Stenographisches Protokoll

171. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XX. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 20. Mai 1999

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

171. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XX. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 20. Mai 1999

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 20. Mai 1999: 9.02 – 22.12 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Erklärungen der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales und des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten gemäß § 19 Abs. 2 GOG zum Thema NAP

2. Punkt: Bericht über den Antrag 1044/A der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Koordination bei Bauarbeiten (Bauarbeitenkoordinationsgesetz – BauKG) geändert wird

3. Punkt: Bericht über den Antrag 1059/A der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird

4. Punkt: Bericht über den Antrag 1077/A der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, BGBl. Nr. 609, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 167/1998, geändert wird

5. Punkt: Bericht über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion auf dem Gebiet des Bundesbedienstetenschutzes im Jahr 1997

6. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 818/A (E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Verpflichtung zur Stellungnahme zu Mängelerhebungen durch das Zentral-Arbeitsinspektorat im Bereich des Bundesbedienstetenschutzes

7. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Polen über soziale Sicherheit

8. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und Bosnien und Herzegowina über soziale Sicherheit

9. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande über soziale Sicherheit

10. Punkt: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Portugiesischen Republik über soziale Sicherheit

11. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz und das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz geändert werden

12. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 419/A (E) der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend erste Konsequenzen aus dem Bericht des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Preisgestaltung auf dem Medikamenten(Heilmittel-)sektor in Österreich unter besonderer Berücksichtigung der diesbezüglichen Aufgaben und Maßnahmen des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger (Teil I) und über die von Organen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales durchgeführte Untersuchung betreffend Vergabepraxis des Hauptverbandes und der Krankenversicherungsträger im Bereich Heilbehelfe und Hilfsmittel (Teil II) aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 13. Juni 1996, E 12-NR/XX.GP

13. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 693/A (E) der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen betreffend Heilmittel und Heilbehelfe – Versäumnisse im Bereich des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales

14. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 559/A (E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Erstellung von Berechnungsgrundlagen zur Finanzierung einer Grundsicherung

15. Punkt: Bericht über den Entschließungsantrag 1032/A (E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Entwurf für ein Bundesgrundsatzgesetz in der Sozialhilfe

16. Punkt: Kunstbericht 1997

17. Punkt: Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Russischen Föderation über kulturelle Zusammenarbeit

18. Punkt: Bericht des Österreichischen Bundestheaterverbandes 1997/98

19. Punkt: Bundesgesetz über die Einholung von Vorabentscheidungen des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften

20. Punkt: Bericht und Antrag betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Nationalrats-Wahlordnung 1992 geändert wird

21. Punkt: Wiener Übereinkommen über die Errichtung einer internationalen Klassifikation der Bildbestandteile von Marken samt Anlage;

Änderung des Wiener Übereinkommens über die Errichtung einer internationalen Klassifikation der Bildbestandteile von Marken (1973) angenommen von der Versammlung am 1. Oktober 1985

22. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Gebührengesetz 1957 geändert wird

23. Punkt: Staatsdruckereigesetz-Novelle 1999

24. Punkt: Übereinkommen über den Beitritt der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden zu dem Übereinkommen über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen samt Protokoll

25. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz geändert wird (1037/A)

26. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird (1068/A)

27. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz 1994 geändert wird (1039/A)

28. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz zur integrativen Prüfung der Auswirkungen von Vorhaben auf die Umwelt (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz, UVP-G) durch das bisherige Bundesgesetz über die Prüfung der Umweltverträglichkeit und die Bürgerbeteiligung (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz – UVP-G), BGBl. Nr. 697/1993, geändert durch BGBl. Nr. 773/1996, ersetzt wird (1057/A)

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen 15

Ordnungsrufe 17, 120

Geschäftsbehandlung

Antrag der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Dr. Volker Kier und Genossen, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Entschließungsantrag 1080/A (E) betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Inneres gemäß § 43 Abs. 1 der Geschäftsordnung eine Frist bis 1. Juni 1999 zu setzen 33

Verlangen gemäß § 43 Abs. 3 der Geschäftsordnung auf Durchführung einer kurzen Debatte im Sinne des § 57a Abs. 1 GOG 33

Redner:

Mag. Terezija Stoisits 140

Anton Leikam 142

Dkfm. DDr. Friedrich König 143

Elfriede Madl 144

Dr. Volker Kier 144

Ing. Monika Langthaler 146

Ablehnung des Fristsetzungsantrages 147

Unterbrechung der Sitzung 106

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 33

Fragestunde (37.)

Inneres 15

Dr. Helene Partik-Pablé (260/M); Dr. Günter Puttinger, Mag. Terezija Stoisits, Mag. Thomas Barmüller, Matthias Achs

Günther Platter (256/M); Mag. Terezija Stoisits, Mag. Thomas Barmüller, Anton Leikam, Wolfgang Jung

Anton Leikam (254/M); Dr. Liane Höbinger-Lehrer, Jakob Auer, Dr. Gabriela Moser, Mag. Thomas Barmüller

Wirtschaftliche Angelegenheiten 25

Dr. Kurt Heindl (261/M); Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann, Hermann Kröll, Dr. Gabriela Moser, Mag. Thomas Barmüller

Matthias Ellmauer (248/M); Dr. Gabriela Moser, Rudolf Parnigoni, Ing. Wolfgang Nußbaumer, Mag. Thomas Barmüller

Justiz 30

Mag. Johann Maier (265/M); Dr. Brigitte Povysil, Dr. Günther Leiner, Klara Motter

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 15

Ausschüsse

Zuweisungen 32, 198, 202, 205, 209

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend die Dringlichkeit von Maßnahmen zur Beseitigung von Einkommenskürzungen der Mieter gemeinnütziger Wohnungen durch ungerechtfertigte, überhöhte Mieten infolge der Verquickung von Politik-, Banken- und Versicherungsinteressen im gemeinnützigen Wohnbau (1098/A) (E) 106

Begründung: Mag. Reinhard Firlinger 107

Staatssekretär Dr. Peter Wittmann 112

Debatte:

Reinhart Gaugg 114

Doris Bures 116

Dr. Walter Schwimmer 118

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (tatsächliche Berichtigung) 120

Mag. Gilbert Trattner (tatsächliche Berichtigung) 121

Mag. Thomas Barmüller 121

Mag. Reinhard Firlinger (tatsächliche Berichtigung) 123

Karl Öllinger 123

Mag. Herbert Haupt 126

Mag. Johann Maier 127

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter 129

Dr. Martin Graf 131

Dr. Johannes Jarolim 132

Hermann Kröll 133

Hermann Böhacker 135

Hermann Mentil 136

Helmut Haigermoser (tatsächliche Berichtigung) 138

Mag. Gilbert Trattner 138

Dr. Peter Kostelka 139

Ablehnung des Selbständigen Entschließungsantrages (1098/A) (E) 140

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Erklärungen der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales und des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten gemäß § 19 Abs. 2 GOG zum Thema NAP 34

Bundesministerin Eleonora Hostasch 35

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 39

Verlangen auf Durchführung einer Debatte gemäß § 81 Abs. 1 der Geschäftsordnung 35

2. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1044/A der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Koordination bei Bauarbeiten (Bauarbeitenkoordinationsgesetz – BauKG) geändert wird (1842 d. B.) 34

3. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1059/A der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird (1843 d. B.) 34

4. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1077/A der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, BGBl. Nr. 609, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 167/1998, geändert wird (1844 d. B.) 34

5. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales betreffend den Bericht (III-187 d. B.) der Bundesministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion auf dem Gebiet des Bundesbedienstetenschutzes im Jahr 1997 (1845 d. B.) 34

6. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 818/A (E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Verpflichtung zur Stellungnahme zu Mängelerhebungen durch das Zentral-Arbeitsinspektorat im Bereich des Bundesbedienstetenschutzes (1846 d. B.) 34

7. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1718 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Polen über soziale Sicherheit (1838 d. B.) 34

8. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1719 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und Bosnien und Herzegowina über soziale Sicherheit (1839 d. B.) 34

9. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1720 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande über soziale Sicherheit (1840 d. B.) 35

10. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1721 d. B.): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Portugiesischen Republik über soziale Sicherheit (1841 d. B.) 35

Redner:

Reinhart Gaugg 42

Annemarie Reitsamer 44

Dr. Volker Kier 46

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 49

Karl Öllinger 51, 92

Bundesministerin Eleonora Hostasch 55, 93

Rudolf Nürnberger 56

Helmut Haigermoser 58

Dr. Gottfried Feurstein 60

Mag. Helmut Peter 62

Bundesminister Dr. Hannes Farnleitner 65, 89

Dr. Dieter Antoni 66

Mag. Doris Kammerlander 67

Ridi Steibl 70

Mag. Herbert Haupt 71

Heidrun Silhavy 73

Theresia Haidlmayr 75

Mag. Dr. Josef Trinkl 76

Sigisbert Dolinschek 79

Winfried Seidinger 81

Ing. Monika Langthaler 82

Rudolf Schwarzböck 84

Anton Blünegger 85

Sophie Bauer 86

Josef Meisinger 87

Anna Elisabeth Aumayr 88

Mag. Gilbert Trattner 90

Dr. Brigitte Povysil 92

Annahme der Gesetzentwürfe in 1842, 1843 und 1844 d. B. 96, 97

Kenntnisnahme des Berichtes III-187 d. B. 97

Kenntnisnahme des Ausschußberichtes 1846 d. B. 97

Genehmigung der Staatsverträge in 1838, 1839, 1840 und 1841 d. B. 97

Entschließungsantrag der Abgeordneten Helmut Haigermoser und Genossen betreffend Einführung des sogenannten Luxemburger Modells – Ablehnung 86, 95

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen betreffend sachgerechte jährliche Anpassung der Sozialversicherungsbeiträge der Bauern – Ablehnung 88, 96

Entschließungsantrag der Abgeordneten Anna Elisabeth Aumayr und Genossen betreffend unbegrenzte Weitergeltung der Ehegatten-Subsidiarität in der bäuerlichen Sozialversicherung – Ablehnung 88, 96

11. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1603 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz und das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz geändert werden (1832 d. B.) 97

Berichterstatterin Dr. Elisabeth Pittermann 98

Redner:

Karl Öllinger 98

Dr. Elisabeth Pittermann 98

Dr. Gottfried Feurstein 99

Sigisbert Dolinschek 101

Annahme des Gesetzentwurfes in 1832 d. B. 102

Gemeinsame Beratung über

12. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 419/A (E) der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend erste Konsequenzen aus dem Bericht des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Preisgestaltung auf dem Medikamenten(Heilmittel-)sektor in Österreich unter besonderer Berücksichtigung der diesbezüglichen Aufgaben und Maßnahmen des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger (Teil I) und über die von Organen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales durchgeführte Untersuchung betreffend Vergabepraxis des Hauptverbandes und der Krankenversicherungsträger im Bereich Heilbehelfe und Hilfsmittel (Teil II) aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 13. Juni 1996, E 12-NR/XX.GP (III-59 d. B.) (1847 d. B.) 102

13. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 693/A (E) der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen betreffend Heilmittel und Heilbehelfe – Versäumnisse im Bereich des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales (1848 d. B.) 102

Redner:

Dr. Alois Pumberger 102

Franz Hums 103

Klara Motter 104

Theresia Haidlmayr 105

Dr. Brigitte Povysil 147

Karl Donabauer 148

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 1847 und 1848 d. B. 149

Gemeinsame Beratung über

14. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 559/A (E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Erstellung von Berechnungsgrundlagen zur Finanzierung einer Grundsicherung (1849 d. B.) 150

15. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 1032/A (E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Entwurf für ein Bundesgrundsatzgesetz in der Sozialhilfe (1850 d. B.) 150

Redner:

Dr. Volker Kier 150

Helmut Dietachmayr 151

Karl Öllinger 152

Franz Kampichler 153

Reinhart Gaugg 154

Kenntnisnahme der Ausschußberichte 1849 und 1850 d. B. 155

Gemeinsame Beratung über

16. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Kunstbericht (III-163 d. B.) 1997 der Bundesregierung (1790 d. B.) 155

17. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (1705 d. B.): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Russischen Föderation über kulturelle Zusammenarbeit (1792 d. B.) 155

18. Punkt: Bericht des Kulturausschusses über den Bericht (III-167 d. B.) des Bundeskanzlers betreffend den Bericht des Österreichischen Bundestheaterverbandes 1997/98 (1791 d. B.) 155

Redner:

Dr. Michael Krüger 155

Franz Morak 157

Klara Motter 159

Dr. Josef Cap 161

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 163

Staatssekretär Dr. Peter Wittmann 164

Dr. Sonja Moser-Starrach 168

Dr. Liane Höbinger-Lehrer 169

Dr. Helga Konrad 171

Dr. Susanne Preisinger 172

Johannes Zweytick 173

Gerhard Reheis 174

Mag. Gisela Wurm 175

Kenntnisnahme der Berichte III-163 und III-167 d. B. 177

Genehmigung des Staatsvertrages in 1792 d. B. 177

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Michael Krüger und Genossen betreffend Kunstförderung durch Sponsoring – Ablehnung 157, 177

19. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1757 d. B.): Bundesgesetz über die Einholung von Vorabentscheidungen des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (1772 d. B.) 177

Redner:

Dr. Günther Kräuter 177

Dr. Michael Krüger 178

Annahme des Gesetzentwurfes in 1772 d. B. 179

20. Punkt: Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Nationalrats-Wahlordnung 1992 geändert wird (1773 d. B.) 179

Redner:

Peter Schieder 179

Maria Rauch-Kallat 180

Franz Lafer 180

Dr. Volker Kier 181

Theresia Haidlmayr 181

Walter Murauer 182

Karl Donabauer 183

Annahme des Gesetzentwurfes in 1773 d. B. 184

21. Punkt: Regierungsvorlage: Wiener Übereinkommen über die Errichtung einer internationalen Klassifikation der Bildbestandteile von Marken samt Anlage;

Änderungen des Wiener Übereinkommens über die Errichtung einer internationalen Klassifikation der Bildbestandteile von Marken (1973) angenommen von der Versammlung am 1. Oktober 1985 (1683 d. B.) 184

(Gemäß § 28a GOG keine Ausschußvorberatung)

Redner:

Ing. Wolfgang Nußbaumer 184

Genehmigung des Staatsvertrages in 1683 d. B. 185

Beschlußfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG 185

Gemeinsame Beratung über

22. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1670 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Gebührengesetz 1957 geändert wird (1812 d. B.) 185

23. Punkt: Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1630 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Staatsdruckereigesetz 1996 geändert wird (Staatsdruckereigesetz-Novelle 1999) (1771 d. B.) 186

24. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1675 d. B.): Übereinkommen über den Beitritt der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden zu dem Übereinkommen über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen samt Protokoll (1813 d. B.) 186

Redner:

Hermann Böhacker 186

Peter Marizzi 187

Mag. Helmut Peter 188

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll 189

Ing. Monika Langthaler 189

Staatssekretär Dr. Wolfgang Ruttenstorfer 190

Anna Huber 191

Dr. Michael Krüger 192

Jakob Auer 193

Mag. Gilbert Trattner 193

Dr. Irmtraut Karlsson 194

Klara Motter 194

Marianne Hagenhofer 195

Annahme der Gesetzentwürfe in 1812 und 1771 d. B. 196

Genehmigung des Staatsvertrages in 1813 d. B. 196

Beschlußfassung im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 B-VG 196

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Helmut Peter und Genossen betreffend Gebührenfreiheit von Geburtsurkunden, Staatsbürgerschaftsnachweisen und Pässen – Ablehnung 194, 196

25. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz geändert wird (1037/A) 196

Redner:

Karl Öllinger 196

Mag. Herbert Kaufmann 197

Dr. Volker Kier 197

Reinhart Gaugg 198

Zuweisung des Antrages 1037/A an den Ausschuß für Arbeit und Soziales 198

26. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird (1068/A) 198

Redner:

Dr. Helene Partik-Pablé 198

Annemarie Reitsamer 199

Edeltraud Gatterer 199

Harald Fischl 200

Dr. Volker Kier 201

Theresia Haidlmayr 202

Zuweisung des Antrages 1068/A an den Ausschuß für Arbeit und Soziales 202

27. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz 1994 geändert wird (1039/A) 202

Redner:

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 202

Marianne Hagenhofer 203

Ridi Steibl 204

Reinhart Gaugg 205

Zuweisung des Antrages 1039/A an den Gleichbehandlungsausschuß 205

28. Punkt: Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz zur integrativen Prüfung der Auswirkungen von Vorhaben auf die Umwelt (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz, UVP-G) durch das das bisherige Bundesgesetz über die Prüfung der Umweltverträglichkeit und die Bürgerbeteiligung (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz – UVP-G), BGBl. Nr. 697/1993, geändert durch BGBl. Nr. 773/1996, ersetzt wird (1057/A) 205

Redner:

Mag. Karl Schweitzer 206

Dipl.-Ing. Werner Kummerer 206

Karlheinz Kopf 207

Mag. Thomas Barmüller 207

Ing. Monika Langthaler 208

Zuweisung des Antrages 1057/A an den Umweltausschuß 209

Eingebracht wurden

Anträge der Abgeordneten

Mag. Reinhard Firlinger und Genossen betreffend die Dringlichkeit von Maßnahmen zur Beseitigung von Einkommenskürzungen der Mieter gemeinnütziger Wohnungen durch ungerechtfertigte, überhöhte Mieten infolge der Verquickung von Politik-, Banken- und Versicherungsinteressen im gemeinnützigen Wohnbau (1098/A) (E)

Dr. Martin Graf und Genossen betreffend eine eigenständige Studierendenvertretung für Fachhochschul-Studiengänge, für Akademien gemäß AStG und für künftig akkreditierte Universitäten (Privatuniversitäten ) (1099/A) (E)

Dr. Volker Kier, Dr. Peter Kostelka, Dr. Andreas Khol, Mag. Terezija Stoisits, MMag. Dr. Willi Brauneder und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über den Nationalfonds der Republik Österreich für Opfer des Nationalsozialismus geändert wird (1100/A)

Dr. Gabriela Moser und Genossen betreffend nationales Verkehrssicherheitsprogramm "Sicherheit 2000" (1101/A) (E)

Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (1102/A)

Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz, das Arbeitskräfteüberlassungsgesetz, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz, das Ausländerbeschäftigungsgesetz und das Bundesvergabegesetz 1997 geändert werden (1103/A)

Theresia Haidlmayr und Genossen betreffend Psychotherapie auf Krankenschein (1104/A) (E)

Dr. Alfred Gusenbauer, Werner Amon und Genossen betreffend die Situation blinder Menschen in den Ländern der "Dritten Welt" (1105/A) (E)

Reinhart Gaugg und Genossen betreffend die Notwendigkeit von Maßnahmen im Bereich des gemeinnützigen Wohnbaus (1106/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Herbert Scheibner und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Kostenersatz für Luftfahrzeuge und Flugtreibstoff (6304/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Impfmaßnahmen gegen Rotaviren in industrialisierten Ländern durch WHO gefordert (6305/J)

Dr. Robert Rada und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Arbeitsbedingungen und Abgeltung von Schulaufsichtsbeamten an Europäischen Schulen (6306/J)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Ernährungs-Unterricht an Österreichs Schulen (6307/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend die Ausdehnung des Strafverfahrens in der Causa Omofuma (6308/J)

Dr. Volker Kier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend neue Erkenntnisse im Zusammenhang mit dem Tod des Nigerianers Marcus Omofuma und Versäumnissen des Bundesministeriums für Inneres (6309/J)

Herbert Scheibner und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Benützung von Wäldern im Einsatz und bei Übungsvorhaben (6310/J)

Anna Elisabeth Aumayr und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Auslaufen des Milchquotensystems (6311/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Neuregelung des europäischen Chemikalienrechts (6312/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Gesundheitsgefahr durch Chemikalien mit hormonellen Wirkungen (6313/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Gesundheitsgefahr durch Chemikalien mit hormonellen Wirkungen (6314/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend rassistische Vorurteile bei "Abschiebungsbeamten" (6315/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend mitteleuropäische Flugverkehrskontrollzentrale "Donauplatte" im Rahmen des CEATS-Projektes (6316/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Umweltverfahren in Oberösterreich (6317/J)

MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend finanzielle Entschädigung für die Hinterbliebenen von Marcus Omofuma (6318/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Präsidenten des Rechnungshofes betreffend Überstunden, Teilzeitarbeit und Arbeitszeitverkürzung (6319/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Überstunden, Teilzeitarbeit und Arbeitszeitverkürzung (6320/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für auswärtige Angelegenheiten betreffend Überstunden, Teilzeitarbeit und Arbeitszeitverkürzung (6321/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Überstunden, Teilzeitarbeit und Arbeitszeitverkürzung (6322/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Überstunden, Teilzeitarbeit und Arbeitszeitverkürzung (6323/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Überstunden, Teilzeitarbeit und Arbeitszeitverkürzung (6324/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Überstunden, Teilzeitarbeit und Arbeitszeitverkürzung (6325/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Überstunden, Teilzeitarbeit und Arbeitszeitverkürzung (6326/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend Überstunden, Teilzeitarbeit und Arbeitszeitverkürzung (6327/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft betreffend Überstunden, Teilzeitarbeit und Arbeitszeitverkürzung (6328/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie betreffend Überstunden, Teilzeitarbeit und Arbeitszeitverkürzung (6329/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Überstunden, Teilzeitarbeit und Arbeitszeitverkürzung (6330/J)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Überstunden, Teilzeitarbeit und Arbeitszeitverkürzung (6331/J)

Franz Kampichler und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend die Unfallhäufigkeit auf dem Wechselabschnitt der Süd Autobahn II (6332/J)

Paul Kiss und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Bestellkarte des Buchdienstes Südtirol (6333/J)

Walter Murauer und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend die Abschiebung von Schubhäftlingen (6334/J)

Ridi Steibl und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend die sozialrechtliche Absicherung von Pflegeeltern (6335/J)

Dr. Martin Graf und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Flugsicherung (6336/J)

Dr. Martin Graf und Genossen an den Bundesminister für Wissenschaft und Verkehr betreffend Neubesetzung des Vorstandes für Orthopädie an der Universitätsklinik in Innsbruck (6337/J)

Dipl.-Ing. Leopold Schöggl und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Standards für Betreuungs- und Pflegeheime (6338/J)

Dr. Brigitte Povysil und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Lösung des Jahr-2000-Problems (Y2K) Entschließung und Berichte der EU-Kommission (KOM(98)0102 – C4-0233/98), (KOM(98)0593), (B4-0693/98), (A4-0014/99) (6339/J)

Helmut Haigermoser und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend erlittenen Milliarden-Schaden der Republik (6340/J)

Mag. Karl Schweitzer und Genossen an den Bundeskanzler betreffend Schulsachaufwand für Lehrlinge des BFI Oberwart (6341/J)

Mag. Karl Schweitzer und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Schulsachaufwand für Lehrlinge des BFI Oberwart (6342/J)

Mag. Karl Schweitzer und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Schulsachaufwand für Lehrlinge des BFI Oberwart (6343/J)

Mag. Karl Schweitzer und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend Schulsachaufwand für Lehrlinge des BFI Oberwart (6344/J)

Helmut Haigermoser und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Fragebogen der Gebietskrankenkasse (6345/J)

Helmut Haigermoser und Genossen an die Bundesministerin für Frauenangelegenheiten und Verbraucherschutz betreffend Fragebogen der Gebietskrankenkasse (6346/J)

Mag. Karl Schweitzer und Genossen an die Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten betreffend Auswahlkriterien bei Stellenausschreibungen für Direktorenposten (6347/J)

Mag. Karl Schweitzer und Genossen an den Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten betreffend 380-kV-Leitung im Südburgenland (6348/J)

Herbert Scheibner und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend die Ausstattung der Soldaten des Bundesheeres mit persönlichen Bekleidungs- und Ausrüstungsgegenständen (6349/J)

Dr. Gerhard Kurzmann und Genossen an die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales betreffend Mißbrauch der Ausgleichszulage durch Ausländer (6350/J)

Paul Kiss und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Aktion "kein Mensch ist illegal" (6351/J)

Dkfm. Dr. Günter Puttinger und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Einsatz von Hubschraubern des Bundesministeriums für Inneres (6352/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Abgaben- und Steuerflucht österreichischer Unternehmer (6353/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Dienstpflichten der Vorgesetzten (6354/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Disziplinarverfahren (6355/J)

Mag. Terezija Stoisits und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Einrichtung eines Menschenrechtsbeirates (6356/J)

*****

Mag. Doris Kammerlander und Genossen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Erteilung von Ordnungsrufen (53/JPR)

Dr. Gabriela Moser und Genossen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend Überstunden, Teilzeitarbeit und Arbeitszeitverkürzung (54/JPR)

Mag. Herbert Haupt und Genossen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend unzumutbare Belastung der Parlamentsbediensteten (55/JPR)

Beginn der Sitzung: 9.02 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dr. Heinrich Neisser, Dritter Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich darf Sie alle herzlich begrüßen. Ich bitte Sie, die Plätze einzunehmen, und erkläre die 171. Sitzung dieser Gesetzgebungsperiode für eröffnet.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Verzetnitsch, Haller, Dkfm. Holger Bauer und Dr. Heide Schmidt.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht: Die Frau Bundesministerin für Unterricht und kulturelle Angelegenheiten Elisabeth Gehrer wird durch Herrn Bundesminister Mag. Wilhelm Molterer vertreten.

Fragestunde

Bundesministerium für Inneres

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen am Beginn der Sitzung zur Fragestunde. Ich beginne um 9.02 Uhr mit dem Aufruf der Anfragen.

Die erste Anfrage wird von Frau Abgeordneter Partik-Pablé formuliert. – Bitte, Frau Abgeordnete.

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Minister! Meine Frage lautet:

260/M

Welche Möglichkeiten sehen Sie, in Hinblick auf die Wahrung der öffentlichen Ruhe, Ordnung und Sicherheit in Österreich, die zunehmend aggressiver werdenden Protestaktionen von Serben gegen die NATO einzudämmen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Die Vielzahl von Demonstrationen, die von serbischen Gruppen in Österreich gegen die NATO-Angriffe auf Serbien stattfinden, ist nicht von zunehmender Aggressivität geprägt, sondern gerade in letzter Zeit zeigt sich, daß diese immer weniger und unbedeutender werden. (Abg. Scheibner: Gleichbleibend hoch!)

Trotzdem möchte ich das natürlich nicht unterschätzen. Seit Beginn, seit ungefähr Mitte März dieses Jahres, gibt es beinahe jeden Tag Demonstrationen von serbischen Gruppen, und die österreichische Exekutive hat die Aufgabe, gegen diese Demonstrationen in der Weise vorzugehen, daß alles getan wird, damit diese Demonstrationen möglichst friedlich über die Bühne gehen. Ich glaube sagen zu können, daß im angefragten Zeitraum die Demonstrationen weitgehend friedlich und auch in geordneten Bahnen verliefen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Meine Frage war aber, welche Möglichkeiten Sie sehen, sie einzudämmen. Herr Minister, diese Frage haben Sie nicht beantwortet. (Abg. Wabl: Das ist ein Grundrecht, Frau Partik-Pablé! Was wollen Sie noch alles eindämmen, Sie Rassentheoretikerin?) Ich verweise darauf, daß zum Beispiel in Vorarlberg Herr Sicherheitsdirektor Marent über Betreiben von ÖVP und FPÖ mit den Serbenverbänden gesprochen und erreicht hat, daß die Demonstrationen aufgehört haben. (Abg. Wabl: Dämmen Sie Ihre Rassentheorien ein!) Und jetzt möchte ich Sie gerne fragen, ob auch Sie solche Gespräche geführt haben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Ich erlaube mir, nochmals auf Ihre erste Frage einzugehen, Frau Abgeordnete. Natürlich ist es das Bemühen des Innenministers, alles zu tun, um die öffentliche Ruhe, Ordnung und Sicherheit aufrechtzuerhalten. Natürlich steht es aber auch im Mittelpunkt des Handelns eines österreichischen Innenministers, alles daranzusetzen, damit das Recht auf Versammlungsfreiheit für alle Menschen in unserem Lande ein verbürgtes Recht ist. (Demonstrativer Beifall bei den Grünen sowie beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Verbürgt ist es ja! – Abg. Wabl: Ihre Rassentheorien gehören eingedämmt!) Und dieses Recht, meine sehr geehrten Damen und Herren, schließt meiner Meinung nach auch ein, daß ausländische Mitbürger ihre Meinung zu Vorgängen ... (Abg. Wabl: Herr Scheibner, das ist Ihr Einstandsgeschenk für dieses Haus! Mit Ihrer Rassentheoretikerin! – Abg. Scheibner: Das ist ja ungeheuerlich! Das sind unqualifizierte Zwischenrufe! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie wollen Drogendealer schützen! – Anhaltende Rufe und Gegenrufe zwischen Abg. Wabl und Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Ich bitte jetzt um Ruhe! Wir sind in der Fragestunde, und am Wort ist der Herr Bundesminister! Er ist gefragt worden, und daher ist es höflich, wenn er antwortet.

Bitte, Herr Minister. (Abg. Wabl – in Richtung der Abg. Dr. Partik-Pabl頖: Dämmen Sie Ihre Rassentheorien ein!) Ich bitte jetzt darum, den Herrn Minister antworten zu lassen!

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Meine sehr geehrten Damen und Herren! Meiner Überzeugung nach ist es ein wichtiger Grundsatz, daß das Recht der Versammlungsfreiheit auch einschließt, daß ausländische Mitbürger ihre Meinung zu Vorgängen in ihrer Heimat auch in der Öffentlichkeit auf friedliche Weise vertreten können. Ich versichere Ihnen aber, daß es für mich genauso wichtig ist, alles zu tun, um das Hereintragen von gewaltsamen Konflikten nach Österreich und jede Eskalation so weit wie möglich zu verhindern. Zwischen diesen zwei Positionen versuche ich bestmöglich, Sicherheitspolitik zu machen, und ich glaube, daß das unseren Beamtinnen und Beamten in den letzten Monaten – seit es diese Demonstrationen gibt –auch in hervorragender Weise gelungen ist.

Gleichzeitig möchte ich darauf hinweisen, Frau ... (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie antworten aber nicht auf meine Frage!) Ja, ich versuche es, lassen Sie mich ausreden! (Abg. Scheibner: Das hat ja nichts mit Demonstrationsfreiheit zu tun! – Abg. Wabl: Sie haben sich als Rassistin qualifiziert, Frau Partik-Pabl頖 und sonst nichts! Herr Scheibner, Sie sitzen neben einer Rassistin!)

Gleichzeitig möchte ich Sie darauf hinweisen, daß es eine Reihe von Gesprächen gegeben hat, und zwar nicht nur in Bregenz, sondern auch in Wien, mit den Veranstaltern der Demonstration, in denen wir uns bemüht haben, eine Eindämmung der Demonstrationen zu erreichen, in denen wir aber auch bestrebt waren, zu erreichen, daß die Demonstrationen auf verschiedenen Plätzen stattfinden, sodaß nicht jeden Abend dieselbe Wohnbevölkerung von Demonstrationen gestört wird.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister.

Zusatzfrage? – Bitte, Herr Abgeordneter Dkfm. Puttinger.

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Puttinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sie haben zwar gesagt, daß die Demonstrationen immer ruhiger verlaufen, ich möchte aber trotzdem fragen, ob im Zusammenhang mit diesen Protestaktionen Übergriffe von Serben auf Kosovo-Albaner oder Österreicher stattgefunden haben, und wenn ja, wie viele. Wie viele strafrechtliche Anzeigen hat es gegeben? Beziehungsweise würde mich interessieren, ob ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, das Kontingent an Zusatzfragen ist damit erschöpft! – Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Das ist eine sehr umfangreiche Zusatzfrage. – Meines Wissens hat es keine gewaltsamen Übergriffe von serbischen Demonstranten auf österreichische Staatsbürger oder auf albanische Staatsbürger beziehungsweise ausländische Mitbürger albanischer Abstammung gegeben.

Es hat eine Reihe von Vorkommnissen gegeben, beispielsweise am 13. März 1999 in Bregenz eine Festnahme wegen Ordnungsstörung. Es hat am 27. März 1999 in Wien mehrere Anzeigen wegen Sachbeschädigung gegeben, vor allem wegen der Beschmutzung von Fassaden mehrerer Häuser. Es hat anschließend auch eine Anzeige wegen der Beschädigung eines Lkws gegeben. Und am 28. März 1999 hat es in Wien Anzeigen wegen Sachbeschädigung, Werfens von Knallkörpern und Verschmutzung von Fassaden gegeben.

Es hat auch eine Vielzahl von Beschwerden wegen allzu lauter Musik gegeben. Frau Abgeordnete Pablé! Da haben wir in Gesprächen zu erreichen versucht, daß weniger Lärm erregt wird. Es hat ferner am 10. April 1999 in Wien eine unangemeldete Demonstration im Bereich der Friedensbrücke gegeben. Darüber hinaus wird es sicherlich noch eine Reihe anderer Anzeigen gegeben haben, die ich jetzt nicht parat habe, aber ich kann sagen, daß es zu keinen gewaltsamen Auseinandersetzungen gekommen ist, und das hängt vor allem auch damit zusammen, daß unsere Beamtinnen und Beamten mit großem Augenmaß gegenüber diesen Demonstrationen vorgegangen sind.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Nächste Zusatzfrage: Frau Abgeordnete Stoisits, bitte.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Bundesminister! Die jugoslawischen Staatsangehörigen in Österreich demonstrieren ja nicht aus Jux und Tollerei, sondern weil permanent Bomben auf ihr Heimatland fallen. (Rufe bei den Freiheitlichen: Frage!) Wir sind ja – Gott sei Dank! – von kriegerischen Ereignissen verschont, aber bei uns gibt es sehr viele Flüchtlinge und Familien, Menschen in Not aus dem Kosovo, aber auch aus Jugoslawien. (Rufe bei den Freiheitlichen: Frage! Frage!) Ich bekomme immer wieder, täglich, Klagen darüber, daß die Aufnahme von Flüchtlingen schleppend vor sich geht, daß die Erteilung von ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete, bitte um die Formulierung der Frage – auch wenn ich dabei bleibe, daß die Geschäftsordnung nicht von einer Fraktion durch Zurufe gehandhabt wird, sondern hier vom Präsidium aus. Aber ich bitte Sie jetzt um Ihre Frage. (Abg. Dr. Krüger: Aber wenn sie gar nicht gehandhabt wird, ist es notwendig! – Anhaltende Rufe bei den Freiheitlichen.)

Ich bitte um Ruhe! (Abg. Haigermoser: Wir brauchen keinen Oberlehrer!) – Herr Abgeordneter Haigermoser, ich erteile Ihnen einen Ordnungsruf für Kritik am Präsidium!

Frau Abgeordnete Stoisits, bitte.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet: Was unternehmen Sie als Innenminister, um die Aufnahme von Flüchtlingen in Österreich zu beschleunigen und die Erteilung von Visa für Angehörige von Gastarbeitern zu unterstützen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Sehr geehrte Frau Abgeordnete! Die österreichische Bundesregierung hat beschlossen, 5 000 Flüchtlinge, Kriegsvertriebene aus dem Kosovo, kurzfristig in Österreich aufzunehmen und ihnen hier entsprechenden Schutz, Hilfe und Betreuung angedeihen zu lassen.

Wir haben diese Aktion vor einigen Wochen begonnen und haben bisher rund 3 400 bis 3 500 Menschen aus verschiedenen Lagern Mazedoniens nach Österreich gebracht. Diese Menschen wurden nach einer medizinischen Betreuung, nach der Feststellung der Identität und Versehung mit entsprechenden Identitätsausweisen auf die einzelnen Bundesländer Österreichs aufgeteilt. Ein Teil dieser Menschen befindet sich in entsprechenden Aufnahmezentren in Österreich. Ein größerer Teil ist privat untergekommen, entweder in österreichischen Gastfamilien oder, was öfter der Fall ist, bei Familienangehörigen.

Es gibt darüber hinaus den Wunsch, daß zusätzlich weitere Menschen ein Visum für Österreich bekommen. Wir versuchen derzeit, die betreffenden Anzeigen zu sammeln, die es im Bereich Albaniens gibt. Der österreichischen Botschaft in Albanien liegen meines Wissens zurzeit zirka 1 000 Wünsche auf ein Visum von Menschen vor, die nach Österreich kommen wollen, und wir prüfen derzeit, inwieweit diese Menschen die Möglichkeit haben, ein Visum zu bekommen oder kurzfristig in Österreich Aufnahme zu finden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister. – Herr Abgeordneter Barmüller stellt die nächste Zusatzfrage.

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Es hat mehrfach Meldungen gegeben, wonach Kosovo-Albaner von UÇK-Aktivisten in Österreich für den Kriegsdienst rekrutiert werden. Meine Frage an Sie: Wissen Sie davon, und was tun Sie, damit solche Rekrutierungen nicht stattfinden? Sehen Sie insbesondere auch eine Neutralitätsgefährdung in einem solchen Vorgang? – Danke schön.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister! Ich bitte Sie, selbst zu prüfen, ob ein inhaltlicher Zusammenhang zur Hauptfrage gegeben ist.

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Herr Präsident! Ich sehe keinen inhaltlichen Zusammenhang, erlaube mir aber trotzdem, kurz zu antworten.

Ich würde, wenn es solche zwangsweisen Rekrutierungen in Österreich gäbe und die österreichischen Behörden nichts dagegen unternähmen, in diesem Vorgang eine Neutralitätsverletzung sehen. Wir haben bestimmte Hinweise darauf bekommen, daß das vereinzelt der Fall gewesen sein soll. Wir sind dem auch nachgegangen, und es gibt auch entsprechende Untersuchungen der österreichischen Behörden.

Es dürfte aber so sein, daß im Vergleich zu den Nachbarstaaten dieser Versuch der Rekrutierung in Österreich bedeutend geringer ist. Das hängt auch damit zusammen, daß in Österreich ein deutlich geringerer Anteil an Kosovo-Albanern aufhältig ist, als das in Deutschland und der Schweiz der Fall ist.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Nächste Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Achs, bitte.

Abgeordneter Matthias Achs (SPÖ): Herr Bundesminister! Da es im Zusammenhang mit den Vorgängen im Kosovo auch bei uns in Österreich zu Demonstrationen gekommen ist, frage ich Sie: Wie viele Personen haben an solchen Protestaktionen teilgenommen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Herr Abgeordneter! Es gibt seit dem 13. März in Wien jeden Tag solche Protestaktionen serbischer Gruppen. Es hat aber auch Protestaktionen von kosovo-albanischen Gruppen in Österreich gegeben, und es hat auch in den Bundesländern, in den größeren Städten, fallweise Protestkundgebungen gegeben.

Die jeweilige Teilnehmerzahl bei diesen Protestkundgebungen ist sehr unterschiedlich. Es hat Spitzenzahlen von 3 500 bis 4 000 Demonstranten gegeben. In den letzten Tagen hat sich die Zahl der Demonstranten bei den täglichen Demonstrationen deutlich verringert, und ich gehe davon aus, daß sich das auch in den nächsten Tagen so fortsetzen wird.

Darüber hinaus hat es noch eine Demonstration – ich glaube, am 12. Mai 1999 – von Chinesen vor der amerikanischen Botschaft in Wien gegeben, an der meines Wissens an die 500 bis 1 000 Menschen teilgenommen haben. Diese Menschen haben gegen die Bombardierung der chinesischen Botschaft in Belgrad demonstriert.

Ich kann Ihnen also insgesamt keine genaue Zahl nennen. Spitzenzahlen waren 3 500 bis 4 000. In den letzten Tagen und Wochen ist diese Zahl deutlich gesunken, und die Zahl der Teilnehmer an solchen Demonstrationen liegt jetzt im Schnitt bei rund 1 000 bis maximal 2 000.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister.

Der zweite Fragenkomplex beginnt mit der Frage des Herrn Abgeordneten Platter. Ich bitte ihn, die Frage zu formulieren.

Abgeordneter Günther Platter (ÖVP): Herr Minister! Meine Frage lautet:

256/M

Welche Erfahrungen haben Sie anläßlich der Rettungsaktionen bei der tragischen Lawinenkatastrophe in Galtür gemacht?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung, Herr Minister.

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Herr Abgeordneter! Diese Lawinenkatastrophen in Galtür und in der Gemeinde Ischgl waren dramatisch, und jeder, der sich im nachhinein von den Schäden überzeugt hat, hat nicht nur gesehen, welch dramatische Auswirkungen das auf die beiden Gemeinden gehabt hat, sondern auch, mit welcher Gewalt die Natur dort zugeschlagen hat.

Trotzdem kann ich sagen, daß wir, neben dem tragischen menschlichen Leid, neben den Opfern, die wir dort zu verzeichnen hatten, die Krisenbewältigung eigentlich als positiv bezeichnen können. Die Erfahrung hat gezeigt, daß die Zusammenspiel der Rettungsaktionen in Galtür im wesentlichen hervorragend funktioniert hat. Es hat das Krisenmanagement des Landes Tirol sehr, sehr gut funktioniert, es haben die politisch Verantwortlichen im Land Tirol meiner Meinung nach in hervorragender Weise agiert, und ich glaube, daß sich die Zusammenarbeit zwischen den Einsatzkräften der Exekutive, des Bundesheeres, der Gendarmerie, aber auch der vielen Freiwilligen-Organisationen, der Rettungsorganisationen, der Bergrettung und vieler anderer Organisationen unbürokratisch und absolut friktionslos gestaltet hat.

Ich glaube auch, daß es sehr gut gewesen ist, daß wir in Landeck eine Einsatzzentrale, nämlich die Kaserne zur Verfügung gehabt haben. Mit diesem Stützpunkt konnte die Krisenbewältigung in noch besserer Weise erfolgen, als wenn wir diesen Stützpunkt nicht gehabt hätten.

Das heißt also, mein Resümee als Innenminister ist, daß die Zusammenarbeit zwischen den politisch Verantwortlichen, den Rettungsorganisationen und den Exekutivkräften eine sehr, sehr gute gewesen ist und dazu beigetragen hat, menschliches Leid zu lindern. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Günther Platter (ÖVP): Herr Minister! Sie waren ja selbst unmittelbar nach der Lawinenkatastrophe in Galtür, und ich bin ebenfalls der Meinung, daß die verschiedenen Rettungsorganisationen hervorragende Arbeit geleistet haben, und daß darüber hinaus auch die Einsatzleitung mit Landeshauptmann und Bezirkshauptmann gut zusammengearbeitet hat.

Dennoch war feststellbar, daß die Kommunikation zwischen den verschiedenen Rettungorganisationen sehr schwierig war, weil Funk und Telefon teilweise nicht funktioniert haben. Daher frage ich Sie, Herr Minister: Bis wann glauben Sie, daß es einen einheitlichen Katastrophenfunk auf digitaler Basis geben wird, damit die Kommunikation zwischen den verschiedenen Rettungsorganisationen und der Exekutive in Zukunft verbessert wird?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung, Herr Minister.

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Herr Abgeordneter, Sie haben vollkommen recht: Diese Katastrophe hat deutlich gezeigt, wie notwendig und wichtig es ist, den Digitalfunk in Österreich einzuführen, und zwar nicht nur für die österreichische Exekutive – also für Gendarmerie und Polizei, damit es da eine Vernetzung gibt –, sondern daß darüber hinaus auch das Bundesheer, die Zollwache, die Justizwache, aber auch – etwa in den Bundesländern – die entsprechenden Rettungsorganisationen, die Feuerwehr und Rot-Kreuz-Organisationen unbedingt miteinbezogen werden müssen.

Das Planungsstadium dieses Projektes, das wir ADONIS nennen, ist bereits eingeleitet worden. Ich habe für heuer die Geldmittel dafür vom Finanzministerium zur Verfügung gestellt bekommen. Dieses ganze Projekt wird, wenn es in der größtmöglichen, sinnvollen Variante realisiert wird, sicherlich 4 bis 5 Milliarden Schilling, wenn nicht mehr, kosten. Ich meine aber, daß das – aufgeteilt auf einige Jahre – sinnvoll, notwendig und wichtig ist, vor allem auch deswegen, weil es ja nicht nur auf den Bund beschränkt ist, sondern auch von seiten der Länder großes Interesse vorhanden ist und sicherlich auch eine finanzielle Beteiligung von den Ländern in noch auszuverhandelnder Höhe zu erwarten ist.

Ich gehe davon aus, daß wir im nächsten Budget die entsprechenden Geldmittel für die erste Ausbauetappe zur Verfügung gestellt bekommen, sodaß dieses digitale Funknetz realistisch gesehen bis zum Jahre 2003 beziehungsweise 2004 ausgebaut werden kann.

Wenn das nicht möglich ist, dann sage ich, daß allein für den Bereich des österreichischen Innenministeriums mindestens 300 bis 400 Millionen Schilling, wenn nicht mehr, investiert werden müssen, um das veraltete Funknetz einigermaßen auszurüsten und auszubessern. Dabei muß ich aber dazusagen, daß das meiner Meinung nach eine sinnlose Investition wäre, weil wir ein altes Funksystem haben, das aus den Sechzigerjahren stammt. Wir stehen am Ende dieses Jahrhunderts, und jedem muß bewußt sein, daß gerade in diesem Bereich die technische Entwicklung gigantisch gewesen ist.

Das heißt also, es wäre ein echtes politisches Versäumnis, wenn wir nicht ab nächstem Jahr auf das digitale Funknetz umstellen würden, und ich erwarte mir eigentlich, daß von den politisch Verantwortlichen diese Zusatzfinanzierung sowohl für das Innenministerium, als auch für das Verteidigungsministerium, das Justizministerium und das Finanzministerium bewilligt wird. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Stoisits, bitte.

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Bundesminister! Lassen Sie mich noch einmal die Brücke von der Lawinenkatastrophe im Winter in Österreich zur Katastrophe jetzt am Balkan schlagen.

Sie haben ja gerade gesagt, es werden über die 5 000 Visa hinaus noch weitere Möglichkeiten geprüft, Leute nach Österreich ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete! Ich bitte: Es ist jetzt die Katastrophe in Galtür Gegenstand der Fragestunde, und die Zusatzfragen können sich nicht auf Visa beziehen, sondern auf diese Katastrophe. Ich bitte Sie, das zu akzeptieren!

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): Es geht um die Erfahrungen, die der Herr Bundesminister mit Katastrophen macht. Ich mache die Erfahrung, Herr Präsident, daß die Menschen wochenlang auf Visa ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte Sie, Ihre Zusatzfrage zu stellen, Frau Abgeordnete!

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (fortsetzend): Herr Bundesminister! Ihre Erfahrungen beschränken sich darauf, zu sagen: Es wird geprüft. Die Menschen sind in Leid und in Not, und ich frage Sie: Was tun Sie, um zu beschleunigen, daß sie zu ihren Familienangehörigen – Ehemännern in der Regel – nach Österreich ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die nächste Zusatzfrage stellt Herr Abgeordneter Barmüller. – Bitte.

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Im Zuge des Einsatzes in Galtür hat sich herausgestellt, daß auch die Ausrüstung des Bundesministeriums für Inneres für solche Katastropheneinsätze verbesserungswürdig ist. Meine Frage lautet daher: Welche Erfahrungen werden Sie insbesondere hinsichtlich des Fluggerätes umsetzen, und welche budgetären Vorsorgen sind dafür zu treffen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Herr Abgeordneter! In bezug auf das Fluggerät sehe ich eigentlich kein Problem, weil das österreichische Innenministerium bereits vor einigen Monaten vom Finanzministerium die Zusage erhalten hat, in den nächsten drei Jahren fünf neue, moderne Exekutivhubschrauber anschaffen zu können. Damit ist gewährleistet, daß das österreichische Innenministerium die notwendigen modernen Fluggeräte zur Verfügung hat.

Was für mich wichtig ist, ist die Anschaffung von zehn neuen Rettungshubschraubern, die dringend notwendig sind, weil das Rettungshubschraubersystem derzeit auf einmotorigen Hubschraubern basiert. Und nicht nur aufgrund von EU-Normen, sondern auch aufgrund der Tatsache, daß natürlich ein zweimotoriger Hubschrauber bedeutend sicherer ist als ein einmotoriger, ist es notwendig, diese zehn neuen Rettungshubschrauber so bald wie möglich anzuschaffen.

Wir haben diesbezüglich einen Stufenplan, der im Jahre 2000 die Anschaffung von drei, im Jahre 2001 von vier, im Jahre 2002, so glaube ich, von zwei und die Anschaffung des letzten Hubschraubers im Jahre 2003 vorsieht. Es könnte auch sein, daß sich diese Zahlen ein bißchen verschieben – ich weiß das jetzt nicht auswendig –, aber jedenfalls sollen bis ins Jahr 2003 diese zehn Rettungshubschrauber angeschafft werden.

Es wird dafür eine zusätzliche finanzielle Beteiligung durch die Länder geben. Wir haben in diesem Zusammenhang schon einen Betrag von 20 bis 25 Millionen Schilling pro Jahr zusätzlich ausverhandelt. Ich hoffe, daß ich auch von Institutionen, die im Spital-, Rettungs- und Versicherungsbereich tätig sind, zusätzliche Geldmittel dafür bekomme. Ich werde wahrscheinlich auch von den Privatversicherern eine zusätzliche Finanzierung bekommen, und zwar in der Höhe von 2 Millionen Schilling. Der Rest muß dadurch abgedeckt werden, daß im Innenministerium Budgetmittel umgeschichtet werden, aber auch dadurch, daß der Finanzminister zusätzliches Geld für diese Rettungshubschrauber zusichert und freimacht. – Das zum Flugbereich.

Darüber hinaus habe ich mit den Beamten, die in Galtür tätig gewesen sind, auch persönlich eine Reihe von Gesprächen geführt, und es sind dabei bezüglich der Ausrüstung einige Kritikpunkte genannt worden, die sich im wesentlichen darauf beziehen, daß das Schuhwerk winterfester gemacht werden soll, daß aber auch bei der Bekleidung das eine oder andere nicht ganz für solche dramatische Katastrophenfälle geeignet ist. Ich habe bereits den betreffenden Anschaffungsvorgang eingeleitet, sodaß im nächsten Winter entsprechend geeigneteres Material zur Verfügung stehen wird.

Aber im wesentlichen haben die Beamten auch bestätigt, daß die Ausrüstung des Innenministeriums, die Ausrüstung der Berggendarmerie sehr gut ist und für solche Katastrophenfälle geeignet ist.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister. – Herr Abgeordneter Leikam, bitte.

