizinisch-technischen Fachdienstes (6220/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Temelin oder 13 Jahre nach Tschernobyl (6221/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend "Verkehrslawine statt Schiene" am Beispiel der Mühlkreisbahn in Oberösterreich (6222/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Familienleistungen für Schüler und Schülerinnen der Schulen für psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflege (6223/J)

Wolfgang Jung und Genossen an den Bundeskanzler betreffend österreichisches Kontingent in Albanien (6224/J)

Wolfgang Jung und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend österreichisches Kontingent in Albanien (6225/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Hormone und Gentechnik in Nahrungsmitteln (6226/J)

Wolfgang Jung und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Errichtung von Anhaltelagern für Angehörige kriegsführender Parteien (6227/J)

Wolfgang Jung und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Evakuierungseinsatz in Galtür (6228/J)

Wolfgang Jung und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Funksprechgerät TFF-21 (6229/J)

Wolfgang Jung und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend österreichisches Kontingent in Albanien (6230/J)

Wolfgang Jung und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend die österreichische Botschaft in Belgrad (6231/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend geplanten Abbau von öffentlichen Telefonzellen (6232/J)

Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend geplanten Abbau von öffentlichen Telefonzellen (6233/J)

Dipl.-Ing. Dr. Peter Keppelmüller und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend bleifreie Jagd (6234/J)

Mag. Kurt Gaßner und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Informationen zum Ausbau der B 125 (Prager Bundesstraße) (6235/J)

Hermann Kröll und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Genehmigung der Fachhochschul-Studiengänge mit den Standorten Rottenmann und Irdning/Raumberg durch den Fachhochschulrat (6236/J)

Mag. Helmut Kukacka und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Frauenanteil in der österreichischen Exekutive (6237/J)

Dr. Michael Spindelegger und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Besetzung des zweiten Stellvertreters des Kommandanten des Gendarmeriepostens Perchtoldsdorf (6238/J)

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend den Verein "Dichterstein Offenhausen" (6239/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Wohnkostenbeihilfe nach dem Heeresgebührengesetz (6240/J)

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Theresia Haidlmayr und Genossen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Einstellung von behinderten Menschen nach dem Behinderteneinstellungsgesetz im Bereich der Parlamentsdirektion (52/JPR)

Anfragebeantwortungen

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen (5512/AB zu 5863/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gertrude Brinek und Genossen (5513/AB zu 5906/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (5514/AB zu 5818/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (5515/AB zu 5831/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (5516/AB zu 5865/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen (5517/AB zu 5860/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (5518/AB zu 5782/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Gerfried Müller und Genossen (5519/AB zu 5792/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (5520/AB zu 5796/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (5521/AB zu 5825/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (5522/AB zu 5826/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (5523/AB zu 5827/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ute Apfelbeck und Genossen (5524/AB zu 5828/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen (5525/AB zu 5850/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen (5526/AB zu 5855/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (5527/AB zu 5866/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Jakob Auer und Genossen (5528/AB zu 5924/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (5529/AB zu 5779/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (5530/AB zu 5780/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (5531/AB zu 5784/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Josef Meisinger und Genossen (5532/AB zu 5795/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (5533/AB zu 5812/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (5534/AB zu 5821/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen (5535/AB zu 5849/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Elfriede Madl und Genossen (5536/AB zu 5857/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (5537/AB zu 5861/J)

des Bundesministers für Finanzen auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (5538/AB zu 5836/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Jakob Auer und Genossen (5539/AB zu 5884/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Genossen (5540/AB zu 5803/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (5541/AB zu 5814/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (5542/AB zu 5839/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (5543/AB zu 5858/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Gisela Wurm und Genossen (5544/AB zu 5869/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen (5545/AB zu 5870/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen (5546/AB zu 5873/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen (5547/AB zu 5875/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (5548/AB zu 5881/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (5549/AB zu 5816/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (5550/AB zu 5830/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (5551/AB zu 5786/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten DDr. Erwin Niederwieser und Genossen (5552/AB zu 5815/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (5553/AB zu 5822/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen (5554/AB zu 5853/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Kurt Wallner und Genossen (5555/AB zu 5886/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung und Genossen (5556/AB zu 5888/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (5557/AB zu 5834/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen (5558/AB zu 5829/J)

der Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Großruck und Genossen (5559/AB zu 5845/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (5560/AB zu 5807/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen (5561/AB zu 5843/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Udo Grollitsch und Genossen (5562/AB zu 5862/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Josef Trinkl und Genossen (5563/AB zu 5878/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Günther Kräuter und Genossen (5564/AB zu 5890/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander und Genossen (5565/AB zu 5787/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Thomas Barmüller und Genossen (5566/AB zu 5790/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen (5567/AB zu 5887/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (5568/AB zu 5833/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (5569/AB zu 5880/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen (5570/AB zu 5838/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Helmut Kukacka und Genossen (5571/AB zu 5882/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. DDr. Friedrich König und Genossen (5572/AB zu 5788/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. DDr. Friedrich König und Genossen (5573/AB zu 5789/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen (5574/AB zu 6002/J)

der Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen (5575/AB zu 6019/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen (5576/AB zu 6021/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Walter Murauer und Genossen (5577/AB zu 6045/J)

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Ing. Wolfgang Nußbaumer und Genossen (5578/AB zu 5851/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (5579/AB zu 6108/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (5580/AB zu 5892/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Khol und Genossen (5581/AB zu 5893/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Andreas Khol und Genossen (5582/AB zu 5894/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (5583/AB zu 5900/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoistis und Genossen (5584/AB zu 5907/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen (5585/AB zu 5929/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits und Genossen (5586/AB zu 5940/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Franz Lafer und Genossen (5587/AB zu 6056/J)

des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Hermann Böhacker und Genossen (5588/AB zu 6010/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter und Genossen (5589/AB zu 5891/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen (5590/AB zu 5901/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Dr. Harald Ofner und Genossen (5591/AB zu 5897/J)

des Bundesministers für Land- und Forstwirtschaft auf die Anfrage der Abgeordneten Andreas Wabl und Genossen (5592/AB zu 5915/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Herbert Haupt und Genossen (5593/AB zu 5984/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten Edith Haller und Genossen (5594/AB zu 5985/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen (5595/AB zu 5934/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung und Genossen (5596/AB zu 6006/J)

der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen (5597/AB zu 6022/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Wolfgang Jung und Genossen (5598/AB zu 6007/J)

des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr auf die Anfrage der Abgeordneten MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen (5599/AB zu 6029/J)

des Bundesministers für auswärtige Angelegenheiten auf die Anfrage der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen (5600/AB zu 5996/J)

des Bundesministers für Justiz auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (5601/AB zu 5986/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Paul Kiss und Genossen (5602/AB zu 5946/J)

des Bundesministers für Inneres auf die Anfrage der Abgeordneten Dkfm. DDr. Friedrich König und Genossen (5603/AB zu 6039/J)

Beginn der Sitzung: 13 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie herzlich zur heutigen Sitzung des Nationalrates begrüßen, und ich bitte Sie, die Plätze einzunehmen.

Ich eröffne die 168. Sitzung des Nationalrates, die aufgrund eines ausreichend unterstützten Verlangens gemäß § 46 Abs. 6 der Geschäftsordnung des Nationalrates einberufen wurde.

Die Amtlichen Protokolle der 165. Sitzung vom 21. April 1999 sowie der 166. und der 167. Sitzung vom 22. April 1999 sind in der Parlamentsdirektion aufgelegen und unbeeinsprucht geblieben; sie gelten daher als genehmigt.

Für die heutige Sitzung sind folgende Damen und Herren als verhindert gemeldet: die Abgeordneten Gradwohl, Dr. Karlsson, Verzetnitsch, Blünegger, Dr. Brauneder, Mag. Barmüller, Mag. Peter, Mag. Frieser, Gatterer, Hans Helmut Moser und Dr. Mock.

Mandatsverzicht und Angelobung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Von der Bundeswahlbehörde ist mir die Mitteilung zugegangen, daß die Abgeordneten Mag. Johann Ewald Stadler und Ing. Walter Meischberger auf ihre Mandate verzichtet haben und nunmehr Frau Mag. Karin Praxmarer und Herr Hans Sevignani in den Nationalrat berufen wurden.

Da die Wahlscheine der Genannten vorliegen und diese im Hause anwesend sind, werde ich sogleich ihre Angelobung vornehmen.

Nach der Verlesung der Gelöbnisformel und über Namensaufruf durch Herrn Schriftführer Auer werden die neuen Mandatare ihre Angelobung mit den Worten "Ich gelobe" zu leisten haben.

Ich ersuche nunmehr Herrn Schriftführer Auer um die Verlesung der Gelöbnisformel und um den Namensaufruf der beiden neuen Abgeordneten.

Schriftführer Jakob Auer: "Sie werden geloben unverbrüchliche Treue der Republik Österreich, stete und volle Beobachtung der Verfassungsgesetze und aller anderen Gesetze und gewissenhafte Erfüllung Ihrer Pflichten."

Mag. Karin Praxmarer.

Abgeordnete Mag. Karin Praxmarer (Freiheitliche): Ich gelobe.

Schriftführer Jakob Auer: Hans Sevignani.

Abgeordneter Hans Sevignani (Freiheitliche): Ich gelobe.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich begrüße die neuen Abgeordneten herzlich in unserer Mitte. (Allgemeiner Beifall.)

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich gemäß § 23 Abs. 4 der Geschäftsordnung auf die im Sitzungssaal verteilte schriftliche Mitteilung.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

1. Schriftliche Anfragen: 6170/J bis 6216/J.

2. Anfragebeantwortungen: 5512/AB bis 5603/AB.

Schriftliche Anfrage an den Präsidenten des Nationalrates: 52/JPR.

3. Initiativanträge:

Zurückziehung: 836/A (E).

4. Regierungsvorlagen:

Budgetüberschreitungsgesetz 1999 – BÜG 1999 (1722 der Beilagen),

Pflanzenschutzgrundsatzgesetz (1750 der Beilagen),

Bundesgesetz, mit dem das Familienlastenausgleichsgesetz 1967 geändert wird (1767 der Beilagen).

B) Zuweisungen:

1. Zuweisungen seit der letzten Sitzung gemäß §§ 32a Abs. 4, 80 Abs. 1, 100 Abs. 4, 100b Abs. 1 und 100c Abs. 1:

Budgetausschuß:

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Genehmigung von Vorbelastungen für das 1. Quartal 1999 (Vorlage 49 BA),

Bericht des Bundesministers für Finanzen über die Genehmigung von überplanmäßigen Ausgaben im 1. Quartal 1999 (Vorlage 50 BA).

2. Zuweisungen in dieser Sitzung:

a) zur Vorberatung:

Außenpolitischer Ausschuß:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Schweizerischen Eidgenossenschaft betreffend den Militärdienst der Doppelbürger samt Anhang (1735 der Beilagen);

Verfassungsausschuß:

Zweiundzwanzigster Bericht der Volksanwaltschaft (1. Jänner bis 31. Dezember 1998) (III-184 der Beilagen);

b) zur Enderledigung im Sinne des § 28b GOG (vorbehaltlich der endgültigen Entscheidung des Ausschusses):

Ausschuß für Wissenschaft und Forschung:

Forschungsbericht 1999 des Bundesministers für Wissenschaft und Verkehr (III-194 der Beilagen).

*****

Ankündigung einer Dringlichen Anfrage

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der grüne Klub hat gemäß § 93 Abs. 2 der Geschäftsordnung das Verlangen gestellt, die am Beginn der heutigen Sitzung eingebrachte schriftliche Anfrage 6217/J der Abgeordneten Dr. Van der Bellen und Freunde an den Bundesminister für Inneres betreffend den Tod des Flüchtlings Marcus Omofuma dringlich zu behandeln.

Die geschäftsordnungsmäßigen Voraussetzungen für die dringliche Behandlung dieser Anfrage liegen vor. Ich werde daher diese Dringliche Anfrage um 16 Uhr im Sinne der Bestimmungen der Geschäftsordnung zum Aufruf bringen.

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 5584/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters darf ich mitteilen, daß gemäß § 92 der Geschäftsordnung das Verlangen vorliegt, eine kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 5584/AB zur Anfrage 5907/J der Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen betreffend Mißhandlung eines Schwarzen anläßlich seiner Festnahme im Bereich der U-Bahnstation Schottenring durch den Herrn Bundesminister für Inneres durchzuführen.

Da für die heutige Sitzung – wie soeben bekanntgegeben – die dringliche Behandlung einer schriftlichen Anfrage festgelegt wurde, wird diese kurze Debatte im Anschluß daran stattfinden.

*****

Zur Geschäftsbehandlung hat sich Frau Abgeordnete Dr. Schmidt gemeldet. – Bitte.

13.05

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Hohes Haus! Zum ersten Mal in der Geschichte der Zweiten Republik ist ein Mensch, der sich in der Gewahrsame der Polizei befand, zu Tode gekommen, und zwar durch Einwirkung rechtswidriger Zwangsmaßnahmen, die Polizisten ausgeübt haben.

Namens meiner Fraktion möchte ich unserer Empörung darüber Ausdruck geben, daß das nicht Anlaß für den Innenminister ist, von sich aus eine Erklärung abzugeben, sondern daß er durch eine Dringliche Anfrage gezwungen werden muß, diesem Hause Rede und Antwort zu stehen. (Rufe bei den Freiheitlichen: Was war da jetzt zur Geschäftsordnung?)

13.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ein geschäftsordnungsmäßiger Antrag ist nicht gestellt worden, daher ist auch ein Antrag auf Durchführung einer Debatte nicht möglich. (Ruf bei den Freiheitlichen: Das war überhaupt nicht zur Geschäftsbehandlung!)

Zur Geschäftsbehandlung hat sich weiters Herr Abgeordneter Dr. Kostelka zu Wort gemeldet. – Bitte.

13.06

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Sehr verehrter Herr Präsident! Das, was Frau Abgeordnete Dr. Schmidt soeben gesagt hat, war Gegenstand einer Beratung in der Präsidiale (Abg. Dr. Schmidt: So ist es!), und in dieser Präsidiale habe ich ausdrücklich erklärt, daß Sondersitzungen einen logischen inneren Ablauf haben, etwas, was wir in der Präsidiale erarbeitet haben und sich auf Basis einer Dringlichen Anfrage entsprechend gestaltet. Es hat vergleichbare Fälle in der Vergangenheit gegeben, als es eben auch zu einer Dringlichen Anfrage gekommen ist.

Ich habe daher den Herrn Bundesminister ersucht, im Zuge der Debatte über diese Dringliche Anfrage genau auf jene Fragen, die seitens der Opposition gestellt werden, zu antworten – nicht aber vorher eine Erklärung abzugeben. (Abg. Mag. Schweitzer: Wie lautet Ihr Antrag zur Geschäftsbehandlung? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

13.07

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Daher unterbreche ich die Sitzung und werde diese pünktlich um 16 Uhr wiederaufnehmen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 13.07 Uhr unterbrochen und um 16.01 Uhr wiederaufgenommen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist 16.01 Uhr, und ich nehme die unterbrochene Sitzung, so wie angekündigt, wieder auf.

Dringliche Anfrage

der Abgeordneten Dr. Alexander Van der Bellen und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend den Tod des Flüchtlings Marcus Omofuma (6217/J)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur dringlichen Behandlung der schriftlichen Anfrage Nr. 6217/J an den Herrn Bundesminister für Inneres.

Da diese Anfrage inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist, erübrigt sich eine Verlesung durch die Schriftführung.

Die Dringliche Anfrage hat folgenden Wortlaut:

"Das Komitee zur Vermeidung von Folter und unmenschlicher Behandlung hat in seinem Bericht vom 28.3.1995 festgestellt, dass, ,angesichts aller vorliegenden Informationen (...) die von der Polizei festgenommenen Personen ernsthaft Gefahr laufen, misshandelt zu werden. Diese Schlussfolgerung gilt insbesonders für Gefangene, die Gegenstand von Ermittlungen von Beamten des Wiener Sicherheitsbüros sind.‘"

Aufgrund der zuletzt bekannt gewordenen Ereignisse muss diese Schlussfolgerung dahin gehend ergänzt werden, dass insbesondere Flüchtlinge auf dem Schubtransport mit Klebefolter, die auch zum Tod führen kann, rechnen müssen.

Marcus Omofuma versuchte sich insbesondere aus Angst vor Verfolgung in seinem Heimatland der Abschiebung zu widersetzen. Die Beamten der Sicherheitspolizei legten ihm daher an Händen und Füßen einen Klettverschluss an und klebten den Mund mit einem Leukoplast (rund um den Hinterkopf) zu. Er wurde dann noch mittels eines Klebebandes im Brustbereich um den Flugzeugsitz fixiert. (Siehe News vom 6.5.1999 und andere Medien). Laut Aussage des Cheffunkers der Balkan-Air habe sich Marcus Omofuma wild bewegt und immer wieder verzweifelt nach Luft geschnappt. Er habe daher die Beamten aufgefordert, den Leukoplast am Kopf zu entfernen. Die Beamten haben jedoch lediglich den Puls gefühlt und festgestellt, dass alles in Ordnung sei. Schließlich wurde Marcus Omofuma immer ruhiger, fiel in einen ohnmachtsähnlichen Zustand und starb. Der Flughafenarzt konnte nur mehr den Tod feststellen. (Siehe News vom 6.5.1999) Offenbar haben die drei Beamten den Todeskampf des Marcus Omofuma mit körperlicher Aktivität verwechselt. So der Wiener Polizeipräsident Dr Peter Stiedl laut Salzburger Nachrichten vom 5.5.1999. Im von der Krone am 5.5.1999 und vom News am 6.5.1999 zitierten Polizeibericht ist keine Rede davon, dass Marcus Omofuma die Beamten gebissen habe.

"Zu der umstrittenen Knebelung mit dem Leukoplast wird im Polizeibericht angegeben: Die Vorgangsweise wurde in letzter Zeit immer wieder erfolgreich angewendet bzw von der Flugzeug-Crew ausdrücklich gewünscht. Selbstverständlich wurde penibelst darauf Bedacht genommen, dass die Nasenlöcher während der gesamten Flugdauer eindeutig frei waren, sodass ein problemloses Atmen möglich war." (Krone vom 5.5.1999)

"Die Leukoplast-Knebel kamen bisher ausschließlich bei Schwarzafrikanern zum Einsatz. Stortecky: ,Wir hatten im Vorjahr neun Nigerianer zur Abschiebung, und alle neun haben sich massiv gewehrt.‘ Bei den restlichen 1.120 Asylanten, die per Flugzeug ausgewiesen wurden, war dieses Mittel nicht notwendig." (News vom 6.5.1999, Seite 11)

"Abteilungsleiter Wilfried Kovarnik, dem auch die Wiener Fremdenpolizei unterstellt ist, hält die Verwendung von Klebebändern als ,gelinderes Mittel‘ im Sinne des Waffengebrauchgesetzes für gerechtfertigt." (Standard vom 5.5.1999)

"Die drei Beamten haben gegen keine österreichische Gesetze verstoßen. ... eine unübliche Maßnahme, die nur ganz selten angewendet wird." (Generaldirektor für öffentliche Sicherheit im ORF-Interview für Zeit im Bild am 2.5.1999)

"Die Beamten hätten eigenständig entschieden, als sie dem Mann den Mund verklebten. Sika räumte aber ein, das eine solche Maßnahme bereits mehrmals angewandt wurde." (Standard vom 4.5.1999)

"Weniger überrascht schien der Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, Michael Sika. Selten, aber doch immer wieder, wehrten sich abgewiesene Asylwerber derart gegen ihre Abschiebung, dass den Beamten gar nichts anderes übrig bliebe, als sie zu fesseln und zu knebeln. Vor allem mit Schwarzafrikanern gäbe es Probleme." (Salzburger Nachrichten vom 4.5.1999)

",Dieses Klebeband ist seit Jahren verwendet worden.‘ Diese Aussage stammt von Josef Kleindienst. Der Polizist und freiheitliche Gewerkschafter erklärte im Gespräch mit der Presse, dass der Fall des Nigerianers Marcus Omofuma kein Ausnahmefall war." (Presse vom 5.5.1999)

In einer Pressekonferenz am 1.10.1998 machte SOS Mitmensch Oberösterreich auf diese Foltermethoden aufmerksam: "Um 15.00 Uhr, etwa auf der Höhe von Tunis am Flug nach Accra verlangt A.P. die Toilette zu besuchen. Die Verrichtung der großen Notdurft wurde ihm verweigert (keine Abnahme der Fesselung, Gefahr der Verschmutzung). A.P. trat trotz Hand- und Fußfesselung gegen die Vordersitze; er wurde daraufhin am Sitzgestell fixiert. Als A.P. sich durch Schreie zur Wehr setzt, wird ihm der Mund mit Leukoplast verklebt, obwohl die Lippe durch einen Schlag bereits blutete."

Auch Innenminister Dr. Franz Löschnak rechtfertigt in der Anfragebeantwortung (4790/AB zu 4861/J) im Jahre 1993 das Verwenden von Klebebändern zum Verschließen des Mundes mit der Verletzungsgefahr für den Fremden sowie das Sicherheitsorgan.

Gemäß Art. 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention darf niemand der Folter oder unmenschlicher oder erniedrigender Strafe oder Behandlung unterworfen werden. Das Fesseln und Knebeln von Schubhäftlingen, wie es in den letzten Jahren immer wieder praktiziert wurde, ist organisierte Klebefolter.

Der Innenminister beteuerte in den letzten Tagen immer wieder von den Misshandlungen auf dem Schubtransport nichts gewusst zu haben. Er fühle sich keiner persönlichen Schuld bewusst. Dem ist entgegenzuhalten, dass dem Innenminister zumindest ein "Organisationsverschulden" anzulasten ist. Der Innenminister hat für das Funktionieren seiner Organe und ihr rechtmäßiges Handeln zu sorgen.

Dem Innenminister kann der Vorwurf nicht erspart bleiben, sein Ministerium nicht im Griff zu haben, wenn er behauptet, dass er von diesen Vorgängen nichts gewusst habe. Er ist offensichtlich nur mehr Erfüllungsgehilfe von mächtigen Beamten. Wer diesen Beamten zuwider handelt und an den bestehenden Strukturen kratzt, wird abgesetzt. Überlebenschance hat offensichtlich nur ein willfähriger Minister, als der sich inzwischen Karl Schlögl erweist. Die Zeitungsberichte belegen, dass es sich bei dem Tod von Marcus Omofuma nicht um einen tragischen Einzelfall handelt. Fesseln und Knebeln war offensichtlich gängige Praxis, von der nur der Minister nichts wusste. Verletzungen im Zuge der Misshandlungen werden in Kauf genommen und mit "Widerstand gegen Staatsgewalt" gerechtfertigt.

So besteht auch kein Bedürfnis an einer wirklichen Aufklärung polizeilicher Übergriffe. Rechtswidriges Verhalten wird bis in die höchste Ebene gedeckt. Der Minister wird nur halb oder gar nicht informiert. Zeugen und Betroffene werden mit Anzeigen wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt bzw Verleumdung mundtot gemacht. Die Justiz spielt in der Regel mit.

Aber selbst bei einer strafrechtlichen Verurteilung ist durch das bestehende Disziplinarrecht sichergestellt, dass den Beamten nichts passiert; allenfalls müssen sie mit einer kurzfristigen Versetzung in den Innendienst rechnen. Eine (auch nur vorübergehende) Suspendierung wegen Misshandlungen kommt so gut wie nicht vor. Der gegenwärtige Fall belegt dies deutlich. Hingegen müssen die Betroffenen und Zeugen mit einer strafrechtlichen Verurteilung wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt bzw Verleumdung rechnen. Diese Praxis hat dazu geführt, dass die Polizeiübergriffe in den letzten Jahren nicht abgenommen, sondern kontinuierlich zugenommen haben. Insbesondere Personen schwarzer Hautfarbe waren in Wien in letzter Zeit mehrmals Opfer von Polizeiübergriffen, wie die folgenden Fälle belegen:

April 1997

Frau V. J. und ihr Mann N. – beide Roma – werden in ihrer Wohnung durch Polizeibeamte geschlagen, die gekommen waren, um Herrn J. zu verhaften. Die Beamten fangen sie zu schlagen an, als sie die Beamten fragte, was ihr Mann getan hätte. Beide werden rassistisch beschimpft und gefragt, wann sie denn "endlich" nach Hause fahren würden (das Ehepaar lebt seit 16 Jahren in Österreich). Die ärztliche Untersuchung ergibt bei ihr Blutergüsse an beiden Ellenbogen, dem linken Handgelenk, der rechten Hand, dem rechten Schenkel, der linken Fessel, sowie Schwellungen an Kopf, Oberkiefer und Oberlippe. Die Frau wird schließlich wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt angezeigt.

Juli 1997

Herr B. – österreichischer Staatsbürger afrikanischer Herkunft – wird im Wiener AKH wegen Knochentuberkulose stationär behandelt. Er verläßt das Spital nur für ein paar Stunden, um dringende Einkäufe zu erledigen und fährt mit der U-Bahnlinie 6. Er passiert ohne Probleme eine Polizei-Kontrolle in der U6-Station AKH, doch an der U6-Station Thalia-Straße begegnet er der nächsten. Die Beamten vermuten einen Drogendealer. Die AKH-Papiere lassen sie kalt. Er protestiert und wird beschimpft, geschlagen, und schließlich verhaftet. Es werden ihm Handfesseln angelegt; er wird wegen Erregung ungebührlichen Lärms angezeigt; Herr B. schrie, da ihm u.a. die Handfesseln sehr starke Schmerzen wegen seiner schweren Knochenerkrankung bereiteten ...

Winter 1997

Herr R. – österreichischer Staatsbürger aus Tunesien – wird vor dem Generali-Center von zwei Beamten perlustriert. Nach Überprüfung seiner Papiere wird von ihm verlangt, daß er die Hose auszieht. Er weigert sich, wird beschimpft und beleidigt, zwei vorbeikommende Freunde, die fragen, was los ist, werden ebenfalls festgenommen. Sie werden ins Kommissariat gebracht, müssen sich ausziehen, werden rassistisch beschimpft und beleidigt. Nach mehreren Stunden dürfen sie unter Drohungen gehen. Doch es bleibt nicht bei diesem einen Mal. Herr R. wandte sich im April 1997 an die Grünen mit der Bitte um Rat und Unterstützung, da er alle paar Wochen perlustriert wurde und im Kommissariat landete. Er klagte über die unmenschliche Behandlung, da er offenbar allein aufgrund des Aussehens als Drogendealer gelte.

Anfang 1998

D. A. – Professor an einem Wiener Gymnasium; österreichischer Staatsbürger – wird auf einer Fahrt zum Westbahnhof von sieben Cobra-Beamten angehalten. Er zeigt seinen österreichischen Paß; sie verlangen nach seinem alten Paß. Er hat ihn (selbstverständlich) nicht mehr und möchte deren Dienstnummern wissen. Daraufhin wird er rassistisch beschimpft und beleidigt, er wird verhaftet und zur Polizeistation zwecks Überprüfung seiner Daten geführt. Ein Beamter sagt zu ihm, er solle "kuschen", und er könne mit ihm "ohnehin alles machen, was ich will". Er wird wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt angezeigt.

März 1998

Herr K. A. P. – Diplomat aus dem Sudan – wurde im Rahmen einer Identitätsüberprüfung im Stadtzentrum ins Kommissariat gebracht. Dort wurde er von Beamten mit Fäusten ins Gesicht geschlagen und an seiner Krawatte in einen Raum gezerrt. Er mußte sich entkleiden. Man verweigerte ihm einen Anruf an die Botschaft Sudans. Als er daraufhin das Kommissariat verlassen wollte, um ein öffentliches Telefon zu finden, wurde er von mehreren Beamten zurückgeschleppt und dabei an Rücken und Armen mehrmals geschlagen. Die ärztliche Untersuchung ergab Blutergüsse an der rechten Schulter sowie Blutergüsse und einen "Cut" an der Unterlippe.

März 1998

Ein Fahrradbote – bulgarischer Staatsbürger, Psychologiestudent – fährt bei Rot über die Kreuzung und wird mit öS 500,-- bestraft. Da er lediglich seinen Studenten(Lichtbild)ausweis bei sich hat, wird er festgenommen und aufs Kommissariat gebracht. Man beanstandet unter anderem die mangelnde Funktion seiner Fahrradglocke, er wird beschimpft, beleidigt und bekommt einen Tritt gegen das Schienbein. Beim Verlassen des Kommissariats stellt er fest, daß der Reifen seines Rads aufgeschlitzt wurde. Er kehrt zurück, möchte Anzeige erstatten, doch sie wird nicht entgegengenommen. Er besteht darauf und wird schließlich in eine Zelle eingesperrt. Er muß sich völlig entkleiden, derselbe Beamte möchte ihm auch Brille und Ohrring abnehmen. Er weigert sich; es kommt zu einem Handgemenge; man legt ihm Handfesseln an und sperrt ihn für mehrere Stunden in die Gummizelle ein.

Sommer 1998

Herr G. – Taxifahrer; ägyptischer Staatsbürger – "schneidet" mit seinem Wagen einen Polizisten, der gerade eine private Fahrt unternimmt. Der Beamte stellt ihn, schlägt ihn mit den Fäusten ins Gesicht und beschimpft ihn. Herr G. glaubt ihm nicht, daß er Polizist ist und wehrt sich. Daraufhin setzt ihm der Beamte vor Zeugen eine Glock-Pistole an den Kopf mit den Worten "Wenn Du das noch einmal machst, brenn’ ich Dir eine auf, Du Sautschusch!" Anschließend zeigt er Herrn G. wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt an.

Juli 1998

Drei Fremdenpolizisten besuchen nach einem "anonymen Hinweis" das chinesische Restaurant "Schöne Perle". Dort, so die Beamten, wollten sie die Ausweise des Personals kontrollieren. Frau H., die Besitzerin des Lokals zeigt ihren österreichischen Paß, die Schwester ihren chinesischen. Da die Beamten annahmen, daß der Paß gefälscht war – was sich später als Irrtum herausstellte – wurde die Chinesin festgenommen. Die Amtshandlung eskalierte, als der Koch, der keinen Ausweis bei sich hatte, in die Küche ging. Die Chinesinnen gaben an, von den Beamten mißhandelt worden zu sein: Faustschläge und Fußtritte hinterließen Verletzungen, die im Wiener AKH bestätigt wurden.

Die beiden Chinesinnen und der Koch wurden wegen Widerstand gegen die Staatsgewalt angeklagt. Im Dezember wurden die ChinesInnen schließlich verurteilt: Sieben und drei Monate Haft bedingt. Richterin Klothilde Eckbrecht läßt keinen Zweifel, wer ihr Vertrauen hat – die Polizisten. Gegen die Beamten wird kein Verfahren eingeleitet.

November 1998

Das wohl prominenteste Opfer in diesem Jahres: Dr. C. – österreichischer Staatsbürger afrikanischer Herkunft – wird nach einem Verkehrsvergehen von mehreren Polizisten beschimpft und derart geschlagen, daß er neun (!) Tage im Spital behandelt werden muß. Die behandelnden Ärzte stellen Gehirnerschütterung, Genitalprellungen u.v.m fest. Die amtshandelnden Beamten begründen den Übergriff damit, daß er sich gewehrt, gebissen und gespuckt hätte. Der Fall wird noch untersucht, die Beamten versehen weiterhin ihren Dienst.

19. Jänner 1999

Im Zuge der Festnahme kam der Schwarzafrikaner A. F. unter ungeklärten Umständen zu Tode. Die Beamten der niederösterreichischen Kriminalabteilung geben an, der Mann habe bei der Festnahme massiven Widerstand geleistet und versucht das im Mund versteckte Suchtgift zu verschlucken.

Zeugen der Amtshandlung geben an, der am Boden liegende Mann sei von mehreren Beamten mißhandelt worden. Gegen die Beamten der Polizei wurden keine Erhebungen durchgeführt. Für die Polizei ist der Fall abgeschlossen.

3. März 1999

Der Schwarzafrikaner Mohammed S. wird von Beamten der Wiener Polizei angehalten und in einen Raum der Wiener Linien in der U-Bahnstation Schottentor gebracht. Dort, so die Beamten, leistete der Schwarzafrikaner massiven Widerstand, verletzte sich und die Beamten.

Fünf Zeugen der Amtshandlung geben unabhängig voneinander an, der Schwarzafrikaner sei von den Beamten beschimpft und mißhandelt werden. Auszug aus einem der Gedächtnisprotokolle: "...Am Boden in seitlicher Lage der Schwarze, sein Hinterkopf, den er zu heben versucht, ist in meine Richtung gewandt, der große stämmige Polizist, auf ihm kniend und sitzend, ihm die Hände haltend und ihn niederringend schreit: '‚du dreckige Negersau, di mach i fertig', währendessen hatte er Unterstützung von seinem kleineren Kollegen, der auf den direkt vor ihm liegenden Schwarzen mit einem Gummiknüppel auf dessen Gesicht, das ihm zugewandt ist, und Kopf eindrischt, mit den Schuhen auf seinen Körper einstößt und dem Verhafteten ins Gesicht steigt..."

Fazit der Amtshandlung: eine gebrochene Fensterscheibe und ein schwer verletzter Schwarzafrikaner, der ins Lorenz Böhler Krankenhaus eingeliefert werden muß.

Alle fünf Zeugen werden wegen Verleumdung angeklagt.

Dem Minister ist aber nicht nur vorzuwerfen diese Praxis in Kauf genommen zu haben, ihm muß angelastet werden selbst Ausländerfeindlichkeit und Diskriminierung insbesondere von BürgerInnen schwarzafrikanischer Herkunft gefördert zu haben, wie folgende Beispiele belegen.

"Wesentlich dazu beigetragen hat offensichtlich, dass in Graz 1038 Schwarzafrikaner leben." Solche Aussagen eines Innenministers zu dem Wahlergebnis der SPÖ in Graz (Kleine Zeitung vom 30.1.1998), wonach die Zuwanderung von Schwarzafrikanern auch als eine der Ursachen für die Wahlniederlage herhalten mußte, tragen eher zur Verunsicherung der Bevölkerung bei, als die 1038 Schwarzen bei mehr als 300.000 Einwohnern (in den meisten Fußballmannschaften der Bundesliga ist der Anteil der Schwarzen größer).

Die zuletzt veröffentlichten Papiere des Innenministeriums (Strategiepapier zur Migrations- und Flüchtlingspolitik im Rahmen der EU-Ratspräsidentschaft oder der letzte Änderungsvorschlag zum Asylgesetz von Sektionschef Manfred Matzka) belegen in erschreckender Weise, dass vom Innenministerium MigrantInnen und Flüchtlinge als Feinde und Bedrohung des Staates angesehen werden und so ein Klima der Ablehnung geschaffen wird, wobei positive Aktivitäten zugunsten der Betroffenen eher die Ausnahme bilden. So ist es auch heute noch keine Ausnahme, dass Personen während des laufenden Asylverfahrens abgeschoben werden. Häufig kommt es vor Einbringung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof zum Wettlauf mit den Behörden um eine aufschiebende Wirkung, bevor die Abschiebung durchgeführt wird. Dass Marcus Omofuma noch während seiner Stellungnahmefrist abgeschoben wurde, ist leider keine Ausnahme.

Opfer sind aber nicht nur die betroffenen Personen sondern auch die ausführenden Beamten. Sie werden bei ihrer Tätigkeit kläglich im Stich gelassen. Sie erhalten keine Anleitung, und sie sind auch nicht dafür ausgebildet worden Flüchtlinge gegen ihren Willen abzuschieben, sondern Bankräuber und andere Verbrecher festzunehmen und zu überführen. Sie erhalten keine Unterstützung und werden mit ihren Problemen vollkommen allein gelassen. Es gibt auch keine nachgeordnete Kontrolle. Es kümmert sich von den Vorgesetzten niemand, wie die Beamten ihren Job bewältigen können. Während sich aber die ausführenden Sicherheitskräfte vor dem Richter verantworten müssen, bleiben die Verantwortlichen am Schreibtisch, die diese Strukturen stützen, ungeschoren.

Dem Innenminister ist vorzuwerfen, dass er mit seiner Politik diese untragbaren Strukturen der Polizei, die zu solchen Vorfällen führen, nicht nur nicht bekämpft, sondern sie sogar gefördert hat. Der Innenminister ist verantwortlich für dieses System. Wenn er nicht in der Lage ist, diese Strukturen grundlegend zu ändern, bleibt ihm nur der Rücktritt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgende

Anfrage:

1. Wer ist für die Versetzung der Beamten, die Marcus Omofuma auf dem Flug nach Sofia begleiteten, in den Innendienst der Fremdenpolizei verantwortlich und welche konkreten Aufgaben sind ihnen nun zugewiesen?

2. Warum sind die drei Beamten nicht vom Dienst suspendiert worden?

3. Wie rechtfertigen Sie die Tatsache, dass diese drei Beamten weiterhin im fremdenpolizeilichen Bereich tätig sind?

4. Die zuletzt ständig wechselnde Verantwortung der drei begleitenden Beamten lässt eine organisierte Verabredung vermuten. Was haben Sie unternommen, um die Verabredung zur Verdunkelungsgefahr zu verhindern?

5. Erfolgte die Versetzung in den Innendienst, um eine bessere Absprache mit den Vorgesetzten, den Spitzenbeamten Ihres Ministeriums, wie Sika, Stiedl, Stortecky und Kovarnik, zu gewährleisten?

6. Welche und wieviele vergleichbare Fälle sind Ihnen in der Zwischenzeit bekannt geworden? Wie lauten die genauen Berichte dieser Vorfälle? Wer hat diese Berichte verfasst? Wem wurden diese Berichte vorgelegt?

7. In wie vielen Fällen wurden Spritzen bzw andere Beruhigungsmittel zwangsweise angewandt?

8. Seit 1997 fällt Schwechat in die Gerichtszuständigkeit des Landesgerichtes Korneuburg. In wievielen Fällen wurde seit diesem Zeitpunkt von Organen der Fremdenpolizei Anzeige wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt im Zuge von Abschiebungen erstattet?

9. In wie vielen Fällen wurden vor 1997 an die Staatsanwaltschaft Wien Anzeigen wegen Widerstands gegen die Staatsgewalt im Zuge von Abschiebungen erstattet?

10. Wie lauten die jeweiligen Protokolle dazu? Wie wurden die Ruhigstellungshandlungen beschrieben? In wievielen Fällen wurde die Verwendung von Klebebänder zum Verschließen des Mundes erwähnt?

11. Welcher Tatbestand wird Ihrer Sachverhaltsdarstellung betreffend die Abschiebung Marcus Omofuma's zugrunde gelegt? Wie lautet die Sachverhaltsdarstellung konkret?

12. Wie lautet die Disziplinaranzeige konkret?

13. Wurden die Klebebänder, die die Beamten zum Verkleben des Mundes verwendet haben, von den Behörden beschafft? Wenn ja, in welcher Zahl?

14. Zu welchem Zweck werden Klebebänder von der Behörde sonst noch verwendet?

15. Wie viele Klebebänder wurden in den letzten Jahren angeschafft?

16. Zum Wissen über die Knebelpraxis sagten Sie: "Mir haben meine Spitzenbeamten Sika und Stiedl versichert, dass sie wie ich nichts davon wussten." (News Nr 18/99) Wie erklären Sie sich, dass GD Sika in den Salzburger Nachrichten vom 4.5.1999 mit dem Ausspruch zitiert wird, dass bei Abschiebungsproblemen den Beamten gar nichts anderes übrig bliebe, als die Abzuschiebenden zu fesseln und zu knebeln? Ist das kein eklatanter Widerspruch zur Aussage Ihnen gegenüber?

17. Wie erklären Sie, dass der Wiener Polizeipräsident Peter Stiedl Ihnen sagte, von der Knebelpraxis so wie Sie nichts gewusst zu haben, dem Format (Nr 19/99) hingegen sagte: "Der Beißschutz wird ganz selten angelegt. Das bestreiten wir auch nicht."?

18. Wie erklären Sie, dass Ihre Spitzenbeamten Sika und Stiedl von der Knebelpraxis nichts gewusst zu haben versichern, während im Bericht der drei Polizisten, die Omofuma abschoben, steht: "Diese Vorgangsweise wurde in letzter Zeit immer wieder erfolgreich angewendet ..."?

19. Ist Ihnen bekannt, dass ein weiterer Spitzenbeamter Ihres Hauses, der Chef der Wiener Fremdenpolizei, in "News" (Nr 18/99) mit dem Satz zitiert wird: "Es ist ein ganz normaler Vorgang, dass renitent schreienden Asylanten der Mund mit Leukoplast verklebt wird."?

20. "Dieses Klebeband ist seit Jahren verwendet worden", so Josef Kleindienst, Polizist und freiheitlicher Gewerkschafter (Die Presse, 5.5.1999). Sagt J.K. die Unwahrheit?

21. Ist Ihnen die – u.a. im Rechtsinformationssystem des Kanzleramtes dokumentierte – Entscheidung des Steirischen Unabhängigen Verwaltungsssenats vom 19.3.1997 bekannt? Wenn ja, ist auch Ihren Spitzenbeamten – Sika, Stiedl, Stortecky und Kovarnik – diese UVS-Entscheidung bekannt? (Siehe Format Nr 19/99)

22. Welche Maßnahmen wurden zu welchem Zeitpunkt im Innenministerium getroffen, alle betroffenen Beamten von der Entscheidung des Steirischen UVS vom 19.3.1997 zu informieren und die Beachtung dieser Entscheidung zu gewährleisten?

23. Ist Ihnen und Ihren Spitzenbeamten die Anfragebeantwortung 4790/J (vom 8.7.1993) des Bundesministers für Inneres bekannt?

24. Ist Ihnen und Ihren Spitzenbeamten die Anfragebeantwortung 1463/J (vom 14.1.1997) des Bundesministers für Inneres bekannt?

25. Gab es Erlässe, Weisungen von den Spitzenbeamten aufgrund der Anfragen 4790/J, und 1463/J betreffend die Verwendung von Klebebändern zum Verschließen des Mundes? Wenn ja, wie lauten diese Weisungen? Wenn nein, warum nicht?

26. Kennen Sie den Bericht an die österreichische Bundesregierung über den Österreichbesuch des Europäischen Komitees zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe vom 17.3.1995? Kennen die Spitzenbeamten des BMI den Bericht?

27. Werden Sie von Berichten in den Medien über Misshandlungen durch Sicherheitsorgane informiert?

28. War der für Fremdenangelegenheiten zuständige Sektionschef Dr. Manfred Matzka über die Fesselung und Knebelung von Schubhäftlingen informiert?

29. Die Innenminister Löschnak und Einem sowie die Spitzenbeamten Sika, Stiedl, Stortecky und Kovarnik waren über die Verwendung von Klebebändern zur Ruhigstellung von Schubhäftlingen informiert. Bleiben Sie dabei, dass Sie als einziger von dieser Praxis nichts wussten?

30. Wie war es möglich, dass diese Praxis jahrelang zur Anwendung kam, ohne dass Sie davon Kenntnis erlangten?

31. Wenn es Ihren oben angeführten Spitzenbeamten tatsächlich möglich war, die angeführte rechtswidrige Praxis vor Ihnen geheimzuhalten, welche disziplinäre Konsequenzen wird dies für die Betroffenen haben?

32. Die angeführten Spitzenbeamten haben die Anwendung von Klebefolter und somit Folterhandlungen im Sinne des Art 3 EMRK gerechtfertigt. Welche Konsequenzen hat dies für die betroffenen Beamten?