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Bundesminister! In Galtür, im Paznaun- und im Kaunertal haben diese Lawinenabgänge in der Tat großes Leid hervorgerufen. Es wurden praktisch zwei Täler zerstört, und der Einsatz von freiwilligen Helfern sowie Helfern der Exekutive und des Bundesheers war vorbildlich. Helfen wurde in diesen beiden Tälern zur Teamarbeit.

Herr Bundesminister! Das Projekt ADONIS wurde bereits erwähnt. Ein Teil seiner Finanzierung ist im Budget bereits vorgesehen. Meine Frage: Beginnen Sie etwa im Land Tirol mit der ADONIS-Ausstattung?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Ich habe noch keinen Plan in der Hinsicht, in welchen Bundesländern ich beginne und in welchen nicht. Es gibt in manchen Bundesländern gewisse Funkprobleme, danach wird man natürlich die Prioritäten setzen müssen.

Das Land Tirol hat deshalb einen Startvorteil, Herr Abgeordneter, weil derjenige, der dieses Projekt im Innenministerium betreibt, aus dem Land Tirol kommt und daher natürlich großes Interesse an diesem Bundesland hat. Aber ich gehe davon aus, daß wir natürlich dort beginnen müssen, wo es die größten Funkprobleme und Funkschatten gibt. In dieser Hinsicht ist vor allem Niederösterreich – besonders das Weinviertel – ein sehr stark benachteiligter Bereich. Wir haben in Niederösterreich diesbezüglich große Probleme.

Darüber hinaus gibt es Probleme in allen gebirgigen Regionen, und es gibt auch sehr große Probleme im Bereich Wien-Umgebung. Ich werde die Prioritäten natürlich dort setzen, wo die größten Funkschatten und Funkprobleme bestehen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Jung, bitte.

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Galtür hat gezeigt, daß die für Katastrophenzwecke zur Verfügung stehende Hubschrauberkapazität des Bundes nicht ausreicht. Eine Zusammenfassung und Konzentration der Kräfte wäre eine erste Abhilfe. Was halten Sie von einer Konzentration des Fluggerätes beim Verteidigungsministerium – nicht zuletzt aus Ausbildungs- und Kostengründen – und von einer Deckung des anfallenden Bedarfs des Innenministeriums aus einer Flugbereitschaft?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Also: Vom Prinzip her soll man niemals nein und niemals nie sagen. Das ist etwas, worüber man ohne Zweifel auch diskutieren kann. Ich sage zu Ihrer Frage nicht nein, bin aber der Ansicht, daß das österreichische Bundesheer natürlich eine ganz andere Aufgabenstellung für seine Hubschrauber hat als das österreichische Innenministerium.

Das österreichische Bundesheer hat im wesentlichen Transportaufgaben. Bei ihm besteht im wesentlichen bei einem Hubschrauber die Notwendigkeit, im Ernstfall auch auf kriegerische Auseinandersetzungen die entsprechende Antwort geben zu können, während das Innenministerium die Aufgabe hat, einerseits Rettungshubschrauber zur Verfügung zu stellen und andererseits Exekutivhubschrauber bereitzustellen, die die Verkehrsüberwachung und ähnliches tätigen.

Dazu braucht man von der Größe her sicherlich unterschiedliche Hubschrauber, daher glaube ich nicht, daß man bestimmte Hubschrauber des Bundesheeres für bestimmte Aufgaben des Innenministeriums verwenden kann. Andererseits ist es aber gerade im Grenzdienst, in der Grenzüberwachung sicher sinnvoll, zu kooperieren. Am sinnvollsten wäre es wahrscheinlich, zu versuchen, den Anschaffungsvorgang gemeinsam zu tätigen. Dadurch könnte es möglich werden, Kosten zu sparen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister.

Damit kommen wir zum dritten Fragenkomplex, den Herr Abgeordneter Leikam formuliert. – Bitte.

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

254/M

Wie hat sich die seit Ihrem Amtsantritt im Jahre 1997 durch Ihr persönliches Engagement verstärkte Überwachung des Straßenverkehrs für mehr Verkehrssicherheit auf das Unfallgeschehen ausgewirkt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Herr Abgeordneter! Die Verkehrsunfallbilanz des letzten Jahres kann uns zufriedenstellen, und zwar deshalb, weil es erstmals gelungen ist, die Zahl der Verkehrsunfälle deutlich zu senken und zu erreichen, daß wir weniger als 1 000 Verkehrstote haben.

Mit 963 Verkehrstoten haben wir den bisherigen Tiefstand in Österreich erreicht, und das, obwohl es gegenüber den siebziger Jahren zu einer Verdoppelung der Zahl der Kraftfahrzeuge in Österreich gekommen ist und auch zu einem deutlichen Ausbau des Straßennetzes. Das ist erfreulich, und darauf können wir stolz sein. (Abg. Gaugg: Die Qualität der Autos hat sich auch verbessert! Airbags!) Trotzdem muß uns bewußt sein, Herr Abgeordneter, daß wir im internationalen Vergleich nach wie vor nachhinken. (Abg. Gaugg: Eben!)

Im internationalen Vergleich ist es so, daß Österreich nach wie vor an der Spitze jener Länder liegt, die viele Verkehrstote haben. In Österreich gibt es rund 150 Verkehrstote pro 1 Million Einwohner. Im Vergleich dazu gibt es beispielsweise in der Schweiz nur 99 Verkehrstote. – Das sind allerdings Zahlen aus dem Jahre 1996, aber daran hat sich im wesentlichen trotz der erfreulichen Reduzierung der Zahl der Verkehrstoten im Jahre 1998 nichts geändert.

Herr Abgeordneter! Ich denke, es gibt eine Vielzahl von Gründen dafür, daß diese Reduzierung erreicht werden konnte. Sicher hat Herr Abgeordneter Gaugg recht, wenn er meint, daß auch die bessere technische Ausstattung der Autos dazu beigetragen hat. Airbags, aber auch bestimmte gesetzliche Maßnahmen, wie Gurtenpflicht, Sturzhelmpflicht und ähnliches, haben dazu beigetragen, daß wir weniger Verkehrstote haben.

Meiner Meinung nach hat dazu aber auch sehr wesentlich beigetragen, daß die österreichische Exekutive gerade im vergangenen Jahr in viel strengerem und viel größerem Ausmaß als in der Vergangenheit entsprechende Überprüfungen durchgeführt hat. Ich möchte dabei nur auf die Lasermeßgeräte und auf die Alkomaten hinweisen. Wir haben diesbezüglich eine flächendeckende Ausstattung aller unserer Polizei- und Gendarmeriedienststellen. Das hat wesentlich dazu beigetragen, daß wir eine deutliche Senkung der Unfallzahlen, vor allem aber auch eine deutliche Senkung der Zahl der Verkehrstoten in Österreich erreichen konnten.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister. – Zusatzfrage, bitte.

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Bundesminister! Sie haben den Einsatz der technischen Geräte bei der Überprüfung im Straßenverkehr erwähnt. Haben die verstärkten Geschwindigkeitskontrollen und die vermehrten Alkotests auch Auswirkungen auf die Strafgeldeinnahmen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Dazu muß ich sagen: Leider gibt es Auswirkungen auf die Strafgeldeinnahmen! "Leider" vor allem deshalb, weil seit der Neuregelung der Straßenverkehrsordnung im Jahre 1994 20 Prozent der Strafgelder direkt dem Budget des Innenministeriums zufließen. Wir, das Innenministerium, haben im Jahre 1998 mit rund 344 Millionen Schilling um zirka 10 Prozent weniger an Strafgeld eingenommen als im Jahre 1997. Diese 344 Millionen Schilling an Strafgeldeinnahmen sind allerdings nur unser 20prozentiger Anteil.

Auch im heurigen Jahr, im Jahr 1999, ist in den ersten Monaten ein Rückgang der Strafgeldeinnahmen von rund 5 bis 6 Prozent zu verzeichnen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister. – Frau Abgeordnete Höbinger-Lehrer, bitte.

Abgeordnete Dr. Liane Höbinger-Lehrer (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Gibt es spezielle Schulungen für Exekutivbeamte beziehungsweise Geräte, die es den Exekutivbeamten erleichtern, festzustellen, ob jemand durch Drogen oder Medikamente beeinträchtigt ist?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Wir haben keine flächendeckende Ausstattung mit einer Art von – ich verwende jetzt den Arbeitstitel – Drogenautomaten, Drogenalkomaten oder ähnlichem. Diese Art der Beeinträchtigung kann nur durch den Amtsarzt festgestellt werden.

Eine entsprechende Schulung für Beamte, um feststellen zu können, ob jemand drogenabhängig ist, wird nicht durchgeführt, aber im Rahmen der allgemeinen Ausbildung wird sehr wohl versucht, die Beamten auf gewisse Anzeichen und Indizien hinzuweisen, anhand derer man annehmen kann, daß ein Verkehrsteilnehmer unter Drogeneinfluß steht. Es gibt auch sehr viele Führerscheinabnahmen aus diesem Grund.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister. – Herr Abgeordneter Auer, bitte.

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Bundesminister! Sie haben zu Recht auf die positive Entwicklung im letzten Jahr hingewiesen, nämlich darauf, daß im Zusammenhang mit dem Unfallgeschehen die Zahl der zu Tode gekommenen Verkehrsteilnehmer erstmals unter 1 000 gelegen ist. In den ersten vier Monaten des heurigen Jahres ist jedoch, wenn man den Medien Glauben schenken kann, ein deutlich negativerer Trend erkennbar. Was unternehmen Sie, um diesen negativen Trend zu stoppen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Ja, Herr Abgeordneter, es ist richtig: Im heurigen Jahr sind die Unfallzahlen wieder steigend. Von Jahresbeginn bis Mitte Mai dieses Jahres hatten wir um 25 Verkehrstote mehr als im Vergleichszeitraum des vergangenen Jahres. Diese Steigerung hängt unter anderem auch mit zwei tragischen Busunglücken zusammen; eines im Bundesland Steiermark, bei dem allein 18 Menschen ums Leben gekommen sind. Aber auch diese beiden Busunglücke mit den insgesamt 20 oder 21 Toten sind keine Rechtfertigung dafür, daß die Unfallzahlen wieder steigen. Es ist notwendig und wichtig, mit verschiedenen Maßnahmen zu erreichen, daß die Unfallzahlen in Zukunft wieder zurückgehen.

Eine Maßnahme, die mir sehr wichtig erscheint, ist eine gemeinsame Maßnahme des Unterrichts- und des Innenministeriums, die wir vor kurzem präsentiert und gestartet haben, nämlich eine Maßnahme zur Verkehrssicherheit auf den Schutzwegen. Im vergangenen Jahr ereigneten sich fast 1 000 Unfälle auf Schutzwegen, 20 Menschen wurden auf Schutzwegen getötet. Diese Initiative des Unterrichtsministeriums, der AUVA, aber auch des Kuratoriums für Verkehrssicherheit und des Innenministeriums ist ein Beitrag, um die Unfallzahlen im heurigen Jahr zu senken.

Ein weiterer Beitrag ist das rigorose Überprüfen der Promillegrenze. Ein anderer Beitrag ist die Ahndung von überhöhter Geschwindigkeit, nicht angepaßter Geschwindigkeit durch die Exekutivbehörden. Denn eines muß uns bewußt sein: Nahezu 40 Prozent aller Verkehrstoten sind auf Unfälle durch überhöhte oder nicht angepaßte Geschwindigkeit zurückzuführen!

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Frau Abgeordnete Dr. Moser, bitte.

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister! Gerade die Unfallbilanz des Monats März zeigt ein Plus von 31 Prozent an Todesopfern. Sie haben soeben einige Gründe dafür genannt. Meine Frage lautet: Wie können Sie es angesichts der Tatsache, daß vor allem Geschwindigkeitsüberschreitungen die Ursache dafür bilden, verantworten, daß das Führerscheingesetz liberalisiert wird, sodaß gerade bei Geschwindigkeitsüberschreitungen, bei Geschwindigkeitsexzessen die Sofortabnahme des Führerscheins reduziert beziehungsweise eingestellt werden soll?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Frau Abgeordnete! Solche gesetzlichen Maßnahmen werden nicht vom Innenministerium entschieden, sondern es werden entsprechende Vorlagen entweder im Parlament oder vom Verkehrsministerium erarbeitet und dann dem Parlament vorgelegt. Daher bitte ich um Verständnis dafür, daß ich dazu nicht Stellung nehmen kann. Die Aufgabe des Innenministeriums und des Innenministers ist es, den Verkehrsfluß und die Verkehrsabwicklung zu kontrollieren und auf die Einhaltung der Gesetze zu achten. Die Festlegung der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen wird im wesentlichen über das Verkehrsministerium eingeleitet.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister. – Herr Abgeordneter Mag. Barmüller, bitte.

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Ungeachtet dessen, daß das, was im Zusammenhang mit dem Führerscheingesetz geplant ist, keineswegs als Liberalisierung bezeichnet werden kann, sondern sogar eine Verhunzung dieses Begriffes – wenn man diesen Ausdruck gebrauchen möchte – darstellt, ist unbestritten, daß gerade die Geschwindigkeitsüberschreitungen ein großes Problem darstellen. Daher hat die Regierung auch vollmundig erklärt, daß es gerade deshalb um den Punkteführerschein und die Einführung des Punkteführerscheines geht.

Meine Frage an Sie lautet daher: Welche Argumente hält Ihr Ressort gegen die Einführung des Punkteführerscheins noch immer aufrecht? – Mir wurde nämlich gesagt, daß gerade von seiten der Exekutive besondere Vorsicht hinsichtlich der Einführung des Punkteführerscheins gegeben sei.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für Inneres Mag. Karl Schlögl: Die österreichische Exekutive hat im wesentlichen keine größeren Einwände mehr gegen die Einführung des Punkteführerscheins. Wir haben uns diesbezüglich in der Öffentlichkeit auch klar festgelegt, und ich als Innenminister habe dazu auch klare Positionen vorgebracht.

Ich meine, daß der Punkteführerschein sicher sinnvoll ist, daß uns aber bewußt sein muß, daß sich der Punkteführerschein nur auf schwerere Delikte bezieht, da sonst für die österreichische Exekutive, für die Verwaltung ein großer administrativer Aufwand entstünde – diesen fürchten wir sehr wohl, und deshalb waren wir am Anfang skeptisch. Aber vom Prinzip her halte ich die Einführung des Punkteführerscheins für eine positive Weiterentwicklung all jener verkehrspolitischen Maßnahmen, die in den letzten Jahren gesetzt wurden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich danke dem Herrn Innenminister für die Beantwortung der an ihn gerichteten Fragen.

Bundesministerium für wirtschaftliche Angelegenheiten

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen jetzt zur 4. Frage, die Herr Abgeordneter Dr. Heindl formuliert und die an den Herrn Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten gerichtet ist. – Bitte.

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

261/M

Wie haben Sie sichergestellt, daß es keine Verzögerungen bei der Einführung des LKW-Road-Pricing gibt?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um die Beantwortung, Herr Minister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Abgeordneter! Wir haben klargestellt, daß die Vorbereitungshandlungen, soweit sie bei meinem Haus oder bei der ASFINAG liegen, abgeschlossen sind. Wir befinden uns in der Vorbereitung der Mautstellenverordnung. Ich gebe allerdings zu, daß wir in der Praxis das Problem haben, daß einige Bundesländer zwar große Straßenprojekte finanziert haben wollen, daß sich aber um jede Mautstelle ein Zulassungsstreit entwickelt. Es gibt einige Bundesländer – ich möchte sie hier nicht namentlich nennen, um niemanden zu kränken –, die uns angekündigt haben, daß sie für jede Mautstelle wasserrechtliche und naturschutzrechtliche Verfahren bis in die letzte Instanz führen werden.

Es ist jetzt notwendig, daß eine Änderung des Bundesstraßenfinanzierungsgesetzes, die diese Woche durch den Ministerrat gegangen ist, die rechtliche Sanierung für die Mautstellenverordnung bringt. Wir werden sie bis Juni erlassen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zusatzfrage? – Bitte.

Abgeordneter Dr. Kurt Heindl (SPÖ): Herr Bundesminister! Welche Straßenbauprojekte und Erhaltungsmaßnahmen werden aus den Erlösen des LKW-Road-Pricing finanziert werden können?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Die Erlöse aus dem LKW-Road-Pricing dienen vor allem dem, was wir auch im Rahmen der GSD-Studie und einer ins Parlament kommenden Novelle zum Bundesstraßengesetz im Anhang festlegen wollen: großen Straßenprojekten. Ich nenne einige Beispiele: die Nordumfahrung Wien, die Nord Autobahn, die Mühlkreis Autobahn, diverse noch zu diskutierende Korridorregelungen wie etwa Lavamünd, Kärnten Richtung Slowenien oder Steiermark, Burgenland Richtung ungarischem Wirtschaftsraum. Das werden wir aber in Kürze in einer eigenen Novelle zum Bundesstraßengesetz dem Hohen Haus vorlegen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann.

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Ist es richtig, daß Sie mit der Einführung des Road-Pricing für LKWs, gegen das wir Freiheitliche uns immer ausgesprochen haben, weil wir Nachteile für Wirtschaft und Letztverbraucher erwarten, ein veraltetes, kostenintensives System einführen, und das, obwohl es im Zeitalter von GPS und DGPS kostengünstigere Lösungen gäbe?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Hohes Haus! Die derzeitige Rechtslage sowohl in Österreich als auch in der Europäischen Union läßt es nicht zu, daß wir ein System einführen, das nur mit "on-board-units" funktioniert – es wäre das bei weitem billigste System. Ich wäre sehr glücklich, wenn wir dazu die rechtlichen Möglichkeiten erhalten würden. Ich habe mit Herrn Kollegen Einem darüber gesprochen, daß ein entsprechender Vorstoß in der Europäischen Union nötig ist. Die Gerüchte, die herumgeistern, daß nämlich andere Länder bereits auf GPS-Systeme umsteigen werden, stimmen nicht. Auch Deutschland plant im Augenblick ein ähnliches, halboffenes Mautsystem wie Österreich.

Aber noch einmal: Mir wäre jede technische Modernität in diesem Fall lieber, weil die Einführung solcher Systeme mit geringeren Aufwänden möglich wäre.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister. – Herr Abgeordneter Kröll, bitte.

Abgeordneter Hermann Kröll (ÖVP): Herr Bundesminister! Hat es außer den gesetzlich vorgesehenen Anhörungsverfahren schon Kontakte und Besprechungen mit den Bundesländern über das geplante Mautsystem gegeben?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Wir haben in jeder Phase der Vorbereitungen Sitzungen mit den Bundesländern abgehalten. Wir haben zunächst "Road-Shows" gemacht, in denen wir das sogenannte Transroutes-System vorgestellt haben. Wir haben derzeit eine Mautstellenverordnung in Begutachtung. Wir haben jedes Bundesland in den Dialog eingebunden. Es finden auch jetzt intensive Gespräche auf allen Ebenen über die Probleme einzelner Mautstellen statt, da es sehr starke regionale Interessen gibt, aufgrund derer man die jeweilige Lokation einer Mautstelle um einen Kilometer verschoben haben möchte, um jeweils betroffenen Unternehmen eine günstigere Situation zu verschaffen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Frau Abgeordnete Dr. Moser, bitte.

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Bundesminister! Die effiziente Abwicklung von Verkehren ist ein Ziel der EU. Wie können Sie die österreichische Mautsystemordnung damit vereinbaren, daß die halboffene österreichische Mautsystemordnung keinen Verlagerungseffekt auf die Schiene plant beziehungsweise daß kein Verlagerungseffekt stattfinden wird?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung, Herr Minister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Frau Abgeordnete! Ich gehe zunächst davon aus, daß wir für den weiterhin wachsenden nationalen Autoverkehr bessere Verkehrsverbindungen brauchen.

Ein Teil unseres Problems der augenblicklichen Ablehnung des Road-Pricing besteht darin, daß wir am Ende des Tages draufkommen, daß rund 80 Prozent des bemauteten Verkehrs ausschließlich österreichischer Verkehr ist. Da gibt es mangelnde Transparenz. – Erster Punkt.

Zweiter Punkt: Wir würden uns freuen, wenn es durch den Ausbau etwa der Schiene Kapazitäten gäbe, die zu einer Entlastung des Straßenverkehrs führten, denn es dient nicht dem Komfort der Autofahrer, wenn sie jeden Tag Staueffekte wie im Wiener Raum, auf der West Autobahn und anderswo erleben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Herr Abgeordneter Mag. Barmüller, bitte.

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Ungeachtet dessen, daß Umweltbelastungen und auch Belastungen für Anrainer völlig unabhängig davon sind, ob es sich um ausländischen oder inländischen Verkehr handelt, frage ich Sie: Welche weitere Entwicklung des Mautsystems ist im Hinblick auf PKW geplant, und wird die Einführung des Mautsystems, des Road-Pricing, auch Auswirkungen auf die Vignette und die Vignettenpflicht haben?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: In dem Entwurf zum Bundesstraßengesetz, der den Ministerrat diese Woche passiert hat, ist die Entfernung des Road-Pricing für PKW vorgesehen. – Das zur ersten Frage.

Zur zweiten Frage: Das Vignettensystem hat sich in einer Weise bewährt, daß uns viele Nachbarländer fragen, wie sie es in dieser Art umsetzen könnten. Ich sehe daher aus der Praxis des Vignettensystems, von Kontrollfragen abgesehen, keine Probleme, die wir im Augenblick damit hätten.

Ein weiterer Punkt – um es deutlich zu sagen –: Wir müssen zunächst sowohl den österreichischen Autofahrern als auch der gesamten Bauwirtschaft die mittelfristigen Projekte klarlegen, um dann über Finanzierungsmechanismen auf mittlere Sicht hin Entscheidungen zu treffen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister.

Wir kommen zum nächsten Thema. Herr Abgeordneter Ellmauer formuliert die Anfrage. – Bitte.

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Herr Bundesminister! Voraussetzung für eine gut funktionierende, prosperierende Wirtschaft ist eine intakte Infrastruktur. Meine Frage an Sie lautet:

248/M

Welche weiteren Schritte zur Gestaltung des Straßennetzes zur Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich werden Sie auf Basis der von Ihnen dazu vorgelegten Studie setzen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Hohes Haus! Wir haben die sogenannte GSD-Studie, bei der es im wesentlichen um die Erfordernisse eines auf den Donaueuropäischen Wirtschaftsraum abgestellten Straßensystems geht, in der Zwischenzeit ja auch dem Hohen Haus vorgestellt. Die Studie ist übermittelt worden und wird bereits in einem gemeinsamen Ausschuß des Bauten- und Verkehrsausschusses diskutiert. Das ist eine Vision.

Wir haben dabei allerdings eine Reihe von Projekten andiskutiert, die wir in vertiefenden Studien – das ist "GSD 2" – in der nächsten Zeit elaborieren werden, vor allem dort, wo es noch keine Trassenfestlegungen gibt.

Wir stehen in intensivem Kontakt mit unseren Nachbarländern, etwa den tschechischen, slowakischen und ungarischen Kollegen, weil wir sehen, daß es dort einfach eine Infrastruktur gibt, die nicht den Erfordernissen unserer lokalen Wirtschaftsräume entspricht.

Ich möchte noch einmal wiederholen: Wir gehen bei allen diesen Betrachtungen davon aus, daß wir Verkehre in einem Umkreis von etwa 300 bis 500 Kilometern in den Mittelpunkt unseres Interesses stellen, und nicht das, was wir Langtransite nennen, da wir diese nicht als entscheidend ansehen.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen zu den Zusatzfragen. – Frau Abgeordnete Dr. Moser, bitte.

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Minister! Die Voraussetzung für den Wirtschaftsstandort Österreich ist ein sicherer Lebensraum in Österreich. Wie können Sie zusätzliche Straßenbauten mit dem Klimaschutzziel, den CO2-Ausstoß um 13 Prozent zu reduzieren, vereinbaren?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Minister, bitte.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Ich glaube, man sollte diese zwei Zielsetzungen auseinanderhalten. Es gibt auf der einen Seite Erfordernisse, die den Komfort der Bürger, den Komfort der Autofahrer, den Komfort der Wirtschaft ermöglichen sollen, auf der anderen Seite aber ökologische Zielsetzungen, bei denen wir sehen, daß wir durch neue Motorengenerationen und andere Treibstoffe einen erheblichen Beitrag zur Erreichung des Kyoto-Zieles leisten können. Ich glaube jedoch nicht, daß es möglich ist, durch große Staueffekte den Eindruck zu erwecken, daß wir damit irgendein umweltpolitisches Problem lösen könnten. (Abg. Dr. Petrovic: Öffentlicher Verkehr wäre die Antwort!)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Parnigoni, bitte.

Abgeordneter Rudolf Parnigoni (SPÖ): Herr Bundesminister! Sie werden die Projekte der GSD-Studie durch die Einhebung einer LKW-Maut, durch das LKW-Road-Pricing finanzieren, haben Sie vorhin meinem Kollegen Heindl geantwortet. Ich bin froh darüber, weil Sie dadurch keine zusätzlichen Budgetmittel benötigen. Derzeit fehlen Ihnen 2 Milliarden Schilling aus dem Mautsystem. Ich komme damit zu meiner Frage: In welcher Höhe werden Sie daher für die Zukunft den Vignettenpreis beziehungsweise die Preise für das LKW-Road-Pricing veranschlagen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Bundesminister, bitte.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Eine Vignettenpreiserhöhung steht im Augenblick überhaupt nicht zur Diskussion. Bei einer Inflation von 0,1 Prozent und stabilen Baupreisen ist es schwer rechtfertigbar, den Konsumenten ohne zusätzlichen Komfort eine Erhöhung zuzumuten. – Erster Punkt. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zweiter Punkt: Es ist völlig klar, daß die in der GSD-Studie angezogenen großen Projekte allein aus dem LKW-Road-Pricing kurzfristig nicht finanzierbar sind. Ich würde davon ausgehen, daß jede zukünftige Bundesregierung zum Beispiel – so stelle ich es mir vor – Teile von Privatisierungserlösen zur Finanzierung einer effektiven Infrastruktur einsetzt.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Zusatzfrage? – Herr Abgeordneter Ing. Nußbaumer, bitte.

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (Freiheitliche): Herr Bundesminister! Die Sicherung des Wirtschaftsstandortes hängt natürlich auch von den Verkehrskosten ab. In einer Regierungsvorlage habe ich gelesen, daß die Einhebung einer LKW-Maut Auswirkungen auf den Verbraucherpreisindex in der Höhe von 0,1 bis 0,17 Prozent haben wird. Das sind natürlich Durchschnittswerte.

Meine Frage lautet: Wurden auch exponierte Regionen betrachtet, etwa der Bezirk Bludenz? Wenn ja, welche Regionen, und wie werden dort die erhöhten Kosten ausschauen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Abgeordneter! Da ich mich vor kurzem, so wie Sie, im Bezirk Bludenz aufgehalten habe, konnte ich mit einschlägigen Frächtern darüber sprechen, daß allein die von mir und vom Hohen Haus induzierte Dieselpreissenkung die Auswirkungen einer allfälligen Bemautung bereits weit überkompensiert hat.

Ich verweise weiters auf die Studie der KPMG, in der festgestellt wurde, daß Österreich im Vergleich mit den "G 8"-Ländern bei weitem die niedrigsten Transportkosten für den Schwerverkehr aufweist. Ich fürchte nicht um die Wettbewerbsfähigkeit. Wir hatten diese Diskussion in einem anderen Zusammenhang, nämlich mit der von mir geplanten Änderung der Struktur der Mautverordnungen, bei der wir Einzelfahrten vergünstigen wollten. Etwa 70 Prozent der Nutzer hätten davon profitiert, aber Vielfahrer, die heute über die Jahreskarten sehr stark profitieren, wären belastet worden.

Ich habe diese Änderung im Hinblick darauf zurückgestellt, daß wir zuerst die Bundesstraßenfinanzierungsregelung treffen müssen. Natürlich kümmern wir uns um diese regionalen Fragen in besonderer Weise und haben uns dafür auch schon mit allen erforderlichen Mitteln und Zahlen gewappnet. (Beifall bei der ÖVP.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Herr Abgeordneter Barmüller, bitte.

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Bundesminister! Die GSD-Studie enthält auch einen sehr interessanten Satz, der da lautet: Man sei der Ansicht, daß die Abstimmung mit dem "Masterplan" von Herrn Bundesminister Einem durchaus noch möglich ist. – Das impliziert natürlich, daß eine Abstimmung vorher nicht stattgefunden hat. Meine Frage daher: Was kann getan werden, um Infrastrukturplanungen – Bahn, Schiene, Pipelines, Stromleitungen und dergleichen – in Zukunft besser zu koordinieren, damit nicht ein Gegeneinanderplanen stattfindet?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: In der letzten gemeinsamen Unterausschußsitzung des Verkehrs- und Bautenausschusses hat Herr Kollege Einem erklärt, daß er bei seinem "Masterplan" davon ausgegangen war, daß nur der Lückenschluß Gegenstand von Straßenbaudiskussionen sein soll. In der Zwischenzeit sind beide Ressorts der Meinung, daß auch weiterhin eine nach vorne geöffnete, nicht nur auf verkehrspolitische, sondern auch auf wirtschaftspolitische, umweltpolitische und nachbarschaftspolitische Notwendigkeiten Rücksicht nehmende Kooperation nötig ist. Ich sehe die Differenzen, die wir in der Frage Masterplan und GSD-Studie hatten, in der Zwischenzeit als ausdiskutiert an. Ich glaube, daß es jetzt gemeinsame Projekte geben wird.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals, Herr Minister. Damit haben auch Sie Ihre Anfragen beantwortet.

Bundesministerium für Justiz

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Herr Justizminister wird die nächste Frage beantworten, die Herr Abgeordneter Mag. Johann Maier jetzt stellen wird.

Herr Abgeordneter, ich bitte um die Formulierung Ihrer Anfrage.

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Bundesminister! Meine Frage lautet:

265/M

Wann werden Sie entsprechend Ihren bisherigen Stellungnahmen die Erkenntnisse des Bundesministeriums für Justiz zur Anwendung des Fortpflanzungsmedizingesetzes dem Nationalrat vorlegen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Meine Damen und Herren! Wie ich bereits im Dezember des Vorjahres in Beantwortung Ihrer schriftlichen Anfrage eingehend ausgeführt habe, wurde das Fortpflanzungsmedizingesetz seinerzeit vom Gesetzgeber bewußt sehr restriktiv ausgestaltet. Wir wissen, daß es sich dabei um eine Materie handelt, die sowohl ethisch als auch gesellschaftspolitisch ein sehr heikles Thema ist und sehr komplexe Fragen regelt.

Das Justizministerium verfolgt alle öffentlichen Erklärungen zu diesem Thema mit großer Aufmerksamkeit. Bisher sind von den Betroffenen beziehungsweise von seiten der Ärzte keine konkreten Wünsche für eine Gesetzesänderung an das Justizministerium herangetragen worden. Mir ist natürlich bekannt, daß insbesondere in der von Ihnen in Ihrer Anfrage angesprochenen und in der Folge auch parlamentarisch artikulierten Frage nach der Aufbewahrungsfrist nach § 17 Fortpflanzungsmedizingesetz bestimmte Wünsche bestehen.

Ich weiß, daß es sowohl einen Initiativantrag als auch einen Entschließungsantrag dazu gibt. Ich würde es sehr begrüßen, wenn beide im Parlament im selben Ausschuß zusammenfänden, da es sich um dieselbe Materie handelt. Wir sind dabei, in konkrete fachliche Diskussionen auch mit dem mitzuständigen Gesundheitsministerium einzutreten. Die Gespräche sind im Gange und werden mit den Ärzten noch fortgeführt werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Wird eine Zusatzfrage gewünscht? – Bitte.

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Bundesminister! Sehen Sie auf nationaler oder internationaler Ebene zusätzlichen Handlungsbedarf, zumal heute bereits über das Internet Samen und Eizellen von diversen obskuren Firmen, insbesondere aus Großbritannien, angeboten werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Herr Abgeordneter! Meine Damen und Herren! Grundsätzlich sind die Regelungen, wie sie im österreichischen Fortpflanzungsmedizingesetz getroffen wurden, eindeutig und klar. Es ist auch so, daß unser Gesetz auf internationaler Ebene als ein außerordentlich seriös zustande gekommenes und die heikle Problematik sehr ausgewogen regelndes Gesetz betrachtet wird. Es ist aber nicht zu leugnen, daß es international keinen Gleichklang in der Regelung dieser Materie gibt, was unerfreulich ist. Dadurch könnte es zu einem sogenannten Fortpflanzungstourismus kommen, für den solche Angebote Incentives darstellen könnten.

Ich sehe hier nur die Möglichkeit, auf internationaler Ebene Sensibilität zu erzeugen und zu versuchen, durch einen Gleichklang der nationalen Regelungen, zumindest in den europäischen Ländern, oder sogar durch eine Anpassung aufgrund internationaler Instrumente zu einer Vereinheitlichung in dieser Materie zu kommen. Es ist allerdings zu erwarten, daß dabei unser sehr restriktiver Standard international nicht im gleichen Ausmaß gehalten werden kann.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals. – Zusatzfrage? – Frau Abgeordnete Dr. Povysil, bitte.

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Herr Minister! Werden Sie Schritte dahin gehend unternehmen, daß Samen und Eizellen, die für eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung verwendet werden, sowie auch entwicklungsfähige Zellen nicht wie bisher ein Jahr, sondern fünf Jahre oder, wenn der Tod der Person, von der diese Samen und Eizellen stammen, früher eintritt, bis zu ihrem Tod aufbewahrt werden?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Herr Minister.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete! Mir ist Ihr Selbständiger Antrag, der in diese Richtung geht, bekannt. Er ist auch Gegenstand von Gesprächen gewesen. Das ist sicher ein Ansatzpunkt. Wir meinen aber, daß diese Frage vielleicht etwas differenzierter zu sehen ist als bloß im Hinblick auf eine Verlängerung dieser Frist.

Man sollte doch auch jene Überlegungen, die angestellt wurden, mit in die Diskussion einbringen, die auf andere Anknüpfungspunkte Rücksicht nehmen und nicht nur eine schematische Fristverlängerung vorsehen, die etwa auf das Alter des Betroffenen abstellen oder – auch Sie haben ja den Entschließungsantrag mit unterschrieben – auf das Bevorstehen von Behandlungen oder Ereignissen, die befürchten lassen, daß die Fortpflanzungsfähigkeit dadurch beeinträchtigt werden könnte. Bevor man also vielleicht schematisch eine Fristverlängerung vornimmt, sollte man überlegen, ob man an bestimmte vorhandene beziehungsweise bevorstehende Situationen anknüpfen sollte.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke. – Herr Abgeordneter Dr. Leiner, bitte.

Abgeordneter Dr. Günther Leiner (ÖVP): Herr Minister! Könnten Sie sich nicht vorstellen, daß man, wenn man schon diese Verlängerung vornimmt, die ja sehr sinnvoll ist, doch eine Ethikkommission einsetzt, und zwar bestehend aus Medizinern, Ethikern und Juristen, die darüber mit bestimmen und beraten, welche Personen in diesem Zusammenhang in Frage kommen?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich bitte um Beantwortung der Frage, Herr Bundesminister.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Sicher ist dies eine Überlegung, die in die Gespräche, die zu führen sein werden, einbezogen werden sollte. Je mehr sozusagen auf der einen Seite medizinischer Sachverstand und auf der anderen Seite ethisches Denken mit einfließen, desto ausgewogener wird die Entscheidung über ein Ja oder Nein ausfallen. Ob dadurch aber nicht doch allzu große Bürokratie oder auch Beschränkungen aufgebaut werden, müßte man sich noch überlegen, insbesondere dahin gehend, ob diese Kommission eine Art entscheidendes Gremium oder ein Beratungsgremium sein soll, das sicherstellt, daß keine vorschnellen Entscheidungen getroffen werden.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Herr Minister. – Frau Abgeordnete Stoisits? (Abg. Mag. Stoisits verzichtet auf eine Zusatzfrage.) – Nein.

Frau Abgeordnete Klara Motter, bitte.

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Bundesminister! Ich glaube, wir alle sind gefordert, den bestehenden Wünschen durch eine Änderung des Fortpflanzungsmedizingesetzes nachzukommen; auf der einen Seite die Abgeordneten, die natürlich einem berechtigten Wunsch aus Teilen der Bevölkerung das Wort reden – Sie kennen die diesbezüglichen Anträge, Sie haben auch schon weitgehend darüber gesprochen –, aber auf der anderen Seite auch Sie.

Meine konkrete Frage lautet – Sie haben ja schon sehr vieles beantwortet –: Haben Sie, was die anderen EU-Länder anlangt, eine gewisse Einsicht dahin gehend, ob eine derartige zeitliche Beschränkung nicht mehr nur auf ein Jahr existiert? Stehen Sie da in Verbindung mit anderen EU-Ländern? Das würde mich interessieren. – Danke.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte um Beantwortung, Herr Minister.

Bundesminister für Justiz Dr. Nikolaus Michalek: Frau Abgeordnete! Es liegt dem Hause sicher ein internationaler Vergleich vor. Diesen haben wir seinerzeit angestellt, und wir haben ihn auch aktualisiert. Es gibt, wie ja bekannt ist, die unterschiedlichsten Regelungen. Unser Gesetz – es war ja mein Versuch, in der Ihnen bekannten Anfragebeantwortung noch einmal die gesamte Entwicklungsgeschichte, Problematik und die Schwierigkeiten des Zusammenführens der Meinungen in einer gesellschaftspolitisch wichtigen, aber auch heiklen Frage darzulegen – ist, ich möchte fast sagen, ein Gesamtpaket geworden, das derart gestaltet ist, daß ihm alle gesellschaftlich relevanten Gruppen zustimmen konnten. Es besteht daher aber auch bei jeder Änderung einzelner Teile dieses Gesetzes die Gefahr, daß dieses Gesamtgebäude in Frage gestellt wird und die unterschiedlichen Ausgangspositionen beziehungsweise die sich daraus ergebenden Anknüpfungspunkte für diese oder jene Regelung in Frage gestellt werden und es zu einer Generaldiskussion kommen könnte.

Ich meine aber, daß diese Frage doch eine ist, die man isoliert diskutieren kann, ohne eine Generaldiskussion zu entfachen, und daß es möglich sein wird, unter Hinzuziehung der entsprechenden ärztlichen Seite und des Gesundheitsbereiches hier eine Lösung zu finden. Wir haben auch mit dem Gesundheitsministerium Kontakt aufgenommen, die Gespräche sind im Gange. Wenn jetzt aufgrund der parlamentarischen Initiativen die Diskussion auch auf politischer Ebene in Gang kommt, dann bin ich der Meinung, daß wir diesbezüglich zu einer befriedigenden Lösung kommen können. Wir werden bei der Behandlung dieser Materie auch einen aktualisierten Überblick über die internationale Lage geben.

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals, Herr Bundesminister.

Die 60 Minuten der Fragestunde sind abgelaufen; die Fragestunde ist damit beendet.

Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich weise die eingelangten Regierungsvorlagen:

Bundesgesetz, mit dem das Bundesstraßenfinanzierungsgesetz 1996 und das ASFINAG-Ermächtigungsgesetz 1997 geändert werden (1853 der Beilagen) dem Bautenausschuß

und

Bundesgesetz über Aufgaben und Organisation des auswärtigen Dienstes – Statut (1852 der Beilagen) dem Verfassungsausschuß zu.

Ankündigung eines Dringlichen Antrages

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, daß die Abgeordneten Mag. Firlinger und Genossen vor Eingang in die Tagesordnung das Verlangen gestellt haben, den zum gleichen Zeitpunkt eingebrachten Selbständigen Antrag 1098/A (E) der Abgeordneten Mag. Firlinger und Genossen betreffend die Dringlichkeit von Maßnahmen zur Beseitigung von Einkommenskürzungen der Mieter gemeinnütziger Wohnungen durch ungerechtfertigte, überhöhte Mieten infolge der Verquickung von Politik-, Banken- und Versicherungsinteressen im gemeinnützigen Wohnbau dringlich zu behandeln.

Nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung wird dieser Dringliche Antrag um 15 Uhr zum Aufruf gelangen.

Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weiters teile ich vor Eingang in die Tagesordnung mit, daß Frau Abgeordnete Mag. Stoisits und Herr Abgeordneter Dr. Kier beantragt haben, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 1080/A (E) der Abgeordneten Dr. Schmidt, Dr. Petrovic und Genossen betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Inneres eine Frist bis zum 1. Juni 1999 zu setzen.

Es liegt in diesem Zusammenhang das von fünf Abgeordneten gestellte Verlangen vor, eine kurze Debatte über diesen Fristsetzungsantrag durchzuführen. Da soeben für die heutige Sitzung für 15 Uhr die Behandlung eines Dringlichen Antrages anberaumt wurde, wird diese kurze Debatte im Anschluß an die Verhandlung des Dringlichen Antrages stattfinden. Die Abstimmung über den Fristsetzungsantrag erfolgt nach Abschluß der Debatte.

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir der Vorschlag vor, die Debatte über die Punkte 1 bis 10 sowie auch die Punkte 12 und 13, 14 und 15, 16 bis 18 und 22 bis 24 der heutigen Tagesordnung zusammenzufassen.

Gibt es dagegen eine Einwendung? – Das ist nicht der Fall. Dann werden wir so vorgehen.

Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt, und zwar wie folgt: Es wurde eine Tagesblockredezeit von 9 "Wiener Stunden" vereinbart, sodaß sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 135 Minuten, ÖVP 126 Minuten, Freiheitliche 117 Minuten, Liberales Forum und Grüne je 81 Minuten. Darüber hat der Nationalrat zu befinden.

Gibt es dagegen Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Dann ist das einstimmig so beschlossen.

1. Punkt

Erklärungen der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales und des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten gemäß § 19 Abs. 2 GOG zum Thema NAP

2. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1044/A der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Koordination bei Bauarbeiten (Bauarbeitenkoordinationsgesetz – BauKG) geändert wird (1842 der Beilagen)

3. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1059/A der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird (1843 der Beilagen)

4. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 1077/A der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Gottfried Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977, BGBl. Nr. 609, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 167/1998, geändert wird (1844 der Beilagen)

5. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales betreffend den Bericht (III-187 der Beilagen) der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales über die Tätigkeit der Arbeitsinspektion auf dem Gebiet des Bundesbedienstetenschutzes im Jahr 1997 (1845 der Beilagen)

6. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 818/A (E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Verpflichtung zur Stellungnahme zu Mängelerhebungen durch das Zentral-Arbeitsinspektorat im Bereich des Bundesbedienstetenschutzes (1846 der Beilagen)

7. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1718 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Republik Polen über soziale Sicherheit (1838 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1719 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und Bosnien und Herzegowina über soziale Sicherheit (1839 der Beilagen)

9. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1720 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und dem Königreich der Niederlande über soziale Sicherheit (1840 der Beilagen)

10. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1721 der Beilagen): Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Portugiesischen Republik über soziale Sicherheit (1841 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zu den Punkten 1 bis 10 der heutigen Tagesordnung, über die die Debatte unter einem durchgeführt wird. Einem Verlangen von fünf Abgeordneten entsprechend, das mir vorliegt, wird eine Debatte im Sinne des § 81 Abs. 1 der Geschäftsordnung, und zwar gemeinsam mit den Punkten 2 bis 10, über die Erklärungen der Frau Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales und des Herrn Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten stattfinden.

In diesem Sinne werden wir jetzt diese 10 Tagesordnungspunkte verhandeln.

Ich erteile zunächst der Frau Bundesministerin das Wort. – Bitte, Frau Ministerin.

10.12

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Geschätzter Kollege Farnleitner! Erwerbsarbeit ist die Grundlage gesellschaftlichen Reichtums und somit auch die Grundlage für das gut ausgebaute Sozialsystem in Österreich, das auf dem Prinzip einer solidarischen Gemeinschaft beruht. Denn soziale Solidarität gewährleistet inneren Frieden, verläßliche wirtschaftliche Rahmenbedingungen, politische Stabilität und damit auch die Zukunft der Demokratie.

Ich bin zutiefst überzeugt davon, daß sich der österreichische Weg und die Weiterentwicklung eines Sozialmodells Europa im globalen Wettbewerb als Vorteil und nicht als Schwäche Europas erweisen werden. Die Fähigkeit zur Integration und zum inneren Zusammenhalt einer Gesellschaft wird in einer immer unübersichtlicher und komplexer werdenden Gesellschaft zu einer hochgeschätzten Standorteigenschaft werden und damit auch die Wettbewerbsfähigkeit Österreichs erhöhen.

Ich möchte aber auch betonen, daß dieses soziale Fundament notwendig ist, um gesellschaftlicher Spaltung, Ausgrenzung, sozialer Ungerechtigkeit, Gewaltbereitschaft und Fremdenfeindlichkeit den Nährboden zu entziehen.

Ich stehe zu diesem Grundsatz der Erwerbsorientierung und gehe davon aus, daß er auch im nächsten Jahrtausend die finanzielle Basis für unsere sozialen Schutzsysteme darstellen wird. Daher muß unser ganzes Augenmerk darauf liegen, möglichst vielen Menschen eine Beschäftigung beziehungsweise Teilhabe am Arbeitsleben zu ermöglichen – und das unter sozial- und arbeitsrechtlich geordneten Arbeitsverhältnissen.

Lassen Sie mich an dieser Stelle ausdrücklich festhalten: Ich habe kein Verständnis dafür, daß sich manche durch Abgaben- und Steuerhinterziehungen, durch die Umgehung von arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Vorschriften Vorteile verschaffen können. Dagegen werde ich weiterhin ankämpfen! (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Erlauben Sie mir aber auch die Bemerkung, daß ich es bedauere, daß die Regierungsvorlage, die zum Schwarzarbeitsbekämpfungsgesetz dem Hohen Haus zugeleitet wurde, bisher nicht im Sozialausschuß behandelt werden konnte.

Eine aktive Beschäftigungspolitik zur Vermeidung und Bekämpfung von Arbeitslosigkeit ist für die österreichische Bundesregierung stets ein vorrangiges Anliegen gewesen und wird es auch in Zukunft sein.

Mit dem Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung haben wir dieses Ziel nunmehr verbindlich verankert und konkretisiert, und wir sind – ich werde mir erlauben, das kurz auszuführen – dabei auch wesentlich vorangekommen. Es muß aber auch klar gesagt werden, daß die europäische und die österreichische Beschäftigungspolitik Hand in Hand gehen müssen und daß eine Abkoppelung der nationalen Beschäftigungspolitik von gesamteuropäischen Trends und Entwicklungen nicht möglich ist. Daher haben wir uns für die Schaffung der beschäftigungspolitischen Leitlinien auf europäischer Ebene eingesetzt und die Weiterentwicklung dieser Leitlinien im Sinne einer europäischen Beschäftigungsstrategie während der österreichischen Präsidentschaft auch besonders forciert – und das, wie ich meine, erfolgreich.

Mit dem Beschluß, Nationale Aktionspläne für Beschäftigung zu erstellen, sind die Mitgliedstaaten der Europäischen Union die Verpflichtung eingegangen, für die Schaffung von zusätzlicher Beschäftigung und die Reduktion von Arbeitslosigkeit konkrete und meßbare Ziele zu formulieren und diese auch einer laufenden Beobachtung – ich möchte fast sagen: Kontrolle – zu unterziehen.

Im Rahmen des Nationalen Aktionsplans für Beschäftigung, der erstmals im April 1998 unter Einbindung der Sozialpartner von der Bundesregierung beschlossen wurde, werden die beschäftigungspolitischen Leitlinien der Europäischen Union umgesetzt, wird also gemeinsam eine Verpflichtung erfüllt, die alle Mitgliedstaaten der Europäischen Union übernommen haben.

Nun, nach dem ersten Jahr des Nationalen Aktionsplans und anläßlich der Anpassung des Plans für das Jahr 1999 an die weiterentwickelten Leitlinien, können wir eine Zwischenbilanz über die ersten Erfahrungen mit dem NAP als Grundlage für beschäftigungspolitische Zielsetzungen ziehen. Dabei zeigt sich deutlich, daß der Nationale Aktionsplan der Beschäftigungspolitik in Österreich wichtige neue Impulse gegeben hat und damit auch eine neue Ära in der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit begonnen hat. (Beifall bei der SPÖ.)

Diese Feststellung, sehr geschätzte Damen und Herren, läßt sich auch durch Fakten untermauern. Im ersten Jahr der Geltung des NAP konnte die Zahl der unselbständig Beschäftigten um 30 000 gesteigert werden. Daß dabei vor allem die Frauenbeschäftigung anstieg, ist ein weiterer positiver Aspekt. Immerhin konnten bereits Ende 1998 rund 16 300 unselbständig beschäftigte Frauen mehr gezählt werden als Ende 1997. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Böhacker.)

In diesen zusätzlichen Beschäftigungsverhältnissen sind auch Teilzeitbeschäftigte enthalten, in der Vollzeitäquivalenz liegen wir aber an erster Stelle innerhalb der Europäischen Union. Ich bekenne mich durchaus auch zur Sinnhaftigkeit von Teilzeitbeschäftigungsverhältnissen und möchte sie nicht stigmatisiert sehen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP sowie beim Liberalen Forum.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Nunmehr berichtete das Wifo von einer saisonbereinigten Zunahme an Beschäftigten um 18 000 in den ersten vier Monaten 1999 und war auch bereit, die ursprüngliche Prognose, die für heuer lediglich ein Stagnieren der Arbeitslosenzahlen vorausgesagt hatte, deutlich zu revidieren. Immerhin ist die nationale Registerquote von 7,2 Prozent im April 1998 bereits auf 7 Prozent im April 1999 gesunken. Die Zahl der Arbeitslosen ist im Vergleich zum Vorjahr um fast 10 000 zurückgegangen. Ich denke, daß das ein nachweisbarer, nachvollziehbarer Erfolg einer gemeinsamen Beschäftigungspolitik ist.

Klar ist, daß zu diesen Ergebnissen neben der erfreulichen Konjunktur – natürlich ist es primär die Wirtschaft, die die Arbeitsplätze zur Verfügung stellt, die durch Wachstum die Chance auf Beschäftigung gibt – auch der Stellenwert, den die Bundesregierung der Beschäftigungspolitik zumißt, einen wesentlichen Beitrag geleistet hat und daß dadurch ergänzende Maßnahmen gesetzt wurden.

Nehmen wir zum Beispiel die budgetäre Ausstattung im Bereich der arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen, die von meinem Ressort zu verantworten sind: Die finanziellen Mittel, die Österreich für aktive und aktivierende Arbeitsmarktpolitik ausgibt, wurden 1999, also im ersten Budgetjahr, das auf die NAP-Beschlußfassung folgte, um nicht weniger als 36 Prozent, und zwar von 8,2 Milliarden Schilling auf 11,1 Milliarden Schilling, erhöht. Dabei wurde in erster Linie der integrative Ansatz verfolgt, sogenannte passive Geldleistungen zu aktivierenden Maßnahmen umzuschichten, um die Budgetkonsolidierung nicht zu gefährden.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich freue mich, feststellen zu können, daß wir mit unserem Anteil an aktiven Budgetmitteln für die Beschäftigungspolitik nunmehr im Mittelfeld der Ausgaben für aktive Arbeitsplatzmaßnahmen innerhalb der OECD-Staaten liegen.

Erlauben Sie mir kurz, auf die wesentlichen Neuerungen, Akzente und Anpassungen des NAP 1999 hinzuweisen. Die tragenden Säulen der Leitlinien 1999 sind nach wie vor: bessere Vermittelbarkeit und Qualifikation für Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen – das ist die sogenannte Säule 1 –, Förderung des Unternehmertums – das ist die Säule 2 –, Erhöhung der Anpassungsfähigkeit der Unternehmen und ihrer Beschäftigten an die sich ändernden wirtschaftlichen Bedingungen – das ist die Säule 3 – und Chancengleichheit am Arbeitsmarkt – das ist die Säule 4.

Dazu betonte Österreich schon im Nationalen Aktionsplan 1998 den besonderen Zusammenhang zwischen Wirtschaftspolitik und Beschäftigung und nannte neben einer entsprechenden Wachstumspolitik besonders die Technologie- und Exportförderung, Infrastrukturinvestitionen, Betriebsansiedlungen und die Bekämpfung der Schattenwirtschaft als wichtige Elemente einer aktiven Beschäftigungspolitik.

Unter österreichischer EU-Präsidentschaft ist es im vergangenen Jahr gelungen – unter Beibehaltung der Struktur der Leitlinien –, in einigen wichtigen Punkten neue Akzente zu setzen. Dies betrifft vor allem eine Aufwertung und Verbreiterung der Politik der Chancengleichheit von Frauen und Männern, das sogenannte Gender-Mainstreaming. Aufgrund der neuen Leitlinie Nummer 19 sind alle Maßnahmen, die im Rahmen des NAP getroffen werden, auch auf ihre Tauglichkeit hinsichtlich der Verbesserung der Chancengleichheit zu überprüfen.

Es sollen daher Hemmnisse für Frauenerwerbstätigkeit beseitigt werden und die Teilung des Arbeitsmarktes zwischen Männern und Frauen wirksam bekämpft werden. – Es ist dies die Leitlinie 20, die hier angesprochen ist.

Neuerungen gibt es weiters im Bereich des lebensbegleitenden Lernens. Wir haben uns für den Begriff des lebensbegleitenden Lernens entschieden, weil lebenslanges Lernen unter Umständen etwas Bedrohliches ist und nicht als etwas Positives empfunden wird. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Wir haben in der Leitlinie 6 konkrete Richtwerte zur Erhöhung der Beteiligung an Weiterbildungsmaßnahmen festgelegt und uns daher sehr klare Kriterien vorgenommen.

In der neuen Leitlinie 4 werden spezielle Maßnahmen für ältere Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen eingefordert. Die Vorarbeiten zur Umsetzung des "Paktes für ältere Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen", der von den Sozialpartnern vorgelegt wurde, sind in der Fertigstellung, und ich hoffe, Ihnen in wenigen Wochen ein konkretes Verhandlungsergebnis und auch eine gesetzliche Initiative dazu vorlegen zu können.

Es ist Ihnen bereits auch die Regierungsvorlage zur Steuerreform übermittelt worden, in der auch diesbezügliche Maßnahmen im Zusammenhang mit dem Abgaben- und Steuersystem, welches beschäftigungsfreundlich ausgestaltet sein soll, enthalten sind.

In der neuen Leitlinie 13 werden die Mitgliedstaaten aufgefordert, Rahmenbedingungen zu entwickeln, um das Beschäftigungspotential der Informationsgesellschaft und des Umweltsektors voll erschließen zu können.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! In den Schlußfolgerungen des Europäischen Rates von Wien wurde die sogenannte Wiener Strategie festgeschrieben. Sie begreift makroökonomische Komponenten als unverzichtbaren Bestandteil einer erfolgreichen Beschäftigungsstrategie und bezieht sich dabei sowohl auf Aspekte der wirtschaftspolitischen Koordinierung als auch auf die Steuerpolitik, das internationale Finanzgefüge, die Geldpolitik und Infrastrukturinvestitionen. Sie betont aber auch den Grundsatz, daß alle Akteure unter Einbeziehung der Sozialpartner und der Europäischen Zentralbank eine koordinierte Politik betreiben sollen. Diese makroökonomischen Aspekte gewinnen angesichts der reduzierten Wachstumsaussichten in Europa besondere Bedeutung. Die Förderung einer beschäftigungsorientierten Wachstumspolitik wird somit eine wichtige Voraussetzung sein, um die ehrgeizigen Ziele der Leitlinien auch einhalten zu können.

Es ist für mich von entscheidender Bedeutung für die europäische wie für die österreichische Beschäftigungsstrategie, daß der Europäische Rat von Köln, der im Juni stattfinden wird, weitere Fortschritte und weitere Konkretisierungen gerade in dieser Richtung bringen wird, wie zum Beispiel eine echte politische Vereinbarung zwischen allen Entscheidungsträgern aus Wirtschafts-, Finanz- und Beschäftigungspolitik mit dem klaren Bekenntnis, sich für Wachstum und Beschäftigung einzusetzen – bei Wahrung der Stabilitätskriterien.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Im NAP 1999 finden Sie auch eine neue Zielsetzung, nämlich die Anhebung der Forschungs- und Entwicklungsquote auf 2,5 Prozent bis 2005 und die Bereitstellung zusätzlicher Mittel zur Erreichung dieses Zieles schon für 1999. – Ich erinnere mich an die nächtliche Diskussion, bei der wir bereits auch über diese Quote ausführlich diskutieren konnten. – Dadurch sollen Produkt- und Prozeßinnovationen sowie die Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft und damit die Chance auf neue Arbeitsplätze gesteigert werden.

Ein kritischer Punkt des österreichischen Arbeitsmarktes ist die nach wie vor hohe Saisonarbeitslosigkeit. Insbesondere im Bau- und Tourismusbereich sind wir gefordert, einerseits durch eine kontinuierliche Investitionstätigkeit der öffentlichen Hand und andererseits durch die Weiterentwicklung von Arbeitszeit- und Vermittlungsmodellen eine Besserung dieser Situation zu erreichen.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Es ist aber auch notwendig, Stärken der österreichischen Arbeitsmarktpolitik weiterzuentwickeln und auch abzusichern. Dazu gehört eine Neuauflage des Jugendbeschäftigungsprogramms, verbunden mit den im Rahmen der Steuerreform beschlossenen steuerlichen Förderungen der Jugendbeschäftigung sowie auch der Ausbildung bereits in Beschäftigung Befindlicher. Dazu gehört aber auch eine gezielte Unterstützung der Mobilität durch Aktivierungsprogramme während der Arbeitslosigkeit, wie etwa durch Job-Coaching.

Die Förderung der Frauenbeschäftigung, insbesondere durch Beseitigung der Wiedereinstellungshemmnisse nach familiär bedingten Arbeitsunterbrechungen sowie durch Intensivierung der Hilfen für die Kinderbetreuung, ist ein weiterer wichtiger Akzent des NAP 1999 und auch klar quantifiziert.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Bei einer entsprechenden Entwicklung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, vor allem bei einem entsprechenden Wirtschaftswachstum, wird es daher nach den Berechnungen des Statistischen Amtes der Europäischen Union möglich sein, bis 2002, also innerhalb des fünfjährigen Zeitrahmens des NAP, eine Zunahme der Beschäftigung um etwa 100 000 sowie eine Reduktion der Arbeitslosenrate auf etwa 3,5 Prozent zu erreichen.

Dafür ist es aber auch notwendig, daß wir, wie im Nationalen Aktionsplan vorgesehen, die Kapazitäten bereitstellen, um 20 Prozent der Arbeitsuchenden in aktive Maßnahmen zu bringen. Wenn das, nur weil es tagespolitisch opportun erscheint, als "Schönen der Statistik" oder gar als "Verstecken von Arbeitslosen" hingestellt wird, dann negieren diejenigen, die das tun, die nachhaltigen Vermittlungserfolge dieser Maßnahmen, sie negieren aber auch die Bedürfnisse von arbeitsuchenden Menschen und stehen auf der falschen Seite. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

Es zeigt sich daher, sehr geschätzte Damen und Herren, daß wir mit dem Nationalen Aktions-plan für Beschäftigung und der Gesamtheit unserer österreichischen Beschäftigungspolitik auf dem richtigen, erfolgreichen Weg sind. – Ich bedanke mich für die bisherige Unterstützung auf diesem Weg und bitte auch um Ihre Unterstützung in weiterer Folge. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

10.29

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke, Frau Bundesministerin.

Ich darf nun im Sinne der Tagesordnung dem Herrn Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten das Wort erteilen. – Bitte, Herr Minister.

10.29

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Kollegin! Einige Bemerkungen zum gegenständlichen Tagesordnungspunkt aus der Sicht des Bundesministeriums für wirtschaftliche Angelegenheiten. Zunächst eine Feststellung zur soziologischen Wirkung des NAP: Er hat jedenfalls dazu geführt, daß die Kooperation zwischen den drei hauptbeteiligten Ministerien, nämlich dem Bundesministerium für Soziales und Arbeit, jenem für Unterricht und meinem Haus, in einer Art und Weise intensiviert und verbessert wurde, bei der wir froh gewesen wären, wenn wir sie immer gehabt hätten, um auch das vorweg zu sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Zur zweiten Sache: Ich habe das Gefühl, daß es uns bei der gemeinsamen Zielsetzung auch darum geht, daß jene, die in Österreich im Erwerbsleben eine Position haben wollen, tatsächlich von der Ausbildung, von der Weiterbildung und auch vom sozialen Auffangnetz her Voraussetzungen finden müssen, die es ermöglichen, daß sie den schwierigen Herausforderungen der Arbeitsmärkte gelassen gegenübertreten können.

Lassen Sie mich zu einigen Punkten konkret Stellung nehmen. Zur Frage der Unternehmer. Der Punkt ist, wer in Österreich mehr Arbeit haben möchte, braucht auch mehr Arbeitgeber. Wer mehr Arbeitgeber haben möchte, braucht mehr selbständige Unternehmer. – Das ist eine Formel, die, so glaube ich, heute allenthalben akzeptiert wird. Das war aber nicht immer so. (Beifall bei der ÖVP und beim Liberalen Forum.)

Ich möchte in der Diskussion auf einige Dinge hinweisen, und ich bitte, dabei wirklich auf neuere Zahlen Rücksicht zu nehmen. Die Zahl der Selbständigen einer Volkswirtschaft ist eng korreliert mit dem Wohlstand einer Volkswirtschaft. Sie nimmt nämlich mit der Höhe des Wohlstandes bei armen Nationen relativ ab. Ich werde Ihnen dazu aus der jüngsten OECD-Statistik auch zur Versachlichung unserer Diskussion in der Öffentlichkeit einige Daten nennen.

Wir dürfen die Zahl der Selbständigen in Österreich nicht mit jener in solchen Ländern vergleichen, die mit ihrem Pro-Kopf-Einkommen in Europa am unteren Ende liegen, weil sie sehr viele Kleinhändler und Bauchlädenverkäufer haben, sondern wir müssen uns mit jenen Ländern vergleichen, die vom Durchschnittseinkommen her etwa in unserer Kategorie liegen. Dazu darf ich Ihnen einige Zahlen nennen.

Nach den neuesten OECD-Statistiken aus dem Jahre 1998 liegt Österreich mit der Quote der Selbständigen im nicht-landwirtschaftlichen Bereich durchaus auf der gleichen Ebene wie vergleichbare Länder. Wir haben 8,3 Prozent, Deutschland hat 8,8 Prozent, Frankreich 8,3 Prozent wie wir, Dänemark, das reichste Land Europas, hat 6,7 Prozent, Schweden 9 Prozent und die Niederlande haben 10 Prozent. Das heißt, das sind jene Länder, mit denen wir uns im Benchmarking vergleichen müssen.

Daraus folgt aber auch – ich komme noch darauf zu sprechen –, daß wir bei Sektorenanalysen sehen, in welchen Bereichen wir mehr Selbständige brauchen. Ich greife vor: Das wird vor allem im Bereich neuer Dienstleistungen sein und in Dienstleistungen am und für den Menschen. Da sind wir gefordert! Ich wiederhole: Wir haben die Direktoren von Caritas, Volksfürsorge und vom Roten Kreuz dazu eingeladen, uns eine Wunschliste von Berufen aus ihrer Sicht vorzulegen, damit wir die entsprechenden Rahmenbedingungen für mehr Berufe am und mit dem Menschen schaffen können. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte nochmals wiederholen, wir liegen im EU-Vergleich betreffend Schaffung neuer Unternehmensbilder außerordentlich gut. Im EU-Schnitt liegt das Wachstum der Zahl der Selbständigen bei 0,3 Prozent, Österreich liegt mit 1 Prozent Wachstum im letzten Jahr aber deutlich und vielfach über dem EU-Schnitt. (Abg. Gaugg: Mit Statistiken kann man trefflich streiten! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich biete Ihnen gerne an, mit den Studienautoren, die wir in beiden Bereichen eingesetzt haben, in einen Dialog zu treten, und rate Ihnen, nicht auf Zeitungsartikel zu hören. Die Studie der Wirtschaftsuniversität weist deutlich nach (Abg. Gaugg: Warum wird sie von Fachleuten kritisiert und nicht von Zeitungen?), daß es im letzten Jahr 20 400 echte Neugründungen gab. Die Studie "Synthesis" weist deutlich nach, daß es 37 000 neue Betriebsstätten, die Arbeitgeber wurden, gibt. Diese Zahlen kann man nicht negieren! (Abg. Haigermoser: Halleluja! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Wir haben ein Beschäftigungswachstum zu verzeichnen. Wie die Frau Ministerin gesagt hat: Wir hatten noch nie mehr unselbständig Beschäftigte, und der Wachstumspfad ist klar vorgezeichnet. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich denke, daß wir aus zwei Gründen eine Fortsetzung dieser Gründungswelle der Selbständigen erwarten können: Das erste ist die Erfüllung eines großen Anliegens, nämlich der Begünstigung der Betriebsübernahme. Die jetzt in der Steuerreform vorgesehene Regelung wird durch Erleichterungen bei der Betriebsübernahme zu einem großen Innovationsschub, einer neuen Unternehmergeneration führen, ich bin sicher, zu einer Unternehmergeneration, die weiß, was der Job Holder Value gerade für dauernd beschäftigte und gut bezahlte Mitarbeiter bedeutet. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein weiterer Punkt: Wir haben in diesen Tagen eine Vorlage zur Begutachtung ausgesandt, wonach wir alle Gewerbe – mit Ausnahme einiger weniger Sicherheitsgewerbe wie zum Beispiel Augenoptiker – teilgewerbefähig machen. Das würde bedeuten, daß wir von der engeren Basis auf eine weitere kommen, und ich hoffe, daß diese Maßnahme Zustimmung im Begutachtungsverfahren findet.

Ein weiterer Punkt: Wir wissen aus der europäischen Erfahrung, daß ein Viertel aller europäischen Insolvenzen und fast die Hälfte aller europäischen Arbeitsplatzverluste in Klein- und Mittelbetrieben auf die mangelnde Zahlungsmoral im Bereich der Wirtschaft und auch mancher öffentlicher Hände – das variiert in Europa – zurückzuführen sind.

Die vor kurzem in Europa von uns vorbereitete und zuletzt vom Ministerrat verabschiedete Richtlinie über Zahlungsverzug würde dazu führen, daß wir bei fristgerechter Umsetzung eine erhebliche Stabilisierung etwa der unverschuldeten Insolvenzen im Bereich der Klein- und Mittelbetriebe mit hohen Beschäftigungseffekten verzeichnen würden.

Noch eine letzte Bemerkung: Auch "better regulation", eine wirksamere Regulierung spielt eine Rolle. Ich möchte ausdrücklich erwähnen: Es wurde gestern auch die elektronische Gewerbeanmeldung für alle nicht auf Befähigungsnachweisen basierenden Gewerbe zur Begutachtung ausgeschickt. Das betrifft rund 800 Berufe. Diese können und sollen künftig, nach Inkrafttreten, von zu Hause aus gewerbemäßig angemeldet werden. Das ist eine Regelung, die an Deregulierung nicht mehr zu überbieten ist. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte dem Hohen Haus allerdings schon sagen, daß wir ein technisches Problem haben: Für alle, die bereits ein Gewerbe angemeldet haben, hat die Behörde schon alle Daten. Da ist es ganz einfach. Bei allen, die erstmals anmelden, kann es aber passieren, da wir noch kein Staatsbürgerschaftsregister und ähnliche Dinge haben, daß sie noch einige Dokumente vorlegen müssen. Wir arbeiten in der Bundesregierung aber daran, auch diese Defizite noch aufzu-holen.

Hohes Haus! Ein zweiter Bereich, für den mein Haus die Verantwortung trägt, ist die wichtige Rolle des dualen Ausbildungssystems bei der Vermeidung von Jugendarbeitslosigkeit. Ich meine, aufgrund der Erfahrungen mit dem NAP, mit dem Auffangsystem, mit den neuen Lehrberufen und mit der Begünstigung für lehrlingsausbildende Betriebe wurden die Freibeträge und die vorgesehene Verbesserung im steuerlichen System sichergestellt, sodaß es mehrere Tausend junge Beschäftigte in neuen Berufen gibt. Ich darf Ihnen ankündigen, daß wir noch vor dem Sommer ein Bündel von neuen Lehrberufen in die Realität umsetzen werden, sodaß wir weiterhin den Pfad der Stabilisierung der Jugendbeschäftigung beschreiten werden. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ein weiterer Bereich ist sicher, daß wir in meinem Haus im Bereiche der Arbeitsschaffung über öffentliche Aufträge mehrjährige Visionen brauchen. Ich erwähne vor allem den Sektor des Infrastruktur- und des Hochbaues. Gestern nahm ich an einem Gipfel mit der Bauwirtschaft und den Sozialpartnern teil, bei dem wir uns darauf geeinigt haben, daß bis zum Sommer eine Arbeitsgruppe eine vierjährige Vision über das entwickeln sollte, was am Baumarkt an Notwendigkeiten und Möglichkeiten vorhanden und im Sinne dessen ist, was wir bei der Regierungsklausur in Bad Aussee beschlossen haben – unter drei Bedingungen:

Erstens: mehr Transparenz und fairer Wettbewerb in der Bauwirtschaft, und weniger – ich sage es jetzt so – mauscheln.

Zweitens brauchen wir mehr Ganzjahresarbeitsverträge, nicht nur in der Bauwirtschaft, sondern auch in den Nebengewerben.

Drittens: Wenn wir diese Vierjahresperspektive bieten, dann muß es auch möglich sein, vernünftigere Winterbauarbeitsprogramme zusammenzubringen, wodurch zum Beispiel im Innenbau die hohen saisonalen Arbeitslosenraten im Baunebengewerbe reduziert werden können. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Ich werde dieser Tage einige Forschungsaufträge vergeben, im Hinblick darauf, wie man etwa durch die Nutzung der Kellerlandschaften in Wien, durch Umbauten in den Ortszentren und durch die Freigabe der Wohnbauförderungsmittel für derartige Projekte auch im Bausektor neue Visionen schaffen kann.

Hohes Haus! Noch einen Bereich möchte ich erwähnen. Es ist ganz klar, daß jeder, der für den Außenhandel zuständig ist, sehen muß, daß die Situation, daß der Export der überwiegende Motor des wirtschaftlichen Wachstums ist, nicht auf Dauer aufrechterhalten werden kann. Daher bin ich auch als – unter Anführungszeichen – "Außenwirtschaftsminister" froh, daß wir über die Steuerrechtsreform einen Nachfragepush, wie das so schön heißt, einleiten.

Von den 30 Milliarden Schilling, die daraus resultieren, gehen rund 26 Milliarden in die private Nachfrage. Das wird eine Stabilisierung der Konsumausgaben, eine Verbesserung bei den Inlandsurlauben, eine Verbesserung der finanziellen Situation vieler Haushalte und auch ihrer Erwartungen bewirken und damit auch zur Beschäftigungsstabilisierung und zum Teil im Tourismus zu weiterem Wachstum beitragen.

Hohes Haus! Eine letzte Bemerkung: Ich komme gerade von Investorenmeetings, die ich in den Vereinigten Staaten gehabt habe. Ich kann Ihnen einmal mehr aus dem Bereich der Austrian Business Agency berichten, daß wir im Augenblick mit über 200 konkreten Investitionsprojektträgern in Österreich verhandeln. Das sind überwiegend Klein- und Mittelbetriebe. Die ABA hat im letzten Jahr 72 Ansiedelungen mit knapp 4 000 Arbeitsplätzen gebracht. Ich nehme an, daß wir heuer noch bessere Ergebnisse vorweisen werden.

Hohes Haus! Es gibt viele Komponenten, bei denen wir uns gemeinsam anstrengen müssen, um der österreichischen Bevölkerung und jenen Österreichern, die auf Arbeit warten, sich in der Arbeit verändern oder sichere Arbeitsplätze haben wollen, Perspektiven zu bieten. Dazu dient der NAP, und ich glaube, daß er sich als ein sehr geeignetes Instrument erwiesen hat. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

10.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Danke vielmals, Herr Bundesminister.

Wünsche nach mündlicher Berichterstattung zu den übrigen Verhandlungsgegenständen liegen mir nicht vor. Wir können daher in die Diskussion eintreten.

Die erste Wortmeldung kommt von Herrn Abgeordneten Gaugg. Freiwillige Redezeitbeschrän-kung: 8 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

10.41

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Es wurde heute von Ihnen in Ihren Erklärungen gesagt, der Nationale Aktionsplan für Beschäftigung wäre eine neue Form der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. Wenn es Ihnen genügt, Papier zu erzeugen, um Allgemeinplätze zu formulieren, dann mag das für Sie ausreichend sein. (Ruf bei der ÖVP: Sie sprechen gegen Prinzhorn! – Heiterkeit bei der ÖVP.)

Irritierend, Frau Bundesministerin, ist Ihre Aussage, daß Erwerbsarbeit die Voraussetzung für wirtschaftlichen Reichtum sei. – Frau Bundesministerin! Wenn das tatsächlich Ihre Überzeugung ist, dann muß ich sagen, Sie verschließen vor der Realität die Augen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Denn es geht den Beschäftigten in Österreich schon längst nicht mehr um das Schaffen von Reichtum, sondern um ihren täglichen Überlebenskampf aufgrund Ihres Versagens in der Sozial- und Einkommenspolitik der vergangenen Jahre. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn Sie den Abbau von Zehntausenden Arbeitslosen in der Statistik zum Anlaß nehmen, von einer Trendwende zu sprechen, aber genau wissen, daß wir in Wirklichkeit ein rapides Ansteigen der Zahl der Arbeitslosen, der Zahl der Minderbeschäftigten und jener mit Mindereinkommen haben, dann wird es umso schwieriger, mit Ihnen darüber überhaupt noch zu diskutieren. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn Sie heute nur mehr davon sprechen, daß es wesentlicher und wichtiger wäre, die Bekämpfung der Schwarzarbeit in Österreich voranzutreiben, dann frage ich mich, wo das Gesetz dazu ist. Sie haben diesbezüglich mit Ihrem Koalitionspartner ebenfalls keine Einigung erzielen können. Wenn heute Herr Minister Farnleitner sagt, das duale Ausbildungssystem sei ein wesentlicher Bestandteil, dann bin ich sehr glücklich darüber, weil man eine Zeitlang den Eindruck bekam, als müßte man das abschaffen, weil es hieß, daß es von der Wirtschaft her nicht mehr tragbar wäre. – In Ordnung, das ist eine der Möglichkeiten, aber letztlich nur ein kleiner Hinweis darauf, daß Sie keine neuen Impulse setzen, sondern daß all das, was im Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung enthalten ist, altbekanntes Gut ist.

Die Realität schaut folgendermaßen aus, das weiß man, wenn man in den letzten zwei Tagen die Meldungen in den Medien verfolgt hat: Telekom minus 1 900 Beschäftigte. Die Industrie kündigt an, daß es im Jahr 1999 4 500 Beschäftigte weniger geben wird. – Das sind genau jene Bereiche, in denen es sogenannte Gutverdiener gibt; das sind eher jene, die, kollektivvertraglich geschützt, doch zu Einkommensbereichen zählen, die in Österreich noch immer ein wenig bevorzugt sind im Vergleich zu jenen, die heute angeboten werden: Teilzeitjobs, McJobs in allen Bereichen, Telefondienste, Dienstleistungen zu geradezu unmenschlichen Bedingungen.

Das stellt letztlich ein Versagen der Regierung dar, die seitens des Finanzministeriums 1995 den klaren Auftrag erhalten hat, daß das Sozialministerium Einsparungen in der Größenordnung von etwa 45 Milliarden Schilling vornehmen muß. Diese 45 Milliarden Schilling, Frau Ministerin, haben Sie weit verfehlt. Lediglich Leistungskürzungen gegenüber den Sozialempfängern wurden eingeführt, aber in Ihrem eigenen Bereich kommt es zu einer unsagbaren Personalvermehrung. (Bundesministerin Hostasch: Bitte?)

Frau Ministerin! Durch die Ausgliederung des Arbeitsmarktservices haben Sie keinen Arbeitsplatz weniger, Sie haben ihn nur nicht mehr in der Statistik! Bezahlen müssen die Steuerzahler in Österreich noch immer, was dort aufgeführt wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie selbst waren es, die am Arbeitsmarktservice Wien schärfste Kritik geübt hat! Und was passiert jetzt? – Nichts. Oder wird irgendwann irgendwo etwas geschehen, um die Effizienz der staatlichen Arbeitsmarktverwaltung tatsächlich einmal dazu zu bringen, nicht nur Arbeitslose zu verwalten, sondern tatsächlich aktiv die Vermittlung von Beschäftigung durchzuführen? – Das ist etwas, was fehlt.

Frau Ministerin! Diese Kritik kommt nicht nur von den Oppositionsparteien; diese Kritik kommt auch von den zum Teil von Ihnen selbst eingesetzten Fachleuten. Es wird kritisiert, daß Lehrlinge, die "geparkt" werden, großteils keine Berufsausbildung erhalten, sondern in Abendschulungen oder in Abendkursen unterrichtet werden. Für nur 2 500 Lehrlinge müssen Sie 1 Milliarde Schilling pro Jahr aufwenden. Wir erleben das heuer, 1999, im selben Ausmaß wieder.

Beim Job-Coaching schleusen Sie etwa 40 000 Arbeitslose durch. Das verschönt Ihre Arbeitslosenstatistik im Schnitt um 7 000 jährlich und kostet den Steuerzahler 342 Millionen Schilling. Sie haben in den letzten Jahren keinen einzigen echten Arbeitsplatz geschaffen, sondern die Arbeitsplätze, die heute zur Verfügung stehen, sind letztlich darauf zurückzuführen, daß es in den letzten Jahren ein Sozialdumping und ein Einkommensdumping bei den Arbeitnehmern gegeben hat, Frau Ministerin! (Beifall bei den Freiheitlichen.) – Und all das bei der geringsten Inflation der jüngeren Geschichte, bei einem guten Wachstum von 2,5 Prozent und unter den Augen der sogenannten Arbeitnehmervertretung.

Die Arbeiterkammer reduziert sich sowieso auf Gesetzesgutachten, und der Österreichische Gewerkschaftsbund schlummert vor sich hin, denn die Vertreter sitzen seit Jahrzehnten in der Regierung, und daher dürfen sie nicht angreifen und nicht attackieren. Lieber Kollege Nürnberger! Ich muß schon sagen, es ist eine einzige Enttäuschung, was der Österreichische Gewerkschaftsbund in den letzten Jahren für die österreichischen Arbeitnehmer erzielen konnte! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Koppler: Kennst du unseren Kollektivvertrag? Kennst du unseren Kollektivvertrag? Kennst du unseren Kollektivvertrag?)

Wenn heute leitende Funktionäre von Ihnen ständig nur argumentieren, warum etwas schlechter ist, dann kann das nicht Gewerkschaftspolitik sein! Gehen Sie endlich einmal in die Offensive! Sie haben dazu die Möglichkeiten, Sie hätten die Möglichkeiten dazu! (Abg. Koppler: Kennst du unseren Kollektivvertrag?) – Koppler, nicht du! (Abg. Koppler: Du hast keine Ahnung! Du hast überhaupt keine Ahnung! Kennst du unseren Kollektivvertrag?)

Koppler! Jeder andere in diesem Raum hat mehr Recht als du, denn ich kann nur eines sagen: Du bist ein großer Vorsitzender ohne Arbeitnehmer, denn letztlich sind deine Arbeitnehmer auf der Straße, aber du hast den Job des Betriebsratsvorsitzenden! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Es wird jahrelang davon gesprochen, es muß zur Gleichberechtigung zwischen Mann und Frau kommen. (Abg. Koppler: Kennst du unseren Kollektivvertrag? – Abg. Dr. Krüger: Gib es zu! Ein Geständnis ist ein Milderungsgrund! – Abg. Koppler: Dann nehme ich mir dich als Anwalt!) – Herr Abgeordneter Koppler! Gerade deine Partei ist es, die ständig die Forderung nach Gleichstellung von Mann und Frau erhebt. (Abg. Koppler: Kennst du unseren Kollektivvertrag?) – Natürlich, selbstverständlich!

Aber noch einmal: Die Gleichstellung von Mann und Frau beim Einkommen ist eine jahrelange Forderung der Sozialdemokratischen Partei. Wenn die Sozialdemokratische Partei in die Regierung kommen wird, dann wird sie all das umsetzen, so hat es immer geheißen. – Ich frage mich: Wozu sitzen Sie in der Regierung, wenn Sie nicht in der Lage sind, Ihre eigenen Forderungen umzusetzen? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Österreich ist nämlich eines jener EU-Länder, in denen die Diskrepanz zwischen den Einkommen der Männer und der Frauen am größten ist. Österreich ist auch jenes Land in Europa, das die höchsten Einkommensdifferenzen in den Kollektivverträgen hat. Ich wiederhole: die höchste Einkommensdifferenz!

Da gibt es die OMV, die sich durch hohe Benzinpreise auszeichnet, in der man bis zu 100 und 120 Prozent mehr verdient als der durchschnittliche Arbeitnehmer in unserem Land. Auch da schaut die Sozialdemokratische Partei zu – natürlich zum Wohlgefallen des Koalitionspartners, weil man in einer Zwangsgemeinschaft hockt, die man nicht ohne weiteres auflösen kann, weil man Verpflichtungen eingegangen ist, aber nicht gegenüber den Staatsbürgern, nicht gegenüber den Beschäftigten, sondern ausschließlich zum Selbsterhalt dieser politischen Kaste, die Sie hier darstellen. Letztlich steht für Sie doch nur das Überleben im Vordergrund, statt daß Sie endlich einmal Initiativen setzen, die es ermöglichen, den Beschäftigten ein menschengerechtes Dasein zu sichern. Das würde ich mir von Ihnen erwarten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dieser gesamte Nationale Beschäftigungsplan ist das Papier nicht wert, auf dem er geschrieben ist. Es fehlt zum Beispiel die Festlegung von Erfolgsindikatoren, und es fehlen die Sanktionen. In diesem umfangreichen Papier steht, daß ältere Arbeitslose gemäß § 38a mit Anspruch auf eine vorzeitige Alterspension einen Rechtsanspruch auf ein kollektivvertraglich entlohntes Dienstverhältnis in einem Beschäftigungsprojekt haben.

Wenn er aber diese Arbeit nicht bekommt, wo kann sich der Arbeitslose beschweren? – Beim Salzamt! Reden Sie einmal mit Ihren Mitarbeitern im Arbeitsmarktservice! Diese werden Ihnen sagen, daß es heute nicht einmal mehr möglich ist, einen 40jährigen Arbeiter noch irgendwo unterzubringen, geschweige denn einen noch älteren. Das wissen Sie genau! Auch Sie können Statistiken lesen!

Mir erscheint es wichtig und wesentlich, daß Sie einmal aufwachen, daß Sie nicht ständig nur die Beschwichtigungshofräte spielen, sondern den Problemen ehrlich gegenübertreten und einfach akzeptieren, daß neben den 230 000 offiziellen Arbeitslosen noch weitere 120 000 Menschen in versteckter Arbeitslosigkeit sind. Sie haben sie in irgendwelchen Schulungen untergebracht, und ihr Dasein können wir letztlich nur dadurch sichern, daß hohe Steuermittel aus dem Budget zur Verfügung gestellt werden.

Es tritt nicht etwa deshalb eine Besserung ein, weil es zu einer wirtschaftlichen Besserstellung in unserem Land kommt. Eine wirtschaftliche Besserstellung in unserem Land ist nicht möglich, weil diese Regierung eine verfehlte Politik verfolgt. Das ist der Grund dafür, warum wir heute mit diesem Problem dastehen und krampfhaft nach neuen Lösungen suchen müssen! Sie drucken dicke Papiere, statt daß Sie in die Praxis gehen und für die Menschen Arbeit schaffen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Koppler: So ein Schmarr’n! – Abg. Dr. Krüger – in Richtung des Abg. Koppler –: Heute kannst du dein Gewissen erleichtern! – Abg. Koppler: So ein Schmarr’n!)

10.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Reitsamer. – Bitte.

10.51

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Es tut Ihnen von den Freiheitlichen schon sehr weh, mit den Erfolgen der Regierungsparteien umzugehen. Aber daß es Ihnen so weh tut, wie uns die vorige Rede gezeigt hat, hätte ich mir eigentlich nicht gedacht! (Beifall bei der SPÖ.)

Der Nationale Aktionsplan für Beschäftigung hat ein Jahr Bewährungsprobe hinter sich. Die Arbeitsmarktlage in Österreich hat sich verbessert. Wir haben an die 30 000 Beschäftigte mehr, davon mehr als 16 300 Frauen. Die Anzahl der Arbeitslosen ist um 9 600 gesunken. (Abg. Gaugg: Sogar das ist falsch! 9 132!)

Das Erreichen des Zieles, nämlich plus 100 000 Beschäftigte bis 2002, scheint realistisch. Die Zahlen zeigen auch, daß von einer Trendwende – es gibt nicht nur steigende Beschäftigung, sondern auch sinkende Arbeitslosigkeit – gesprochen werden kann. Obwohl vieles in Abrede gestellt wird, sind das sehr ermutigende Zahlen.

Wir haben mit 6,6 Prozent eine relativ niedrige Jugendarbeitslosigkeit, im EU-Durchschnitt liegt sie bei 19,6 Prozent. Die Langzeitarbeitslosigkeit in Österreich liegt unter dem EU-Durchschnitt. Es gibt auch eine sinkende Verweildauer in der Arbeitslosigkeit, und das ohne Niedriglohnstrategie, meine Damen und Herren.

Wir dürfen auch nicht vergessen, daß sehr viele Maßnahmen im NAP langfristig sind. Sie zeigen zwar, daß wir richtig unterwegs sind, schlagen sich aber noch nicht in Zahlen nieder. Trotzdem dürfen wir aber die Augen nicht davor verschließen, daß es bei den älteren Arbeitnehmern Schwierigkeiten gibt. Daher ist das Maßnahmenpaket für ältere Arbeitnehmer von besonderer Wichtigkeit. Die Frau Bundesministerin hat es uns heute angekündigt, es steht kurz vor der Präsentation. Für die Arbeitslosigkeit bei den älteren Arbeitnehmern gibt es eine Reihe von Gründen. Ich möchte nur zwei davon herausgreifen.

Erstens: Das Ventil Frühpension ist nicht mehr so leicht zugänglich. Dazu stehe ich auch, weil es nicht sinnvoll ist. Zweitens: Ein großes Problem ist das rasche Veralten beruflicher Qualifikationen, vor allem bei Arbeitnehmern mit guter Ausbildung. Daher ist lebensbegleitendes Lernen ein richtiger Schritt, um dem zu begegnen. Zu Lasten der älteren Arbeitnehmer gehen auch immer wieder das Verhältnis zwischen Leistungsfähigkeit und Arbeitskosten, die Fragen der Gesundheit, die Weiterbildungsbereitschaft und die Weiterbildungsmöglichkeiten. Es ist nicht so einfach, Arbeitserfahrung und Wissen dagegen aufzurechnen.

Es ist also ein Maßnahmenbündel in Vorbereitung und steht kurz vor der Präsentation. Es setzt sich mit zwei wesentlichen Punkten, der Erhöhung der Beschäftigungsstabilität und der Verbesserung der Wiedereinstiegschancen auseinander. Unter anderem wären die Nutzung von Überstunden für die Ausdehnung der Beschäftigungszeit vor der Pensionierung vorstellbar oder Vorzieheffekte über finanzielle Anreize im Bereich der Alten-, Kranken- und Behindertenbetreuung über verschiedene Trägerorganisationen.

Es werden auch neue Berufsbilder in den Bereichen Soziales, Gesundheit und Freizeit zu schaffen sein.

Was heute die Frau Bundesministerin gesagt hat, freut mich natürlich besonders: daß die Verbesserung der Arbeitsmarktsituation für Frauen spürbar wird und daß alle Maßnahmen tauglich sein müssen, um die Chancengleichheit zwischen Frauen und Männern erheblich zu verbessern.

Ein Jahr Nationaler Aktionsplan für Beschäftigung, die Erhöhung der Mittel für aktive Arbeitsmarktpolitik um 36 Prozent auf 11 Millionen – immerhin hat die Vergangenheit gezeigt, daß die Wiedereingliederungsquote ... (Bundesministerin Hostasch: Milliarden!) – Entschuldigung, da habe ich mich versprochen. Natürlich: 11 Milliarden.

Immerhin beträgt die Wiedereingliederungsquote nach Qualifizierungsmaßnahmen 50 bis 70 Prozent. Meine Damen und Herren! Aber kaum war die positive Bilanz veröffentlicht, kamen schon die Vorwürfe: Zahlenkosmetik, politischer Aktionismus ohne positiven Effekt, Schlag ins Wasser und dergleichen mehr wurde uns vorgeworfen. Es gab die Kritik, daß in Schulungsmaßnahmen befindliche Arbeitslose und sogenannte entmutigte Arbeitslose, also Personen, die beim AMS gar nicht gemeldet sind, in der Arbeitslosenstatistik nicht enthalten wären. – Das sind sie aber in keinem Land, das müßten Sie eigentlich wissen! Das würde ja auch seriöse Vergleiche unmöglich machen.

Die Zahlen der Verbesserungen habe ich schon genannt. Aber weil Sie von den Freiheitlichen sich gar so auf die Schulungsmaßnahme beziehen, muß ich Ihnen sagen, in den Schulungsmaßnahmen befinden sich derzeit gegenüber den Zahlen, die bereits von mir genannt wurden, nur 2 200 weitere Personen.

Auch die verstärkte Integration älterer Arbeitnehmer wurde eingefordert. – Dazu kann ich nur sagen: "No na!" Oft wird von der Opposition dann, wenn von uns angekündigt wird, daß etwas kurz vor der Präsentation steht, das noch schnell gefordert, und man sagt hinterher: Dank unserer Forderung ist das so geschehen! (Abg. Dr. Kier: Das machen andere auch, das muß man zugeben! – Abg. Dr. Graf: So macht das die SPÖ!)

Ich mußte feststellen, bei Ihnen gibt es sehr viel Empfindlichkeit beim Umgehen mit Erfolgen, aber wenig beschäftigungspolitische Kompetenz. Ich kann nur eine Feststellung bestätigen: Arbeitsplätze schafft nicht die Politik, sondern die Wirtschaft, aber die Politik hat die Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. Da bin ich d’accord. Und das Schaffen dieser Rahmenbedingungen, um möglichst viele Menschen in die Erwerbsarbeit zu bringen und darin zu halten, ist die größte Herausforderung für uns überhaupt!

Aus Zeitgründen kann ich mich leider nicht mehr mit der Novelle zum Arbeitslosenversicherungsgesetz beschäftigen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Graf: Sie hat die Redezeit nicht ausgenützt, sie hätte ohnehin noch Zeit gehabt! Es ist ihr aber nichts mehr eingefallen!)

10.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Er hat das Wort.

10.58

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Sie werden sich nicht darüber wundern, daß wir in keinen Jubel ausbrechen, wenn wir mit dem sogenannten Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung konfrontiert sind. Dies nicht deswegen, weil wir es nicht für notwendig halten, daß in diesem Bereich etwas geschieht, sondern weil wir der Meinung sind, daß das, was als Nationaler Aktionsplan dargestellt wird und uns auch heute präsentiert wurde, strukturell und qualitätsmäßig daneben liegt. (Präsident Dr. Neisser übernimmt den Vorsitz.)

Die beiden Erklärungen der Regierungsmitglieder haben das in ihrem Kontrast sehr deutlich gemacht. Ich möchte mich bei Herrn Bundesminister Farnleitner für seine Ehrlichkeit bedanken, weil er deutlich gesagt hat: "Es ist ein psychologisches Instrument." – Herr Bundesminister Farnleitner ist leider im Moment nicht da. (Bundesministerin Hostasch: Er kommt gleich zurück!)

Es ist ein psychologisches Instrument, und das ist richtig so. Es ist wichtig, sich im Wirtschaftsleben bewußt zu machen, daß sehr viele Dinge, die sich positiv entwickeln, aus einer Grundstimmung heraus geschehen, aus einer optimistischen Einschätzung heraus – in erster Linie wohl der Unternehmer – erfolgen. Wenn ich eine positive Erwartungshaltung habe, dann gehe ich mit Kraft an neue Investitionen, an neue Planungen heran, dann erwarte ich mir, Zukunftschancen umsetzen zu können. Das sind vielfach sehr subjektive Einschätzungen, aber die psychologische Befindlichkeit ist eben ein sehr wesentliches Element.

In diesem Feld ist die Öffentlichkeitsarbeit sicherlich etwas Wichtiges. Was aber mit dem NAP geschieht, ist leider etwas ganz anderes. Mir kommt vor, daß die positiven Zahlen, die heute genannt wurden – so und so viel Beschäftigte mehr, sinkende Arbeitslosigkeit, gleich überzeichnet als Trendwende; ich gehe darauf noch ein –, etwas Ähnliches sind wie das Wellenreiten auf einer Konjunkturwelle.

Es ist richtig: Die Wirtschaft entwickelt sich günstig. Die Effekte, die beschrieben worden sind, wurden teilweise richtig, wenn auch sehr euphorisch beschrieben, ein bißchen sehr positiv überzeichnet. Aber die positiven Trends will ich gar nicht bestreiten. Es stellt sich nur die Frage: Was ist Ursache, und was ist Wirkung? Ist tatsächlich der Nationale Aktionsplan für Beschäftigung die Ursache dafür, daß die Telekom-Branche boomt? Ist wirklich der Nationale Aktionsplan für Beschäftigung die Ursache dafür?

Ist es daher redlich, einen Fernsehspot zu schalten, in dem der Bundeskanzler dargestellt wird? – Zuerst wird in diesem Spot eine arbeitslose junge Frau gezeigt – auf den Fernsehschirmen in grauen Tönen dargestellt –, dann hält der Bundeskanzler eine pastorale Rede – ich nenne es einmal so –, eine eher predigthafte Rede, und anschließend sieht man wieder diese junge Frau, nun in Farbe, an einem Arbeitsplatz in der Telekom-Branche. – Da sage ich: Wunderbar! Ich freue mich für diese Person, falls das nicht nur gestellt gewesen sein sollte, aber das ist nicht das Ergebnis des Nationalen Aktionsplanes für Beschäftigung, sondern der Liberalisierung im Bereich der Telekom! Das ist der Grund! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Stummvoll: Einer erfolgreichen Wirtschaftspolitik! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ja, aber das ist kein Element des NAP! Entschuldigen Sie vielmals, der Nationale Aktionsplan für Beschäftigung hat mit der Europäischen Union nur indirekt zu tun. Er ist dort auch implementiert, aber die Effekte einer Marktöffnung im Bereich des Telefonwesens sind kein Ergebnis des NAP! (Abg. Dr. Stummvoll: Sagen Sie einfach: "erfolgreiche Wirtschaftspolitik"! – Abg. Gaugg – in Richtung ÖVP –: Monopole, Monopole, wo immer man schaut! Nicht mit fremden Federn schmücken! Das ist eher der Zufallsgenerator! Privaten, Selbständigen wirft man nur Prügel vor die Füße!)

Daher finde ich diese Art von Öffentlichkeitsarbeit überhaupt nicht lustig. Sie hat nämlich noch eine zweite Seite, die Schattenseite: Das, was da passiert, kostet Hunderte Millionen! Doppelseitige Inserate in allen Zeitungen, Fernsehspots rund um die Uhr! (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Staatsfernsehen!) Das ist für die psychologische Befindlichkeit dem Grunde nach alles wichtig, aber ob das gleichzeitig in eine Selbstdarstellung von Regierungsmitgliedern umgewandelt werden muß, die höchstpersönlich – ich meine jetzt den Bundeskanzler – mit diesen Dingen ja nur peripher etwas zu tun haben – ich betone: nur sehr peripher! –, das weiß ich nicht.

Das erinnert mich an Selbstdarstellungsmethoden in anderen Ländern, von Staatsoberhäuptern, die mittlerweile von der politischen Bühne abgetreten sind. Das hat so eine Art Personenkult-Charakter, und das ist nicht lustig. Man lacht auch als Fernsehkonsument nicht wirklich herzlich, wenn man das noch dazu nicht als Werbeeinschaltung gekennzeichnet bekommt. Dieser Spot läuft vor dem Werbeblock, hat also den Charakter einer halb-offiziellen Aussendung oder Pseudonachricht. Und das ist etwas, was nicht gut ist. Das macht viele Leute, die das nämlich mit ihren Steuern bezahlen, verdrossen!

Zurück zu dem, was Frau Bundesministerin Hostasch gesagt hat. Sie hat von vier Säulen gesprochen, aber ich werde nur zum Teil darauf eingehen. Eine davon hat sich mit der Frage Technologie, Exportförderung und Infrastruktur beschäftigt. – Dazu muß ich sagen, die Bundesregierung hat ja noch nicht einmal ein Technologie- und Forschungskonzept zusammengebracht! Dazu gab es einen Initiativantrag, ich erinnere mich daran, der da zur Verhandlung gebracht wurde.

Die Bundesregierung hat kein Technologie- und Forschungskonzept zustande gebracht. Wir haben zwar gehört, die Quote wird auf 2,5 Prozent des BIP steigen. Aber niemand war bereit, darzustellen, wie das finanziert werden soll. Wir haben nur gehört, bis 2005 soll das passieren. Und das ist schon ein klassisches Versprechen: In fünf Jahren wird etwas sein. Für "in fünf Jahren" kann ich Ihnen alles Beliebige versprechen! Ich kann doch, wenn sich das nach zwei Jahren irgendwie anders entwickelt hat, sagen: Ja, die Randbedingungen haben sich verändert, daher geht es jetzt nicht! – Und außerdem kann man auch hoffen, daß sich in fünf Jahren vielleicht niemand mehr daran erinnert, daß im Jahr 1999 2,5 Prozent versprochen worden sind. Diese Chance hat man auch noch.

Das als Erfolg des NAP zu bezeichnen, daß die Bundesregierung etwas versprochen hat, was sie bis zum Jahr 2005 machen wird, ist bemerkenswert! Dabei geht es um die psychologische Befindlichkeit, das ist richtig. Das kann wertvoll sein, wenn das Versprechen recht glaubwürdig wäre. Es ist nur leider aus folgendem Grund nicht glaubwürdig: Als unsere Fraktion einen Antrag eingebracht hat, der Bundesminister für Finanzen möge darstellen, in welcher Form er das budgetkonform, stabilitätskonform, inflationskonform finanzieren wird, hat die Mehrheit dieses Hauses das abgelehnt. Sie haben gesagt: Nein, das können wir nicht brauchen!

Wenn Edlinger nämlich darstellen muß, wie er diese 2,5 Prozent finanzieren will, dann wird manchen vielleicht die Freude daran vergehen, weil sie entweder sehen werden, daß es gar nicht gelingt, oder daß es in einer Weise geschieht, die mit der Konjunktur oder mit der Wirtschaft nicht sehr verträglich ist. Daher sind das leere Versprechungen.

Frau Bundesministerin! Natürlich setzen Sie – oder das AMS – sich dem Verdacht aus, daß das, was unter Job-Coaching als Sonderschulungen läuft, mehr für das Schaufenster gedacht ist als für die wirkliche Qualifikation der Leute. Ich halte es daher für zynisch, wenn Sie sagen, man darf die Bedürfnisse der Betroffenen nicht negieren. – Na, selbstverständlich darf man die Bedürfnisse der Betroffenen nicht negieren! Wir haben Schulungsbedarf, wir haben auch Coaching-Bedarf. Aber es ist nicht nur wichtig, daß wir ihn haben, sondern auch, wie wir ihn umsetzen!

Wie schauen denn diese Job-Coachings aus? – Sechs Wochen dauern sie, und auf Langzeitarbeitslose hin sind sie orientiert. Da sage ich einmal: zwei Vorgaben, gut.

Aber was passiert innerhalb der sechs Wochen? – Innerhalb dieser sechs Wochen finden acht Schulungseinheiten statt. In der ersten Woche drei, und ab der zweiten Woche bis zur sechsten Woche je eine Schulungseinheit, ein Schulungstag mit maximal sieben Stunden. – Also, da muß ich Ihnen sagen, da ich mit diesem Bereich auch sonst etwas zu tun habe: Sehr strukturiert, sehr kompakt und wirkungsvoll ist diese Schulungsmethode nicht!

Wenn man dann auch noch weiß, daß die einzelnen Stellen des AMS quasi auf Teufel komm raus rekrutieren müssen, damit sie diese Kurse voll bekommen, und mangels Zeit und Datenlage überhaupt nicht auf die individuelle Situation der zu Schulenden eingehen können, dann ist man ein weiteres Mal verdrossen! Und wenn man sich dann noch bewußt macht, daß die Schulungsdauer eigentlich hauptsächlich deswegen sechs Wochen beträgt, weil ein Langzeitarbeitsloser, wenn man ihn sechs Wochen in eine Maßnahme nimmt, seine statistische Qualität ändert – dann verändert er die Arbeitslosenstatistik nämlich strukturell und mengenmäßig! –, dann gehen einem die Augen auf.