33. Sollen die drei begleitenden Beamten stellvertretend für alle verantwortlich gemacht werden oder werden die Spitzenbeamten Ihres Ministeriums wie Sika, Stiedl, Stortecky und Kovarnik mit gleichen Maßstäben gemessen?

34. Laut "News" (Nr 18/99) war schon im Polizeigefängnis vom Amtsarzt festgestellt worden, dass Marcus Omofuma an Asthma litt. Ist diese Meldung korrekt? Wenn ja, waren die die Abschiebung durchführenden Beamten davon informiert? Hätten sie aufgrund des Verfahrens bei Abschiebungen davon informiert sein müssen?

35. Haben Sie dafür gesorgt, dass ein unabhängiges Organ mit der regelmäßigen Inspektion der Haftbedingungen in den Gefangenenhäusern betraut wird?

36. Werden Sie dafür sorgen, dass in Hinkunft vor Ende aller Verfahren (also auch außerordentlicher Rechtsmittel) keine Abschiebungen durchgeführt werden?

37. Dem Schubhaftsozialdienst wird in Wien eine Besuchszeit von lediglich 7 Stunden eingeräumt. Dieser beschränkter Zugang reicht nicht aus um die Betreuungszeiten ordnungsgemäß zu erfüllen. Werden Sie daher dafür sorgen, dass den MitarbeiterInnen der Schubhaftsozialdienste unbeschränkt Zugang zu den Schubhäftlingen eingeräumt wird?

38. Werden Sie dafür sorgen, dass Personen, die abgeschoben werden sollen, ausreichend psychologisch betreut, ärztlich untersucht und rechtlich beraten werden?

39. Wieso gibt es nach Jahren legaler und illegaler Abschiebepraxis offenbar keine ausreichende psychologsiche Schulung (incl Supervision) für die betroffenen Beamten, insbesondere in den unteren und mittleren Rängen?

40. In der Vergangenheit wurden (insbesondere in die Türkei) Personen abgeschoben, die mit ihrer Verhaftung bei der Ankunft rechnen mussten. Werden Sie dafür sorgen, dass Personen nur dann abgeschoben werden, wenn bekannt ist, was mit ihnen in ihrem Heimatland passiert?

41. Werden sie dafür sorgen, dass Personen die behaupten von Sicherheitsbeamten verletzt worden zu sein oder die sich in Polizeigewahrsam befinden über ihren Wunsch auch von einem Arzt ihrer Wahl untersucht werden?

42. Was haben Sie unternommen, dass bei polizeilichen Übergriffen die betroffenen Personen und Zeugen nicht – wie auch vom Komitee zur Vermeidung von Folter und unmenschlicher Behandlung kritisiert – durch Gegenanzeigen wegen angeblichen Widerstandes gegen die Staatsgewalt bzw Verleumdung mundtot gemacht werden?

43. Das derzeitige Disziplinarrecht dient in erster Linie dem Mobbing. Haben Sie versucht, dass wie vom Komitee zur Vermeidung von Folter und unmenschlicher Behandlung empfohlen, das geltende Disziplinarrecht durch ein eigenes Disziplinarrecht für die Exekutive ersetzt wird, sodass die Beamten wegen dienstrechtlicher Vergehen auch belangt werden können? Wenn nein, warum nicht?

44. In letzter Zeit häufen sich die Beschwerden über Übergriffe bzw Diskriminierung Personen schwarzer Hautfarbe durch Sicherheitsbeamte insbesondere in Wien. Sind Ihnen diese Beschwerden bekannt? Was haben Sie unternommmen, um diese Missstände abzustellen?

45. Personen, die in Österreich kein Asyl erhalten, aber aus welchen Gründen auch immer nicht abgeschoben werden können, werden zwar geduldet, erhalten aber keinen legalen Aufenthaltsstatus, dürfen nicht arbeiten und bekommen auch keine Unterstützung (wenn nicht von NGOs). Was haben Sie unternommen um diesen untragbaren Zustand zu ändern?

46. Im Format 19/99 werden Sie mit folgender Aussage zur Abschiebepraxis zitiert: "Ja, natürlich soll man sich informieren, aber wahrscheinlich hätte ich nicht erfahren, dass es diese Missstände gibt." Bitte erklären Sie, was der Innenminister der Republik Österreich mit dieser Aussage meint?

47. Auf die Frage "Wie kommen Ihre Beamten auf solche Ideen?" – gemeint ist die Knebelpraxis – antworten Sie im Format 19/99: "Sie wurden offensichtlich mit ihrer Aufgabe alleingelassen." Sind Sie der Ansicht, dass die Spitzenbeamten Ihres Hauses, die ihre Untergebenen bei enorm schwierigen Situationen alleinlassen, sich ihren Aufgaben gewachsen gezeigt haben?

48. Im Format 19/99 werden Sie mit folgender Aussage zitiert: "Manches, was die FPÖ zur Lösung der Problematik der Schubhäftlinge gesagt hat, ist richtig. Beispielsweise, dass man nicht nur über Linienflüge abschiebt, sondern gemeinsam im EU-Verbund in Chartermaschinen." Der Generaldirektor Sika hat sich inzwischen dagegen ausgesprochen. Welche Position haben Sie zu solchen fliegenden Hafträumen?

49. Haben Sie ein Interesse daran, dass zur Aufklärung und Untersuchung der politischen und behördlichen Verantwortung des Todes von Marcus Omofuma ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss eingesetzt wird? Wenn nein, warum nicht?

In formeller Hinsicht wird die dringliche Behandlung dieser Anfrage gemäß § 93 Abs 2 GOG verlangt."

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich darf Herrn Abgeordneten Dr. Van der Bellen als erstem Fragesteller zur Begründung seiner Anfrage das Wort erteilen. Die Redezeit darf nach § 93 Abs. 5 der Geschäftsordnung 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Professor Van der Bellen.

16.02

Abgeordneter Dr. Alexander Van der Bellen (Grüne): Herr Präsident! Herr Innenminister! Marcus Omofuma hätte heute Geburtstag. Heute wäre er 26 Jahre alt geworden. Faktum ist, daß dieser Mensch in der Obhut des Innenministeriums war und daß er, während er in dieser Obhut war, gestorben ist. Er war gefesselt, geknebelt, wie eine Mumie verschnürt, und er war in Gewahrsam und in der Obhut von drei kleinen Polizeibeamten. Gegen diese Polizeibeamten läuft ein Gerichtsverfahren. Was ist mit den anderen? Was ist mit den Mitwissern? Was ist mit den Abteilungsleitern? Was ist mit allen Dienstvorgesetzten, die Weisungen erteilt oder nicht erteilt haben? Was ist mit dem Generaldirektor für öffentliche Sicherheit, dem Chef der Fremdenpolizei? – Gegen all diese Beamten läuft unseres Wissens kein Gerichtsverfahren.

Herr Bundesminister! Die kleinen Beamten opfern, die Großen decken – das darf doch nicht Grundlage Ihrer Politik sein! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Herr Bundesminister! Sie haben geschworen, Sie hätten von der Knebelungspraxis der Polizei nichts gewußt. Sie haben weiters erklärt – ich zitiere –: Mir haben meine Spitzenbeamten Sika und Stiedl versichert, daß sie, wie ich, nichts davon wußten. – Herr Bundesminister! Diese Versicherung Ihrer Spitzenbeamten Ihnen gegenüber steht in diametralem Widerspruch zu den Aussagen anderer Beamter und in diametralem Widerspruch zu Aussagen eben dieser Spitzenbeamten selbst.

Herr Bundesminister! Ich darf wohl davon ausgehen, daß Sie in den letzten zehn Tagen die Medienberichte ganz besonders studiert haben. Ich möchte Sie auf eine Äußerung des Chefs der Wiener Fremdenpolizei aufmerksam machen, von dem folgender Satz zitiert wird: Es ist ein ganz normaler Vorgang, daß renitent schreienden Asylanten der Mund mit Leukoplast verklebt wird. – Herr Bundesminister! Das ist also ein ganz normaler Vorgang. Aber Ihre Spitzenbeamten Sika und Stiedl versichern Ihnen gegenüber, von einem ganz normalen Vorgang nichts gewußt zu haben.

Das sind aber nicht die einzigen Meldungen. In aller Kürze: Es gibt Dutzende davon, und ich zitiere davon nur ganz wenige.

Im Polizeibericht heißt es: Die Vorgangsweise – gemeint ist natürlich die Knebelung – wurde in letzter Zeit immer wieder erfolgreich angewendet. – Das steht in der "Kronen Zeitung" vom 5. Mai. Abteilungsleiter Kovarnik hält die Verwendung von Klebebändern für gerechtfertigt! – "Standard" vom 5. Mai. Dieses Klebeband ist seit Jahren verwendet worden, sagt Josef Kleindienst, freiheitlicher Gewerkschafter, laut "Presse" vom 5. Mai. Der Beißschutz wird ganz selten angelegt. Das bestreiten wir auch nicht, sagt Peter Stiedl, Polizeipräsident, in "Format" Nr. 19. Generaldirektor Sika: Eine unübliche Maßnahme, die nur ganz selten angewendet wird! – "Zeit im Bild" vom 2. Mai. Sika räumte aber ein, daß eine solche Maßnahme bereits mehrmals angewandt wurde. – "Standard" vom 4. Mai. Sika: Selten, aber doch immer wieder wehren sich abgewiesene Asylwerber derart gegen ihre Abschiebung, daß den Beamten gar nichts anderes übrigbliebe, als sie zu fesseln und zu knebeln! – "Salzburger Nachrichten" vom 4. Mai.

Ich wiederhole: Generaldirektor Sika: Ganz selten angewandt; bereits mehrmals angewandt; den Beamten bleibt gar nichts anderes übrig.

Herr Bundesminister! Aber Ihnen gegenüber sagen Ihre Spitzenbeamten nach Ihrer eigenen Aussage, daß sie wie Sie nichts davon wußten. Darin sehen Sie keine Widersprüchlichkeit? Sie fühlen sich von Ihren Spitzenbeamten nicht auf den Arm genommen? Oder übersehen Sie, Herr Innenminister, diese Äußerungen und sagen sich: Lieber die Kleinen opfern und die Großen decken?

Herr Bundesminister! Die Knebelungspraxis ist nicht vor 14 Tagen erfunden worden und hat dann leider ganz schnell zu einer Tragödie mit tödlichem Ausgang geführt. Dem ist nicht so. Die Knebelungspraxis mußte Ihrem Hause seit mindestens sechs Jahren bekannt sein, und sie mußte vor allem Ihren Spitzenbeamten bekannt sein. Ich darf Sie an eine Anfrage der Grünen vom 17. Mai 1993 an Bundesminister Löschnak erinnern, in der auf die Knebelung eines Schwarzafrikaners hingewiesen wurde. Innenminister Löschnak hat diese Knebelung auch gar nicht dementiert, sondern diese in der Anfragebeantwortung zum Beispiel mit der sogenannten Beißgefahr durch solche Schubhäftlinge begründet.

Im November 1996 haben wir an den damaligen Innenminister Einem wiederum eine einschlägige Anfrage gerichtet, und Bundesminister Einem hat uns erwidert: Jawohl, Klebebänder kommen vor, aber nur zur Fesselung – wörtlich –, zur Knebelung dürfen Klebebänder keinesfalls verwendet werden. Das steht in der Anfragebeantwortung vom 14. Jänner 1997.

Generaldirektor Sika sagte gestern in der Sendung "Zur Sache": Ich habe beide parlamentarischen Anfragen nicht gesehen, sie sind nicht über mich gelaufen.

Niemand von uns kann das hier und heute überprüfen, aber über irgend jemanden werden diese Anfragen wohl gelaufen sein. Ich nehme nicht an, daß es üblich ist, daß die Innenminister persönlich solche Anfragen schriftlich beantworten. Über wen sind diese also gelaufen? Welche Dienstbesprechung, welches Protokoll gibt darüber Auskunft? Hat es damals, spätestens 1997, Dienstanweisungen an die Beamten gegeben? – Bundesminister für Inneres Einem sagte damals ausdrücklich, daß Knebelungen verboten seien. Nichtsdestoweniger wissen wir heute, daß sich diese Praxis fortgesetzt hat. Im übrigen stehen auch diese Tatsachen in diametralem Widerspruch zu dem, was der Generaldirektor für innere Sicherheit, der Chef der Wiener Fremdenpolizei und andere Spitzenbeamte Ihres Hauses gesagt haben, Herr Innenminister!

März 1997: Entscheidung des Unabhängigen Verwaltungssenates in der Steiermark: Die Verklebung des Mundes mit einem Klebeband ist rechtswidrig, da sie menschenverachtend erfolgt.

Braucht es noch eindeutigere Gerichtsurteile? – Diese Entscheidung ist, wie "FORMAT" berichtet, im Rechtsinformationssystem des Kanzleramtes abrufbar, und zwar nicht nur für Journalisten, möchte man meinen. Aber niemand hat davon gewußt, daß Verklebung verboten ist. Sie haben es nicht gewußt, Herr Innenminister, Ihr Generaldirektor nicht, der Chef der Fremdenpolizei nicht und andere Beamte auch nicht.

Nicht nur, daß Ihre obersten Beamten nichts wußten, oder zumindest sagen, daß sie nichts wußten, sie scheinen auch keinerlei Unrechtsbewußtsein in dieser Frage zu haben. Generaldirektor Sika sagte in der "ZiB" vom 2. Mai: Die drei Beamten – gemeint sind die Begleiter – haben gegen keine österreichischen Gesetze verstoßen. – Das wußte er schon damals. Oder gestern in "Zur Sache" meinte Abteilungsleiter Kovarnik von der Fremdenpolizei: Mir fällt nichts Besseres ein als das Klebeband. – Es fiel ihm also gestern nichts Besseres ein, aber daß das nach Artikel 3 der Europäischen Menschenrechtskonvention Folter ist, das fällt unseren Spitzenbeamten im Innenministerium auch nicht ein. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Sie sollten es wissen, Sie müssen es wissen, und Sie müssen vor allem dieses Wissen an Ihre Untergebenen weitergeben. Das ist anscheinend nicht erfolgt. Das führt aber dazu, Herr Innenminister, daß die kleinen Beamten dann, wenn so etwas aufkommt, wenn sie erwischt werden, wenn es eine Tragödie gibt, daran glauben müssen, die Spitzenbeamten Ihres Hauses aber ungeschoren bleiben.

Die Spitzenbeamten wußten nichts trotz der parlamentarischen Anfrage von 1993, trotz der parlamentarischen Anfrage von 1996, trotz der UVS-Entscheidung von 1997 und auch nicht nach dem Ereignis in Belgien im Herbst 1998. In Belgien ist nämlich in einem ähnlichen Fall eine Frau zu Tode gekommen.

Was ist damals passiert, Herr Innenminister? Welche Reaktionen hat es damals in Ihrem Hause gegeben? Hat es eine Dienstbesprechung der betroffenen Abteilungsleiter gegeben? Gibt es Protokolle dazu? Ist die Information nach oben, das heißt bis zu Ihnen, nicht weitergegeben worden? Sind vor allem die entsprechenden Weisungen nach unten, also zu den kleinen Beamten, die dann zum Handkuß kommen, nicht erteilt worden? – Wenn das der Fall ist, Herr Bundesminister, dann frage ich Sie: Heißt das nicht, daß in Ihrem Hause ein Mindestmaß an politischem Weitblick fehlt, daß es in Ihrem Hause geradezu dramatisch daran fehlt, daß Obsorge für die Beamten getroffen wird, die dann im tatsächlichen Vollzug stehen? – Ich habe gedacht, das war einmal Grundlage sozialdemokratischer Politik. Aber gerade diese kleinen Beamten, die dann zum Handkuß kommen, hat man in dieser Situation allein gelassen.

Herr Bundesminister! Auf mindestens drei Ebenen muß die Aufklärung der Praktiken der Polizei und insbesondere der Fremdenpolizei vorangetrieben werden. Diese Ebenen sind erstens die Gerichte, zweitens ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß und drittens Ihr Haus, das Bundesministerium für Inneres selbst.

Zum ersten Punkt, dem Gerichtsverfahren, möchte ich von Ihnen folgendes wissen: Gegen die drei Beamten wurde postwendend ein Verfahren eröffnet. Es hat nur kurze Zeit gedauert, bis die entsprechenden Sachverhaltsdarstellungen im Gericht in Korneuburg eingetroffen sind. Ich frage Sie: Was ist mit den Mitwissern? Was ist mit den Vorgesetzten? Was ist mit all jenen im Innenministerium, die diese Verfahren gedeckt haben? Wo sind die Sachverhaltsdarstellungen gegen diese Personen?

Zum zweiten Punkt: parlamentarischer Untersuchungsausschuß. Wenn nicht in einem Fall, in dem ein Mensch zu Tode kommt, obwohl oder weil – das überlasse ich Ihnen – er sich in Gewahrsam der öffentlichen Hand befindet, ein Untersuchungsausschuß eingesetzt wird, dann weiß ich nicht, wann ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß notwendig ist. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Herr Innenminister! Ich nehme an, daß Ihre Fraktion und wahrscheinlich auch die Fraktion der anderen Regierungspartei die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses heute ablehnen werden. Aber was, Herr Innenminister, befürchten Sie eigentlich von einem Untersuchungsausschuß? – Ich meine Sie persönlich. Im Gegenteil: Ich meine, daß Sie die Untersuchung durch einen unabhängigen Ausschuß aus der Geiselhaft Ihrer Spitzenbeamten, in der Sie sich offensichtlich befinden, befreien kann. Es wäre in Ihrem eigenen Interesse, einen solchen Untersuchungsausschuß in diesem Haus zu haben. Wenn es natürlich – das ist leider zu befürchten – die Regierungsfraktionen unter tätiger Mithilfe der Freiheitlichen heute ablehnen sollten, einen Untersuchungsausschuß in dieser Frage einzusetzen, dann können wir gar nicht anders, als Ihnen, Herr Innenminister, das Mißtrauen auszusprechen. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Noch zum dritten Punkt, zur Aufklärungsarbeit und Reorganisation im Innenministerium selbst: Da besteht unmittelbarer Handlungsbedarf von Ihnen, Herr Bundesminister! Aber bisher haben Sie nicht einmal die drei unmittelbar betroffenen Beamten vom Dienst suspendiert, sie sind lediglich irgendwohin versetzt worden. Sie wurden nicht suspendiert, ganz zu schweigen von Ihren Spitzenbeamten, die uns jeden Tag mit unterschiedlichen und widersprüchlichen Meldungen, Aussagen und Schilderungen darüber überraschen, was denn nun wirklich passiert ist, was denn nun wirklich am Flughafen, vor dem Einsteigen passiert ist, was im Flugzeug und dann bei der Landung in Sofia passiert ist. Über all das kommen geradezu stündlich neue "Informationen" – ich setze das Wort unter Anführungszeichen – vom Innenminister beziehungsweise von seinen untergebenen Spitzenbeamten.

Ein gestern in der Sendung "Zur Sache" anwesender Rechtsanwalt, Herr Bürstmayr, hat diese Sache sehr schön auf den Punkt gebracht, indem er gesagt hat: Wenn das Innenministerium eine physische Person wäre, dann säße es angesichts dieser zahllosen einander widersprechenden Äußerungen längst in Untersuchungshaft.

Das muß man sich einmal vorstellen, daß jenes Ministerium, das für unsere Sicherheit zuständig ist, und zwar nicht nur für die Sicherheit der Spitzenbeamten und nicht nur für die Sicherheit der weißen Österreicher, sondern auch für die Sicherheit der schwarzafrikanischen Menschen, die sich gerade hier befinden, eine solche Äußerung eines Rechtsanwalts geradezu auf sich zieht. Man sollte nicht darüber lachen, sondern sich denken: Zum Teufel noch einmal, da hat er aber recht!

Herr Bundesminister! Es besteht doch offensichtlich Verabredungsgefahr und Verdunkelungsgefahr in Ihrem Ministerium. Was gedenken Sie dagegen zu tun? – Wenn Sie nichts dagegen tun, dann ist es unvermeidlich, daß ein Schatten auf die Polizei und auf Ihr Haus fällt, ein Schatten, den die Polizei als gesamtes nicht verdient hat. Das möchte ich hier ausdrücklich sagen. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Herr Bundesminister! Sie haben heute einen sogenannten Richtlinienkatalog für die neue Abschiebepraxis vorgelegt. Drei dieser Punkte scheinen mir durchaus unterstützenswert zu sein und hätten längst eingeführt werden sollen: Erstens: ein Pool von Beamten mit spezieller, insbesondere auch psychologischer Ausbildung; zweitens, daß jeder Schubhäftling kurz vor seiner Abschiebung medizinisch und psychisch untersucht werden muß, und drittens wird die Verwendung von Klebebändern selbstverständlich untersagt; das entnehme ich zumindest dem heutigen "Kurier".

Ob Helme statt Klebebändern mit der Menschenrechtskonvention vereinbar sind, das würde ich an Ihrer Stelle doch lieber einmal checken. Herr Bundesminister! Ich halte das für unwahr-scheinlich. Mit der Devise "Sturzhelm statt Klebeband" werden Sie Ihrer politischen Verantwortung nicht gerecht werden. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Stichwort "politische Verantwortung": Herr Bundesminister! Sie haben gesagt, Sie hätten dem Bundeskanzler Ihren Rücktritt angeboten und dieser sei vom Bundeskanzler nicht angenommen worden. Damit haben Sie den Bundeskanzler in Ihre politische Verantwortung für die Zustände im Innenministerium eingebunden, und das halte ich, offen gesagt, für geschickt und auch nicht ganz ungerechtfertigt – angesichts der Tatsache, daß das Innenministerium heuer auch ein Jubiläum feiert, nämlich 50 Jahre rotes Innenministerium; die vier schwarzen Jahre von 1966 bis 1970 schon abgerechnet.

Diese 50 Jahre haben uns zuletzt den Lauschangriff und die Rasterfahndung beschert und werden uns demnächst umfassende Bespitzelungsrechte im neuen Sicherheitspolizeigesetz bescheren. Nicht beschert haben sie uns ein Selbstverständnis der Spitzenbeamten, das der Menschenrechtskonvention und den Grund- und Freiheitsrechten der Bürger in Österreich entspricht.

In diesem Zusammenhang, Herr Bundesminister, möchte ich noch folgendes erwähnen: Sie werden im "FORMAT" von heute mit folgender Aussage zitiert: "Ja, natürlich soll man sich informieren, aber wahrscheinlich hätte ich nicht erfahren, daß es diese Mißstände gibt." – Gibt es etwas Entlarvenderes als das? (Abg. Smolle: Also braucht man einen Ausschuß! – Abg. Koppler: Gib eine Ruh’!) – Ich würde mich freuen, wenn Sie das kurz kommentieren, Herr Bundesminister. (Abg. Smolle: Wenn wir das nicht wissen, dann brauchen wir einen Ausschuß! – Abg. Koppler: Gib eine Ruh’!)

Unabhängig davon, daß Sie den Bundeskanzler und Parteivorsitzenden der SPÖ in die Verantwortung für Ihr Haus eingebunden haben, bleibt die unmittelbare heutige Verantwortung für die Maßnahmen, die jetzt zu setzen sind, bei Ihnen und nicht beim Bundeskanzler. Wir erwarten von Ihnen zumindest, daß Sie nicht die kleinen Beamten opfern, sondern mit Entschlossenheit gegen Ihre Spitzenbeamten durchgreifen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

16.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich erteile jetzt dem Herrn Bundesminister das Wort.

Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. Ich mache darauf aufmerksam, die elastischere Formulierung des § 93 (4) der Geschäftsordnung ist absichtlich so gewählt worden, weil es möglich ist, daß eine Anfrage so viele Fragen enthält, daß man sie eben in 20 Minuten nicht beantworten kann, und dann soll die Redezeit nicht Grund dafür sein, daß Fragen unbeantwortet bleiben.

In diesem Sinne bitte ich um Ihre Ausführungen, Herr Bundesminister.

16.23

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! (Rufe von der Galerie: Abschiebung ist Folter! Abschiebung ist Mord! Bleiberecht für alle und sofort! – Von der Galerie werden Flugzettel ins Plenum geworfen. – Anhaltender Beifall und Bravorufe von der Galerie.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich stelle die Uhr noch einmal ein. Am Wort ist der Herr Innenminister! (Heftige Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Ich wiederhole, daß der Herr Bundesminister am Wort ist. Ich kann nicht sehen, was die Freiheitlichen daran stört, daß ich dem Herrn Bundesminister das Wort erteile! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Lassen Sie die Galerie räumen! Lassen Sie die Galerie räumen! – Abg. Böhacker: Das ist eine Gefährdung! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

16.24

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl (fortsetzend): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Vor den schrecklichen Ereignissen am Abend des 1. Mai habe ich einen Tod wie den des Herrn Marcus Omofuma in Österreich für undenkbar gehalten. Ich bedauere diesen Tod zutiefst und bin überzeugt davon, daß alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Ressorts ebenso fühlen. Ich bin persönlich sehr betroffen, und ich möchte diese Betroffenheit sowie meine Anteilnahme auch gegenüber den Angehörigen des Toten zum Ausdruck bringen.

Hohes Haus! Ich habe vor mehr als zwei Jahren mein Amt als Innenminister der Republik Österreich mit dem Ziel angetreten, Brücken zu bauen und nicht zu polarisieren – Brücken zwischen den Menschen und ihrer Exekutive, Brücken zwischen der Ressortführung und den Beamten, aber auch zwischen den politischen Fraktionen, dem Ressort und mir als politisch Verantwortlichem.

Die öffentliche Debatte rund um den tragischen Tod war in den letzten Tagen teilweise von sehr harter Wortwahl, von persönlichen Angriffen und von pauschalen Vorwürfen geprägt. Es ist meine feste Überzeugung, daß diese Art von politischer Diskussion vom überwiegenden Teil der Österreicherinnen und Österreicher nicht gewollt wird. Sie wollen vielmehr eine schonungslose Aufklärung der Umstände des Todes und Konsequenzen für die Zukunft.

Ich sehe es daher als meine politische Aufgabe und moralische Verpflichtung an, alles in meiner Macht Stehende zu tun, um diesen tragischen Fall vollständig aufzuklären und Maßnahmen zu setzen, die helfen, eine Wiederholung eines derartigen Ereignisses zu verhindern. (Beifall bei der SPÖ sowie Beifall, Bravo- und Buh-Rufe von der Galerie.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich mache die Zuschauer auf der Galerie darauf aufmerksam, daß sie nicht das Recht haben, in irgendeiner Weise in die Verhandlungen einzugreifen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Lassen Sie die Galerie räumen!) Ich werde auf diesem Recht bestehen, und ich mache Sie darauf aufmerksam, daß es nach der Geschäftsordnung auch Konsequenzen geben kann, wenn von der Galerie in die Verhandlungen in irgendeiner Form eingegriffen wird. Das ist nicht tolerabel!

Herr Bundesminister! Setzen Sie bitte fort!

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl (fortsetzend): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe mich in den letzten Tagen immer wieder gefragt, wie es zu diesem schrecklichen Vorfall kommen konnte. Ich habe mich auch gefragt, wen ein Verschulden trifft, ob es Versäumnisse gab, welche Konsequenzen gezogen werden müssen und wo vor allem meine persönliche Verantwortung liegt.

Bis vor einer Woche war es für mich unvorstellbar, daß den betroffenen Menschen bei Abschiebungen der Mund durch Klebebänder verschlossen werden könnte. Eine solche Maßnahme verstößt gegen die Menschenwürde.

Hohes Haus! An die Arbeit der österreichischen Exekutive und an ihren Umgang mit den Menschenrechten werden mit Recht hohe Anforderungen gestellt. Dieser Maßstab gilt nicht nur für den einzelnen Beamten, sondern auch für den politisch Verantwortlichen. Deshalb habe ich dem Bundeskanzler am Montag vergangener Woche als persönliche Konsequenz ernsthaft meinen Rücktritt angeboten. Bundeskanzler Viktor Klima hat mir ausdrücklich sein Vertrauen ausgesprochen. Ich setze daher meine Arbeit mit ganzer Kraft fort. (Beifall bei der SPÖ.)

Mit einem Rücktritt hätte ich mich bequem jeder weiteren Verantwortung entziehen können. Ein Rücktritt hätte freilich die offenen Fragen nicht beantwortet, weshalb beispielsweise diese drei Beamten derart reagiert haben, weshalb sich manche Menschen dermaßen gegen ihre Abschiebung wehren und welche Strukturen und Personen versagt haben, sodaß es zu diesem tragischen Todesfall gekommen ist.

Es muß in erster Linie um die Aufklärung des tragischen Todes und vor allem um die Konsequenzen und die Folgerungen für die Zukunft und nicht primär um parteipolitische Auseinandersetzungen gehen.

Meine Damen und Herren! In der öffentlichen Debatte sieht sich die österreichische Exekutive nun einer Vielzahl von Vorwürfen und Angriffen ausgesetzt. Teilweise wird ihr äußerst pauschal Rassismus, Gewaltbereitschaft und ein "leichter" Umgang mit Grundrechten vorgeworfen. Einzelne Vertreter politischer Parteien, diverser Organisationen und einzelne Kommentatoren haben von der Exekutive nahezu ein dämonisches Bild gezeichnet. – Ich weise all diese Pauschalvorwürfe mit allem Nachdruck und Ernsthaftigkeit zurück. (Beifall bei SPÖ, ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Die österreichische Polizei und die österreichische Gendarmerie haben durch ihre gute Arbeit in den letzten Jahrzehnten zu Recht das Vertrauen unserer Mitbürgerinnen und Mitbürger gewonnen. Daher verdienen sie es nicht, nun generell und pauschal in Mißkredit gebracht zu werden. Sowohl die Politik als auch die Gesellschaft erwarten von ihnen einen wichtigen Beitrag zur Lösung schwierigster Konflikte. Dieser Erwartungshaltung entspricht die Exekutive meiner Meinung nach in hohem Maße. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Gegen konkrete Mißstände oder Fehler muß jedoch mit aller Konsequenz vorgegangen werden. Da darf es nicht zu falsch verstandenem Korpsgeist, zu Beschönigungen oder Rechtfertigungen kommen, denn dadurch könnte das stabile Vertrauensverhältnis der Öffentlichkeit in den Rechtsstaat und in die Exekutive untergraben werden. Ich vertraue den Beamtinnen und Beamten meines Ressorts. Ich bin aber nicht bereit, Fehlentwicklungen hinzunehmen oder zu rechtfertigen. Ich bin aber auch nicht bereit, die Integrität der Polizei und der Gendarmerie in Frage stellen zu lassen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich habe von allem Anfang an versucht, größtmögliche Transparenz bei der Aufklärung der Umstände, die zum Tod von Herrn Omofuma geführt haben, zu gewährleisten. Ich habe nach dem Bekanntwerden des tragischen Todes sofort gehandelt. Noch am Sonntag, dem 2. Mai, wurde der uns zur Verfügung stehende Erkenntnisstand veröffentlicht. Am Montag erging eine Sachverhaltsdarstellung an die Staatsanwaltschaft Wien. Damit war von Anfang an sichergestellt, daß die notwendigen Untersuchungen durch die Justiz vorgenommen werden.

Gleichzeitig wurde in der Generaldirektion für öffentliche Sicherheit eine Sonderkommission zur Untersuchung der internen Abläufe gebildet. Ich habe die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Hauses angewiesen, unverzüglich ergänzende Richtlinien und Verhaltensregelungen für Abschiebungen auf dem Luftweg und für Abschiebungen, bei denen Widerstand zu erwarten ist, auszuarbeiten. Diese wurden vorläufig ausgesetzt.

Diese Richtlinien, wie sie bereits erwähnt wurden, ergingen bereits heute an alle Behörden. Sie stellen jene Kriterien sicher, nach denen künftig Abschiebungen durchzuführen sind. Ich habe weiters veranlaßt, daß nur mehr besonders ausgebildete und geschulte Beamte Abschiebungen auf dem Luftweg vornehmen. Die Verwendung von Klebebändern, selbst zur Fesselung von Armen und Beinen, habe ich ausnahmslos untersagt. Jeder Schubhäftling muß längstens 24 Stunden vor seiner Abschiebung einer ärztlichen Untersuchung unterzogen werden.

Ich habe weiters meinen Mitarbeitern besonders in Erinnerung gerufen, daß jede Abschiebung genau zu dokumentieren ist, insbesondere die Anwendung von Zwangsmaßnahmen. All diese Maßnahmen sollen zur größtmöglichen Wahrung der Rechte der Menschen, die wir aufgrund der Gesetze abschieben müssen, beitragen. Sie sollen aber auch dazu dienen, den Beamten die notwendige Sicherheit zu geben, und zu einer Deeskalation in schwierigen Situationen führen.

Die Umsetzung dieser Richtlinien hängt aber auch ganz entscheidend davon ab, wie die einzelnen Ebenen die Dienstaufsicht wahrnehmen.

Darüber hinaus habe ich vergangene Woche eine Sonderprüfung aller fremdenpolizeilichen Behörden, die der Dienstaufsicht des Bundesministeriums für Inneres unterstehen, angeordnet, um vor allem, aber nicht nur die Praxis von Abschiebungen zu durchleuchten.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die überwiegende Zahl der Abschiebungen auf dem Luftweg erfordert keine Begleitung durch Exekutivbeamte. Bei rund 2 900 Abschiebungen im vergangenen Jahr mußten rund 10 Prozent der Abgeschobenen begleitet werden. Die Situation, in der sich Menschen in der Abschiebung befinden, stellt sicherlich eine große psychische und physische Belastung dar. Es kann aber nicht akzeptiert werden, daß die Durchsetzung gesetzlicher Regelungen der Republik Österreich durch Widerstand verhindert wird.

Hohes Haus! Der Tod von Herrn Omofuma wurde von manchen zum Anlaß genommen, die Fremdenpolitik der österreichischen Bundesregierung, deren Kern die geregelte Zuwanderung und das Bemühen um eine humane Asylpraxis sind, in Frage zu stellen. Auch das Instrument der Schubhaft wurde von einigen generell in Zweifel gezogen. Lassen Sie mich dazu einiges feststellen.

Die Verhängung der Schubhaft und die Abschiebung sind Instrumente der österreichischen, aber auch der internationalen Rechtsordnung. Sie sind Voraussetzung für die Aufrechterhaltung des Grundsatzes einer kontrollierten Zuwanderung, und sie sind Instrumente, die es ermöglichen, Fremde, die den österreichischen Gesetzen zuwiderhandeln und nicht freiwillig ausreisen, außer Landes zu bringen. Es steht aber jedem Betroffenen ein umfangreiches Rechtsschutzinstrumentarium offen.

Ich möchte deshalb klar und deutlich sagen: Ich bekenne mich zur Notwendigkeit von Abschiebungen. Wenn wir den Grundsatz der Integration von in Österreich lebenden Menschen ernst nehmen wollen, dann können wir einen ungeregelten Zuzug nicht zulassen und gestatten. Im Interesse der Menschen, die der Verfolgung und staatlicher Willkür in ihrem Heimatland ausgesetzt sind und die deshalb bei uns Aufnahme finden, müssen wir darauf achten, daß Asyl und Zuwanderung streng getrennt werden. Gerade bei Menschen, die von Schleppern unter unwürdigen Bedingungen und unter falschen Versprechungen illegal nach Österreich gebracht werden, ist die Durchsetzung fremdenpolizeilicher Maßnahmen für alle Beteiligten äußerst belastend.

Um diese problembeladenen und konfliktträchtigen Situationen zu entschärfen, haben wir in den letzten Jahren zahlreiche Verbesserungen und neue gesetzliche Mittel und Methoden eingeführt. Ich möchte von dieser Stelle aus nochmals mit allem Nachdruck darauf hinweisen, daß die Vorwürfe nicht stimmen, daß die fremdenrechtliche Situation in Österreich durch das Integrationspaket des Jahres 1997 verschärft wurde. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Genau das Gegenteil ist der Fall!

Mit dem neuen Fremdengesetz, das von mir als Innenminister im breiten Dialog und auch im großen Konsens mit politischen Parteien und nichtstaatlichen Organisationen ausgearbeitet und eingebracht wurde, konnte beispielsweise das gelindere Mittel geschaffen werden, das dazu dient, Menschen in Betreuungseinrichtungen unterzubringen und die Schubhaft soweit wie möglich zu vermeiden. Wir haben außerdem die Betreuung der Schubhäftlinge durch nichtstaatliche Organisationen auf ganz Österreich ausgeweitet, und wir stellen dafür beträchtliche finanzielle Mittel zur Verfügung. In einigen Bundesländern ist diese Schubhaftbetreuung auch sehr gut angenommen worden und hat dazu geführt, daß das Konfliktpotential deutlich gesenkt wurde.

Außerdem, meine sehr geehrten Damen und Herren, wurde durch die Reform des Asyl- und Fremdenrechtes eine Vielzahl von anderen Verbesserungen durchgeführt, beispielsweise das vorläufige Aufenthaltsrecht und die vorläufige Aufenthaltsberechtigung für Asylwerber während ihres Verfahrens auch nach dem ablehnenden Bescheid der ersten Instanz. Wir haben darüber hinaus vom Innenministerium eine unabhängige Berufungsinstanz geschaffen, den unabhängigen Bundesasylsenat, dessen Entscheidungen gerade in der letzten Zeit auf breite Zustimmung auch von grüner und liberaler Seite gestoßen sind.

Ich möchte noch erwähnen, daß wir sexuelle Gewalt als Asylgrund anerkannt und den UNHCR im Asylverfahren am Flughafen einbezogen haben.

Eine wesentliche Verbesserung des neuen Asyl- und Fremdenrechtes stellt auch die Schaffung des Integrationsbeirates dar, in dem staatliche und nichtstaatliche Organisationen vertreten sind und die Aufgabe haben, den Innenminister bei humanitären Fällen zu beraten. Mehr als 200 solcher humanitärer Aufenthaltsbewilligungen wurden allein in den letzten eineinhalb Jahren aus diesem Grund von mir erteilt.

Eine erste Beurteilung dieses neuen Fremden- und Asylrechtes durch den Universitätsprofessor für öffentliches Recht der Universität Wien Dr. Ewald Wiederin ist folgendermaßen ausgefallen – ich zitiere –:

"Für eine seriöse Bewertung des Asylgesetzes 1997 ist es noch zu früh. Eine erste Zwischenbilanz läßt sich jedoch jetzt schon ziehen. Sie fällt auf allen Ebenen positiv aus."

Sehr geehrte Damen und Herren! Die Beamtinnen und Beamten werden oft mit sehr schwierigen und für sie teilweise gefährlichen Situationen konfrontiert. Deshalb finden im Rahmen der Aus- und Weiterbildung spezielle Schulungen unter Einbeziehung von Menschenrechtsorganisationen statt. Langfristig kommt der Einrichtung der Sicherheitsakademie, deren gesetzliche Grundlagen in der Novelle des Sicherheitspolizeigesetzes liegen, eine entscheidende Bedeutung in der qualitativen Verbesserung der Schulung im Umgang mit den Menschenrechten zu.

Einige Abgeordnete dieses Hauses forderten in den letzten Tagen vehement die Einführung eines unabhängigen Gremiums, das Vorwürfe gegen die Exekutive überprüfen soll. Ein solches Gremium, meine sehr geehrten Damen und Herren, nämlich der Menschenrechtsbeirat, ist bereits Teil der Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz, die dem Hohen Haus zur Beschlußfassung vorliegt. Es war mein ausdrücklicher Wunsch, einen solchen Beirat gesetzlich zu verankern, auch um den Vorwurf zu entkräften, polizeiinterne Untersuchungen seien ineffektiv und einseitig.

Dieser Menschenrechtsbeirat ist mir ein großes persönliches Anliegen. Obwohl ich in den vergangenen Monaten mehrfach auf diesen Teil der Novelle hingewiesen habe, fand er leider in der öffentlichen Debatte kaum Beachtung. Aufgrund der aktuellen Entwicklung bin ich aber nun nicht mehr bereit, die Realisierung dieser wichtigen Einrichtung weiter aufschieben zu lassen. Deshalb werde ich als vorläufige Lösung auf dem Verordnungswege die Einrichtung dieses Menschenrechtsbeirates realisieren. Dieser Beirat wird sich aus Vertretern der Justiz, nichtstaatlicher Organisationen und des Innenministeriums zusammensetzen. Die erste Aufgabenstellung dieses Beirates ist es, gemeinsam mit den nichtstaatlichen Organisationen den tragischen Tod des Schubhäftlings Omofuma schonungslos aufzuklären. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! In der Begründung der Dringlichen Anfrage der Grünen werden elf Fälle behaupteter oder möglicher Übergriffe durch die österreichische Exekutive dargestellt. Aufgrund der Kürze der Zeit, die meinem Ressort zur Beantwortung dieser Fragen zur Verfügung gestanden ist, nämlich drei Stunden, aber auch aufgrund der Tatsache, daß ich nicht über jeden Fall im Detail Bescheid weiß, ist es mir nicht möglich, zu jedem einzelnen Fall Stellung zu nehmen. Ich werde daher allen 183 Abgeordneten des Nationalrates sowie der Öffentlichkeit die Ergebnisse der Überprüfung jedes einzelnen Falles zur Kenntnis bringen.

Ich möchte nun im einzelnen auf die vorgelegten Fragen eingehen und möchte nochmals darauf hinweisen, daß es wegen der Kürze der Zeit unmöglich ist, auf alle Fragen in der Ausführlichkeit einzugehen, wie sie es sich zum Teil verdienen würden. Ich bitte dafür um Verständnis.

Zur Frage 1:

Polizeipräsident Stiedl hat verfügt, daß die drei Beamten mit administrativen Aufgaben betraut wurden und daß sie insbesondere nicht zur Durchführung von Abschiebungen herangezogen werden.

Zur Frage 2:

Gegen die drei Beamten wurde bereits vom Kreisgericht Korneuburg eine Voruntersuchung eingeleitet. Je nach Ergebnis dieser Untersuchung und einer allfälligen Anklageerhebung wird die Entscheidung über die Suspendierung zu treffen sein.

Zur Frage 3:

Falls es zu keiner Suspendierung kommt, werden die Beamten in den nächsten Tagen einer anderen Verwendung zugewiesen.

Zur Frage 4:

Ob Verabredungs- oder Verdunkelungsgefahr besteht, obliegt der Beurteilung des Gerichtes.

Zur Frage 5:

Die Antwort lautet: nein.

Zur Frage 6:

Ich bitte darum, daß ich die Beantwortung dieser Frage schriftlich nachreichen darf.

Zur Frage 7:

Mir liegt derzeit diesbezüglich keinerlei konkrete Information vor.

Zu den Fragen 8, 9 und 10:

Auch auf diese Fragen werde ich die Beantwortung schriftlich nachreichen.

Zu den Fragen 11 und 12:

Mit Ihrem Einverständnis wird Ihnen der genaue Inhalt schriftlich überreicht werden. Ich darf nur mitteilen, daß ich den Bericht der Beamten, der mir am Sonntag letzter Woche zugegangen ist, am Montag der Staatsanwaltschaft zur strafrechtlichen Beurteilung zugeleitet habe.

Zu den Fragen 13, 14 und 15:

Nach den mir jetzt vorliegenden Informationen werden Klebebänder zum Fesseln der Schubhäftlinge aus Eigeninitiative verwendet. Die Klebebänder stellen grundsätzlich eine Art Kanzleibehelf dar, dessen Ankauf und Verbrauch statistisch nicht erfaßt werden.