Diese acht Tage werden praktisch auf sechs Wochen aufgeteilt, damit sich die Maßnahme auf der statistischen Ebene auswirkt. Und was auf der Schulungsebene dabei herauskommt, ist inzwischen völlig gleichgültig. Aber gehen Sie einmal zum Esteplatz und in die Pasettistraße! Schauen Sie sich einmal an, was dort im Bereich der Rekrutierung dieser Leute für ein verzweifeltes Chaos herrscht!

Es bleibt also übrig, was wahrnehmbar ist: die Fernsehwerbung, die bezahlten Werbeeinschaltungen in den Zeitungen und die BK-Spots des Herrn Bundeskanzlers – und das ist einfach zuwenig.

Daher kann ich nur sagen: Die Zahlen, die Sie genannt haben – die plus 100 000, Frau Bundesminister –, haben wir ja lange vor dem NAP durch eine Wifo-Studie kennengelernt. Das ist ja keineswegs ein Ergebnis des NAP, sondern der NAP hat sich auf diese Welle wie ein Wellenreiter draufgesetzt! Das Wifo hat prognostiziert: plus 100 000 an Beschäftigung. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Sie haben vermutlich gedacht: Das ist gut! Das schreiben wir jetzt in unser Programm hinein. Wir haben eine gute Chance, daß wir das erreichen werden. Denn wenn schon aus der Konjunktur heraus plus 100 000 Beschäftigte zu erwarten sind, umso leichter wird es sein, nachher zu behaupten, daß das über den NAP geschehen ist. – Aber das ist schlecht! Sie müßten die 100 000 der Konjunktur noch steigern, um wirklich zu zeigen, daß Sie etwas bewirken wollen!

Daher meine ich, es darf nicht in Vergessenheit geraten, daß die plus 100 000 Beschäftigten, die Sie uns über den NAP ankündigen und versprechen, nur ein Ergebnis der Konjunktur sind. Daher kann ich nur sagen: Gott gebe, daß die Konjunktur im Jahr 2000 oder im Jahr 2001 nicht in die Knie geht! Dann ginge nämlich Ihr NAP, der wie eine Schaumkrone auf der Konjunktur draufsitzt, mit in die Knie, und dann hätten Sie einen hohen Erklärungsbedarf. Vor allem würden die Betroffenen Ihnen das nicht zu danken wissen!

Frau Kollegin Reitsamer hat sich in ihren Ausführungen dankenswerterweise kurz mit den älteren Menschen, die arbeitslos sind, beschäftigt. In diesem Bereich haben wir eine Zunahme der Arbeitslosigkeit von plus 30 Prozent! Ich betone: plus 30 Prozent in der Altersarbeitslosigkeit, eingebettet in die sonstigen Effekte. Im Hinblick auf die Gesamtstatistik könnte man sagen, wenn man zynisch wäre: Schade! Aber auf der menschlichen Ebene muß ich sagen: Das ist eine Katastrophe!

Diesbezüglich enthält der NAP aber nichts Nennenswertes. Das muß ich betonen, darauf lege ich allergrößten Wert.

Wenn Sie, Herr Bundesminister Farnleitner, die Beschäftigtenzahlen und die Selbständigenquoten genannt haben, so muß ich sagen: Wie Sie hier vergleichbare Volkswirtschaften vergleichen, das geschieht in einer Qualität, die ich schätze, sie spielt sich allerdings nicht in der Philosophie des NAP ab, so wie ich ihn gelesen habe. Darin kommen solche Passagen leider nicht wirklich vor.

Mit dem, was Sie vorgetragen haben, kann ich leben. Allerdings: Diese Gründungseffekte, die Sie anführen, das sind teilweise Effekte, die sich aus der Werkvertragsregelung ableiten. Diese Leute waren zum Teil schon vorher selbständig. Als ich mich bemüht habe – bei der Wirtschaftskammer, bei allen Landeskammern, auch bei der Bundeskammer –, an die tatsächlichen Zahlen der Neugründungen heranzukommen, hat sich das als sehr sperrig erwiesen. Ich habe da ein paar andere Zahlen genannt bekommen.

Es ist nämlich um die Frage gegangen: Wie hoch ist das Aufkommen aus den Eintragungsgebühren? – All die Leute, die ein Gewerbe haben, einen Betrieb gründen, müssen ja dafür eine Eintrittsgebühr bezahlen. Sie wissen das. Und die Wirtschaftskammer weigert sich bis heute, als ihren Beitrag zu einer Forcierung der neuen Selbständigen, der Gründungsmöglichkeiten, wenigstens die Eintragungsgebühr vorübergehend auszusetzen (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Die Einverleibungsgebühr!), die sogenannte frühere Einverleibungsgebühr auszusetzen, weil sie nach wie vor so tut, als ob sie ein nobler Golfklub wäre, bei dem man eine hohe Gebühr zahlen muß, damit man dort Mitglied sein darf.

In Wirklichkeit wissen wir alle, daß man in jenem Moment, in dem man ein Gewerbe angemeldet hat, kraft Gesetz automatisch Mitglied der Wirtschaftskammer ist und daß daher die Eintrittsgebühr genaugenommen durch nichts zu rechtfertigen ist – außer vielleicht durch Beratungsleistungen; lassen wir das einmal dahingestellt.

Zumindest das Aussetzen der Einverleibungsgebühr hätte ich mir gewünscht. Und ich hoffe, daß einer der Redner der Wirtschaftskammer, der heute hier das Wort ergreifen wird, uns heute vielleicht von diesem Pult aus das Versprechen zuruft: Wir sind bereits so weit, wir werden die Eintragungsgebühr zumindest aussetzen! (Abg. Haigermoser: Unsere Anträge haben sie alle abgelehnt in der Kammer!) Ja, aber vielleicht ist das in der Öffentlichkeit anders, denn wir haben ja von Bundesminister Farnleitner gehört, die psychologische Befindlichkeit ist wichtig. Ich sage Ihnen, die psychologische Befindlichkeit von Unternehmensgründern würde sich unglaublich verbessern, wenn sie sich diese Gebühr ersparen könnten. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

11.10

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll mit einer gewünschten Redezeit von 10 Minuten. – Bitte.

11.11

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wenn wir heute hier eine Debatte über den Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung führen, Herr Kollege Kier, dann – das sage ich Ihnen ganz offen – ist es mir völlig egal, ob die Erfolge der Wirtschafts- und Sozialpolitik in diesem Lande auf den NAP zurückzuführen sind oder generell auf eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik dieser Bundesregierung. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Da ziehe ich mich nicht auf Formalargumente zurück (Abg. Dr. Kier: Da wird aber der NAP bejubelt und nicht die sonstige Politik!), sondern ich werde Ihnen als einer, der in diesem Haus dafür bekannt ist, daß er gewisse Maßnahmen der Regierung sehr kritisch sieht, dafür bekannt ist, daß er nicht den Weihrauchkessel schwingt (Abg. Haigermoser: Du bist doch der Superministrant da! – Abg. Dr. Ofner: Das darf nicht wahr sein! – weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen), Herr Kollege Haigermoser, werde ich Ihnen einige Daten und Fakten nennen, die beweisen, daß diese Bundesregierung eine durchaus erfolgreiche Wirtschafts- und Sozialpolitik betreibt. (Abg. Mag. Schweitzer: Wie kann man sich denn selbst so ein Zeugnis ausstellen?)

Wenn dieser NAP, unabhängig von vielen Einzelmaßnahmen, eine Signalwirkung hat, nämlich die Signalwirkung, daß diese Bundesregierung der Schaffung und Erhaltung von Arbeitsplätzen und Beschäftigung höchste politische Priorität einräumt, dann ist allein diese politische Signalwirkung für uns von der Wirtschaft sehr wichtig, meine Damen und Herren.

Denn eines sage ich auch: Die Volkspartei – diese historische Anmerkung sei erlaubt – hat sich zu dem Grundsatz "Wirtschaft schafft Arbeit" schon zu einem Zeitpunkt bekannt, zu dem andere Fraktionen hier im Hohen Haus noch das Schuldenmachen als beste Arbeitsplatzsicherung bezeichnet haben, Herr Kollege Kier. (Beifall bei der ÖVP.)

Daß die Herausforderungen im Bereich Arbeitsplätze und Beschäftigung so groß sind wie noch nie, Herr Kollege Kier, das wissen Sie selber auch. Wir haben drei große Megatrends: Es gibt eine politische Neugestaltung Europas. (Abg. Dr. Kier: Was hat das mit dem NAP zu tun?) Wir haben eine Explosion im Bereich der Telekommunikation. (Abg. Dr. Kier: Was hat das mit dem NAP zu tun?) Und wir haben eine totale Liberalisierung der Kapitalmärkte mit dem Ergebnis, daß das investive Kapital sehr rasch dorthin wandert, wo die günstigsten Voraussetzungen zum Investieren sind. (Abg. Dr. Kier: Was hat das mit dem NAP zu tun?) Das sind also drei gewaltige Trends. So weit, so gut.

Was haben wir erreicht, nicht zuletzt auch durch den NAP? Aber der NAP ist ja nicht der einzige Gegenstand der Regierungspolitik, Herr Kollege Kier. Was haben wir erreicht? Ich nenne Ihnen einige Daten und Fakten einer erfolgreichen Wirtschaftspolitik. Ich werde nicht versäumen, dann auch noch aufzuzeigen, wo wir noch Herausforderungen haben, wo wir noch Probleme lösen müssen im Sinne einer positiven Zukunftsgestaltung.

Erstes Beispiel einer erfolgreichen Wirtschaftspolitik: Wenn gestern eine Inflationsrate von 0,3 Prozent bekanntgegeben wurde, die geringste seit Jahrzehnten, dann heißt das erfolgreiche Wirtschaftspolitik (Abg. Smolle: Was hat das mit dem NAP zu tun?), heißt das harte Währung, harter Euro – und das heißt Beschäftigungssicherung und wirtschaftliche Stabilität. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich sage Ihnen als zweites Beispiel die Daten des Arbeitsmarktes – bei aller Problematik internationaler Vergleiche. Wenn wir eine halb so hohe Arbeitslosenrate wie der EU-Durchschnitt haben, Herr Kollege Kier, dann ist das das Ergebnis erfolgreicher Wirtschafts- und Sozialpolitik. (Abg. Dr. Kier: Das hat es ja vorher auch schon gegeben, oder? Was hat das mit dem NAP zu tun?) Das können Sie nicht leugnen, Herr Kollege Kier.

Drittes Beispiel: Wenn wir in Österreich eine Jugendarbeitslosigkeit haben, die nicht einmal ein Drittel des EU-Durchschnitts beträgt, dann ist das das Ergebnis einer erfolgreichen Wirtschafts- und Sozialpolitik. Das läßt sich nicht abstreiten, Herr Kollege Kier.

Viertes Beispiel: Ich habe vorhin davon gesprochen, daß wir heute in einer Zeit leben, in der das investive Kapital so mobil ist wie noch nie und sehr rasch dorthin wandert, wo es die günstigsten Voraussetzungen zum Investieren gibt. (Abg. Dr. Kier: Es flüchtet hauptsächlich!)

Schauen wir uns, Herr Kollege Kier, die Entwicklung der Auslandsinvestitionen in Österreich an. Ausländische Investoren investieren in Arbeitsplätze in Österreich: 1991 4 Milliarden (neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Kier) – machen Sie nicht dauernd unsinnige Zwischenrufe! –, 1996 40 Milliarden, 1998 73 Milliarden. Das ist ein neuer Rekordstand! Und die ausländischen Investoren, die in Österreich investieren, schauen sich genau die Standorte an, wo sie investieren wollen.

Das sind Beweise einer überaus erfolgreichen Wirtschafts- und Sozialpolitik. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Meine Damen und Herren, daran können auch noch so laute Zwischenrufe nichts ändern. Ich kenne Ihre Haltung: Je schwächer die Argumente, desto lauter Ihre Zwischenrufe, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Lassen Sie mich als fünfte Kennzahl die Anzahl der Unternehmensneugründungen in den letzten sechs Jahren nennen – ich habe sie auch graphisch darstellen lassen, meine Damen und Herren –, weil wir wissen, daß neue Unternehmer neue Arbeitsplätze schaffen. (Der Redner stellt eine Schautafel vor sich auf das Rednerpult. – Abg. Mag. Schweitzer: Wir sehen das nicht! – Abg. Haigermoser: Herr Generalsekretär, wir wollen das auch sehen!) – Ich werde es Ihnen gleich erläutern, Herr Kollege Haigermoser. Sie können ja zuhören. (Abg. Dr. Kier: Je schwächer die Argumente, desto größer die Tafeln!)

In den drei Jahren 1993, 1994, 1995 wurden im Durchschnitt rund 14 000 neue Unternehmen in Österreich gegründet (Beifall bei der ÖVP), in den letzten drei Jahren 1996, 1997, 1998 im Durchschnitt 20 000. Jedes Jahr 20 000 neue Unternehmen in Österreich! Das ist erfolgreiche Wirtschaftspolitik, meine Damen und Herren, gar keine Frage. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Schweitzer: Wie schaut die Pleitenstatistik aus?)

Allein die ABA, die Austrian Business Agency, hat 72 Unternehmen nach Österreich gebracht, 72 Unternehmen mit hochqualifizierten 3 700 Arbeitsplätzen! Das ist erfolgreiche Wirtschafts- und Sozialpolitik, Herr Kollege Schweitzer. (Abg. Haigermoser: Da muß sogar der Herr Minister lachen!)

Das ist nicht nur, aber auch eine Konsequenz des Nationalen Aktionsplans, weil er die hohe politische Priorität der Beschäftigungssicherung in der Politik dieser Bundesregierung signalisiert, meine Damen und Herren.

Ein sechstes Faktum, die Exportentwicklung: Jeder zweite Arbeitsplatz in Österreich hängt vom Export ab. Ich nenne nur als ein Beispiel die Exporte nach Osteuropa: Im Jahre 1997 gab es einen Handelsbilanzüberschuß von 37 Milliarden, im Vorjahr einen Handelsbilanzüberschuß von 30 Milliarden. Das heißt also: in zwei Jahren 67 Milliarden Schilling Handelsbilanzüberschuß mit Exporten nach Osteuropa! (Abg. Dr. Kier: Das hat ja nichts mit dem NAP zu tun!) Das ist erfolgreiche Wirtschafts- und Sozialpolitik, meine Damen und Herren. Diese Fakten und Daten lassen sich nicht widerlegen, auch nicht dann, wenn Sie noch so laute Zwischenrufe machen, Herr Kollege Kier. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Mag. Peter: Diese Lobhudelei wird schön langsam peinlich!)

Der Umstand, daß das alles erfolgreiche Daten sind, hindert mich nicht daran, aufzuzeigen, daß wir noch gewaltige Herausforderungen für die Zukunft zu bewältigen haben: etwa im Bereich Bürokratieabbau oder im Bereich Lohnnebenkosten, gar keine Frage, auch im Bereich Bildung. (Abg. Dr. Kier: Zur Sache! Zur Sache!) Wir haben heute eine Situation – das muß man auch sagen, das ist eine Herausforderung für die Bildungspolitik –, daß Softwaretechniker gesucht sind wie noch nie. Bringen Sie mir Softwaretechniker, ich garantiere Ihnen, ich kann jeden davon in der Wirtschaft vermitteln. Die Wirtschaft sucht 5 000 bis 10 000 Softwaretechniker, meine Damen und Herren. Das ist eine Herausforderung für die Bildungspolitik, die wir noch zu bewältigen haben.

Also ich will hier gar nicht schönreden, aber die Daten und Fakten sind nicht widerlegbar. (Abg. Dr. Ofner: Günter, du bist ja in der Regierung, du bist ja nicht ein kleiner Oppositioneller!) Gleichzeitig bekennen wir uns dazu, daß wir auch neue Zukunftsstrategien entwickeln müssen. Für uns ist Politik Zukunftsgestaltung, Herr Kollege, und diese Zukunftsgestaltung liegt bei der Volkspartei in guten Händen. (Beifall bei der ÖVP.)

11.18

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Ich stelle die Uhr auf 15 Minuten ein. – Bitte.

11.19

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Es ist ja ganz schön, daß wir einen neuen Aktionsplan für Beschäftigung gerade druckfrisch erhalten und uns vorab orientieren dürfen, was drinnen steht. Aber, Frau Bundesministerin, ich hätte eigentlich schon lieber gehabt, daß, bevor wir den Nationalen Aktionsplan 1999 hier diskutieren und bewerten, wir auch die Erfahrungen mit dem Nationalen Aktionsplan 1998 und das, was nicht gemacht wurde, diskutieren. (Abg. Leikam: Wurde alles gemacht!) Es wäre vielleicht ganz lohnenswert gewesen, sich einmal das anzuschauen, was vom Nationalen Aktionsplan 1998 nicht erledigt worden ist.

Es wäre vielleicht auch ganz lohnenswert, sich diesen Nationalen Aktionsplan 1999 daraufhin anzusehen, was an Versprechungen darin enthalten ist, von denen wir jetzt schon wissen, daß sie nicht eingehalten werden, weil es diesbezüglich keine Einigung zwischen den Regierungsparteien gibt. Das betrifft zum Beispiel das Schwarzarbeitsgesetz und die Abfertigungsregelung. Ja erklären Sie uns: Wann wollen Sie das machen? Wie wollen Sie das machen, wenn Sie sich nicht einig sind? (Abg. Dr. Stummvoll: Sie können dieses Land nicht krankjammern!)

Das ist die Vorbemerkung, Herr Abgeordneter Stummvoll. Im Prinzip gibt es in der Beschäftigungspolitik sieben Kardinalfehler, die die Bundesregierung zu verantworten hat.

Punkt eins: das Fehlen einer europäischen Beschäftigungspolitik. Auch unter der österreichischen Präsidentschaft hat es keine Initiativen gegeben, das, was von der österreichischen Bundesregierung immer wieder versprochen wurde und dessen Fehlen als Mangel angesehen wurde, nämlich eine koordinierte europäische Beschäftigungspolitik, durchzusetzen. (Abg. Dr. Stummvoll: Haben Sie geschlafen?)

Wo sind denn die sozialdemokratischen Regierungen auf europäischer Ebene, die das alle versprochen haben? Wo ist denn die Initiative der österreichischen Bundesregierung geblieben? (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei SPÖ und ÖVP.)

Punkt zwei: das Fehlen einer österreichischen Beschäftigungspolitik. Glauben Sie denn wirklich noch allen Ernstes, daß allein das, was die Frau Bundesministerin jetzt schon wieder gesagt hat, nämlich das Wachstum zu fördern, noch ausreichen wird, um Beschäftigung zu schaffen? Glaubst du das wirklich, Kollege Koppler, daß das Wachstum allein schon ausreichen wird, unabhängig davon, welches Wachstum es ist? – Nein! Die Wissenschafter – und das sind ja nicht solche, die Ihnen fernstehen – beurteilen das ganz anders. (Abg. Dr. Stummvoll: Warum wandern Sie nicht aus, Herr Kollege? Aus so einem Land würde ich auswandern!)

Die Wissenschafter beurteilen das ganz anders, meine Damen und Herren. Da schreibt etwa Karl Pichelmann in einer Zeitschrift (zeigt sie), Herr Kollege Stummvoll, die Ihnen ja nicht unbekannt sein dürfte, aber Sie lesen sie offensichtlich auch nicht: Wachstum allein wird nicht ausreichen, um die Arbeitsmarktprobleme in den Griff zu bekommen.

Wachstum allein wird nicht ausreichen, schreibt er. (Abg. Dr. Stummvoll: Ich kann Ihnen 100 andere Zitate bringen, Herr Kollege!) Wo ist die Beschäftigungspolitik, die Sie vorlegen? Was legen Sie vor? Und da bin ich wieder bei Punkt zwei, falls Sie es notieren wollen, Herr Kollege Stummvoll: Es fehlt eine österreichische Beschäftigungspolitik.

Punkt drei: die österreichische Arbeitsmarktpolitik. Das, was Sie auch mit diesem Nationalen Aktionsplan als Surrogat, als Ersatz für eine Beschäftigungspolitik anbieten, zielt in erster Linie darauf ab, daß die Arbeitslosen selbst für ihre Situation verantwortlich gemacht werden. Und das ist ein Kardinalfehler, weil es nicht stimmt, daß sie selbst dafür verantwortlich sind. Es sind strukturelle Probleme, konjunkturelle Probleme, die zur Arbeitslosigkeit geführt haben.

Ich könnte Ihnen eine Reihe von Beispielen aufzählen – bis hin zur Schule, zur Ausbildung, zu den Maßnahmen, die Sie vorschlagen –, wo die Arbeitslosen dafür verantwortlich gemacht werden, daß sie arbeitslos sind. Das können Sie ja doch nicht allen Ernstes annehmen!

Punkt vier: Der vierte Fehler ist, was deutlich zu erkennen ist – und das ist leider ein Kardinalfehler der letzten Jahre, gerade im Zusammenhang mit dem NAP –, die Umorientierung von langfristigen nachhaltigen Maßnahmen auf kurzfristige Maßnahmen, auf kurzfristige Maßnahmen, bei denen es nicht mehr darum geht, auszubilden, zu qualifizieren, sondern bei denen es nur mehr darum geht, Arbeitslose im Kreislauf zu behalten, irgendwo in diesem Kreislauf, der nicht in einer Beschäftigung endet, sondern in einem Kurs, dessen Absolvierung dann wieder zum nächsten Kurs oder zu einer neuen Arbeitslosigkeit führt, womit man schön kaschieren kann, daß das eigentlich Langzeitarbeitslose sind. – Das ist Ihre Politik!

Es geht um eine nachhaltige Ausbildung, um eine Qualifizierung! (Abg. Dietachmayr: Was ist denn Ihr Vorschlag?) Herr Kollege, ich kann Ihnen schon sagen, was unser Vorschlag ist. In Wien sind allein 50 Prozent der Arbeitslosen ohne jegliche Ausbildung. Wo sind denn die Angebote für diese Arbeitslosen, die Qualifizierungsangebote, die Bildungsangebote? Was machen Sie heuer? – Job-coaching. Es steht nichts drinnen von Qualifizierung, von Ausbildung.

Die Arbeitslosen, die keine Ausbildung haben und von denen man weiß, sie werden keine Stelle finden, sollen sich um Stellen bewerben, und zwar schleunigst und oft bewerben. Die werden zu den Betrieben geschickt, wo man ihnen dann erklärt: Erstens bist du der vierzigste oder fünfzigste Anrufer, und zweitens haben wir keinen Job für dich. (Abg. Steibl: Aber die Langzeitarbeitslosen müssen auch wollen!)

Und als Ausweis dieser Ausbildung im Job-Coaching-Programm kehrt dann der Arbeitslose zurück in das Programm, um zu zeigen, daß er sich bei 100 oder 200 Betrieben beworben hat. Das ist ein Zynismus, das ist eine Maßnahme, die den Arbeitslosen, besonders denjenigen, die schlecht qualifiziert sind, nicht hilft! (Beifall bei den Grünen.)

Ich habe Ihnen damit schon Punkt fünf genannt: Die Arbeitslosen werden im Kreis geschickt oder in der Statistik versteckt. Das ist doch eines der Probleme, und nicht zufällig geschieht das gerade im Wahljahr: Es wird überall gesucht, was man tun kann, damit die Arbeitslosen aus der Statistik hinausfliegen, damit sie vor der Arbeitslosenstatistik versteckt werden. Das ist Ihre Politik in den letzten Monaten. Gerade das Job-Coaching-Programm ist prototypisch dafür, daß nichts Positives mit den Arbeitslosen geschieht, sondern daß sie im Kreislauf gehalten werden und aus der Statistik hinausfliegen.

Kleine Korrektur, Herr Kollege Kier: Ich teile natürlich deine Auffassung zum Job-Coaching-Programm, aber das Problem ist noch viel gravierender. Es ist nicht so, wie du gesagt hast, es sind nicht sieben Stunden pro Tag, sondern maximal fünf Stunden einmal pro Woche. Und sechs Wochen dauert dieses Job-Coaching-Programm. Das heißt, die Leute werden 30 Stunden in 6 Wochen betreut. Und in diese Betreuung wird so viel hineingepackt, daß es völlig unmöglich ist, daß alles, was an Zielen für die Arbeitslosen vorgegeben wird, erreicht werden kann.

In 30 Stunden soll die Persönlichkeit entwickelt werden. Bitte, da lach‘ ich! In 30 Stunden wollen Sie die Persönlichkeit, das Selbstbild von jemandem entwickeln, der noch dazu in den Wochen dazwischen von einer Arbeitsstelle zur anderen pilgern soll und sich eine Absage nach der anderen holen muß?! Das wird furchtbar werden! Das ist Zynismus, und den werfen wir Ihnen vor! (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Kier.)

Der sechste Kardinalfehler: Die Arbeitslosen werden in prekäre Arbeitsverhältnisse und in Niedriglohnbereiche abgedrängt. Das ist eine nicht so erfreuliche Tendenz. Und diesbezüglich verweise ich noch einmal auf Karl Pichelmann, der das in den "Wirtschaftspolitischen Blättern" sehr deutlich und drastisch sagt, Frau Bundesministerin – das ist jetzt Wissenschaftersprache, aber ich glaube, sie ist trotzdem verständlich –: Bemerkenswert ist auch die hohe Dispersion der relativen Lohnstrukturen, die eher dem US-amerikanischen als dem durchschnittlichen europäischen Muster entspricht. – Zitatende.

Was heißt das auf deutsch? – Daß Österreich in Europa bekannt ist dafür, daß es eine hohe Spanne zwischen dem Niedriglohnbereich und den gutbezahlten Jobs gibt, daß Österreich seine Erfolge, die die Frau Bundesministerin jetzt ausweisen, darstellen und verkaufen will, nämlich die Ausweitung bei der Beschäftigung – die formelle Ausweitung, denn tatsächlich sind es ja viele Teilzeitjobs –, in den letzten Jahren vor allem dadurch erzielt hat, daß diese Ausweitung vor allem im Niedriglohnbereich erfolgt ist, also im Bereich jener Jobs, in denen Löhne gezahlt werden – der höhere Anstieg bei den Frauen ist also nicht zufällig und damit leicht erklärbar –, von denen man eigentlich nicht leben kann. Und das weisen Sie als Erfolg Ihrer Politik aus?! (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Damit komme ich zum letzten Punkt. (Abg. Koppler: Wie machen das andere Länder?) Der siebente Kardinalfehler sind die Parteipolitik in diesem Bereich und der Nepotismus. Das, was hier aufzuzeigen ist, meine Damen und Herren und Frau Sozialministerin, ist ein gravierendes Problem. Ich fange bei einem einfachen Beispiel an.

Vorige Woche gab es eine Sendung des Wirtschaftsmagazins "Schilling", in welcher der NAP sehr positiv dargestellt wurde: Toll, welche Jobs geschaffen werden! Erstes Beispiel für die neugeschaffenen Jobs sind die Call Centers – "Telearbeitsbereich" heißt das. Wir haben so viele Call Centers, das sind "tolle" Jobs: Sie werden alle von Frauen besetzt, und die meisten sind als Dienstnehmerinnen mit freien Dienstverträgen tätig. Das erklärt, was Kollege Kier schon vorher angesprochen hat, das Ansteigen der Zahl der sogenannten Neuen Selbständigen. "Tolle" Jobs: schlecht bezahlt, keine hohe Qualifikation. – Erfolg des NAP.

Das zweite Beispiel, das in dieser Sendung gebracht wurde: Im Marketingbereich gibt es so viele neue Jobs. Und interessanterweise ist als Beispiel für die tollen Jobs im Marketingbereich die Marketingfirma Dr. Hochegger angeführt worden. Diese bewirbt den NAP. Daß in der Firma, die den NAP bewirbt, mit einem Auftragsvolumen in der Höhe von 20 Millionen Schilling, wenn ich mich nicht irre, Jobs geschaffen werden, wundert mich nicht. Aber daß das ein Beispiel sein soll für die tolle Entwicklung in Bereich der Beschäftigung rund um den NAP, das ist ein Hohn, Frau Bundesministerin!

Vor allem, wenn man weiß, was nicht dazugesagt worden ist: daß beispielsweise diese Firma Hochegger, die den NAP bewirbt, auch in ihrer öffentlichen Kommunikation mit Zeitungen, Zeitschriften und überall dort, wo der NAP beworben wird, klare Vorgaben gemacht hat. Eine der Vorgaben in der öffentlichen Darstellung des NAP besteht darin, daß das Thema "Arbeitsmarkt und Behinderte" nicht auftaucht. (Abg. Dr. Feurstein: Das stimmt nicht!) Aha, warum nicht?

Ich kann Ihnen sagen, warum dieses Thema nicht auftauchen darf. Das ist sogar dem Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung zu entnehmen. Darin steht nämlich im Kapitel über Behinderte: "Ausgangslage ... Diese Entwicklung ist charakterisiert durch eine Verschlechterung der Arbeitsmarktchancen von behinderten Arbeitslosen in den Altersgruppe ‚40 – 59 Jahre‘ und ‚25 – 39 Jahre‘ und behinderter Jugendlicher von 15 bis 24 Jahren." – Das heißt, es gibt keine Behindertengruppe ... (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Hostasch.) Das steht drinnen, Frau Bundesministerin, das ist nicht meine Erfindung! Das steht drinnen unter Leitlinie 19.

Es gibt keine Behindertengruppe, für die die Situation auf dem Arbeitsmarkt besser geworden wäre. (Zwischenruf der Abg. Haidlmayr.) Für alle Gruppen von Behinderten ist sie schlechter geworden – laut offizieller Darstellung des Bundesministeriums! –, und deswegen darf selbstverständlich in der öffentlichen Kommunikation, in der Bewerbung des NAPs, "Arbeitsmarkt und Behinderte" nicht vorkommen. Frau Bundesministerin! Wenn das Ihre Form von ehrlicher und offener Auseinandersetzung mit dem Thema NAP ist, dann wird mir schlecht. (Abg. Steibl: Das wäre gut! Dann ist die Rede vorbei!)

Zweiter Punkt, der zeigt, welch "tollen" NAP wir haben: Da gibt es die Firma Euroteam. Euroteam ist eine Firma, die auch im Zusammenhang mit NAP und Sozialfonds viele Aufträge bekommen hat. Sie hat zum Beispiel den Auftrag erhalten, die Lehrlingsoffensive zu bewerben, und wurde dafür bezahlt. Es wurde dafür eine Hotline eingerichtet und im Rahmen dieses Auftrags auch beworben. Daß diese Hotline zufällig dieselbe war, die vorher die Bundesregierung gehabt hatte, und daß das in den Räumen der SPÖ angesiedelt war, ist ein besonderes Problem. Aber die Firma Euroteam hat gleichzeitig von den Förderungen für den NAP recht gut profitiert, indem sie sich an einem Call Center im Burgenland beteiligt und sich dort eingekauft hat. Denn über ein Call Center im Burgenland kommt man wiederum an Förderungen für Telearbeitsplätze heran.

Das ist eine Firma im Nahbereich des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und des Bundeskanzleramtes. Diese Firma kassiert sozusagen zunächst einmal öffentliche Förderungen ab, bevor sie die Adressaten erreicht – für Werbung, für das Call Center, für die Beschäftigten im Call Center, für die Hotline. Sie darf dann auch eine Studie über Telearbeit oder eine Beratungstätigkeit für Telearbeit entwickeln, wird dafür auch wieder in einem Projekt bezahlt und bekommt dafür Mittel aus EU-Geldern, aus AMS-Geldern und so weiter. Sie übt eine Reihe von Tätigkeiten aus. Möglicherweise darf diese Firma Euroteam dann irgendwann auch noch einen Auftrag zur Evaluierung dieser Programme übernehmen, sodaß sie sich dann vielleicht – über eine andere Firma, die nicht "Euroteam", sondern "Euroteam B" heißt – auch noch selbst bewerten darf. So läuft das ab!

Frau Bundesministerin! Sie werden uns in diesem Zusammenhang noch einige Erklärungen geben müssen. Aber wenn das die positive Entwicklung des Nationalen Aktionsplans sein soll, Frau Bundesministerin, dann werden wir diese Sache ganz sicher in einem Unterausschuß des Rechnungshofausschusses behandeln müssen. Denn es kann nicht die Konsequenz sein, daß sich Parteipolitik und Nepotismus in diesem Bereich breitmachen! (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Ich sehe aus den sieben Gründen, die ich Ihnen genannt habe, wenig Anlaß, den NAP in der vorliegenden Form positiv zu bewerten. Was mir dabei leid tut, ist, daß die Betroffenen – die Arbeitslosen und teilweise die noch Beschäftigten – davon außer Versprechungen, viel Papier und heißer Luft nichts haben. Darüber diskutieren wir hier im Hohen Haus nun schon seit mehreren Jahren weitgehend ergebnislos. Was mir leid tut, ist auch, daß alle diese schönen Aktionspläne im wesentlichen auf Kosten der Arbeitslosen ausgetragen werden.

Was mir an dieser Entwicklung überdies leid tut, ist, daß leider nur bedingt Möglichkeiten bestehen, dem, was Sie in diesem Bereich an parteipolitischem Filz und Nepotismus entwickelt haben, durch eine offene Kontrolle des Parlaments etwas entgegenzusetzen, weil Sie selbstverständlich keine Bereitschaft zeigen – da sowohl SPÖ als auch ÖVP in diesen Bereichen gut verankert sind –, sich auf diesem Gebiet durch das Parlament kontrollieren zu lassen. Aber glauben Sie mir: Die Rechnung dafür wird Ihnen präsentiert werden! (Beifall bei den Grünen.)

11.35

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich jetzt Frau Bundesministerin Hostasch zu Wort gemeldet. – Bitte.

11.35

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geschätzte Damen und Herren! Nur eine kurze Bemerkung zu den Aussagen des Herrn Abgeordneten Öllinger.

Zum ersten wurde behauptet, daß wir auf strukturelle Entwicklungen auf dem Arbeitsmarkt und in der Wirtschaft nicht reagieren. – Gerade auch im vorliegenden Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung ist nachlesbar, daß wir auf die strukturellen Probleme reagieren und eine darin erfolgreiche Wirtschaftspolitik betreiben. Es ist ein Faktum in allen Industrieländern, daß die Beschäftigungszahlen im klassischen Kernbereich, der Produktion, zurückgehen, daß sich aber darüber hinaus im Umfeld der Industrie Dienstleistungsberufe entwickeln, die den Rückgang der Beschäftigung im Primär- beziehungsweise Sekundärbereich überkompensieren.

Wir sind, wie alle modernen Staaten in Europa oder auch in Amerika, auf dem Weg in eine Dienstleistungsgesellschaft, bis zu einer Weiterentwicklung zu einem Quartärsektor, der durch Sozialdienste, durch Berufe im Gesundheits- und Sozialbereich, aber auch im Bildungsbereich beherrscht ist. Ich glaube, man muß hier die Gesamtzusammenhänge sehen und kann nicht einen Teil herausnehmen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geschätzter Herr Abgeordneter Öllinger! Wenn ich Ihre Gedankengänge in der Kritik zur Arbeitsmarktpolitik fortsetze, dann schließe ich daraus, daß Sie die Aufgabe darin erblicken, Arbeitslose und Arbeitsuchende ausschließlich mit Arbeitslosengeld zu versorgen, damit sie eine existentielle Absicherung haben. (Abg. Öllinger: Eine Beschäftigungspolitik!) Das ist nicht mein Ziel. Ich will Arbeitslose und Arbeitsuchende aktiv halten, ich will sie aktivieren, ich will die aktiven Maßnahmen verstärken, und ich kann auch konkret beweisen, daß diese Politik erfolgreich ist. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich denke, daß es richtig und notwendig ist, alle Initiativen, alle Ideen, alle Lösungsmöglichkeiten anzusprechen, um genau diese Aktivierung zu erreichen und um die aktiven Maßnahmen verstärken zu können.

Sehr geschätzter Herr Abgeordneter! Sie haben die Behauptung aufgestellt, daß mein Ressort eine Bevorzugung bei Vergaben von verschiedenen Aufträgen übt oder Subventionierungen vornimmt. Ich halte mit aller Deutlichkeit fest, daß keine solchen Bevorzugungen erfolgen (Abg. Mag. Kammerlander: Alles nur Zufall!), daß dann, wenn wir Aufträge erteilen – egal, wie das Unternehmen oder die Firma heißt –, auch entsprechende Leistungen erbracht werden, und daß wir uns genau darüber orientieren, von wem wir welche Leistungen im Sinne einer erfolgreichen Erfüllung in Anspruch nehmen. (Abg. Mag. Kammerlander: Ganz zufällig!) Das gilt für jetzt und auch in Zukunft. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Feurstein.)

11.39

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Nürnberger. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

11.39

Abgeordneter Rudolf Nürnberger (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Frau Minister! Herr Minister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der erste Redner, der freiheitliche Abgeordnete Gaugg, hat wieder seine typische "blaue" Rede gehalten: alles miesgemacht, alles schlechtgemacht, alles heruntergespielt und unter anderem die Arbeiterkammer in Österreich als "reinen Begutachtungsverein" bezeichnet.

Ich darf aber in Erinnerung rufen, lieber Herr Abgeordneter Gaugg: Als du Schwierigkeiten mit deinem Dienstgeber, der Bank für Kärnten, gehabt hast, hast du gewußt, wo die Kammer ist, bist hingerannt und hast dir Rechtsschutz geholt. Das ist Doppelzüngigkeit! (Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ.) Das ist Doppelzüngigkeit: Alles schlechtmachen, alles miesmachen, aber wenn ich selbst es brauche, bin ich der erste, der es konsumiert und weiß, wo es ist. (Abg. Gaugg: Ich muß ja Zwangsbeiträge zahlen!)

Zum zweiten, zum ÖGB. Ich rufe folgendes in Erinnerung: Vor etwa einem oder eineinhalb Jahren wurde mit großem Tamtam und Trara eine eigene freiheitliche Gewerkschaft gegründet. Man müßte jetzt annehmen, daß ihr, wenn die Arbeitnehmer in Österreich mit dem ÖGB so unzufrieden sind, euch des Zulaufs von Mitgliedern nicht erwehren könnt. (Abg. Gaugg: Warum laufen sie euch davon?) Aber jetzt habt ihr vor einigen Tagen ganz verschämt euer Resümee gezogen und bekanntgegeben, daß ihr 14 000 Mitglieder in ganz Österreich habt. Lieber Kollege Gaugg! In der Metallergewerkschaft gibt es Ortsgruppen, die mehr Mitglieder haben als deine ganze Gewerkschaft! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Warum laufen sie davon?)

Eines wäre interessant, da die FPÖ immer für Glaubwürdigkeit, für Transparenz und für gläserne Kassen steht. (Abg. Gaugg: So ist es!) Legt einmal, wenn es so ist, die Kassen eurer freiheitlichen Gewerkschaft offen! Denn daß man diesen Aufwand mit 14 000 Mitgliedern finanzieren kann, ist unmöglich. Aber wahrscheinlich – und dazu gratuliere ich dir – waren deine Bettelbriefe, die du an die Arbeitgeber geschrieben hast, erfolgreich, und die Arbeitgeber finanzieren dich, lieber Freund! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Du hast ganz ähnlich in einer Unternehmerzeitung inseriert!)

Aber, lieber Kollege Gaugg, man soll die österreichischen Arbeitnehmer, die Arbeiter und Angestellten nicht für dumm verkaufen. (Abg. Gaugg: Die werden es entscheiden!) Sie wissen, wer ihre Interessen in diesem Lande vertritt. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Wie war das beim "Konsum"?) Ich lade dich ein: Nenne mir eine Gewerkschaft in Europa, in der ganzen Welt – jetzt bin ich nicht überheblich, sondern das sind Fakten –, die in den letzten Jahren ein besseres Lohnergebnis erreicht hat als die Metaller und die Gewerkschaft der Privatangestellten in den letztjährigen Lohnverhandlungen. – Du wirst keine finden, lieber Kollege!

Eine Bemerkung zu Herrn Abgeordneten Stummvoll – er ist jetzt nicht da; man wird es ihm ausrichten –, die ich mir nicht verkneifen kann: Ich habe seiner Rede sehr aufmerksam zugehört und habe ihm auch sehr oft Applaus gespendet. Jetzt werde ich seine Rede kopieren, vervielfältigen – es sind nur noch ein paar Monate bis zur herbstlichen Lohnrunde –, und ich werde sie den Arbeitgebern zum Nachlesen geben! (Beifall bei der SPÖ.) Ich erlaube mir, darauf hinzuweisen, was er gesagt hat: Ausländische Firmen gründen bei uns alles, aber ein wichtiger Bestandteil sind die österreichischen Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen, daher sollen wir ihnen auch die gerechten Anteile als Lohn und Gehalt geben. Ich bin Herrn Abgeordneten Stummvoll für diese Rede sehr dankbar. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Ihr lebt nur vom System!)

Jetzt zum eigentlichen Thema, meine sehr geehrten Damen und Herren. Für den Österreichischen Gewerkschaftsbund, seine Gewerkschaften und die Sozialdemokratie war Beschäftigungspolitik immer ein wichtiges Instrumentarium zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit. (Abg. Gaugg: Mit Geld von Gewerkschaftsangestellten! Das ist das Interessante!) Lieber Kollege Öllinger, bitte hör jetzt ganz genau zu, denn offensichtlich weißt du einiges nicht! Es gibt einen nationalen Plan für Beschäftigung nicht nur in Österreich, sondern diesem nationalen Beschäftigungsplan gibt es in allen Ländern der Europäischen Union. Daß es das heute gibt, lieber Freund, geht auf eine Initiative der österreichischen Bundesregierung zurück (Abg. Gaugg: Das ist Papier!), begonnen unter Kanzler Vranitzky und unter Kanzler Klima sehr intensiv verfolgt. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich erinnere an den Sondergipfel für Beschäftigung in Pörtschach. Das Wichtige war, daß sich die Europäische Union zum ersten Mal mit der Arbeitslosigkeit beschäftigt hat. (Abg. Öllinger: Kanzler Klima hat damals nicht einmal gewußt ...!) Das war ein Erfolg der österreichischen Präsidentschaft, der gesamten österreichischen Bundesregierung, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Zu der – auch von dir – so heftig geübten Kritik an Schulungsmaßnahmen: Ich kann mich erinnern, daß viele Jahre hindurch in Diskussionen immer wieder Kritik geübt worden ist, daß zuwenig Schulungsmaßnahmen praktiziert werden. (Abg. Öllinger: Aber welche!) Ich selbst habe immer wieder die Gelegenheit dazu benützt, darauf hinzuweisen. (Abg. Gaugg: Das sind nur noch Verzweiflungsmaßnahmen!) Denn ein Drittel der Arbeitslosen hat leider nicht jene Qualifikation, die heute notwendig ist und die man in der österreichischen Wirtschaft braucht. (Abg. Öllinger: Ein einwöchiger Kurs ist keine Schulung!) Daher ist das für mich immer noch zuwenig, was in Schulung und Weiterbildung investiert wird. Es könnte mehr sein. Jeder Schilling, lieber Freund, der in die Weiterbildung eines Arbeitslosen investiert wird, ist eine gute Investition für die Zukunft, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Der österreichische nationale Plan für Beschäftigung hat drei Schwerpunkte: Frauen, Jugend und ältere Menschen beziehungsweise ältere Arbeitslose. Ich greife jetzt in der Kürze der Zeit nur noch zwei Punkte heraus. (Abg. Öllinger: Mehr Arbeitslose sind herausgefallen, oder?) Für diejenigen, die älter als 50 Jahre sind und das Schicksal der Arbeitslosigkeit haben – oft auch schon etwas früher –, gibt es ein Bündel von Maßnahmen, die gesamthaft wirken werden. Ich rufe nur finanzielle Förderungen, neue Arbeitszeitmodelle, geförderte Altersteilzeit und Ausbildung in Erinnerung. Ich bin davon überzeugt, meine sehr geehrten Damen und Herren, daß diese Maßnahmen greifen werden! (Abg. Öllinger: Wann?)

Lassen Sie mich kurz noch ein paar Bemerkungen zum Jugendprogramm machen, die ich vor allem an die Adresse der Arbeitgeber und der Wirtschaft richte. Vorerst aber ein wirklich herzliches Dankeschön an diese Bundesregierung, und zwar dafür, daß es im letzten und im vorletzten Jahr gelungen ist, jedem jungen Menschen, der eine Ausbildung oder einen Arbeitsplatz wollte, ein Fangnetz zu bieten, sodaß er nicht auf der Straße steht, sondern etwas Sinnvolles lernen kann. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Blünegger: Da sind die Schulen eingesprungen!) Wenn wir die niedrigste Jugendarbeitslosigkeit in Europa haben, dann ist das ein Verdienst dieser Bundesregierung! (Abg. Gaugg: Da sind die Schulen eingesprungen!)

Da heute – jetzt geht es an die Adresse der Wirtschaft – sehr wichtige Forderungen der Wirtschaft mit dem NAP und auch mit der Steuerreform, die hier Flankenschutz gibt – durch die Freibeträge, die es jetzt gibt, sind die Lehrlinge in der Ausbildung billiger geworden –, erfüllt worden sind, sage ich mit aller Deutlichkeit: Das wird die Nagelprobe für die Wirtschaft werden!

Es sind Ihnen einige Forderungen erfüllt worden: Lehrlinge sind billiger geworden, es gibt neue Lehrberufe. Also kommen Sie jetzt bitte Ihrer Verantwortung nach und schaffen Sie Ausbildungsplätze! Denn nur das ist ein gutes Fundament und ein Garant für die Zukunft, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

11.46

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haigermoser. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. (Abg. Gaugg – in Richtung SPÖ –: Halleluja, und die Welt ist in Ordnung! – Abg. Koppler: Das hat niemand gesagt!)

11.46

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Eines hat Stummvoll und Nürnberger heute vereint: das gemeinsame Schwenken des Regierungsweihrauchkessels, meine Damen und Herren! Beide sind sich gemeinsam in Jubelorgien ergangen – in dem Wissen, daß so manches im argen liegt.

Meine Damen und Herren! Was Stummvoll angeht, so möchte ich feststellen, daß er in seinen Aussendungen seitens der Wirtschaftskammer stets bejammert, daß da und dort in Österreich wirtschaftsfeindliche Politik gemacht wird, am Rednerpult aber den berüchtigten Weihrauchkessel schwenkt.

Meine Damen und Herren! Da gibt es, jüngsten Datums, den Mittelstandsbericht des Herrn Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten. Hieraus zitiere ich jetzt nur folgenden Satz: "Die kleineren Betriebe verfügen über zu wenig Eigen- wie auch über zu wenig Risikokapital." – Genau das ist es, meine Damen und Herren! Herr Bundesminister, gerade die Ausstattung mit Eigenkapital ist zu gering! Und mit dieser geringen Ausstattung wollen Sie die kleinen Betriebe in die Osterweiterung hineinhetzen. Meine Damen und Herren, das ist eine Vernichtung von Arbeitsplätzen sonder Zahl! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben gestern einen billigen Schlagabtausch unter dem Titel "Außenpolitik" gemacht, meine Damen und Herren! (Abg. Fink: Sie haben vorher nicht zugehört!) Das war wirklich peinlich. (Abg. Steibl: Das hat euch geärgert, nicht?) Genauso peinlich ist heute diese wirtschaftspolitische Diskussion über den NAP unter dem Titel "Außer Spesen nichts gewesen".

Meine Damen und Herren! Wir sagen Ihnen: Arbeit für alle nur in gesunden Betrieben! Dazu gibt es Vorschläge zuhauf, die von freiheitlicher Seite auf den Tisch gelegt worden sind. Dann sagen Sie immer: Nein, die Freiheitlichen zerreden alles und machen alles schlecht. (Abg. Fink: Das ist eine Feststellung!)

Was haben wir bis heute auf den Tisch bekommen? – Teure Expertisen mit No-na-Antworten! Das sagen nicht nur Freiheitliche. Denn wenn man liest, daß Sie 25 Millionen für die NAP-Informationskampagne ausgeben – das heißt, dafür, daß Sie Regierungspropaganda unter dem Titel "Was Österreich bewegt, beschäftigt Österreich" machen –, dann darf ich Ihnen sagen: Diese 25 Millionen wären besser für Lehrlingsfragen als für bunt bedruckte Papierchen eingesetzt gewesen, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das ist ja das Markenzeichen dieser sozialistischen Koalition mit ÖVP-Restbeteiligung, daß Sie eigentlich nur noch Propaganda für sich selbst machen, aber dann, wenn Sie auf die Experten hören sollten, unter dem Titel "Beschäftigungsplan der Koalition" folgende Feststellung des IHS-Forschers Lorenz Lassnigg lesen müssen: "Wirklich konkret wird die Regierung nicht."

Ja, das ist es: Sie werden nicht konkret, meine Damen und Herren! Sie geben Allgemeinplätze von sich, so wie Sie es heute von der Regierungsbank aus getan haben, aber konkrete Maßnahmen werden nicht gesetzt. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Die Kritik ist dergestalt, daß zum Beispiel die Arbeitsmarktexpertin des Wifo, Frau Gudrun Biffl, über den NAP sagt: "Es ist frustrierend", "nur blumige Rhetorik statt konkreter Maßnahmen". Das sagt sie über den Beschäftigungsplan!

Das sind ja keine Freiheitlichen. Die kommen aus der Wirtschaftskammer oder aus dem Wifo, und das Wifo wird von der Wirtschaftskammer mitfinanziert. Stummvoll jedoch geht hierher und sagt: Alles paletti, alles in Ordnung; ich bin ohnehin ein kritischer Mensch, aber kritisieren, das tue ich nicht! – So liegen die Dinge, Herr Kollege Stummvoll!

 

Auch in der Steuerfrage sind Sie auf frischer Tat ertappt worden. Zuerst beschließen Sie diese – unter Anführungszeichen – Steuerreform mit, und dann verkünden Sie über das "WirtschaftsBlatt" – ich zitiere –: Zuviel Bürokratie enthält die Steuerreform nach Ansicht des Herrn Stummvoll. – Zitatende. (Abg. Dr. Stummvoll: Das habe ich auch hier gesagt!) Sie haben das über die Gazetten verbreitet. Sie reden von diesem Rednerpult aus anders als draußen vor Ihren Mitgliedern, meine Damen und Herren von der ÖVP! Diese Doppelbödigkeit in Ihrer Politik ist ja genau das Problem! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Puttinger und Dr. Stummvoll.)

Gerade Sie lassen dem Kraken "Bürokratie" jeden Tag einen neuen Saugnapf wachsen. Und Sie sind auch dafür verantwortlich, daß die Kraken immer mehr werden in diesem Land. Da wäre zum Beispiel Ihre Stellungnahme zum Euro-Währungsangabengesetz. Es ist interessant, welche Meinungen Sie einerseits in der Stellungnahme zum Gesetz abgeben und wie Sie dann andererseits hier abstimmen. Die Frage lautet – ganz nach dem Motto Nestroys –: Wer is’ stärker: i’ oder i’?

Im Zweifelsfall fallen Sie ohnehin um. Ich möchte Ihnen nicht – wie das so manche meinen – zurufen: Im Kriechen kann man nicht umfallen, Herr Kollege! Aber folgendes rufe ich Ihnen schon zu: Sie haben in der Stellungnahme gemeint, dieses neue Euro-Währungsangabengesetz – ich zitiere – "führt zu einer isolierten Stellung Österreichs innerhalb der Europäischen Union und zu einer erheblichen Inländerdiskriminierung für die heimischen Wirtschaftsbetriebe." – Zitatende.

Das ist Ihre Stellungnahme, die der Wirtschaftskammer Österreich! (Widerspruch des Abg. Dr. Stummvoll.) Und nachher stimmen Sie aber anders ab! – Seien Sie endlich einmal ehrlich und geben Sie zu, daß Ihre Wirtschaftspolitik für die Klein- und Mittelständler gescheitert ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber mit genau diesen Rezepten wollen Sie, wie schon erwähnt, die Klein- und Mittelständler ohne Wenn und Aber in die EU-Osterweiterung hineintreiben! (Abg. Dr. Stummvoll: Ein bißchen sachlicher! – Abg. Tichy-Schreder: Wenn Sie ein Mikrophon sehen, vergessen Sie Ihre Sachlichkeit!) Jüngst wurde in Mistelbach ein Flugblatt einer tschechischen Firma verteilt, auf dem zu lesen ist:

"Spenglerarbeit–100 ATS/St., Lackierer–100 ATS/St., mechanisch Arbeiten 90 ATS/St. Ihnen anbietet komplett Berichtigungen Fahrzeuge allen Bezeichnungen."

Das Deutsch in ein bißchen schwierig, aber es sollte auch Sie von der Sozialdemokratie interessieren, ob eine Osterweiterung sofort und ohne Wenn und Aber mit Stundenlöhnen von 90 S im mittelständischen Bereich nicht Lehrlingsausbildungsplätze vernichtet. Wir Arbeitgeber wollen das nicht! (Abg. Seidinger: Du redest so einen Unsinn!) Wir wollen die Kaufkraft in diesem Land erhalten, aber nicht mit solchen Aktionen, die Sie offensichtlich auch noch unterstützen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zu guter Letzt, meine Damen und Herren, noch eine Anmerkung in Richtung Wirtschaftskammer. Sie genieren sich nicht, Zwangsmitgliedsbeiträge für die Kammer zu Wahlpropagandazwecken für die Kandidaten der ÖVP einzusetzen. Jüngstes Beispiel dafür ist eine Einladung zum Tag der Wirtschaft. (Abg. Mag. Schweitzer: Das ist peinlich!) Eine bunte Aussendung – ich zitiere –: "Sichern Sie sich die kostenlose Teilnahme, reservieren Sie Ihr Wunschthema und genießen Sie vor Ort freien Zugang zum Imbiß." – Zitatende.

Da kommen wir natürlich auch hin, wir schauen uns das an, meine Damen und Herren! Es werden für den 1. Juni folgende Personen angeboten: Frau Ursula Stenzel tritt auf, Frau Martina Pecher, Frau Nationalratsabgeordnete Tichy-Schreder, Herr Ferdinand Maier – all diese schwarzen Kapazunder werden mit Zwangsmitgliedsbeiträgen für die EU-Wahl und für die Nationalratswahl beworben! (Rufe und Gegenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Sie haben bei der Art und Weise, wie Sie die Zwangsmitgliedsbeiträge einzusetzen haben, jegliche Contenance, jeglichen Genierer verloren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Auf der anderen Seite sind Sie nicht dazu bereit, Solidarität mit den älteren Arbeitnehmern zu üben, indem Sie bei der KU 2 für die über 50jährigen Arbeitnehmer 0,5 Prozent der Lohnnebenkosten einsparen. Das wäre eine ehrliche Politik! Sie sind einmal mehr dabei ertappt worden, nichts als den Regierungsweihrauchkessel zu schwenken. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Schweitzer: Dabei ist er so ein netter Mensch, der Stummvoll! Aber er hat zwei Gesichter!)

11.54

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

11.54

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Haigermoser! Ich stimme Ihnen darin zu, daß Information nicht alles ist. Aber Information ist wichtig! Wir sind der Meinung, daß es sehr wichtig ist, daß man über die neuen Aktivitäten und Förderungsinstrumentarien, die der NAP, dieser Nationale Aktionsplan, bietet, gut informiert, damit die Unternehmer, aber auch die Arbeitnehmer, vor allem die jungen Leute, wissen, welche Möglichkeiten sich ihnen bieten. Es ist ganz wichtig, daß man über veränderte, besser gestaltete Rahmenbedingungen regelmäßig informiert wird. Darum ist diese Informationspolitik der Bundesregierung von uns zu unterstützen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP.)

Zweitens: Niemand von uns hat gesagt, es sei alles in Ordnung. Die Arbeitslosenzahlen sind für uns zu hoch! Es gibt Probleme in der Wirtschaft, es gibt ohne Zweifel Probleme für junge Unternehmer. Wenn jemand ein neues Unternehmen gründet, hat er Schwierigkeiten zu bewältigen. Und ich bin dem Wirtschaftsminister sehr dankbar dafür, daß er heute aufgezeigt hat, in welcher Weise und mit welchen Mitteln, mit welchen konkreten Schritten er den Jungunternehmern die Gründung von Betrieben erleichtern wird. Es sind dies ganz wichtige Maßnahmen in Richtung weniger Bürokratie, leichtere Gründungsmöglichkeiten und bessere Förderung, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich stimme auch mit der Aussage von Frau Ministerin Hostasch überein, wonach wir eine Wende in der Arbeitsmarktpolitik erreicht haben. Wir haben eine sehr deutliche Wende erreicht, und zwar in den Instrumentarien, die wir verwenden. Und jene soeben getätigte Aussage, daß wir aktive Arbeitslose wollen, signalisiert diese von uns gewünschte Wende. Wir wollen nicht Leute, die nur Notstandshilfe-Empfänger sind, die sich in der Arbeitslosigkeit zurücklehnen, sondern solche, die aktiviert werden können. Auch das ist eine ganz wichtige Maßnahme, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abgeordneten Kiermaier und Mag. Peter.)

Ich füge jedoch hinzu, daß mir die Wende etwas zu langsam geht. Das sage ich ganz offen! Mir geht diese Wende etwas zu langsam! Ich möchte auch ganz klar sagen, in welchen Bereichen ich mir eine Beschleunigung dieser Wende vorstellen könnte.

Erster Punkt: Wir brauchen mehr Flexibilität bei der Gestaltung der Arbeitszeit. (Abg. Silhavy: ... Flexibilität der Unternehmer ...!) In der Veränderung und Weitergestaltung der flexiblen Arbeitszeiten geht mir die Wende zu langsam. Herr Abgeordneter Nürnberger hat bereits darauf hingewiesen, daß wir mehr Gestaltungsmöglichkeiten in der Arbeitszeit brauchen, auch im betrieblichen Bereich. Ich würde mir wünschen, daß es keine verordnete Arbeitszeitverkürzung, sondern mehr Gestaltungsmöglichkeiten bei der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer gibt, wobei Schutzbestimmungen natürlich notwendig sind. Aber wir sollten auch dem Arbeitnehmer die Möglichkeit bieten, gemeinsam mit seinem Betrieb seine Arbeitszeit sinnvoll zu gestalten. Dies ist ein wichtiger Punkt, durch den die Chancen, die jemand auf dem Arbeitsmarkt hat, zweifellos verbessert und auch mehr Arbeitsplätze geschaffen werden. (Beifall bei der ÖVP.)

Zweiter Punkt: Meine Damen und Herren! Wir müssen unser Förderungssystem stimulierender gestalten. Was meine ich damit? – Für junge Unternehmer wurde die Mindestbeitragsgrundlage für die Sozialversicherung gesenkt, eine stimulierende Maßnahme, damit eben der junge Unternehmer das Geld nicht sofort bei der Sozialversicherung abliefern muß. Auch das ist ein wichtiger Punkt, der die Unternehmungsgründung erleichtert, also stimuliert. Es sollen weitere Anreize geschaffen werden. Insbesondere die kommende steuerliche Begünstigung für Jungunternehmer ist unserer Meinung nach eine ganz wichtige Maßnahme für die Erleichterung der Betriebsübergabe. Ein weiterer wichtiger Punkt ist, daß die Schaffung neuer Betriebe beziehungsweise die Weiterführung von Betrieben wesentlich erleichtert wird, und zwar durch Abbau bürokratischer Hemmnisse.

Aber all diese Instrumente können wir verbessern. Ich halte nichts von Förderungsinstrumenten, die dem einzelnen exakt, Punkt für Punkt vorschreiben, was er zu tun hat. Das ist schlecht! Zu detaillierte Vorschriften im Förderungsinstrumentarium sind nicht gut, mehr Flexibilität, mehr Gestaltungsmöglichkeit für den Unternehmer, aber auch für die anderen Bereiche wären wünschenswert.

Ich denke dabei insbesondere an die Erörterungen im Zusammenhang mit der Altersteilzeit. Wir haben eigentlich ein sehr gutes Instrumentarium für die Altersteilzeit im Sinne der Bekämpfung der Altersarbeitslosigkeit. Aber es ist zu eng, es ist zu eng geschnürt. Wir brauchen mehr Möglichkeiten für jene älteren Menschen, die Altersteilzeit wählen wollen, damit diese die Altersteilzeit auch nutzbringend anwenden können. Das Korsett ist zu eng, und ich bin sehr froh darüber, daß es Gespräche gibt, um zu einer vernünftigen Verbesserung der Altersteilzeitmöglichkeiten zu kommen. Falls es zu einer Einigung darüber kommt, wird dadurch auch die Altersarbeitslosigkeit ganz bestimmt verringert werden.

Letzter Punkt: Meine Damen und Herren! Wir brauchen mehr Gestaltungsmöglichkeiten in der Lehrlingsausbildung. Diesbezüglich haben wir – leider nur als Initiativantrag der ÖVP – einen ganz klaren Vorschlag unterbreitet, in dem es darum geht, jene erfolgreichen Lehrlingsstiftungen und Lehrgänge, die wir im letzten Jahr eingeführt haben, wodurch 4 000 neue Ausbildungsplätze für junge Menschen geschaffen wurden und die Jugendarbeitslosigkeit reduziert wurde, durch Berufsvorbereitungskurse, insbesondere durch die Vorlehre zu erweitern. Diese sollten zu den Lehrlingsstiftungen und Lehrgängen gleichwertig sein. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Vorlehre, eine Lehre für lernschwache Jugendliche, muß kommen, und zwar mit gleichen Förderungsmöglichkeiten wie andere Lehrausbildungen. Wir müssen jenen jungen Menschen, die keine volle Lehre machen können – Herr Abgeordneter Öllinger hat schon darauf hingewiesen, daß 50 Prozent der Arbeitslosen keine Ausbildung haben –, die Chance auf eine Lehrlingsausbildung im Sinne unserer Vorlehre, die wir in Grundzügen schon im Berufsausbildungsgesetz beschlossen haben, bieten. (Abg. Öllinger: Das ist keine Ausbildung!) Das ist eine Ausbildung! Darin unterscheiden wir uns grundsätzlich, Herr Abgeordneter Öllinger. (Abg. Öllinger: Das ein Witz!)

Der Weg, den wir gehen, ist vollkommen richtig. Er wird zwar von den Sozialdemokraten zu langsam beschritten, aber er ist richtig! Was wir brauchen, ist ein Schulterschluß! In der Regierung, Herr Abgeordneter Haigermoser, haben wir diesen Schulterschluß. (Abg. Haigermoser: Das haben wir gestern gesehen! So ein Schulterschluß? – Nein danke!)

Im Bereich der Arbeitsmarktpolitik gibt es einen Schulterschluß. Wir brauchen aber auch hier in diesem Haus einen Schulterschluß, und es ist nicht gut, wenn Sie von der Freiheitlichen Partei immer dazwischenfunken und immer nur alles schlechtmachen! (Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Da fällt mir nur mehr ein: Ja dürfen s΄ denn des?)

Auch Sie sollten einmal positiv an der Gestaltung der Arbeitsmarktpolitik in unserem Land mitwirken. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Jawohl, das würde ich mir wünschen, meine Damen und Herren! Positiv mitwirken! Ich erwarte auch vom Landeshauptmann von Kärnten, daß er einmal Konstruktives beiträgt und nicht nur dauernd dagegen schreit! (Beifall bei der ÖVP.)

Damit hoffe ich, einen Appell an Sie von der Freiheitlichen Partei gerichtet zu haben, der nicht ungehört verhallt. (Beifall bei der ÖVP. – Lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

12.02

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte.

12.02

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Dem Abgeordneten Stummvoll ist leider eine peinliche Verwechslung passiert: Er hat als Generalsekretär der Wirtschaftskammer die Leistung der Mitglieder seiner Kammer und der Menschen dieses Landes mit den Leistungen der Bundesregierung verwechselt. – Herr Stummvoll! Es gibt den alten Satz: Tue Gutes und rede darüber! Aber daß Sie ihn so weit treiben, zu sagen: Laß andere Gutes tun und schmücke dich damit!, halte ich für ein bisserl übertrieben. Es wäre ganz gut, wenn Sie am Boden der Realität bleiben würden! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Stummvoll: Schwacher Einstieg!) Ich glaube, er war ganz gut. (Abg. Dr. Stummvoll: Nur drei haben applaudiert!)

Herr Nürnberger hat uns Unternehmern zugerufen, wir mögen doch mehr Ausbildungsplätze schaffen. Damit hat er recht, wir sollten das wirklich tun! Aber warum entdiskriminieren Sie, Herr Nürnberger und auch Sie von der Österreichischen Volkspartei, nicht die Lehre, wenn Sie wollen, daß wir mehr Ausbildungsplätze schaffen? Warum haben Sie nicht den Mut dazu, die Lehre auf eine neue Grundlage zu stellen? Warum erlösen Sie dieses faszinierende System der dualen Ausbildung nicht von seinem Ghettodasein und integrieren es in die sekundäre Bildungsstufe, und zwar gleichberechtigt neben der AHS und der BHS? Warum trennen Sie nicht die Schulzeit von der Ausbildungszeit im Betrieb und stellen das Ganze auf neue Beine? Was wir brauchen, ist nämlich eine gute ... (Abg. Silhavy: Wie ist das mit der Qualität der betrieblichen Ausbildung, Herr Kollege Peter?) Diese wird sicherlich auch verbessert werden müssen, das ist gar keine Frage! Diesbezüglich sind wir nicht kontradiktorisch!

Frau Bundesministerin! Sie haben in der Einleitung vom österreichischen Weg, vom sozialen Modell Europas gesprochen. Ich teile Ihre Ansicht, daß das in Zukunft ein Standortvorteil werden wird. Dieser Zugang zu einem Steakholder Value, dieser Zugang zur sozialen Integration ist gerade im Sinne eines Total-Quality-Managements in Unternehmungen heute absolut notwendig. Wir sollten diesen Weg weiter gehen. Wir werden uns später noch darüber unterhalten, wie wir ihn weitergehen sollen, weil ich vielen Ihrer Schritte nicht zustimmen kann.

Daß Sie aber am Grundsatz der Erwerbsorientierung in der sozialen Sicherheit festhalten, halte ich wirklich für einen gravierenden Fehler. Das soziale Netz, so unverzichtbar es ist, ist heute bereits unfinanzierbar geworden. Wenn man es in die Zukunft extrapoliert, wird es ein bürokratisches System mit einem Sicherheitsnetz sein, durch das immer mehr Menschen durchfallen werden. Sie werden sich mit der Frage der Grundsicherung auseinandersetzen müssen, so wie es immer mehr politische Kräfte in Europa und auch in Österreich tun. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Frau Bundesministerin! Unsere klare Gegnerschaft zu Ihnen ist dann gegeben, wenn Sie glauben, Umgehungen von tatsächlich vorhandenen Belastungen über neue Gesetze bekämpfen zu können. Als die Sozialdemokraten im Jahre 1970 in die Bundesregierung eintraten, lag der Anteil der Schwarzarbeit in der österreichischen Wirtschaft bei etwas über 2 Prozent. Jetzt, am Ende dieses Jahrzehnts, des dritten Jahrzehnts, in dem Sie Regierungsverantwortung tragen, liegt der Anteil der Schwarzarbeit bei 9 Prozent!

Frau Bundesministerin! Vielleicht fragen Sie sich einmal, bevor Sie neue Gesetze beschließen, ob vielleicht Sie oder Ihre VorgängerInnen in der sozialdemokratisch geführten Bundesregierung etwas falsch gemacht haben. Man kann es doch nicht darauf reduzieren, daß die ÖsterreicherInnen, weil sie viereinhalbmal soviel Schwarzgeld machen als noch vor 30 Jahren, in den letzten 30 Jahren Gauner geworden sind! Vielleicht haben Sie falsche Rahmenbedingungen gestellt? Dieses Minimum an Selbstkritik muß ich von Ihnen einfordern.

Ich teile wiederum Ihre Ansicht, wenn Sie von der Bedeutung der Beschäftigungspolitik reden. Es war sicherlich auch ein Erfolg der österreichischen EU-Präsidentschaft, daß Sie versucht haben, diesen Gedanken im Rahmen unserer Präsidentschaft europaweit zu implantieren. Ich frage mich jedoch, wieso weder der Herr Wirtschaftsminister noch die Frau Bundesministerin für Soziales die Frage der EU-Osterweiterung positiv angeht. Daß unser Freund Haigermoser schon seinen dritten Kopfstand in der Europapolitik macht, erleben wir halt soeben und müssen es hinnehmen. Sein erster war der EU-Beitritt, der zweite der Euro, der dritte ist jetzt die Erweiterung. (Heiterkeit des Abg. Kiermaier.)

Es ist ganz einfach so, daß wir neue Märkte brauchen! Österreich wird diese neuen Märkte haben, wir müssen dazu nur in die Mitte Europas rücken, dann wird es bei allen Anpassungsschwierigkeiten neue Beschäftigungschancen geben! Diese Beschäftigungschancen haben Sie jedoch nicht erwähnt. Sie haben nicht davon gesprochen, welche Chance Österreich damit bekommt, aus seiner Randlage innerhalb des Schengen- und Euroraumes, innerhalb der Europäischen Union in jene Mittellage zurückzukommen, die unser Land bis 1918 hatte, und damit diesen unnatürlichen Zustand der Grenzen, die es zwischen dem Jahre 1918 und jetzt, dem Ende dieses Jahrhunderts, gegeben hat, aufzuheben und der österreichischen Wirtschaft Chancen, Zukunft und Hoffnung für unsere Mitarbeiter und für Beschäftigung zu geben.

Das habe ich bitter vermißt! Ich hoffe, Sie holen das bei entsprechender Gelegenheit nach. Es wäre mir sehr recht, wenn Sie es vor den Europawahlen nachholen würden. Dazu gibt es kein Bekenntnis von Ihnen, Sie drücken sich ganz einfach davor, weil Sie glauben, dort und da Mehrheiten zu sehen, wo es eigentlich Informationsbedarf gibt, wo Sie Menschen überzeugen müssen, wo Sie den Menschen sagen müssen, welche Chancen in dieser Erweiterung der Europäischen Union liegen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Die Zwischenbilanz des NAP mit 30 000 neuen Beschäftigten zu schmücken, ist fast so kühn wie die Behauptungen des Herrn Stummvoll, was denn die Bundesregierung alles getan habe. Er hat natürlich nicht geschadet, das ist keine Frage. Sie haben damit sicherlich Impulse gesetzt, das steht außer Zweifel. Aber zu sagen, Sie hätten damit 30 000 Stellen geschaffen, halte ich doch für etwas kühn. Ich glaube, Sie sollten einmal nach den bisherigen Kosten fragen, also eine Evaluation des NAP durchführen. Wieviel Geld wurde eingesetzt und was wurde damit wirklich erreicht?

Vier Beispiele – Ihre vier Säulen – dazu: Vermittelbarkeit. Die Tourismuswirtschaft hat im August 1998 Mitarbeiter gesucht, und zwar nicht zu knapp. Überall gab es zuwenig Mitarbeiter. Sie, Frau Bundesministerin, haben mittels des AMS – es ist ausgegliedert, ich weiß das schon, aber unter Ihrer Verantwortung – im August 1998 19 500 Mitarbeiter als Arbeitslose verwaltet. Im Dezember 1998, als es ebenfalls einen eklatanten Mangel an Mitarbeitern gab, waren 24 500 Menschen in der Arbeitslosenstatistik zu verzeichnen. Die Vermittelbarkeit funktioniert also offensichtlich noch nicht!

Die neue Selbständigkeit: Warum diskriminieren Sie weiter die Selbständigen in Österreich? – Wir wissen doch beide, daß die Arbeitswelt sich vollkommen neu strukturiert und die Grenze zwischen Selbständigkeit und Unselbständigkeit verschwimmen wird, sie wird immer undeutlicher werden. Warum aber besteuern Sie Selbständige anders als Unselbständige? Warum liegt der Grenzsteuersatz der gut verdienenden Nationalratsabgeordneten bei 43 Prozent? Diese Nationalratsabgeordneten verdienen weit mehr als zwei Drittel der Selbständigen in Österreich, haben aber einen Grenzsteuersatz von 43 Prozent, während die Selbständigen einen Grenzsteuersatz von 50 Prozent haben. Wieso denn? – Wenn Sie die Neue Selbständigkeit wollen, dann diskriminieren Sie sie nicht! (Abg. Gaugg: Du kannst ja freiwillig mehr zahlen!)

Anpassungsfähigkeit: In einer Gesellschaft, in der sich die Arbeitswelt so schnell wandelt, in dieser Informationsgesellschaft, werden Sie Anpassungsfähigkeit nur über die Problemlösungskapazität des einzelnen, den Sie sozial absichern und dann in seiner Entscheidungsfreiheit stärken müssen, erzielen. Hiezu sehe ich im NAP leider wenig Ansätze.

Und der vierte Bereich, der mir sehr wichtig ist, betrifft die Chancengleichheit. Es gibt eine Gleichung, die zwar manchen paradox erscheint, in Wirklichkeit aber richtig ist. Sie lautet: Je mehr Frauen im Erwerbsleben stehen – und damit neben einer allfälligen von ihnen gewünschten Mutterschaft, die es zu ermöglichen gilt, auch ihre Persönlichkeit, ihre Identität finden –, desto höher ist die Beschäftigungsrate eines Landes insgesamt! Es ist einfach nicht richtig, daß die Frauen den Männern die Arbeitsplätze wegnehmen. Das ist eine falsche Rechnung, wie durch viele, viele Modelle bewiesen wurde! Diese Frage ist im NAP jedoch ebenfalls viel zuwenig berücksichtigt.

Meine Damen und Herren! Die Beschäftigung in Österreich ist eine angebotsorientierte und eine nachfrageorientierte zugleich. Standortpolitik in Österreich ist eine Frage der Rahmenbedingungen. Sie haben ein Steuerpaket geschnürt, und Sie haben dabei wirklich den allerkleinsten gemeinsamen Nenner gefunden, den Sie am 3. Oktober politisch verkaufen können, aber Sie haben all jene Strukturreformen, die notwendig sind, um anpassungsfähiger, schneller, beweglicher zu sein, vermissen lassen. Das ist ein wesentlicher Teil der Beschäftigungspolitik in Österreich!

Wo ist die Ökologisierung des Steuersystems, das heißt, Entlastung des Faktors Arbeit, Belastung der Ressourcen und auch Belastung des Faktors Finanzkapital? Gar keine Frage! Aber tun Sie das doch bitte nicht – Herr Wirtschaftsminister, Sie kennen sich doch in der Ökonomie wirklich aus – mit einer Gemeindebau-Aktien-Spekulationssteuer, die nur den Gemeindebau zufriedenstellt, aber von der wir ganz genau wissen, daß sie nur an Einhebungen bei den Banken mehr kostet, als sie tatsächlich bringt.

Was die nachfrageorientierte Seite betrifft, so haben Sie einen Teil geleistet. Ja! Sie haben von genau 42 Milliarden Schilling an kalter Progression seit dem Jahre 1990 17 Milliarden Schilling weitergegeben. Natürlich wird das Nachfrageeffekte haben. Aber warum geben Sie nur ein Drittel der kalten Progression weiter? Einverstanden, zählen wir die 12 Milliarden Schilling vom Familienpaket noch dazu! Dann geben Sie von über 42 Milliarden Schilling an kalter Progression 30 Milliarden Schilling weiter, die Sie seit dem Jahre 1990 lukriert haben.

Das ist doch der wahre Grund, warum die private Nachfrage in den Jahren 1995, 1996 und 1997 sehr stagniert hat: weil Sie über das Sparpaket zuviel Geld abgesaugt haben. Doch warum mußten Sie es machen? – Weil Sie damals denselben Fehler wie heute machen, nämlich nicht bereit sind, die Ausgaben des Staates insgesamt zu hinterfragen. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Es gibt ein Reengineering Government, es gibt ein New Public Management, auch die Ausgaben des Staates sind nicht sakrosant, und wenn Sie diese durch wirkliche Reformen nach unten drücken, dann haben Sie ein niedrigeres Steuern-Abgaben-Niveau, damit mehr Kaufkraft bei der Bevölkerung und können die gesamte kalte Progression letztlich weitergeben. (Abg. Haigermoser: Flat Tax!)

Meine Damen und Herren! Unternehmungen sind keine Beschäftigungsinstitute. Für eine betriebswirtschaftliche Unternehmung ist Beschäftigung quantitativ kein Ziel, jedoch sehr wohl qualitativ ein Ziel, und zwar als Voraussetzung für ein Total-Quality-Management.

Ich freue mich, daß das immer so abwertend zitierte Amerika bereits so weit ist, daß es dort Investmentfonds gibt, die nur jene Unternehmen haben, die eine hohe soziale Kultur entwickeln. Wissen Sie, daß diese Investmentfonds im oberen Drittel des Rankings der amerikanischen Investmentfonds zu finden sind, was ihr Ergebnis betrifft? Auch da entwickelt sich eine neue Kultur, und Sie sollten diese Kultur fördern und nicht behindern.

Meine Damen und Herren! Wenn wir über Beschäftigung, wenn wir über neue Arbeitswelt reden, dann müssen wir in der Politik neue Antworten auf diese neue Arbeitswelt finden. Aber diese neuen Antworten finde ich im NAP nicht. Was Sie dort tun, ist, an einem bestehenden System mit wirklich gutem Willen herumschrauben, aber Sie sind nicht in der Lage, wirklich Reformen durchzuführen.

Frau Bundesministerin! Wir brauchen eine Modernisierung des Arbeits- und Sozialrechtes auf Basis einer Vertiefung der Arbeitsverfassung, auf Basis der innerbetrieblichen Mitbestimmung. Was sind denn die vielzitierten BMW-Modelle? Die passen doch alle nicht in unser Arbeits- und Sozialrecht, aber sie sind produktiv, und die Mitarbeiter sind zufrieden.

Wichtig ist auch die Senkung der Arbeitskosten. Unsere Mitarbeiter kosten zuviel, aber verdienen zuwenig. Sie haben in Ihrer zweiten Wortmeldung vorhin von der Chance des quartären Sektors gesprochen. Ja, richtig! Im sozialen Sektor, in der persönlichen Dienstleistung schlummert die Beschäftigungschance, meine Damen und Herren! Aber gerade da ist jedes Prozent Anhebung der Arbeitskosten eine Verteuerung der Endleistung um 0,4, 0,5, ja bis zu 0,8 Prozent. Da liegt der Hund begraben! Da liegt die Beschäftigung im wahrsten Sinne des Wortes auf der Straße! Es könnte diese Beschäftigung geben, wenn Sie sie nur zulassen würden. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Die neue Kultur der Selbständigkeit beweisen Sie uns damit, daß Sie den Jungunternehmern heute in der Sozialversicherung entgegenkommen. Die neue Kultur der Selbständigkeit beweisen Sie damit, daß Sie den Jungunternehmern im ersten Jahr 7 Prozent der Lohnnebenkosten senken. Damit beweisen Sie, daß Sie den Zusammenhang zwischen Lohnnebenkosten und Beschäftigung und zwischen der Mindestbemessungsgrundlage der Sozialversicherung und neuen Unternehmungen verstanden haben.

Warum tun Sie es nur bei den Jungunternehmern? – Ich will Ihnen nicht unterstellen, daß Sie sagen: Wenn ich denjenigen oder diejenige einmal mit dem Kappel gefangen habe, dann kommt er mir ohnehin nicht mehr aus, dann ist er schon Unternehmer, dann wird er es wohl hoffentlich auch bleiben! Das kann nicht der richtige Weg sein!

Meine Damen und Herren! Erleichterung des Zuganges zum Gewerbe, Verbesserungen im Wettbewerbsrecht, Öffnung der Wirtschaftsgesetze, Reform der dualen Ausbildung, Best Practice, Best Regulation und Drittvergleich sind nicht nur Worte, die wir hier in Wahlkampfstimmung sagen, sondern wir sollten dies schlicht und ergreifend auch umsetzen.

Eine abschließende Bemerkung: Sie wissen sehr gut, Herr Wirtschaftsminister und Frau Bundesminister, daß Sie heute viel an Arbeitslosigkeit nur in die Zukunft verlagern, indem Sie Beschäftigte in Frühpension schicken, indem Sie Arbeitnehmer in die Invaliditätspension schicken, indem Sie jetzt – die Regierung Kohl hat das in Deutschland auch gemacht – Arbeitslose über AMS-Schulungen auslagern, um die Statistik zu schönen. Das wissen Sie! Aber damit lösen Sie noch kein Problem. Das mag vor einer Wahl so sein, aber haben Sie einmal den Mut, auf die Finanzierbarkeit unseres Pensionssystems Antworten zu finden. Weit über 200 000 Menschen in Österreich sind in Frühpension, 230 000 Menschen sind arbeitslos. Wenn man das kumuliert, so kommt man auf eine Arbeitslosenzahl, die im wirklichen Drittvergleich, in der wirklichen Vergleichbarkeit gleich hoch wie in Deutschland oder sogar noch höher ist. Sie haben das Problem wirklich nur in die Zukunft verschoben! (Beifall beim Liberalen Forum.)

12.16

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich jetzt Herr Bundesminister Dr. Farnleitner zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Minister.

12.16

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Da ich in Fragen Ostöffnung, Osterweiterung sehr sensibel bin, möchte ich diese Lückenreklamation des Abgeordneten Peter nicht im Raum stehenlassen.

Ich habe hier im Plenum wiederholt erklärt – jüngst auch im gemeinsamen Verkehrs- und Bautenausschuß –, daß ich wahrscheinlich einer der engagiertesten Vertreter für ein zu entwickelndes offenes Verhältnis in diesem Zusammenhang bin. Ich nenne nur die Zahlen in diesem Zusammenhang.

Österreich ist mit fast 19 Prozent der Exporte und 12 Prozent der Importe das mit den neuen Ländern Osteuropas am intensivsten verflochtene Land. Ich gehe davon aus, daß wir bei den jetzigen Trends – wie in der Zwischenkriegszeit – gegen 30 Prozent in der Exportstruktur in den nächsten zehn, 15 Jahren kommen werden. Das Wachstumspotential unserer mittel- und osteuropäischen Nachbarn wird von allen Instituten, deren Gutachten ich kenne, mit etwa 700 Milliarden Euro eingeschätzt. Wir wissen, daß wir in der Zwischenzeit über 14 000 Joint-ventures – siehe jüngste Studie auch des Wifo – auf die Beine gestellt haben, und daß die Klein- und Mittelbetriebe – das repliziere ich auf die Ausführungen des Abgeordneten Haigermoser – , die Joint-ventures in Osteuropa im Laufen haben, dank dieser Joint-ventures in Österreich mehr Arbeitsplätze geschaffen haben, als sie geschaffen hätten, wenn sie nicht in den Osten gegangen wären. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Dr. Kier und Smolle.)

Dieser Trend muß und wird anhalten. Ich glaube daher, daß da eine Angstphilosophie nicht gerechtfertigt ist. (Demonstrativer Beifall des Abg. Smolle.) Der Punkt ist, daß wir über Freihandelsverträge den ökonomischen Beitritt Mittel- und Osteuropas schon vollzogen haben – mit Ausnahme des Bereiches der Landwirtschaft; nur die Mitbestimmung und der Bereich der Landwirtschaft fehlen noch – und daß die Umsetzung jedes Stückes des Acquis Communautaire die österreichische Wirtschaft in die Lage versetzt, sich dort wie auf dem Heimatmarkt zu bewegen. Daher vertrete ich diese Osterweiterungs-Nutzungspolitik mit Augenmaß nachhaltig.

Ich werde in wenigen Wochen in Dürnstein wieder einer Konferenz aller osteuropäischen Wirtschaftsminister beiwohnen, und wir werden wieder davon ausgehen, daß wir die wirtschaftliche, ökonomische Einheit des Donauraumes, die sich in den nächsten Jahren formieren wird, sehr zum österreichischen Vorteil ausnützen, und zwar auch zum Vorteil der Arbeitsplätze.

Es ist unbestritten – das ist schon mein letzter Satz –, daß wir aus der Ostöffnung bis heute etwa 60 000 Arbeitsplätze netto mehr gewonnen haben, als wir an schlechter bezahlten verloren haben, und ich sehe diesen Trend auch im Sinne der Ansiedelungspolitik, von der ich heute gesprochen habe, nicht gefährdet. – Danke. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Smolle: Ist die Studie in Deutsch? Denn dann könnten Sie sie den Freiheitlichen einmal zum Lesen geben!)

12.19

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Antoni. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.19

Abgeordneter Dr. Dieter Antoni (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Hohes Haus! "Jeder Jugendliche hat das Recht auf einen Ausbildungsplatz." – Das war das Grundanliegen unseres Bundeskanzlers Klima, das war das Grundanliegen der SPÖ und letztlich auch Leitsatz für den Start der Initiative eines Jugendbeschäftigungsprogrammes der Bundesregierung im Rahmen des Nationalen Aktionsplanes für Beschäftigung.

Kolleginnen und Kollegen! Ich meine, daß sich dieses Engagement und der Einsatz durchaus gelohnt haben.

Frau Bundesministerin Hostasch und Herr Bundesminister Farnleitner haben heute neue und durchaus erfreuliche Daten präsentiert. Es ist tatsächlich ein Erfolg der österreichischen Politik mit dieser Initiative erzielt worden. Ohne diese Offensive würde heute die Situation unserer Jugendlichen auf dem Arbeitsmarkt anders aussehen. Ohne Durchsetzung dieser vielfältigen Maßnahmen hätten Tausende junge Österreicherinnen und Österreicher keinen Ausbildungsplatz erhalten.

Gestatten Sie mir, mich in meinen Ausführungen in der kurzen mir zur Verfügung stehenden Zeit insbesondere mit dem bildungspolitischen Teil dieser Maßnahmen zu befassen.

Ich rufe in Erinnerung, daß im sogenannten Auffangnetz für Jugendliche eine Reihe von effizienten Maßnahmen, wie Berufslehrgänge, Lehrlingsstiftungen und Vorlehre für Jugendliche, die keinen Arbeitsplatz hatten, angeboten wurden.

Auch die Möglichkeit des kostenfreien Nachholens des Hauptschulabschlusses sowie das Aussetzen des Repetierverbotes waren wirksame Maßnahmen.

Konkrete Maßnahmen, Kollege Haigermoser, kann ich dir auch ein paar nennen: die konsequente Förderung der Weiterbildung, die Schaffung neuer, zukunftsorientierter Lehrberufe, verstärkte Berufs- und Bildungswegorientierung in den Schulen, die Einführung der Berufsreifeprüfung, Steuerfreibeträge für Betriebe und anderes mehr. Das sind doch eine ganze Fülle von konkreten Maßnahmen, die gesetzt wurden – und auch gegriffen haben.

Ich meine, Kolleginnen und Kollegen, daß all diese Initiativen erfolgreich waren und daß sie weiterentwickelbar und verbesserbar sind.

Für den schulischen Bereich möchte ich namens der SPÖ reklamieren, daß jene Maßnahmen, die sich bewährt haben, doch auch schrittweise in unser Regelschulwesen überführt werden sollen, weil ja nicht zu erwarten ist, daß sich die Situation auf dem Arbeitsmarkt für die Jugendlichen von heute auf morgen verändern wird. Es muß meines Erachtens daher weiterhin möglich sein, den Hauptschulabschluß kostenfrei nachzuholen. Das Repetierverbot in berufsbildenden mittleren und höheren Schulen ist gänzlich auszusetzen. Und wenn der Mangel an Lehrplätzen nicht zurückgeht, so ist unseres Erachtens neben dem Auffangnetz – nämlich Vorlehre, Berufslehrgänge und Lehrlingsstiftungen – auch die Diskussion über die Berufsfachschule verantwortungsbewußter weiterzuführen.

Ich erlaube mir, auch an die Wirtschaft zu appellieren, weiterhin dafür Sorge zu tragen, daß genügend Lehrplätze in den Betrieben angeboten werden. Steuerliche Anreize dafür sind vorhanden. Insbesondere an die Wirtschaftsvertreter in den Landesprojektgruppen möchte ich appellieren, daß sie sich mit den Kolleginnen und Kollegen, die in diesen Gruppen vertreten sind, bemühen, genügend Ausbildungsplätze in den Berufslehrgängen, an den Berufsschulen und in den Lehrlingsstiftungen zur Verfügung zu stellen.

Wir brauchen aber darüber hinaus auch eine qualitative Weiterentwicklung des dualen Ausbildungssystems. Dabei geht es auch um die Umgestaltung der Lernumgebung, der Lernfelder, damit sich wichtige Schlüsselqualifikationen wie Teamfähigkeit, vernetztes Denken, soziales Lernen, Fremdsprachenkenntnisse, EDV-Kompetenz und vieles anderes mehr weiterentwickeln können.

Ich glaube, Kolleginnen und Kollegen, daß wir unser international anerkanntes berufsbildendes Schulwesen flexibler machen und weiter ausbauen müssen, um den jungen Menschen ihren Fähigkeiten und Neigungen entsprechend die beste Ausbildung für ihre Zukunft zu gewährleisten. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

12.24

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Ich erteile jetzt das Wort Frau Abgeordneter Mag. Kammerlander mit einer gewünschten Redezeitbeschränkung von 8 Minuten. – Bitte.

12.24

Abgeordnete Mag. Doris Kammerlander (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Herr Minister! Es liegt nahe, am Beginn meiner Ausführungen zu sagen, daß jetzt, zur Mittagszeit, das nicht nur in den Medien angekündigte zentrale Thema, mit dem sich der Nationalrat heute befaßt, zur Debattte steht, sondern daß eben dieses Thema, wie ich auch wieder den Medien entnehmen konnte, auch das zentrale Anliegen vor allem der SPÖ ist, nämlich die Beschäftigungspolitik, daß ich mich aber, obwohl ich verstehe, daß man bei zwei Plenarsitzungen, die pro Tag ungefähr 14, 15 Stunden dauern, nicht immer hier herinnensitzen kann – da geht es uns genauso –, in Anbetracht des Umstandes, daß das das zentrale Wahlkampfthema der SPÖ ist, schon wundere über deren Aktivitäten im Wahlkampf, wenn ich in ihre Reihen blicke! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Kiermaier: Machen Sie sich darum keine Sorgen! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Ich sage nur so viel: Von neun Abgeordneten sind vier da, und von 70 Abgeordneten sind gezählte zehn da. Das nur zum Vergleich! (Abg. Dr. Antoni: Wir betreiben im Parlament keinen Wahlkampf, sondern führen eine sachliche Diskussion!)

Zur Sache zurückkommend: Frau Ministerin Hostasch, Sie haben gesagt, daß Sie die Arbeitslosen aktiv halten wollen. – Ich erkläre Ihnen nachher, was wir wollen, was wir unter Beschäfti-gungspolitik verstehen. Wir verstehen darunter sicher nicht, daß die Arbeitslosen weiterhin, vom Arbeitslosengeld sozusagen gespeist, unterstützt werden. Aber wenn Sie sagen, daß Sie die Arbeitslosen aktiv halten wollen, dann frage ich Sie: Was sind Ihre Erfolgsindikatoren dafür? Die Arbeitslosenzahlen und die Beschäftigungszahlen! (Abg. Dr. Antoni: Die steigende Beschäftigung und die fallenden Arbeitslosenzahlen!) Ich weiß ohnehin, was Sie darauf antworten werden. Nur: Das ist sehr mager und sehr enttäuschend! Das brauche ich Ihnen nicht zu sagen, denn das konnten Sie in den letzten Wochen nachlesen und wiederholt von ganz anderen Personen hören.

Sie konnten es beispielsweise von Herrn Sallmutter hören – den kennen Sie doch wohl! –, dem Vorsitzenden der Gewerkschaft für Privatangestellte. Sallmutter sagte: Höchste Vorsicht, bitte, halten Sie sich nicht an die Zahlen als Erfolgsmeldungen, diese stimmen so nicht, diese sind kein Indikator, diese sind kein Barometer für den Erfolg Ihrer Beschäftigungspolitik! Halten Sie sich an Ihre eigenen Politiker, wenn Sie mit mir über Indikatoren reden wollen, sage ich Ihnen da nur! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Antoni: Das ist eine eigenartige Interpretation!)

Ein anderer – er dürfte Ihnen auch nahestehen –, nämlich der Chef des AMS, Buchinger, sagte ähnliches. (Abg. Dr. Niederwieser: Das ist völlig falsch! Buchinger hat von einer Trendwende auf dem Arbeitsmarkt gesprochen!) Buchinger weist darauf hin, daß man mit sinkenden Arbeitslosenzahlen überhaupt nicht mehr argumentieren kann, weil heute Beschäftigte von einem Arbeitsverhältnis zum anderen wandern, dazwischen beschäftigungslos und kurze Zeit dann wieder in Beschäftigung sind. Sinkende Arbeitslosenzahlen sind kein Indikator.

Und ich kann Ihnen noch jemanden zitieren, der Ihnen vermutlich – soweit meine Farbenlogik stimmt; aber Sie können mich gerne korrigieren – auch nahesteht, nämlich den Chef des IHS, Felderer. Felderer sagt dasselbe. Felderer sagt, weder die Arbeitslosenzahlen noch die Beschäftigungszahlen sind Indikatoren. Im Gegenteil: Es ist höchste Vorsicht geboten, wenn man damit argumentieren will. (Abg. Kiermaier: Womit argumentieren Sie dann?)

Der Chef des IHS, Felderer, geht sogar noch weiter und kritisiert völlig zu Recht die Vorhaben, die im NAP enthalten sind und auf die Sie sich immer wieder berufen. (Abg. Kiermaier: Das ist doch lächerlich!) Er sagte folgendes: Das sind Sonderaktionen, die in der Summe viel Geld kosten und wenig bringen, die die Arbeitslosen beziehungsweise Beschäftigungslosen von einem Programm ins andere geradezu schieben und die nicht wirklich Beschäftigung vermitteln, auch wenn es um Beschäftigungsprogramme für Jugendliche geht. Dadurch werden zwar die Jugendlichen von der Straße weggeholt – das sehe ich schon und anerkenne es auch –, aber das ist kein Beschäftigungsprogramm. Das muß man dazusagen. (Abg. Dr. Antoni: Wenn man sie ausbildet, so ist das kein Beschäftigungsprogramm?)

Das ist kein Beschäftigungsprogramm! Es wird mit Ihren Programmen diesen Jugendlichen überhaupt keine Berufsausbildung gegeben. Überhaupt keine! (Abg. Kiermaier: Was haben Sie gemacht?)

Ich kann Ihnen weitere Beispiele nennen (Abg. Kiermaier: Machen Sie Vorschläge! Nicht nur kritisieren! Vorschläge!), aber es sind heute schon viele erwähnt worden, wie etwa das Job-Coaching, das New-Start-Programm, die Aktion "Come back". Alles immer dasselbe: Es beschönigt die Zahlen, und es hilft keinen Schritt weiter, wenn es um Beschäftigung geht. (Beifall bei den Grünen.)

Schauen wir uns doch die Zahlen der Beschäftigten an, auf die Sie sich dann immer stützen, wenn Sie sagen, die Zahlen der Beschäftigten seien in die Höhe gegangen. Sie wissen es ganz genau, und gerade Sie, Kolleginnen beziehungsweise Frauen unter den Abgeordneten, wissen es ganz genau, daß es die Zahlen der geringfügig Beschäftigten sind, die in die Höhe gehen. Davon sind zwei Drittel Frauen und ein Drittel Männer betroffen. Sie können mir nicht weismachen, daß das wirklich ein Beschäftigungsprogramm ist: daß Frauen in geringfügige Beschäftigungsverhältnisse gedrängt werden!

Warum ist das so? – Sie verschweigen nämlich eines sehr vornehm, und zwar beide, Sie, Frau Sozialministerin, und auch Sie, Herr Wirtschaftsminister Farnleitner: daß das Programm, das Sie hier als nationales Beschäftigungsprogramm präsentieren, einen Spiegel hat, hinter dem das Ganze steht, und dieser Spiegel sind die Grundzüge der Wirtschaftspolitik der EU-Kommission. Ja erwähnen Sie diese doch! Aber wenn Sie sie schon nicht erwähnen, Herr Wirtschaftsminister, obwohl ich meine, daß Ihnen das vom Thema "Wirtschaftspolitik" her geläufiger sein müßte, dann müssen doch wenigstens Sie, Frau Sozialministerin, ehrlicherweise zugeben, daß das, was Sie einmal als Beschäftigungspolitik durchführen wollten – und ich billige Ihnen durchaus zu, daß Sie das wollten –, auf europäischer Ebene nicht mehr gespielt wird. Da geht es um Grundzüge der Wirtschaftspolitik, die ganz klar andere Richtlinien vorgeben, die ganz klar andere Richtungen vorgeben.

Hier steht als Empfehlungen für Österreich eine weitere Flexibilisierung, eine weitere Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten. – Ja, das gibt natürlich ganz andere Prioritäten her bei beschäftigungspolitischen Leitlinien. (Abg. Öllinger: Da traut sich der Wirtschaftsminister!) Kein Wunder, sage ich Ihnen darauf, daß die geringfügige Beschäftigung weiter steigt, denn das ist die logische Antwort auf die weitere Ausdehnung der Ladenöffnungszeiten, das ist die logische Antwort auf die weitere Flexibilisierung der Arbeitszeitverhältnisse, ganz klar die logische Antwort. (Abg. Öllinger: Sonntagsarbeit! – Zwischenruf des Abg. Dr. Niederwieser.) Sie können sich das überall in Europa anschauen!

Und ich sage Ihnen zum Schluß jetzt noch etwas zu den Beschäftigungsplänen: Die Beschäftigungspläne richten sich bei Ihnen auf eine reine Arbeitsvermittlung aus. Und das ist der Fehler. Sie begrenzen und beschränken es auf eine reine Arbeitsvermittlung, auf eine Verminderung der Arbeitslosenquote, wie ich Ihnen zuerst schon aufgezeigt habe, und auf eine Erhöhung der Beschäftigung. (Abg. Dr. Niederwieser: Qualifikation! Ausbildung! Weiterbildung!)

Sie übersehen dabei – da noch ein Wort zu Herrn Kollegen Nürnberger –, daß Beschäftigungspolitik auf der europäischen Ebene etwas ganz anderes wäre. Herr Kollege Nürnberger hat natürlich mit der Geschichte völlig unrecht – aber ich will das jetzt da gar nicht korrigieren; es soll mir recht sein, soll ihm recht sein –, wenn er glaubt, daß Vranitzky das war. In der Tat war es eine Entwicklung auf der europäischen Ebene, und ich würde sagen, ein Meilenstein, wenn auch mit Ergebnissen unter der Erwartung, war der Beschäftigungsgipfel in Luxemburg. (Abg. Dr. Antoni: Den Österreich eingeleitet hat!) Und ob es Ihnen von der SPÖ paßt oder nicht, ob es zufällig ist oder nicht (neuerliche Zwischenrufe bei der SPÖ), das Verdienst für die Vorbereitungen ist in diesem Fall einem christdemokratischen Ministerpräsidenten zuzuschreiben, nämlich dem Luxemburger Jean-Claude Juncker. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Edler: Wir kümmern uns darum! Wir machen etwas! Sie verhindern nur!)

Ich sage Ihnen folgendes: Jean-Claude Juncker hat damals schon gesagt, Beschäftigungspolitik, vor allem europäische Beschäftigungspolitik kann sich nicht allein auf Arbeitsvermittlung beschränken. Selbstverständlich müssen Steuerharmonisierungen die Grundlage, der Rahmen für eine Beschäftigungspolitik sein. Es müssen Überlegungen bezüglich der Arbeitszeit, bezüglich eines Mindestlohnes angestellt werden. All das, was eigentlich Ihr klassisches Feld wäre im Bereich der europäischen Gewerkschaftsbewegung, müßte hier einfließen und den Rahmen und die Grundlage für Beschäftigungspolitik bilden. (Beifall bei den Grünen.)

Und ein Letztes sei noch in das Stammbuch der Sozialdemokraten geschrieben, damit Sie sich das auch merken. (Abg. Dr. Antoni: Was denn? – Abg. Kiermaier: Ihre Ratschläge brauchen wir nicht!) Sie haben eine Chance gehabt in Europa, die – aus welchen Gründen auch immer; ich kenne sie nicht – vertan wurde, und die war mit Finanzminister Lafontaine gegeben. Er hat einen Entwurf für einen europäischen Beschäftigungspakt vorgelegt, der sehr wohl noch diese Elemente enthalten hat, der Elemente der Einführung von Energiesteuern, der Bekämpfung des unfairen Steuerwettbewerbs enthalten hat, der die Ansätze einer nachfrageorientierten Wirtschaftspolitik beinhaltet hat. Das, Frau Ministerin, sind die Eckdaten für eine Beschäftigungspolitik! Das sind sie! (Beifall bei den Grünen.)

Schauen Sie sich hingegen das Papier an, das jetzt für den Kölner Gipfel vorliegt. Von all dem ist keine Rede mehr. Die Sozialdemokratie in Europa mit ihren Regierungen hat es weit gebracht, sage ich Ihnen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Niederwieser: Die Sorge der Grünen ist wirklich rührend! – Abg. Dr. Graf: Mit dem Joschka Fischer!)