Zur Frage 16:

Generaldirektor Sika hat mir mitgeteilt, daß er zu diesem Thema mit den "Salzburger Nachrichten" kein Gespräch geführt hat.

Zur Frage 17:

Herr Polizeipräsident Stiedl hat nach seinen Aussagen von der Praxis, Schubhäftlingen den Mund zu verkleben, erstmals am 2. Mai 1999 Kenntnis erlangt. Internen Ermittlungen zufolge konnte der Polizeipräsident noch zwei weitere Fälle des Verklebens des Mundes eines Schubhäftlings eruieren. In diesen Fällen wurde das Verkleben des Mundes der Schubhäftlinge zur Hintanhaltung von Bißverletzungen der begleitenden Beamten kurzfristig angewandt.

Zur Frage 18:

Ich möchte die Berichte und Aussagen der Kriminalbeamten keiner Wertung unterziehen, dies ist Sache des Gerichtes. Sika und Stiedl haben mir glaubhaft versichert, daß sie von Knebelungsmethoden nichts gewußt haben.

Zur Frage 19:

Dr. Stefan Stortecky, Vorstand des fremdenpolizeilichen Büros der Bundespolizeidirektion Wien, wird in der Zeitschrift "NEWS" auch an dieser Stelle unrichtig zitiert. Am Tag des Erscheinens dieser Zeitschrift hat er mir eine entsprechende Richtigstellung übersendet, wonach er den zitierten Satz niemals ausgesprochen hat. Mittlerweile wurde vom recherchierenden Journalisten der Zeitschrift "NEWS" eine entsprechende Entgegnung zugesagt, hat mir Dr. Stefan Stortecky mitgeteilt.

Zur Frage 20:

Ich verweise auf die Antworten zu den Fragen 13 bis 15.

Zur Frage 21:

Die Entscheidung ist mir und meinen Spitzenbeamten seit 7. Mai 1999 bekannt.

Zur Frage 22:

Mangels Wissens über das UVS-Erkenntnis unterblieb von meiner Seite eine Unterweisung der betroffenen Beamten.

Zu den Fragen 23 und 24:

Die Beantwortung dieser Anfragen ist mir erst aus Anlaß der Ereignisse rund um diesen tragischen Todesfall bekannt geworden. Deren Inhalt war jenen Spitzenbeamten bekannt, die sie dem jeweiligen Bundesminister zugeleitet haben. (Ruf beim Liberalen Forum: Wer war denn das?) Im übrigen sind alle Anfragebeantwortungen den Sektionsleitern routinegemäß zugegangen. Darüber hinaus möchte ich darauf hinweisen, daß ich alleine im Jahre 1998 mehr als 300 Beantwortungen von Anfragen durch das Parlament erledigen mußte. (Abg. Smolle: Das müßte Sie stutzig machen, Herr Minister!) Diese Anfragebeantwortungen stammen aus den Jahren 1993 und 1996, also aus einer Zeit, zu der ich noch nicht Innenminister gewesen bin.

Zur Frage 25:

Nein, da mir bis zum Fall Omofuma konkrete Informationen über derartige Praktiken nicht vorgelegen sind und es sich bei diesen Knebelungen um eine eindeutige und offensichtliche Verletzung der Menschenrechte gehandelt hätte.

Zur Frage 26:

Die Existenz des Berichtes des CPT über seinen zweiten Besuch in Österreich ist sowohl mir als auch den Leitern jener Organisationseinheiten des Bundesministeriums für Inneres, deren Zuständigkeitsbereiche im Bericht angesprochen wurden, bekannt.

Zur Frage 27:

Wie jeder andere Politiker auch überfliege ich jeden Morgen einen Großteil der österreichischen Zeitungen. Konkrete Vorwürfe über Mißhandlungen durch die österreichische Exekutive, von denen ich durch die Medien oder anderswie erfahre, lasse ich sofort durch die jeweiligen Fachabteilungen überprüfen und versuche, entsprechende Maßnahmen zu setzen. Natürlich, meine sehr geehrten Damen und Herren, kann ich nicht alle Medienberichte verfolgen.

Zur Frage 28:

Der Leiter der Sektion III ist nicht unmittelbar mit der Durchführung von Abschiebungen befaßt und daher auch nicht von der Anwendung von Zwangsgewalt zu informieren.

Zur Frage 29:

Die von mir genannten Spitzenbeamten Sika und Stiedl waren so wie ich über die Verwendung von Klebebändern zur Verklebung des Mundes nicht informiert. Über meine Vorgänger kann ich keine Aussagen treffen.

Zur Frage 30:

Nach meinem jetzigen Wissensstand kann von einer jahrelangen Praxis des Zuklebens des Mundes keine Rede sein. Die vereinzelten Fälle gelangten mir nicht zur Kenntnis.

Zur Frage 31:

Ich hatte und ich habe in keiner Phase den Eindruck, daß meine Spitzenbeamten Informationen zurückgehalten haben.

Zur Frage 32:

Eine Rechtfertigung von Folterhandlungen ist in keinem Fall erfolgt und darf auch nie erfolgen.

Zur Frage 33:

Es werden alle Beamten an den gleichen Normen gemessen.

Zur Frage 34:

Die Meldung, daß Herr Marcus Omofuma an Asthma litt, ist nach den mir derzeit vorliegenden Informationen nicht richtig.

Zur Frage 35:

Diese Aufgabe wird – ich hoffe, daß das bald der Fall sein wird – der Menschenrechtsbeirat übernehmen, der hierbei dem Komitee des Europarates zur Verhütung von Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe vergleichbar einen den Menschenrechten folgenden Maßstab anzulegen haben wird.

Zur Frage 36:

Außerordentliche Rechtsmittel haben im österreichischen Recht grundsätzlich keine aufschiebende Wirkung. Das im Jahre 1997 vom Nationalrat beschlossene Fremdengesetz sieht hiezu keine Ausnahme vor. Dementsprechend kann bei Fremden, deren Aufenthaltsbeendigung rechtskräftig festgelegt wurde, hinsichtlich der Abschiebung auf die Frage einer allfälligen Einbringung einer Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof nicht Bedacht genommen werden. Bei Asylwerbern halte ich dies deshalb für unproblematisch, weil eine rechtskräftige abweisende Entscheidung zweiter Instanz bereits eine Äußerung einer unabhängigen Instanz, nämlich des unabhängigen Bundesasylsenates enthält, wonach einer Abschiebung in den Herkunftsstaat keine rechtlichen Hindernisse entgegenstehen.

Zur Frage 37:

Es stehen 11,5 Stunden zur Verfügung. Aus personellen und organisatorischen Gründen ist ein uneingeschränkter Zugang der MitarbeiterInnen der Schubhaftsozialdienste in das Polizeigefangenenhaus Wien nicht möglich. In begründeten Einzelfällen ist jedoch eine Kontaktaufnahme auch außerhalb dieser Zeiten möglich.

Zur Frage 38:

Die Antwort heißt: ja.

Zur Frage 39:

Bisher wurden die Bediensteten der Polizeigefangenenhäuser entsprechenden Schulungen unterzogen, um sie auf ihre schwierige Aufgabe vorzubereiten. In Hinkunft werden alle Abschiebungen vornehmenden Beamten einer speziellen weiteren Schulung unterzogen werden.

Zur Frage 40:

Eine Analyse der Fremden- und Asylgesetzgebung des Jahres 1997 zeigt, daß im Zusammenhang mit aufenthaltsbeendenden Maßnahmen und deren Durchsetzung eine Vielzahl von Bestimmungen besteht, die den Fremden vor einer übereilten Abschiebung oder sonstigen Außerlandesschaffung schützen. Zunächst einmal setzt eine Abschiebung jedenfalls eine durchsetzbare Ausweisung beziehungsweise ein durchsetzbares Aufenthaltsverbot voraus. Bereits im Verfahren zur Erlassung einer dieser aufenthaltsbeendenden Maßnahmen hat der Fremde die Möglichkeit, einen Antrag auf Feststellung der Unzulässigkeit der Abschiebung in einen bestimmten Staat zu stellen. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über einen solchen Antrag besteht ein Abschiebungsverbot in diesen Staat. Zur Erstellung einer Gefährdungsprognose kann ein Gutachten des Asylamtes eingeholt werden.

Das Asylgesetz normiert bis zum rechtskräftigen Abschluß eines Asylverfahrens einen absoluten Abschiebungsschutz. Dieser knüpft ausschließlich an die Asylantragstellung und ein offenes Asylverfahren an. Bei Abweisung eines Asylantrages ist die Behörde in jedem einzelnen Fall verpflichtet, bescheidmäßig festzustellen, ob die Zurückweisung, Zurückschiebung oder Abschiebung des Fremden in den Herkunftsstaat zulässig ist.

Insgesamt zeigt sich für mich daher, daß jedem Fremden eine Vielzahl von Rechtsmitteln zur Verfügung steht, die eine Prüfung des Falles durch unterschiedliche, zum Teil weisungsfreie Behörden gewährleistet.

Zur Frage 41:

Gemäß § 10 Abs. 5 der am 1. Mai 1999 in Kraft getretenen Anhalteordnung steht es den Häftlingen, also auch in Schubhaft angehaltenen Fremden frei, auf ihre Kosten einen Arzt ihrer Wahl zu ihrer medizinischen Betreuung beizuziehen. Diese Beiziehung kann somit zur Frage der Feststellung der Haftfähigkeit sowie zu jener einer Feststellung von Verletzungen erfolgen.

Zur Frage 42:

Die Sicherheitsbehörden haben mit der Behauptung einer strafbaren Handlung auch dann wie in anderen Fällen vorzugehen, wenn sich diese Behauptung darauf bezieht, daß der Vorwurf eines strafbaren Verhaltens wissentlich falsch erhoben oder daß Widerstand gegen eine Amtshandlung geübt wurde. Es ist allerdings erlaßmäßig dafür vorgesorgt, daß die Anzeige an die Anklagebehörde nicht vom jeweils betroffenen Organ, sondern von der Behörde erstattet wird.

Zur Frage 43:

Die Zuständigkeit, disziplinäre Normen zur Beschlußfassung durch die Bundesregierung vorzubereiten, fällt nicht in mein Ressort. Der im ersten CPT-Bericht 1990 enthaltenen Anregung wurde vor allem durch § 89 Abs. 3 Sicherheitspolizeigesetz entsprochen. Sie ist daher im zweiten CPT-Bericht nicht wiederholt worden.

Zur Frage 44:

Die zuständigen Fachstellen meines Hauses sind angewiesen, einschlägige Beschwerden genau zu prüfen. Darüber hinaus habe ich die Absicht, ein wissenschaftliches Institut mit der Erstellung einer Studie hinsichtlich der gesamten Problematik des Umganges mit Fremden aus polizeilicher Sicht zu betrauen.

Ich werde aber auch, womit ich bereits vor einigen Wochen begonnen habe, einen äußerst intensiven Dialog mit den Vertretern von Schwarzafrikanern in Österreich in den nächsten Wochen und Monaten führen und dabei versuchen, gemeinsame Strategien und Maßnahmen zu entwickeln.

Zur Frage 45:

Sofern im Rahmen von Asylverfahren festgestellt wird, daß Refoulementschutz zu gewähren ist, wird mit der befristeten Aufenthaltsberechtigung ein entsprechender Status gewährt, mit dem auch eine Arbeitsaufnahme nicht ausgeschlossen ist. In jenen Fällen, in denen die Abschiebung nur aus faktischen Gründen, also zum Beispiel durch Widerstand und Weigerung, unmöglich ist, sieht das Gesetz den Aufschub der Abschiebung vor. Mit dem Fremdengesetz 1997 wurde für derartige Fallkonstruktionen ein Integrationsbeirat geschaffen, in dem Härtefälle diskutiert und einer Lösung zugeführt wurden. Ich habe bereits erwähnt, daß das allein im vergangenen Jahr bis heute an die zweihundertmal der Fall gewesen ist.

Zur Frage 46:

Diese Antwort ist im Zusammenhang mit der in diesem Interview vorher gestellten Frage zu sehen. Ich habe festgestellt, daß es nicht möglich ist, bei mehr als 7,8 Millionen Amtshandlungen pro Jahr jede einzelne zu überprüfen und von jeder einzelnen Kenntnis zu erlangen.

Zur Frage 47:

Ich bin der festen Überzeugung, daß die von mir bereits getroffenen und initiierten Maßnahmen und Überlegungen dazu führen werden, daß die Beamten bei Abschiebungen in Hinkunft die ihnen zustehende Unterstützung erhalten werden.

Zur Frage 48:

Generaldirektor Sika hat sich nicht generell gegen die in der Frage erwähnten Maßnahmen ausgesprochen, sondern nur auf negative Erfahrungen anderer Staaten hingewiesen, die diese bei Abschiebungen in Chartermaschinen mit einer großen Zahl von Fremden hatten.

Zur Frage 49:

Ich habe jedes Interesse an einer umfassenden und lückenlosen Aufklärung der Umstände, die zum Tod von Marcus Omofuma geführt haben. Deshalb wurde unverzüglich die unabhängige Justiz über den Sachverhalt informiert, eine disziplinäre Untersuchung veranlaßt und auch eine entsprechende Kommission zur Überprüfung eingesetzt.

Nun werde ich, wie bereits eingangs festgehalten, auch mittels Verordnung den unabhängigen Menschenrechtsbeirat schaffen, der eine unabhängige Untersuchung vornehmen soll. Die Einsetzung eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses ist Sache dieses Hauses und seiner Abgeordneten.

Hohes Haus! Abschließend möchte ich feststellen: Ich bekenne mich zu einer aktiven Menschenrechtspolitik, deren Ziel es sein muß, die Menschenrechte als integralen Bestandteil der Alltagsarbeit der Exekutive zu festigen. Dazu bedarf es eines Netzwerkes von Beamten, die dafür sorgen, daß die Exekutive ihr Verhältnis zu den Menschenrechten stets einer kritischen Überprüfung unterzieht. Der traurige Anlaß für diese Sondersitzung darf jedoch nicht dazu führen, diese Bemühungen der österreichischen Sicherheitsexekutive in Frage zu stellen.

Ich selbst und die mehr als 34 000 Bediensteten dieses Ressorts wollen eine lückenlose Klärung aller Vorwürfe und Umstände, die zum Tod von Herrn Omofuma geführt haben. Ich habe von allem Anfang an offen erklärt, daß Fehler gemacht wurden. Es ist die Aufgabe der Justizbehörden, über die strafrechtlichen Konsequenzen zu entscheiden. Es ist meine Aufgabe und Verpflichtung, für die Exekutive die entsprechenden Konsequenzen zu ziehen, damit es nicht wieder zu so einer Tragödie kommen kann.

Die Konsequenz kann aber nicht die Forderung nach einem Köpferollen sein. Auch die überzogenen Angriffe gegen einige meiner Spitzenbeamten bringen uns keine Lösung. All jene, denen eine demokratische, transparente und dem Rechtsstaat verpflichtete Exekutive ein Anliegen ist, lade ich ein, mich und die Beamten bei der Bewältigung ihrer schwierigen Aufgabe zu unterstützen und notwendige Strukturveränderungen einzuleiten. Wir müssen den Beamten entsprechende Antworten auf ihre Fragen und Probleme geben. Wir dürfen sie bei der Bewältigung ihrer schwierigen Aufgabe nicht allein lassen!

Die Arbeit des Gründers der Katholischen Arbeiterjugend Kardinal Joseph Cardijn war getragen von dem Gedanken: "Wir müssen jeden Tag neu beginnen!" – Wenn wir unseren Rechtsstaat und unsere demokratische Sicherheitsexekutive stärken wollen, dann müssen wir auch jeden Tag neu beginnen, das Vertrauen in sie zu stärken. Die österreichische Sicherheitsexekutive und ich als verantwortlicher Innenminister werden alles tun und weitere, neue Schritte setzen, um dieses Vertrauen zu stärken! – Danke. (Anhaltender Beifall bei der SPÖ, Beifall bei Abgeordneten der ÖVP sowie der Abg. Dr. Höbinger-Lehrer.)

17.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Bundesminister.

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bevor wir in die Debatte eingehen, gebe ich bekannt, daß die Abgeordneten Dr. Kier und Dr. Petrovic gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt haben, einen Untersuchungsausschuß zur Untersuchung der politischen Verantwortlichkeit des Bundesministers für Inneres für die Vorfälle, die zum Tode des Nigerianers Marcus Omofuma geführt haben, einzusetzen.

Ferner liegt mir das von fünf Angeordneten nach § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung gestellte Verlangen vor, eine Debatte über diesen Antrag durchzuführen. Nach den Bestimmungen, die Sie kennen, findet diese Debatte nach Erledigung der Tagesordnung, das heißt im konkreten Fall der heutigen Sitzung nach Durchführung der Debatte über die Dringliche Anfrage einerseits und anschließender Durchführung der Debatte über die Anfragebeantwortung, die bereits bekanntgegeben wurde, andererseits statt.

*****

Wir gehen nunmehr in die Debatte ein. Ich mache darauf aufmerksam, daß gemäß der Geschäftsordnung kein Redner länger als 10 Minuten sprechen darf, wobei jedem Klub eine Gesamtredezeit von 25 Minuten zukommt.

Da das ein sehr schwieriges und emotionales Thema ist, möchte ich jetzt, da es ruhig ist, Sie alle noch einmal darum bitten, diese Debatte in Ruhe und Würde durchführen zu lassen. Dies gilt selbstverständlich auch für die Besucher auf der Galerie! Die Abgeordneten haben trotz der verfassungsgesetzlich verankerten Öffentlichkeit der Sitzungen des Nationalrats ein Recht darauf, daß diese Debatte nur zwischen den gewählten Parlamentariern geführt wird.

Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Die Redezeit beträgt 10 Minuten. – Bitte.

17.05

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Sozialministerin! Hohes Haus! Herr Bundesminister, ich bedaure, daß Sie mit dieser Anfragebeantwortung eine, wie ich meine, große, vielleicht eine letzte Chance verpaßt haben, die Dinge wirklich klarzustellen. In den zentralen Punkten verweisen Sie auf schriftliche Beantwortungen. Das ist nach der Geschäftsordnung selbstverständlich möglich. Aber, Herr Bundesminister, wenn Sie sagen: Die Grünen konfrontieren mich mit konkreten Fällen – elf an der Zahl –, und ich hatte nur drei Stunden, um mich vorzubereiten!, dann muß ich Ihnen antworten: Nein, Herr Bundesminister, das stimmt nicht! Alle diese Fälle sind durch die Medien gegangen, alle diese Fälle sind bekannt. Und uns ist es dabei immer um zwei Punkte gegangen: um die Menschenrechte und um die politische Verantwortung. Sie haben sehr viel Zeit gehabt, sich zu informieren und dieses Haus zu informieren.

Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Sie haben diese Zeit über all die Wochen und Monate nicht genutzt, und Sie haben heute einmal mehr zwei Punkte erwähnt, um die es in dieser Debatte niemandem geht. Damit haben Sie Vorurteile verstärkt, die Ihnen zwar den Applaus von einer bestimmten Seite eintragen, aber da sollte sich die Sozialdemokratie einmal fragen, wie angenehm dieser Applaus von rechts außen ist.

Herr Bundesminister! Es geht überhaupt nicht – und ich denke, Kollege Van der Bellen hat das deutlich genug ausgedrückt – um ein pauschales Urteil über die Tätigkeit der Sicherheitsbehörden. Es geht nicht um die 7,8 Millionen Amtshandlungen pro Jahr – niemand erwartet von Ihnen, daß Sie sich mit Strafmandaten beschäftigen –, es geht um die Menschenrechte in den zentralen Punkten! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum. – Zustimmende Rufe und lebhafter Beifall auf der Galerie.)

17.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich unterbreche kurz die Sitzung und bitte die Klubvorsitzenden, zu mir zu kommen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 17.08 Uhr unterbrochen und um 17.12 Uhr wiederaufgenommen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und möchte Ihnen folgendes mitteilen:

Dieses Haus ist auch dann, wenn wir inhaltlich unterschiedliche Positionen haben, immer darum bemüht, daß wir die Spielregeln gemeinsam besprechen und einhalten. Ich habe es schon gesagt: Zu diesen Spielregeln gehört, daß sich die Galerie in die Debatte nicht einmischt! Das ist unbedingt einzuhalten! Die Geschäftsordnung besagt für diesen Fall, daß der Präsident im Falle von Störungen berechtigt ist, die Sitzung zu unterbrechen – das habe ich vorhin getan –, allenfalls bei Fortsetzung der Störungen Ruhestörer von der Galerie entfernen zu lassen und die Galerie im äußersten Fall räumen zu lassen.

Es geschieht dies in der Tat nur im äußersten Fall. Wenn aber der wirklich ohne Ansehen der Person formulierte und von allen fünf Fraktionen – wie Sie vorhin gesehen haben – getragene Konsens und die Aufforderung zur Ruhe nichts nützen, dann werden die Mitarbeiter der Parlamentsdirektion zunächst einzelne Ruhestörer entfernen und, wenn das alles nichts nützt, im äußersten Fall jene Maßnahme treffen, die in der Geschäftsordnung vorgesehen ist. Ich sage das ganz ruhig und im Konsens mit allen fünf Fraktionen des Parlaments – und ich hoffe, daß es Wirkung hat.

Frau Abgeordnete Dr. Petrovic, bitte setzen Sie mit Ihrer Rede fort!

17.12

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (fortsetzend): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich weiß, daß zum erstenmal in dieser Zweiten Republik ein Mensch in der Obsorge der Polizei gestorben ist. Er ist getötet worden (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Das ist ja nicht wahr!), daher verstehe ich die Emotionen. Gerade im Andenken an Marcus Omofuma bitte ich aber jene, die um die Menschenrechte bemüht sind, hier im Raum zu bleiben, damit sie auch Zeugen dieser Sitzung sind und die Botschaften auch hinaustragen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé.) – Ihre Zwischenrufe, Frau Partik-Pablé, brauche ich wirklich nicht! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das kann ich mir vorstellen! Aber ich werde mir die Meinung nicht verbieten lassen! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Frau Partik-Pablé! Etwas ganz Spezielles an Ihre Adresse: Ich war unlängst in der Wiener U-Bahn Zeugin eines Vorfalles, bei dem eine Gruppe von behinderten Kindern mit ihren Betreuern unterwegs war. Es haben einige dieser Kinder die anderen Fahrgäste durch ihr Verhalten erheblich beeinträchtigt, sind aber selbstverständlich bei allen auf Unterstützung, auf Zustimmung gestoßen. Ich weiß nicht, Frau Partik-Pablé, wie Sie in dieser Situation reagiert hätten. Mit Klebeband?! – Ich weiß es nicht! Ich weiß es nicht! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Haigermoser: Wieso so frauenfeindlich?! – Abg. Scheibner: Unglaublich! Eine Frechheit! Ungeheuerlich! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie sind eine absolut miese Person! – Abg. Scheibner: Der Mutter eines behinderten Kindes das vorzuwerfen! Letztklassig! – Abg. Dr. Ofner: Entschuldigen Sie sich! Unerhörter Skandal! Sie entschuldigen sich jetzt! Ein skandalöses Verhalten! Das ist Gewalt der Sprache! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Aber, Herr Bundesminister, eigentlich führe ich die Debatte mit Ihnen. (Neuerliche Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Ofner: Wir sind bei der Gewalt der Sprache! Ein skandalöses Verhalten!)

Meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie! Überlegen Sie sich manche Bündnisse nach 50 Jahren sozialdemokratischem Innenministerium. (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Unruhe im Saal.)

Herr Bundesminister! Ich sage Ihnen eines: Sie haben hier Vorurteile verstärkt. Wie gesagt, es geht nicht um die Exekutive generell. Es hat sich vieles verbessert, etwa bei den Demonstrationen. Es hat sich nichts verbessert im Bereich ... (Anhaltende Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Ofner: Wir sind bei der Gewalt der Sprache!)

Sie sagten, ich bin eine "miese Person", Frau Partik-Pablé. Ich möchte, daß das auch die Stenographen hören. Ich meine, daß man sich auch einmal von dieser Partei ein entsprechendes Bild machen soll. Frau Partik-Pablé! Ich denke, Sie sollten eher überlegen, wie Sie verschiedene Formen von Diskriminierung unterschiedlich behandeln. Ich habe dafür kein Verständnis – gar keines! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Sie hätten mit Ihrem Redebeitrag mehr deeskalieren können. Wie gesagt, wir haben zur Kenntnis genommen, daß sich im Bereich der Großdemonstrationen, im Bereich der Einsatzleitung vieles verbessert hat. Aber ich habe den Eindruck, ich habe oftmals schon in diesem Haus – der Herr Präsident weiß es – im Zusammenhang mit der Fremdensektion harte Worte verwendet. Und ich stehe zu dieser Kritik. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich stehe zu dieser Kritik!

Herr Bundesminister! Ich hätte mir insbesondere zu der Frage, wer denn die Anfragen mit den Klebebändern beantwortet hat, mehr von Ihnen erwartet. Sie können nicht nur auf Ihre Vorgänger verweisen und sagen: Davon weiß ich nichts! Ich wundere mich auch darüber, daß Ex-Bundesminister Löschnak offenbar nicht vorhat, heute ans Redepult zu treten. Ich hätte mir das eigentlich von ihm erwartet.

Herr Bundesminister! Sie haben einmal mehr etwas nebulos das Vorurteil verstärkt, es ginge irgendwie um Migrationspolitik, sogar um ungeregelten Zuzug. – Nein, Herr Bundesminister! Darüber reden wir heute nicht. Wir reden nicht über Strafmandate, nicht über 7,8 Millionen Amtshandlungen, nicht über die Migrationspolitik, wir reden über die Praxis der Abschiebungen, wir reden über die Mißachtung von Menschenrechten, und das ist die einzige Debatte, die hier und heute zu führen ist! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Herr Bundesminister! Ich sage Ihnen noch etwas. Sie haben besonders die sexuelle Gewalt angesprochen, die jetzt als Asylgrund anerkannt wird. Sie sind aber offenbar auch in diesem Punkt nicht wirklich gut informiert. Es gibt in allen Bereichen Vorkommnisse, aus denen ersichtlich ist, daß nachweislich sehr locker – zu locker! – über Einzelfälle drübergegangen worden ist.

Wenn es zum Beispiel sogar möglich war, daß im Oktober 1998 eine Kosovo-Albanerin um 5 Uhr früh von der Polizei aus der ehelichen Wohnung und von ihrem Ehemann weggeholt, ins Spital geführt und dort praktisch unter Polizeibewachung "gynäkologisch untersucht" wurde – das alles ist durch die Medien gegangen –, dann frage ich Sie schon, Herr Bundesminister: Wie schaut es wirklich mit dem Schutz in diesem Land aus? Und erst recht in jenen Fällen, in denen es vielleicht zu Recht kein Asyl gibt, frage ich Sie: Wie schaut es mit der Wahrung der Menschenrechte und der Menschenwürde aus, wenn nach den Gesetzen von den Beamten eine Abschiebung vorzunehmen ist?

Es geht um den Rechtsstaat, und ich habe – ich wiederhole es – zwar den Eindruck, daß sich in manchen Bereichen etwas verbessert hat – Herr Bundesminister, Sie haben von den Brücken zwischen der Polizei und der Bevölkerung gesprochen –, muß aber feststellen, gerade im Fremdenbereich ist dies nicht der Fall! Das ist in meinen Augen besonders dramatisch und tragisch – das hat sich im Fall Omofuma gezeigt –, auch deswegen, weil Fremde Menschen sind, die keine BürgerInnenrechte haben und denen daher manche Rechtsmittel und Rechtsinstitute, insbesondere die Möglichkeit, sich auf Dauer aus dem Inland zur Wehr zu setzen, nicht offenstehen.

Daher wäre es Ihre Verpflichtung, Herr Bundesminister – lange schon! –, im Rahmen einer Sicherheitsakademie, im Rahmen von Schulungen in diesem Bereich besonders Sorge dafür zu tragen, daß mit äußerster Sensibilität gehandelt wird und daß dort nur Menschen tätig sind, denen die Rechtsstaatlichkeit, die Grund- und Freiheitsrechte ein zentrales, ja, ich möchte sogar sagen, ein heiliges Anliegen sind. Niemand sonst darf in diesem Bereich arbeiten und tätig sein.

Herr Bundesminister! Es sind keine Einzelfälle, es gibt zu viele Verstöße, und sie sind alle in diesem Bereich angesiedelt. Ich denke, das hätte schon lange Ihre politische Verantwortung und Ihre Oberaufsicht auf den Plan rufen müssen.

Wenn ich mir jetzt Ihren Maßnahmenkatalog in Erinnerung rufe, dann muß ich sagen: Da ist schon einiges drinnen, über das wir tatsächlich ernsthaft diskutieren sollten, aber ein großer Irrtum liegt noch immer vor: Es geht nicht um die Technik des Abschiebens, es geht nicht um Stoffbänder statt Klebebändern, es geht nicht um Helme statt Tixo oder Leukoplast, sondern es geht um Menschenrechte, es geht um Reden, es geht um Dialog, es geht auch um den Versuch, aufzuklären, warum ein Mensch in Todesangst ist, warum jemand derart in Panik ist, daß er tatsächlich stirbt.

Herr Bundesminister! Das können Sie nicht mit technischen Fragen beantworten. Wer wünscht sich denn einen Zustand, daß die Flugzeuge dann vielleicht mit Personen in einer astronautenartigen Kluft, mit irgendwelchen Gummimänteln und ich weiß nicht was besetzt sind? Kann das die Antwort eines Rechtsstaates sein? Damit ist das Pferd schon von der falschen Seite her aufgezäumt, Herr Bundesminister! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums. – Abg. Dr. Krüger: Was ist denn Ihr Vorschlag?)

Ich sage Ihnen zum Abschluß: Die Staatsgewalt und das Gewaltmonopol des Staates sind nur dann begründbar, wenn sie immer, in jedem Fall und kategorisch auf den Menschenrechten fußen, wenn sie überdies immer im Einklang stehen mit dem Ansehen der Person (Zwischenruf des Abg. Mag. Schweitzer) – ja, mit dem Ansehen der Person, mit dem Sie nicht viel am Hut haben –, mit der Menschenwürde und, Herr Bundesminister, mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Diese Grundsätze müssen in jedem Fall und kategorisch gewahrt werden.

Herr Bundesminister, ein Allerletztes: Neben diesen fundamentalen Prinzipien braucht gerade ein Staat im Bereich der inneren Verwaltung Vertrauen. Und dieses Vertrauen wird nur dann gegeben sein, wenn Sie uns nicht täglich – so wie Ihre Spitzenbeamten – mit neuen und immer unglaubwürdigeren Ausreden konfrontieren. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums. – Abg. Mag. Schweitzer: Wo waren die Vorschläge?)

17.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. Die Redezeit ist gleich wie bei allen anderen Abgeordneten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.24

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Marcus Omofuma ist während seiner Abschiebung aus Österreich unter qualvollen Umständen zu Tode gekommen. Sein Mund wurde mit einem Klebeband verklebt, er wurde auf diese Art und Weise geknebelt – eine Vorgangsweise, die klar der Menschenrechtskonvention widerspricht. Das, meine Damen und Herren, sind die bedauerlichen Fakten, und das ist auch der Grund für diese Sondersitzung des Nationalrates und nicht, wie von manchen gewünscht, die Demontage eines Innenministers – eines erfolgreichen Innenministers, wie ich hinzufügen möchte. (Beifall bei der SPÖ.)

Dieser Tod, meine Damen und Herren, macht uns zutiefst betroffen, und wir alle haben dazu beizutragen, daß konkrete Maßnahmen gesetzt werden, damit sich so ein tragischer Fall nicht wiederholen kann. Bei allem Verständnis für die Opposition und ihre Rolle in der Demokratie: In einer so ernsten Situation wie dieser sollten wir uns bewußt sein, daß der Tod eines Menschen nicht zum Gegenstand parteipolitischer Manöver gemacht werden darf. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich lade Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, ein, gemeinsam mit uns diese ernste Situation zu bewältigen. Nichts soll beschönigt werden, nichts soll verschwiegen werden, aber es sollen auch keine Unwahrheiten im Raum stehenbleiben. Und in diesem Zusammenhang ist klarzustellen, daß Österreich eine geregelte Einwanderungspolitik braucht, um mit den Zuwanderungen aus vielen armen Ländern innerhalb und außerhalb Europas entsprechend umgehen zu können.

Zur besagten Einwanderungspolitik, meine Damen und Herren, ob Sie es wahrhaben wollen oder nicht, gehört auch das Instrument der Abschiebung. Wer eine kontrollierte Einwanderung von Fremden nach Österreich bejaht, der muß zwangsläufig auch akzeptieren, daß jene, denen kein legaler Aufenthalt in Österreich gestattet wurde, abgeschoben werden. Forderungen nach einem sofortigen Abschiebungsstopp, aber auch danach, daß künftig keine Zwangsmaßnahmen zur Abschiebung von Personen angewandt werden dürfen, stellen daher letztlich ein Infragestellen der kontrollierten Einwanderung nach Österreich dar. Jedem, der diese Forderung aufstellt, muß klar sein, daß damit Österreich, sein Arbeitsmarkt, aber auch die Integrationskraft der Bevölkerung überfordert werden.

Nach dem Tod des Schubhäftlings Omofuma können wir aber auch nicht – und das sei insbesondere in Richtung der Freiheitlichen Partei gesagt – zur Tagesordnung übergehen. (Abg. Mag. Schweitzer: Das ist ja das Beste!) In diesem Zusammenhang muß ich besonders Ihnen, meine Damen und Herren von der Freiheitlichen Partei, eines klar und in aller Deutlichkeit sagen: Der Tod Omofumas und die Umstände in diesem Zusammenhang sind restlos aufzuklären und nichts, auch schon gar nichts, ist unter den Teppich zu kehren. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Aumayr: Warum sagen Sie das uns? – Abg. Mag. Schweitzer: Wer hat Ihnen denn diese Rede aufgeschrieben? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Bemerkungen wie "Markgraf, bleibe hart!" sind in diesem Zusammenhang fehl am Platz.

Ich meine damit nicht nur die disziplinarrechtlichen und die strafrechtlichen Konsequenzen, sondern ich meine auch, daß unverzüglich notwendige Maßnahmen für die künftige Regelung der Abschiebung getroffen werden. (Abg. Mag. Schweitzer: Du liest die falsche Rede vor!)

Ich darf in diesem Zusammenhang Bundesminister Schlögl dafür danken, daß er diese Maßnahmen durch eine neue Abschiebungsregelung unverzüglich ins Leben gerufen hat. (Abg. Dkfm. Holger Bauer: Diese Rede können Sie in einem Jahr halten, wenn Sie in Opposition sind!)

Meine Damen und Herren! Mit Recht haben widersprüchliche Berichte über den Tod Omofumas zu öffentlicher Kritik geführt. (Abg. Aumayr: Wer hat Ihnen diese Rede aufgeschrieben, Herr Kostelka?) Aufgabe des strafrechtlichen Verfahrens wird es in diesem Zusammenhang vor allem sein, festzustellen, ob und von wem ein schuldhaftes Verhalten vorliegt. (Abg. Dr. Graf: Dieser Minister hätte einen besseren Klubobmann verdient!) Die von der Öffentlichkeit zu Recht erwartete restlose Aufklärung wird aber, wie Bundesminister Schlögl vor wenigen Minuten versichert hat, nicht nur von den Gerichten zu bewerkstelligen sein, sondern auch von einer unabhängigen Kommission unter Beteiligung – wesentlicher Beteiligung – von Menschenrechtsorganisationen.

In absehbarer Zeit wird daher der Nationalrat über drei Informationsquellen zu diesem Bereich verfügen: erstens über die strafgerichtlichen Erhebungen, zweitens über die Sonderkommission des Innenministeriums und drittens über die Menschenrechtskommission.

Meine Damen und Herren! Zwei dieser drei Gremien sind absolut unabhängig, und wenn deren Bericht in diesem Haus vorliegt, dann, meine Damen und Herren, Hohes Haus, ist es auch Zeit, politische Konsequenzen zu ziehen. Und dies wird Aufgabe des Nationalrates und nur des Nationalrates sein! (Beifall bei der SPÖ.)

Die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses des Nationalrates vor dem Vorliegen dieser Unterlagen würde bedeuten, daß sich ein viertes Gremium mit dieser Frage beschäftigt, dessen einzige Auswirkung wäre, die Tätigkeiten der drei anderen Gremien wesentlich zu beeinträchtigen, und das kann weder in unserem Interesse noch im Sinne der Sache sein. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wabl: Das Parlament soll nicht damit belastet werden! Das Parlament wäre damit zu belastet, es wäre überfordert!)

Meine Damen und Herren! Ich habe bereits erklärt, daß Herr Bundesminister Schlögl dem Haus eine Sicherheitspolizeigesetz-Novelle vorgelegt hat, die in diesem Zusammenhang zwei wesentliche Verbesserungen mit sich bringen wird. Auf der einen Seite wird es den bereits zitierten Menschenrechtsbeirat und auf der anderen Seite eine Sicherheitsakademie geben, die nicht nur eine anständige Grundausbildung, sondern vor allem eine berufsbegleitende lebenslange Fortbildung im Interesse der Exekutive sicherstellen wird. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Es war Innenminister Schlögl, der in der ersten Stunde eine völlige Aufklärung des Todes von Marcus Omofuma gefordert hat und der seitdem die Öffentlichkeit auch konsequent über den Stand der Ermittlungen informiert. Es war Bundesminister Schlögl, der angekündigt hat, die Abschiebepraxis zu reformieren und der der Öffentlichkeit auch vor der Nationalratssitzung, zu der wir uns heute zusammengefunden haben, die entsprechenden Unterlagen übermittelt hat.

Meine Damen und Herren! Es ist daher bar jeder Grundlage, Innenminister Schlögl direkt oder indirekt irgendeine Form der Mitschuld anzulasten. Das tun nicht einmal jene, wenn man ihnen genau zuhört, die den Rücktritt von Bundesminister Schlögl verlangen. Kollege Van der Bellen hat nämlich den Rücktritt des Innenministers verlangt mit dem Hinweis, daß dies notwendig und sinnvoll sei, um zu beweisen, daß Österreich noch ein Rechtsstaat sei.

Herr Kollege Van der Bellen! In einem Rechtsstaat hat jeder Verantwortung für seine Handlungen zu übernehmen, aber nicht für die Handlungen Dritter. (Abg. Ing. Langthaler: Was ist dann politische Verantwortung bei Ihnen?) Ein Rücktritt Schlögls würde genau das Gegenteil bewirken, nämlich Schuld von jenen nehmen, die sie in einem strafgerichtlichen Verfahren wirklich zu verantworten haben. Eine Änderung der Rechtslage würde in diesem Zusammenhang nicht zu erwarten sein. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich darf dir, sehr verehrter Herr Innenminister Schlögl, die volle Unterstützung meiner Fraktion zur Verwirklichung einer korrekten und menschlichen, aber auch konsequenten und effizienten Sicherheitsverwaltung in Österreich versichern. Ich bitte dich, in diesem Sinne fortzufahren! (Beifall bei der SPÖ.)

17.33

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich erteile jetzt Herrn Abgeordnetem Kiss das Wort. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.33

Abgeordneter Paul Kiss (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Frau Sozialministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Ich gehe von der Annahme aus – und ich bin überzeugt davon, daß ich von der richtigen Annahme ausgehe –, daß es niemand in diesem Haus gibt, der den tragischen Tod von Marcus Omofuma nicht bedauerte. Von dieser Annahme ausgehend, glaube ich, ist es richtig, die entsprechenden Schlußfolgerungen zu ziehen, ist es richtig, in einer Art und Weise das Gespräch im Parlament zu suchen, die nicht zu emotional und dennoch emotional genug ist, in einer Form, die dem Anlaß gerecht wird und letztlich natürlich auch von den inhaltlichen Positionen her klar und deutlich macht, wo die einzelnen politischen Parteien stehen.

Für die ÖVP gilt – und ich sage es unmißverständlich –: Es darf keinen zweiten Fall Marcus Omofuma in Österreich geben! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Für die ÖVP gilt aber auch, daß für jene drei Fremdenpolizisten, die jetzt im Mittelpunkt der Kritik stehen, die Unschuldsvermutung zu gelten hat. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Und für die ÖVP gilt als drittes, daß die unabhängige Justiz jetzt am Wort ist, um all das aufzuklären, was es an Ungereimtheiten, an Problemen, an Widersprüchlichkeiten gibt. Es ist unsere hervorragend funktionierende, unabhängige Justiz, die mit ihren Möglichkeiten genau das tut, was das Parlament verlangt, nämlich zu untersuchen, ein Ergebnis vorzulegen und Recht zu sprechen. Genau das wollen wir von der Österreichischen Volkspartei. (Beifall bei der ÖVP.)

Sehr geehrter Herr Bundesminister! Wir haben sehr aufmerksam zugehört, welchen Bericht Sie erstattet haben, und ich stimme dem, was Sie sagen und wie Sie es sagen, zu. Und sehr wohl merke ich an, daß ich Ihnen die persönliche Betroffenheit abnehme. Daher sage ich jetzt klar und deutlich: Wir wissen, in welch schwieriger Situation Sie sind. Wir wissen, daß mit Ihnen auch die Kolleginnen und Kollegen in einer schwierigen Situation sind. Wir mißachten nicht, daß auch all jene, die die Menschenrechte vertreten, jetzt sagen: So kann es nicht weitergehen. In dieser schweren Stunde sagen wir ein offenes, gerades Wort der Unterstützung zu Ihnen. Ich werde es argumentieren, warum und wieso. Aber ich mahne auch an, daß die Grund- und Menschenrechte in diesem Rechtsstaat Österreich auf Dauer gesichert sind. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Im Gespräch mit den betroffenen Kolleginnen und Kollegen hören wir es ja immer wieder: Es ist zweifelsfrei eine der schwierigsten, sensibelsten, unangenehmsten Aufgaben, Fremdenpolizist zu sein. Es gibt kaum jemand in der Exekutive, der sich um diese – entschuldigen Sie, daß ich es so formuliere – "Hacken" reißt. Im Gegenteil! Unsere Kolleginnen und Kollegen berichten von unwürdigen Zuständen, von unwürdigen Umständen, unter denen sie ihre Arbeit zu leisten haben, all das, was wir als Gesetzgeber, der Rechtsstaat Österreich, ihnen letztlich auftragen. Sie sind in einer wahrlich nicht beneidenswerten Lage, in keiner beneidenswerten Situation. Darum verdienen sie auch unsere Loyalität, weil sie für Recht, für Ordnung eintreten und rund um die Uhr für unsere Bevölkerung die entsprechende Sicherheit garantieren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Bundesminister! Ich stehe auch hier, um zu sagen: Gemeinsam sind wir es gewesen, die die großen Leitlinien der österreichischen Fremden- und Asylpolitik nicht nur konzipiert haben, sondern die diese Fremden- und Asylpolitik hier im Parlament auch vertreten haben. Denn – und ich darf einmal diese theoretische, hypothetische Frage stellen – wo wäre denn Österreich heute? Gäbe es noch den sozialen Frieden, hätten wir noch Ruhe, innere Ordnung und Sicherheit, wenn es gerade in diesem sensiblen, explosiven Bereich der Fremdenpolitik nicht all das gäbe, was wir an gesetzlichen Vorgaben geschaffen haben? Ich bin überzeugt davon, daß wir einen guten Weg gegangen sind, und die Österreicher wissen – und ich bin überzeugt davon, die überwältigende Mehrheit der Österreicher weiß es –, daß dieser Weg auch in Zukunft der richtige ist. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich will jetzt gar nicht berühmen, daß mit diesen vernünftigen Gesetzen im Bereich der Fremden- und Asylgesetzgebung auch Ruhe um die Ausländerthematik eingekehrt ist. Aber es ist tatsächlich ruhiger geworden als zu Beginn der neunziger Jahre, niemand wird das bezweifeln. Es ist aber natürlich in diesem Zusammenhang schon auch die Frage zu stellen: Sind, Herr Bundesminister, diese konkreten Gesetze, die wir hier im Parlament formuliert haben, in einer sehr präzisen Erlaßformulierung für die Exekutive auch anwendbar? Haben Sie mit der entsprechenden Vorsicht, mit der entsprechenden Dienstaufsicht jenen Kolleginnen und Kollegen, die zu exekutieren haben, was im Parlament beschlossen wird, auch das Rüstzeug mitgegeben, um in einer sehr sicheren, präzisen, konkreten und konstruktiven Art und Weise Gesetze zu exekutieren? Ich habe das Gefühl, Herr Bundesminister – und Sie haben ja richtigerweise Fehler einbekannt –, daß wir genau dort einzuhaken haben.