12.33

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Steibl. 7 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

12.33

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Der nationale Beschäftigungsplan berücksichtigt in seinen Leitlinien grundsätzlich jene Personengruppen, die stärkere Unterstützung benötigen. Ich bin daher verwundert darüber – das konnte man hören, wenn man diese Diskussion aufmerksam oder auch nicht so aufmerksam verfolgt hat –, daß alle Oppositionsredner das nur negativ sehen und Miesmacherei betreiben. Da frage ich mich, warum dann so viele Menschen gerne nach Österreich kommen und hier arbeiten wollen, warum so wenige aus diesem Land hinaus wollen, warum so viele hier bleiben wollen. – Also, ich denke, daß man schon auch einmal von der anderen Seite verlangen kann, daß sie bei der Wahrheit bleibt. (Beifall bei ÖVP und SPÖ.)

Schwerpunkte wie die Senkung der Arbeitslosigkeit, die Halbierung der Langzeitarbeitslosigkeit bei Erwachsenen und Jugendlichen sind festgeschriebene Ziele, und wir sind gut auf dem Weg, etwa beim Jugend-NAP. Hier wurden zum Beispiel allein in der Steiermark rund 800 Jugendliche – österreichweit an die 4 000 – im Rahmen von Stiftungen und Lehrgängen in einem Auffangnetz untergebracht. Natürlich muß man aufpassen, daß das nicht ein Parkplatz bleibt, daß sie wieder herauskommen, daß sie dann eine verbesserte Chance haben und daß natürlich auch eine Verbesserung bei der Vermittelbarkeit eingeleitet wird, daß daran gearbeitet wird.

Ein weiterer wichtiger Punkt sind die Bedingungen für Frauen und Mädchen auf dem Arbeitsmarkt, die trotz großer Fortschritte in vielen Bereichen noch einer Verbesserung bedürfen. Das zeigt auch das Verhältnis der Lehrstellen für Mädchen und Burschen. So waren Ende April an die 60 Prozent der Mädchen, weil sie eben keine Chance auf eine Lehrstelle hatten, in diesen Auffangnetzen beziehungsweise Stiftungen untergebracht.

Hinweisen möchte ich in diesem Zusammenhang auch auf die Programme des Europäischen Sozialfonds. Es stehen 1999 an die 350 Millionen Schilling für Qualifizierungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Bereich von Chancengleichheit für Frauen und Männer zur Verfügung. Ich würde mir auch wünschen, daß es österreichweit noch eine intensivere Zusammenarbeit zwischen den Ländern gäbe, damit es zum Beispiel nicht vorkommt, daß ein gut funktionierendes Büro, das Büro für Arbeit und Beschäftigung in der Steiermark, kurzfristig 6 Millionen Schilling bekommt, die es, weil andere Bundesländer sie nicht eingesetzt haben, in drei Monaten verbrauchen soll. Ich denke, man braucht hier auch eine Anlaufzeit, und eine österreichweite Koordination wäre im Sinne dieser guten Initiative noch notwendig.

Hier möchte ich auch einbauen, daß insbesondere die Non-profit-Organisationen, die in diesem Zusammenhang mit EU-Projekten arbeiten, sich eine bessere Informationsschiene wünschen, und zwar auch über diese Förderungsmöglichkeiten, damit diese Förderungen seitens des AMS nicht nur an Tochtergesellschaften oder an "nahestehende" Firmen vergeben werden.

In diesem Zusammenhang möchte ich auch noch anregen, über eine Qualitätszertifizierung nachzudenken. Was meine ich damit? – Ich meine eine Qualitätszertifizierung der Angebote, etwa für Wiedereinstiegskurse, für Maßnahmen in den Stiftungen, ähnlich, wie es Qualitätskriterien in den Bildungshäusern gibt. Für die Angebote seitens der aktiven Arbeitsmarktpolitik gibt es das derzeit noch nicht, aber ich meine, es sollte eine Zertifizierung auch für die Lehrenden und damit auch für diejenigen, die dort geschult werden, geben, um in der Folge auch eine bessere Vermittelbarkeit zu erreichen.

Nun zu einem anderen Punkt, bezüglich dessen ich sehr dankbar bin, daß er immer wieder von Herrn Bundesminister Farnleitner angesprochen wird – auch mein Kollege Stummvoll hat darauf hingewiesen –, nämlich zum Thema Unternehmer/Unternehmerinnen. Tatsache ist, daß in Österreich jetzt schon durchschnittlich 40 Prozent aller UnternehmensgründerInnen Frauen sind und daß wir gut auf dem Weg sind, insbesondere für höherqualifizierte Frauen. Das muß uns auch ein Anliegen sein, weil es ja auf der anderen Ebene andere gute und positive Möglichkeiten gibt. Ich denke, diese neue Selbständigkeit oder dieses Unternehmertum auch für Frauen ist wirklich nicht nur eine Schiene, um mehr Arbeitsplätze zu schaffen, sondern auch zukunftsweisend.

Ich möchte hier auf ein Modell in der Steiermark hinweisen, das österreichweit das erste Modell für Frauen in dem Sinne ist, daß es wirklich um die konkrete Umsetzung geht, um einen Unternehmenspark für Frauen. Es handelt sich dabei um das erste Gründerinnenzentrum in der Steiermark. Ich weiß, daß es daneben sehr viele gut funktionierende Beratungseinheiten gibt, aber noch kein konkretes Angebotsservice für Unternehmerinnen, die sich manchmal noch schwerer tun, die sich nicht hineinfinden, die nicht hineinpassen in diese Industrieparks.

Da der Herr Bundesminister gesagt hat, er hat den Auftrag für neue Formen oder neue Angebote gegeben, so kann ich vielleicht auch einen Beitrag leisten: Wir haben dazu eine Machbarkeitsstudie in Auftrag gegeben, und die Ergebnisse zeigen, daß es genau jene Branchen, die in diesem Gründerinnenzentrum angeboten werden, sind, die genützt werden oder eben zum Zug kommen sollten. Ich habe leider keinen so schönen Plan oder keine so schöne Karte, wie unser Kollege Stummvoll sie hatte, aber das sind (die Rednerin hält einen Plan in A-4-Format in die Höhe) an die 1 000 Quadratmeter. Hier können ungefähr 30 Unternehmerinnen einziehen und in folgenden Bereichen arbeiten: Marketing, Graphik, PR, neue Medien, Internet-Service, Web-Design, Consulting, technische Dienstleistungen, insbesondere im EDV-Bereich, Telearbeit – auch wenn sie immer wieder schlechtgemacht wird, Telearbeit ist eine neue Form, die natürlich noch sozialrechtlich abgesichert werden kann –, aber auch sehr viele neue Berufe im Gesundheitssektor, diverse Seminaranbieter, Psychotherapie, Soziales und vieles mehr.

Was meine ich damit? – Ich meine, man sollte auch positive Beispiele auflisten. Kollegin Konrad schmunzelt, denn sie hat ja mit dem Business Center begonnen und weiß, wie gut die Beratung läuft und daß es danach eine konkrete Umsetzung geben muß. Ich meine also, daß wir positive Beispiele aufzeigen und nicht immer nur bei der Miesmacherei hängenbleiben sollten.

Ganz zum Schluß möchte ich nur noch auf die Regelung in bezug auf die Notstandshilfe hinweisen. Da ist es, glaube ich, mit dem Antrag Reitsamer und Feurstein gelungen, einen Schritt weiterzukommen in bezug auf Absicherung für Frauen, die über diesen Schutz hinaus eine weitere Absicherung bezüglich Krankenversicherung und Pensionsanspruch brauchen.

Wir sollten darauf hinweisen, daß das die ersten Schritte sind und daß es erstens durch die Scheidungsreform und zweitens durch diese Form, die insbesondere aus der Ausschußbemerkung hervorgeht, auch eine sozialrechtliche und pensionsrechtliche Absicherung gibt. Daß in der Folge das Pensionssplitting, das wir seitens der ÖVP uns wünschen und das wir immer wieder forcieren, kommen muß, ist uns sicher allen klar. (Beifall bei der ÖVP.)

12.42

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Haupt. 6 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

12.42

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte zunächst folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Haupt, Dolinschek, Gaugg und Meisinger zum Antrag der Abgeordneten Reitsamer, Feurstein und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz geändert wird

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die im Titel genannte Regierungsvorlage in der Fassung des Ausschußberichtes wird wie folgt geändert:

Die Ziffern 1, 2, 4 und 5 entfallen.

*****

Sehr geehrte Damen und Herren! Worum geht es? – Wir haben uns immer für das Opting-out der freien Berufe in entsprechender Form eingesetzt, wir sind auch für die Fristerstreckung, die im ursprünglichen Antrag enthalten war, aber wir sind nicht dafür, daß nunmehr versucht wird, die Möglichkeiten des Opting-out, die der Gesetzgeber den freien Berufen versprochen hat, so schön scheibchenweise und mit entsprechenden Gesetzesänderungen wieder rückgängig zu machen.

Sehr geehrte Damen und Herren! Nunmehr zur Erklärung zum NAP 1999.

Ich gebe allen Vorrednern recht, die meinen, daß die Beschäftigungsfrage in der Europäischen Union und auch in Österreich die essentielle Frage für die Zukunft ist, ich gebe aber Kollegin Steidl nicht recht, wenn sie meint, daß die Opposition aus ihrer Sicht das zu negativ sieht und zusehr schwarzmalt, denn, sehr geehrte Frau Kollegin Steidl, ich darf Sie an etwas erinnern: Ich habe mir heute die Mühe gemacht, die Versprechungen, die der Herr Bundeskanzler in den letzten Jahren, und zwar in den Jahren 1996 bis 1999, einschließlich der Monate Jänner und Februar, vor der österreichischen Öffentlichkeit gemacht hat, zusammenzuzählen. Ich bin dabei nur auf jene Formulierungen eingegangen, in denen Klima in entsprechender Form die Vollbeschäftigung versprochen hat. Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, daß er vor Parteitagen und in entsprechenden öffentlichen Erklärungen, vor Regierungssitzungen und bei anderen, auch internationalen Gelegenheiten insgesamt 49mal die Vollbeschäftigung für Österreich versprochen hat. Ich glaube jedoch, Sie, Frau Kollegin Steidl, und auch die Dame und der Herr auf der Regierungsbank werden mir recht geben, daß wir leider von der Vollbeschäftigung noch Welten entfernt sind. (Abg. Dr. Niederwieser: Kollege Haupt, kannst du ein Zitat vorlesen?)

Jeder hier im Hohen Hause würde sich Vollbeschäftigung wünschen, aber von der Vollbeschäftigung sind wir leider weit entfernt. Im Gegenteil: In den Jahren, in denen Herr Klima Bundeskanzler war, haben wir mit 1 475 251 Arbeitslosen einen Höhepunkt erreicht. Jeder zweite österreichische Arbeitnehmer war in der Zeit dieser Bundesregierung zumindest einmal von Arbeitslosigkeit betroffen. Ich darf Ihnen das hier vor Augen führen, damit Sie auch drastisch sehen, wie das ausgesehen hat in Ihrer rot-schwarzen Regierungszeit. (Der Redner hält eine Graphik in die Höhe.) Es darf auch nicht vergessen werden, daß es für die österreichischen Arbeiter, und hier besonders für die Frauen, nach der Arbeitslosigkeit beim Wiedereintritt in die Beschäftigung einen Einkommensverlust zwischen 10 und 30 Prozent gegeben hat. (Abg. Dr. Trinkl: Es gab noch nie so viele Arbeitsplätze!)

Gerade Sie, Frau Kollegin Steidl, als entsprechend engagierte Frauenpolitikerin aus der Steiermark sollten eigentlich um diese triste Situation gerade der Frauenbeschäftigung und der Einkommenssituation der Frauen wissen. (Abg. Steibl: In der Steiermark ist es nicht so! Denn wir verlangen das und machen es auch!)

Es ist immerhin bezeichnend, Frau Kollegin Steidl, daß sich sogar Herr ÖGB-Präsident Verzetnitsch in seiner Presseaussendung vom 3. Mai 1999 zur Jugendbeschäftigung schon in gleicher Weise wie die Oppositionsparteien den Kopf zerbricht, nämlich darüber, daß wir 1 000 Lehrstellen im Bereich der gewerblichen Wirtschaft und der Industrie verlieren werden.

Und wenn Sie den "Economist" der "Presse" vom gestrigen Tag lesen, so ist auch jene Zeitung, die Ihnen am nächsten steht, Frau Kollegin Steidl (Abg. Steibl: Steibl! Steibl! Wenn Sie Steidl sagen, sage ich: Kollege Haut!), zumindest der gleichen Meinung, nämlich daß wir im heurigen Herbst in entsprechender Form auch wieder die gleichen Probleme für die jugendlichen Beschäftigten bekommen werden, wie wir sie vor zwei Jahren gehabt haben und wie wir sie vermutlich, wenn der NAP 1999/2000 nicht weitergeführt wird, spätestens 2001 wieder haben werden.

Frau Kollegin Hostasch! Sie sagen, er werde weitergeführt. Das ist derzeit richtig, aber da im Oktober Wahlen sind, wird das erst bei der Budgeterstellung für das Jahr 2000 feststellbar sein, weil auch Sie auf der Regierungsbank nicht sagen können, daß Sie dann wieder dafür zuständig sein werden, in entsprechender Form die Weichen für die Zukunft zu stellen und zu ent-scheiden, ob der NAP weitergehen wird oder nicht. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Diese Entscheidung wird nicht die Bundesregierung, die derzeit im Amt ist, treffen, sondern am 3. Oktober der österreichische Wähler. Und der österreichische Wähler ist es eigentlich schon müde geworden, die ewigen Versprechungen in diesem Bereich zu hören und dann im Endeffekt nur Peanuts von all diesen Versprechungen zu ernten. Mehr ist – in Neudeutsch ausgedrückt, das ja heute so modern geworden ist – nicht zu vererben und nicht zu verzeichnen gewesen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wie schauen denn die tatsächlichen Zahlen aus? – Der Lichtschimmer, der so hoch eingestuft wird, ist eine um 9 670 gesunkene Zahl der Arbeitslosen. Demgegenüber stehen mehr als 10 000 versteckte zusätzliche Arbeitslose. Es ist also letztlich ein Nullsummenspiel!

Und wenn man sich in diesem Bereich anschaut, was Sie im Job-Coaching nunmehr von Mai bis November planen – nämlich jeden Monat 5 000 Arbeitslose aus der Statistik herauszunehmen und in Schulungsmaßnahmen unterzubringen, von denen sogar Ihre profunden Kenner der Arbeitsmarktsituation sagen, daß sie bezweifeln, daß diese Maßnahmen bei mehr als der Hälfte geeignet sein werden, einen Rückeinstieg und eine Zusatzqualifikation hervorzurufen –, so kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß hier Schönfärberei vor Wahlen betrieben und nicht das echte Anliegen der Bundesregierung umgesetzt wird, den Arbeitnehmern tatsächlich im Sinne des lebenslangen Lernens eine Zukunftschance zu eröffnen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wir werden ja im November/Dezember dieses Jahres sehen, wer recht hat: wir von der Oppositionspartei oder Sie seitens der Regierungsparteien mit Ihrer Schönfärberei.

Und noch etwas zum Bildungssektor in Österreich. Sehr geehrte Damen und Herren! Ich mache mir Sorgen darüber, wie ein an und für sich gutes Gesetz, nämlich jenes der Fachhochschulen in Österreich, nunmehr durch die entsprechenden Verlängerungsgenehmigungen des Fachhochschulrates verschlechtert wird. Mit den Auflagen, die jetzt herausgegeben werden, kommt es zu zusätzlichen Verschulungen in diesem Bereich und zu einer zusätzlichen Entwicklung weg von einer praxisorientierten Ausbildung hin zu den üblen Mißständen, die wir aus den österreichischen Universitäten verwandter Studienrichtungen kennen: überlange Studiendauer und keine praxisgerechte Ausbildung.

Ich bitte Sie beide, im Interesse der jungen Menschen und im Interesse der österreichischen Wirtschaft und des Wirtschaftsstandortes Österreich auf den zuständigen Minister Einem dahin gehend einzuwirken, daß dort endlich die Handbremse gezogen wird und daß diese unglückselige Entwicklung, die der Fachhochschulrat eingeleitet hat, im Interesse der österreichischen Wirtschaft endlich aufgehoben wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

12.49

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Abänderungsantrag, den Herr Abgeordneter Mag. Haupt vorgetragen hat, ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlungen miteinbezogen.

Ich erteile jetzt Frau Abgeordneter Silhavy das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

12.49

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin Hostasch! Herr Minister Farnleitner! Hohes Haus! Es ist schon bestürzend, wenn man hört, wie in diesem Haus mit Arbeitslosigkeit und mit von Arbeitslosigkeit betroffenen Menschen umgegangen wird. (Abg. Gaugg: Von euch! Von der Regierung! Von der Regierung, ja, ja! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Auch Ihre aggressive Reaktion darauf spricht Bände, meine Damen und Herren von der FPÖ! (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist zweifelsohne richtig, Herr Kollege Haupt, wenn Sie sagen, daß Bundeskanzler Klima für Vollbeschäftigung eintritt. Ob die 49mal, die Sie da genannt haben, stimmen, weiß ich nicht, aber daß Vollbeschäftigung nach wie vor eines unserer erklärten politischen Ziele ist, steht außer Frage. Das steht außer Frage für uns! (Abg. Dr. Graf: Von Ihnen interessiert das niemand! Es ist ja keiner da! Es ist ja niemand mehr da!)

Im Gegensatz zu einem gewissen Herrn Haider, der ja auch eine Zeitlang diesem Haus angehört hat und der jede Woche seine Meinung geändert hat – einmal war er für die EU, ein andermal gegen die EU; einmal war die Frau der dienende Teil und so weiter; wir kennen ja all diese Aussagen –, stehen wir zu einer Meinung und stehen wir zu den Menschen, die unsere Hilfe brauchen. (Beifall bei der SPÖ.)

Frau Bundesministerin! Sehr erfreulich ist, daß durch aktive und aktivierende Arbeitsmarktpolitik im ersten Budgetjahr des NAP bereits eine Erhöhung von 36 Prozent erzielt werden konnte. Gerade das "Gender Mainstreaming" ist ein Punkt, der uns sehr wichtig ist, denn wir alle wissen, daß Frauen nach wie vor zur benachteiligten Gruppe auf dem Arbeitsmarkt gehören. Dennoch möchte ich darauf hinweisen, daß durch diese Mainstreaming-Politik folgendes nicht passieren darf: Es dürfen dadurch nicht Strukturen vernichtet werden, sodaß Frauen letzten Endes trotzdem nach wie vor auf dem Arbeitsmarkt diskriminiert sind.

Sehr erfreulich ist auch der Bereich des lebenslangen Lernens, vor allem weil ein Schwerpunkt jenen Arbeitnehmern und Arbeitnehmerinnen gilt, die bereits jahrelange Berufserfahrung haben, auf die die Wirtschaft heute aber gänzlich verzichtet, indem sie nicht mehr bereit ist, diese Menschen zu beschäftigen. Es ist ein ganz wesentlicher Punkt, zu versuchen, gerade für diese Gruppe von Menschen etwas zu tun, die jahrelang ihre Arbeitskraft zur Verfügung gestellt, der Wirtschaft Wertschöpfung geliefert hat, gegenüber der die Wirtschaft aber dann sagt: Danke, nein!, und dann wird sie der Allgemeinheit übergeben. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich freue mich auch sehr über die neue Prüfung der Gesetze hinsichtlich ihrer Beschäftigungsförderung. Ich denke, das ist der richtige Ansatz, nämlich zu schauen und zu fragen: Was steckt dahinter? Wofür geben wir das Geld aus? Was bringt es für die Beschäftigungspolitik? Dies insbesondere auch angesichts der Tatsache, daß die Politik bereits entsprechende Rahmenbedingungen für die Lehrlingsausbildung gesetzt hat, die Wirtschaft aber nach wie vor hinsichtlich dieser Ausbildung nachhinkt.

Weiters freue ich mich über die Möglichkeit der territorialen Beschäftigungspakte, auch im Zusammenhang mit dem Jugendbeschäftigungsprogramm. Auch ich möchte hier besonders hervorheben, daß gerade wir in der Steiermark durch unseren Landeshauptmann DDr. Peter Schachner (die Abgeordneten Steibl und Dr. Trinkl: Landeshauptmann-Stellvertreter!) mit der Aktion "Job 2000" einen wesentlichen Beitrag für diese Gruppe, nämlich die jugendlichen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, geleistet haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich bedauere es sehr, daß sich jemand wie Frau Kollegin Kammerlander, die ich seit vielen Jahren kenne, über Arbeitsmarktpolitik, die das AMS macht, dermaßen negativ äußert. (Abg. Wabl: Nein! Nein! Das, was die Bundesregierung mit dem NAP macht, ist bedauerlich! Der NAP ist ein Nepp!) – Hätten Sie zugehört, Herr Kollege Wabl, dann wüßten Sie, was sie gesagt hat.

Es geht nicht nur darum, Leuten Beschäftigung zu geben, sondern auch darum, daß die Menschen zusätzlich von der Wirtschaft geschult werden müssen, was nicht mehr der Fall ist. Lebenslanges Lernen – wo in der Wirtschaft gibt es noch lebenslanges Lernen? (Abg. Smolle: In meiner Firma!) Wo wird das von der Wirtschaft noch angeboten? Es muß gefördert werden, und es wird gefördert durch das AMS! – So schaut es doch in Wirklichkeit aus, nämlich daß die Allgemeinheit das übernehmen muß, was die Wirtschaft heute nicht mehr leistet! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Tichy-Schreder.)

Abschließend möchte ich noch einen Punkt zur Novellierung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes bringen – Kollegin Steibl hat sie ja bereits kurz angesprochen. Ich denke, daß unsere Ausschußfeststellung bereits ein Schritt in die richtige Richtung ist. Mir persönlich tut es leid – ich habe das auch schon im Ausschuß gesagt –, daß es am Widerstand der ÖVP gescheitert ist (Abg. Steibl: Also, bitte!), für diese Gruppe von Frauen bereits in der Eherechtsnovelle eine Lösung zu finden. Ich hoffe aber, daß wir vielleicht so weit kommen, heute noch einen Antrag einzubringen und eine entsprechende Konkretisierung in diesem Punkt vorzunehmen. (Weiterer Zwischenruf der Abg. Steibl.) – Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Wabl.)

12.54

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

12.54

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der NAP, der uns heute präsentiert wird, ist ein Nepp; ein Nepp gegenüber jenen, die Arbeit suchen!

Frau Ministerin! In Ihrem Papier heißt es, daß dieser NAP auf den Grundlagen der beschäftigungspolitischen Leitlinien der EU für 1999 erstellt wurde. Ich möchte Sie darauf hinweisen, daß die beschäftigungspolitischen Leitlinien der EU nicht die Grundlagen sind, sondern daß es sich dabei um ein 1:1-Abmalen dieser Richtlinien handelt – sie können es gerne mit dem Original vergleichen.

Nun zum Inhalt. Frau Ministerin! Wenn man Seite 24 – es geht um den Bereich Eingliederung von behinderten Menschen – anschaut, kann einem nur schlecht werden. Aber Sie haben jetzt zum ersten Mal zugegeben, daß die Behindertenarbeitslosigkeit gestiegen ist, im Zeitraum von drei Jahren von 60 000 auf 85 000 beschäftigungslose behinderte Menschen. Das stimmt! Gemacht haben Sie, Frau Ministerin, jedoch nichts! (Abg. Wabl: Wenig! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Nicht einmal im öffentlichen Bereich!)

Ihr NAP wird auch in Zukunft uns behinderten Menschen nichts bringen (Abg. Steibl: Das können Sie vorher schon sagen?!), weil Sie hier schon festgeschrieben haben, daß die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt für behinderte Menschen so ausschaut, daß sie kaum Arbeitsplatzchancen haben – vom 15. bis zum 60. Lebensjahr. Frau Ministerin! Wollen Sie behinderte Menschen dann als Kinder zur Arbeit einsetzen oder erst, wenn sie sonst schon in Pension wären?

Frau Ministerin! Sie haben in Ihrem Papier mit den Zahlen von hinten begonnen. Sie schreiben: Verschlechterung der Arbeitsmarktchancen von behinderten Arbeitslosen in den Altersgruppen 40 bis 59, 25 bis 39 und 15 bis 24 – so steht es in Ihrem Papier. Hätten Sie auf der anderen Seite begonnen, würde es heißen: Schlechte Arbeitsmarktchancen für Behinderte von 15 bis 24, von 25 bis 39 und von 40 bis 59. (Ruf: Für alle! – Zwischenruf des Abg. Wabl.) – Frau Ministerin! Mit welchem Zeitpunkt der Eingliederung in den Arbeitsmarkt dürften wir behinderte Menschen dann unter Umständen doch rechnen?

Die Maßnahmen, die Sie mit dem NAP 1998 gesetzt haben, sind im wahrsten Sinne des Wortes voll danebengegangen. Sie wissen, daß es keine Beschäftigungs- und keine Qualifizierungsmaßnahme ist, Personen in Beschäftigungstherapieeinrichtungen der Länder unterzubringen. Glauben Sie ernsthaft, daß das Flechten von Körberln und das Malen von Seidentüchern eine Qualifizierung bringt, mit der man auf dem Arbeitsmarkt etwas anfangen kann? (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Kugelschreiber stempeln!)

Glauben Sie wirklich, daß das Stempeln von Kugelschreibern, das Abschleifen von Kleiderbügeln, das Einsacken von Telefonkabeln Tätigkeiten sind, die der Arbeitsmarkt braucht? (Abg. Dr. Partik-Pablé: Die sinnvoll sind?) – Mit diesen Tätigkeiten rühmen Sie sich, obwohl Sie wissen, daß die Menschen in diesen Einrichtungen zwischen 75 und 350 S Taschengeld bekommen (Abg. Dr. Partik-Pablé: Im Monat!) – im Monat! Die Eltern aber zahlen für diese Maßnahme 1 000 S und mehr. Das bedeutet, für diese Menschen ist das ein reiner Negativbereich.

Frau Ministerin! Die Qualifizierungen stellen ein eigenes Problem dar. Ich möchte Ihnen nur ein einziges Beispiel erzählen.

Ein junger Mann, der jetzt erfahren hat, daß er eine Muskelbehinderung hat, hat einen HAK-Abschluß mit Matura. Da er keinen Arbeitsplatz bekommen hat, wurde er zu einer Qualifizierungsmaßnahme für Erwachsene geschickt. Dieser junge Mann hat zweimal den Raum verlassen und auf die Tür geschaut, ob er denn wirklich im richtigen Raum gelandet ist, denn in diesem Raum war es nicht einmal möglich, auf einem PC zu arbeiten. – Und das ist eine Maßnahme für jemanden mit Matura!

Vergessen Sie diese Maßnahmen, die Sie da gesetzt haben, sie sind sinnlos, sie sind entwürdigend für behinderte Menschen! (Beifall bei den Grünen.)

Frau Ministerin! Ich frage Sie: Wie wollen Sie diese Maßnahmen finanzieren? – Sie wissen, daß im März 1999 die Agenda 2000 beschlossen wurde, und Sie wissen, daß die Mittel des Europäischen Sozialfonds in den Jahren 2000 bis 2006 von 43 Milliarden Euro auf 24 Milliarden Euro insgesamt gesenkt werden. (Bundesministerin Hostasch: Stimmt ja nicht! – Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Frau Ministerin! Schon jetzt bieten Sie nichts an, was den behinderten Menschen etwas bringt, und in Zukunft werden Sie das auch nicht können, weil Sie dann nicht einmal mehr jene geringen Mittel haben, die Sie jetzt noch verteilen können. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Steibl: Ich wundere mich, in der Steiermark gibt es auf einmal 500 Millionen mehr aus diesem Titel!)

Frau Ministerin! Wer ist denn schuld an der hohen Arbeitslosigkeit unter den Behinderten? – Ich sage es Ihnen: diese Bundesregierung! (Ruf bei der SPÖ: Gehen Sie! Hören Sie auf! – Die Abgeordneten Dr. Partik-Pablé und Meisinger: Sie hat ja vollkommen recht!) Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsfraktionen, sind dafür verantwortlich (Beifall bei den Grünen), daß die Ausgleichstaxe noch immer 2 000 S beträgt und nicht das Zehn- oder Zwanzigfache dieses Betrages. Sie sind dafür verantwortlich! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Kümmert euch einmal um die Behinderten!)

Schauen Sie sich das Behinderteneinstellungsgesetz an, damit haben Sie behinderte Menschen mehr oder weniger aus dem Arbeitsmarkt geschmissen. Sie sind es, meine Damen und Herren, die das auch in Zukunft fortsetzen wollen, denn Sie schreiben in Ihr Papier, daß man die Einstellungspflicht und den Kündigungsschutz für behinderte Menschen aufweichen soll, weil er angeblich anstellungshemmend ist. Wissen Sie, was dann passieren wird? – Die paar behinderten Menschen, die heute noch Arbeit haben, werden dann letztendlich auch rausfliegen.

Dieses Ergebnis und die Situation hinsichtlich der Beschäftigung von behinderten Menschen haben Sie, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, zu verantworten! (Beifall bei den Grünen.) Sie haben zu verantworten, daß 100 000 behinderte Menschen arbeitslos sind und mindestens dieselbe Zahl nicht einmal als arbeitslos registriert ist! – Danke. (Anhaltender Beifall bei den Grünen.)

13.02

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Trinkl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.03

Abgeordneter Mag. Dr. Josef Trinkl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Wirtschaft schafft Arbeit – ich würde meinen: Nur die Wirtschaft schafft Arbeit! Daher ist das zentrale strategische Ziel der Volkspartei in der Beschäftigungspolitik eine offensive Standortpolitik. Wir müssen ein Wirtschaftsklima schaffen, in dem Betriebe gedeihen können. Wir müssen ein Wirtschaftsklima schaffen, in dem junge Leute bereit sind, Betriebe zu gründen oder zu übernehmen, denn Österreich braucht die Unternehmer. Immerhin schafft jedes neue Unternehmen im Schnitt dreieinhalb Arbeitsplätze.

Ich glaube, wir haben gemeinsam mit Bundesminister Farnleitner diesbezüglich sehr viel erreicht. Allein im Jahr 1998 wurden in Österreich 20 400 neue Unternehmen gegründet. Die Gründeroffensive hatte Erfolg!

Wir haben uns auch bei der Steuerreform durchgesetzt: Pauschalierung von Kleinbetrieben, Befreiung von Gebühren für Unternehmensgründer, Freibetrag bei Erbschafts- und Schenkungssteuer. – All das wird diesen positiven Trend weiter verstärken. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Blünegger.) – Das ist ein Blöd... – Entschuldigung.

Es ist aber auch mit allem Nachdruck zu fordern, keine neuen bürokratischen Belastungen auf die Wirtschaft niederprasseln zu lassen. (Abg. Gaugg: Kollege Trinkl! Warum macht ihr es nicht, ihr fordert es nur!) – Ich gebe Ihnen ja recht!

Wir tendieren dazu, bei EU-Umsetzungen immer wieder zu Umsetzungssiegern zu mutieren. Wir müssen da vorsichtig sein. Ich sage es ganz bewußt: Wir müssen auch im Betriebsanlagenrecht die weiteren Verhandlungen sehr vorsichtig führen, denn Bürokratie vernichtet Arbeitsplätze. Und das wollen wir nicht! (Abg. Gaugg: Warum tut ihr es dann nicht?)

Nächster Punkt: Auch die Lehrlingsoffensive war erfolgreich. Es gibt nun 49 neue Lehrberufe, und wir haben in diesen 49 neuen Lehrberufen 7 000 neue Lehrlinge unterbringen können. (Beifall der Abg. Tichy-Schreder.)

Wir haben die Zahl der Lehrlingsbetriebe, Frau Kollegin Silhavy, von 40 300 auf 41 300 erhöhen können. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.) Sie können daher nicht sagen: Die Wirtschaft soll ihre Verpflichtungen wahrnehmen! – Sie tut es ohnehin! (Ruf bei der SPÖ: ... steirische Situation kennen!) – Ich kenne die steirische Situation.

Ich darf Ihnen folgendes sagen: Lehrplätze wachsen nicht auf Bäumen, Lehrplätze wachsen nur in Betrieben, die dazu bereit sind und auch die entsprechenden Rahmenbedingungen vorfinden. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich sage Ihnen noch etwas: Es gilt nicht, das duale System zu diskutieren und zu diskreditieren, sondern es geht darum, die Stärken dieses Systems auszubauen. (Abg. Silhavy: Und die schlechten zu beseitigen!) Man soll es nicht in Frage stellen.

Ich darf daher vor allem an die Gewerkschaftsjugend appellieren, nicht durch uralte Hüte die Wirtschaft zu verunsichern, indem man sagt, daß man sie mit Milliarden belasten will. Hören wir doch endlich auf mit diesem Umverteilungsmärchen, das wird nicht funktionieren.

Ich möchte auch folgendes in diesem Zusammenhang feststellen: Das "Zwischenparken" und Unterbringen von Schulabgängern in Lehrgängen und Stiftungen ist für uns, die Volkspartei, nur als Übergangslösung für jene Jahrgänge, die wir anders nicht zur Gänze unterbringen können, zu sehen.

Es kann aber nicht so sein – und das ist auch in der Steiermark geschehen –, daß jemand seine Schulausbildung abbricht und einen Lehrgang besucht, nur damit er ein wenig Geld verdient. So war das nicht gemeint!

Es war aber auch nicht dafür gemeint – auch das möchte ich heute hier andiskutieren –, daß bestimmte Firmen aus Mitteln der Lehrlingsoffensive Aufträge in Millionenhöhe lukrieren, wie der "NEWS"-Artikel "Karriere mit Lehre" darstellt. Ich bitte, Frau Bundesminister, daß man das wirklich aufklärt. (Abg. Dr. Fekter: Restlos aufklärt!) Ich bin überzeugt davon, daß es da Aufklärung geben wird. (Abg. Gaugg: Ihr seid in einer Koalition, ihr könnt euch ja befragen!) – Ich habe Sie auch nicht unterbrochen; es hätte sich auch nicht ausgezahlt. Lassen Sie mich bitte meine Ausführungen fortsetzen.

Wollen wir auf dem Arbeits- und Beschäftigungssektor erfolgreich sein, müssen wir dem Arbeitsmarkt die Fesseln nehmen. Unser Land, Österreich, ist das Land mit der größten Regulierungsdichte – Auflagen, Verordnungen, Richtlinien. (Abg. Gaugg: Weil ihr in der Regierung seid!) – Ich sage das ja durchaus selbstkritisch. Wir brauchen auch in der nächsten Periode noch Arbeit, Herr Gaugg. (Abg. Gaugg: Da werdet ihr aber keine Zeit mehr haben!) Wir wollen auch in der nächsten Periode noch etwas umsetzen. Die Politik hört ja mit den Wahlen nicht auf! (Abg. Marizzi: Wer ist Wirtschaftsminister? Wer ist Landeshauptmann in der Steiermark?)

Wir entwickeln uns zur Dienstleistungsgesellschaft. (Weitere Zwischenrufe.) Lassen Sie mich folgendes sagen: Dienstleistungen brauchen ein anderes Arbeitsregime als die Industrie. Wir brauchen andere Arbeitszeiten, wir brauchen andere Entlohnungsarten, wir brauchen einfach mehr Flexibilität. (Abg. Aumayr: Wer ist der Wirtschaftsminister? Welche Partei stellt den Wirtschaftsminister?)

Ich weise in diesem Zusammenhang darauf hin, daß die Volkspartei ein attraktives Modell für die Arbeiterabfertigung-Neu konzipiert hat, das sowohl Angestellten und Arbeitern als auch Unternehmern Vorteile bringt. Das ist der Weg, den wir gehen werden! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich möchte noch einen Gedanken einbringen: Es muß uns auch gelingen, die Effizienz der Arbeitsvermittlung zu steigern. Wir stehen vor einer eigenartigen Situation: Wir haben in Österreich die höchsten Beschäftigtenzahlen, die wir jemals in der Zweiten Republik hatten, auf der anderen Seite aber – das gebe ich zu – sinkt die Arbeitslosenzahl nur sehr, sehr langsam. Es liegt daher die Vermutung nahe, daß wir tatsächlich ein Problem bei der Vermittlung dieser Arbeitslosen haben.

Das bestätigt auch eine Umfrage, die unser Landesrat Paierl in der Steiermark gemacht hat: 7 Prozent der Unternehmer haben dreimal so viele offene Stellen gemeldet, als dem Arbeitsmarktservice Steiermark bekannt werden. Dabei muß ich aber sagen, daß das Arbeitsmarktservice Steiermark hervorragend arbeitet. Wir haben eine hervorragende Kooperation. Es gibt aber Unterschiede in den Bundesländern.

Frau Bundesminister! Sie wissen das, und Sie wissen, daß die Situation in Wien besonders auffällig ist. 40 Prozent aller Langzeitarbeitslosen sind in Wien. Wien hat die größten Zuwachsraten und die geringsten Vermittlungsraten. Ein eigener Controlling-Bericht des AMS unterstreicht das.

Wir fordern, daß das AMS die Arbeitslosigkeit nicht nur verwaltet, sondern aktiv in die Arbeitsvermittlung eintritt. Was wir erwarten, ist ... (Zwischenruf des Abg. Gaugg.) – Lassen Sie mich bitte ausreden.

Wir erwarten, daß das Betriebsservice ausgebaut wird. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich rede davon, weil ich täglich damit zu tun habe, lieber Freund. Du mußt einmal hinausgehen und mit den Leuten reden. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Brix.)

Wir erwarten den Ausbau des Betriebsservices. Ich kann nicht Arbeitskräfte vermitteln, wenn ich den Betrieb nicht kenne, der den Arbeitnehmer angefordert hat. Ich muß mich dafür interessieren, was der Betrieb braucht. (Beifall der Abg. Dr. Fekter.)

Wir erwarten Qualifikationsprogramme für die Zukunft, sodaß man die Qualifizierungsprogramme vorausschauend startet, und nicht erst dann umschult, wenn der Bedarf gegeben ist. (Abg. Gaugg: Ihr seid ja in der Regierung!) Schließlich sei noch erwähnt, daß wir erwarten – und das möchte ich für die Steiermark ganz deutlich deponieren –, daß der parteipolitische Einfluß auf das AMS ein wenig zurückgenommen wird. (Beifall bei der ÖVP. – Ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen.) Ich weiß als Steirer, wovon ich rede, und die Betroffenen wissen es auch. (Neuerliche Heiterkeit und Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Die Volkspartei hat ein 10-Punkte-Programm für die Effizienzsteigerung des AMS vorgelegt. Wenn wir konsequent an die Verfolgung dieses Programmes gehen, werden wir auch da erfolgreich sein. (Beifall bei der ÖVP.)

13.11

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dolinschek. 4 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter. (Abg. Gaugg: Trinkl, setzen! Nichtgenügend!)

13.11

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Kollege Trinkl! Ich glaube, wir sind einer Meinung: Arbeitslose sollen nicht verwaltet, sondern vermittelt werden. Aber ich unterstelle nicht einmal den Grünen, nicht einmal dem Kollegen Öllinger, daß man will, daß Arbeitslose nicht vermittelt werden, denn auch er ist bestrebt, daß jeder einen Job hat.

Das, was du forderst, nämlich ein Betriebsservice, fordere ich auch. Aber das ist immer nur so gut wie seine Rückmeldung, und die Rückmeldung von den Betrieben bei der Vermittlung von Arbeitslosen ist katastrophal. (Abg. Dr. Trinkl: Warum ist die Rückmeldung so schlecht?) Du solltest zur Kenntnis nehmen, daß beim Betriebsservice auch die Rückmeldung klappen muß. Aber du sitzt mit einem Koalitionspartner schon lange genug in der Bundesregierung und bist auch in der Sozialpartnerschaft verankert, ihr hättet das schon längst ändern können.

Im neuen Nationalen Aktionsplan für Beschäftigung finde ich ungefähr dasselbe wie vor einem Jahr: 100 000 neue Jobs in fünf Jahren, ihr habt maßgebend daran mitgearbeitet, bis zum Jahre 2002 sollen viele Arbeitsplätze geschaffen werden, die Arbeitslosenrate soll abgesenkt werden auf 3,5 Prozent – das haben wir im NAP vor einem Jahr auch gehabt. Klima sagt, dieser Kurs stimme, weil man gegenüber dem Vergleichszeitraum des Vorjahres die Arbeitslosenrate um ein Zehntelprozent abgebaut hat. Man hat aber vergessen, daß gewisse Personen irgendwoanders in der Statistik geparkt wurden.

Frau Bundesminister! Sie sagen, daß all das negiert werde, wenn man von "verdeckten" Arbeitslosen spricht – Sie sprechen vom "Negieren der Bemühungen der Vermittlungsversuche". – Ich sehe das nicht so! Wenn man diesbezüglich Kritik äußert, so meine ich, daß diese Kritik durchaus auch befruchtend sein kann. Wenn Sie in der Opposition wären, würden Sie das auch kritisieren, und ich kritisiere das, weil wir in Österreich eben hintennachhinken in dem gesamten Beschäftigungsprogramm. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zu den Schwerpunkten, die da gesetzt wurden: Entlastung des Faktors Arbeit. – No na net! Eine diesbezügliche steuerliche Reform ist schon längst überfällig, diese fordern wir schon seit Jahren. Ich erinnere daran, daß das Lohnsteueraufkommen 1989 noch 88 Milliarden betrug und mittlerweile bei 200 Milliarden liegt. Eine Steuerreform ist in diesem Bereich daher unbedingt notwendig. – Setzen Sie das durch!

Man will vor allem Berufe im Dienstleistungssektor, also Soziales, Pflege, Umwelt, Gesundheitsberufe, fördern. Das ist in Ordnung! Aber was ist mit der Industrie? – Wenn ich nur Dienstleistungen habe, so ist mir das etwas zuwenig. Ich brauche auch Industriearbeitsplätze. Dort gehen sie nämlich verloren. In der Grundstoffindustrie, im Bau, in der Textil- und Genußmittelindustrie gehen Arbeitsplätze verloren. Aber auch in einigen Dienstleistungsbereichen wie in der Versicherungsbranche, in Banken, bei Post und Bahn werden Arbeitsplätze abgebaut.

Wir haben, wie ich schon erwähnt habe, heute im Prinzip mehr Arbeitslose, nur sind sie eben verdeckt. Wir haben auch mehr Frühpensionisten. Ich gebe zu, daß der Zugang bei den Frühpensionisten rückläufig ist, aber wir haben trotzdem in der Statistik mehr als früher, weil eben jene, die in den letzten Jahren in die Frühpension gegangen sind, heute noch dort drinnen sind.

Zu Arbeitsstiftungen, Umschulungen und Frühpensionen ist zu sagen: Sie müssen einfach zur Kenntnis nehmen, daß das auch versteckte Arbeitslose sind!

Der Pakt für ältere Arbeitnehmer ist recht schön. Die Weiterentwicklung des Bonus-Malus-Systems würde ich sehr befürworten. Der Bonus ist okay, der Malus ist allerdings ein Pfusch; das haben wir auch immer kritisiert, weil wir ihn für kontraproduktiv halten.

Man spricht von der Qualifikation Älterer und im gleichen Atemzug von der Attraktivierung der Gleitpension. – Wie wollen Sie das eigentlich machen? Ein 55jähriger, der fragt: Soll ich jetzt in die Gleitpension gehen, oder soll ich mich qualifizieren lassen?, wird natürlich, wenn er in der Gleitpension genügend Geld bekommt, die Gleitpension wählen. Wenn er zuwenig Geld bekommt für die Gleitpension, dann wird er auf seinem Arbeitsplatz bleiben wollen. Aber motiviert ist der Betreffende sicherlich nicht mehr.

Zur Verbesserung der Arbeitsmarktsituation von Frauen. – Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist eine deutliche Zunahme von Teilzeitkräften bei den geringfügig Beschäftigten zu verzeichnen; wir liegen dort bei 80 beziehungsweise 73 Prozent. Eine Qualitätsoffensive in männlich dominierten Bereichen wird, so glaube ich, noch länger dauern.

Den Ausbau eines Programmes für den Wiedereinstieg in den Beruf kann ich selbstverständlich befürworten. Der "forcierten" Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen ist, so glaube ich, im Ballungszentrum zwar möglich, aber sehr teuer. Für Kinder von null Jahren bis zum zweiten Lebensjahr gibt es das Karenzgeld; da geschieht auch etwas. Vom vierten bis zum sechsten Jahr gibt es die flexiblen Kindergärtenzeiten, die, glaube ich, zu teuer sind. Aber vom zweiten bis zum vierten Lebensjahr der Kinder gibt es fast nichts. Da gibt es gewisse Kinderkrippen und Tagesmütter, aber im ländlichen Bereich tut sich da überhaupt nichts! Dazu sind neue Ideen gefordert, aber solche kann ich in diesem Nationalen Aktionsplan einfach nicht finden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Eine solche neue Idee ist etwa der Kinderbetreuungsscheck. Wir werden ihn in Kärnten einführen, Kärnten wird das erste Bundesland sein, in dem diese Idee verwirklicht wird, so wie auch bei der Lehrlingsfreifahrt. Das wird für ganz Österreich als Vorbildwirkung dienen und, davon bin ich überzeugt, schließlich überall eingeführt werden.

Was die Jugendlichen betrifft, muß ich sagen: Mit einigen neuen Lehrberufen kann ich mich gerade noch anfreunden, etwa mit einer Lehre als Sportartikelmonteur oder Fitneßbetreuer. Aber mit einem "Straßenerhaltungsfachmann" kann ich bitte überhaupt nichts anfangen. Das ist eine Augenauswischerei, das ist eine Anlernsache, und sonst überhaupt nichts, aber das wird unter dem Titel "Neue Lehrberufe" großartig propagiert.

Ich finde es sehr positiv, daß der Lehrlingsfreibetrag jetzt auch auf das letzte Lehrjahr ausgedehnt wird. Und was die Lehrlingsstiftungen angeht: Mir ist lieber, jemand ist in der Lehrlingsstiftung oder in einem Lehrgang oder in einer Vorlehre, als er steht auf der Straße. Aber das sind eben 4 000 bis 5 000 Leute, die dort geparkt werden und im Prinzip nichts anderes sind als verdeckte Arbeitslose.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich komme abschließend zur Gründerwelle. Herr Bundesminister Farnleitner hat, Frau Kollegin Tichy-Schreder, gesagt, die Dienstleistung am Menschen müsse forciert werden. Eine Gründerwelle wird propagiert! Ihr in der Wirtschaftskammer verhindert das ja! (Abg. Tichy-Schreder: Ich glaube, ich träume! Sie reden wie der Blinde von der Farbe!) Ihr seid im Prinzip ein Selbstschutz vor der Konkurrenz für die eigene Klientel. Bürokratie, Hürdenlauf bei Unternehmensgründung, Einschreibegebühr und Hemmnisse bei der Gewerbeberechtigung – das ist die Realität! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn der Herr Kollege ... Den Namen habe ich schon vergessen. (Abg. Mag. Schweitzer: Du kannst dir ja nicht jeden Namen merken!) – Ja, ich habe ihn schon vergessen, er ist zu unbedeutend. Er sagt jedenfalls, im Vorjahr sind 37 000 Arbeitgeber geschaffen worden. Im ersten Quartal 1998 sind im Vergleich zum Vorjahr 12 Prozent weniger Betriebe registriert gewesen, 1 333 Firmen wurden gelöscht.

Wir haben einfach zu hohe Steuern! Das Realeinkommen sinkt, die Kaufkraft sinkt, und weniger Kaufkraft heißt ganz einfach weniger Wirtschaftswachstum. Nur eine kaufkräftige Nachfrage kann unseren Wirtschaftsstandort, unsere Arbeitsplätze nachhaltig sichern. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.18

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Seidinger. 5 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.18

Abgeordneter Winfried Seidinger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Wenn man die Debatte zu den Punkten 1 bis 10 verfolgt, dann kommt man darauf, daß es nur einen Hauptpunkt gibt: das ist der Nationale Beschäftigungsplan. Ansonsten ist bis jetzt dieses Rednerpult als Wahlkampfpult mißbraucht worden, weil Abgeordnete einzelner Fraktionen all das, was längst bekannt ist und immer wiederholt wird, von hier aus in den Saal gedonnert haben. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wollen wir doch endlich einmal vernünftig auch über das reden, was in Österreich passiert! (Abg. Gaugg: Bist du der sozialdemokratische Theologe – oder wie? – Heiterkeit.) Das darf man bei uns sein, denn ihr habt keine Ideologie. Ihr habt nur ganz andere Machtansprüche. So ist das nicht, und so lasse ich mit mir auch nicht umgehen! (Beifall bei der SPÖ.)

Daß Wahlkampf ist, das wissen wir, nur kann er nicht hier ausgetragen werden. Er kann nicht zwischen der Opposition und uns ausgetragen werden, und er kann auch nicht zwischen den Koalitionsparteien ausgetragen werden. Und wenn hier jemand beklagt, daß das AMS parteipolitisch im Sinne der Sozialdemokratie agiert: Wir haben längst eine Umwandlung vorgenommen, im Zuge dessen das AMS installiert worden ist. Man hat aus der alten Arbeitsmarktverwaltung eine ganz neue Einrichtung gemacht. (Zwischenruf des Abg. Gaugg. – Abg. Silhavy: Stefanella!) Lieber Kollege Gaugg! Kehr zurück zu deiner Buchstabiererei, das liegt dir mehr als die Zwischenruferei! (Beifall bei der SPÖ.)

Es wird ganz vergessen und nicht anerkannt – aber ich kann mir vorstellen, daß man das als Opposition nicht gerne tut –, daß es gewaltige Erfolge auch im wirtschaftlichen Bereich gibt. Ob das Zusammenspiel zwischen Wirtschaftsministerium und Sozialministerium gut funktioniert, kann man ja immer wieder, von Fall zu Fall, verfolgen, und man kann das auch bestätigen.

Man kann ja auch bitte nicht sagen, daß wir eine Unzahl von Arbeitslosen haben, daß die Arbeitslosenzahlen immer nur steigen. Na freilich sind uns 230 000 Arbeitslose zuviel, aber es kann doch nicht die Politik allein für die Arbeitsplätze sorgen. Es werden Rahmenbedingungen geschaffen (Abg. Aumayr: Die sind schlecht genug dank Ihrer Politik!), und den Unternehmen werden sehr viele Möglichkeiten geboten, um hier auch einsteigen zu können.

Es wird ganz vergessen, daß die letzte Zahl, die wir in bezug auf die Inflationsrate bekommen haben, 0,3 Prozent beträgt. Ja, ist das keine wirtschaftliche Leistung dieses Landes, wenn die Inflationsrate weit unter der aller anderen vergleichbaren Länder liegt? (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Kollege Haupt hat gemeint, daß es in der GSVG-Novelle einige Änderungen geben müßte, weil darin die Jungunternehmer zuwenig berücksichtigt sind, die Förderungen zuwenig und die freien Berufe nicht verankert sind. Ich erlaube mir, zu den Punkten 1 bis 10 zurückzukehren und zu sagen: Mit der Einbeziehung der Einkommen aller Erwerbstätigen in die Sozialversicherung ab dem Jahre 1998 wurden auch die freien Berufe grundsätzlich mit der Möglichkeit ausgestattet, selbst zu entscheiden, ob sie der Sozialversicherung beitreten oder nicht. Durch die neue Rechtslage wären sie ab dem Jahre 2000 verpflichtend in der Sozialversicherung gewesen, und daher gibt es eine Opting-out-Möglichkeit bis 30. Juni 1999.

Ich glaube, es ist ein partnerschaftliches Übereinkommen, das wir hier haben, und aus Übervorsichtigkeit, aus verfassungsrechtlichen Gründen wurde auch jenen Freiberuflern, die nach dem GSVG bereits sozialversichert sind, wie etwa Wirtschaftstreuhänder, Tierärzte und Dentisten, die Möglichkeit des Opting-out eröffnet. Wer hat das sonst?, muß ich fragen. – Es ist jedoch, was das Ziel betrifft, möglichst alle Erwerbseinkommen sozialversicherungspflichtig zu machen, kontraproduktiv. Außerdem hätten diese Gruppen – ich wiederhole es noch einmal – Wirtschaftstreuhänder, Tierärzte und Dentisten – ihre Pensionsaltlasten der Solidargemeinschaft überantworten können und sich kostengünstig ausschließlich für junge Mitglieder ein Versorgungssystem aufbauen können.

Im Entwurf steht nun, daß die Bedingungen einvernehmlich mit den freien Berufen ausverhandelt werden. Es geht um eine Verschiebung der Antragsfristen auf den 1. Oktober 1999, um da Entgegenkommen zu zeigen und den freien Berufen auch genügend Zeit zu geben. Es gilt – und auch das ist wieder eine Vergünstigung – der Beginn der Beitragsanhebung erst ab 2003 für alle Gruppen, die derzeit schon der Pensionsversicherung nach dem GSVG unterliegen, aber keine Gewerbetreibenden im engeren Sinn sind. Und da die Übergangsregelung bei den Beiträgen für alle Gruppen gilt, sind auch keine verfassungsrechtlichen Bedenken vom Bundeskanzleramt angemeldet und erhoben worden.

Meine Fraktion stimmt dem Antrag auf Änderung des GSVG im Sinne von Kollegin Reitsamer und Kollegen Feurstein zu. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.24

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Ing. Langthaler. 5 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.24

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Ich habe mich vor allem deshalb zu Wort gemeldet, weil ich eine kleine Parallele ziehen will zu einem Bericht, der sich davon, jedenfalls vom Begriff her, ganz wenig unterscheidet, aber, wie ich fürchte, von der Geschichte her sehr viele Parallelen hat.

Frau Ministerin! Vor einigen Jahren wurde von der Bundesregierung ein sogenannter NUP – kein NAP, sondern ein NUP! – erstellt, der Nationale Umweltplan. (Abg. Mag. Schweitzer: Das ist aber schon lange her!) Das ist schon einige Jahre her, ja.

Ursprünglich lautete das Ziel, daß dieser Plan, dieser Nationale Umweltplan, die Grundlage für die Umweltpolitik in Österreich in den nächsten zehn, 15 Jahren sein sollte. Das wurde ähnlich wie bei diesem NAP in der Öffentlichkeit groß verkauft, groß gefeiert. Der ORF hat in höchsten Tönen berichtet, völlig unkritisch, so wie auch im jetzt vorliegenden Fall, und auch die anderen Medien haben groß berichtet von den "großen" Initiativen der Bundesregierung. – Gefolgt ist nichts.

Der einzige Unterschied ist, daß Sie jetzt beim NAP der Europäischen Union etwas vorlegen müssen, das war beim NUP nicht der Fall. Das ist aber der einzige Unterschied! Vielleicht gibt es noch einen Unterschied: Der NUP wurde wenigstens ein einziges Mal hier im Haus beraten, im Fachausschuß, teilweise auch unter Beiziehung von Experten. Frau Ministerin! Wenn Sie es ernst meinen würden und das nicht nur ein Papier ist, das Sie hier einmal, vor allem auch in Wahlkampfzeiten, groß verkaufen, sondern wenn Sie wirklich die einzelnen Maßnahmen seriös umsetzen wollten, dann müßten Sie in diesem Haus auch mit kritischen Experten, mit Wissenschaftern einen Arbeitsplan für die Umsetzung entwickeln. (Beifall bei den Grünen.)

Denn alles, was ich auch heute in der Debatte gehört habe – auch von Ihnen –, ist doch nichts anderes als die Ansammlung von verschiedenen Vorschlägen. Und auch aus dem Papier geht überhaupt nicht hervor, welche Gesetzesmaterien aufgrund dieser vorgeschlagenen Maßnahmen bis wann umgesetzt werden müssen, wer zuständig ist, wo die Länder stehen, wo der Bund, welche Ministerien verantwortlich sind, wie andere Betroffene diesen Gesichtspunkt sehen. Warum kann es nicht endlich so sein, daß so ein angeblicher Schwerpunkt der Bundesregierung in einer, würde ich sagen, fortschrittlichen Weise diskutiert wird? (Abg. Reitsamer: Das haben wir beim NUP gehabt, beim NAP haben wir es nicht!) Frau Abgeordnete Reitsamer! Warum ist es nicht möglich, die Vorschläge in diesem Haus auch interdisziplinär zu behandeln? Genauso wie Sozialpolitik und Umweltpolitik betrifft das ja nicht nur ein Ministerium. Da muß man sich doch in den verschiedenen Bereichen ansehen, wo Fortschritte möglich sind, wo es Arbeitsplatzchancen gibt. (Abg. Reitsamer: Sie sind in diesen Bereichen nicht tätig, darum werden Sie es nicht wissen!)

Frau Abgeordnete Reitsamer! Ich weiß nicht, warum Sie immer alles, was von der Opposition kommt, ablehnen. Sie haben offenbar seit Jahrzehnten die Weisheit mit dem Löffel in sich hineingeschlungen (Abg. Reitsamer: Das kann ich ungebraucht zurückgeben, das Kompliment, weil Sie reden uns immer drein!), und Sie sind überhaupt nicht in der Lage, nicht nur mit Kritik, sondern mit anderen Vorschlägen umzugehen.

Wenn Sie schon uns nicht glauben, schauen Sie doch, was zum Teil in anderen Ländern passiert, in denen interdisziplinäres Vorgehen möglich ist und auch die konkrete Vorgangsweise anhand einer Zeittafel festgelegt wird, bis wann welche Dinge umgesetzt werden sollen, damit eine Evaluierung überhaupt möglich ist. Wie wollen Sie denn jenes Papier, das Sie vorlegen, je wirklich evaluieren und sagen, das und das ist tatsächlich jetzt eingetreten, und die und die Maßnahmen haben wir in der und der Zeit gesetzt?

Ich sehe das als nichts anderes als ein Ritual, als eine Pflichterfüllung, die Sie eben machen mußten, die aber aus meiner Sicht überhaupt nicht dazu führen wird, daß Sie die Chancen, die es tatsächlich gibt, in den einzelnen Bereichen realisieren.

Wir haben in den letzten Monaten immer wieder viele Punkte hier eingebracht. Ich möchte einen aus meinem Bereich, dem Umweltbereich, nennen, nämlich den ganzen großen Bereich einer Ökosteuerreform, einer ökosozialen Steuerreform. Man könnte etwa konkret mit steuerlichen Maßnahmen, die dahin gehen, daß Sie einfach die Arbeitskosten reduzieren und dafür die Ressourcen besteuern, Arbeitsplätze tatsächlich interessanter machen, es für Unternehmen interessanter machen, endlich mehr Leute zu beschäftigen und sich dafür beim Naturverbrauch einzuschränken.

Ein weiterer Bereich ist jener der erneuerbaren Energie. Auch die EU-Kommission hat entsprechende Maßnahmen und Investitionen in den erneuerbaren Energiebereich vorgeschlagen. Damit könnte man europaweit zirka 300 000 bis 400 000 Arbeitsplätze schaffen; in solchen Größenordnungen würde sich das bewegen!

Oder für Österreich sei der ganze Bereich der Wärmedämmungsmaßnahmen genannt, die gerade, wenn sich Österreich gleichzeitig zu einem Klimaschutzziel verpflichtet, so wunderbar das ökologische Ziel mit dem sozialen Ziel einer Arbeitsplatzbeschaffung verbinden. Gerade in schwierigen Bereichen, auch bei Langzeitarbeitslosen könnte man das konkret realisieren.

Warum ist es nicht möglich, daß auch einzelne Ressorts miteinander besser kommunizieren? Warum ist es nicht möglich, daß sich auch in diesem Haus einzelne Fachausschüsse zusammensetzen und jeder aus seinem Expertenwissen, aus seinem Fachbereich noch Ideen einbringt, und man dann wirklich versucht, aus so einer einmaligen Debatte und einer einmaligen Vorstellung etwas in die Umsetzungsphase zu bringen, unter Beteiligung all der verschiedenen Aspekte und Fachbereiche, die tatsächlich etwas zu einer Realisierung des Zieles Senkung der Arbeitslosenrate in Österreich beitragen könnten? (Beifall bei den Grünen.)

Frau Ministerin! Ich würde Sie auffordern, einen etwas offeneren Zugang und etwas mehr Weitblick zu haben. Das, was ich heute hier von den Kollegen vor allem der SPÖ gehört habe, gleicht einem Einzementieren des Zustandes der sechziger Jahre: Wir wissen, wie wir es machen. Wir haben es schon immer so gemacht, wir machen es weiter so, und alles, was von außen kommt, lehnen wir ab, denn wir haben ja selbst genug Experten, die dann auch immer von uns Förderungen, Subventionen und ähnliches bekommen.

Es wäre gut, wenn man sich ein bißchen umschaute, um zu sehen, wie es anders ginge und ob man vielleicht am Ende dieses Jahrhunderts moderne Maßnahmen, auch Managementmaßnahmen einsetzen könnte, um so eine ... (Abg. Dr. Nowotny: Mit höheren Arbeitslosenraten!) Aber gehen Sie, da könnten wir noch lang über die Arbeitslosenstatistiken in Österreich diskutieren (Abg. Dr. Nowotny: Die OECD-Zahlen sind vergleichbar!), wie Sie das wunderbar immer machen, gerade auch in einem Wahljahr. Herr Professor Nowotny, ich kann mich leider nicht mehr mit Ihren Zwischenrufen auseinandersetzen, weil meine Redezeit zu Ende geht, aber Sie wissen weit besser als ich, wie Sie mit Statistiken umgehen und welches Problem es gerade in Österreich gibt.

Es ist seit Jahren bekannt, es geht durch einige Wirtschaftsblätter immer wieder, daß Österreich ... (Abg. Dr. Nowotny: Das verstehen Sie nicht!) Ja, Herr Professor Nowotny, das ist immer Ihr Totschlagargument, daß Sie der Gescheite sind und alle anderen nichts verstehen. (Abg. Dr. Nowotny: Das sind Fakten!) Faktum ist, daß es schön und wichtig wäre, wenn man endlich auch andere Fachausschüsse, andere Bereiche in diese Phase mit einbezöge und Sie endlich Ihre Scheuklappen ein wenig öffneten. (Beifall bei den Grünen.)

13.31

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Schwarzböck. 7 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.31

Abgeordneter Rudolf Schwarzböck (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es liegt bei dieser Vorlage in der Natur der Sache, daß sehr unterschiedliche Standpunkte vorgebracht worden sind, aber übereinstimmend sehen wir sicherlich die beste Voraussetzung für eine bestmögliche Beschäftigungslage in Österreich in der Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit unserer an und für sich sehr wettbewerbsfähigen Wirtschaft.

Darüber hinaus gibt es natürlich eine Reihe von Problembereichen, wo sich die Bundesregierung aufgefordert fühlt, mit den Möglichkeiten, die sie politisch einbringen kann, Detailprobleme wesentlich zu verbessern. Dazu zählen vor allem die Arbeitsmarktsituation und Beschäftigungssituation älterer Arbeitnehmer. Ich freue mich, daß letztendlich auch mit Einbeziehung der Sozialpartner bei diese Weiterentwicklung des Nationalen Beschäftigungsprogramms oder Aktionsplans weitere Impulse in Richtung Lösung dieses permanenten Problems der letzten Jahre gesetzt werden können.

Angesichts der Arbeitsmarktprobleme im ländlichen Raum ist es mir ein besonderes Anliegen, daß der ländliche Raum verstärkt berücksichtigt wird, weil es gerade im Bereich der Beschäftigung älterer Menschen Bereiche gibt, wo man eigentlich gar nicht damit rechnen würde, daß es dort zu besonderen Problemen kommt. Ich verweise hier darauf, daß bei jenen Bauern, die die Landwirtschaft nur mehr im Nebenerwerb ausüben, bei höherem Lebensalter im Berufsschutz und im Bereich der Arbeitslosenversicherung beim Verlust des außerlandwirtschaftlichen Arbeitsplatzes besondere Härtesituationen entstehen können. Es ist, so meine ich, unser gemeinsames Ziel, auch in diesem Bereich wesentlich gegenzusteuern.

Persönlich glaube ich, daß über das hinaus, was gemeinsam hier vorgelegt werden konnte, noch eine Reihe von Zielsetzungen auch in der nächsten Zeit weiter zu verfolgen sein werden. Es muß uns gerade in Verbesserung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit ein Anliegen sein, weitere Verwaltungsvereinfachungen im Hinblick auf das Wirtschaften in Österreich herbeizuführen. Nicht nur beim Verfahren, sondern auch bei inhaltlichen Regelungen, wie etwa den in nächster Zeit zu verhandelnden Fragen des Umweltrechtes, beim Arbeitnehmerschutz oder auch im Anlagenrecht brauchen wir sicherlich weiter Abschlankungen und nicht zusätzliche Bestimmungen.

Ich würde es auch sehr begrüßen, wenn wir eine Einigung dahin gehend erzielen könnten, daß neben den Bemühungen des Arbeitsmarktservices auch verstärkt Eigeninitiativen Arbeitsloser zur Erlangung eines regulären Arbeitsplatzes gefördert werden sollten, auch der Wechsel von der Unselbständigkeit oder Arbeitslosigkeit in die Selbständigkeit, da Österreich in diesem Bereich sicher nicht an der Spitze der positiven Entwicklung im internationalen Vergleich steht.

Ich glaube auch, daß es ein gemeinsames Anliegen von uns allen sein müßte, keine weiteren Belastungen der Arbeitskosten insgesamt herbeizuführen und vor allem jene Beschäftigungsimpulse zu nutzen, die mit innovatorischen Entwicklungen vor allem im Energiebereich einhergehen, wobei Österreich besonders positive Voraussetzungen mit einbringt.

Ich denke hier vor allem an die Möglichkeiten der verstärkten Nutzung von Biomasse. Wir haben vor kurzem eine Studie vorgelegt, in der eindeutig nachgewiesen werden konnte, daß bei vollem Engagement in diesem Bereich in den nächsten Jahren 60 000 Arbeitsplätze geschaffen werden könnten. Ich verweise hier vor allem darauf, daß es im Rahmen der technologischen Entwicklung zur Nutzung von Biomasse gerade aufgrund von österreichischen Forschungsinitiativen sehr erfreuliche Fortschritte gibt. Besonders im Bereich der Nutzung der großen Durchforstungsreserven, die wir in Österreich haben, gibt es sehr viele Weiterentwicklungsmöglichkeiten. Wenn wir Holz als Biomasselieferanten für Primärenergie nicht nur in jenem Bereich – ich habe das gestern schon angesprochen –, wo wir die entsprechende Infrastruktur haben, zum Beispiel in bäuerlichen Betrieben oder in Familien des ländlichen Raumes, die in Nachbarschaftshilfe die Transportlogistik oder die Aufarbeitungslogistik nutzen können, verwenden, sondern auch die neue Möglichkeit nutzen, die leicht transportablen Holzbriketts im Handel einzusetzen, die neben anderen fossilen Rohstoffen im Primärenergiebereich durchaus bestehen können, dann eröffnen sich beachtliche Absatzchancen und somit auch zusätzliche Arbeitsmöglichkeiten, und zwar nicht nur im Bereich der direkten Produktion im ländlichen Raum, sondern vor allem im österreichischen Anlagenbau, der eine besondere Stellung einnimmt. Wir sind in diesem Bereich mit Skandinavien die Pioniere der weltweiten Entwicklung.

Persönlich glaube ich, daß wir das, was wir uns vorgenommen haben, nämlich ein Jahr nach Inkrafttreten des Nationalen Beschäftigungsplans aufgrund der gemachten Erfahrungen gemeinsam und partnerschaftlich Weiterentwicklungen vorzunehmen, uns auch für das nächste Jahr vornehmen können. Hoffentlich können wir im nächsten Jahr eine ähnlich erfreuliche Bilanz der Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt ziehen, wie das Gott sei Dank ein Jahr nach Inkraftsetzen des Nationalen Beschäftigungsplanes heuer schon möglich war. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.37

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Blünegger. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.37

Abgeordneter Anton Blünegger (Freiheitliche): Hohes Haus! Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Feurstein hat heute hier von diesem Rednerpult aus in etwa gesagt, er möchte keine Kritik von uns Freiheitlichen. (Abg. Dr. Feurstein: Das habe ich nicht gesagt!) Das war so lächerlich! Man kann nur sagen, Gott sei Dank gibt es uns Freiheitliche, die in diesem Hohen Haus Kritik an der Bundesregierung und an der Koalition üben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Vorhaben, das dem Nationalen Beschäftigungsplan 1999 zugrunde liegen, nämlich daß die Arbeitslosenrate auf 3,5 Prozent gesenkt und 100 000 neue Arbeitsplätze bis zum Jahr 2002 geschaffen werden sollen, sind ja in Ordnung. Es soll auch eine gezielte Förderung von älteren Arbeitnehmern erfolgen und zu einer Verbesserung der Chancen der Frauen kommen.

Diese begrüßenswerten Vorhaben hätten Sie jedoch schon längst verwirklichen können. Während Ihrer dreieinhalbjährigen Regierungszeit ist in diesem Bereich nichts geschehen! Nicht nur Worte, sondern Taten sind gefragt! Knapp vor der Nationalratswahl ist es immer so, daß Vorhaben in Papieren festgeschrieben werden, aber geschehen ist in diesem Fall bis jetzt nichts.

Seit Jahren hören wir nur Ankündigungen von dieser Bundesregierung. Ich erinnere nur an das Beispiel EU-Beitritt, daran, was Sie damals alles versprochen haben, vor allem die Schaffung von Arbeitsplätzen. Aber die angekündigten Maßnahmen sind bis jetzt noch nicht realisiert worden!

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es ist eine Tatsache: Wer älter als 45 Jahre alt ist, hat keine Chance mehr, einen ordentlichen Arbeitsplatz zu bekommen. 83 Prozent der über 45jährigen fürchten zu Recht, daß sie ihren Arbeitsplatz verlieren. Frauen ab dem 30. Lebensjahr haben fast keine Chance mehr auf einen beruflichen Wiedereinstieg und müssen jedenfalls sehr lange darauf warten. Von der Arbeitslosigkeit in den Reihen der Behinderten möchte ich gar nicht reden. Das haben wir heute schon von der Behindertensprecherin gehört. Aber ich nenne Ihnen trotzdem einige Zahlen: Im Jahr 1993 haben sich rund 58 600 Personen mit physischer oder psychischer Behinderung an das Arbeitsmarktservice gewendet. Im Jahr 1997 waren es bereits 76 300 Behinderte. Diese Zahlen habe ich Ihrem Plan entnommen, Frau Ministerin. Aber eines ist in diesem Fall für mich ganz entscheidend: daß es sich um eine Steigerung um 30 Prozent handelt, was meiner Ansicht nach alarmierend ist. Da gehört etwas gemacht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine sehr geschätzten Damen und Herren von den Koalitionsparteien! Österreich braucht eine echte Wachstumspolitik. Diese verhindern Sie aber immer mit wirtschafts-, standort- und technologiefeindlichen Maßnahmen. Das ist beweisbar! Österreichs Industrie sieht die Arbeitsplätze durch Ihre Gesetze bedroht, aber auch die Industrie trägt dazu bei, daß es zu Arbeitsplatzverlusten kommt.

Es gibt dafür ein gutes Beispiel, Herr Bundesminister: Von den Österreichischen Bundesbahnen wurde ein Auftrag an Siemens Austria erteilt: 100 Lokomotiven mit einem Gesamtwert von 1,62 Milliarden Schilling. Siemens Austria hat diesen Auftrag aber an ihre Tochterfirma, die Firma Vossloh in Kiel, weitergegeben. Somit ist die Wertschöpfung in Österreich gleich Null. Und da stellt sich schon die Frage, ob das die richtige Wirtschaftspolitik ist.

Für den Tourismus haben Sie überhaupt nichts übrig. Wir brauchen eine Flexibilisierung und auch die Einführung des Modells der Schweizer Saisonniers. Ich bringe daher einen Entschließungsantrag betreffend Einführung des sogenannten "Luxemburger Modells" zur Bekämpfung der Schwarzarbeit ein.

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haigermoser, Blünegger, Sevignani und Kollegen betreffend Einführung des sogenannten "Luxemburger Modells"

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, einen Gesetzentwurf dem Nationalrat vorzulegen, welcher eine Umsetzung des "Luxemburger Modells" und eine damit verbundene Umsatzsteuerrückvergütung in der Höhe von 15 Prozentpunkten (= Reduktion des Umsatzsteuersatzes von 20 Prozent auf 5 Prozent) für Arbeitsleistungen von Professionisten für private Bauherren vorsieht.

*****

Ich bitte, diesem Entschließungsantrag zuzustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.42

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der eben verlesene Entschließungsantrag wurde geschäftsordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Sophie Bauer. 5 Minuten Redezeit. – Bitte, Frau Abgeordnete.

13.42

Abgeordnete Sophie Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Bei den heute auch zur Debatte stehenden Regierungsvorlagen 1718 und 1719 geht es um die soziale Absicherung von Personen und deren Familienangehörigen, die aus Bosnien, Herzegowina und Polen kommen. Es soll damit sichergestellt werden, daß jenen Personen, die in Österreich oder auch in einem anderen Land Versicherungsbeiträge eingezahlt haben, diese Versicherungszeiten nicht verlorengehen. Denn es ist ganz wichtig, daß sie im Falle einer Krankheit abgesichert sind.

Bei den Regierungsvorlagen 1720 und 1721 geht es um Gesetzesänderungen, die eine Ergänzung zu den derzeit geltenden EWG-Verordnungen zwischen den Niederlanden und Portugal mit Österreich darstellen. Daher ist auch die Behandlung im Nationalrat erforderlich.

Meine Damen und Herren! Durch diese Abkommen ist der Schutz im Bereich der Kranken-, Unfall-, Pensions- und Arbeitslosenversicherung sichergestellt. Durch die vorliegenden Regierungsvorlagen wird somit gewährleistet, daß die Staatsangehörigen zweier Staaten völlig gleich behandelt werden.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten geben dieser Regierungsvorlage gerne unsere Zustimmung, da jeder von uns weiß, wie wichtig eine Absicherung im Sozialbereich ist. (Beifall bei der SPÖ.)

13.44

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Meisinger. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

13.44

Abgeordneter Josef Meisinger (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Herr Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Wir behandeln heute wieder einmal Aussagen dieser Beschönigungsregierung. Und zwar hat sie wieder einmal zum besten gegeben, daß bis zum Jahre 2002 die Arbeitslosenzahl auf 3,5 Prozent sinken wird, wodurch quasi Vollbeschäftigung in Aussicht gestellt wird.

Eine der Möglichkeiten, wie Sie das schaffen wollen, wären Qualifikationsmaßnahmen für ältere Arbeitnehmer und auch ein intensiveres Nutzen der Gleitpension. Die Gleitpension ist ein Papiertiger, sie wird kaum in Anspruch genommen, weil sie nur etwas für Besserverdienende ist. Die Qualifizierung älterer Arbeitnehmer macht sich zum Teil gar nicht mehr bezahlt, weil sich in diesem Fall das Bonus-Malus-System, das diese Regierung für über 50jährige eingeführt hat, besonders negativ auswirkt. Ältere Arbeitnehmer werden jetzt schon ab 45 oder 48 Jahren arbeitslos. Darin zeigt sich wieder einmal ganz deutlich, wohin dirigistische Arbeitnehmerpolitik führt, nämlich ins Negative. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Diese Bundesregierung legt der Wirtschaft solche Fesseln an, daß diese nicht mehr frei agieren kann.

Frau Bundesminister! Sie kündigen wirklich immer nur an. Beim Durchsetzen sind Sie allerdings säumig! Sie verstecken die Arbeitslosen in Statistiken, wie es eben nur Profis auf diesem Gebiet können. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nun zu einigen Fakten. Wir haben angeblich die geringste Arbeitslosenzahl bei Jugendlichen. Im Jahr 1997 hat die Zahl der Lehrstellensuchenden in Schulungen oder mit Schulungen etwa 6 000 betragen. Zurzeit gibt es 17 000 in diesem Bereich. Wo? – Die sind alle nur versteckt in Statistiken. Sie beschäftigen die Jugendlichen, Sie verstecken die Arbeitslosen im ... (Bundesministerin Hostasch: Die lernen etwas!) Ja, sie lernen etwas: Erfolgsberufe oder neue Berufe, die Sie nicht in der Lage sind zu installieren. (Zwischenruf der Abg. Silhavy.)

Weiters: Vorzeitiger Ruhestand. Über 200 000 Personen sind dort deponiert, diese scheinen in den Arbeitslosenzahlen nicht auf. Wenn gesagt wird, die nationale Arbeitslosenrate betrage etwa 7 Prozent, dann muß ich dem entgegenhalten, daß sie tatsächlich bei 11,5 Prozent liegt. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das sind 4 Prozent, die Sie der Bevölkerung vorenthalten. 4 Prozent! Wenn wir heute einen Arbeitslosenstand von 231 000 und etliches haben, dann darf ich Ihnen sagen, in Wirklichkeit ist die Arbeitslosenrate um das Doppelte höher, und das nach 30 Jahren sozialdemokratischer Regierung! Das ist das Zeichen dafür, daß Sie keine Arbeitnehmerpartei, sondern eine Arbeitsplatzvernichtungspartei sind! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn ich anhand einer Statistik feststelle, daß weitere 170 000 Schüler, Studenten oder Hausfrauen arbeitswillig wären und auf dem Arbeitsmarkt überhaupt nicht auftreten können, dann ist das ein Zeichen dafür, daß Sie unfähig sind, dieses Problem einer Lösung zuzuführen.

Herr Bundesminister Farnleitner! Jetzt zu Ihnen. Wir haben in Linz ein Brückenprojekt, das bereits seit 27 Jahren auf die lange Bank geschoben wird. Früher war vom Ministerium kein Geld da, heute macht man es so, daß die UVP bereits sieben Jahre dauert. (Bundesminister Dr. Farnleitner: Das stimmt nicht!) Sagen Sie jetzt nicht, das ist nicht wahr! Ich bin informiert, Sie anscheinend nicht in diesem Bereich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was macht die SPÖ? – Sie plakatiert in großen Lettern: Uns ist es genug, wir brauchen eine Brücke. Die ganze Zeit sind Sie am Arm der ÖVP in Oberösterreich spazierengegangen. In der Bundesregierung passiert genau dasselbe, allerdings mit Partnertausch. Die ÖVP-Minister gehen an der Hand des Bundeskanzlers. Er weist Sie dort hin, wo eben nichts geschieht.

Wenn Sie in Ihren Unterlagen schreiben, daß die Steuerreform Unternehmer stark entlasten wird, dann muß ich dem entgegenhalten: Die Belastung der Arbeitnehmer durch die Lohnsteuer ist in den letzten zehn Jahren von 90 auf 200 Milliarden Schilling gestiegen. Was machen Sie da dagegen? – Der Arbeitnehmer wäre ein guter Konsument. Sie tun nichts, Sie schauen zu, Sie lassen sich vom Bundeskanzler und seiner Regierung durch die Gegend führen und führen Österreich dadurch in die Arbeitslosigkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.49

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Aumayr und anschließend der Herr Bundesminister. 4 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.50

Abgeordnete Anna Elisabeth Aumayr (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Minister! Es werden ständig neue Projekte diskutiert, es werden immer wieder neue Pläne gemacht, Erklärungen abgegeben und neue Beschäftigungsmöglichkeiten und mehr Arbeitsplätze angekündigt.

Frau Ministerin! Herr Minister! Dabei wäre der österreichischen Bevölkerung schon geholfen, wenn nicht bestehende Arbeitsplätze systematisch vernichtet würden. Zum Beispiel in der Landwirtschaft sind seit dem EU-Beitritt zigtausend Arbeitsplätze vernichtet worden.

Durch die Agenda 2000 und durch die Osterweiterung der EU wird dieser Vernichtungsfeldzug gegen die landwirtschaftlichen Arbeitsplätze fortgeführt werden. Vor diesem Hintergrund spricht Kollege Schwarzböck von der Arbeitslosenproblematik in der Landwirtschaft. (Abg. Smolle: Frau Kollegin Aumayr! Haben Sie schon etwas vom Strukturwandel gehört?) Genau deswegen, Frau Ministerin, bringen wir heute folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Aumayr, Wenitsch, Koller, Dr. Salzl, Klein, Mag. Haupt betreffend sachgerechte jährliche Anpassung der Sozialversicherungsbeiträge der Bauern

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird ersucht, dem Nationalrat ehestmöglich einen Gesetzentwurf zuzuleiten, der die Umstellung der jährlichen Anpassung der Sozialversicherungsbeiträge nach dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz von der Aufwertungszahl auf die Veränderung der Einkommen aus der Land- und Forstwirtschaft vorsieht, um eine Entlastung der bäuerlichen Betriebe von im Vergleich mit der Einkommensentwicklung überhöhten Sozialversicherungsbeiträgen herbeizuführen."

*****

Frau Ministerin! Wir in der Landwirtschaft Tätigen haben das Problem, daß die Einkommen immer weiter sinken, während die Sozialversicherungsbeiträge kontinuierlich ansteigen. Das wird zu einer zunehmend größeren Belastung für die Landwirtschaft, zum Teil ist es auch bereits unfinanzierbar geworden. Diese Entwicklung ist auch nicht verständlich.

Ich ersuche Sie, unseren Antrag mitzutragen. Ich hoffe dabei vor allem auf die Unterstützung der ÖVP, denn Abgeordneter Schuster hat in den Medien bereits mehrmals dasselbe gefordert. Genau auf dieser Linie liegt die Intention unseres Antrages!

Zweiter Punkt und zweiter Antrag: Frau Ministerin! Es gibt Probleme mit der Mitversicherung in der Landwirtschaft. Im Zuge des Sparpakets ist diese Mitversicherung gefallen, und dadurch kommt es jetzt zu extremen Härten. Aus diesem Grund bringen wir folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Aumayr, Wenitsch, Koller, Dr. Salzl, Klein, Mag. Haupt betreffend unbegrenzte Weitergeltung der Ehegatten-Subsidiarität in der bäuerlichen Sozialversicherung

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales wird ersucht, dem Nationalrat ehestmöglich einen Gesetzentwurf zuzuleiten, der die Begrenzung der Weitergeltung der Ehegatten-Subsidiarität in der bäuerlichen Krankenversicherung mit einer Änderung des Sachverhalts (Unterbrechung der Versicherung des außerhalb der Land- und Forstwirtschaft tätigen Ehegatten) aufhebt."

*****

Frau Ministerin! Im Zuge des Sparpakets ist diese Mitversicherung gefallen. Es reicht ein Tag, ein versicherungsfreier Tag eines Nebenerwerbsbauern, daß seine Frau eine eigenständige Versicherung bezahlen muß!

Dazu kommt noch die Problematik der Nebenerwerbsbauern, und zwar dank Ihrer – unter Anführungszeichen –"sozialen" Politik, wonach diese zwar jahrzehntelang ihre Arbeitslosenbeiträge einzahlen können, aber dann, wenn sie arbeitslos werden, keinen Schilling Arbeitslosenunterstützung bezahlt bekommen, wenn der Betrieb einen Einheitswert von über 60 000 S hat. Zudem trifft sie jetzt auch noch in voller Härte, daß ein versicherungsfreier Tag genügt, damit sie sowohl kein Arbeitslosenentgelt bekommen als auch die Mitversicherung für die Ehegattin entfällt. Also ich finde, das ist eine soziale Ungerechtigkeit, und ich ersuche Sie, daß diese abgestellt wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

13.54

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Die beiden soeben verlesenen Entschließungsanträge wurden geschäftsordnungsgemäß eingebracht, sind entsprechend unterstützt und stehen daher mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist nunmehr Herr Bundesminister Dr. Farnleitner. – Bitte, Herr Bundesminister.

13.54

Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten Dr. Hannes Farnleitner: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich möchte nur eine Feststellung des Abgeordneten Meisinger nicht unwidersprochen im Raum stehen lassen.

Vor wenigen Wochen war der zuständige Straßenbaureferent des Landes Oberösterreich bei mir, und wir haben gemeinsam veranlaßt, daß nunmehr das UVP-Verfahren für die Brücke in Linz endlich eingeleitet wird. (Abg. Meisinger: Was? Seit sieben Jahren läuft das schon!) Das ist eine Fehlinformation, es tut mir leid. Es läuft kein UVP-Verfahren seit sieben Jahren, sondern es ist jetzt zum Projekt gemacht worden! (Abg. Aumayr: Es geht um die Finanzierung, Herr Minister!)

Zur Finanzierung, das ist mein zweiter Punkt: Ich kenne das Land Oberösterreich und seine Budgetzahlen hinreichend. Wenn es aus Bundesmitteln im Rahmen der Prioritätenreihung nicht vorschiebbar ist, würde niemand das Land Oberösterreich daran hindern, das vorzufinanzieren, wie auch Teile der Projekte etwa im Land Tirol vorfinanziert wurden, die später aus öffentlichen Mitteln refundiert wurden. (Abg. Aumayr: Wir werden das Ihrem Kollegen Pühringer ausrichten!)

Dieses Projekt ist machbar, wenn der gute Wille dazu vorhanden ist. Jetzt ist es wichtig, daß wir endlich ein baureifes Projekt haben! Dann kann es an der Finanzierung nicht mehr scheitern.

Dritter Punkt: Ich würde es nicht als Nichtreform bezeichnen, wenn wir mit der Steuerreform im nächsten halben Jahr 26 Milliarden Schilling Konsumstoß, Nachfragestoß sozusagen auf den Weg bringen. Sie werden die Effekte sehen. Zur internationalen Beurteilung dieser Maßnahme – ich werde das in Kürze auch dem OECD-Ministerrat zu präsentieren haben – kann ich nur sagen, um diese schnelle Reaktion beneiden uns andere Länder.

Ein weiterer Punkt, den ich noch loswerden sollte: Ich würde meinen, es wäre klug, wir würden hin und wieder nur mehr von einem Arbeitslosigkeitsbegriff reden. Wir machen uns in unseren Diskussionen zusehends das Leben schwer. Wenn es uns gefällt, prunken wir mit der EU-Arbeitslosenrate. Da liegen wir gleich hoch wie die Vereinigten Staaten, und den Vereinigten Staaten attestieren die meisten einen Rekord an niedriger Arbeitslosigkeit und daher fast Vollbeschäftigung. Dann nehmen wir wieder den österreichischen Wert mit 7 Prozent, der ein eigenständiges österreichisches Maß ist, vergleichen die beiden Maßstäbe und bringen uns damit um jede realistische Relation in der internationalen Diskussion. (Abg. Böhacker: Herr Minister, Sie wissen, daß es für den betroffenen Arbeiter völlig egal ist, welche Zahlen genannt werden! Er braucht einen Arbeitsplatz! Wer keine Arbeit hat, hat keine Arbeit!) Sie verwenden beide Zahlen jeweils undifferenziert.

Und noch ein letzter Punkt: Ich möchte auch sagen – es gibt genug Experten hier im Hause, die das wissen –, daß in unserer Arbeitslosenstatistik jeweils 30 bis 40 Prozent Wiedereinstellungszusagen, sei es im Tourismus oder in der Bauwirtschaft, enthalten sind. Es sollte klar sein, daß es sich hiebei nicht um vermittlungswillige beziehungsweise in der Zwischenzeit nur sehr schwer vermittlungsfähige Personen handelt. Kollegin Hostasch und ich haben es in der Regierung übernommen, sicherzustellen, daß wir nicht durch diese andauernde Vermischung von Zahlen zu einem höheren Maß an Verwirrung beitragen.

Viele meiner europäischen Kollegen wären froh, wenn sie auf Basis unserer Zahlen einen NAP diskutieren könnten und nicht vor dem Hintergrund von vier- und fünffach höheren Arbeitslosenzahlen! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

13.57

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Bundesminister.

Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Mag. Trattner. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

13.57

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrte Frau Bundesminister! Sehr geehrter Herr Minister! Herr Präsident! Hohes Haus! Herr Bundesminister, zu Ihrer Erklärung: Es klingt immer sehr gut, wenn man sagt, daß man durch die Steuerreform günstige Rahmenbedingungen für die Sicherung des Wirtschaftsstandortes Österreich schafft. Das klingt alles sehr gut. Es klingen auch die einzelnen Punkte gut, zum Beispiel zu sagen, die Regierung wolle die Neugründungen und die Eigenkapitalbildung fördern.

Sieht man sich aber die Regierungsvorlage genauer daraufhin an, was definitiv drinnensteht, und betrachtet man, was heute bereits Realität ist, sieht der Sachverhalt etwas anders aus. Sie behaupten, im ersten Jahr sparten sich Unternehmensgründer Lohnnebenkosten in einer Größenordnung von 7 Prozent. Dabei reden wir in erster Linie von der Kommunalsteuer beziehungsweise vom Dienstgeberbeitrag.

Betrachten wir aber zum Beispiel die Statistik der Unternehmensgründungen bei einer stichtagsmäßigen Untersuchung im Land Tirol. Ich zitiere aus dem "Tiroler Wirtschaftsbericht" – sicher kein Papier der Freiheitlichen –: Die Aufgliederung nach den Betriebsgrößen zeigt, daß 62 Prozent der Neugründer zum Stichtag keinen Arbeitnehmer beschäftigen, weitere 16 Prozent einen Arbeitnehmer. – Zitatende.

Das bedeutet, 78 Prozent der Unternehmer haben keinen Arbeitnehmer beziehungsweise nur einen Arbeitnehmer. Dieser Sektor war doch bisher schon geregelt, denn es gab bereits bisher 15 000 S Freibetrag beim Dienstgeberbeitrag und 15 000 S Freibetrag bei der Kommunalsteuer, der bis zu einem Betrag in Höhe von 22 500 S in Abzug gebracht werden kann. Das ist für 78 Prozent bereits erledigt, Herr Bundesminister! Das können Sie nicht als Erfolg verkaufen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Punkt 2: Ich hätte von Ihrer Seite eher erwartet, daß Sie die Mindest-KöSt, jene 15 000 S für Unternehmensneugründungen im ersten Jahr, abschaffen, daß Sie die Kammerumlagen, die KU 1 und die KU 2 für die Unternehmensgründer abschaffen. Damit hätten Sie auch einen Beitrag geleistet! Aber das hier sind Dinge, die bereits realisiert wurden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Nächster Punkt: Sie sagen, die Eigenkapitalstärke der Unternehmen sei sehr wichtig, damit sie nicht in Insolvenzen trudeln. Es findet sich jedoch auch im Wirtschaftsbericht ... (Bundesminister Dr. Farnleitner: Es geht auch um die Zahlungsmoral!) Ich meine – seien Sie mir nicht böse –, die Zahlungsmoral der Österreicher ist gut, aber die Zahlungsfähigkeit ist eine schlechte geworden. Und die Zahlungsfähigkeit der Klein- und Mittelbetriebe ist deshalb schlechter geworden, weil die steuerlichen Rahmenbedingungen, die Sie zu verantworten haben, die Unternehmer so ausgezehrt haben, daß sie einfach nicht mehr in der Lage sind, ihren Abgabepflichten rechtzeitig nachzukommen. Es wäre Ihre Aufgabe gewesen, entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ich zitiere auch den Kreditschutzverband, der als Hauptursache für die Insolvenzen die schlechte Eigenkapitalausstattung festgestellt hat. Das wäre auch ein Stichwort gewesen, bei dem ich mir gedacht hätte, die ÖVP als Unternehmervertreterin werde sich wenigstens einmal dieser Unternehmer annehmen.

Was ist denn bei der ganzen Unternehmenssteuerreform im Hinblick auf die Eigenkapitalbasis herausgekommen? – Eine Zuführung von zum Beispiel 500 000 S aus dem Gewinn zum Eigenkapital ergibt im Jahr eine steuerliche Begünstigung von 2 500 S. (Abg. Haigermoser: Diesen Betrag muß man nach dem neuen GesmbH-Gesetz hinterlegen!) Da kostet der administrative Aufwand mehr, als für den Unternehmer herauskommt.

Was die steuerlichen Rahmenbedingungen betrifft, die Sie jetzt so hochpreisen, muß ich Ihnen sagen: Ich meine, Sie bringen nicht einmal 1,5 Milliarden Schilling aus dieser Steuerreform zusammen, die den Unternehmern zugute kommen. Sie bringen nicht einmal diese 1,5 Milliarden Schilling zusammen, weil alle dort vorgesehenen Maßnahmen einfach nur Platitüden ohne Wirksamkeit und ohne Inhalt sind. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Frau Sozialministerin, ich meine, Sie sollten sich auch einmal mit Ihrem Arbeiterkammerpräsidenten Böhm zusammensetzen, wenn Sie Ihren NAP hier so loben. Man lobt immer das eigene Produkt, das ist mir schon ganz klar. Allein, das Produkt ist nicht ganz gut, es ist eher schlecht. Daß die Opposition dieses Produkt kritisiert, ist auch klar.

Ich darf die Aussendung des Herrn Arbeiterkammerpräsidenten aus Salzburg vorlesen, nachdem Sie die große Trendwende so gelobt haben, die auf dem Arbeitsmarkt stattgefunden hätte, sodaß wir derzeit weniger Arbeitslose hätten. Ich will gar nicht auf die Statistik eingehen, ich zitiere Herrn Böhm, der sagt: "Wenn in den Medien kürzlich von einer Trendwende bei der Arbeitslosigkeit die Rede war, so dürften sich die Arbeitnehmervertreter davon nicht besänftigen lassen: Diese Trendwende sei ,teuer erkauft‘, nämlich mit ,ungeschützten Arbeitsverhältnissen‘ und zahlreichen Programmen der öffentlichen Hand, die zwar im wesentlichen sehr lobenswert seien, doch keine regulären Arbeitsplätze ersetzen würden." – Zitatende. (Abg. Haigermoser: Wer sagt das?) Böhm aus Salzburg, Arbeiterkammerpräsident.

Ich möchte Ihnen sagen: Schaffen Sie endlich die strukturellen Rahmenbedingungen für sichere Arbeitsplätze in Österreich, dann werden Sie uns als Partner haben, sonst nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.02

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist jetzt Frau Abgeordnete Dr. Povysil. Freiwillige Redezeitbeschränkung 3 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.02

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! "Glückliche Staatsbürger", meine Damen und Herren, glückliche Staatsbürger danken jetzt in der Vorwahlzeit in gekauften Inseraten und TV-Einschaltungen der Bundesregierung, daß sie durch den NAP einen Arbeitsplatz bekommen haben. Geschönte Vorwahlbilder, geschönte Statistiken – ich möchte gar nicht mehr näher darauf eingehen, meine Vorredner haben zu diesen Statistiken schon alles erwähnt, was wichtig ist. Nur, wie sagt schon Raimond Barre, ein ehemaliger französischer Ministerpräsident: Statistik ist wie eine Frau im Bikini: Sie behauptet, alles zu zeigen, versteckt aber das Wesentliche.

Dabei gibt es einen Teil des Arbeitsmarktes, einen ganz, ganz wichtigen Teil des Arbeitsmarktes, der in anderen Länder als der boomende Arbeitsmarkt schlechthin angesehen wird, nämlich das Gesundheitswesen. Warum steigt denn gerade in diesem Bereich der Personalbedarf? – Aufgrund der steigenden Lebenserwartung, aufgrund des zunehmenden Fortschritts in der Medizin und in der Diagnose, auch aufgrund der gestiegenen Ansprüche der Menschen in diesem Bereich und nicht zuletzt aufgrund der verschärften rechtlichen Situation, die uns ganz einfach zu wesentlich mehr Aufwand für bürokratische Tätigkeiten zwingt. Und wo steigt dieser Personalaufwand? – Er steigt im Spital. Allein aus dem KA-AZG, Frau Minister, ergibt sich ein zusätzlicher Ärztebedarf von zirka 500 bis 1 000 Ärzten in den nächsten fünf Jahren.

Der Personalaufwand steigt weiters im Pflegebereich. Ich habe da einen Artikel aus der Zeitung "Die Presse" von heute, in dem steht unter der Überschrift: "Gefangenen geht’s besser": "Die Wiener Pflegeheime leiden unter eklatantem Personalmangel." Der Personalbedarf steigt in der Hauskrankenpflege, er steigt im ambulanten Bereich, er steigt in den Gesundheitsberufen. Das eigene ÖBIG-Institut, Frau Minister, sagt, daß bis zum Jahre 2010 58 000 Personen mehr in den Gesundheitsberufen eingestellt werden sollen. Und auch die ÖVP, Ihr Koalitionspartner, sagt, in den nächsten fünf Jahren seien etwa 40 000 neue Arbeitsplätze möglich.

Was aber zeigt sich in der Realität? Was ist seit Beginn des NAP geschehen? – Dazu nur zwei Zahlen: Von 1997 auf 1998 stieg die Arbeitslosigkeit laut AMS in den Gesundheitsberufen um 10 Prozent, meine Damen und Herren! Die Zahl der Turnusärzte, also der jungen Ärzte, die Ausbildungsplätze suchen, verringerte sich laut oberösterreichischer Ärztekammer von 6 500 auf 5 700 im Jahr. Das ist die Realität! Es geschieht gerade in diesem großen Bereich Gesundheitswesen mit enormen Jobchancen überhaupt nichts.

Folgendes verstehe ich schon überhaupt nicht, meine Damen und Herren von der Sozialdemokratie: Wenn Ihnen schon der Koalitionspartner, die ÖVP, sagt – und sogar deren Klubobmann Kollegen Rasinger dafür lobte, als der davon sprach –, daß 40 000 Arbeitsplätze in den Gesundheitsberufen zu schaffen seien, dann muß ich fragen: Was wollen Sie denn als Sozialisten noch mehr, als in sozialen Berufen Arbeitsplätze schaffen? Das ist ja nun wirklich Ihre Aufgabe, aber es geschieht nichts! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Der Dienstleistungssektor, Frau Minister, wird in der westlichen Welt als die Jobchance schlechthin gesehen. Ich bitte Sie, schauen Sie hin! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.06

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. Zweite Wortmeldung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.06

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich kann diese Gelegenheit leider nicht verstreichen lassen, ohne Sie in die Pflicht zu nehmen und noch einmal daran zu erinnern, daß im Zusammenhang mit diesen vielen Punkten, über die wir jetzt abstimmen werden, auch eine Änderung des Arbeitslosenversicherungsgesetzes abgestimmt wird, die die Frauen einmal mehr benachteiligt.

Sie, meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien, haben im Jahre 1996 eine Regelung beschlossen, von der Sie nicht einmal gewußt haben, was sie bedeutet, weil sie es Frauen – und das wäre durchaus richtig gewesen und macht auch jetzt noch Sinn –, die Notstandshilfe und gleichzeitig Unterhalt von ihrem geschiedenen Partner erhalten, ermöglicht hat, diese Unterhaltszahlungen nicht mehr in die Berechnung der Notstandshilfe einzubeziehen.

Mehr als drei Jahre ist diese Bestimmung des Gesetzes 1996 nicht administriert, von der Verwaltung und vom Ministerium nicht zur Kenntnis genommen worden. Erst jetzt, als ein Urteil des Verwaltungsgerichtshofes in einer ähnlichen Causa festgestellt hat, daß es diese gesetzlichen Bestimmungen seit dem Jahre 1996 gibt, sind Sie darauf aufmerksam geworden. Auch wir sind aufmerksam geworden, vor allem auf jenen Punkt, daß das seit dem Jahre 1996 nicht administriert wird.

Und was machen Sie? – Sie beschließen jetzt eine Novelle, die rückwirkend jene Frauen, die diesen Anspruch seit dem Jahre 1996 hätten, davon wieder ausschließt. Rückwirkend beschließen Sie das! Und einmal mehr sind die Frauen in der Arbeitslosenversicherung die Benachteiligten. Frauen sind benachteiligt durch die gegenüber den Männern geringeren Einkommen, die sie erhalten, und sie sind in der Konsequenz auch diejenigen, die deshalb ein geringeres Arbeitslosengeld erhalten. Sie sind in der Folge weiter benachteiligt, wenn sie Notstand erhalten, weil ihnen dann das Einkommen des Partners, wenn sie einen haben, eingerechnet wird.

Und jetzt gäbe es die Möglichkeit, daß diese Unterhaltsregelung so gestaltet wird, daß sie für Verheiratete und Unverheiratete einigermaßen gleiche Bedingungen schafft. Aber das, was Sie jetzt in Fortsetzung einer alten, schlechten Tradition beschließen, ist nicht eine Gleichstellung von Verheirateten und Unverheirateten, sondern das ist eine ausdrückliche Benachteiligung jener Frauen, die auf diesen Unterhalt angewiesen sind und die nicht zu den Begüterten gehören. (Beifall bei den Grünen.)

Sie wissen ganz genau, Herr Abgeordneter Feurstein, daß das Frauen sind, die 8 000, 9 000 S Notstandshilfe erhalten würden, die 2 000, 3 000 S Unterhalt von ihrem Partner erhalten. Mit 9 000 oder 8 000 plus 3 000 S hat man noch immer kein Vermögen, hat man noch immer nicht soviel, daß man gut leben kann. Aber was machen Sie? – Sie halten es für legitim, daß von dieser ohnehin schon geringen Notstandshilfe die Unterhaltszahlung von 3 000 S auch noch abgezogen werden. Damit verurteilen Sie die Frauen zu weiterer Armut beziehungsweise Armutsgefährdung. (Beifall bei den Grünen.)

Das ist eine Politik, meine Damen und Herren ...

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Den Schlußsatz bitte, Herr Abgeordneter!