Herr Bundesminister, Sie haben dort unsere Unterstützung, wo es darum geht, Mißstände abzubauen, dort, wo es um klare und transparente Aufklärung geht. Und wir werden wie in der Vergangenheit, wenn es um die Gesetzgebung im Fremden- und Asylbereich geht, auch in dieser schwierigen Situation, in der wir jetzt stehen, in der vor allem Sie als politisch Verantwortlicher stehen, Ihnen die Unterstützung nicht verwehren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Aber es darf schon auch, Frau Kollegin Petrovic, im Zusammenhang mit den Menschenrechten eines eingebracht werden, was nicht so leger vom Tisch zu wischen ist. Ich habe den Bericht des Innenministeriums über die organisierte Schlepperkriminalität, den Jahresbericht 1998, zur Hand genommen. Sie kennen ihn. Er ist umfassend, er geht nicht nur im textlichen Teil auf die Problematik ein, er liefert auch Zahlen – Zahlen, die eindrucksvoll sind, Zahlen, bei denen ich sagen muß: Überlegen wir einmal, was die Konsequenz wäre, gäbe es nicht die entsprechenden gesetzlichen Regelungen, hätten wir beispielsweise keinen Grenzdienst der Bundesgendarmerie, würde nicht der Assistenzeinsatz des Bundesheeres auch die EU-Außengrenze absichern, hätten wir nicht unsere Kolleginnen und Kollegen der Zollwache!

Werte Damen und Herren! Hohes Haus! Nur drei Zahlen in diesem Zusammenhang: 1998 gab es 19 693 Aufgriffe von Illegalen – ich lese diese Zahl aus diesem Bericht vor (der Redner hält ein Schriftstück in die Höhe) –, und im ersten Quartal des heurigen Jahres waren es bereits 6 463. Das ist eine Steigerung um 130 Prozent im Vergleich zum Wert im ersten Quartal 1998.

Wer angesichts dessen glaubt, daß der Rechtsstaat Österreich, daß die Republik Österreich, daß der zuständige Innenminister dagegen nichts tun müsse, dem kann ich nur attestieren, daß er ein Träumer ist, daß er die Augen vor der Realität verschließt (Abg. Öllinger: Es gibt auch eine Übertreibung!), und dem schreibe ich auch ins Stammbuch: Sie wissen nicht, was Sie tun, und Sie wissen vor allem nicht, wovon Sie reden! Glauben Sie mir das! (Beifall bei der ÖVP, bei Abgeordneten der SPÖ sowie des Abg. Dkfm. Holger Bauer.)

Die politische Verantwortung des Innenministers ist in dieser Angelegenheit zweifelsfrei gegeben. Ich spreche den Bundesminister von dieser Verantwortung nicht frei beziehungsweise los. Er will es auch gar nicht, und er hat ja auch gesagt, er nehme persönlich die politische Verantwortung wahr. Politische Verantwortung heißt für uns in diesem Zusammenhang auch das Wissen darum, daß nichts Unrechtmäßiges passiert ist.

Herr Bundesminister! Wir akzeptieren, daß Sie sagen: Ich schwöre, daß ich vom Verkleben des Mundes nichts gewußt habe. Weil Sie dies so vehement betonen, weil Sie das der österreichischen Öffentlichkeit gesagt haben, glauben wir Ihnen, und daher sprechen wir Ihnen entgegen der Forderung der Grünen und der Liberalen das Mißtrauen nicht aus. Wir unterstützen Sie in dieser Ihrer Haltung, weil Sie betonen, daß Sie von dem, was vorgefallen ist, nichts gewußt haben. (Abg. Mag. Schweitzer: Alle?)

Herr Bundesminister! Wir von der ÖVP fordern erstens restlose, offene, schonungslose Aufklärung. (Abg. Mag. Schweitzer: Alle von der ÖVP?)

Zweitens: Wir fordern auch Konsequenzen ohne Ansehen der Person, wen auch immer es betreffen möge.

Drittens: Es darf selbstverständlich und wird keinen zweiten Fall Marcus Omofuma geben.

In diesem Zusammenhang bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol, Leikam, Kiss und Genossen betreffend Folgerungen aus dem tragischen Tod des Schubhäftlings Marcus O.

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Inneres wird ersucht,

1. die Umstände des Falles der Abschiebung des Marcus O. – in Kooperation mit der Staatsanwaltschaft und den Strafgerichten – einer umfassenden Aufklärung zuzuführen;

2. im Fall der Feststellung schuldhaften Verhaltens der betroffenen Beamten die gebotenen dienstrechtlichen Maßnahmen zu setzen;

3. den Menschenrechtsbeirat, wie er nach dem Sicherheitspolizeigesetz geplant ist, provisorisch einzurichten und ihn mit der Überprüfung des Falles unter dem Blickwinkel der Wahrung der Menschenrechte zu beauftragen;

4. organisatorische Maßnahmen zu setzen, um sicherzustellen, daß jene Beamten, die eine Abschiebung vorzunehmen haben, entsprechend ausgerüstet und psychologisch betreut sind;

5. Initiativen zu ergreifen, die für Abschiebungen im Luftweg und die dabei einzuhaltende Vorgangsweise im Rahmen der EU einen gemeinsamen europäischen Standard herbeiführen;

6. die Möglichkeit einer Kooperation mit anderen EU-Mitgliedstaaten bei der Durchführung von Abschiebungen im Luftweg zu prüfen;

7. dem Nationalrat über das Ergebnis der Untersuchung und die daraus gezogenen Konsequenzen zu berichten."

*****

Herr Bundesminister! Sie haben unsere Unterstützung! Tun Sie, was zu tun ist! (Beifall bei der ÖVP.)

17.44

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, den Herr Abgeordneter Kiss soeben verlesen hat, ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlung mit einbezogen.

Ich erteile jetzt Herrn Abgeordnetem Scheibner das Wort. Ich stelle die Uhr Ihrem Wunsch entsprechend auf 8 Minuten ein. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.44

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Petrovic, zunächst einmal einen Satz an Ihre Adresse: Sie haben heute hier Ihr wahres Gesicht gezeigt, als Sie, Frau Kollegin Petrovic, Frau Abgeordneter Partik-Pablé im Wissen, daß sie Mutter eines behinderten Kindes ist, vom Rednerpult aus unterstellt haben, daß sie gegenüber Behinderten ein diskriminierendes Verhalten an den Tag legt. (Abg. Dr. Petrovic: Das stimmt nicht!)

Frau Kollegin Petrovic! Das war so letztklassig, das war ein so niedriges Niveau, daß Sie eigentlich hier herauskommen müßten und sich dafür zu entschuldigen hätten! (Lebhafter Beifall bei den Freiheitlichen und Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine Damen und Herren von den Grünen! Heute haben Sie wieder Ihr wahres Gesicht gezeigt: Es geht Ihnen nicht darum, diesen Fall aufzuklären, und es geht Ihnen auch nicht darum, dazu Lösungsvorschläge einzubringen – keiner Ihrer Redner hat auch nur einen Lösungsvorschlag dazu eingebracht –, sondern es geht Ihnen lediglich darum, diesen wirklich tragischen und traurigen Anlaß für die Durchsetzung Ihrer politischen Ziele zu mißbrauchen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

In der gesamten politischen Diskussion wurde dieser Vorfall von niemandem verharmlost. Von niemandem! Jeder hat Konsequenzen aus diesem Fall und eine restlose Aufklärung des Sachverhalts gefordert, sogar der Bundesminister selbst. Und in dieser Hinsicht, muß man sagen, hebt er sich erfreulicherweise von seinen Vorgängern und von Aussagen seiner Kollegen in der Vergangenheit ab. Jeder hat Konsequenzen für die Zukunft verlangt – leider erst nach diesem Vorfall. Anscheinend muß in Österreich immer erst etwas passieren, bevor Notwendiges unternommen wird.

Aber, meine Damen und Herren von den Grünen und auch jene von den Liberalen, die Sie von den beiden Parteien heute hier mit einer Stimme sprechen, aber auch einige Abgeordnete von den Sozialdemokraten, wir verwahren uns hier ganz ausdrücklich gegen Pauschalverurteilungen der Polizei, die Sie unterschwellig (Beifall bei den Freiheitlichen) und bei Demonstrationen ganz klar und deutlich zum Ausdruck gebracht haben.

Beamte, Polizisten, die tagtäglich ihre Gesundheit und ihr Leben für die Sicherheit dieses Landes und ihrer Bevölkerung aufs Spiel setzen, verlangen und verdienen unsere Unterstützung. Sie haben es nicht verdient, von Ihnen diffamiert und kriminalisiert zu werden! (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren von den Grünen, die Sie sich so für die Menschenrechte aussprechen, ich frage Sie: Wo war denn Ihr Aufschrei, als in den letzten Wochen und Monaten die Meldungen kamen, daß kaum ein Tag verginge, an dem es keine gewalttätigen Handlungen gegenüber Polizisten und Exekutivbeamten gebe? Wo waren Ihre Protesthaltungen dagegen, daß es bei fast jedem Aufgriff – vor allem von Illegalen – zu gewalttätigen Übergriffen gegen Polizisten kam?

Schauen wir uns einmal den Umfang der Abschiebungen an, meine Damen und Herren! Es gibt 17 000 Abschiebungen im Jahr, 3 000 davon per Flugzeug, wobei ich Ihnen, Herr Innenminister, sagen muß, daß es wirklich eine Merkwürdigkeit ist, daß die Abschiebungen mit Linienflugzeugen durchgeführt werden. Niemandem würde einfallen, einen Häftlingstransport im Inland mit der Straßenbahn oder mit anderen öffentlichen Verkehrsmitteln durchzuführen. Auch da hätten Sie Handlungsbedarf! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren von den Grünen! Nun eine Zahl, nur um die Relativität darzustellen: Im Jahre 1997 hat es bei 2,8 Millionen Amtshandlungen 964 Anzeigen wegen angeblicher Polizeiübergriffe gegeben, wie der Herr Minister heute gesagt hat, und daraus haben nur zwei Verurteilungen resultiert – zwei Verurteilungen zuviel, was Beamtenmißbrauch und was Übergriffe durch Polizisten anlangt. Aber diese Realität sollten auch Sie endlich einmal zur Kenntnis nehmen!

Es ist klar, daß wir kein Zudecken zur Kenntnis nehmen dürfen, daß es oft auch im Rahmen der Polizei einen falschen Korpsgeist gibt, aber das kann und darf nicht – auch von Ihnen nicht! – zum Anlaß dafür genommen werden, unsere Polizei pauschal zu kritisieren und zu kriminalisieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren von der ÖVP! Kollege Kiss! Mit einer Stimme spricht da die ÖVP nicht! Sie haben hier dem Minister Unterstützung zugesagt, aber das ist auch eine merkwürdige Taktik, denn der Herr Landeshauptmann Pröll spricht von Terrormethoden der Polizei und meint, der Minister müßte selber wissen, was er zu tun hätte, und der Abgeordnete Amon verlangt seinen Rücktritt. Sie im Rücken zu haben, ist eher eine gefährliche Drohung, Kollege Kiss, denn eine Unterstützung für diesen Minister. (Ironische Heiterkeit und Beifall bei den Freiheitlichen.)

Für uns – und das sei Ihnen, meine Damen und Herren von der Linken, ins Stammbuch geschrieben! – gilt und hat zu gelten ein ganz klarer Grundsatz: Wer sich in Österreich illegal aufhält, wer in Österreich als Ausländer straffällig wird, der hat konsequent abgeschoben zu werden und der hat unser Land zu verlassen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dabei ist so human wie möglich, aber auch so konsequent und effizient wie notwendig vorzugehen. Zwangsmaßnahmen sind leider notwendig. Was ist denn die Alternative dazu, meine Damen und Herren von den Grünen und von den Liberalen? – Wir haben es gestern in der Fernsehsendung "Zur Sache" gehört: Nur 60 Illegale, 60 Abzuschiebende von 17 000 haben freiwillig das Land verlassen.

Meine Damen und Herren von den Grünen und Liberalen! Ihre Alternative dazu schaut folgendermaßen aus: Die sollen hier bei uns bleiben und in der Illegalität versinken. Das kann wohl nicht ein Anspruch an den Rechtsstaat sein! Das kann wohl nicht eine Forderung für die ... (Zwischenruf der Abg. Dr. Gredler.) Bitte, was sagen Sie, Frau Kollegin? (Abg. Dr. Gredler: Das ist eine Unterstellung!) Sagen Sie es laut, bitte! (Abg. Dr. Gredler: Das ist eine Unterstellung!) Sagen Sie uns Ihre Lösung, meine Damen und Herren von den Liberalen! Sie haben keine andere Lösung, als zu sagen: Wenn eine Abschiebung nicht möglich ist, dann soll man sie halt nicht durchführen.

Herr Innenminister! Ein bißchen haben Sie diesen Forderungen von links schon klein beigegeben, denn zu sagen, daß dann, wenn sich ein Abzuschiebender gegen die Abschiebung wehrt, dieselbe eingestellt werden soll, kann doch wohl nicht ernst gemeint sein. Herr Innenminister, das ist doch geradezu eine Aufforderung zu renitentem Verhalten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ihre Aufgabe, Herr Innenminister, ist es, für geordnete Zustände zu sorgen, etwa für eine ausreichende Zahl an Schubhafträumen. Es kann beispielsweise doch nicht akzeptiert werden, daß jetzt in Tirol ein Drittel der aufgegriffenen Illegalen freigelassen werden muß, weil es dort nicht genügend Schubhafträume gibt.

Herr Innenminister! Es muß selbstverständlich auch für eine entsprechende Ausbildung und Ausrüstung der Beamten gesorgt werden. Ich kann aber auch nicht verstehen, warum man erst jetzt draufkommt, daß es auch humane, aber trotzdem effiziente Mittel der Fesselung gibt.

Aber es muß auch verhindert werden, daß sich Illegale, sehr gut angeleitet durch verschiedene Organisationen, durch Hungerstreik oder andere Maßnahmen aus der Schubhaft freipressen.

Wir haben vorgeschlagen, ein eigenes Transportflugzeug anzuschaffen, um damit Abschiebungen in effizienter, aber auch humaner Weise durchführen zu können. Da verlangen wir von Ihnen, Herr Innenminister, eine Korrektur Ihrer Versäumnisse.

Wir würden auch ganz gerne wissen, wie es möglich war, daß im Jahre 1998 5 000 Asylwerber – das muß man sich vorstellen: 5 000 Asylwerber! – in laufenden Verfahren plötzlich in der Illegalität verschwunden sind, und wieso es möglich war, über Flüchtlingsorganisationen zu Scheinadressen zu kommen, um Illegalen den Schein der Legalität zu geben.

Herr Innenminister! Da sind Sie gefordert! Wir Freiheitlichen werden sehr genau beobachten, ob Sie dieser Propaganda von Grün, Liberal oder anderen linken Gruppierungen nachgeben werden oder ob Sie weiterhin konsequent – wirklich konsequent! – die Gesetze, die Sie zu vollziehen haben, im Interesse der Österreicher auch tatsächlich vollziehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren von den Grünen! Fahren Sie fort mit Ihrem Minderheitenprogramm! Wir jedoch haben hier die Österreicher zu vertreten, die nicht akzeptieren können, daß Kriminalität und Illegalität in einem Ausmaß zulässig sind (Abg. Wabl: Es geht um die Tötung von Omofuma! Worum geht es jetzt, Herr Scheibner?), wie das, Herr Kollege Wabl, von niemandem zu verstehen, von niemanden zu akzeptieren ist.

Herr Innenminister! Wir werden dem Mißtrauensantrag deshalb nicht zustimmen, weil wir nicht Handlanger von politischen Gruppen in diesem Land sein wollen, die einen mißliebigen Minister loswerden wollen, weil er eine andere Politik in der Fremden- und Asylgesetzgebung betreibt – zumindest in Ansätzen –, als es ihren Wunschvorstellungen entspricht. (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Petrovic und Schaffenrath.)

Es geht auch darum, meine Damen und Herren von den Grünen und auch Frau Kollegin Schaffenrath – die Tiroler haben Ihnen ein ganz klares Votum gegeben, wo sie Sie haben wollen! (Beifall bei den Freiheitlichen) –, Österreich vor einer Politik zu schützen, die Sie in diesem Land umsetzen wollen. (Lebhafter Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.52

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete Dr. Petrovic hat eine tatsächliche Berichtigung begehrt.

Frau Abgeordnete, beginnen Sie mit dem Sachverhalt, dem Sie Ihre berichtigte Fassung gegenüberstellen wollen. – Bitte. (Abg. Dr. Graf: Tatsächliche Beleidigung!)

17.52

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Abgeordneter Scheibner hat hier behauptet (Ruf bei den Freiheitlichen: Entschuldigung!), ich hätte Frau Partik-Pablé ein behindertenfeindliches Verhalten, eine diskriminierende Haltung gegenüber Behinderten unterstellt. (Abg. Böhacker: Haben Sie! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.) Das Gegenteil ist wahr, und ich ersuche möglichst rasch, die entsprechenden Protokolle beizuschaffen. (Abg. Dr. Ofner: Wir sind ja nicht terrisch!)

Ich habe ihr die Frage gestellt, und ich stelle sie ihr erneut, wie sie als Frau und Richterin mit verschiedenen Gruppen von Schutzbefohlenen, die der Obsorge anderer Menschen anvertraut sind – einmal behinderte Kinder, einmal Schubhäftlinge –, umgeht. Mit Klebeband oder anders? (Abg. Scheibner: Sie haben gesagt, wie sie bei den Behinderten vorgehen würde! – Abg. Dr. Graf: Das war aber keine Berichtigung, sondern eine Beleidigung! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen. – Beifall bei den Grünen.)

17.54

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Jetzt gelangt Frau Abgeordnete Dr. Schmidt zu Wort. 10 Minuten Redezeit. – Bitte.

17.54

Abgeordnete Mag. Dr. Heide Schmidt (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Hohes Haus! Mir geht es heute bei dieser Debatte aus Anlaß des Todes von Marcus Omofuma darum, drei Dinge anzusprechen: einerseits die Praxis beim Umgang mit Menschen, die sich in Polizeigewahrsam befinden, zweitens um die Frage: Was heißt politische Verantwortung? und drittens um eine Kampfansage an die Politik der "Kronen Zeitung", die diese Gesellschaft dehumanisiert. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Dkfm. Holger Bauer: Ah!)

Zum ersten Punkt, was die Praxis im Umgang mit Menschen betrifft, die sich in Polizeigewahrsam befinden: Da bin ich durch meine zehnjährige Tätigkeit in der Volksanwaltschaft geprägt. Ich erinnere mich sehr gut an die Beschwerden über Fehlverhalten und Mißhandlungen durch Polizeibeamte. Ich erinnere mich an die Reaktionen des Ressorts, von dem, wenn eine Verletzung festgestellt wurde, meist die Antwort kam, diese sei bei Überwindung des Widerstands der Betroffenen entstanden.

Ich erinnere mich daran, daß wir oft nicht feststellen konnten, ob zum Beispiel beim strafbaren Delikt des Widerstandes gegen die Staatsgewalt dieses der Anlaß für die Festnahme war oder aber die angedrohte Festnahme auslösendes Moment für dieses Delikt.

Ich erinnere mich vor allem an zwei Fälle – und es ist schon Jahre her –, wie damals mit Menschen umgegangen wurde und was damals schon an Vernachlässigung von Dienstaufsicht aufgekommen ist.

Der eine Fall hat sich in Graz abgespielt, bei welchem ein Mittelschullehrer, weil er beim Schwarzfahren erwischt wurde, letztlich in einer Arrestzelle gelandet ist, und zwar in einer Arrestzelle, in welcher in der Mitte ein Eisenring eingelassen war, und an diesen Eisenring wurde der Mittelschullehrer gekettet, und die Begründung dafür lautete, daß er renitent war und mit dem Kopf gegen die Wand gelaufen ist.

Ich will diesen Fall jetzt hier überhaupt nicht erörtern. Tatsache ist, daß es diesen Eisenring gab, Tatsache ist, daß der Mittelschullehrer festgekettet wurde, und Tatsache ist, daß erst nach diesem Vorfall, obwohl davor Dienstinspektionen stattgefunden haben, dieser Eisenring entfernt wurde.

Ich erinnere mich – und Sie werden sich vielleicht auch noch daran erinnern – auch an den Fall jenes Mannes, der in einem Gemeindekotter in Vorarlberg vergessen wurde, und zwar 18 Tage lang. Ich erinnere mich noch an den Lokalaugenschein, den ich in diesem Gemeindekotter gemacht habe. Zig Dienstaufsichtsgänge wurden dort vorher gemacht, wie uns der Minister damals mitgeteilt hat. Ich habe diesen Gemeindekotter gesehen: Er ist ein Loch, ein ehemaliger Weinkeller ohne Fenster, ohne Sanitäranlage, mit irgendeiner Öffnung, wo vielleicht über Umwege irgendeine Belüftung dazugekommen ist. Das hat man gewußt. Erst nachdem dieser Mann dort vergessen worden war, ist man draufgekommen, daß das vielleicht doch nicht den Standards entspricht. Diese beiden Fälle wurden dann korrigiert.

Ich sage das alles deswegen, weil auch schon damals – beim damaligen Innenminister und bei seiner Beamtenschaft – das Gefühl für Verhältnismäßigkeit der Mittel und das Grundrechtsbewußtsein nur sehr sparsam ausgeprägt waren. Genau das ist es, was wir jetzt wieder feststellen müssen! (Abg. Marizzi: Das ist schon eine weitläufige Auslegung! – Abg. Parnigoni: Da ist der Bezirkshauptmann zuständig!)

Herr Innenminister! Ich gebe schon zu, diese Verhältnismäßigkeit der Mittel, dieses Grundrechtsbewußtsein ist etwas, was vor allem in den Gesetzen seinen Niederschlag zu finden hat, und für diese Gesetze sind nicht Sie, sondern ist die Mehrheit dieses Hauses verantwortlich. Sie sind nicht direkt verantwortlich für jenes mangelnde Grundrechtsbewußtsein, das zu Lauschangriff und Rasterfahndung geführt hat. Sie sind noch nicht verantwortlich dafür, was dieses Haus mit dem merkwürdigen Sicherheitspolizeigesetz und mit jenen Befugnissen beschließen wird, die Sie sich für Ihre Polizei wünschen. Noch sind Sie das nicht direkt. Aber für etwas sind Sie verantwortlich: nämlich für die Praxis und für den Vollzug dieser Bestimmungen! (Abg. Marizzi und Reitsamer: Für den Gemeindekotter?)

In bezug auf diese politische Verantwortung, frage ich Sie, Herr Minister: Wo fängt sie bei Ihnen an? Dort, wo Sie selbst Hand anlegen?

Ich will nicht die Sache vergleichen, ich will nur den Maßstab vergleichen, weil mir die fatale Assoziation zu einem Zitat des Michael Graff im Zusammenhang mit Waldheim, wie er Verantwortung gemessen hat, gekommen ist. So ähnlich kommt mir das auch vor, wenn Sie sagen oder wenn Ihr Parteifreund Zilk sagt, erst dann wäre er politisch verantwortlich, wenn er selbst dafür ist. Gerade, daß er sie nicht selbst in der Tasche führen muß! Dazu muß ich sagen: Das ist nicht das Kriterium für politische Verantwortung, jedenfalls nicht jenes, das wir Liberale anlegen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Ich frage Sie, Herr Minister: Haben Sie sich nie Gedanken darüber gemacht, wie Ihre Beamten denn mit Menschen umgehen – egal, ob das Schubhäftlinge oder Straffällige sind –, wenn sie sich widersetzen, wenn sie renitent sind? Haben Sie nie darüber nachgedacht, mit welchen Instrumenten sie glauben, dann vorgehen zu müssen? Haben Sie sie denn nie gefragt? Haben Sie nie mit Ihren ausländischen Kollegen darüber geredet, wie die das machen? Haben Sie sich nie darüber gewundert, daß die Deutschen eine ganz andere Abschiebepraxis haben als wir? Welche Schlußfolgerungen haben Sie daraus gezogen?

Wie beschäftigen Sie sich eigentlich mit Ausschüssen, mit Vorlagen und mit Ausschußberichten zum Beispiel des Europäischen Parlaments oder internationaler Kommissionen, zum Beispiel jenen zur Verhütung von Folter? Sie wissen, daß es dazu einen Bericht gibt, der das österreichische System schwer angreift. Ist das für Sie alles nur Makulatur? Sagen Sie, das war in der Zeit meines Vorgängers, das interessiert mich nicht? Oder verstehen Sie politische Verantwortung nicht so, daß Sie genau diesen Grundsätzen nicht nur selbst gefälligst zu entsprechen haben, sondern auch Ihren Apparat in diese Richtung zu erziehen haben und ihm Hilfestellung geben müssen? (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Wem gegenüber verstehen Sie eigentlich Ihre politische Verantwortung? – Ihrem Parteivorsitzenden gegenüber, dem Herrn Klima, dem Sie großzügig Ihren Rücktritt anbieten? Oder ist politische Verantwortung etwas, was Sie dieser Volksvertretung gegenüber wahrzunehmen haben? – Diesem Haus haben Sie Ihren Rücktritt jedenfalls nicht angeboten. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Parnigoni: Wir hätten das auch nicht angenommen!)

Daher, Herr Bundesminister, wundert es mich ja nicht, daß Sie einen derartigen Schulterschluß mit der FPÖ haben, und zwar nicht nur in den Inhalten, in denen ich immer mehr Übereinstimmung zwischen dem Sozialdemokraten Schlögl und dieser FPÖ sehe, sondern offenbar auch in Ihren Maßstäben, wem gegenüber Sie verantwortlich sind. Denn die Freiheitlichen haben auch ihr eigenes System, die schaffen sich ja neben der bestehenden Rechtsordnung auch ihre eigene (Abg. Scheibner: Nein!) und haben daher ein merkwürdiges Ehrengericht und ähnliches. (Abg. Scheibner: Nein, kein Parteigericht! Das ist kein Parteigericht!) Sie bieten auch Ihrem Parteivorsitzenden Ihren Rücktritt an.

Ist das Ihre Vorstellung von politischer Verantwortung? – Dann, muß ich sagen, wundert es mich nicht, daß Sie mit dieser Freiheitlichen Partei so konform gehen, sondern es ist auch verständlich, daß Sie auch mit der "Kronen Zeitung" so konform gehen.

Jetzt muß ich Ihnen folgendes sagen, Herr Minister, als jemandem, der von der "Kronen Zeitung" profitiert, die die Sache auf den Punkt bringt, wenn der Herr Staberl fragt: "Stehen jenen, die sich um die Rechtsstaatlichkeit keinen Deut scheren, die Benefizien eines von ihnen so deutlich abgelehnten Rechtsstaates wirklich voll und ganz zu?" und der damit eine Kernfrage eines Rechtsstaates berührt, der damit sagt, die haben gefälligst vogelfrei zu sein: Auf diese Unterstützung sind Sie stolz? Sie sind stolz auf eine "Kronen Zeitung", die nach diesem – Sie nennen es alle einen "tragischen Vorfall" – Tod eines Menschen schreibt, daß die Polizei der Aufgabe der Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung, und zwar genau in dieser Frage, nachgekommen ist und gerecht geworden ist?

Herr Bundesminister! Sie profitieren von einer Stimmung der Inhumanität. Sie profitieren von verbohrten Vorurteilen. Sie profitieren von einem mangelnden Rechtsstaatsbewußtsein in diesem Land. Deswegen, Herr Minister, können wir Ihnen nicht mehr das Vertrauen aussprechen, und daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Heide Schmidt, MMag. Dr. Madeleine Petrovic und KollegInnen

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Dem Bundesminister für Inneres wird gemäß Art. 74 Abs. 1 B-VG das Vertrauen versagt."

*****

(Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

18.03

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete Dr. Schmidt! Nur zur Klarstellung: Der Antrag, den Sie am Schluß erwähnt haben, ist ein ... (Abg. Dr. Schmidt: Selbständiger Antrag!) ... Selbständiger Antrag, den Sie eingebracht haben. – Gut. Danke vielmals.

Ich erteile jetzt Frau Abgeordneter Mag. Stoisits das Wort. – Bitte, Frau Abgeordnete.

18.03

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grόne): Dobar večer! Poštovane dame i gospodo! Sehr geehrter Herr Prδsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Seit vorigem Sonntag versichern maίgebliche Spitzenbeamte des Innenressorts, aber auch Sie, Herr Bundesminister, immer wieder – jetzt gerade sind Sie angesprochen – für mich persönlich durchaus und absolut glaubwürdig, daß der Tod von Marcus Omofuma eine tragische, bedauernswerte Sache für das Ressort sei und ein tragischer Einzelfall.

Herr Bundesminister! Auch die heutige Debatte soll nicht in erster Linie dazu dienen, die Glaubwürdigkeit von Beteuerungen in irgendeiner Weise zu diskutieren oder in Frage zu stellen. Das Beteuern, daß das tragisch ist, daß es Ihnen leid tut, daß Sie lieber hätten, es wäre nicht geschehen, ist ja etwas, was für mich – ich kenne Sie jetzt schon viele Jahre, ja Jahrzehnte – vollkommen klar ist. Denn bitte stellen wir uns vor, es täte Ihnen nicht leid, daß das passiert ist! Deshalb, Herr Bundesminister, ist es nach zehn Tagen irgendwie müßig, daß immer wieder, daß 20mal gesagt wird, wie tragisch das ist, daß aber praktisch im selben Satz immer auch gesagt wird: Aber die Beamten! Und die Sicherheitsexekutive! Und eigentlich ist es ja ohnehin so super in Österreich.

Herr Bundesminister! Irgendwann muß damit Schluß sein! Irgendwann muß auch von Ihnen, Herr Bundesminister, vor allem, wenn Sie es menschlich und persönlich tragisch finden, aber auch politisch im Sinne Ihres Weltbildes – Sie sind Sozialdemokrat, und Sie bezeichnen sich ja auch selbst als solcher – daraus eine Konsequenz gezogen werden. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Herr Bundesminister! Ich zweifle auch nicht an der wirklich ehrlichen Absicht, die Sie hatten, als Sie, wie Sie heute berichtet haben, dem Herrn Bundeskanzler Ihren Rücktritt angeboten haben. Aber Sie haben das schon mit Absicht gemacht – ich zweifle nicht daran, daß Sie es getan haben, Sie haben es heute hier berichtet –, es hat schon seinen Grund gehabt, daß Sie diese Konsequenz ziehen wollten. Aber, Herr Bundesminister, wenn es so ist, daß man Sie mit Argumenten, die offenbar besser waren als jene, die Sie Ihren eigenen Überlegungen zugrunde gelegt hatten, davon abgehalten hat, dann gibt es über Sie hinaus noch weitere Verantwortliche, die die Konsequenzen dafür zu tragen haben, nämlich jene, die noch über Ihnen stehen, und das ist in diesem Fall der Herr Bundeskanzler, das sind vielleicht auch Kabinettskollegen – ich weiß es nicht –, die Sie davon überzeugt haben, daß das keine gute Lösung wäre. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Herr Bundesminister! Das, was mich an dieser Sache, soweit es Sie und Ihre politische Verantwortung angeht, ganz persönlich stört, ist diese Art von unglaublichem Krisenmanagement, das Sie in Ihrem Ressort in den letzten zehn Tagen an den Tag gelegt haben. Das ist ja, ehrlich gesagt, ein Dilettantismus – jetzt mit Ihren Augen betrachtet –, der ganz unglaublich ist. Es ist unglaublich, daß ein Innenressort in so einer Situation so eine Art von – Anführungszeichen – "Informationspolitik" macht, wie wir es erlebt haben – nicht wir Oppositionsabgeordneten, sondern die österreichische Öffentlichkeit; Kollege Van der Bellen hat das in seinem Redebeitrag bereits aufgezeigt –: Widersprüchlichkeiten noch und noch, Beamte, die einen Bericht legen, in dem später, nachdem sie in Österreich angekommen sind und selbstverständlich schon am Flughafen mit ihren Vorgesetzten gesprochen haben, plötzlich neue Fakten auftauchen. Das sind unglaubliche Sachen!

Meine Damen und Herren! Ich möchte hier feststellen: Jene drei Beamten, gegen die Voruntersuchungen laufen, sind Beschuldigte in einem Verfahren. Beschuldigte unterliegen nicht der Wahrheitspflicht, meine Damen und Herren. Sie werden sich ja nicht selber permanent durch Fakten belasten, sondern sie dürfen sagen, was sie wollen. Auch ihr Anwalt darf sagen, was er will. Aber Ihre Spitzenbeamten, Herr Bundesminister, dürfen nicht sagen, was sie wollen, und jeden Tag etwas anderes. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Die mangelnde Glaubwürdigkeit ist heute mehrfach aufgezeigt worden, aber ich, Herr Bundesminister, möchte darauf zurückkommen, was jetzt – das wurde von Ihnen gestern in den Medien schon groß angekündigt – die Konsequenzen dieses tragischen – jetzt sage ich wieder Anführungszeichen – "Einzelschicksals" sind, und zwar sozusagen vom Ende, aber nicht von dem, was geschehen ist.

Herr Bundesminister! Sie haben mit den Worten eines katholischen Rechtsphilosophen gesprochen und haben gesagt, "jeden Tag neu beginnen", das sei die Devise des Innenressorts. – Mir schwant Übles, wenn Sie jeden Tag neu beginnen, und zwar mit jenen Beamten, die zumindest – ich bin ja jetzt schon einige Jahre in der Politik – seit dem Jahre 1993 – denn damals habe ich eine parlamentarische Anfrage an Herrn Bundesminister Löschnak gestellt – wissen, daß in Österreich mit Klebebändern geknebelt wird, weil Bürger das beobachten können. Das geschieht ja nicht im geheimen, das geschieht öffentlich, in Flugzeugen, am Flughafen, wo die Leute hin- und hergeführt werden. Mit diesen Beamten wollen Sie jeden Tag neu beginnen? – Da, Herr Bundesminister, kann man wirklich nur sagen: Gute Nacht, Österreich! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

Ich halte Ihnen da die Worte – Paul Watzlawick würde das so sagen – entgegen: Das, was Sie vorgeschlagen und heute hier vorgetragen haben, ist mehr vom selben. Etwas anderes fällt mir dazu nicht ein.

Herr Bundesminister! Wenn man sich nämlich die Details Ihrer Vorschläge wirklich genau anschaut, dann sieht man, das ist wieder nichts anderes als der falsche Weg, gewissermaßen die Verfeinerung von Polizeimethoden. (Abg. Mag. Schweitzer: Wie hätten Sie’s denn gern?) Was ist es denn anderes als Folter in einem anderen Sinn (Abg. Mag. Schweitzer: Sagen Sie, wie Sie es gerne hätten!), wenn ich Menschen, die aus Österreich hinausgebracht werden, mit einem Helm in ein Flugzeug setze und sie weiter mit Klebebändern auf Sitzen fixiere? (Abg. Mag. Schweitzer: Wie hätten Sie’s denn gerne? – Abg. Dr. Petrovic: Menschenrechte!) Das ist wirklich nichts anderes als eine Verfeinerung von Foltermethoden, wie sie zumindest seit 1993 in Österreich schriftlich amtsbekannt sind. (Beifall bei den Grünen.)

Wohlgemerkt: nicht Ihren Spitzenbeamten, denn Sie haben in der Beantwortung der Anfrage gesagt, Sika und Stiedl, um jetzt nur zwei zu nennen, haben nichts von diesen Anfragen gewußt. Wer hat aber diese Anfragen – in dem Fall Dr. Löschnak und später Dr. Einem – zur Unterschrift vorgelegt, meine sehr geehrten Damen und Herren? Es sind schon Politiker wegen Unterschriften unter viel nichtigere Dinge zurückgetreten oder nicht mehr in ihrem Amt als wegen einer Unterschrift unter so schwerwiegende Dinge.

Unterschreiben österreichische Minister immer wieder Schriftstücke, die sie nicht vorher lesen? Und die Spitzenbeamten wissen gar nicht, was sie dem Minister zur Unterschrift vorlegen? Ja, wo kommen wir denn da wirklich hin? – Herr Minister a. D. Löschnak, Sie schütteln den Kopf. Diese Anfragebeantwortung trägt Ihre Unterschrift. Jetzt sind Sie nicht mehr Innenminister, jetzt sind Sie nur noch Abgeordneter, aber Sie müßten jetzt erst recht daran interessiert sein, daß genau aufgeklärt wird, wer die Verantwortung dafür trägt, daß nichts passiert ist. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Löschnak: Ja!)

Spätestens dann hätte etwas geschehen müssen, als in der Bundesrepublik Deutschland ein Mensch an ähnlichen Praktiken gestorben ist. Das war lange vor dem Fall in Belgien, das war schon vor rund fünf Jahren. Ja, ist das österreichische Innenressort nicht nur taub, sondern auch blind oder leseunfähig?

Der Herr Bundesminister hat gesagt, er liest zwar jeden Tag die Zeitungen – so ungefähr –, und er läßt sich dann Berichte legen. Aber bitte, Herr Bundesminister: Die Polizei untersucht die Polizei. Na, was wird da herauskommen, wenn die Polizei sich selbst untersucht?, kann ich nur fragen. (Abg. Mag. Schweitzer: Und was kommt heraus, wenn die Grünen das untersuchen?)

Jetzt komme ich zu dem, was für mich das Traurigste in diesen Richtlinien, in diesem Maßnahmenkatalog ist und wofür Sie heute in Ihrem Redebeitrag relativ viel Zeit aufgewendet haben, nämlich zu diesem Menschenrechtsbeirat. Nach dem Sicherheitspolizeigesetz soll dies ein Menschenrechtsbeirat sein – ich kann mich nur darauf beziehen, was hier schon als ein Entwurf beziehungsweise als Regierungsvorlage Ihres Hauses vorgelegt wurde –, dessen Mitglieder vom Herrn Innenminister ernannt werden. Dieser Beirat ist als vertrauliches Beratungsorgan des Innenministers konzipiert, in dem die Mitglieder, die von diesem eingesetzt werden, selbstverständlich jederzeit auch abgesetzt werden können. Zu den bisherigen Statutendiskussionen, zu denen man NGOs eingeladen hat, zitiere ich den Generalsekretär von amnesty international, der an dieser Diskussion beteiligt ist. Er sagt: Von echter Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit ist keinerlei Rede.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ja wirklich nichts anderes als ein eigenartiger Versuch, Auflagen der internationalen Organisationen wie des CPT, des Antifolterkomitees, auf österreichisch zu interpretieren. Anders kann ich das wirklich nicht auffassen.

Meine Damen und Herren! Aber nicht nur die Grünen, nicht nur die österreichische Menschenrechtsbewegung, sondern auch echte sozialdemokratische Abgeordnete haben das erkannt. Ich bin den Kollegen aus der sozialdemokratischen Fraktion, die lange vor dieser Sondersitzung einen offenen Brief an Sie gerichtet und Forderungen aufgestellt haben, sehr dankbar dafür, daß sie das getan haben, weil sie nämlich viel besser, als ich es könnte, auf den Punkt gebracht haben, worum es geht. Doch diese Punkte, Herr Bundesminister, haben Sie heute ganz unter den Tisch fallen lassen, weil Sie sich eben sehr auf den Einsatz des Helmes und auf diesen angeblich weisungsfreien, aber von Ihnen eingesetzten und Ihnen rechenschaftspflichtigen Beirat konzentriert haben.

Deshalb bitte ich die Kolleginnen und Kollegen, diese harmlosen Punkte auch in Betracht zu ziehen und unseren Entschließungsantrag zu unterstützen, der wie folgt lautet:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde betreffend Maßnahmen zur Kontrolle des Sicherheitsapparates

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, hinsichtlich der Sicherheitsorgane folgende Reformschritte und Kontrollmaßnahmen durchzuführen:

a) Einsetzung einer unabhängigen Kommission bestehend aus RichterInnen, VertreterInnen von Menschenrechtsorganisationen, ParlamentarierInnen und VertreterInnen der Exekutive zur Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen durch die Exekutive;

b) Ausarbeitung eigener disziplinarrechtlicher Bestimmungen für die Exekutive;

c) Ausbildung der SicherheitsbeamtInnen im Hinblick auf Rassismus und Fremdenfeindlichkeit (ähnlich den Ausbildungsmodulen bei der Problematik von Gewalt gegen Frauen);

d) Supervision für besonders exponierte SicherheitsbeamtInnen (während der Dienstzeit).

*****

18.14

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit ist die Redezeit beendet, Frau Abgeordnete. Ich habe Ihnen eine halbe Minute dazugegeben, damit Sie den Antrag verlesen können, aber ich kann sie nicht weiter verlängern. (Abg. Mag. Stoisits: Das ist sehr großzügig von Ihnen, Herr Präsident! – Beifall bei den Grünen.)

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Leikam. – Bitte.

18.14

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Da schon einige meiner Vorredner immer wieder den Versuch unternommen haben, einige Jahre zurückblickend den früheren Innenminister Franz Löschnak hier in den Mittelpunkt der heutigen Diskussion zu stellen – neben dem jetzigen Innenminister natürlich – und eine parlamentarische Anfrage immer wieder als Begründung herhalten muß, darf ich einmal ganz konkret sagen, was in dieser parlamentarischen Anfrage eigentlich alles enthalten ist, damit zumindest jene, die sie nicht gelesen haben, und jene, die sie anscheinend gelesen, aber nicht verstanden haben, auch wissen, was da drinnen steht.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde nicht alle Fragen vorlesen, denn das würde meine Redezeit zu stark beanspruchen, aber die dritte Frage lautete: "Verwenden die Beamten regelmäßig breite Klebebänder, um Schubhäftlingen das Gesicht und den Mund zu verkleben?" Die Antwort des Innenministers lautete schlicht und einfach: "Nein."

In einer weiteren Frage, in der Frage 7, wurde gefragt: "Wer hat die Klebebänder vom Gesicht des gefesselten Schubhäftlings gerissen beziehungsweise wer hätte das tun sollen?" Die Antwort des Ministers: "Nach Wegfall der Verletzungsgefahr für den Fremden sowie für das Sicherheitsorgan werden Sicherungsmittel von einem Beamten spätestens auf der Maschine entfernt." (Abg. Wabl: Frage 6, Herr Leikam! Frage 6!)

Nächste Frage, auf die Sie Bezug nehmen, Frage 8: "Zeugen des Vorfalles berichten vom Gaudium, das die Beamten bei der Verklebung des Schubhäftlings gehabt hätten." (Abg. Wabl: Frage 6, Herr Leikam, sollten Sie zitieren! Frage 6, falls Sie sie vergessen haben! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen!) "Darüber hinaus wurde die Verpackung in klebendes PVC damit begründet, daß der Neger sonst beißen könnte und daß die Neger ja Aids hätten. Wurde Ihnen auch von diesem skandalösen Verhalten der Beamten berichtet?" Die Antwort von Minister Löschnak lautete damals: "Es ist für die Sicherheitsorgane sicher kein Gaudium, einen randalierenden, tretenden und beißenden Menschen an Bord des Flugzeuges zu bringen. Tatsache ist, daß bereits mehrere Beamte der Grenzkontrolle Schwechat zum Teil schwere Bißverletzungen erlitten haben. Sie wollen das nicht zur Kenntnis nehmen. Es ist allgemeiner Wissensstand, daß die Übertragung einer Krankheit durch Bißverletzungen möglich ist. Die Beamten sind angewiesen, unter möglichster Schonung der Person, aber konsequent vorzugehen. Äußerungen, wie die in der Anfrage zitierten, wurden mir nicht bekannt." (Abg. Wabl: Frage 6 bitte vorlesen! Die Frage 6 haben Sie überlesen, Herr Leikam!)

Meine Damen und Herren! Hier zu sagen, daß schon bei Löschnak im Jahre 1993 aus dieser Anfragebeantwortung eine Bestätigung dafür herauszulesen ist, daß das gang und gäbe sei, bleibt wohl wirklich nur Ihnen überlassen. (Abg. Wabl: Weil Sie die Frage 6 nicht gelesen haben!) Ich weise das entschieden zurück, Herr Abgeordneter Wabl. Da müssen Sie schon bessere Argumente finden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Wabl: Sie haben die Frage 6 nicht gelesen! Sie haben sich schon dem Haider angepaßt! Die Frage 6 sollten Sie lesen! Die Frage 6, Herr Leikam! – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Meine Damen und Herren! Innenminister Schlögl hat seine Antworten auf die heutige Dringliche Anfrage so begonnen: Ich bedauere diesen Tod zutiefst, und ich bin überzeugt, daß alle Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter meines Ressorts so fühlen wie ich. – Ich glaube, dem ist von der persönlichen Betroffenheit des Ministers und seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter her eigentlich nichts mehr hinzuzufügen. Wenn Sie, meine Damen und Herren von den Grünen und den Liberalen, das nicht zur Kenntnis nehmen wollen, ist das Ihre Sache. Aber ich habe in den letzten Tagen und auch in der heutigen Debatte bei meinen Vorrednern schon das Gefühl gehabt, daß es Ihnen ja gar nicht so sehr um die Sache selbst geht, sondern Sie haben einfach ein Ziel vor Augen: Sie sehen jetzt durch diesen Vorfall, so bedauerlich er auch sein mag, eine ganz große Chance, die österreichische Fremdengesetzgebung wieder zu ändern. Diese Chance erkennen Sie, und diese Chance wollen Sie umgesetzt wissen durch Ihre Aktivitäten in den letzten Tagen.

Es geht Ihnen nicht wirklich um die Sache, es geht Ihnen darum, daß die Fremdengesetze geändert werden müssen und daß dieser Minister, der sehr erfolgreich ist und der in der Öffentlichkeit ein enorm hohes Ansehen genießt, weg soll. Der muß weg! Da müssen Anträge eingebracht werden. Da wird alles versucht, persönliche Angriffe tief unter der Gürtellinie wurden hier in den letzten Tagen geführt. Er muß weg und die Fremdengesetze müssen geändert werden!

Ausgerechnet Innenminister Schlögl, dem es wirklich zu verdanken ist, daß wir in der Fremdengesetzgebung gute Gesetze haben, die international Anerkennung finden, die auch für die Betroffenen selbst gute Gesetze sind, die, wenn ich die letzte Novelle des Fremdengesetzes aus dem Jahre 1997 hernehmen darf, auch die ungeteilte Zustimmung des UNHCR-Beauftragten, Herrn Blatter, bekommen haben – ich war selbst bei einer Diskussion anwesend, bei der er die Novelle 1997 dieses Fremdengesetzes sehr gelobt und als Beispiel für andere Staaten hingestellt hat –, genau diesen Innenminister wollen Sie weghaben, der in diesem Bereich wirklich gute Fremdengesetze gemacht hat. (Beifall bei der SPÖ und bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Noch etwas – ich habe mir lange überlegt, ob ich das hier vom Rednerpult aus sagen soll, und ich habe mich entschlossen, es doch zu tun –: In den Tagen seit dem 1. Mai war in Österreich wieder etwas festzustellen, wovon ich eigentlich der Meinung war, daß es das nicht mehr gibt: nämlich eine massive Einmischung der katholischen und der evangelischen Kirche in diese Angelegenheit! Ich weise das mit aller Schärfe zurück! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist nicht möglich, daß der Caritas-Präsident und der Leiter des Evangelischen Hilfswerks den Herrn Innenminister zum Rücktritt auffordern! Das ist nicht die Aufgabe der kirchlichen Organisationen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ und den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Wabl.) Das ist nicht deren Aufgabe! Da hat sich die Kirche nicht einzumischen. Sie kann Kritik üben, aber sie kann nicht die Arbeit von zwei politischen Parteien hier in diesem Land übernehmen. (Abg. Dr. Petrovic: Das ist ungeheuerlich!) Das ist eine klare Verletzung ihrer Aufgaben.

Ich habe in den letzten Tagen mit vielen Katholiken und mit vielen protestantischen Gläubigen gesprochen, und es hat sich gezeigt, daß sie kein Verständnis dafür haben, was ihre obersten Kirchenherren in diesem Zusammenhang gemacht haben. Ich bin froh darüber, und ich weise diese Vorgangsweise hier ganz offiziell zurück! Dieses Verhalten der Kirche kann so nicht hingenommen werden! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Wabl.)

Meine Damen und Herren! Die Tage seit dem 1. Mai waren schlimme Tage für die österreichische Exekutive, sehr schlimme Tage! Denn Sie haben keinen Unterschied gemacht. Sie haben erst heute ein bißchen versucht, noch die Kurve zu kratzen. Sie haben vom ersten Tag an die gesamte österreichische Presse "hineingehaut". Sie haben pauschal von einer rassistischen Polizei gesprochen. (Abg. Smolle: Freie Meinungsäußerung ist auch ein Menschenrecht!) Herr Pilz kennt, seit er in der politischen Landschaft tätig ist, für die Polizei nur ein Wort: "Prügelpolizei", "Prügelgendarmerie". Das ist in Wirklichkeit Ihre Politik, meine Damen und Herren von den Grünen! Sie haben immer wieder versucht, die Exekutive in ihrer Arbeit zu behindern. Sie wollen nicht, daß die Exekutive erfolgreich ist. (Zwischenruf des Abg. Wabl.)

Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! Aber auch Ihr Generalsekretär hat nicht den richtigen Umgangston gegenüber der Exekutive (Zwischenruf des Abg. Scheibner) – das soll heute auch wieder gesagt werden. Bezeichnungen wie "Scherzkekse" und "Idioten" sind nicht unbedingt jene Ausdrücke, die die Exekutive für ihre schwierige Arbeit verdient. Das muß Ihnen schon auch ganz klar gesagt werden. (Abg. Haigermoser: Pflichtübung! Leikam, laß die Pflichtübung!)

Unsere Exekutive hat es in der Regel mit Leuten zu tun, die die Gesetze mißachten – ich möchte gar keinen schlimmeren Ausdruck dafür verwenden. Und diese 34 000 Beamten, die ihre Aufgabe wirklich gewissenhaft erfüllen, haben es besonders schwer. In der heutigen Dringlichen Anfrage wurden wieder mehrere Einzelfälle aufgezeigt, und es wurde um die Beantwortung durch den Minister gebeten. Aber es gibt natürlich genauso viele Einzelfälle auf der anderen Seite – ohne jetzt zu wissen, wie die Beantwortung hier ausgeht. Meine Damen und Herren! Faktum ist, daß sich viele Ihrer Anfragen, viele Ihrer Einzelfälle, die Sie hier in diesem Haus seit Jahren behandelt haben wollten und die auch behandelt wurden, nach der Beantwortung als Seifenblasen herausgestellt haben (Zwischenruf der Abg. Ing. Langthaler), daß nie etwas hängengeblieben ist. Sie wärmen zum Teil Uraltsachen immer wieder auf, obwohl Sie selbst wissen, daß es anders war, als Sie es behaupten.

Auch die heutige Anfrage enthält wieder eine Reihe von Einzelfällen. Ich nenne Ihnen einen anderen Einzelfall, der auch bei einer Abschiebung stattgefunden hat – ich betone: auch ein Einzelfall! –: Österreichische Beamte haben eine Person nach Ghana abgeschoben. Als sie dort ankamen, nahm sie die dortige Polizei in Gewahrsam – nicht den Abgeschobenen, sondern die österreichische Polizei! Die Fremdenpolizisten, die die Abschiebung vorgenommen haben, wurden festgenommen, weil der Abgeschobene behauptet hat, er wäre tätlich angegriffen worden. Das ist die Praxis! Mit solchen Sachen hat sich unsere Exekutive auch zu beschäftigen. Sie hat es daher nicht verdient, daß dann hier in diesem Hause noch Parteien über sie herfallen. Das hat sich unsere Exekutive wahrlich nicht verdient! (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Was soll der Vorwurf: Karl Schlögl muß wissen, was seine 34 000 Beamten tun!? Was soll dieser Vorwurf? (Zwischenruf des Abg. Wabl.) Das, was Sie damit fordern, ist überhaupt nicht nachvollziehbar. Karl Schlögl weiß, welche Sicherheitspolitik er macht! Und diese Sicherheitspolitik wird von der österreichischen Bevölkerung verstanden. Sie weiß, was Karl Schlögl für dieses Land tut, welche Leistungen er für die österreichische Bevölkerung und für die Sicherheit in diesem Lande bringt, denn gerade in diesen Tagen wurde der Innenminister durch eine bisher noch nie dagewesene Solidaritätsbezeugung bestätigt. Das ist Volksvertretung, Frau Kollegin Schmidt, nicht Ihre Abgeordneten sind die Volksvertretung.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Anton Leikam (fortsetzend): 90 Prozent der Österreicher und Österreicherinnen wollen, daß dieser Minister im Amt bleibt. Orientieren Sie sich an der österreichischen Bevölkerung, dann werden Sie sehr bald wissen, welche die richtige Vorgangsweise wäre! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

Mir bleibt leider nicht mehr viel Zeit, aber einen Satz muß ich noch sagen, Herr Präsident – die halbe Minute, die meine Vorrednerin bekommen hat, darf ich für mich auch in Anspruch nehmen. (Ironische Heiterkeit.)

Wissen Sie, was Sie wollen? – Sie wollen ...

18.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter! So geht das nicht! Alle müssen gleich behandelt werden. Ihre Redezeit ist abgelaufen! (Abg. Leikam: Sie wollen, das, was heute von oben heruntergekommen ist – Abg. Leikam zeigt einen Flugzettel –: "Offene Grenzen für alle!" Das ist Ihre Ausländerpolitik! Aber da werden wir nicht mitgehen! – Beifall bei der SPÖ für den das Rednerpult verlassenden Abg. Leikam. – Abg. Aumayr: Diese Rede hätte eigentlich der Herr Kostelka halten müssen, nicht der Leikam!)

Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, gebe ich bekannt, daß der Antrag, den Frau Abgeordnete Terezija Stoisits am Ende ihrer Rede eingebracht hat, nämlich betreffend Maßnahmen zur Kontrolle des Sicherheitsapparates, ordnungsgemäß eingebracht wurde und damit in Verhandlung steht.

Zu Wort gelangt der Herr Bundesminister. – Bitte, Herr Minister Schlögl.

18.26

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wie leider zu erwarten war, ist es zu einer sehr emotionellen und sehr widersprüchlichen Diskussion gekommen. Ich bemühe mich, zu einigen Redebeiträgen Stellung zu beziehen.

Vorerst möchte ich den Vorwurf von Frau Abgeordneter Stoisits entschieden zurückweisen, daß es nur eine Art Redefloskel sei, daß ich die Tragik und die Ereignisse, die in den Tagen um den 1. Mai passiert sind, ehrlich bedauere. Im Gegenteil!

Ich glaube, es ist notwendig und wichtig, gerade in der heutigen Sitzung noch einmal deutlich zu betonen, wie sehr nicht nur ich als Innenminister, nicht nur die überwältigende Mehrheit der Österreicherinnen und Österreicher, sondern auch der gesamte Polizeiapparat betroffen über diese Ereignisse sind.

Ich möchte klar sagen: Das war ein Ereignis, das in Österreich nicht vorkommen hätte dürfen. Das war ein Ereignis, das unverzeihlich ist! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Aber ich habe das Gefühl, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß Sie von den Grünen und Sie von den Liberalen dieses tragische Ereignis sehr wohl ausschließlich dazu benützen, um parteipolitische Erfolge zu erzielen. Ich habe das Gefühl, daß Sie ... (Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Gredler und Wabl. – Weitere anhaltende Zwischenrufe.) Ich habe das Gefühl, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß Sie gewisse Dinge ... (Abg. Wabl: Ich würde vorschlagen, Sie kaufen ein Plüschtier und würden es besser hinunterschicken nach Nigeria!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Am Wort ist jetzt der Herr Innenminister! – Kollege Wabl, das gilt auch für Sie!

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl (fortsetzend): Ich habe das Gefühl, daß Sie Dinge sehr, sehr bewußt anders interpretieren und anders darstellen, als ich sie gesagt habe. Ich habe lediglich einen Ausdruck zitiert, der mir sehr wichtig ist, nämlich: Wir haben die Aufgabe, jeden Tag neu zu beginnen! – Das ist ein Ausspruch des Gründers der Katholischen Arbeiterjugend. Und nach diesem Motto möchte ich versuchen, aus Fehlern zu lernen. Das ist das, was ich gemeint habe.

Ich möchte auch entschieden die Aussage zurückweisen, daß das österreichische Innenministerium jeden Tag neue widersprüchliche Darstellungen der Ereignisse gegeben hat. Das stimmt einfach nicht, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Abg. Wabl: Wer ist "das Innenministerium"? Der Sika? Der Matzka?) Herr Abgeordneter Wabl! Mir liegen lediglich zwei Berichte vor: ein Bericht vom Sonntag, 2. Mai, in dem ich von den Beamten eine Darstellung der tragischen Ereignisse bekommen habe. Diesen Bericht vom 2. Mai habe ich am 3. Mai an die Staatsanwaltschaft weitergeschickt. Es sind dann keine weiteren Berichte gekommen.

Die Beamten waren in Sofia. Die Beamten sind am Freitag – der 5. Mai war das, glaube ich – aus Sofia zurückgekehrt, und dann kam der Auftrag des Polizeipräsidenten von Wien, die drei Beamten einzuvernehmen, vor allem aufgrund des Disziplinarverfahrens, das eingeleitet wurde. Und da – das gebe ich zu – wurden von den Beamten Aussagen gemacht, die im ersten Bericht nicht enthalten sind – das muß ich zur Kenntnis nehmen. Darüber hat aber die unabhängige Justiz zu entscheiden. Es handelt sich aber nicht um widersprüchliche Angaben des Innenministeriums! (Zwischenruf des Abg. Smolle.)

Es liegen zwei Berichte vor – Berichte, die sich in gewissen Details unterscheiden – beziehungsweise sind gewisse Dinge im ersten Bericht nicht enthalten, die im zweiten Bericht hingegen sehr wohl enthalten sind. Sonst kenne ich derzeit keine anderen Berichte beziehungsweise Aussagen oder Aussendungen des Ministeriums, die unterschiedlichen Inhalts wären.

Darüber hinaus möchte ich darauf hinweisen, daß in diesem Zusammenhang so manches behauptet wurde, was sich im nachhinein als offensichtlich unrichtig herausgestellt hat. So wurde beispielsweise in einer Reihe von Zeitungen und Zeitschriften behauptet, daß die Abschiebung des Herrn Marcus Omofuma illegal gewesen sei. Gestern hat der an der "Zur Sache"-Diskussion teilnehmende Rechtsanwalt klargestellt, daß das nicht der Fall ist. (Zwischenruf des Abg. Wabl.) In einer Vielzahl von Zeitungen aber ist das so geschrieben worden. (Abg. Dr. Petrovic: Aber wir sind nicht die Zeitung! Aber wo steht das?)

Ich darf hier doch wohl Zeitungsmeldungen zitieren! Fühlen Sie sich doch nicht gleich immer persönlich betroffen und angegriffen! Ich zitiere hier Behauptungen, die in Medien kolportiert wurden. – Faktum ist aber, daß diese Abschiebung nicht illegal gewesen ist.

Genauso wurde beispielsweise im "Report" über das angebliche Niederspritzen eines iranischen Schubhäftlings bei der Abschiebung berichtet. – So wie sich mir die Situation derzeit darstellt, hat es das nicht gegeben. Aber: Dieser Schubhäftling hat einen Schwächeanfall erlitten – oder es gab andere Gründe –, jedenfalls ist er am Flughafen in eine Art ohnmächtigen Zustand gefallen. Die Beamten haben einen Arzt geholt, und dieser hat eine Behandlung durchgeführt. Dann ist der Schubhäftling wieder in die Schubhaft zurückgekommen und später abgeschoben worden.

Das ist etwas ganz anderes, und so könnte ich über eine Reihe von Dingen berichten, die in den letzten Tagen dargestellt wurden, deren Darstellung aber einer genaueren Überprüfung nicht standhält. (Abg. Smolle: Was ist mit dem Iliev?)

Genauso ist es mit Herrn Iliev. Danke, ja, Sie haben recht; es gibt im Zusammenhang mit Herrn Iliev eine Art Interview. (Abg. Smolle: Herr Sika sagt, er hätte einmal dementiert!) – Hören Sie mir zu, dann kann ich Ihnen darauf antworten!

Es gibt mit Herrn Iliev ein tatsächliches oder angebliches Interview in "NEWS", ein tatsächliches oder angebliches Interview im "profil"; ich kann das nicht beurteilen. Faktum ist jedenfalls, daß er auch eine Aussage in der österreichischen Botschaft in Sofia tätigte, wobei er aber dort ganz offensichtlich andere Angaben gemacht hat als in den beiden publizierten Interviews. Wir werden die getätigten Aussagen der Staatsanwaltschaft übermitteln; diese soll daraus die Schlußfolgerungen ziehen. Faktum ist jedenfalls, daß auch die Causa Iliev nicht so eindeutig ist, wie es vielleicht auf den ersten Blick scheinen mag. Ich möchte das aber nicht beurteilen, sondern bin nur deshalb darauf eingegangen, weil Sie mich in einem Zwischenruf darauf hingewiesen haben. (Abg. Smolle – Bundesminister Mag. Schlögl eine Zeitung übergebend –: Das sind die Aussagen Ihres Beamten Sika ...! – Anhaltende Zwischenrufe.)

Meine Damen und Herren! Folgendes möchte ich auch noch klarstellen, da mir Frau Abgeordnete Stoisits vorgeworfen hat, die Polizei würde sich selbst untersuchen: Natürlich: Zum Teil habe ich auch die Aufgabe, Vorwürfe, die gegen die Exekutive erhoben werden, durch entsprechende Beamte, die in anderen Bereichen tätig sind, untersuchen zu lassen. Aber darüber hinaus gibt es auch eine Vielzahl von entsprechenden Strafanzeigen – und dann untersucht die Justiz. Die Justiz ist unabhängig, und die Justiz befindet sich bei uns in keiner Weise am Gängelband der Polizei! Und darum kann ich auch den Vorwurf, daß sich die Polizei selbst untersucht, nicht gelten lassen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Ich lasse mir von Ihnen auch nicht sagen, Frau Abgeordnete Stoisits, daß ich mit dem Menschenrechtsbeirat ein Gremium einsetze, das nur willfährig das tun würde, was das Innenministerium beziehungsweise der Innenminister will. – Ganz im Gegenteil: Der Menschenrechtsbeirat hat meiner Überzeugung nach die Aufgabe, sehr kritisch zu sein. Er hat diese Aufgabe in zweierlei Hinsicht: einerseits, den Minister und die wichtigsten Beamten in diesem Ressort zusätzlich über wichtige Fragen der Wahrung der Menschenrechte in der österreichischen Exekutive zu beraten, und zweitens hat der Menschenrechtsbeirat die Aufgabe, als unabhängige, dem Innenminister nicht weisungsgebundene Einrichtung tatsächliche oder behauptete Mißhandlungsvorwürfe oder Mißstände innerhalb der Exekutive zu überprüfen.

Der Menschenrechtsbeirat soll zehn Mitglieder haben; davon werden mindestens fünf von nichtstaatlichen Organisationen sein. Fix ist für mich, daß die Caritas dabei ist, fix ist, daß ein Vertreter von Schwarzafrikaner-Organisationen in Österreich dabei ist, fix ist, daß amnesty international dabei ist, und fix ist für mich, daß "SOS Mitmensch" und die "Volkshilfe" dabei sind. Und ich überlege mir auch, in welcher Form wir den UNHCR dazu beiziehen können.

Ich habe auch bereits vor einigen Wochen mit dem Generalsekretär von amnesty international vereinbart, daß die Geschäftsordnung dieses Menschenrechtsbeirates gemeinsam zwischen Innenministerium und den genannten Organisationen erstellt wird, sodaß wirklich klargestellt wird, daß das kein Gremium ist, das sozusagen auf Knopfdruck des Innenministeriums funktioniert, sondern wirklich ein selbständiges Gremium. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich finde es unseriös, Frau Abgeordnete Schmidt, wenn Sie hier zum Rednerpult gehen und von zwei Fällen berichten, die schon Jahre, wenn nicht Jahrzehnte zurückliegen. Der Fall im Zusammenhang mit dem Gemeindekotter irgendwo in Vorarlberg liegt sicherlich zwei Jahrzehnte – wenn nicht schon länger – zurück (Abg. Dr. Schmidt: Ist aber symptomatisch für die Dienstaufsicht!), und ich weiß nicht einmal, ob das im Bereich der österreichischen Bundesgendarmerie oder im Bereich der Gemeindepolizei gewesen ist; das kann ich gar nicht beurteilen. Jedenfalls war das zu einer Zeit, als ich, glaube ich, noch ein Kind war. Und darum halte ich diesen Vorwurf mir gegenüber für unseriös.

Es werden in der Dringlichen Anfrage der Grünen elf Fälle von angeblichen Mißhandlungen, Unkorrektheiten oder Menschenrechtsverletzungen durch die österreichische Exekutive aufgezählt. Ich kann nicht mehr tun, als ich hier bereits gesagt habe: Es ist unmöglich, in der Kürze der Zeit auf jeden einzelnen Fall einzugehen. Ich habe heute hier zugesichert, daß zu jedem dieser elf Fälle – ein Teil wird ja bei uns sehr kritisch überprüft – eine klare Stellungnahme von mir sowohl an alle Abgeordneten des österreichischen Parlaments als auch an die Öffentlichkeit ergehen wird. Ich werde bei keinem Fall auch nur irgend etwas unter den Teppich kehren.

Ich finde es auch unseriös, wenn Sie mir vorwerfen, ich hätte meinem Parteivorsitzenden den Rücktritt angeboten. Ich habe nicht meinem Parteivorsitzenden, sondern dem Bundeskanzler den Rücktritt angeboten – er ist der Regierungschef. Ich habe ihm gesagt: Wenn ich zu einer Belastung für diese Bundesregierung werde, bin ich jederzeit bereit, meine Funktion zur Verfügung zu stellen. – Ich bitte Sie, das zu unterscheiden!

Frau Abgeordnete Schmidt! Wenn ich richtig informiert bin, haben Sie einen Mißtrauensantrag gegen mich als Selbständigen Antrag eingebracht. Wenn es Ihnen ein solch großes Anliegen ist, mich aus diesem Amt zu jagen, dann bringen Sie doch keinen Selbständigen Antrag ein, der zugewiesen wird, sondern trachten Sie danach, daß darüber noch heute abgestimmt wird! Sie taktieren! Sagen Sie das doch in der Öffentlichkeit! (Abg. Dr. Schmidt: Show! Theater! – Weitere Zwischenrufe.) Wenn Ihnen das ein Anliegen ist, wenn Sie haben wollen, daß ich aus dem Amt scheide, dann stellen Sie einen Antrag, über den noch heute abgestimmt wird! Dazu fordere ich Sie auf. (Beifall bei der SPÖ, den Freiheitlichen sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Von Ihnen kommt immer der Vorwurf: "Aushöhlung der Grundrechte durch Karl Schlögl". Zwei Beispiele, bei denen Sie unter Umständen recht haben könnten, daß die Grundrechte durch Gesetzesinitiativen des Karl Schlögl ausgehöhlt worden sind. Erstes Beispiel: Gewaltschutzgesetz, das mit 1. Mai 1997 in Kraft getreten ist. Dieses Gewaltschutzgesetz stellt ohne Zweifel eine Einschränkung von bürgerlichen Freiheiten und Grundrechten dar, wenn eben jemand aufgrund eines entsprechenden Einsatzes der Exekutive aus der Wohnung, aus dem Haushalt, aus dem Haus gewiesen wird. Das ist aber andererseits etwas, was sich in den letzten eineinhalb Jahren äußerst bewährt und dazu geführt hat, daß viele Frauen, die Opfer von gewalttätigen Männern wurden, Schutz und Hilfe gefunden haben, womit verhindert werden konnte, daß noch mehr Leid angerichtet wird. (Zwischenruf der Abg. Dr. Schmidt.) Und dieses Gewaltschutzgesetz ist, soweit ich weiß, mit großer Mehrheit – ich glaube sogar, mit Ihrer Zustimmung; ich weiß es nicht genau – beschlossen worden.

Das ist also das eine Gesetz, hinsichtlich dessen man sagen kann, daß in der Zeit, in der ich Innenminister bin, die Grundrechte in einem gewissen Maße ausgehöhlt oder vielleicht erschüttert wurden.

Zweitens: Lauschangriff und Rasterfahndung. (Zwischenruf des Abg. Wabl.)

18.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister! Ich bin jetzt gezwungen, § 93 Abs. 4 GOG anzuwenden, wonach in der Debatte über eine Dringliche Anfrage – da Sie ja die an Sie gerichtete Anfrage bereits beantwortet haben – jeder Redner ausnahmslos eine Redezeit von 10 Minuten hat. Der Minister hat sozusagen das Privileg, daß er sich in der Debatte wiederholt zu Wort melden kann.

Ich bitte Sie aber um Verständnis dafür, daß ich Ihre Ausführungen an diesem Punkt unterbreche und die nächste zu Wort gemeldete Rednerin aufrufe. Wenn Sie es wünschen, Herr Bundesminister, können Sie ein weiteres Mal zu Wort gelangen, um zu weiteren Punkten Stellung zu nehmen. So haben wir diese Bestimmung bisher gehandhabt.

Danke vielmals, Herr Bundesminister. (Beifall bei SPÖ und ÖVP für den die Rede beendenden Bundesminister Mag. Schlögl.)

Als nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Ich höre gerade, daß Sie sich, Frau Abgeordnete, zu einer tatsächlichen Berichtigung zu Wort gemeldet haben. Ich mache Sie auf die einschlägigen Bestimmungen der Geschäftsordnung aufmerksam. – Bitte.

18.40

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Ich berichtige die Ausführungen des Abgeordneten Leikam tatsächlich: Er hat gegen Ende seiner Rede behauptet, daß der wahre Grund für die Dringliche Anfrage der Grünen die Forderung "Offene Grenzen für alle" sei.

Leikam weiß, daß das erstens unrichtig ist, weil es heute überhaupt nicht um Migrationspolitik, sondern um den Fall Omofuma geht. (Ruf bei den Freiheitlichen: Das ist ein Werturteil!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete! Das sind inhaltliche Wertungen. Ich bitte, Fakten wiederzugeben und die Gegenfakten zu bringen.

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (fortsetzend): Herr Abgeordneter Leikam hat behauptet, wir hätten die Forderung aufgestellt: "Offene Grenzen für alle!" – Das ist unrichtig! (Abg. Dr. Graf: Das ist ein Redebeitrag!) Es geht um Menschenrechte und nicht um Migrationspolitik. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

18.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Platter. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. Danach werde ich wieder Ihnen, Herr Bundesminister, das Wort erteilen. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.41

Abgeordneter Günther Platter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Tod des Marcus Omofuma hat zweifellos zu einer schwierigen Situation für die Innenpolitik unseres Landes geführt. Ich möchte zunächst meine tiefe Betroffenheit und meine Anteilnahme zum Ausdruck bringen und glaube, daß einige Emotionen, die heute hier artikuliert wurden, wirklich entbehrlich waren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Auch ich halte die Durchführung dieser Sondersitzung für sehr notwendig, sie ist ein wichtiges demokratiepolitisches Instrument. Ich spreche mich aber ausdrücklich gegen den Mißtrauensantrag gegen den Herrn Minister aus. Ich erwarte mir, ja ich fordere klare Richtlinien für die Exekutivbeamten bei der Vollziehung des Schubtransportes. Es muß im Interesse aller sein, es muß vor allem aber auch im Interesse der Exekutivbeamten sein, daß man weiß, wie vorzugehen ist, wenn dieser oder jener Umstand eintritt. Zweifellos wäre es jetzt zu einfach, zu sagen, daß die Exekutivbeamten die volle Schuld trifft, daß sie die volle Verantwortung zu tragen haben. Wir können damit nicht zur Tagesordnung übergehen. So kann es mit Sicherheit nicht sein! Wir brauchen klare Regelungen, und wir brauchen auch eine Reform der Schubhaft! (Beifall bei der ÖVP und bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte diesen bedauerlichen Fall nicht zum Anlaß für irgend etwas nehmen, und auch nicht näher darauf eingehen, denn zweifellos hat die unabhängige Justiz darüber zu entscheiden, werde mich aber ganz kurz mit den Problemen des Schubtransportes, der Schubhaft aus der Sicht der Exekutivbeamten befassen.

Grundsätzlich ist zu sagen, daß es meist bei Schubhäftlingen aus dem afrikanischen Raum zu Problemen kommt. Die Probleme beginnen meist schon, wenn sie von der Schubstation in die Arrestantenwagen gebracht werden, danach setzt sich das in den Flugzeugen fort. Die Crew des jeweiligen Flugzeuges, aber auch die Passagiere, die ja für diesen Flug bezahlt haben, verlangen selbstverständlich, daß sie nicht gestört werden. Wenn nun eine Beruhigung des Schubhäftlings vor dem Abflug nicht möglich ist, muß der Schubtransport abgebrochen werden, die Abschiebung darf dann nicht durchgeführt werden.

Damit entsteht jedoch ein großes Problem: Wenn dieser Schubhäftling, der sich mit Erfolg der Abschiebung widersetzt hat, in die Schubstation zurückgebracht wird, wird es dort äußerst schwierig. Es spricht sich herum, daß jemand Erfolg gehabt hat. Die nächsten Abschiebungen werden für die Exekutivbeamten sehr, sehr schwierig, denn jeder will sich natürlich über die Sechs-Monate-Frist hinüberretten. – Das ist die eine Seite.

Meine Damen und Herren! Auf der anderen Seite wird es, wenn sich der Schubhäftling während des Fluges der Amtshandlung widersetzt, zu schreien, zu spucken, zu beißen beginnt, für die Exekutivbeamten ebenfalls äußerst schwierig. Die Crew, die Passagiere verlangen, daß Ruhe einkehrt, aber den Beamten fehlen klare Richtlinien dafür, wie sie in einem solchen Fall vorzugehen haben.

Damit kommen wir zu den Richtlinien, die der Herr Minister jetzt ausgearbeitet hat. Es ist zweifellos erfreulich, daß mit diesen Richtlinien für die Abschiebung auf dem Luftwege sofort reagiert wurde, jedoch glaube ich, daß sie etwas zu wenig überdacht wurden, denn sie sind sehr schwer umsetzbar. Ich glaube, sie müssen nochmals überarbeitet werden. Es ist das zwar ein schönes Schriftstück, man muß aber bedenken, daß der Schwarze Peter wiederum bei den Vollzugsorganen bleibt, denn es wird darin eigentlich nur das Verkleben des Mundes verboten, weitere Lösungsansätze werden jedoch nicht genau definiert.

Was passiert, wenn es während des Fluges zu Schwierigkeiten kommt? – Nach den neuen Richtlinien hat in diesem Fall der Pilot die Entscheidungsgewalt.

Wie geht man vor, wenn der Betroffene dann wieder schreit, spuckt und dergleichen mehr? – Es sind darin keine Lösungsansätze dafür vorhanden.

Was ist, wenn eine Zwischenlandung durchgeführt werden muß und die Beamten mit dem Schubhäftling aus dem Flugzeug aussteigen müssen? Was ist, wenn zum Beispiel ein Schubhäftling – aus welchen Gründen auch immer – den Platz verlassen muß und zu randalieren beginnt? – All das sind Fragen, auf die es bis jetzt noch keine Antworten gibt. Ich bin der Meinung, daß diesbezüglich einfach klare Richtlinien erstellt werden müssen! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Auch die beabsichtigte Verwendung eines Helmes muß genau hinterfragt werden. Ich glaube nicht, daß das den gewünschten Erfolg bringen wird.

Zum Abschluß kommend: Es bedarf vernünftiger Lösungsvorschläge; Lösungsansätze, wie Flugtransporte unter Ausschluß der Öffentlichkeit, vielleicht auch in Zusammenarbeit mit anderen Schengenstaaten, durchgeführt werden können, damit derartige Konflikte, die es immer wieder gibt, möglicherweise vermieden werden können.

Herr Minister! Vergessen wir all jene Richtlinien und Erlässe, erarbeiten wir gemeinsam eine Reform der Schubhaft sowie Bedingungen und Richtlinien dazu und beteiligen wir auch jene Vollzugsbeamten daran, die danach diese Gesetze zu vollziehen haben! Wir werden dafür ein verläßlicher Partner sein! (Beifall bei der ÖVP.)

18.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

18.47

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Damit kein Zweifel besteht – denn es sind uns Freiheitlichen schon wieder einige Vorwürfe gemacht worden –: Ich halte das Verkleben des Mundes für furchtbar und finde, daß es dieses Mundverkleben ganz einfach nicht geben darf! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Präsident! Eigentlich darf es aber das Mundverkleben nicht einmal zu Demonstrationszwecken im Parlament geben. Das möchte ich auch noch dazu sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was mich aber mindestens genauso – nämlich mit derselben Intensität – betroffen macht wie dieser Vorfall, ist, wie sich die vereinigten Linken Österreichs dazu verschworen haben, diesen Vorfall zu benutzen, um eine Änderung der Fremdenpolitik in Österreich herbeizuführen und damit ihre ideologischen Zielsetzungen zu forcieren.

Das hat man auch heute wieder ganz deutlich gesehen. Sie haben den Mißtrauensantrag als Selbständigen Antrag eingebracht. Das heißt, Sie wollen überhaupt nicht darüber abstimmen. Wie ernst ist Ihnen dann aber überhaupt das Mißtrauen, das Sie Herrn Minister Schlögl entgegenbringen? (Abg. Scheibner: So ist es!) Wenn Sie sich schon dazu entschließen, eine solche Maßnahme anzukündigen und zu machen, dann sollten Sie sie meiner Ansicht nach auch durchziehen, aber nicht nur hier ein Theater oder einen Theaterdonner machen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Kollegin Petrovic hat sich bemüßigt gefühlt, Behinderte in diese Debatte hineinzuziehen. Ich möchte nur daran erinnern, daß sich vor ungefähr zwei Jahren die Mutter eines behinderten Kindes selbst und ihr Kind umgebracht hat, weil sie sich nicht mehr zu helfen gewußt hat. Sie hat nicht mehr gewußt, wie sie ihr Leben meistern soll! Damals habe ich eine Dringliche Anfrage der Grünen betreffend Probleme des Sozialstaates vermißt. Ich habe auch einen Mißtrauensantrag gegen die Sozialministerin vermißt, weil sie solche Personengruppen im Stich läßt. Ich habe auch vermißt, daß sich die Caritas mit irgendeinem Wort zu solch einem bedauerlichen Vorfall geäußert hätte. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Kein Hilfsverein hat sich damals zu Wort gemeldet. Kein Liberales Forum, keine Grünpartei hat damals irgendein Wort gesagt. All diese "Gutmenschen" wissen zwar immer genau, wo es langgeht, aber nur dort, wo es um ihre ideologischen Themen geht, die sie zu ihren politischen Themen gemacht haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie benutzen diesen Vorfall dazu, um auf der Sprossenwand Ihrer ideologischen Wunschskala noch ein bißchen weiter nach oben zu kommen. Und dazu ist Ihnen jedes Mittel recht! Dafür geißeln Sie auch Österreich. Denn was wir während der gesamten vergangenen Woche und auch heute hier wieder erlebt haben, ist ja die Geißelung aller österreichischen Beamten, des österreichischen Parlamentes, der österreichischen Gesetze! Und dabei werden wir Freiheitlichen nicht mitmachen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zu dieser Geißelung gehört ja auch, daß Sie zum Beispiel sagen, die Schubhaft sei eine Foltermaßnahme und deshalb gehöre sie abgeschafft. Das Abschieben selbst sei unmenschlich und dürfe überhaupt nicht mehr durchgeführt werden. Die Schubhaft soll durch ein Gelöbnis ersetzt werden. Es soll kein Mensch mehr zwangsweise angehalten werden, damit die Abschiebung gewährleistet ist. Statt der Fremdenpolizei, die ständig unter Beschuß genommen wird, soll es nur noch Sozialarbeiter geben. Und ein Vertreter eines internationalen Hilfswerkes hat gar gesagt, daß man jedem, der illegal in Österreich ist und einen Abschiebebescheid hat, noch Geld geben solle, um ihn so zu einer Ausreise zu bewegen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, ich möchte Sie wirklich fragen: Denken Sie auch einmal daran, was die Österreicher von einer solchen Politik halten? Es wäre an der Zeit, einmal darüber nachzudenken! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Und ich würde all diesen vereinigten Linken, die sich nun so stark machen und Österreich geißeln, einmal raten: Schauen Sie sich doch die Realität an! Schauen Sie sich doch an, welche Verbesserungen es in den vergangenen Jahren gegeben hat! Es gibt nun etwa humanitäre Vereine zur Betreuung der Schubhäftlinge. 10 Millionen Schilling kosten diese Vereine, die eigentlich dazu da sein sollten, um eventuelle Problemfälle zu behandeln. Aber was machen sie wirklich? – Sie belehren darüber, wie man sich am besten der Abschiebung entziehen kann! (Abg. Dr. Graf: Geld kassieren!)

Weiters gibt es Verbesserungen durch die Anwendung des gelinderen Mittels, das Gelöbnis, damit man eben nicht mehr in Schubhaft genommen wird. Es wurde das vorläufige Aufenthaltsrecht eingeführt, demzufolge jeder Asylant einmal drei Jahre lang das Recht hat, sich in Österreich aufzuhalten. Es gibt außerdem eine psychische Betreuung und was weiß ich alles. Aber, Herr Bundesminister, Sie sehen nun, wie Ihnen das alles gedankt wird: Sobald solch ein Vorfall – den auch ich bedauere – passiert, fallen all diejenigen, für die Sie Politik machen, über Sie her und verlangen vehement Ihren Rücktritt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie schielen immer in diese Richtung, Herr Minister, weil Sie wissen, daß dort die Mediengewaltigen sitzen. Sie wollen immer gute Presseberichte haben. Aber ich werde Ihnen einen Rat geben. Der britische Innenminister hat im Zusammenhang mit der Aufnahme von Kosovo-Albanern gesagt: Wir sind nicht dazu da, von den Medien Applaus zu bekommen, wir sind dazu da, eine Politik für Großbritannien zu machen. – Ich gebe Ihnen nun folgenden Rat: Denken Sie nach! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Denken Sie darüber nach, wie Sie eine gute Politik für Österreich machen können!

Noch ein Wort zur SPÖ: Herr Geschäftsführer Rudas hat unsere Ankündigung, daß wir keinen Mißtrauensantrag gegen den Herrn Minister unterstützen werden, damit kommentiert, daß er sich Applaus aus der falschen Ecke verbitte. – Herr Rudas, Sie brauchen keine Angst zu haben, unser Applaus wird nicht sehr frenetisch sein (demonstrativer Beifall des Abg. Dr. Ofner), denn dazu hat der Herr Minister eine viel zu weiche Politik, eine Politik des Augenzwinkerns gemacht, die wir ganz einfach nicht akzeptieren können! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Rudas, der Herr Minister, alle von der SPÖ sollten eigentlich froh darüber sein, daß jemand den Minister, dessen Sessel schon wackelt, unterstützt. Aber ganz im Gegenteil: Er verbittet sich unsere Unterstützung! (Abg. Scheibner: Wir brauchen ihn eh nicht!) Ich finde, Sie sollten über die Politik, die Sie da machen, einmal nachdenken! (Abg. Haigermoser: Die Argumente des Rudas sind so stachelig wie sein Bart!)

Herr Minister, meinen Applaus wird es, wie gesagt, entweder gar nicht oder jedenfalls sehr schwach geben, denn wenn Sie nun erklären, daß Sie sich erst jetzt mit der Praxis des Abschiebens befassen, muß ich Sie schon fragen: Worin haben Sie denn bisher Ihre Pflichten gesehen? Es wurde nämlich an Sie herangetragen, daß die damit befaßten Beamten unter immensem Druck stehen. Sie wissen auch von unserer jahrelangen Forderung nach einem eigenen Flugzeug für Abschiebungen. Aber Sie haben nichts getan!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Meine Redezeit geht leider zu Ende, aber folgendes, Herr Minister, möchte ich noch betonen: Damit, daß Sie einen Abschiebestopp für randalierende Ausländer verfügt haben, haben Sie Ihre Kompetenzen überschritten, denn Sie haben die Gesetze zu vollziehen und können diese nicht eigenmächtig durch eine Verordnung oder durch einen Erlaß ändern. Ich bitte Sie, in Zukunft den Vollzug der Gesetze zu beachten. Wir werden Sie dabei ganz genau kontrollieren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.55

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Die Redezeit beträgt wie bei allen in dieser Debatte 10 Minuten. – Bitte.

18.55

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es ist mir durchaus angenehm, daß der Herr Bundeskanzler nun anwesend ist, denn er bringt damit zumindest in den Augen der liberalen Fraktion ganz klar zum Ausdruck, daß er, was die politische Verantwortung anlangt, dieselbe Auffassung hat wie der Innenminister.

Es ist in dieser Debatte meiner Meinung nach eindeutig klargestellt worden, daß es fundamentale Unterschiede in der Auffassung von politischer Verantwortung gibt. Es ist immer wieder versucht worden, schuldhaftes Verhalten mit der Frage der abstrakten politischen Verantwortung zu vermischen. Der Herr Bundeskanzler hat uns gesagt, Bundesminister Schlögl habe ihm seinen Rücktritt angeboten – ich bezweifle nicht, daß es so war –, aber der Bundeskanzler habe ihn abgelehnt – ich bezweifle nicht, daß es so war! Beide Herren, sowohl der Herr Bundesminister als auch der Herr Bundeskanzler, sind offenbar der Meinung, daß es keine politische Verantwortung in diesem Punkt wahrzunehmen gibt. Das muß man einfach einmal deutlich aussprechen, dann ist es gesagt, und es soll im Raum stehen! Wer sehen will, kann sehen, und wer hören will, kann hören! Wir wissen das jetzt. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Dazu, daß es eine breite Schützenhilfe des Boulevards, im speziellen der "Kronen Zeitung", gegeben hat, oder daß diese zumindest sehr hilfreich war mit den beschworenen 90 Prozent für Schlögl und mit den gleichzeitigen Beschwörungen, daß man sich um die Sache selbst kümmern müsse – auch meine Vorrednerin hat das gerade gesagt –, sage ich Ihnen in aller Deutlichkeit: Wenn es um die Sache selbst geht, dann dürfen Prozentzahlen keine Rolle spielen! Wenn es um die Menschenrechte geht, dürfen Prozentzahlen keine Rolle spielen! Das ist nämlich ein Persönlichkeitsrecht, es ist ein Minderheitsrecht. Wenn die Mehrheiten zu bestimmen hätten, was mit dem einen oder anderen Menschen, der in dieser Gesellschaft gestrauchelt ist, zu geschehen hat, dann wären wir, noch ehe wir es uns versehen, bei der Lynchjustiz. Und das wollen wir hoffentlich alle nicht! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Daher macht es mir Angst, wenn in diesen Fragen die Mehrheiten so beschwört werden, wie das heute in dieser Debatte von diesem Pult aus mehrfach geschehen ist. Denn dann heißt es irgendwann auch: Die Behinderten – sie sind eine Minderheit! Die Gehörlosen – sie sind eine Minderheit! Die Legastheniker – sie sind eine Minderheit! Die Linkshänder sollen gefälligst mit der rechten Hand schreiben, und so weiter! Das ist meiner Ansicht nach ein völlig falscher Zugang zum Menschen! Ein Mensch muß so leben dürfen, wie er es gerne möchte. Und für den Fall, daß er das Gesetz verletzt, haben wir Regeln. Aber auch jene, die das Gesetz durchsetzen, müssen sich an diese Regeln halten, genauso wie diejenigen, denen wir es vorwerfen, wenn sie es verletzt haben.

Angesichts des Umstandes, daß wir Polizeibeamte haben, denen nicht klar ist, daß das stundenlange – stundenlange! – Verpicken des Mundes schädliche Folgen für die Gesundheit haben kann, die noch meinen, vorübergehend könne man schon Leukoplast draufpicken, und der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit vor der Fernsehkamera sagt, daß es ganz besonders erfahrene Beamte gewesen seien, die da hinuntergeschickt wurden, frage ich mich: Wer hat denn diese Personen ausgewählt? Wer hat sie denn nicht ausgebildet? Wer ist denn schuld daran, daß sie letztlich ein technisches Fehlverhalten an den Tag gelegt haben, daß sie sich jetzt als Beschuldigte in einem Strafverfahren wiederfinden? Haben sie sich das verdient? – Ich sage einmal: leider ja!

Aber, Herr Bundeskanzler und Herr Bundesminister, ein Strafverfahren, das im Stadium der Voruntersuchung steht, ist kein abgeschlossenes Strafverfahren, es kann jederzeit passieren – und wenn die Justiz unabhängig arbeiten kann, wird das wahrscheinlich auch passieren –, daß der Kreis der Beschuldigten erweitert werden muß. Auch im Falle von Lassing war zunächst ungewiß, wer zu den Beschuldigten zählt, aber auch die Dienstvorgesetzten, die ihre Dienstaufsicht verletzt haben, können sehr rasch in den Kreis der Beschuldigten geraten.

Deswegen ist es keineswegs gleichgültig, wie in dieser Angelegenheit argumentiert wird und wie die Rechtfertigungen ausschauen. Ich sage Ihnen folgendes: Es ist ein Privileg der österreichischen Strafrechtsordnung, daß die Beschuldigten in ihrer Rechtfertigung frei sind. Das ist richtig, das wurde auch von dieser Seite des Hauses, was die drei Polizisten betrifft, schon moniert. Sie sind frei, sie haben einen Bericht abgeliefert, der Bundesminister hat ihn auf den OTS-Schirm gestellt. Als sie aber nach Wien gekommen sind, haben sie festgestellt, daß sich dieser Bericht aufgrund verschiedener Zeugenaussagen nicht mehr ganz halten läßt, und daher ganz plötzlich entdeckt, daß er zu ergänzen sei. Zuerst war es das Geschrei des ums Leben gebrachten Menschen, jetzt ist es auf einmal die Beißerei des ums Leben gebrachten Menschen gewesen! Beides kann nicht gleichzeitig richtig sein!

Unter welchem Schock muß ein Beamter stehen, daß er, wenn er einen Bericht an seinen Minister schreibt, hineinzuschreiben vergißt, daß er gebissen worden ist? Unter welchem Schock muß er stehen? Der österreichische Botschafter in Bulgarien, der sie als erster in Empfang genommen hat, will nichts von Bißwunden bemerkt haben. Sie können das in den Medien nachlesen!

Botschafter Potyka ist frei vom Verdacht, ein Komplize von irgend jemandem zu sein: weder von den Liberalen, von den Grünen, von der Caritas noch von der Diakonie. Wenn er das aber nicht bemerkt hat, dann haben diese drei Beamten unter den Bißwunden, die sie ihrer nunmehrigen Behauptung nach haben, offensichtlich nicht besonders stark gelitten, sonst wäre Herrn Botschafter Potyka das wohl aufgefallen. Wenn ich Menschen in Empfang nehme, die verletzt sind, ... (Abg. Dr. Krüger: Vorverurteilung!) – Das ist keine Vorverurteilung! (Abg. Dr. Krüger: Natürlich!) Beide Varianten können nicht gleichzeitig wahr sein. Nehmen Sie bitte zur Kenntnis: Einer der beiden Berichte ist falsch! Und es genügt mir, mit Polizisten konfrontiert zu sein, von denen man weiß, daß zumindest einer ihrer Berichte falsch ist – vielleicht auch beide, das wäre auch noch möglich. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Natürlich gilt die Unschuldsvermutung; seien Sie doch nicht so wehleidig! Solange es kein rechtskräftiges Urteil gibt, gilt diese Unschuldsvermutung selbstverständlich. Aber Beschuldigte sind solche Leute allemal, so heißen sie nämlich nach der Strafprozeßordnung. Tut mir leid; das ist so.

Zur Verdunkelungsgefahr: Merken Sie nicht, Herr Bundesminister, daß die Verdunkelungsgefahr, die Verabredungsgefahr so überevident ist, wenn sich eine Behörde selbst untersucht! Es ist schon wahr, daß die Justiz unabhängig ist, aber die Erhebungsorgane, derer sich die Justiz bedient, sind wieder dieselben Leute, die zu untersuchen sind. Wir haben lange darüber debattiert, auch mit Ihren Herren vom Innenministerium und mit denen aus dem Justizministerium, wie man das Dilemma des strafgerichtlichen Vorverfahrens lösen könnte. – Also mit diesen Methoden werden Sie das nicht lösen, indem Sie den Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit mit einer Sonderkommission ausstatten, obwohl das alles, und zwar ganz eindeutig, in seiner zentralen Verantwortung abgelaufen ist. Der Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit untersucht also jetzt mit dieser Sonderkommission seine eigene Verantwortung oder die Verantwortung des Polizeipräsidenten von Wien oder der Fremdenpolizei? Die vorgesetzte Linie soll er untersuchen? Und das soll unabhängig sein!? – Es tut mir wirklich leid, aber dem kann ich nicht ganz folgen!

Genau das ist nämlich die politische Verantwortung, die Sie, Herr Minister, allerdings nicht wahrnehmen, indem Sie nämlich nicht für eine wirklich unabhängige Untersuchung auch in Ihrem eigenen Apparat sorgen. Warum holen Sie nicht Leute von weit weg, vielleicht von irgendeiner weit entfernten Polizeidirektion, unterstellen diese direkt dem Minister und lassen sie in Form einer echten Sonderkommission arbeiten? Warum holen Sie bitte diese Leute aus Ihrer unmittelbaren Umgebung?

Folgendes ist mir auch noch wichtig zu sagen, weil Fragebeantwortungen des Herrn Bundesministers Löschnak vom Kollegen Leikam zitiert wurden. Dabei hat Leikam nämlich die Frage 6 vergessen – Herr Bundesminister außer Dienst Löschnak ist jetzt leider nicht mehr im Saal –, die damals an Bundesminister Löschnak gerichtet wurde. Diese hat gelautet: "Können Sie ausschließen, daß bei der Verwendung von Klebebändern Schubhäftlinge verletzt werden?" – Verletzt bitte; von gestorben hat man damals noch nicht gesprochen. Und die Antwort von Löschnak war: "Ja, ich kann das ausschließen."

Warum mußte die Antwort damals so lauten? – Weil Klebebänder evidentermaßen verwendet wurden. Löschnak konnte also, da damals noch nichts passiert war, mit apodiktischer Sicherheit sagen, daß er daher eine Verletzung dadurch ausschließen könne, und er glaubte damals, daß damit gleichzeitig für die Zukunft ausgeschlossen werden könne, daß dadurch jemals etwas passieren würde.

Wie sollen sich bitte jetzt Beamte verhalten, wenn der oberste Chef ihres Hauses – das ist eben der jeweilige Minister – in einer öffentlichen Anfragebeantwortung sagt: Das Verwenden von Klebebändern ist gesundheitsmäßig unbedenklich. Glauben Sie, diese Beamten wenden das dann nicht an, wenn sie eine solche Botschaft erhalten haben? – Natürlich wird das dann angewendet. Nachher aber zu sagen, deswegen, weil das im Waffengebrauchsgesetz nicht extra steht, kommt das nicht vor, ist mehr als naiv.

Damit wir aber einen Zukunftsfile bekommen, hat die liberale Fraktion einen Entschließungsantrag vorbereitet, den ich Ihnen hiemit zur Kenntnis bringen darf. Es geht in diesem um die Frage der aufschiebenden Wirkung bei Beschwerden an die Höchstgerichte. Der ums Leben gebrachte Omofuma ist nämlich abgeschoben worden, bevor er seine rechtlichen Möglichkeiten ausschöpfen konnte. Das sollte in Zukunft nicht mehr passieren, und daher stellen wir folgenden Antrag:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kier, Dr. Schmidt und Partner betreffend Abschiebestopp von Asylwerberinnen und Asylwerbern bis zum Abschluß aller anhängigen Verfahren

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, daß keine Abschiebungen von Asylwerberinnen und Asylwerbern durchgeführt werden, bevor nicht alle Verfahren, die infolge von gegen Asylbescheide ergriffenen Rechtsmitteln eingeleitet werden, abgeschlossen sind."

*****

(Beifall beim Liberalen Forum.)

Zum besseren Verständnis ganz zum Schluß: Es geht in dieser Debatte um die Praxis! Es geht zwar in dieser Debatte auch um das Fremden- und Asylrecht, aber – nochmals – vor allem um die Praxis. Sie loben Ihre Gesetze und loben damit das, was geschehen ist. Ich sage Ihnen: Wenn Sie schon Ihre Gesetze loben, so geben Sie wenigstens freimütig zu, daß es bei deren Anwendung an allen Ecken und Enden im Gebälk kracht, und zwar so sehr kracht, daß dabei Menschen ums Leben gebracht werden.

Dieser Fall ist natürlich jetzt ein Einzelfall, und Sie können sagen, daß sich ein Fall wie dieser nicht wiederholen darf. Aber woher haben Sie denn die Garantie dafür, daß sich so etwas nicht wiederholt, wenn Sie nicht fundamental in die Abläufe eingreifen? Und das heißt nicht "Grenzen auf!", sondern das heißt: Auch dann, wenn man jemanden abschieben muß – es wird immer wieder vorkommen, daß das so sein muß –, hat der Abzuschiebende Anspruch auf menschenwürdige Behandlung, dann muß man sich die dafür notwendige Zeit nehmen – egal, ob das jetzt eine ärztliche Untersuchung ist oder ein Verfahren, das ablaufen muß, oder auch ein Transportgerät, das dafür geeignet ist.

Aber in Linienflugzeugen abzuschieben – und dabei 40 holländische Kinder zu deprimieren, die mitansehen müssen, was da passiert –, und dann noch dazu zu sagen: Das ist halt so!, weil offenbar drei Hin- und Retour-Tickets und ein Oneway-Ticket billiger sind als ein anderer Transportweg, wenn es Ihnen darauf angekommen sein sollte, dann kann ich nur sagen: Schämen Sie sich! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

19.05

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag betreffend Abschiebestopp von Asylwerberinnen und Asylwerbern bis zum Abschluß aller anhängigen Verfahren, den Herr Abgeordneter Dr. Kier vorgetragen hat, steht mit in Verhandlung, und es wird am Ende dieser Debatte darüber abgestimmt werden.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Öllinger. Die restliche Redezeit der grünen Fraktion beträgt 5 Minuten. – Bitte.

19.06

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Herr Bundesminister! Wenn Herr Abgeordneter Leikam gemeinsam mit Frau Abgeordneter Partik-Pablé den Schulterschluß übt gegen Kritiker, wenn er an den Korpsgeist appelliert – "einer für alle, alle für einen" –, wenn beide sozusagen eine Wagenburg bilden gegen Kritiker aus den Kirchen, aus den Parteien, nicht nur seitens der Grünen und der Liberalen, wenn also hier eine Wagenburg gebildet wird, in deren Mitte sich jene verstecken, die tatsächlich die Verantwortung haben, und alle anderen, die tatsächlich keine Verantwortung haben, rundherum die Verteidigung bilden müssen, dann zeigt das nicht nur an, auf welchem Niveau Kärntner Sozialdemokraten angelangt sind, sondern dann ist wirklich Feuer auf dem Dach, denn eine solche Wagenburg-Mentalität hat bei dieser Frage bei Gott nichts zu suchen! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Herr Innenminister! Ich kann es nicht verhehlen: Ihre Rede war für mich eine Enttäuschung (Abg. Koppler: Das hast du am Vormittag schon gewußt!), eine Enttäuschung deshalb, weil Sie im Vorfeld dieser Erörterungen heute gesagt haben, daß Sie sich nicht aus der politischen Verantwortung stehlen wollen. Was aber haben Sie gemacht? – Sie haben sich heute hinter Paragraphen, hinter Verordnungen und auch hinter der Exekutive insgesamt verschanzt. Das war alles, was von Ihrer Seite zu hören war.

Und dann ist noch ein dünnes Angebot in Richtung Einsetzung eines Menschenrechtsbeirates gekommen, der das irgendwie unabhängig erörtern soll. Herr Bundesminister! Gekoppelt mit dem, was Sie hinter diesem Angebot transportieren wollen, nämlich eine Novellierung des Sicherheitspolizeigesetzes einzuleiten, ist dieses Angebot als Trojanisches Pferd zu bezeichnen. Dabei geht es doch um eine weitere Aushöhlung von Menschen- und Grundrechten. Dem kann man bitte nur entschiedenen Widerstand entgegensetzen, Herr Bundesminister! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum. – Zwischenruf bei der SPÖ.)

Deshalb bringen wir auch folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Öllinger, Freundinnen und Freunde betreffend Aussetzung der Novellierung des Sicherheitspolizeigesetzes

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird ersucht, bis zur Umsetzung der Reform- und Kontrollmaßnahmen wie die Einrichtung einer unabhängigen Kommission zur Untersuchung von Menschenrechtsverletzungen, die Schaffung eines eigenen Disziplinarrechts für die Exekutive, die Ausbildung der SicherheitsbeamtInnen im Hinblick auf Rassismus und Fremdenfeindlichkeit sowie Supervision für besonders exponierte BeamtInnen, die Regierungsvorlagen zur Novellierung des Sicherheitspolizeigesetzes, mit denen die Befugnisse der Sicherheitsorgane erweitert werden sollen, zurückzuziehen."

*****

Herr Bundesminister! Die weiteren Vorschläge, die von Ihrer Seite und auch über die Medien gekommen sind, sind nicht nur enttäuschend, sondern wahrhaft grotesk. Wenn Sie einen Vorschlag der Freiheitlichen als durchaus diskussionswürdig empfinden, wonach das Abschieben im europäischen Charterverbund propagiert wird (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie sind ein Demokrat!), was also sozusagen dasjenige ist, was von der europäischen Idee her Sozialdemokraten und Freiheitlichen verbindet, nämlich ein Abschieben im Charterverbund, so ist das mehr als bösartig und darf wirklich keinen Stellenwert in dieser Debatte haben! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was würden Sie machen? – Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Wenn Sie weiter den Fahrradhelm, den integrierten Helm als Antwort auf das, was passiert ist, fordern, dann ist das nicht nur grotesk – so wie das ein Nachrichtenmagazin geschrieben hat, nicht ahnend, daß das tatsächlich ein Vorschlag werden wird, sondern in Beschreibung einer Praxis der niederösterreichischen Sicherheitsbehörden gemeint hat, es sei menschenverachtend und grotesk, wenn Personen mit diesem Sicherheitshelm abgeschoben werden. Vom Sicherheitshelm, vom integrierten Helm, ob mit oder ohne Visier, ist es nur ein kleiner Schritt bis zur mittelalterlichen Methode des An-den-Pranger-Stellens. Da können Sie den Personen, die abgeschoben werden sollen, gleich auch noch Eselsohren aufkleben. Das ist wirklich bösartig! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Herr Bundesminister! Ich hoffe, daß dies nur Vorschläge aus Ihrem Ressort sind, gegen die Sie sich mit Entschiedenheit wehren werden. (Beifall bei den Grünen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um den Schlußsatz, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Herr Bundesminister! Wenn Sie meinen, Sie hätten es zu verantworten und es sei Teil Ihrer politischen Verantwortung, daß Sie im Amt bleiben, und wenn Ihre Fraktionen das unterstützen, dann können wir dem nur entgegenhalten, daß Sie genau mit dieser Absicht und Intention auch zu verantworten ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich fordere Sie nicht auf, zum Schlußsatz zu kommen, damit Sie einfach weiterreden, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Ich bin im Schlußsatz. Das war ein Schlußsatz.

Dann haben Sie es auch zu verantworten, Herr Bundesminister, wenn sich nicht nur Teile dieses Hauses in den Grund- und Menschenrechten nicht mehr vertreten fühlen. (Beifall bei den Grünen.)

19.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. Die restliche Redezeit Ihrer Fraktion beträgt 6 Minuten. (Abg. Dr. Krüger: So wie ein Überziehungsrahmen bei der Bank!)

19.12

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Hohes Haus! Herr Präsident! Ich bin nicht nur betroffen darüber, daß es zu diesem Todesfall gekommen ist, ich bin auch betroffen darüber, daß es eine rassistische und ausländerfeindliche Stimmung außerhalb dieses Hauses gegeben hat, die wir bei unzähligen Veranstaltungen zur Kenntnis nehmen mußten.

Ich bin aber auch betroffen über die politische Strategie, die die heutigen Antragsteller oder Einbringer der Dringlichen Anfrage gewählt haben. Denn sie mußten wissen, daß ihre Strategie kurze Zeit, nachdem das bekannt wurde, zu dieser Polarisierung in der österreichischen Bevölkerung und auch hier im Hause führen würde. (Abg. Ing. Langthaler: Augen zu, Mund zu, Ohren zu!)

Da frage ich mich: Was ist denn der eigentliche Hintergrund, wenn diese Strategie gewählt wird? Dies muß mehrere Hintergründe haben, und ich glaube, es lohnt sich, wenn wir sie heute hier aufarbeiten. Und damit, glaube ich, werden Sie auch moralisch abdanken, und das tut mir leid, weil ich Sie immer als Diskussionspartner mit hohem moralischem Anspruch geschätzt habe. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Mir tut es nicht leid, wenn Sie abdanken!) Und zwar tut es mir deswegen leid, weil es einfach unmoralisch ist, wenn man einen Todesfall für seine Politik instrumentalisiert, und das sollten Sie zur Kenntnis nehmen! (Beifall bei der SPÖ. – Weitere Zwischenrufe der Abg. Ing. Langthaler.)

Da interessieren Sie kein Erkenntnisstand, keine ausreichenden Informationen, kein schriftlicher Obduktionsbericht. Sie haben nur Ihr politisches Ziel vor Augen. Was hätte denn der Innenminister machen sollen? Was soll er denn jetzt machen? – Vielleicht in ein laufendes Verfahren eingreifen? Was soll er denn machen? Ich glaube, daß vom ersten Moment an dieser Innenminister richtig und seiner Verantwortung gemäß reagiert hat. Und das sollten Sie auch als Opposition zur Kenntnis nehmen! (Beifall bei der SPÖ.)

Sie werden mit Vorverurteilungen, mit Pauschalverurteilungen nicht glaubwürdiger. Sie müssen auch all jene Stimmungen mit verantworten, die Sie jetzt mit Ihrer Polarisierungsstrategie außerhalb dieses Hauses in Gang gesetzt haben. Das sollten Sie auch zur Kenntnis nehmen. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe der Abg. Dr. Schmidt.)

Im wesentlichen gibt es zwei Positionen. Die eine Seite, die wirksame ... (Anhaltende Zwischenrufe bei den Grünen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Am Wort ist Abgeordneter Dr. Cap!

Abgeordneter Dr. Josef Cap (fortsetzend): Im wesentlichen gibt es zwei Positionen: Die eine Seite will wirksame Regelungen auf Kosten der Menschenrechte. – Das sind die da, das sind die Freiheitlichen, denen die Menschenrechte kein Anliegen sind und die schon damals mit dem Ausländer-Volksbegehren diese Polarisierungsstrategie von ihrer Seite her begonnen haben. (Abg. Scheibner: Das war bis jetzt die mieseste Pflichtübung! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Und dann gibt es die zweite Seite, die aufgrund einer Überinterpretation ihres Menschenrechtsverständnisses sagt: Auf Kosten wirksamer Maßnahmen nehmen wir auch unkontrollierte und illegale Einwanderung zur Kenntnis. – Und das ist auch unmenschlich für jene, die illegal in unser Land kommen, auf dem Arbeitsmarkt keinen Job finden, und wenn, dann nur Schwarzarbeit, und die unter miesen Umständen hier wohnen. Auch das ist unmenschlich, und das würden Sie begünstigen mit Ihrer Politik! Auch das müssen Sie letztlich politisch und moralisch verantworten, nicht nur hier im Haus, sondern auch außerhalb dieses Hauses. (Beifall bei der SPÖ.)

Sie spielen ein ganz übles Spiel. Sie wissen, daß die Vollziehung dieser Gesetze, die Sie im wesentlichen jetzt vielleicht aufgrund dieser Ereignisse, wie viele andere Einrichtungen auch, ändern wollen, immer eine Gratwanderung ist, eine ganz schwierige Gratwanderung zwischen Wirksamkeit auf der einen Seite und Wahrung der Menschenrechte auf der anderen Seite. Mit Ihrer Polarisierungsstrategie treiben Sie einen großen Teil der Exekutive auf die falsche Seite, nämlich da hin, und ich frage mich, was das für einen Sinn hat. Es war verräterisch (Abg. Mag. Kammerlander: Wo sitzt denn der Leikam?), daß Frau Abgeordnete Heide Schmidt heute gesagt hat: Herr Innenminister, Sie müssen zurücktreten, weil Sie von dieser Stimmung außerhalb des Hauses profitieren!, wohl wissend, daß Sie an dieser Polarisierungsstrategie mitgewirkt haben, daran, daß es letztendlich zu dieser Stimmung gekommen ist. Das finde ich nicht in Ordnung, und das ist nicht anständig! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Schmidt: Jemand, der vom Verurteilen und von Inhumanität profitiert!)

Daher ist diese Forderung nach dem Rücktritt des Innenministers ein parteipolitisches Spiel, aber bar jeder sachlichen, politischen und moralischen Begründung.

Dann möchte ich noch auf etwas hinweisen: Wer "Zur Sache" am Sonntag gesehen hat ... (Zwischenrufe bei den Grünen.) Diese Sendung hätten Sie anschauen sollen. Herr Dr. Sika hat am Schluß gesagt: Wir sollten noch sorgfältiger mit Menschen umgehen! (Abg. Wabl: "Noch sorgfältiger"? Was soll das bedeuten?) Das ist eine ganz wichtige Schlußfolgerung ohne jede Emotion, ohne jedes Ausnutzen von Gefühlen. Das ist für mich ein ganz wichtiger Satz, ausgesprochen von jenem Dr. Sika, von dem Sie wollen, daß er ebenfalls zurücktritt, und zwar aus Ihren Überlegungen heraus. Dieser wichtige Satz – von diesem Mann gesprochen – verdient es auch hier in diesem Rahmen gewürdigt zu werden.

Jetzt möchte ich gerne Ihren Beitrag im Kampf gegen Rassismus und Ausländerfeindlichkeit sehen und hören und nicht nur dieses politische Spiel, das Sie hier im Hohen Haus in dieser Art und Weise eingebracht haben. (Beifall bei der SPÖ.) Reagieren Sie nicht so! Auch Sie müssen Kritik zur Kenntnis nehmen. Auch Sie sollten nicht so dünnhäutig sein. Sie teilen ja ebenfalls ordentlich aus, wenn Sie hier am Rednerpult stehen. Nehmen Sie diese Kritik zur Kenntnis: Ihre heutige Dringliche ist im wesentlichen unmoralisch gewesen! (Beifall bei der SPÖ.)

19.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag betreffend Aussetzung der Novellierung des Sicherheitspolizeigesetzes, den Herr Abgeordneter Öllinger eingebracht hat, ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Amon. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte sehr. (Abg. Dr. Graf: Jetzt kommt das moralische Gewissen der ÖVP auf Bundesliste!)

19.19

Abgeordneter Werner Amon (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Innenminister! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister, Sie haben, wenn man den veröffentlichten Umfragen Glauben schenken darf, die Mehrheit der österreichischen Bevölkerung hinter sich. Wenn man den Umfragen glauben darf, ist die Mehrheit (Ruf bei der SPÖ: Große!) der österreichischen Bevölkerung gegen Ihren Rücktritt.

Ich gehe aber davon aus, daß hier eine grobe Verwechslung vorliegt. Die Unterstützung liegt wohl eher daran, daß Sie als Innenminister eine exponierte und restriktive Zuwanderungspolitik betreiben, für die die Bundesregierung steht. Man kann für eine restriktive Zuwanderungspolitik sein, wie das bei der Bundesregierung der Fall ist. Man kann für eine offene Zuwanderungspolitik sein, wie es bei den Liberalen und den Grünen der Fall ist. Man kann auch für gar keine Zuwanderungspolitik sein, so wie die Freiheitlichen. (Beifall bei Abgeordneten der Grünen und des Liberalen Forums.) Aber wie immer diese Politik aussieht, haben Zuwanderer und haben Leute, die in diesem Land – ob zu Recht oder zu Unrecht – Asyl suchen, ordentlich behandelt zu werden! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP, bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Möglicherweise haben die Jungen in unserer Fraktion, aber auch die Ururenkel des Dr. Cap auf seiten der SPÖ dazu einen anderen Zugang. (Zwischenrufe bei der SPÖ.) Herr Bundesminister! Ich frage Sie, ob Sie sich mit Ihren Beamten, mit Ihren Polizeibeamten in den letzten Tagen unterhalten haben. (Anhaltende Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Ich habe mit sehr vielen Polizeibeamten gesprochen, und die sagen mir, daß das Knebeln nicht in zwei Ausnahmefällen erfolgt ist, sondern daß das in der Vergangenheit durchaus gängige Praxis war. – Aber alle haben nichts davon gewußt. Alle haben nichts gewußt – ein Satz, der durchaus auch in historischer Hinsicht belastet ist. (Abg. Jung: Oje, das wird nichts auf der Bundesliste!)

Ich glaube, daß Polizisten in einer sehr, sehr schwierigen Situation sind, wenn sie Menschen abschieben müssen, daß sie sich in einer unglaublichen Streßsituation befinden, insbesondere dann, wenn sich jemand, der abzuschieben ist, durch Beißen, durch Spucken oder auch durch Schreien wehrt. Aber, Herr Bundesminister, Sie müssen doch wissen, daß sich die Beamten in einer solchen Streßsituation befinden! Sie müssen daher ordentliche Richtlinien erlassen. Und Sie wissen auch, daß diese Problematik nicht erst seit dem vergangenen Wochenende besteht. (Abg. Dipl.-Ing. Hofmann: Die Frau Gehrer muß auch wissen, daß es homosexuelle Hauptschullehrer gibt!)

Ja, aber es gibt einen Unterschied. Darf ich Ihnen gerade auf diesen Zwischenruf, Herr Abgeordneter Hofmann, folgendes sagen: Es gehört zweifelsohne zur Aufgabe der Polizei, entsprechend unserer Rechtslage Ausländer auch abzuschieben, nachdem sie ein ordentliches Verfahren bekommen haben. Aber es gehört zweifelsohne nicht zur Aufgabe von Lehrern, Kinder sexuell zu mißbrauchen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Soll die Gehrer zurücktreten? – Abg. Scheibner: Das war dasselbe Fehlverhalten eines Beamten!)

Herr Bundesminister! Ich nehme Ihnen Ihre persönliche Betroffenheit durchaus ab – die im übrigen ja auch eine Selbstverständlichkeit ist in einer solchen Situation. Ich teile natürlich die Auffassung, daß Sie keine persönliche Schuld tragen; Sie waren ja auch nicht dabei. Aber es geht nicht um die persönliche Schuldfrage, es geht um die Frage der politischen Verantwortung.

Gerade Sie als Innenminister erwarten von den Österreicherinnen und Österreichern, daß sie alle Gesetze kennen. Wenn ein Verkehrssünder auf der Autobahn eine 100-km/h-Beschränkung übersieht und 130 km/h fährt und dem Exekutivbeamten klarzumachen versucht, daß er die Beschränkung leider Gottes übersehen hat, also davon nichts gewußt hat, schützt ihn das nicht vor der Strafe.

Ich persönlich bedauere, daß die Liberalen und die Grünen diesen Antrag nicht heute zur Abstimmung bringen. Ich möchte hier auch dokumentiert wissen, daß ich diesem Antrag beigetreten wäre, denn, Herr Bundesminister, wenn jemand sagt, daß er von nichts gewußt hat, dann ist Vorsicht und dann ist Mißtrauen geboten. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP, bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

19.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. – Bitte.

19.24

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Meine sehr geehrten Damen und Herren! (Unruhe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Der Inhalt der Reden des Kollegen Cap ist offensichtlich sehr vom Ort abhängig, an dem er sich gerade befindet. Während er hier ein sehr feinfühliger Vertreter der Asylanten und der illegalen Einwanderer ist, läßt er in Hernals seine Leute wissen, Schwerpunkt seiner politischen Arbeit sei die Verhinderung eines weiteren Ausländerzustroms nach Hernals. Gerade Hernals ist ja bezüglich der Ausländerproblematik einer der am meisten betroffenen Bezirke Wiens. Dies soll und muß sich ändern. – Ihr Dr. Josef Cap.

Also, Herr Kollege Cap, das ist beliebig, was Sie da machen. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das hat nichts mit Überzeugung zu tun. (Demonstrativer Beifall des Abg. Smolle.) Das ist peinlich, Herr Kollege!

Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grünen! In der Nacht von gestern auf heute hat es im Burgenland 49 illegale Grenzübertritte gegeben. Diese Illegalen wurden von der Grenzpolizei aufgegriffen, 30 in Kittsee, 19 in Kalch. Dazwischen liegen 200 Kilometer Grenze. Ich weiß nicht, wie viele illegale Übertritte nicht bemerkt wurden und somit stattgefunden haben.

Verehrte Kollegin Stoisits! Was machen wir mit all diesen Illegalen, die nach Österreich kommen? Was soll mit diesen illegalen Einwanderern geschehen? Entsprechende Vorschläge habe ich bis heute von diesem Pult aus nicht gehört. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zweitens: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich einen Fall schildern, der keine so großen Wellen in der Öffentlichkeit geschlagen hat, der aber sicherlich dem Innenminister bekannt ist. Es geht um den Aufgriff eines Illegalen in Mogersdorf, also wieder im Burgenland. Dieser Illegale ist während der Feststellung seiner Identität am Zollamt Heiligenkreuz mit dem Kopf gegen die Wand gelaufen und hat dann behauptet, er sei von den Beamten mißhandelt worden.

Im Krankenhaus – Herr Minister, Sie kennen den Fall – wurde festgestellt, daß diese Mißhandlung nicht stattgefunden hat. Trotzdem hat es ein sehr, sehr langwieriges internes Verfahren gegen die Beamten gegeben, die sich wochenlang, monatelang nicht wohl fühlten in ihrer Haut, obwohl sie absolut nichts getan haben.

Nun zu diesem Illegalen: Als er wieder gesund war, wollte man ihn abschieben. Auf einmal war seine Identität nicht mehr feststellbar! Und Sie wissen, daß die Ungarn jemanden, dessen Identität nicht feststellbar ist, nicht zurücknehmen. Also: Er bleibt in Österreich, kommt in Schubhaft.

Und was passiert, Herr Bundesminister? – In der Schubhaft tritt dieser Illegale in den Hungerstreik und muß neun Tage nach Beginn des Hungerstreiks auf freien Fuß gesetzt werden. – Das ist österreichisches Recht!

Meine Damen und Herren von den Grünen! Wenn Sie das wollen, dann sagen Sie das der Öffentlichkeit! Wir wollen das nicht, das muß ich einmal klar und deutlich festhalten. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Wabl.)

Es stellt sich nun die Frage, Herr Kollege Wabl: Wo ist dieser Mann heute? Diese Frage stellt sich! Womit bestreitet dieser Mann heute seinen Lebensunterhalt, Herr Kollege Wabl? Mit Schwarzarbeit? – Mag sein. Oder muß er überhaupt straffällig werden, um überleben zu können? Ist das das Schicksal, das Sie diesem Illegalen hier in Österreich zumuten, das Sie all jenen, die über die Grenze kommen, zumuten? Wollen Sie, daß diese Menschen sich unter solchen Umständen in Österreich aufhalten müssen? – Das kann es doch nicht sein, was die humanen Grünen wirklich wollen!

Dieses Beispiel zeigt einmal mehr, daß unser Asyl- und Fremdengesetz noch einige Lücken aufweist und daß diese Lücken geschlossen werden müssen. Ja, ich sage: geschlossen werden müssen! Als Beispiel ist in diesem Zusammenhang die 6-Monate-Frist zu erwähnen.

Auch wenn wir heute über den tragischen Tod des Marcus Omofuma diskutieren, darf sein Tod nicht zum Anlaß genommen werden, die Asyl- und Fremdengesetzgebung in Österreich aufzuweichen und in Zweifel zu ziehen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Der Polizeidienst wird zunehmend gefährlicher! Nicht die Polizei, wie Sie die Öffentlichkeit glauben machen wollen, sondern der Polizeidienst wird gefährlicher. Die Polizei tut das, was ihr vom Gesetzgeber aufgetragen worden ist. Meine sehr geehrten Damen und Herren von den Grünen! Das sollten Sie sich einmal hinter die Ohren schreiben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Immer öfter werden Beamte mit Abzuschiebenden konfrontiert, die nach dem Motto handeln: Leiste Widerstand, dann steigen die Chancen, daß du bleiben kannst! – Das ist die Realität! Reden Sie doch einmal mit den Beamten, die tatsächlich damit befaßt sind!

Folgendes sollten wir in dieser Diskussion auch nicht vergessen: Die Beamten an der Basis sind vollziehende Organe. Dahinter stehen Menschen wie Sie, Frau Kollegin Petrovic, wie Sie, Herr Kollege Öllinger, wie Sie, Frau Kollegin Gredler, stehen Menschen, stehen unbescholtene österreichische Staatsbürger; Familienväter, Großväter, genausowenig oder genauso aggressiv wie Ärzte, wie Straßenbahner oder zum Beispiel liberale Politiker. Das möchte ich Ihnen auch einmal gesagt haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Deshalb, meine Damen und Herren, ist es für mich völlig unverständlich, wenn die organisierte Linke Briefe verschickt, in denen steht:

Wir sind überzeugt davon, daß die Hintergründe, die zu dieser Tötung geführt haben, in der ständigen Verschärfung der Asyl- und Fremdengesetze sowie in einem zutiefst fremdenfeindlichen Umfeld in Teilen der Polizei zu suchen sind. Durch eine stille Billigung brutaler und menschenunwürdiger Vorgangsweisen gegen Ausländer, insbesondere von Schwarzafrikanern, durch höchste Stellen und einen Teil der Öffentlichkeit wurden immer wieder Mißhandlungen von solchen Personengruppen vertuscht und geleugnet. – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Wer so etwas verschickt, hat in Österreich nichts verloren! Das möchte ich einmal klar und deutlich sagen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Wabl: Sollen wir auch abgeschoben werden? – Abg. Dr. Petrovic: Wohin werden denn wir abgeschoben?)

Wer so etwas verschickt, wer die Realität dermaßen entstellt und wesentliche Teile des österreichischen Rechtsstaates in den Schmutz zieht und ihnen die Unwahrheit unterstellt, hat in Österreich das Recht darauf, ernst genommen zu werden, verloren. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Wabl: Sollen wir auch abgeschoben werden?)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Diese Linke, diese organisierte Linke, fordert den Rücktritt des Innenministers. Auch wenn Rudas das etwas anders sieht: Wir werden diese Forderung nicht unterstützen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Gredler. Die restliche Redezeit des Liberalen Forums beträgt 6 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.31

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Herr Schweitzer, wohin willst du mich denn abschieben? Ich bin laut auf der ganzen Welt, das schwöre ich dir! Ich bin wirklich laut, wenn es darum geht, einen Toten zu beklagen. Ich bin sehr laut, wenn es darum geht, Menschen, die unwürdigst behandelt werden, zu verteidigen, und dabei ist es mir völlig egal, ob du mich nach Vanuatu setzt oder nach Korneuburg, das möchte ich dir sagen! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Ich möchte aus dem Strategiepapier zur europäischen Migrations- und Asylpolitik einen kurzen Satz herausgreifen, weil er mir sehr wichtig erscheint. Dieses Strategiepapier ist von der Europäischen Kommission entwickelt – natürlich in Kooperation mit dem Rat, Herr Bundesminister; Sie werden es besser kennen als ich. Das Europäische Parlament hat Ergänzungen gefordert, und die halte ich für enorm wichtig!

Eine solche Ergänzung geht in Punkt 16 dahin, daß nicht nur die Gewährleistung von Transparenz im gesamten Verfahren gefordert wird, sondern im letzten Halbsatz heißt es auch, daß ein Asylwerber nicht ausgewiesen werden kann, solange sein Recht auf Berufung noch nicht ausgeschöpft worden ist.

Das Recht auf Berufung ist bei Herrn Omofuma erst zwei Tage nach seinem Tod abgelaufen. Das heißt, er hatte nicht einmal jenen Zeitraum in Österreich bleiben dürfen, bis alle Termine sozusagen verfallen waren. (Zwischenruf des Abg. Jung.) Ich weiß schon, daß das keine strafbare Handlung ist, Herr Jung. Ich weiß schon, daß die Möglichkeit besteht, diese Leute vor Ablauf ihrer juristischen Möglichkeiten abzuschieben, nur halte ich das für geschmacklos, muß ich Ihnen sagen (Beifall beim Liberalen Forum), und darin unterscheiden wir uns! (Abg. Kiss: Geschmacklosigkeit läßt sich im Gesetz aber nicht ausdrücken, Frau Kollegin!)

Wenn wir ein Justizsystem haben, das Fristen für Inländer vorsieht, dann sollten dieselben Fristen auch für Ausländer gelten. Ich sehe nicht ein, warum man bei Schwarzafrikanern, die abgeschoben werden, eine Ausnahme machen sollte.

Ich bin mit Schwarzafrikanern aufgewachsen. Ich habe sogar zwei Jahre ein Internatszimmer mit einer Schwarzafrikanerin geteilt, weil sie mich sehr interessiert hat, weil mich dieses Volk sehr interessiert hat. Und ich muß Ihnen sagen: Wir können sehr viel von ihnen lernen. Natürlich haben diese Menschen Emotionen. Natürlich haben sie ein anderes Verhaltensmuster als wir. Aber gibt es überhaupt eine psychologische Betreuung im Vorfeld von Abschiebungen? Befaßt man diese Leute eigentlich mit den Konsequenzen des Abschiebens? Werden sie darauf vorbereitet? Wird darauf geachtet, daß das möglichst in korrekten Bahnen verläuft? – Ich glaube nicht. (Abg. Jung: Wie ist denn das mit der psychologischen Betreuung von Österreichern?)

Man schreit immer nach der Betreuung derjenigen, die die Abschiebung durchzuführen haben. Natürlich ist das notwendig, aber genau so eine Betreuung brauchen eigentlich auch die Leute, die abgeschoben werden, denn sie kommen ja nicht "auf lustig" nach Österreich. Die meisten sind tagelang zu Fuß unterwegs, haben mit irgendwelchen Booten irgendwelche Meere überqueren müssen, sind erst durch sonstige Eskapaden überhaupt nach Österreich gelangt. Und von diesen Menschen nimmt man an, daß sie das gemacht haben, weil es so lustig ist?! Ich glaube das nicht!

Ich kenne einige dieser Menschen, und ich muß Ihnen sagen: So viel Leid und so viel Angst, wie diese Menschen durchmachen, bis sie überhaupt nach Österreich kommen, und die Art und Weise, wie sie hier behandelt werden, sind unglaublich! Es ist unglaublich! Ich wünsche niemandem hier im Haus, einmal Flüchtling zu sein, aber gehen Sie einmal drei Tage lang ohne Geld durch ein fremdes Land, und erzählen Sie mir dann, wie es Ihnen gegangen ist, und das, obwohl Sie alle diplomatischen Möglichkeiten hinter sich wissen. – Es geht Ihnen schrecklich. Versuchen Sie es einmal! Fahren Sie in ein Land, dessen Sprache Sie nicht sprechen.

Ich möchte daher folgenden Antrag meiner Fraktion einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Kier, Dr. Gredler, Partnerinnen und Partner betreffend Einrichtung eines Menschenrechtsbeirates zur Beratung des Bundesministers für Inneres

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Der Bundesminister für Inneres wird aufgefordert, durch eine Verordnung einen Menschenrechtsbeirat einzurichten, der den Bundesminister für Inneres in Fragen der Wahrung der Menschenrechte durch die Sicherheitsexekutive berät. Diesem obliegt es, die Tätigkeit der Sicherheitsbehörden unter dem Gesichtspunkt der Wahrung der Menschenrechte zu begleiten und dem Bundesminister für Inneres Verbesserungen vorzuschlagen."

*****

Herr Bundesminister! Sie haben vor, in ein Zehnergremium nur fünf NGOs hineinzubringen. Ich frage Sie nun: Sind die fünf anderen etwa Herr Sika, Herr Matzka und sonstige Beamte Ihres Ressorts, oder sind das Personen, die wirklich völlig unabhängig nur die Menschenrechte im Auge haben?

Herr Bundesminister! Sie sagen: Wenn ich eine Belastung für die Bundesregierung bin, bin ich bereit, zurückzutreten. Oder: Rücktritt wäre ein bequemes Zurücklehnen – so haben Sie das bezeichnet.

Herr Bundesminister! Sie sind eine Belastung für das Parlament, Sie sind eine Belastung für das österreichische Volk, und Sie sind eine Belastung für das internationale Ansehen Österreichs. Die Belgier, das belgische Parlament, haben reagiert. Ich frage mich, warum das österreichische Parlament nicht reagiert. Stellen Sie sich einmal vor, es wäre ein Minister, der der Freiheitlichen Partei angehören würde: Welchen Aufschrei gäbe es da in diesem Haus! Zweifellos würden wir da alle für den Rücktritt stimmen, und nur, weil es ein Sozialdemokrat ist, macht man eine Ausnahme. Das halte ich nicht für korrekt! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Ich sage Ihnen in diesem Zusammenhang folgendes: Wenn ein Arzt sofort – und mit Recht – suspendiert wird, weil er eine falsche Niere herausnimmt, dann frage ich mich, warum Beamte, die es zu verantworten haben, daß ein Mensch gestorben ist, nicht suspendiert oder zumindest (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen) – Herr Präsident, ich komme zum Schluß! – beurlaubt werden bis zur Klärung der Situation.

Herr Bundesminister! Sie sind aufgefordert ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Redezeit ist abgelaufen!

Abgeordnete Dr. Martina Gredler (fortsetzend): ..., rasch zu handeln. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

19.37

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Großruck. Die Freiheitlichen haben noch 5 Minuten Restredezeit. (Widerspruch bei den Freiheitlichen.)

Vorher gebe ich noch bekannt, daß der Entschließungsantrag betreffend Einrichtung eines Menschenrechtsbeirates zur Beratung des Bundesministers für Inneres, den Frau Abgeordnete Dr. Gredler soeben vorgetragen hat, ordnungsgemäß unterfertigt ist und mit in Verhandlung steht. (Anhaltender Widerspruch bei den Freiheitlichen.)

Ich wiederhole – anscheinend habe ich mich versprochen –: Die Redezeit der ÖVP beträgt ab jetzt noch 5 Minuten.

Bitte, Herr Abgeordneter Großruck.

19.38

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Am Donnerstag, den 6. Mai, hat Michael Kaltenberger im "Neuen Volksblatt" geschrieben – ich zitiere –:

"Es ist zu erwarten, daß Grüne und Liberale die Sondersitzung des Nationalrats über den Tod des Schubhäftlings Marcus O. zu einer grundsätzlichen Abrechnung mit den Asyl- und Fremdengesetzen und dem Vollzug derselben nutzen werden. Das ist ihr Recht. Das wird aber nichts daran ändern, daß die überwiegende Mehrheit der Österreicher den unkontrollierten Zuzug von Ausländern ablehnt."

Meine Damen und Herren! Wie recht hatte Michael Kaltenberger mit seiner Prognose! Es fand heute hier seitens einiger Redner nicht nur eine Abrechnung statt, sondern ich habe es unerträglich gefunden, wie hier teilweise auf die Rechtsstaatlichkeit Österreichs losgegangen wurde. (Rufe bei den Freiheitlichen: Der Amon war das!) Es wurde ein Horrorszenario gemalt, es wurde Österreich als Gruselkabinett hingestellt. Dagegen ist Spielbergs "Jurassic Park" ja direkt eine friedliebende Insel der Seligen! So arg haben das einige Redner hier dargestellt.

Meine Damen und Herren! Ich finde es auch nicht richtig, ja ich halte es geradezu für unwürdig, wenn aus manchen Reihen Kritik an der Menschenrechtseinstellung Österreichs kommt. Wenn man das hört, könnte man ja schon fast glauben, daß Österreich ein Land sei, in dem die Menschenrechte mißachtet würden.

Meine Damen und Herren! Gerade jetzt gibt es ein Beispiel, das diese Aussagen Lügen straft, nämlich die große Hilfsbereitschaft der Österreicher, was den Kosovo betrifft. Viele sind aktiv vor Ort tätig, viele helfen in beispielloser Weise mit ihren Spenden. Das ist das Herz der Österreicher – nicht das skandalisierte "linke" Herz, wie manche das so gerne sehen möchten. (Beifall bei der ÖVP.)

Natürlich sind wir an einer restlosen Aufklärung interessiert. Die kann aber nicht hier und heute durch verschiedene Informationen aus Bulgarien oder aufgrund von Pressemeldungen erfolgen.

Der Herr Bundesminister hat im Zuge der Anfragebeantwortung einige Presseberichte als unrichtig zurückgewiesen beziehungsweise zu Interviews gesagt, daß diese nicht stimmen. Es wird sich ja dann im Rechtsverfahren herausstellen, wer tatsächlich recht hat. Es ist jedenfalls gestern in der Sendung "Zur Sache" darüber diskutiert worden, und dort hat der Herr Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit auch gesagt, daß die Fakten noch nicht auf dem Tisch liegen, daß es sehr viele Ungereimtheiten und noch Unbekanntes gibt.

Ich meine, wir sollten aus Fairneß den Beamten gegenüber abwarten, was die Untersuchungen tatsächlich ergeben, was dabei herauskommt – und dann erst sollte ein Urteil gefällt werden. Und das Urteilen, meine Damen und Herren, werden wir den unabhängigen Gerichten auch in dieser Sache überlassen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Wir von der Österreichischen Volkspartei (Abg. Aumayr: Der Amon redet aber anders!) sind für eine sachgemäße und restlose Aufklärung. – Herr Minister, Sie haben öffentlich geschworen, von dieser ganzen Sache nichts gewußt zu haben. Ich glaube Ihnen, wir glauben Ihnen. Das entbindet Sie aber nicht davon, rasch zu handeln und Normen und Verhältnisse zu schaffen, die einerseits mit der Menschenwürde in Einklang stehen, andererseits aber auch den Beamten bei ihrer schweren Arbeit Rechtssicherheit gewährleisten.

Kollege Platter hat vorhin in seinen Ausführungen erwähnt, welch große Probleme, welche Schwierigkeiten und welche besonderen Herausforderungen gerade jene Beamten haben, die tagtäglich mit Abschiebungen konfrontiert sind. Diese Beamten gehören ebenfalls durch legistische Maßnahmen unterstützt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Bundesminister Schlögl! Ich verlange – wie manch andere das getan haben – nicht Ihren Rücktritt! (Zwischenrufe.) Mit Ihrem Rücktritt können Probleme nicht gelöst werden, aber das, was ich von Ihnen verlange, ist so etwas wie ein politischer Drahtseilakt. Wir von der Österreichischen Volkspartei verlangen, daß Sie auf dem Seil der Rechtsstaatlichkeit den Spagat zwischen Gesetzesauftrag und Erfüllung beziehungsweise Durchführung dieser Aufgaben zusammenbringen – und das unter besonderer Berücksichtigung der Wahrung der Menschenrechte. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Herr Minister! Wir werden Ihnen dabei behilflich sein, ein Sicherheitsnetz zu spannen. Die ÖVP wird sich nicht zurücklehnen, wie das etwa die Liberalen und Grünen tun, aber auch – das muß ich schon sagen – Teile Ihrer eigenen Fraktion, die zu Ihnen, Herr Minister Schlögl, auf Distanz gehen. (Abg. Aumayr: Und die ÖVP!) – Wenn Sie Herrn Amon meinen, muß ich schon sagen: Es ist doch das Recht der Jugend, eine eigene Meinung zu haben und diese auch zu vertreten. (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! Mir ist schon klar, daß Ihnen eine eigenständige Meinung geradezu suspekt ist, denn das sind Sie ja nicht gewohnt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Wie jugendlich ist der Landeshauptmann Pröll? Jugendsprecher Pröll! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Herr Bundesminister! Wir werden in der Durchführung dieser Sache hinter Ihnen stehen. Wir von der ÖVP gehen davon aus, daß Sie uns richtig informiert haben, und wir sind überzeugt davon, daß Sie uns die Wahrheit gesagt haben. (Beifall bei der ÖVP.)

19.43

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt jetzt noch eine Wortmeldung des Herrn Abgeordneten Dkfm. Holger Bauer vor. Die Redezeit Ihres Klubs beträgt noch 2 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.44

Abgeordneter Dkfm. Holger Bauer (Freiheitliche): Meine sehr geehrten Damen und Herren von den "Rot-Alternativen" und vom "linken Forum"! Ich habe vor und während dieser Debatte vergeblich auf Ihre Lösungsvorschläge gewartet, wie Sie denn eigentlich Rabiate und Tobende abschieben würden. Ihre Antwort, die ich so durchgehört habe, nämlich dies schlicht und einfach nicht zu tun, kann ich wirklich nicht ernst nehmen, weil ich den Rechtsstaat ernst nehme. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei den Grünen.)

Herr Bundesminister Schlögl! Bei aller Wertschätzung: Ich kann aber auch Ihren Vorschlag, bei Widerstand gegen die Abschiebung nicht abzuschieben, nicht ganz ernst nehmen. Herr Bundesminister, es wird sich weltweit sehr bald herumgesprochen haben, auch unter Beihilfe der linken "Gutmenschen": In Österreich brauchst du bei drohender Abschiebung nur ein paar Beamte zu bespucken oder zu beißen – und schon hast du Dauerasyl! Das kann doch keine Lösung sein, Herr Bundesminister! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Um das Bild der österreichischen Exekutive gerade auch im Falle von Abschiebungen zurechtzurücken: Es hat in den letzten drei Jahren mehr als 50 000 Abschiebungen gegeben; eine davon hat tragisch geendet. Es steht 1 : 50 000, meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sollten der Exekutive für dieses Vorgehen ein Danke sagen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Schmidt.) Nicht für diesen einen Fall, sondern für die anderen 49 999 Fälle. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Hohes Haus! Ich habe auch noch folgenden Entschließungsantrag einzubringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Partik-Pablé, Scheibner, Dkfm. Holger Bauer, Mag. Schweitzer und Kollegen betreffend Trendwende im Vollzug des Fremden- und Asylgesetzes

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird dringend aufgefordert,

1. dem Nationalrat bis spätestens 16. Juni 1999 einen umfassenden, detaillierten Bericht vorzulegen,

in dem die derzeitige Vollzugspraxis bei Abschiebungen und die beabsichtigten diesbezüglichen Änderungen dargelegt werden,

der eine genaue Aufschlüsselung der Gesamtkosten sowie der durchschnittlichen Kosten je Abschiebung im Jahr 1998 enthält, und

eine restlose Aufklärung des Falles Marcus Omofuma bringt,

2. folgende Maßnahmen zu setzen:

Schaffung aller erforderlichen Maßnahmen, die sicherstellen, daß in Zukunft alle Abschiebungen konsequent und rasch durchgeführt und auch durch randalierende Schubhäftlinge nicht vereitelt werden können;

Zwangsmaßnahmen gegen Schubhäftlinge, die eine vorzeitige Beendigung der Schubhaft erpressen beziehungsweise eine erfolgreiche Abschiebung vereiteln wollen;

Schaffung zusätzlicher Schubhaftplätze;

Anschaffung eines Transportflugzeuges, unter anderem für die Durchführung von Abschiebungen;

Unterstützung der mit dem Asyl- und Fremdenrecht befaßten Exekutivbeamten durch konkrete Richtlinien und bessere Schulungen;

konsequente Verfolgung des Asylmißbrauchs, einschließlich aller Anstiftungs- und Beihilfemaßnahmen."

*****

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit und die kurze Verlängerung meiner Redezeit. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.46

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der soeben vorgetragene Entschließungsantrag ist geschäftsordnungsgemäß unterstützt dem Präsidium überreicht worden und wird in die Verhandlung mit einbezogen.

Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Ich schließe daher die Debatte. (Abg. Dr. Schmidt: Dieser Zynismus ist unerträglich! 1 : 50 000! – Bundesminister Mag. Schlögl: Bin ich dafür verantwortlich? – Es ist typisch, daß Sie mir das jetzt auch noch an den Kopf werfen! Ich weiß nicht, wofür ich bei Ihnen noch alles verantwortlich bin!)

Wir kommen nun zu den Abstimmungen. Ich bitte um Ihre Aufmerksamkeit, da wir jetzt über einige Entschließungsanträge abstimmen.

Wir stimmen zunächst ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kostelka, Dr. Khol und Genossen betreffend Folgerungen aus dem tragischen Tod des Schubhäftlings Marcus O.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Dieser Antrag ist mehrheitlich angenommen. (E 177.)

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Stoisits und Genossen betreffend Maßnahmen zur Kontrolle des Sicherheitsapparates.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Weiters stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kier und Genossen betreffend Abschiebestopp von Asylwerberinnen und Asylwerbern bis zum Abschluß aller anhängigen Verfahren.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt. (Rufe bei den Freiheitlichen und der SPÖ: Wo ist der Kier?) – Vielleicht kann man sich wieder beruhigen!

Wir stimmen jetzt ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Öllinger und Genossen betreffend Aussetzung der Novellierung des Sicherheitspolizeigesetzes.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Wir stimmen weiters ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Kier und Genossen betreffend Einrichtung eines Menschenrechtsbeirates zur Beratung des Bundesministers für Inneres.

Wer für diesen Entschließungsantrag ist, möge ein Zeichen der Zustimmung geben. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist abgelehnt.

Schließlich stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Partik-Pablé und Genossen betreffend Trendwende im Vollzug des Fremden- und Asylgesetzes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Entschließungsantrag ist abgelehnt.

Kurze Debatte über die Anfragebeantwortung 5584/AB

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zu einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung des Herrn Bundesministers für Inneres mit der Ordnungszahl 5584/AB.

Diese schriftliche Anfragebeantwortung ist bereits im Saal verteilt worden, sodaß sich eine Verlesung durch den Schriftführer erübrigt.

Bevor wir in die Debatte eingehen, rufe ich die Redezeiten in Erinnerung: Jeder Redner hat eine maximale Redezeit von 5 Minuten; der Erstredner zur Begründung eine Redezeit von 10 Minuten. Stellungnahmen von Mitgliedern der Bundesregierung und von Staatssekretären sollen einen Zeitraum von 10 Minuten gleichfalls nicht überschreiten.

Ich erteile nun Frau Abgeordneter Mag. Terezija Stoisits als Erstantragstellerin das Wort zur Begründung. Sie hat eine Redezeit von 10 Minuten. – Bitte.

19.50

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Vor noch nicht allzu langer Zeit haben Sie Augenzeugen eines rassistischen Vorfalls – sage ich jetzt einmal ganz neutral – zu Ihnen ins Innenministerium eingeladen – so habe ich es zumindest erzählt bekommen und auch gelesen –, um sich persönlich von diesen Zeugen über einen von diesen beobachteten rassistischen – das waren die Worte der Zeugen – Übergriff von Polizeibeamten gegenüber einem schwarzhäutigen Menschen, von dem sich dann herausgestellt hat, daß er französischer Staatsangehöriger war (Unruhe im Saal – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen), berichten zu lassen. Die von Ihnen Eingeladenen haben daraufhin berichtet, daß Sie große Betroffenheit gezeigt und den Augenzeugen versichert hätten – wohl auch, weil Ihnen die Schilderungen sehr glaubwürdig erschienen –, daß in dieser Angelegenheit alles aufgeklärt wird.

Das ist eine Maßnahme, Herr Bundesminister, die ich bemerkenswert finde. Wenn Ihnen zu Ohren kommt oder wenn Sie lesen – über diesen Vorfall ist ja auch in den Medien berichtet worden –, daß Passanten im Zusammenhang mit einer Amtshandlung etwas beobachten, was ihnen nicht korrekt erscheint, nämlich die Art und Weise, wie die österreichische Exekutive eingeschritten ist, und Sie dann diese Personen ins Ressort einladen und mit ihnen ein Gespräch führen, so finde ich das bemerkenswert. Diese Personen waren auch übereinstimmend beeindruckt von Ihnen, ... (Unruhe im Saal.)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Entschuldigen Sie, Frau Abgeordnete!

Meine Damen und Herren! Die Debatte hat schon längst begonnen, und ich bitte, der Rednerin wenigstens eine minimale Aufmerksamkeit zu schenken. – Bitte.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): ..., weil Sie ihnen so viel Gehör geschenkt haben.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das, was aber seither – seit damals ist ja schon einige Zeit vergangen; dieser Vorfall war in der Nacht vom 3. auf den 4. März 1999 – passiert ist, ist weniger rühmlich, und das hat auch mit dem heutigen Nachmittag, mit der Debatte, die wir heute geführt haben, sehr viel zu tun. Es zeigt nämlich, wie die Struktur und wie das System innerhalb des Sicherheitsapparates – um es jetzt nicht nur auf die Polizei zu beschränken – funktionieren: Es wird gemauert und gebunkert. Und der beste Maurer – ohne das jetzt als einen Angriff auf die Berufsgruppe zu verstehen – ist in diesem Fall der Innenminister.

Herr Bundesminister! Das ist auch das, was mich – jetzt verwende ich das von Ihnen heute so häufig gebrauchte Wort – so betroffen macht, nämlich dieses Spiel, das Sie da spielen, und zwar auf der einen Seite: "Ich empfange die Augenzeugen einer rassistischen Amtshandlung im Innenministerium, bin beeindruckt von ihren Schilderungen", weil diese glaubwürdig erschienen, und auf der anderen Seite das Ergebnis, das dabei herauskommt. Denn, meine Damen und Herren, wissen Sie, was den fünf Augenzeugen dieser Wahrnehmung von damals blüht? – Ein Verfahren vor dem Strafgericht wegen Verleumdung!

Was mich an dieser Sache am meisten kränkt, ist jedoch, daß damit genau das unterbunden und sozusagen verhindert wird, was man Zivilcourage nennt. Voneinander völlig unabhängige, zufällig die U-Bahn benützende Passanten beobachten etwas – sie hatten sich vorher noch nie gesehen, sie sind nur zufällig dort am Schottenring vorbeigegangen und haben etwas beobachtet, was ihnen nicht korrekt erschien. Der Herr Innenminister hat dem Glauben geschenkt, und jetzt stehen die Zeugen vor dem Richter – und über alles andere: Schwamm drüber!

Das ist das, Herr Minister, was mir bedrohlich erscheint. Da geht es zwar nicht um einen Toten, sondern um einen Verletzten, einen gar nicht so unerheblich Verletzten, einen Menschen, der auch – und deshalb scheint es mir ein bißchen zweifelhaft zu sein – kein Interesse daran hat, hier noch groß aufzutreten, weil er froh ist, daß er nicht mehr in Österreich ist, sondern zurück in dem Land, in dem er lebt, in diesem Fall in der Bundesrepublik. Er wurde wegen einer ganz anderen Sache von einem Strafgericht verurteilt. Es handelt sich also nicht um einen, wie Sie sagen würden, von jeder Straftat weit entfernten Menschen, aber er hat seine Strafe abgesessen, und nichtsdestotrotz rechtfertigt das nicht, daß die Polizei gemäß einer Wahrnehmung von Bürgern – jetzt zitiere ich aus den Protokollen über die Aussagen jener, die das beobachtet haben – ihm gegenüber Worte gebraucht hat wie "dreckige Negersau". Das wurde übereinstimmend von fünf verschiedenen Leuten gehört – und das aus dem Mund von österreichischen Sicherheitsbeamten.

Herr Minister! Da ist etwas nicht in Ordnung! (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.) Und da frage ich mich – damit komme ich auf die heutige Debatte zurück –: Was geschieht in solchen Fällen? (Abg. Parnigoni: Warum diffamieren Sie 34 000 Beamte?) – Kollege Parnigoni! Ich diffamiere überhaupt niemanden, ich schildere das, was Passanten, was U-Bahn-Benützer beobachtet haben und was sie so couragiert gemacht hat, das auch zu melden. Sie haben durch diese Zeugenwahrnehmung nur Nachteile. Es sind ihnen nur Schwierigkeiten gemacht worden. Sie haben selbst überhaupt nichts davon, sondern sie haben so etwas wie ein Rechtsempfinden, das ihnen sagt, daß solche Worte, wie die eben zitierten, aus dem Munde österreichischer Exekutivbeamter nicht zulässig sind, weil sie ganz eindeutig rassistisch sind.

Und dann geschieht nichts! Daraufhin geschieht nichts! Und das, Herr Bundesminister, ist genau – um den Bogen jetzt noch einmal zurückzuspannen – in dem Licht zu sehen, wie das Innenministerium vorgeht.

Der Herr Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit hat es ja gestern am Abend in der Diskussion in der Sendung "Zur Sache" seinem Verständnis entsprechend treffend ausgedrückt, indem er sagte: Die Verantwortung für das, was passiert ist – also im Zusammenhang mit dem Fall Omofuma –, liegt darin, daß sie in der Zukunft liegt.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das kann doch wohl nicht das Herangehen sein an all das, was passiert ist. Die Berichte über rassistische Übergriffe, über rassistische Bemerkungen häufen sich. Das ist – so leid es uns allen und auch Ihnen tut – ein Phänomen, das in den letzten Monaten vermehrt auftritt. Ich meine daher, daß Sie darauf zu reagieren und nicht Ihre Doppelbotschaften auszusenden haben! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundesminister! Eine Amtshandlung von österreichischen Exekutivbeamten und auch – wenn wir es jetzt auf den konkreten Fall beziehen – die Festnahme einer Person, gleichgültig, um wen es sich handelt, sind nach rechtsstaatlichen Normen und rechtsstaatlichen Regeln vorzunehmen. Dafür haben wir einen Rahmen, und in diesem Rahmen haben rassistische Ausdrücke, haben Gewaltszenen, haben Übergriffe keinen Platz. Das gilt ganz unabhängig von der Hautfarbe, das gilt ganz unabhängig von der Staatszugehörigkeit, das gilt ganz unabhängig von sonstigen Aktivitäten, die vom Betroffenen gesetzt werden, für alle. Das gilt für alle!

Herr Bundesminister! Die Unruhe, die Angst, die Verunsicherung, das Gefühl, nicht ernst genommen zu werden, das Gefühl, nicht genug Gehör zu finden, das ist das, was die Empfindungen der Community der Schwarzafrikaner im speziellen in Österreich in den letzten Monaten und speziell jetzt auch nach dem tragischen Tod von Marcus Omofuma am allermeisten bestimmt. Und das wissen Sie!

Sie wissen, daß es für Leute, die nicht so ausschauen wie wir, die in einer U-Bahn-Station eben viel eher auffallen (Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen), in Wien geradezu – und jetzt, Herr Präsident, komme ich dazu, was im CPT-Bericht vor zwei Jahren gestanden ist – sehr gefährlich ist, der Polizei in die Hände zu fallen – im wahrsten Sinne des Wortes. (Beifall bei den Grünen.)

20.00

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Gaál.

Herr Abgeordneter, für Sie und alle folgenden Rednerinnen und Redner gilt eine Redezeit von 5 Minuten. – Bitte.

20.00

Abgeordneter Anton Gaál (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich habe mir die Anfrage der Grünen sehr genau angesehen und kann – wenn ich von parteipolitischen Überlegungen absehe – in der von Herrn Bundesminister Schlögl sehr ausführlich erfolgten Beantwortung wirklich keinen Grund für die heutige Anfragebesprechung sehen.

Meine Damen und Herren! Gerade, was das Thema Ausländer und Fremde angeht, darf man wirklich nichts bagatellisieren. Alle Wortmeldungen und Redebeiträge sind sehr ernst zu nehmen und müssen umfassend, offen und ehrlich diskutiert werden. Es gibt da wirklich nichts zu verheimlichen, Frau Abgeordnete Stoisits, und nichts zu beschönigen. Es besteht überhaupt kein Anlaß, das zu tun. Im Gegenteil: Wir fahren nicht mit dem Schwamm drüber. Jeder noch so geringe Vorwurf betreffend Mißhandlungen oder Fehlverhalten von Beamten wird sofort der Staatsanwaltschaft mitgeteilt, die die notwendigen Vorerhebungen einleitet.

Im gegenständlichen Fall wurde gegen beide Beamte Beschwerde wegen angeblicher ungerechtfertigter Gewaltanwendung und wegen des Tatbestandes nach Artikel IX EGVG erhoben, und es ist die Vorerhebung eingeleitet worden.

Meine Damen und Herren! Wir alle wissen, wie sich solche Amtshandlungen abspielen. Wir kennen die heftige Gegenwehr bei Anschuldigungen dieser Art und das sehr aggressive Verhalten von Festgenommenen. Wenn jedoch, wie ich gesagt habe, gegen Beamte wegen angeblicher Mißhandlungen Vorwürfe erhoben werden, dann wird auch da umfassend recherchiert. In einigen Fällen führt dies auch zu Vorerhebungen, doch in den meisten Fällen konnte die Staatsanwaltschaft keine Grundlage für die Einleitung eines strafrechtlichen Verfahrens finden.

Im gegenständlichen Fall wurde gegen die Beamten Beschwerde erhoben – ich habe dies bereits gesagt –, und der festgenommene und angezeigte Mohammed Ali V. wurde vom Landesgericht für Strafsachen rechtskräftig wegen Drogenerwerbs und Drogenbesitzes zu neun Monaten Freiheitsstrafe, davon ein Monat unbedingt und acht Monate bedingt, verurteilt, und vom fremdenpolizeilichen Büro wurde ein Aufenthaltsverbot für zehn Jahre ausgesprochen. Nur, meine Damen und Herren: Die Identität ist nicht bekannt! Und wir wissen, was das schlußendlich bedeutet. Fest stehen und bekannt sind die Straftaten, das Strafausmaß und die Verurteilung.

Ich glaube, daß da sicherlich sehr korrekt vorgegangen wird, aber wir werden, wie gesagt, die weitere Entwicklung noch abzuwarten haben.

Gerade wir haben, was das Fremdenrecht angeht, bei der Vollziehung dieser Gesetze in der Vergangenheit – wir werden das auch in Zukunft tun, meine Damen und Herren – Augenmaß und Verantwortungsbewußtsein gezeigt. Wir können – das ist nachprüfbar – auf eine europaweit sehr bewährte und erfolgreiche Politik verweisen. Wir haben in den letzten Jahren im Fremdenrecht unter der Leitung und Hauptverantwortung von Herrn Bundesminister Mag. Schlögl eine Vielzahl von Veränderungen und auch Verbesserungen durchgeführt. Wir stehen für eine anständige und faire Ausländerpolitik, wie es eben unseren politischen Intentionen entspricht, und wir treten natürlich auch für einen korrekten und respektvollen Umgang mit allen Menschen ein und werden daran auch in Zukunft festhalten. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wir stellen uns ganz entschieden gegen alle, die statt auf Anständigkeit auf Haß, auf Fremdenfeindlichkeit und Aggression setzen. Wir wollen ein Zusammenleben, bei dem nicht die Konfrontation im Vordergrund steht, sondern ein Zusammenleben, das von gegenseitigem Respekt getragen wird. Ich lade Sie ein, diese Politik gemeinsam mit uns weiterhin zu verwirklichen! (Beifall bei der SPÖ.)

20.05

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. König. Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

20.05

Abgeordneter Dkfm. DDr. Friedrich König (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich glaube, daß die Grünen schlecht beraten waren, nach der ernsten Debatte, die wir vorher geführt haben, das Verlangen auf Besprechung solch einer Anfragebeantwortung hier einzubringen. Es handelt sich dabei nämlich nicht um einen abgelehnten Asylanten, sondern um einen Mann, der im Zuge beobachteter Suchtgifthandlungen festgenommen wurde. Und ob das ein Afrikaner oder ein Weißer ist, ist völlig egal! Wir sollten uns eigentlich alle einig darin sein, daß Suchtgifthändler mit der vollen Härte des Gesetzes zu bestrafen sind! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie machen sich Sorgen um einen Suchtgifthändler? Ich mache mir Sorgen um die Kinder, deren ganzes Leben durch Suchtgift ruiniert wird. Dem sollten unser Interesse und unsere Sorge gelten. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sie sprechen von Übergriffen der Polizei. Sie versuchen hier, die Polizei als Prügelgarde hinzustellen. Die Fakten, die Sie in Ihrer Anfrage erfragt haben – Sie haben ja auch den Polizeibericht bekommen –, sprechen doch eine ganz andere Sprache. (Zwischenruf der Abg. Mag. Stoisits.) Die Schwarzafrikaner haben drei Polizisten verletzt! Sie haben versucht, sich der Festnahme zu widersetzen. Ja soll die Polizei jemanden, den sie beim Suchtgifthandel betritt, nicht mehr festnehmen können? Müssen sich die Polizisten verletzen lassen? Die Polizisten riskieren ihre Gesundheit, denn man weiß, wie groß die Ansteckungsgefahr in diesem Milieu ist. – Und Ihre Sorge gilt den behaupteten rassistischen Äußerungen der sogenannten Zeugen!

Sie haben auch gefragt, ob die betreffenden Beamten schon einmal mit derartigen Vorwürfen und Disziplinarverfahren konfrontiert wurden, und Sie haben auch eine Antwort darauf bekommen. Die Antwort ist völlig klar, es heißt nämlich, daß gegen die involvierten Beamten bereits Vorwürfe wegen angeblicher Mißhandlungen erhoben wurden. Im Zuge der Vorerhebungen konnte die Staatsanwaltschaft Wien – nicht die Polizei, die Staatsanwaltschaft Wien! – jedoch keine Grundlage für die Einleitung eines strafrechtlichen Verfahrens finden. – Das heißt also: Die Vorwürfe, die Behauptungen waren unwahr. Und das ist Verleumdung und muß nach unserem Strafrecht auch geahndet werden. Es ist ja nicht so, daß jeder, der etwas behauptet, deshalb auch schon sakrosankt ist.

Und daß die Sache System hat, geht aus einer Anfrage hervor, die ich aus diesem Anlaß selbst eingebracht habe, und aus deren Antwort, die ich vom Herrn Minister bekommen habe. Sie ist sehr interessant, sie zeigt nämlich, daß diese Methode, Polizisten zu verleumden, daß sie Schläger wären, und sie außerdem dann auch noch mit strafrechtlichen Vorwürfen einzudecken, die der Substanz entbehren, System hat. Es heißt hier wörtlich: Im Jahr 1998 wurden 77 Beamte im Zuge des Einschreitens gegen Suchtgiftdealer tätlich angegriffen beziehungsweise mit unbegründeten strafrechtlichen Vorwürfen konfrontiert.

Meine Damen und Herren! Wenn das kein Anlaß ist, um nachhaltig durchzugreifen gegen diese Drogenmafia, die sich hier breitmacht – egal, welche Hautfarbe sie hat! Man kann sie doch nicht deshalb, weil es Schwarzafrikaner sind, gleich in Schutz nehmen und sagen, das wäre Rassismus. Wer hier mit Drogen handelt, der kann nicht den Vorteil haben, zu sagen, das sei nur Rassismus, und wer die Polizisten in einem solchen Fall verleumdet, der sollte einmal an die Opfer denken, die Suchtgiftdealer in der Bevölkerung, vor allem im Bereich der Jugend, zu verantworten haben! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Die Anfragebeantwortung ist absolut korrekt und ausreichend, und ich kann den Herrn Minister nur ersuchen, daß er seine Beamten hier auch weiterhin entsprechend vertritt. Wir dürfen in der Bekämpfung der Suchtgiftkriminalität nicht nachlassen und uns durch Behauptungen, die unwahr sind, und durch Unterstellungen auch von sogenannten Zeugen nicht beirren lassen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.10

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

20.10

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Von "System" ist heute schon sehr viel die Rede gewesen. Meistens war es das Polizeisystem, das auch Frau Stoisits angesprochen hat.

Frau Stoisits! Mir ist jetzt aber Ihr System klar: Jeder Exekutivbeamte, der gegen einen Schwarzafrikaner eine Amtshandlung setzt, wird mit der Punze versehen, daß er rassistisch vorgeht. Und das ist etwas, was wir ganz einfach nicht billigen können! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie wollen die Exekutive mit diesem Rassismusvorwurf verunsichern. Wenn es nach Ihrem Willen geht, soll ein Schwarzafrikaner, egal, was er tut, ungeschoren davonziehen. Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Stoisits! Das kann doch nicht Ihre Meinung von Sicherheitspolitik sein! (Abg. Wabl: Das ist auch nicht unsere Meinung!) Das ist aber Ihre Art von Politik! Herr Wabl! Schauen Sie sich einmal an, wofür sich Frau Stoisits stark macht! In dieser Anfrage hat sie sich jetzt für einen Nigerianer oder Afrikaner stark gemacht, der gegen Exekutivbeamte aggressiv geworden ist, die ihn beim Drogendealen erwischt haben. Kurz vorher hat sie sich stark gemacht für einen Afrikaner, der daran gestorben ist, daß er einige Kokainkugeln verschluckt hat. Und Frau Stoisits hat sofort eine Anfrage gemacht, weil ihrer Meinung nach natürlich die Exekutivbeamten schuld sind, nicht aber der Drogendealer, der seine eigenen Kugerl verschluckt hat.

Frau Stoisits! Wenn das Ihre Drogenpolitik ist, dann muß ich Ihnen sagen, daß die österreichische Bevölkerung diese sicherlich nicht mittragen wird! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben sich auch stark gemacht für einen nigerianischen Diplomaten. – Der Chef der Diplomatischen Akademie und Botschafter hat in einem Leserbrief dargelegt, daß der Betroffene gar kein Botschafter und Absolvent der Akademie ist, sondern nur einer, der sich das angemaßt hat. Und all das sind Leute, für die Sie eintreten! So sind wahrscheinlich auch die Zeugenaussagen zu sehen, auf die Sie sich berufen und aufgrund derer Sie dann die Exekutive mit Schmutz überschütten!

Frau Stoisits! Sie verkehren ja so viel im Polizeigefangenenhaus! Sie haben dort, glaube ich, schon einmal eine Nachtwache mitgemacht. Erkundigen Sie sich doch einmal bei den Beamten über die Art der Schwarzafrikaner! Sie schauen nicht nur anders aus, wie Sie heute gesagt haben, sondern sie sind auch anders, und zwar sind sie ganz besonders aggressiv. Das liegt offensichtlich in der Natur dieser Menschen. Sie sind meistens illegal da, sie sind meistens Drogendealer, und sie sind ungeheuer aggressiv, wenn sie von Exekutivbeamten beanstandet werden. (Abg. Wabl: Ist das die neue Rassentheorie von Partik-Pablé?) Und sie werden in den meisten Fällen auch noch von der Caritas unterstützt: Die Caritas zahlt ihnen den Rechtsanwalt, wenn sie vor dem Richter stehen, und sie bezahlt ihnen auch noch die Unterkunft. Das ist die Unterstützung der Caritas!

Sie sollten sich einmal bei den Exekutivbeamten erkundigen! Es gibt kaum eine Amtshandlung mit Schwarzafrikanern, bei der es nicht zu Reibereien kommt. In dem Fall, den Sie in der Anfrage geschildert haben, hat sich ein 1,95 Meter großer Afrikaner gegen einen 1,75 Meter großen Exekutivbeamten zur Wehr gesetzt. Der Schwarzafrikaner hat sofort nach der Taschenstablampe gegriffen und hat angefangen, den Polizisten zu prügeln. So hat es sich nämlich zugetragen, Frau Stoisits! Nicht die Exekutivbeamten haben in diesem Zusammenhang Schuld auf sich geladen, sondern der Schwarzafrikaner hat versucht, sie mit der Stablampe an der Amtshandlung zu hindern! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich möchte Ihnen sagen: Frau Stoisits! Ich glaube, Sie sollten in Ihrem heißen Bemühen, die Schwarzafrikaner vor der Verfolgung der Exekutive zu schützen, wirklich aufpassen. Sie sollten sich wirklich davor in acht nehmen, daß sie da nicht einer sehr gefährlichen Kriminalität Vorschub leisten. Denn das sind nicht Haschischdealer, sondern Dealer mit einem sehr gefährlichen Stoff, der den Jugendlichen und auch anderen Menschen zur Gefahr wird! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.14

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte.

20.14

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte mich nur auf zwei Aspekte in dieser Anfragebesprechung konzentrieren, und zwar einerseits auf den Aspekt der Beantwortung der Frage: Warum wurden die Personalien der anwesenden ZeugInnen nicht aufgenommen? – Die Antwort des Bundesministers lautete, daß aufgrund der Situation und der Gegenwehr des Schwarzafrikaners eine Aufnahme der Personalien der Zeugen so gut wie unmöglich war. – Das betrifft die Anfrage, die wir hier besprechen.

"Unglückseligerweise" hat die liberale Fraktion zum selben Gegenstand auch eine Anfrage eingebracht. Dort lautet die Antwort nur so ähnlich, weil wir die Frage anders gestellt haben. Auf diese Anfrage lautet die Antwort, daß sich die Zeugen als auch deren Rechtsvertreter dann später sowohl beim Untersuchungsrichter als auch bei der Polizei gemeldet haben und daß sie daher weiter zum Untersuchungsrichter geschickt wurden.

Ich meine, daß diese Anfragebeantwortungen einander allein in diesem Punkt, was die pflichtgemäße Abwicklung einer Sachverhaltsaufnahme – dazu gehört auch die Feststellung der Identität von Zeugen – anlangt, sehr interessant ergänzen. Ich finde, es ist schade, daß die Stelle, die die Anfragebeantwortungen ausgearbeitet hat, in der Beantwortung der Anfrage der Kollegin Stoisits unsorgfältigerweise nicht festgehalten hat, daß die Zeugen später dann ohnedies erfaßt wurden. – Dieser Umgang mit Präzision bei Anfragebeantwortungen ist auch etwas, was diese Besprechung hier zutage fördert. Denn wäre in dieser Anfragebeantwortung zum Teil auch das gestanden, was in der Beantwortung unserer Anfrage stand, dann wäre sie viel transparenter geworden. Aber offenbar ist es ein strategischer Ansatz der Stellen, die die Anfragebeantwortungen ausarbeiten, so knapp wie möglich zu antworten, damit es dann für uns mehr Interpretationsaufwand gibt. – Das finde ich nicht gut, und das wollte ich von dieser Stelle aus festhalten!

Ein ähnliches Schicksal hat nämlich eine Frage erlitten, die in diesem Zusammenhang von uns gestellt wurde: Wir haben thematisiert, warum die Anwendung des § 5 der Verordnung des Bundesministers für Inneres betreffend die Richtlinien "Achtung der Menschenwürde beim Einschreiten" nicht funktioniert und ob der Ausdruck "dreckige Negersau" dieser Verordnung entspricht oder nicht. – Die Antwort lautet einfach nur: Nein. Es wird aber mit keiner Silbe bestritten, daß das in diesem Zusammenhang gesagt wurde. Das finde ich auch schade! Wenn man gesagt hätte: Nein, und im übrigen ist dieser Ausdruck nicht gefallen, dann wäre das etwas anderes gewesen. Offenbar ist der Ausdruck aber gefallen. Daher war die Antwort nur: nein.

Ich meine, wenn dieselbe Abteilung zwei Anfragen zweier Fraktionen bearbeitet, die einander sehr ähnlich sind und vor allem der gegenständliche Fall derselbe ist, dann hätte ich noch mehr Verständnis dafür, wenn man das zusammen betrachtet und dann auch gemeinsam Antworten gibt, und zwar in einer Weise, daß dann nicht der Herr Bundesminister hier sitzen muß und wir darüber diskutieren müssen, nur weil die Beantwortungen nicht ordentlich ausgearbeitet wurden. – Dies ist wieder ein Fall, in dem offenbar die Zügel nicht wirklich straff geführt werden!

Das wundert einen nicht, nachdem wir jetzt eine lange Debatte zur Dringlichen Anfrage erlebt haben. Ich möchte sie nun nicht noch einmal aufgreifen, wir haben heute noch über die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zu debattieren. Darüber, was in dem Ministerium alles nicht funktioniert, könnte man allerdings lange Listen anlegen! – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

20.18

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Gabriela Moser. – Bitte. (Abg. Mag. Kukacka: Schon wieder Frau Dr. Moser! So eine Zeitvergeudung!)

20.18

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Hier und heute und im besagten Fall geht es nicht um die Frage Drogenhandel. Die in der Anfrage zur Sprache gebrachte Frage, ob Drogen im Spiel waren, wurde mit Nein beantwortet. Es geht hier und heute also nicht um die Frage Drogenhandel, sondern wieder um ein Beispiel dafür, wie in Österreich teilweise mit den Menschenrechten umgegangen wird.

Es gibt einen beispielhaften Fall, der sich hier in der Nähe des Parlaments zugetragen hat, nämlich am Schottenring, in dem die Exekutive beziehungsweise einzelne Personen der Exekutive ihre Möglichkeiten bei weitem überschritten haben. Bei dieser Gelegenheit möchte ich hier und heute noch einmal deutlich klarlegen, daß wir prinzipiell keine Pauschalverurteilung der Exekutive abgeben, sondern daß wir der Meinung sind, daß die Exekutive mindestens zu 90 Prozent wirklich sehr in Ordnung ist. Wir möchten aber gleichzeitig hier und heute aufzeigen, daß einzelne Angehörige der Exekutive ihre Kompetenzen überschreiten und zu unverhältnismäßigen Gewaltmaßnahmen greifen und daß sich einzelne nicht an Gesetze und auch nicht an allgemeine Menschenrechte halten. – Hier und heute geht es wieder um ein solches Beispiel.

Ich komme noch einmal auf die konkreten Einzelheiten dieses Falles zurück: Zeugen haben sehr wohl angegeben, daß in diesem Fall Afrikaner mißhandelt worden sind, daß Afrikaner, die auf dem Boden lagen, noch einmal getreten und geschlagen worden sind. – Das widerspricht dem korrekten Umgang auf Menschenrechtsbasis!

Und aus dieser Anfrage wird wieder deutlich, daß hinter Einzelhandlungen von einzelnen Exekutivbeamten insgesamt sehr wohl ein System steht, nämlich ein System mit der sehr starken Tendenz, immer wieder die besagte Wagenburg zu bilden. Und daher wollen wir hier heute aufzeigen, daß die Strategie der Wagenburg endlich ein Ende haben muß, daß endlich die massiven Wagenburg-Strategien und -Strukturen der Exekutive durchbrochen werden müssen, damit der Ruf der Exekutive insgesamt, jener 90 Prozent ordentlicher, seriöser, pflichtbewußter Beamten, die sicherlich mit viel Mühsal ihrem Beruf nachgehen, nicht immer mehr in Mißkredit gerät. Es geht darum, die Strukturen aufzuzeigen, es geht darum, das System, das immer wieder Einzelfälle deckt, bloßzustellen. Und dazu war die Dringliche Anfrage insgesamt ein Mittel, und dazu ist auch die Anfragebesprechung ein Mittel.

Herr Minister! Sie haben mich insofern enttäuscht, als Sie leider wieder die Struktur stärkten, wieder sozusagen die Mauer machten und außer der Einsetzung einer Untersuchungskommission mit relativ neutralen Mitgliedern konkret keinerlei Konsequenzen nannten. Sie sprachen von Konsequenzen, Sie sprachen aber nicht von konkreten Konsequenzen. Und für mich und für uns bestehen konkrete Konsequenzen auch in der Wahrnehmung von Verantwortung auf höherer Beamtenebene! Oder müssen Sie sich wirklich von einem Universitätsprofessor, nämlich von Herrn Professor Henrik Kreutz, sagen lassen, daß politische Verantwortung auch bedeutet, daß man nicht nur weiß, was geschieht, sondern daß man auch persönliche Konsequenzen zieht. Herr Professor Kreutz hat auch gesagt, daß es schon möglich ist, daß Sie nichts gewußt haben. Ich persönlich glaube es Ihnen auch, daß Sie nichts gewußt haben. Er hat aber gesagt, daß das fahrlässig ist. Und er hat noch wörtlich hinzugefügt, daß das nicht nur fahrlässig ist, sondern auch zeigt, daß Sie die Strukturen nicht in der Hand haben. – Und es ist rechtsstaatlich bedenklich, daß ein Innenminister seinen eigenen Beamtenapparat nicht in der Hand hat und mehr oder weniger wie ein teilweise hilfloser Hampelmann an den Fäden seiner hohen Beamten hängt!

Daher fordere ich Sie auf: Durchschneiden Sie diese Fäden! Zeigen Sie, daß Sie wirklich die Möglichkeit dazu haben! Natürlich wäre eine persönlich korrekte Haltung der Rücktritt gewesen. Nach westeuropäischem Niveau haben Sie ihn ja auch angestrebt. Herr Kanzler Klima hat Sie jedoch in die mitteleuropäische Tradition zurückgeholt, in der es leider keine politische Verantwortung gibt. (Beifall bei den Grünen.)

20.23

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Herr Bundesminister Mag. Schlögl hat sich jetzt zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Bundesminister.

20.23

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Grünen und Liberalen machen es sich in dieser Angelegenheit sehr leicht. Ich kann deren einseitige Beurteilung in keiner Weise teilen.

Gerade der Fall, den Sie schildern, ist für mich ein Fall, zu dem ich Ihnen keine Antwort geben kann. Ich kann Ihnen nach bestem Wissen und Gewissen nicht sagen, was an diesem Tag in dieser U-Bahn-Station wirklich passiert ist! Ich habe von den Vorfällen gehört, ich habe die Medienberichterstattung vor allem in einer Zeitschrift sehr ausführlich gelesen, und ich habe mich entschieden, dazu mit beiden Seiten das Gespräch zu führen. Ich habe von mir aus die Zeugen dieses angeblichen Vorfalles eingeladen, und ich sage hier sehr, sehr klar, daß mir diese Zeugen sehr glaubwürdig erschienen sind. Und ich bin zu den Polizeibeamten gegangen, ich war im Wachzimmer am Karlsplatz und habe dort auch mit den beiden Beamten gesprochen, die an diesem Vorfall beteiligt waren. Und ich sage Ihnen, daß mir auch diese Beamten in ihrer Darstellung sehr, sehr glaubwürdig vorgekommen sind. Ich kann als Mensch, aber auch als Innenminister, nachdem ich beide Seiten gehört habe, wirklich nicht offen und ehrlich sagen, wem ich glauben kann. (Zwischenruf des Abg. Smolle.) Ich habe leider mit dem anderen nicht reden können, aber ich meine, man sollte sich auch mit den Zeugen auseinandersetzen.

Ich habe für mich jedenfalls keine abschließende Beurteilung finden können, und deshalb halte ich es für wichtig und richtig, daß die unabhängige Justiz darüber eine Entscheidung trifft. Und die unabhängige Justiz ist in der gegenständlichen Causa an der Arbeit. Faktum ist – das möchte ich klar sagen –, daß in diesem Fall Herr Mohammed Ali S. vom Landesgericht Wien mit 16. April 1999 rechtskräftig für schuldig erkannt worden ist, Suchtgift erworben, besessen und in geringen Mengen anderen überlassen zu haben. Faktum ist weiters, daß er auch als schuldig erkannt worden ist, mit Gewalt den Versuch unternommen zu haben, die Polizeibeamten an seiner Festnahme zu hindern.

Ich sage gleich dazu: Diese beiden Tatsachen relativieren jedoch nicht die behaupteten Übergriffsvorwürfe. Ich glaube, daß man diese schonungslos untersuchen muß. Und ich glaube auch, daß das stimmt, was die Zeugen behaupten und was Sie in Ihrer Anfrage schreiben, nämlich:

"... währenddessen hatte er Unterstützung von seinem kleineren Kollegen, der auf den direkt vor ihm liegenden Schwarzen mit einem Gummiknüppel auf dessen Gesicht, das ihm zugewandt ist, und Kopf eindrischt, mit den Schuhen auf seinem Körper einstößt und dem Verhafteten ins Gesicht steigt ...".

Mir ist das, so wie die Zeugen mir das geschildert haben, sehr glaubwürdig erschienen. Und Sie verwenden es hier auch.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich muß aber genauso zur Kenntnis nehmen, daß dieser Mann im Anschluß an diese behaupteten Übergriffe ins Lorenz-Böhler-Krankenhaus geführt worden und dort einer medizinischen Untersuchung unterzogen worden ist. Und wenn jemand so malträtiert wird, dann müßte er sehr starke Verletzungen haben. Nach der Untersuchung wurden aber lediglich eine Zerrung im Schulterbereich sowie Schnittverletzungen an der Stirn festgestellt. Und auch das muß ich sehen!

Ich möchte beides nicht werten. (Abg. Haigermoser: Das ist nicht mehr schwierig!) Ich muß aber sowohl die Form, in der hier angebliche Übergriffe stattgefunden haben, als auch den Grad der Verletzungen in Betracht ziehen, ich muß also auch den Untersuchungsbericht des Krankenhauses zur Kenntnis nehmen.

Ich glaube, allein aus dieser Darstellung zeigt sich, wie schwierig es ist, wirklich eine abschließende Beurteilung vorzunehmen, und wie schwierig es ist, zu sagen, daß das, was die Beamten behaupten, nicht stimmt. Darum wehre ich mich gegen eine Vorverurteilung der Beamten gerade in diesem konkreten Fall, auch wie sie in den Medien erfolgt ist.

Ich will nicht abstreiten, daß möglicherweise richtig ist, was die fünf Zeugen behaupten. Das, was fünf Personen unabhängig voneinander behaupten, muß man sehr ernst nehmen. Und das habe ich auch getan. Ich habe mich damit auseinandergesetzt, die Justiz hat sich dieses Falles ebenfalls angenommen, und es finden auch die entsprechenden Untersuchungen statt.

Auf der anderen Seite möchte ich aber auch darauf aufmerksam machen, was der Krankenhausbefund ergeben hat, und möchte auch die gerichtliche Verurteilung aufzeigen. Es ist nicht meine Aufgabe, hier den Richter zu spielen. Vielmehr ist es meine Aufgabe, alles zu tun, damit das Gericht die notwendigen Informationen hat. Das habe ich getan, und wenn die Entscheidung des Gerichtes gefallen sein wird, dann werden die Beamten entsprechende weitere Konsequenzen zu befürchten oder nicht zu befürchten haben. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.28

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete Dr. Petrovic hat sich zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet. – Bitte.

20.29

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Wenn ich die Äußerungen von Frau Dr. Partik-Pablé im Rahmen dieser Besprechung der Anfragebeantwortung richtig in Erinnerung habe – ich setze das voraus –, so hat diese in etwa gesagt, daß Schwarzafrikaner nicht nur anders aussehen, sondern auch anders sind, nämlich besonders aggressiv und in der Regel auch Drogendealer. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich halte das – wenn diese Aussage so gefallen ist – für eine völlig verfassungswidrige rassistische Entgleisung. Ich ersuche Sie daher, Herr Präsident, dafür Sorge zu tragen, daß noch heute das Protokoll dieser Ausführungen an alle Klubs zur Verteilung gebracht und das zum Gegenstand von Präsidialberatungen gemacht wird.

20.29

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Frau Abgeordnete! Ich werde Ihnen das Protokoll so bald als möglich zur Verfügung stellen, und wir können in der Präsidialkonferenz natürlich darüber reden. Dieser Diskussionsbeitrag war allerdings ein inhaltlicher Beitrag. Das möchte ich doch festhalten.

Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zur Debatte über den Antrag der Abgeordneten Dr. Kier und Dr. Petrovic auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend Untersuchung der politischen Verantwortlichkeit des Bundesministers für Inneres für die Vorfälle, die zum Tod des Nigerianers Marcus Omofuma geführt haben.

Der Antrag ist an alle Abgeordneten verteilt worden.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Dr. Kier, Dr. Petrovic, Dr. Schmidt, Mag. Stoisits, Kolleginnen und Kollegen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses gemäß § 33 Abs. 1 GOG

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Zur Untersuchung folgender Gegenstände wird ein Untersuchungsausschuß eingesetzt:

a) Die politische Verantwortlichkeit des Bundesministers für Inneres für die Vorfälle, die im Zuge einer versuchten Abschiebung zum Tod des Nigerianers Marcus Omofuma geführt haben

b) Die von den Behörden ausgeübte Praxis bei Verhängung und Durchführung von Schubhaft

c) Die von den Behörden im Rahmen der Verhältnismäßigkeit vorgesehenen Kriterien bei Vorbereitung und Durchführung von Abschiebungen

d) Die von den Behörden ausgeübte Praxis bei der Durchführung von Abschiebungen, insbesondere die rechtswidrige Anwendung von Zwangsmaßnahmen wie Knebelung, Verwenden von Klebebändern und gewaltsame Verabreichung von Beruhigungsmitteln oder anderen schweren Psychopharmaka gegenüber Abzuschiebenden

e) Die Anwendung des Disziplinarrechts für Bundesbedienstete im Bereich der Exekutive, wenn Dienstpflichtverletzungen vorliegen

f) Die Vereinbarkeit der Vollziehung der einschlägigen Bundesgesetze mit europäischen und internationalen Menschenrechtsstandards."

Der Untersuchungsausschuß besteht aus 17 Abgeordneten im Verhältnis 6 SPÖ, 5 ÖVP, 4 FPÖ, 1 Liberales Forum, 1 Grüne.

Gemäß § 33 Abs. 2 GOG wird die Durchführung einer Debatte verlangt.

*****

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Die Redeordnung ist die gleiche, wie sie für die soeben durchgeführte Besprechung einer Anfragebeantwortung gegolten hat.

Ich eröffne nun die Debatte, indem ich Herrn Abgeordneten Dr. Kier aufrufe, der als Begründer des Antrages eine Redezeit von 10 Minuten zur Verfügung hat. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.31

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Der Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses ist – zu diesem Schluß kommt man, wenn man am Ende eines langen Tages die Debattenbeiträge Revue passieren läßt – noch dringlicher geworden, als ich es vermutete, als wir ihn gemeinsam formulierten, um ihn einzubringen, weil die Debatte und durchaus auch einige Interventionen des Bundesministers gezeigt haben, daß es einen breiten, einen intensiven und einen nachhaltigen Untersuchungsbedarf in bezug auf die politische Dimension gibt.

Ich möchte gerne gleich am Beginn meiner Ausführungen ausdrücklich festhalten: Die Untersuchung, die wir gerne hätten, ist nicht in Konkurrenz zu sehen zu dem notwendigerweise ablaufenden Strafverfahren. Das Strafverfahren ist das eine, aber die strukturellen Fragen, die hinter dem Problem stehen, die Frage der politischen Verantwortlichkeit des Innenministers für die Funktionsweisen der Struktur seines Hauses, für den mangelnden Überblick offenbar, für die ihn in der moralischen Dimension möglicherweise tatsächlich schuldlos machende Unwissenheit, was aber in der politischen Dimension eine besondere Bedeutung hat, die Frage, ob tatsächlich zu allen Zeitpunkten die leitenden Beamten des Hauses, vom Generaldirektor für die öffentliche Sicherheit bis zum Polizeipräsidenten, dem Polizeivizepräsidenten und so weiter, die notwendigen Informationsflüsse aufrechterhalten haben, all das, was in den Bereich der politischen Verantwortlichkeit in diesem Sinn gehört, muß dringend, und zwar in seiner politischen Dimension, untersucht werden.

Es geht dabei nicht um die strafrechtliche Seite. Ich sage das deswegen so deutlich – um nicht zu sagen überdeutlich –, weil ich ja schon jetzt weiß, was uns die Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsparteien erzählen werden, nämlich daß das nicht ginge, weil ohnedies unabhängige Gerichte das untersuchen würden und so weiter. Es geht um diese politische Dimension, und zwar um die politische Dimension eines wichtigen Aspektes. (Zwischenruf des Abg. Murauer.) – Herr Kollege, weil Sie mich ansprechen, nehme ich an, daß Sie heute vielleicht noch dazu reden werden. (Abg. Murauer: Das ist nicht nur eine Annahme, sondern ich werde tatsächlich noch reden!)

Wenn es möglich ist, daß drei erfahrene Beamte eine Maßnahme setzen, die wir heute lang diskutiert haben, nämlich den Mund zuzukleben, wo auch die Frau Kollegin Partik-Pablé der Meinung ist, das sollte nicht sein ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was sollte nicht sein?) Entschuldigung! Wo sie auch der Meinung ist, das sollte nicht sein, das sei nicht zulässig. (Ruf bei den Freiheitlichen: Wir verstehen Sie leider so schlecht!) Das Mikrophon ist vielleicht schlecht.

Also hinsichtlich dieser Maßnahme des Mundzuklebens meinen alle, das sollte nicht sein. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was sollte nicht sein?) Den Mund zuzukleben! Und das machen sie stundenlang, vor vielen Zeugen. Das machen erfahrene Polizeibeamte. Sie machen das nur dann, wenn sie sich ganz sicher sind, daß sie das dürfen. Oder wollen Sie diesen Polizeibeamten unterstellen, daß sie absichtlich vor Hunderten Zeugen etwas tun, von dem sie selbst überzeugt sind, daß es nicht zulässig ist?

Diese politische Dimension möchte ich gerne untersucht haben, nämlich wie es möglich ist, daß in einem Polizeiapparat drei erfahrene Leute etwas tun, ohne offenbar ein Unrechtsbewußtsein zu haben, und zwar wahrscheinlich deshalb, weil das systemimmanent ist. Das ist eine politische Frage und keine strafrechtliche Frage!

Nächster Aspekt: Wie schaut die Praxis bei der Verhängung und bei der Durchführung von Schubhaften aus? Dabei möchte ich, um zu vermeiden, daß man das dann hier wieder mißbräuchlich falsch zitiert, sagen: Wir wissen, daß es gelegentlich auch notwendig ist, Menschen, die in Österreich kein Aufenthaltsrecht haben, auch abzuschieben. Aber umso wichtiger ist es, daß alles, was im Zusammenhang damit geschieht, nach den strengsten Regeln des Rechtsstaates abläuft. Daher ist es wichtig, eine Untersuchung durchzuführen über die Praxis, die Üblichkeiten, die Nonchalancen, die Verhältnisse in den Schubhaftgefängnissen, wenn es schon welche geben muß. Ich bin der Meinung, daß sie viel zu häufig zur Anwendung kommen.

Ein weiterer Aspekt, der untersucht werden muß, ist die Verhältnismäßigkeit der Mittel. Das ist etwas, was im politischen Raum geklärt werden muß. Man darf die Entscheidung über die Verhältnismäßigkeit der Mittel nicht ausschließlich jenen überlassen, die etwas durchsetzen müssen, denn sie tendieren logischerweise dazu, ihre Mittel immer mehr zu intensivieren. Sie weisen eine überschießende Tendenz auf, das ist ganz logisch. Daher müssen klare Kriterien vorgegeben sein, die immer wieder revidiert werden müssen, damit es zu keiner überschießenden Tendenz kommt.

Derjenige, dem man eine Palette von Mitteln in die Hand gibt, ist, wenn er unkontrolliert arbeiten kann, dazu geneigt, das stärkste, das heißt, das für ihn erfolgversprechendste Mittel einzusetzen und nicht das gelindeste. Das liegt in der Natur der Sache. Es ist falsch, das dann nachträglich ausdrücklich zu moralisieren – wenn die Dienstaufsicht nicht funktioniert, wenn es keine Supervision, keine Schulungen und keine begleitende Betreuung gibt.

In diesem Zusammenhang ist auch die Frage zu stellen: Wie halten wir es oder wie hält es das Innenressort, aber auch die übrige Bundesverwaltung – in diesem Fall das Innenressort – mit dem Disziplinarrecht und seiner Anwendung?

Es existiert ein Disziplinarrecht, das offenbar überhaupt keine präventive Wirkung mehr entfaltet. Die Leute sind sich ganz sicher: Wenn wir bei Gericht mit einem blauen Auge davonkommen, dann ist das Disziplinarverfahren auch schon so gut wie erledigt. Eigentlich sollte das Disziplinarrecht dazu da sein, daß man selbst dann, wenn es noch nicht zu einer gerichtlich strafbaren Handlung gekommen ist, die betreffenden Beamtinnen und Beamten disziplinieren kann, indem man sie in die Schranken weist, innerhalb welcher sie arbeiten müssen, damit die Menschenrechte zum Beispiel nicht verletzt werden.

Daher ist ein wichtiger Aspekt für diesen Untersuchungsausschuß die Klärung der Frage: Wie wird das Disziplinarrecht bei Dienstpflichtverletzungen gehandhabt?, und zwar ohne den strafrechtlichen Aspekt zu vernachlässigen, aber er darf nicht im Vordergrund stehen, sondern er bildet den Hintergrund der Vorgangsweise, wie es abläuft. Denn wenn jemand von den Strafgerichten verurteilt wird, dann kann ich nur sagen ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Ofner.) No na! Dann gehört ein Disziplinarverfahren her. Aber auch dann, wenn kein Strafverfahren abgelaufen ist, ist das notwendig. Aber daß das dem Abgeordneten Harald Ofner nicht gefällt, kann ich in diesem Fall nicht verstehen. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Ofner: Ich höre gar nicht, was du sagst, aber du redest zuviel!) Wenn ich dich zur Firma Neuroth schicken muß, mußt du mir das rechtzeitig sagen, dort gibt es Hörgeräte.

Die Frage, die der Untersuchungsausschuß zu klären hat, ist der politische Gehalt der Abläufe, der politische Gehalt der Üblichkeiten, der politische Gehalt der Tatsache, daß drei Beamte stundenlang strafbare Handlungen begehen konnten, ohne ein Unrechtsbewußtsein zu haben, und ist schlußendlich die Vereinbarkeit unserer Vollzugspraxis im Bereich der Schubhaften und der Asylrechte mit den europäischen und internationalen Menschenrechtsstandards. Ich halte es für wesentlich, das im politischen Raum zu untersuchen. Das ist ausschließlich so zu betrachten, als ob es eine rein gerichtliche Sache wäre.

In diesem Sinne ersuche ich um Zustimmung zur Einsetzung dieses Untersuchungsausschusses. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

20.38

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Schwemlein. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

20.38

Abgeordneter Emmerich Schwemlein (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Tatsache ist, daß der Fall Marcus Omofuma bei uns allen Bestürzung ausgelöst hat. Richtig sind jene Maßnahmen, die in der Vergangenheit von seiten des Ministers eingeleitet wurden. Der Herr Bundesminister für Inneres hat jene wesentlichen Schritte gesetzt, die wir hier im Parlament und die Österreicherinnen und Österreicher von ihm erwartet haben.

Der Innenminister hat zum einen all das eingeleitet, was zur Aufklärung dieses Falles führen kann. Er hat gleichzeitig per Verordnung festgelegt, wie in Zukunft Abschiebungen vorgenommen werden sollen und dürfen. Und es wäre absolut verkehrt und falsch, von dieser Stelle aus nun das Signal zu setzen, daß wir nicht in erster Linie an der Aufklärung dieses Falles interessiert sind, daß wir nicht in erster Linie daran interessiert sind, daß zukunftsweisende, richtige Schritte gesetzt werden, sondern daß wir daran interessiert sind, hier ein Tribunal zu schaffen, das bestenfalls dazu mißbraucht werden könnte, via Medien diese Sache in eine schiefe Optik zu bringen. Daher werden wir von der sozialdemokratischen Fraktion dieses Hauses der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nicht zustimmen, denn dieser Ausschuß hätte von Anfang an keine Chance, eine gute Arbeit zu leisten, sondern würde bestenfalls als eine Art Tribunal mißbraucht. Doch das können wir nicht brauchen! (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Wer den Antrag und die Begründung durchliest und wer dem Kollegen Kier zugehört hat, der konnte im Prinzip nur eines feststellen: daß Herr Kollege Kier nicht bereit ist, anzuerkennen, was von seiten des Ministers, was von seiten der Regierungsparteien angestrebt wird und was letztlich auch dieses Parlament beabsichtigt. Es beabsichtigt nämlich, über das Sicherheitspolizeigesetz – daher hoffe ich, daß wir es so rasch wie möglich beschließen – den Menschenrechtsbeirat zu installieren.

Dieser Beirat ist von einigen Vorrednern heruntergemacht worden, die potentiell gute Arbeit dieses Beirates ist in Frage gestellt worden. Aber ich denke mir, wenn in diesem Beirat Vertreter der unabhängigen Justiz arbeiten, wenn die NGOs vertreten sind und wenn selbstverständlich auch hochrangige Beamte des Innenministeriums in diesem Beirat mitwirken, dann kann die Arbeit, die in diesem Beirat geleistet wird, nur folgendes zum Ziel haben: zum einen, Schwachstellen zu erkennen, und zum zweiten, wie es auch im Sicherheitspolizeigesetz vorgesehen ist, den Minister zu beraten, um Verfehlungen in Zukunft zu verhindern und gleichzeitig jene Schritte einzuleiten, die für die Exekutive von größter Wichtigkeit sind, denn die Exekutive braucht Hilfestellung!

Es wäre völlig falsch, zu glauben, daß es für einen Beamten einfach ist, in einer derartigen Streßsituation immer Ruhe und Überblick zu bewahren. Daher wäre es von seiten des Parlaments das verkehrteste Signal, nun herzugehen und zum einen die betreffenden Beamten zu verteufeln und zum zweiten den Minister für ein mögliches Fehlverhalten zur Verantwortung zu ziehen. Daher ist unsere Devise: Nehmen wir unsere Möglichkeiten hier im Nationalrat wahr! Schaffen wir den Rechtsrahmen, den wir brauchen, um in Zukunft erfolgreich weiterzuarbeiten! – Und noch etwas soll klar und deutlich gesagt werden: Ein derart sensibles Thema darf nicht dazu mißbraucht werden, politisches Kleingeld daraus zu schlagen! (Beifall bei der SPÖ.)

20.42

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Murauer. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

20.43

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich hatte den Eindruck, daß sämtliche Redner ehrlich betroffen waren und nicht nur Betroffenheit gezeigt haben, auch wenn dies nicht von allen Vorrednern so empfunden wurde. Ich glaube, der Fall Omofuma muß auch die Betroffenheit in diesem Haus reflektieren. Wir haben das mit Sicherheit entsprechend dargelegt.

Herr Bundesminister! Ich wollte eigentlich nur darauf hinweisen, daß die Österreichische Volkspartei der Einsetzung eines Untersuchungsausschusses natürlich nicht zustimmt, weil es gute Praxis ist (Zwischenrufe der Abgeordneten Wabl und Dr. Kier), geschätzter Kollege Wabl und Kollege Kier, daß in Österreich dem Rechtsstaat Rechnung getragen wird, daß unabhängige Gerichte mit den Fällen befaßt werden, daß diese Gerichte zu untersuchen, Einvernahmen durchzuführen und Recht zu sprechen haben und wir eben nicht parallel eine andere, eine zweite Untersuchung durchführen. (Beifall bei der ÖVP.) Wir vertrauen auch dem Landesgericht Korneuburg und der mit dem Fall befaßten U-Richterin Carolin Rak.

Herr Bundesminister! Nur eines noch in aller Kürze. Sie haben Kardinal Joseph Cardijn zitiert. Sie haben seinen Ausspruch erwähnt, wonach man jeden Tag neu beginnen sollte. – Herr Bundesminister! Die Österreichische Volkspartei – wenn Sie mich hören können; nein, der Herr Bundesminister ist nicht da – ist da derselben Auffassung wie Sie! Auch wir wollen alles tun, um diesen Fall aufzuklären, um darüber genau Bescheid zu wissen. Cardijn sagt aber auch, wir haben zu sehen, zu urteilen und zu handeln.

Herr Bundesminister! Wenn ich Sie darauf aufmerksam machen darf, daß man auch sehen sollte, dann verwundert es mich schon, daß man heute gar nicht weiß, wer aller in dieser Republik nichts gewußt hat. Man wußte nicht und hatte zuwenig Informationen darüber, was alles im Zusammenhang mit Abschiebungen oder Rückführungen von Asylanten in ihre Heimat passiert. Daher möchte ich schon darum ersuchen, daß man dem Sehen etwas mehr Rechnung trägt und neben der Beurteilung des Falles auch zum Handeln übergeht.

Wenn Sie jetzt so nett sind, Herr Bundesminister und Kollege Schweitzer, ... (Bundesminister Mag. Schlögl spricht mit dem an der Regierungsbank stehenden Abg. Mag. Schweitzer. – Abg. Mag. Schweitzer: Entschuldigung!) – Bitte. Wenn ich mich in meiner Rede auf den Herrn Bundesminister beziehe, dann ersuche ich darum, auch Gelegenheit zu bekommen, gehört zu werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Herr Bundesminister! Eines sollte beim Handeln nicht passieren: daß Polizisten, Gendarmen, Exekutivbeamte auf der Strecke bleiben. Ich denke, da hat es klare Direktiven zu geben. Es muß eine entsprechende Schulung und eine Betreuung bei der Bewältigung schwierigster Fälle geben. Und eine Abschiebung ist wahrlich eine der schwierigsten Amtshandlungen! Die betroffenen Beamten haben mit jeder Menge Widerstand und mit dem Schmerz, der Verzweiflung der betroffenen Asylanten zu rechnen. Mit all dem fertigzuwerden und dabei auch noch jedes Gesetz zu beachten, bringt für den Beamten sehr oft eine enorme Streßsituation mit sich.

Herr Bundesminister! Die Sicherheitsakademie, die von Ihnen schon des öfteren erwähnt wurde – und wir hoffen, daß sie bald verwirklicht wird –, hätte hier eine klassische Aufgabe und sollte dazu da sein, Erfahrungen auszutauschen, Schulungen vorzubereiten, Seminare zu veranstalten und auch einem internationalen Erfahrungsaustausch Rechnung zu tragen, weil man nämlich in anderen Ländern vor ähnlichen Problemen steht.

Geschätzte Damen und Herren! Abschließend sei es noch einmal erwähnt: Die Österreichische Volkspartei bekennt sich zum österreichischen Rechtsstaat, bekennt sich zu den unabhängigen Gerichten, zur unabhängigen Justiz, vertraut auf diese und ist gegen die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses! (Beifall bei der ÖVP.)

20.47

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte.

20.48

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Wenn von einer Oppositionspartei die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses beantragt wird, dann ist es legitim, hier das Motiv, das dahintersteht, einmal gründlich zu durchleuchten. Und dieses Motiv, meine Damen und Herren von den "liberalen Grünen" oder von den "grünen Liberalen" – je nachdem, wie Sie es haben wollen –, ist sehr leicht durchschaubar. Es ist nämlich nicht von einer Ernsthaftigkeit in der politischen Auseinandersetzung getragen. Meine Damen und Herren! Und genauso unernst, wie Sie heute einen Mißtrauensantrag, der inhaltlich eigentlich gar keiner ist, eingebracht haben, genauso wenig ernsthaft wollen Sie in Wahrheit einen Untersuchungsausschuß einsetzen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich kann Ihnen eines sagen: Durch diesen tragischen Vorfall, der sich zugetragen hat, auf der einen Seite und durch Ihre politische Agitation auf der anderen Seite werden Sie mit Ihrem unechten Mißtrauensantrag in die Geschichte des Parlaments eingehen. Es ist doch unglaublich, wenn Sie einem Minister über die Medien tagelang ausrichten lassen, daß Sie ihn hier mit einem Mißtrauensantrag konfrontieren werden, aber wenn es dann ans Eingemachte geht, dann bringen Sie einen Selbständigen Entschließungsantrag ein, von dem Sie genau wissen, daß er dem Innenausschuß zugewiesen wird und erst am Sankt-Nimmerleins-Tag zur Behandlung und zur Abstimmung stehen wird. Das ist die Zwiespältigkeit, sehr geehrte Frau Kollegin Schmidt!

Gerade eine Politikerin wie Sie, die so sehr die Redlichkeit auf ihre Fahnen schreibt, will auf der einen Seite der Öffentlichkeit weismachen, sie werde einen Mißtrauensantrag einbringen, sagt aber auf der anderen Seite quasi in Klammern dazu: Wir wollen eh nicht, daß darüber abgestimmt wird! – Das ist eine Zwiespältigkeit und eine Vorgangsweise, die sich selbst disqualifiziert! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Etwas sehr Ähnliches steckt eigentlich auch hinter Ihrem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses. Es geht Ihnen nicht darum, eine politische Verantwortung über die Abschiebepraxis festzumachen. Der Herr Bundesminister hat die politische Verantwortung nicht für den Tod, aber für die Praxis der Abschiebung übernommen. Er hat seinen Fehler eingestanden, und er hat einen umfangreichen Maßnahmenkatalog vorgelegt. Ihnen geht es aber darum, dieses Thema parteipolitisch in Ihrem Sinne zu mißbrauchen, damit generell eine andere Asylpolitik in diesem Land stattfindet. Und dagegen werden wir uns zur Wehr setzen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Kollege Kier! Ich werde Ihnen das auch beweisen! Es steht außer Zweifel, daß die Verwendung von Klebebändern bei der Abschiebung von Schubhäftlingen nicht statthaft ist. Es steht auch außer Zweifel, daß die Verwendung von Spritzen zur Sedierung von Abschiebungshäftlingen abzulehnen ist. Überhaupt keine Frage!

Aber, Herr Kollege Kier, Sie haben nicht einmal einen Deut, Sie haben nicht einmal den geringsten Versuch unternommen, auch nur irgendeine Alternative dafür, wie man einen Abschiebevorgang nach Ihrer Meinung legal durchführen könnte, hier tatsächlich anzubieten. Sie haben nicht einmal den Versuch unternommen! (Abg. Dr. Kier: Sie haben nicht zugehört!) Sie haben nur gesagt, die eine Maßnahme sei nicht statthaft. Da haben Sie recht, das gestehe ich Ihnen zu. Sie haben aber im gleichen Atemzug gesagt, auch die Verwendung eines Helms, der vorne offen ist, sei nicht statthaft.

Herr Kollege Kier! Eine Antwort sind Sie vom Liberalen Forum und auch Sie von den Grünen der Öffentlichkeit schuldig geblieben. Worin besteht denn Ihr Vorschlag? – Ich kann doch nicht glauben, daß Sie tatsächlich sagen, alle Zwangsmittel zur Aufrechterhaltung des Abschiebevorganges sind rechtswidrig, denn das hieße ja, daß unsere Polizisten schutzlos Beißattacken von Abzuschiebenden ausgesetzt sind. Das kann ich Ihnen doch nicht unterstellen, daß Sie unsere Exekutive dem aussetzen wollen. Was wäre aber die weitere Konsequenz? – Daß es überhaupt keine Abschiebung gäbe!

Bitte, bleiben Sie ehrlich! Bleiben Sie bei der Wahrheit! Sagen Sie der Bevölkerung, daß Sie in Wirklichkeit der Meinung sind: Österreich ist ein Einwanderungsland! In Österreich hat jeder Asyl zu bekommen, ganz gleich, ob er aus politischen oder aus wirtschaftlichen Gründen hier ist. – Aber tun Sie nicht so, und verstecken Sie sich nicht hinter scheinheiligen Argumenten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.52

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

20.53

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es ist schon erstaunlich, daß sich nach Ausführungen über die Andersartigkeit von Menschen mit anderer Hautfarbe von seiten einer freiheitlichen Abgeordneten die Debatte dann darauf reduziert, wie denn die Technik des Verbringens von Menschen bewerkstelligt werden kann. Ob die Verfassung und die Menschenrechte über den Gesetzen stehen, scheint keine Rolle mehr zu spielen. (Abg. Scheibner: Denken Sie an Ihre Wortmeldung über die Behinderten! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie sind so schwach, daß ich nicht ...!)

Herr Abgeordneter Schwemlein! Sie sagten, Sie seien gegen einen Untersuchungsausschuß, weil dieser ohnehin nur zum Tribunal werde. Ich muß in diesem Zusammenhang schon die Klubobleute der Regierungsparteien fragen, warum sie uns dann mehr oder minder an der Nase herumgeführt haben, als wir Verhandlungen über die Geschäftsordnung betreffend Untersuchungsausschüsse führten und als Sie, Herr Dr. Khol, und Sie, Herr Dr. Kostelka, sagten, wenn es zu dieser Geschäftsordnung kommt, das heißt, wenn in Untersuchungsausschüssen sichergestellt ist, daß Zeugenschutz und Verfahrensrechte gewährleistet sind, dann werde es auch – Anlaßfall vorausgesetzt – wieder Untersuchungsausschüsse geben, denn dann sei die Gefahr gebannt, daß ein Untersuchungsausschuß Tribunalcharakter annehmen könnte.

Ich nehme mit großem Bedauern zur Kenntnis – das ist auch ein bedauerlicher Vorfall –, daß das Wort der beiden Klubobleute der Regierungsparteien offenbar sehr wenig wert ist. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

Meine Damen und Herren! Ich nehme außerdem zur Kenntnis, daß der Innenminister für seine Spitzenbeamten – nicht für die kleinen Beamten, die dann hängenbleiben und ein Verfahren bekommen – andere Spielregeln in Anspruch nimmt, als sie für jeden österreichischen Staatsbürger und für jede Staatsbürgerin gelten. Denn im österreichischen Strafgesetzbuch – das sollte der Innenminister und das sollte auch die Polizei sehr gut kennen, vor allem die Spitzen der Polizei! – ist definitiv geregelt, was es mit dem Rechtsirrtum auf sich hat, nämlich in § 9 Abs. 2 des Strafgesetzbuches. In diesem steht, daß ein Rechtsirrtum – ich habe nicht gewußt, daß das dem Folterverbot widerspricht, ich habe das Erkenntnis des Grazer UVS nicht gekannt –, daß diese Ausrede bei jeder Staatsbürgerin und bei jedem Staatsbürger nicht zählt, gar nicht zählt! Denn sonst würde sich ja jeder ausreden, der ein Gesetz gebrochen hat: Mein Gott, ich habe es nicht gekannt, ich habe es nicht gewußt, ich habe die einschlägige Judikatur nicht gelesen. (Abg. Dr. Mertel: Das setzt voraus, daß er es selbst macht!)

Es steht zu lesen, Frau Kollegin: Der Rechtsirrtum ist dann vorzuwerfen, wenn das Unrecht für jedermann leicht erkennbar war – war es vielleicht nicht, insbesondere nicht für die Beamten, die dann an der Basis die Suppe auszulöffeln haben – oder wenn sich der Täter mit den einschlägigen Vorschriften nicht bekannt gemacht hat, obwohl er seinem Beruf, seiner Beschäftigung oder seinen Umständen nach dazu verpflichtet gewesen wäre. – Zitatende.

Ich frage Sie also: Wer, wenn nicht ein Exekutivbeamter, der Abschiebungen vollzieht oder Abschiebungen anordnet, hat sich mit den Vorschriften und der Judikatur vertraut zu machen? Ich frage Sie wirklich!

Herr Bundesminister! Ich habe noch eine Frage an Sie im besonderen. Es hat geheißen, die Spitzen der Exekutive, die namentlich in der Dringlichen Anfrage der Grünen erwähnt sind, haben Ihnen glaubhaft versichert, sie haben auch erst Anfang Mai von diesen Verklebungspraktiken, von diesen Folterpraktiken gehört. – Irgend jemand muß aber die Anfragen der Grünen aus den Jahren 1993 und 1997 doch beantwortet haben. Und wenn schon Innenminister, Ihre Vorgänger, die Anfragebeantwortungen offenbar, ohne sie gelesen zu haben, unterschrieben haben, dann kann ich wahrlich nicht mehr glauben, daß jemand diese in Trance, ohne zu wissen, was er oder sie schreibt, verfaßt hat. Vielleicht verraten Sie uns, wer denn diese Anfragebeantwortungen konzipiert hat, denn zumindest diese Person im Bereich der Verwaltung des Innenressorts muß ja von den Vorwürfen gewußt haben, und zumindest dieser Person wäre es nach den einschlägigen Vorschriften oblegen, sich mit der Realität vertraut zu machen und sich Klarheit zu verschaffen.

Wenn das nicht geklärt wird, Herr Bundesminister, ist nicht nur das Wort der Klubobleute gebrochen, sondern dann gibt es nicht einmal mehr die Spur von politischer Verantwortung in Österreich – und ich glaube, das können auch Sie nicht wollen. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

20.58

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt jetzt noch eine Wortmeldung des Abgeordneten Smolle vor. – Bitte.

20.58

Abgeordneter Karl Smolle (Liberales Forum): Gospod predsednik! Visoki Dom! Gospod minister! Herr Minister! Hohes Haus! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vielleicht sollte doch einmal klargestellt werden, warum wir diesen Selbständigen Antrag eingebracht haben. (Abg. Scheibner: Das wäre interessant!) Die Geschichte war eine sehr einfache.

Es war klar, daß die SPÖ für ihren Minister stimmen wird. Es war sehr schnell klar, daß natürlich auch die Freiheitliche Partei den Herrn Minister halten wird, und es war weiters klar, daß es niemanden – oder höchstens ein oder zwei – bei der ÖVP geben wird, der bereit sein wird, bei einem Mißtrauensantrag mitzugehen. Wir wollen, daß die Debatte in den Ausschüssen weitergeht (Ah-Rufe bei den Freiheitlichen) und auch wieder hier ins Plenum kommt, meine Damen und Herren! (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Sie hätten heute bei einer einfachen Abstimmung oder Nichtabstimmung unseres Mißtrauensantrages gesagt: Es ist ohnehin alles okay, was der Herr Minister macht. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Meine Damen und Herren! So einfach wollten wir es Ihnen nicht machen. (Abg. Mag. Schweitzer: Kein politisches Kapital schlagen! – Abg. Haigermoser: Auf frischer Tat ertappt! – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen.)

§ 33 der Geschäftsordnung spricht ganz klar von einem Untersuchungsausschuß, und wir verlangen, daß dieser eingesetzt wird. Sie können jetzt zeigen, wie mutig Sie sind, wenn Sie zumindest für diesen Antrag stimmen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.) Es ist noch nicht zu spät! Wenn Sie schon einsichtig geworden sind, in Kürze findet hier die Abstimmung statt. Da werden wir beobachten, wer von Ihnen aufsteht, meine Damen und Herren! Das bloße Mundwerk genügt nicht für das Parlament, meine Damen und Herren! (Zwischenrufe der Abgeordneten Scheibner und Haigermoser.)

Eines, Herr Minister, ist klar geworden, gerade durch Ihr heutiges Verhalten, durch die Beantwortung, die Sie hier von sich gegeben haben, durch die darauffolgenden Redebeiträge und auch durch die Wortmeldungen in der Presse, die immer wieder lauten: Das habe ich nicht gewußt. Das ist nicht über meinen Tisch gegangen. Das war mir nicht bekannt. – Genau deswegen brauchen wir einen Untersuchungsausschuß, wenn nicht einmal der Minister weiß, was im eigenen Haus passiert. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Scheibner: Das war jetzt noch ein "Höhepunkt"!)

Sie bieten uns jetzt als Ersatz einen Beirat an. Sie haben selber gesagt, der Beirat wird schonungslos aufklären. – Ja warum soll nicht auch die politische Verantwortung gänzlich aufgeklärt werden, Herr Minister? Erklären Sie das einmal diesem Hause! (Beifall beim Liberalen Forum.) Sagen Sie mir doch klar und deutlich: Warum haben Sie Ihren Rücktritt angeboten? Warum, wenn alles okay ist, Herr Minister? – Das war eine Farce, eine No-na-Frage an den Herrn Bundeskanzler! Das ist unernst, meine Damen und Herren! Wenn nichts los ist, brauchen Sie nicht Ihren Rücktritt anzubieten; Sie haben ihn aber angeboten, wissend, daß er nicht angenommen wird. (Zwischenruf des Abg. Koppler.)

Vielleicht noch ein paar einfache Anmerkungen eines Nichtfachmannes (Rufe bei den Freiheitlichen: Oh, Nichtfachmann!): Ein Polizist, der weiß, daß er verletzt werden kann, hat entsprechend Vorsorge zu treffen. Es gibt Handschuhe, und es gibt riß- und bißfeste Kleidung, meine Damen und Herren. (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der SPÖ.) Das ist etwas ganz Einfaches zur Erklärung.

Meine Damen und Herren! Wenn man es mit Personen zu tun hat (Unruhe im Saal – Präsident Dr. Neisser gibt das Glockenzeichen), die im Gewahrsam der Polizei sind, dann weiß man, daß diese Personen ärztlich zu betreuen sind, dann weiß man, daß sie auch ärztlich zu untersuchen sind. Daher sage ich Ihnen, Herr Minister (Abg. Scheibner: Meinen Sie das alles ernst?) – ich bin kein Arzt, ich bin nur mit einer Ärztin verheiratet (Abg. Dr. Mertel: Das reicht für eine "Promotion"!) –: Ich würde es mich nicht trauen, einem Kranken, einem Bronchitiker einen Klebestreifen über den Mund zu kleben – ganz gleich, wie er sich verhält –, weil ich weiß, daß das eine große Gefährdung für sein Leben wäre. Dafür braucht man keine besondere Ausbildung, Herr Minister, dafür braucht man nur ein bißchen Menschlichkeit und Menschenverstand. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Etwas, meine Damen und Herren, unterscheidet den Rechtsstaat vom Willkürstaat, und zwar daß Folter eben nie erlaubt ist, für nichts und wieder nichts, auch nicht für ein Geständnis, das dann sozusagen die Wahrheit an den Tag bringt! Folter ist einfach kein Instrument des Rechtsstaates, da muß der Rechtsstaat passen. Da nützt nichts. Dieses Mittel kann und darf der Rechtsstaat nicht anwenden. Das ist der Unterschied zwischen Rechtsstaat und Willkürstaat. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Ich verstehe nicht, daß uns jedesmal, wenn wir von der Opposition die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses verlangen, erklärt wird, daß wir in Österreich Gerichte haben, die gut arbeiten, und daß wir die Gerichte arbeiten lassen sollen. – Natürlich sagen auch wir Liberalen: Klar, die Gerichte sollen arbeiten. Aber wir wollen wissen, wer für die Fehler politisch verantwortlich ist, und dazu gibt es Untersuchungsausschüsse. Haben Sie den Mut, und bringen Sie den Antrag auf Abschaffung des § 33 der Geschäftsordnung ein! (Zwischenruf der Abg. Dr. Partik-Pablé.)

Meine Damen und Herren! Kiss, Murauer, alle haben davon gesprochen, wer aller in diesem Staat nichts gewußt hat. Alle haben gesagt, wir müssen untersuchen. – Natürlich müssen wir untersuchen, Ihr eigener Antrag beinhaltet das, meine Damen und Herren! Aber wenn die Opposition verlangt, daß auch die politisch Verantwortlichen hier genannt werden sollen, dann sind Sie plötzlich nicht mehr bereit mitzugehen. (Abg. Mag. Schweitzer: Zeit!)

In Kürze wird jedoch die Abstimmung stattfinden. Da können Sie mitmachen, da können Sie Ihr Abstimmungsverhalten zeigen. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen. – Abg. Haigermoser: Ein bißfestes Sakko hat der Smolle!)

21.04

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Dr. Kier, Dr. Petrovic, zu dem genannten Thema einen Untersuchungsausschuß einzusetzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist abgelehnt.

Einlauf

Präsident Dr. Heinrich Neisser: In der heutigen Sitzung sind die Selbständigen Anträge 1079/A (E) bis 1082/A (E) eingebracht worden.

Ferner sind die Anfragen 6217/J bis 6240/J eingelangt.

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Die nächste Sitzung des Nationalrates ist für Mittwoch, den 19. Mai 1999, 10 Uhr, vorgesehen; sie wird auf schriftlichem Wege einberufen werden.

Die heutige Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 21.05 Uhr