Abgeordneter Karl Öllinger (fortsetzend): Das ist eine Politik, die Sie zu verantworten haben und die mit Sicherheit wegen der angesprochenen Umstände auch vor dem Verfassungsgerichtshof enden wird. (Beifall bei den Grünen.)

14.10

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Bundesministerin Hostasch. – Bitte, Frau Bundesministerin.

14.10

Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales Eleonora Hostasch: Sehr geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Erlauben Sie mir, kurz auf einige Redebeiträge Bezug zu nehmen und vielleicht auch die eine oder andere Aufklärung vorzunehmen.

Herr Abgeordneter Haigermoser hat gemeint, in dem vorliegenden Dokument – Nationaler Aktionsplan für Beschäftigung – seien keine konkreten Maßnahmen vorgesehen. – Herr Abgeordneter! Ich kann mir nur vorstellen, daß Sie bloß das Inhaltsverzeichnis gelesen haben und nicht den gesamten Text des Nationalen Aktionsplanes für Beschäftigung (Abg. Haigermoser: Mit Aufmerksamkeit!), denn es ist eine Fülle von ganz konkreten bereits beschlossenen oder in Diskussion befindlichen Maßnahmen darin beinhaltet. Ich bedanke mich ausdrücklich beim Hohen Haus, bei der Mehrheit des Hohen Hauses dafür, daß viele der Maßnahmen, die hier angesprochen wurden, in diesem Hohen Haus bereits beschlossen werden konnten, wie zum Beispiel das Jugendausbildungs-Sicherungsgesetz. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Sehr geschätzter Herr Abgeordneter Haupt! Er ist, wie ich sehe, im Moment nicht anwesend, aber vielleicht ist es auch für Sie interessant, folgendes zu wissen: Es wurde die Frage aufgeworfen, inwieweit auch die Finanzierung der Fortführung des Jugendausbildungs-Sicherungsgesetzes gesichert ist. Wir haben schon beim Vorschlag an das Parlament in Aussicht gestellt, daß auch für die Jahre 1999 und 2000 diese Auffangmaßnahme erforderlich ist und daher auch die budgetäre Vorsorge für die Weiterführung dieses Programmes sichergestellt ist. Ich glaube, das war richtig. Ich bedanke mich noch einmal beim Hohen Haus dafür, daß wir die Möglichkeit bekommen haben, die legistischen Voraussetzungen zu schaffen.

Herr Abgeordneter Peter! Sie haben die Frage der Grundsicherung angesprochen. Ich befasse mich nicht erst seit heute mit Fragen der Grundsicherung, sondern habe mich auch schon in der Vergangenheit damit befaßt. Ich glaube aber, daß gerade Ihr Modell uns nicht die Chance bietet, die weitaus überwiegende Mehrheit der Bevölkerung am weiteren wirtschaftlichen Fortschritt (Abg. Dr. Petrovic: Warum präsentiert die Regierung nicht ein Modell?), an der Produktivität unserer gesamten Volkswirtschaft teilhaben zu lassen, und daß sich ein derartiges Modell insbesondere gegen die Erwerbstätigkeit von Frauen richtet (Abg. Dr. Petrovic: Wo ist das Modell der Sozialministerin?) und ein Rückschlag für jene Bemühungen wäre, die, wie ich doch glaube, den überwiegenden Konsens in unserem Land finden und durch die eine stärkere Erwerbsbeteiligung von Frauen erzielt werden soll. Daher geht mein Schwerpunkt in die Richtung einer bedarfsorientierten Mindestsicherung, jedoch mit einer klaren Konzentrierung, den weiteren Ausbau unserer Erwerbs- und Arbeitsgesellschaft anzustreben.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Herr Abgeordneter Dolinschek hat zu Recht kritisiert – ich sehe es genauso wie er, und die meisten von Ihnen sehen es auch so –, daß es nach wie vor keine ausreichende Zahl an Kinderbetreuungseinrichtungen für berufstätige Eltern und auch für die Eltern als Gesamtheit gibt. Es ist daher notwendig, weitere solcher Einrichtungen zur Verfügung zu stellen. Aber ein Kinderbetreuungsscheck, Herr Abgeordneter Dolinschek, dem keine Betreuungseinrichtungen gegenüberstehen, die in der Folge in Anspruch genommen werden können, ist eine Farce, ist eine Täuschung, ist ein ungedeckter Scheck (Abg. Haigermoser: Keine Polemik von der Regierungsbank!), denn es geht ja darum, daß diese Einrichtungen ausgebaut werden, und nicht darum, daß ein Betrag zur Verfügung gestellt wird. Ich glaube daher, daß es ganz einfach wichtig ist, daß die Mittel, die wir aufbringen können (Zwischenruf der Abg. Madl), dafür eingesetzt werden, flächendeckend, elternorientiert und familiengerecht solche Kinderbetreuungseinrichtungen weiter auszubauen, damit man sich insbesondere in jenen Regionen, in denen eine schlechte Versorgung gegeben ist, voll auf ein umfassendes Angebot konzentriert. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Madl: Das ist ja echt kommunistisch!)

Sehr geschätzter Herr Abgeordneter Blünegger! Sie haben einen Antrag betreffend Luxemburger Modell eingebracht. Ich glaube, sehr geschätzter Herr Abgeordneter, Sie sollten noch dazusagen, was dieses Luxemburger Modell bedeutet. Es bedeutet nämlich, keine Wohnbauförderung zu haben. (Abg. Böhacker: Nein! Das ist ja nicht wahr!) Es würde bedeuten, daß jene Länder, die sich für ein derartiges Modell entscheiden, da wir ja im Sinne des Föderalismus die Wohnbauförderung verländert haben, damit eine Abkehr von der Wohnbauförderung vornähmen. (Abg. Dr. Graf: Das stimmt nicht!)

Das Luxemburger Modell ist ein solches Modell, Herr Abgeordneter. (Rufe bei den Freiheitlichen: Nein! – Abg. Dr. Graf: Finanzminister Edlinger will die Wohnbauförderung kürzen! Lesen Sie die heutige "Presse"!) – Nein, Herr Abgeordneter! Es bedeutet darüber hinaus, daß nur bis zu einem bestimmten Rahmen, der gar nicht sehr hoch ist, eine derartige Mehrwertsteuerreduzierung erfolgen würde. Es bedeutet weiters, daß auch nur ganz bestimmte Leistungen davon erfaßt werden würden. Es käme also zu einer deutlichen Verschlechterung (Abg. Böhacker: Nein, nein!) im Vergleich zu der jetzigen Form der Förderung auch im Rahmen des privaten Wohnbaus und der privaten Finanzierung. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Haigermoser: Das stimmt ja nicht!)

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich möchte auch entschieden – absolut entschieden! – den Vorwurf zurückweisen, daß unsere Arbeitsmarktstatistiken, unsere Beschäftigungsdaten in irgendeiner Weise geschönt, manipuliert oder nicht korrekt seien. Sie sind transparent, nachvollziehbar und absolut ehrlich! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Ja, ja!)

Ich darf Ihnen darüber hinaus sagen, daß Beschäftigungsverhältnisse von geringfügig Beschäftigten nicht in den Erwerbsdaten beinhaltet sind. Das heißt, wenn wir in der Arbeitsmarktstatistik einen Stand von etwa 3,1 Millionen Erwerbstätigen ausweisen, dann sind die etwa 170 000, 175 000 ordnungsgemäß erfaßten Arbeitsverhältnisse von geringfügig Beschäftigten in diesem Volumen nicht beinhaltet.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Ich möchte jetzt aber gar nicht so sehr mit Arbeitslosenstatistiken- und zahlen argumentieren. Ich könnte sicherlich noch einiges dazu sagen, glaube jedoch, daß, wenn man sich die absoluten Zahlen anschaut, hinter jeder einzelnen Ziffer ein menschliches Schicksal steht. Jeder Frau und jedem Mann sollen durch Wirtschaftswachstum, durch zusätzliche Angebote in der Wirtschaft und durch diese Art der Beschäftigungspolitik Beschäftigungschancen eröffnet werden. Jeder Arbeitslose, den wir mehr in Beschäftigung bringen können, ist ein Erfolg. Und die Freude darüber soll zum Ausdruck gebracht werden.

Sehr geschätzte Damen und Herren! Wenn die Opposition schon nicht das Programm der Bundesregierung, der Koalitionsparteien loben kann und will, könnte sie sich zumindest, so meine ich, mit den Betroffenen darüber freuen, daß diese wieder einen Zugang zum Erwerb gefun-den haben. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Feurstein.)

Erlauben Sie mir zum Schluß noch eine Bemerkung zu manchen Tendenzen zu machen, die aus verschiedenen Diskussionsbeiträgen betreffend die Situation in unserem Land erkennbar gewesen sind: Ich wünsche niemandem in diesem Haus und auch niemandem in unserem Land, je in einem Land leben zu müssen, das so ist, wie es heute von Ihnen teilweise skizziert wurde. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abgeordneten Tichy-Schreder und Dr. Khol.)

14.17

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Frau Bundesministerin, für Ihre Ausführungen.

Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist damit geschlossen.

Da kein Schlußwort der Berichterstatter vorliegt, kommen wir sogleich zu den Abstimmungen. Ich bitte daher, die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen nun zu den Abstimmungen, und zwar zunächst zur Abstimmung über die im Zuge der Debatte über die Erklärungen der Bundesministerin für Arbeit, Gesundheit und Soziales und des Bundesministers für wirtschaftliche Angelegenheiten zum Thema NAP eingebrachten Entschließungsanträge und anschließend zur getrennten Abstimmung über die Ausschußanträge.

Wir stimmen daher nunmehr ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Haigermoser und Genossen betreffend Einführung des sogenannten Luxemburger Modells.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt. (Abg. Dr. Khol – in Richtung der Freiheitlichen –: Ich würde gerne mit aufstehen!)

Weiters stimmen wir ab über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Aumayr und Genossen betreffend sachgerechte jährliche Anpassung der Sozialversicherungsbeiträge der Bauern.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist daher abgelehnt.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Aumayr und Genossen betreffend unbegrenzte Weitergeltung der Ehegattensubsidiarität in der Bäuerlichen Sozialversicherung.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bauarbeitenkoordinationsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1842 der Beilagen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

So Sie dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung die Zustimmung erteilen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies geschieht durch die Mehrheit. Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gewerbliche Soizalversicherungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1843 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Haupt und Genossen einen Abänderungsantrag einge-bracht.

Ich werde daher zunächst über die vom Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Mag. Haupt und Genossen haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf die Streichung der Ziffern 1, 2, 4 und 5 des Gesetzentwurfes bezieht.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Minderheit. Dieser Antrag ist damit abgelehnt.

Wir kommen daher sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschußberichtes.

Ich bitte Sie gleichfalls, so Sie dafür eintreten wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist nun die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt durch die Mehrheit. – Der Antrag ist damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

So Sie auch in dritter Lesung dem vorliegenden Gesetzentwurf zustimmen wollen, bitte ich gleichfalls um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies erfolgt durch die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist damit in dritter Lesung angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitslosenversicherungsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1844 der Beilagen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Antrag ist angenommen.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.

So Sie dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung zustimmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dies geschieht durch die Mehrheit. Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist somit in dritter Lesung angenommen.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, den vorliegenden Bericht III-187 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Die Mehrheit nimmt den Bericht zur Kenntnis. Der Antrag ist damit angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1846 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie diesen Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt durch die Mehrheit. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen.

Nun kommen wir noch zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, dem Abschluß des Staatsvertrages, nämlich Abkommen mit der Republik Polen, in 1718 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

So Sie diese erteilen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Die Genehmigung zu diesem Staatsvertrag ist damit erteilt.

Weiters kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, dem Abschluß des Staatsvertrages, nämlich Abkommen mit Bosnien und Herzegowina, in 1719 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

So Sie diese erteilen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Die Genehmigung ist damit erteilt.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, dem Abschluß des Staatsvertrages, nämlich Abkommen mit dem Königreich der Niederlande, in 1720 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

So Sie diese erteilen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Hier wird die Genehmigung einhellig erteilt.

Schließlich gelangen wir noch zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, dem Abschluß des Staatsvertrages, nämlich Abkommen mit der Portugiesischen Republik, in 1721 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

So Sie diese erteilen wollen, bitte ich um ein Zeichen. – Dieses erfolgt stimmeneinhellig. Die Genehmigung ist damit erteilt.

11. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1603 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz, das Arbeitsruhegesetz und das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz geändert werden (1832 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich rufe nun den 11. Punkt der Tagesordnung auf.

Ich bitte Frau Abgeordnete Dr. Pittermann zur Berichterstattung.

Berichterstatterin Dr. Elisabeth Pittermann: Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich berichte zum Tagesordnungspunkt 11, 1603 und 1832 der Beilagen.

Im Bericht 1832 der Beilagen ist folgender Druckfehler zu berücksichtigen: In der Schlußformel des Berichtes entfallen die Worte "von der Bundesregierung". – Ich danke für die Aufmerksamkeit.

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Frau Berichterstatterin.

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

14.25

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Natürlich gibt es Gründe, die jemanden zur Annahme dieser Vorlage bewegen könnten. Es ist ja durchaus verständlich, daß sich das Personal in Apotheken längere Blockzeiten wünscht. Aber unser Argument dagegen – und das ist der Punkt! – ist folgendes: Es handelt sich bei der Arbeit von Apothekern wie Piloten, ebenso wie von Medizinern, um derart verantwortungsvolle Tätigkeiten, daß bei diesen Berufsgruppen diese Blockzeiten, die nun ermöglicht werden sollen, schon am allerwenigsten einzusehen sind.

Im Bereich der Flugkontrollbehörde etwa hat man auch für lange und geblockte Arbeitszeiten gekämpft, weil es natürlich angenehmer ist, 12, 14 oder 16 Stunden im Block zu arbeiten. Man ist dabei aber zur Auffassung gelangt, daß es im Interesse der Sicherheit, um die es in diesem Zusammenhang auch geht, eigentlich richtiger wäre, nicht zu lange Arbeitszeiten einzuführen. Dem ist noch folgendes hinzuzufügen: Wenn man zu dem Ergebnis und zu der Überzeugung gekommen ist – aus medizinischen Gründen, aus arbeitsmedizinischen Gründen und aus humanwissenschaftlichen Gründen, was die Betroffenen anlangt –, keine derart langen Arbeitszeiten zu tolerieren, wie sie das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz noch immer vorsieht – obwohl sich schon etwas zum Besseren geändert hat –, dann kann man in diesem Punkt nur konsequent dagegen sein – trotz Respekt vor den Arbeitszeitwünschen so mancher, die davon betroffen sind. (Beifall bei den Grünen.)

14.26

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Pittermann. – Bitte, Frau Abgeordnete.

14.27

Abgeordnete Dr. Elisabeth Pittermann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Seit etwas über zwei Jahren ist das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz in Kraft, nun müssen wir es das erste Mal adaptieren. Dieses Gesetz brachte für die meisten im Spital Tätigen große Vorteile, die Apotheker werden erst jetzt in diese Novelle mit einbezogen, und damit stellen wir EU-Konformität her. Es darf auch in den Krankenanstalten der Gebietskörperschaften der Arbeitnehmerschutz nicht ausgespart sein.

Bezüglich der öffentlichen Apotheken wurde im Ausschuß bezweifelt, ob mit dieser Novelle noch die Versorgung der Bevölkerung aufrechterhalten werden kann. Ich möchte jene, die das bezweifelten, fragen, ob sie bereit wären, bei gleichem Entgelt derartige Einschnitte in ihrem Privatleben in Kauf zu nehmen.

Man muß sich endlich von der Vorstellung lösen, daß all diejenigen, die in Berufen arbeiten, die für die Menschen rund um die Uhr von vitalem Interesse sind, ihre Leistungen unentgeltlich oder nur mit geringem Entgelt unter Verzicht auf ihre Freizeit möglichst im Bereitschaftsdienst erbringen. Schlagen Sie solches Richtern, Lehrern oder Beamten vor – sofern man je auf den Gedanken käme, von diesen Berufsgruppen derartiges zu verlangen –, ein Aufstand wäre die Folge. Abgesehen vom Arbeitnehmerschutz ist bei sehr verantwortungsvollen und risikoreichen Tätigkeiten ein ausgeruhter Dienstnehmer wichtig.

Kurz noch zu dem Abänderungsantrag, mit dem Kollege Öllinger so unzufrieden ist: Dieser ändert ja nichts grundsätzlich, sondern adaptiert nur Dinge, die bereits möglich sind. Es entspricht auch – das gebe ich zu – dem dringenden Wunsch der ärztlichen Interessenvertretungen, und hier besonders den Frauen, den Ärztinnen. Diejenigen, die Kinder haben, haben sich nämlich diese Novelle besonders gewünscht. Ein Feiertag oder Sonntag, an dem man den Dienst verläßt, hat nur noch einen Bruchteil seines Erholungswertes, das Wochenende ist ohnehin zerstört.

Wer seine Kinder in erster Linie zur Versorgung irgendwo unterbringen muß, muß sie dann mitten während des Feiertages oder Sonntages abholen: Damit stört er auch die Tagesplanung der Betreuer. Er muß für einen weiteren Dienst abermals die Kinderversorgung sicherstellen, und somit ist auch noch ein weiteres Wochenende zerstört und hat nur einen minimalen Erholungswert. Wie schwierig und mühevoll das ist, können wirklich nur diejenigen wissen, die das jahrelang organisieren mußten. In dieser Beziehung kann ich nur sagen: Ich bin Expertin auf diesem Gebiet, weil drei Kinder während Wochenenddiensten versorgen zu lassen, war für mich früher wirklich kein Honiglecken.

Der Beginn der Woche mit dem Sonntag ist nun ein großer Vorteil und macht die Dienstgestaltung flexibler. Viele Ärztinnen sind mit Ärzten verheiratet – sie versuchen auch, ihre Dienstpläne aufeinander abzustimmen –, oder sie haben Partner wie zum Beispiel Piloten, die ebenfalls größere Absenzen von der Familie aufweisen. Das erschwert natürlich sehr das Familienleben und die Versorgung der Kinder bei Rund-um-die-Uhr-Diensten.

Nach der alten Regelung war vor einem Wochenenddienst ein verlängerter Dienst nicht möglich, jetzt kann in jeder Woche mindestens ein verlängerter Dienst verrichtet werden.

Daß die Diensteinteilung schwierig ist, liegt daran, daß nicht im nötigen Ausmaß Personal vorhanden ist, um jeden Urlaub, Krankenstand oder Kongreß gut abdecken zu können. Die Beteiligten stehen oft vor fast unlösbaren Problemen. Wir hätten auch genügend ÄrztInnen, um sie im Krankenhaus einzusetzen, es müßten die Dienstgeber nur dazu bereit sein, die Zahl der Posten zu vermehren. Sie werden sicher genügend Arbeit vorfinden und nicht untätig herumstehen.

Es besagen viele Studien, daß die Spitalspatienten zeitmäßig den meisten Kontakt mit den RaumpflegerInnen haben. Wir haben ständig gestiegene Anforderungen im medizinischen Bereich und im Dokumentationsbereich. Die ÄrztInnen und Schwestern sind sehr absorbiert. Ich wünsche mir, daß alle Spitalsarbeitgeber in Österreich mehr Personal einstellen würden. Wie gesagt, man muß dann auch über die Finanzierung reden; es wäre wünschenswert, aber es kostet etwas.

Man soll die Patienten und die dort Tätigen nicht als Kostenfaktor auf zwei Beinen sehen. Wir werden alles daransetzen, um unser besonders vorbildliches Gesundheitswesen – wir sind international vorbildlich, sowohl was die Ausstattung der Spitäler als auch das Können und die Betreuung der Patienten betrifft – noch weiter zu verbessern und noch humaner zu gestalten. Diese Novelle ist ein Schritt dazu, und wir werden weitere folgen lassen. (Beifall bei der SPÖ.)

14.32

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Feurstein. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.32

Abgeordneter Dr. Gottfried Feurstein (ÖVP): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nur drei ganz kurze Bemerkungen, weil Frau Dr. Pittermann bereits das Wesentliche erwähnt hat.

Erste Bemerkung: Es geht bei dieser Vorlage um die Umsetzung einer EU-Richtlinie, insbesondere für die Apotheken, wobei natürlich angemerkt werden muß, daß die anderen EU-Staaten hinsichtlich der Gestaltung der Arbeitszeit etwas großzügiger waren. Aber wir bekennen uns grundsätzlich zu dieser Linie, die hier vereinbart worden ist.

Das Gesetz soll praktikabel sein, das ist meine zweite Bemerkung. Aus diesem Grund haben wir uns nach den Ausschußberatungen – wir haben aber auch im Ausschuß darüber diskutiert – noch einmal zusammengesetzt und haben die Meinung vertreten, daß der verlängerte Dienst, wenn dazu auch Ruhezeiten, die Bereitschaftsdienste zählen, von 32 auf 34 Stunden mittels Kollektivvertrag angehoben werden kann.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Annemarie Reitsamer, Dr. Feurstein und Genossen betreffend die Regierungsvorlage in 1603 der Beilagen

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs erwähnte Gesetzesvorschlag, in der Fassung des Berichtes des Ausschusses für Arbeit und Soziales (1832 der Beilagen), wird wie folgt geändert:

In Artikel I Z 3 lautet § 19a Abs. 2 Z 1:

"1. verlängerte Dienste von bis zu 32 Stunden; der Kollektivvertrag kann eine weitere Verlängerung bis zu zwei Stunden für Arbeitnehmer zulassen, die an beiden Tagen des verlängerten Dienstes einen Bereitschaftsdienst während der Mittagssperre leisten,"

*****

Das bedeutet also, daß der verlängerte Dienst faktisch einen vollen Tagdienst, einen Nachtdienst und wieder einen vollen Tagdienst umfassen kann. Das ist vor allem für kleine Apotheken, die wenig Beschäftigte haben, von größter Bedeutung.

Meine Damen und Herren! Noch eine dritte Bemerkung: Frau Abgeordnete Dr. Pittermann! Ich habe Ihnen sehr gut zugehört, Sie haben die Änderung der Wochenarbeitszeitdurchrechnung von Sonntag auf Samstag als Erfolg für das Personal in den Krankenanstalten bezeichnet. Sie wissen, wir wollten das auch für die Angestellten in den Apotheken erreichen, die mit den gleichen Problemen konfrontiert sind. Leider muß ich feststellen, daß Experten Ihrer Fraktion, nicht die Ministerin, aber Experten Ihrer Fraktion nicht dazu zu bewegen waren, die gleichen Begünstigungen, die gleiche Möglichkeit auch für die Angestellten in den privaten Apotheken zuzulassen, so wie dies in den Krankenanstalten ermöglicht wird. Ich bedaure das sehr, zumal Sie das als großen Erfolg für die Krankenanstalten bezeichnet haben.

Ich muß noch folgendes feststellen: Das Personal von Apotheken in Krankenanstalten kann von dieser Möglichkeit Gebrauch machen, aber das Personal von privaten Apotheken hat diese Möglichkeit nicht, einen Wochenarbeitsdurchrechnungszeitraum zu bekommen, der von Sonntag bis Samstag bemessen wird. Ich bedaure das sehr, aber da Sie das so positiv erwähnt haben, Frau Dr. Pittermann, bin ich überzeugt davon, daß man bei nächster Gelegenheit auch für die privaten Apotheken die gleiche Wochenarbeitszeitdurchrechnung erreichen wird, so wie das in den Krankenanstalten der Fall ist. Sie sind eine Kennerin der Materie, daher bitte ich Sie, daß wir vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt auch diesen Wunsch der privaten Apotheken verwirklichen werden können.

Der Gesetzesvorlage geben wir im Sinne des Abänderungsantrages unsere Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP.)

14.36

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dolinschek. 4 Minuten Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.36

Abgeordneter Sigisbert Dolinschek (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Die Änderung des Arbeitszeitgesetzes der Apotheker erachte ich als durchaus positiv und als notwendig, vor allem wenn an Feiertagen und am Wochenende verlängerte Dienste gemacht werden können. Die bisherige Situation war aber auch nicht das Gelbe vom Ei. Wir haben im Jahr 1995 eine Anfrage an die Frau Bundesministerin für Arbeit und Soziales gestellt, in der wir die Problematik dargelegt haben. Aus der Beantwortung geht hervor, daß laut Kollektivvertrag eine wöchentliche Arbeitszeit von sage und schreibe 168 Stunden für Angestellte, also Apothekenleiter oder pharmazeutische Fachkräfte, in öffentlichen Apotheken und Anstaltsapotheken möglich sind.

Es geht dann weiter daraus hervor, daß hinsichtlich der Höchstarbeitszeitgrenzen für Apotheker bis Herbst des Jahres 1996 eine Anpassung an die EU-Richtlinie über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung im Apothekendienst vorgenommen werden wird. Das Bundesministerium für Arbeit und Soziales hat knapp drei Jahre länger gebraucht, um eine EU-konforme Regelung zur Beschlußfassung vorzulegen. Jetzt ist sie endlich da. Ich bin aber recht froh über diese Regierungsvorlage, denn durch die darin enthaltene Novelle zum Arbeitszeitgesetz wird die Anpassung mit dreijähriger Verspätung erfolgen. Die durchgehenden Bereitschaftsdienste sind für den Betrieb einer Apotheke und die Aufrechterhaltung der medizinischen Betreuung für die Bevölkerung unbedingt notwendig. Es geht dabei vor allem um Apotheken im ländlichen Bereich, aber auch um pharmazeutische Hilfskräfte in Anstaltsapotheken, die zu verlängerten Diensten, sei es am Abend, feiertags, sonntags oder am Wochenende, herangezogen werden können. Dies ist im zeitlich beschränkten Umfang zulässig.

Jetzt haben wir einen Abänderungsantrag vorliegen, mit dem wir leben können, Herr Dr. Feurstein! Diese zwei Stunden mehr, wenn eineinhalb Tage Dienst sind, können sogar als positiv beim Wechsel der diensthabenden Personen angesehen werden, dagegen ist nichts zu sagen. Das ist also keine Frage. Auch die 48 Stunden am Wochenende sind zu begrüßen.

Wir werden daher dieser Regierungsvorlage, die in unserem Sinne ist, unsere Zustimmung geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der zuvor vom Abgeordneten Feurstein verlesene Abänderungsantrag wurde geschäftsordnungsgemäß eingebracht, ist entsprechend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir haben kein Schlußwort der Frau Berichterstatterin und kommen daher zur Abstimmung, und ich bitte, zu diesem Zweck die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1832 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Reitsamer, Dr. Feurstein und Genossen einen Abänderungsantrag betreffend Artikel I Z 3 eingebracht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschußberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Reitsamer, Dr. Feurstein und Genossen abstimmen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich Sie um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Antrag ist damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Sofern Sie in dritter Lesung dem Gesetzentwurf zustimmen wollen, bitte ich Sie gleichfalls um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dieses erfolgt durch die Mehrheit. Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung angenommen.

12.Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 419/A (E) der Abgeordneten Dr. Alois Pumberger und Genossen betreffend erste Konsequenzen aus dem Bericht des Bundesministers für Arbeit und Soziales über die Preisgestaltung auf dem Medikamenten(Heilmittel-)sektor in Österreich unter besonderer Berücksichtigung der diesbezüglichen Aufgaben und Maßnahmen des Hauptverbandes der österreichischen Sozialversicherungsträger (Teil I) und über die von Organen des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales durchgeführte Untersuchung betreffend Vergabepraxis des Hauptverbandes und der Krankenversicherungsträger im Bereich Heilbehelfe und Hilfsmittel (Teil II) aufgrund der Entschließung des Nationalrates vom 13. Juni 1996, E 12-NR/XX.GP (III-59 der Beilagen) (1847 der Beilagen)

13. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 693/A (E) der Abgeordneten Dr. Brigitte Povysil und Genossen betreffend Heilmittel und Heilbehelfe – Versäumnisse im Bereiche des Bundesministeriums für Arbeit, Gesundheit und Soziales (1848 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zu den Punkten 12 und 13 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Da auf eine mündliche Berichterstattung verzichtet wurde, kommen wir gleich zur Debatte.

Als erster Redner hat sich Herr Abgeordneter Dr. Pumberger zu Wort gemeldet. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

14.41

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich brauche Sie wohl nicht daran zu erinnern, obwohl es schon lange zurückliegt, daß im Juni 1996 eine Dringliche Anfrage der Freiheitlichen betreffend Heilbehelfe, Mißstände bei der Preisgestaltung, Kartellbildung und vieles mehr gestellt wurde. Es ist eine Informationswelle nicht nur durch dieses Hohe Haus, sondern darüber hinaus auch in die Öffentlichkeit gegangen.

Der Rechnungshofbericht, der darauf folgte, gab uns Freiheitlichen in praktisch allen Punkten recht. Er bestätigte unsere Kritik und hob besonders hervor, wie wichtig und nützlich eine Überprüfung durch den Rechnungshof sein kann.

Was hat die Frau Ministerin gemacht? – Es ist Zeit, diesen Rechnungshofbericht, Frau Bundesministerin ... (Bundesministerin Hostasch spricht mit einer Mitarbeiterin.) – Es ist keine Sprechstunde, hat der Präsident einmal gesagt. Man kann einen späteren Zeitpunkt für eine Sprechstunde nützen.

Man kann nur traurig sein, wenn man sieht, daß aufgrund dieser Kritik des Rechnungshofes die Frau Ministerin nichts gemacht und keine Konsequenzen gezogen hat. Ich weise auch darauf hin, daß die Zustände zwischen Hauptverband und Sozialministerium respektive Gesundheitsministerium gleich geblieben sind.

Es ist so, daß der Hauptverband alles vorgibt und das Gesundheitsministerium und Sie an der Spitze, obwohl Sie doch die oberste Aufsichtspflicht haben beziehungsweise hätten, schön brav und artig alles nachplappern, was Ihnen Herr Sallmutter vorgibt. (Abg. Koppler: Das ist nicht so wie bei euch, beim Haider!)

Das erkennt man auch an den parlamentarischen Anfragen. Ich erinnere an Ihre Anfragebeantwortung betreffend Bauernkrankenkasse – ich zitiere –:

"In Beantwortung der einzelnen Fragen verweise ich ... auf die beiliegende ... Stellungnahme der ... Sozialversicherungsanstalt der Bauern ..." – Zitatende.

Weitere Ausführungen halten Sie dazu nicht für erforderlich. So geht das immer weiter! Sie lassen sich Ihre Arbeit vom Hauptverband und von den Krankenkassen abnehmen, Sie greifen in keiner Weise, wie es Ihre Pflicht wäre, in die Agenden des Hauptverbandes ein. Das aber wäre Ihre Pflicht als oberstes Aufsichtsorgan! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Mißstände bei den Heilbehelfen sind dieselben geblieben. Ich erinnere an die Zustände, die wir aufgedeckt haben, daß beispielsweise Querschnittgelähmten bei der täglichen Kathederisierung keine Einmalhandschuhe mehr gezahlt werden, weil man dabei etwa 1,5 S bis 2 S einsparen kann, daß die Krankenkassen den Patienten bei der Stomaversorgung, wenn sie einen Seitenausgang haben – meistens sind das Krebspatienten –, empfiehlt, zur hygienischen Versorgung keine Einmaltupfer zu verwenden, sondern am besten Küchenrolle. Das sei billiger, so hat man gesagt.

Ich erinnere daran, daß bei der Inkontinenzversorgung in Alten- und Pflegeheimen darauf hingewiesen wird, daß all das von den Patienten zu bezahlen ist. Die Patienten sollen das von ihrem Taschengeld bezahlen, obwohl ihnen nur mehr 50 Prozent übriggelassen worden ist aufgrund des Sparpaketes, und andere Punkte mehr.

Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Dasselbe ist auch bei den Halskrausen der Fall. Es gibt enorme Preisunterschiede. Die Einkaufspreise bewegen sich bei 53 S und Verkaufspreise bei 998 S. Es hat sich nichts geändert.

Daher sind wir der Meinung, die Patienten sollen sich ihren Heilbehelf selbst aussuchen können, selbst aufzahlen dürfen, wenn sie ein besseres Produkt haben wollen. Der Tarif, den die Krankenkasse zu leisten hat, wird sofort beim Bandagisten abgezogen. Der Patient muß frei entscheiden können. Das funktioniert bereits bei den Stützstrümpfen in wenigen Bundesländern. So muß es aber auch bei anderen Heilbehelfen sein, nämlich daß der Patient, wenn er ein besseres Produkt will, zumindest die Möglichkeit der Aufzahlung hat und nicht den Gesamtbetrag, wenn er sich für etwas Besseres entscheidet, aus der eigenen Tasche bezahlen muß. Das ist der Inhalt dieses Antrages, den ich Sie bitte zu unterstützen (Beifall bei den Freiheitlichen.)

14.45

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Hums. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

14.45

Abgeordneter Franz Hums (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollege Dr. Pumberger! Sie haben die Sitzung vom 13. Juni 1996 zitiert. Ich bin für jede konstruktive sachliche und faire Kritik, ich bin aber auch dafür, daß man dann die Untersuchungsergebnisse zur Kenntnis nimmt. Unter anderem bitte ich Sie endlich zur Kenntnis zu nehmen, daß Sie damals völlig zu Unrecht Generaldirektor Dr. Probst und einen Verwandten der Frau Vranitzky gröblichst und völlig zu Unrecht diffamiert haben. Es wäre endlich an der Zeit, das von Ihrer Seite aus richtigzustellen. Das ist meine Bitte an Sie. (Beifall bei der SPÖ.)

Zweitens: Sie haben damals, im Jahre 1996, so getan, als würden erst Sie die ganze Problematik aufzeigen. Das war zu einem Zeitpunkt, als der Hauptverband, die Sozialversicherungen bereits längst Verhandlungen über dieses Thema Kostensenkungen geführt haben. Die Jahre 1995 und 1996 sind jene Jahre, in denen wir schon – es begann eigentlich schon im Jahre 1994 – gefordert waren, die hohe Qualität unseres Sozialversicherungssystems aufrechtzuerhalten, die hohe Qualität der Gesundheitsvorsorge aufrechtzuerhalten und gleichzeitig das Budget Maastricht-gerecht zu konsolidieren, damit wir in den Euro-Verband kommen, denn das ist wichtig für die Zukunft, für die Beschäftigung, für die Stabilität und damit wiederum für die Sicherheit unseres Sozialsystems. – All das ist gelungen!

In bezug auf die Sozialversicherung haben Sie am 13. Juni damals hier erklärt, daß die Sozialversicherung, die Krankenversicherung vor dem Konkurs stehe. Bitte anerkennen Sie folgendes: Wir haben damals, und zwar nicht erst nach besagtem Juni, sondern bereits in den Jahren 1995 und 1996, eine Reihe von Maßnahmen eingeleitet. Es gab viele Erörterungen und Verhandlungen, die weit über die Kompetenz des Sozialministeriums hinausgegangen sind. All das hatte Einfluß auf die Vertragspartner, die Spitalserhalter, die Ärztekammer, die Apotheker und die Pharmaindustrie. Ich bin allen heute noch dankbar dafür, daß sie für diese Sanierungsnotwendigkeit Verständnis gehabt haben.

Wir haben damals, was Sie nicht geglaubt haben, in kürzester Zeit bei Aufrechterhaltung der vollen Qualität unseres Sozialsystems, bei Aufrechterhaltung der vollen Qualität unserer Gesundheitsvorsorge und unserer Krankenversicherung die Krankenversicherungen saniert. (Zwischenruf des Abg. Dr. Pumberger.) Das ist umso wichtiger, weil wir das in einer wirtschaftlich schwierigen Zeit gemacht haben. Wir haben damit abgesichert, daß wir, obwohl die Menschen erfreulicherweise länger leben und das höhere Kosten in der Gesundheitsvorsorge bedeutet, obwohl die Medizin erfreulicherweise immer mehr Fortschritte macht, all diese Fortschritte in Österreich – im Gegensatz zu anderen Ländern – allen Menschen ohne Rücksicht auf Einkommen, ohne Rücksicht auf Alter zur Verfügung stellen. All das haben wir damals mit diesem Konsolidierungspaket gemacht.

Frau Dr. Povysil! Sie haben heute noch einmal die Gelegenheit, sich zu distanzieren. Ich schätze Sie fachlich sehr, aber Sie müssen sich nicht bemühen, ein klassisches Vorbild zu übertreffen. Das klassische Vorbild, das ich meine, ist nicht Hippokrates, sondern ein anderes klassisches Vorbild, das Sie offensichtlich immer übertreffen wollen, ist Kassandra. Sie haben damals immer wieder erklärt, die Versicherung gehe in Konkurs, dort sei alles kaputt und nicht sanierbar. Normalerweise müßten alle Beteiligten in der Krankenversicherung, im Hauptverband, in den Versicherungen, aber auch in der Ärztekammer ... (Zwischenruf des Abg. Dr. Pumberger.) Ich erinnere mich noch sehr gut an die konstruktiven Gespräche mit dem von mir sehr geschätzten, leider verstorbenen Präsidenten der Ärztekammer Dr. Neumann. Alle haben dazu beigetragen, daß wir unser gutes System erhalten.

Es ist notwendig, unser System zu erhalten und den weiteren medizinischen Fortschritt auch für alle zu nützen. Das erfordert ständig Anpassungen, ständig Korrekturen und ständig Änderungen. Verträge liegen nicht in der Kompetenz der Ministerin. Verträge werden von den Sozialversicherungen abgeschlossen. Wenn Sie verlangen, die Ministerin solle in die Aktivitäten des Hauptverbandes eingreifen, dann müßte sie, da sie ihre Kompetenzen dann ohnehin überschreitet, genauso in die Kompetenzen der Ärztekammer eingreifen. Ich möchte wissen, was Sie, Herr Dr. Pumberger, und Sie, Frau Dr. Povysil, dann dazu sagen würden.

Konstruktive Kritik ja, aber keine Diffamierungen! Anerkennen Sie endlich, daß wir in Österreich ein sehr gutes Gesundheitsvorsorgesystem haben, daß wir international in der Krankenversicherung keinen Vergleich scheuen müssen! (Demonstrativer Beifall des Abg. Koppler.)

Konstruktive Kritik ja, aber keine unqualifizierten Diffamierungen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.51

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Motter. – Bitte, Frau Abgeordnete.

Bis zum Aufruf des Dringlichen Antrags sind jetzt noch knapp 10 Minuten zur Verfügung.

14.51

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Hums! Sie haben eingangs gesagt, es sei alles gelungen. Glauben Sie das wirklich? Glauben Sie, daß Sie als Systemerhalter von "gelungen" sprechen können? – Ich bin froh darüber, daß wir wieder einmal Gelegenheit haben, anläßlich der Entschließungsanträge 419/A (E) und 693/A (E) der Kollegen Pumberger und Povysil darüber diskutieren zu können. Ich bin nicht immer einer Meinung mit den Freiheitlichen, aber diesbezüglich decken wir uns in vielen Bereichen.

Monopolartige Verträge, weit überhöhte Tarife für Heilbehelfe, Preiskartelle – all diese Vorwürfe sind uns bereits seit Jahren bekannt und wurden auch schon diskutiert. Bereits vor über zwei Jahren haben wir im Sozialausschuß über den Bericht über die Preisgestaltung auf dem Medikamentensektor debattiert. Dabei hat der Bericht selbst von gravierenden Fehlentscheidungen und Fehlentwicklungen in den vergangenen Jahrzehnten gesprochen. Was ist seitdem geschehen, meine Damen und Herren?

Es versagt augenscheinlich wieder einmal ein System, das Sie, Herr Kollege Hums – ich nehme an, auch alle Ihre Kollegen –, krampfhaft aufrechterhalten wollen und das sich seit Jahrzehnten in den Händen des Parteiproporzes befindet. Monopolstellungen eines Vereins wie der ARGE Orthopädie im gesamten ostösterreichischen Bereich können eine Wirtschaft nur krank machen beziehungsweise zu Kostenunwahrheit, Intransparenz und Preissteigerungen führen. Wie anders ist es zu erklären, daß der Hauptverband trotz der völlig ungerechtfertigt verrechneten Unkostenbeiträge der ARGE Orthopädie für Unternehmen, die ihre Produkte anbieten wollten, diese dennoch weiterhin beschäftigt? – Herr Kollege Hums! Das sind Fragen, die offen sind und die Sie auch heute wieder nicht beantwortet haben.

Es ist weiters unglaublich, wie schwerfällig das Gesundheitswesen in Österreich auch noch im fünften Jahr der Mitgliedschaft in der Europäischen Union auf die Gesetze der Marktwirtschaft reagiert. Ich frage: Wie anders als durch Kartellabsprachen bei der Bundesinnung war es möglich, daß die meisten Heilbehelfe und Hilfsmittel in Deutschland nur die Hälfte kosten? – Nicht nur bei den überhöhten Benzinpreisen, sondern auch hier zeigt sich, wie unfähig das österreichische Wettbewerbsrecht und die Bundesregierung sind, freien Markt und Wettbewerb zugunsten der KonsumentInnen herzustellen.

Ich hoffe nicht zuletzt auf die Währungsunion, die den betroffenen Menschen in diesem Lande, besonders jenen, die auf Heilbehelfe angewiesen sind – das sind nicht immer die Reichen, sondern es trifft besonders die Ärmeren in unserem Land –, die Augen öffnen soll. Ich hoffe, daß den Menschen auch die Augen darüber aufgehen, daß die beschriebenen Mißstände ihre Ursache in der Verquickung vom Parteienproporz der ÖVP und der SPÖ im Hauptverband haben.

Leider dient die Selbstverwaltung längst mehr nicht dem Schutz der Versicherten vor der Einflußnahme der Politik, sondern vor allem dem Schutz des Hauptverbandes vor öffentlicher Kontrolle. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Frau Ministerin! Im Interesse der betroffenen PatientInnen besteht von Ihrer Seite erhöhter Handlungsbedarf. Ich fordere Sie zur völligen Neukonzeption in der Frage von Wettbewerb und staatlichen, in gewissen Bereichen auch notwendigen Regulierungsbestimmungen auf! Sie wissen, daß die staatlichen Preiskontrollen zu immer mehr Parallelimporten führen werden. Davor – das gebe ich zu – haben die seit Jahrzehnten in den geschützten Bereichen tätigen Innungen Angst. Doch die Lösung kann und darf nicht sein, Gesundheitskosten künstlich hochzuhalten – zur Stützung eines maroden und ineffizienten Systems. (Beifall beim Liberalen Forum sowie des Abgeordneten Dr. Pumberger.)

14.55

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Haidlmayr mit einer freiwilligen Redezeitbeschränkung von 3 Minuten. – Bitte.

14.56

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist bedauerlich, aber wir können diesen zwei Entschließungsanträgen nicht zustimmen, und zwar deshalb nicht, weil sie leider nur sehr einseitig und nicht umfassend sind. Ich hätte mir gewünscht, daß wir darüber diskutiert hätten, weil es generell, egal wie der Anbieter heißt, Ungereimtheiten gibt und Preise verrechnet werden, die mit der Realität nichts zu tun haben.

Ihr Antrag, Herr Dr. Pumberger, zielt ausschließlich auf eine Firma ab, und das ist sehr schade. Es gibt nicht nur in dieser einen Firma Ungereimtheiten, sondern auch in vielen anderen derartigen Firmen in Österreich. Ich glaube, man sollte nicht eine Firma hernehmen, sondern man müßte bereit sein, über alle Firmen zu diskutieren, denn auch in Oberösterreich – Sie werden es wissen – gibt es genügend Ungereimtheiten in der Hilfsmittelversorgung und im Heilbehelfsbereich.

Zum zweiten Antrag von Frau Povysil möchte ich folgendes sagen: Ich als Konsumentin von Hilfsmitteln und Heilbehelfen möchte nicht, daß die Alternative zu der derzeitigen Regelung von der Hilfsmittelversorgung wäre, daß dem Versicherten ein gesetzlicher Anspruch eingeräumt wird, die für die Vertragspartnerleistung anfallenden Kosten für selbstbeschaffte Heilbehelfe und Hilfsmittel direkt ausbezahlt zu erhalten, sofern durch Kontrolle seitens der Krankenversicherungsträger deren Qualität sichergestellt ist.

Dieser Passus würde nur bedeuten, daß jene, die zum Beispiel einen Rollstuhl brauchen, dann einen Spießrutenlauf hinter sich bringen müßten, bis sie zu ihrem notwendigen Produkt kommen. Denn es kann nicht sein, daß man zuerst ewig warten muß, bis man vielleicht einen Teil der Mittel bekommt, und dann noch einmal auf jemanden ewig warten muß, der einem dann die Kontrolle abnimmt.

Ich wünsche mir, daß die Diskussion über Hilfsmittel und Heilbehelfe generell im großen Ausmaß geführt wird. Die ersten Gespräche mit dem Hauptverband der Sozialversicherungsträger und mit einigen Anstalten der Gebietskrankenkassen und der Sozialversicherungsverbände werden bereits geführt. Ich wünsche mir, daß es zu einer raschen Lösung kommt, aber nicht in diesem Sinne. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.58

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich unterbreche nun die Verhandlungen zu den Tagesordnungspunkten 12 und 13, um um 15 Uhr einen als dringlich zu behandelnden Antrag aufzurufen.

Die Verhandlung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 14.58 Uhr unterbrochen und um 15.03 Uhr wiederaufgenommen.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Mag. Firlinger und Kollegen an die Bundesregierung betreffend die Dringlichkeit von Maßnahmen zur Beseitigung von Einkommenskürzungen der Mieter gemeinnütziger Wohnungen durch ungerechtfertigte, überhöhte Mieten infolge der Verquickung von Politik-, Banken- und Versicherungsinteressen im gemeinnützigen Wohnbau (1098/A) (E)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir haben die Verhandlung der Tagesordnungspunkte 12 und 13 unterbrochen, um die dringliche Behandlung des Selbständigen Antrages 1098/A (E) in Angriff nehmen zu können.

Da dieser Dringliche Antrag inzwischen allen Abgeordneten zugegangen ist und verteilt wurde, erübrigt sich eine Verlesung durch den Schriftführer.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Dringlicher Antrag

der Abgeordneten Mag. Firlinger und Kollegen an die Bundesregierung betreffend die Dringlichkeit von Maßnahmen zur Beseitigung von Einkommenskürzungen der Mieter gemeinnütziger Wohnungen durch ungerechtfertigte, überhöhte Mieten infolge der Verquickung von Politik-, Banken- und Versicherungsinteressen im gemeinnützigen Wohnbau [ 1098/A(E)]

Der Nationalrat wolle beschließen:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, umgehend dem Nationalrat entsprechende Gesetzentwürfe vorzulegen, die die Umsetzung nachstehender Forderungen noch in dieser Gesetzgebungsperiode gewährleisten:

1. Der § 9 des WGG ist in der Hinsicht zu novellieren, daß Beteiligungen der Geld-, Versicherungswirtschaft, Interessenvertretungen und politischen Parteien an GBV ausgeschlossen sind.

2. Führungsfunktionäre von den unter Zif. 1 angeführten Institutionen sind von der Mitgliedschaft in Organen der GBV, z. B. Geschäftsführung und Aufsichtsrat, ausgeschlossen.

3. Die GBV sind anzuhalten, unverzüglich Initiativen zu setzen, um die derzeit weit überhöhten und nahezu sittenwidrigen Darlehenskonditionen auf ein marktkonformes Niveau zu bringen.

4. Der mit dem 3. WÄG festgelegte wertgesicherte Erhaltungsbeitrag in der Höhe von derzeit maximal 17,20 S/m² ist auf 11,20 S/m² abzusenken.

5. Nach erfolgter vollständiger Tilgung aller entsprechenden Kredite und Darlehen ist eine Absenkung der Mieten auf den bloßen Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag für geförderte Wohnhäuser sicherzustellen.

6. Die derzeitige Doppelfunktion des Revisionsverbandes als Interessenvertretung und Kontrollinstanz ist zu entflechten, um eine unabhängige Prüfung der GBV sicherzustellen. Die Kontrolle der GBV ist unabhängig von den Beteiligungsverhältnissen dem Rechnungshof zu übertragen, zumal von den GBVs jährlich ein Förderungsvolumen in der Höhe von 34 Milliarden Schilling bewegt wird. Die Prüfberichte sind dem jeweiligen Landtag vorzulegen und zu veröffentlichen.

7. Eine Änderung des § 15 WGG ist in der Hinsicht durchzuführen, daß Mieter oder sonstige Nutzungsberechtigte die Möglichkeit haben, Eigentum an den aus öffentlichen Mitteln geförderten Wohnungen unabhängig vom Errichtungszeitpunkt erwerben zu können."

In formeller Hinsicht wird ersucht, diesen Antrag zum frühestmöglichen Zeitpunkt dringlich zu behandeln.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich erteile Herrn Abgeordnetem Mag. Firlinger als Erstantragsteller zur Begründung des Antrages das Wort. Seine Redezeit darf 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

15.04

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es gibt nicht zuwenig Wohnungen, sondern zu viele Wohnungen, die man sich nicht mehr leisten kann. Das Thema "überhöhte Mieten im Bereich der gemeinnützigen Bauträgervereinigungen" ist nach wie vor ein Thema mit großer Aktualität und hoher Dringlichkeit für Millionen österreichische Staatsbürger. Es ist ein Thema, das angesichts von drei enormen Belastungspaketen und einer nur halbherzigen Steuerreform, die jetzt kommen wird, dringend nach Lösungen verlangt. Wir Freiheitlichen werden es daher nicht zulassen, daß die von uns seit Jahren geforderte Mietensenkung von den Koalitionsparteien auf den Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben wird. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Denn, Herr Kollege Eder und Herr Kollege Schwimmer, es genügt nicht, von Zeit zu Zeit ein paar selbstkritische Bemerkungen über die APA zu lancieren, ein paar Lippenbekenntnisse zu formulieren und in Wirklichkeit nur darauf zu hoffen, daß das Thema in der Öffentlichkeit wieder einschläft und man sich dadurch noch einmal bis über den nächsten Wahltermin hinaus ganz gut über die Runden retten kann. Dieser Eindruck besteht aber nicht nur bei uns, sondern vor allen Dingen bei den betroffenen Mietern, meine Damen und Herren! Ich muß das mit aller Deutlichkeit sagen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Denn seit 1995, also seit vier, bald fünf Jahren, besteht die Lösung wichtiger Fragen im Bereich des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes und der daraus resultierenden Reformen aus lapidaren Absichtserklärungen – meine Damen und Herren, nichts als Absichtserklärungen! Ich habe genug von Absichtserklärungen. Würden Sie nicht auch meinen, daß es endlich an der Zeit wäre, sich am Riemen zu reißen und diese Dinge, die Sie seit Jahren in Aussicht stellen, aber nicht umsetzen, endlich einmal umzusetzen? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Warum waren das alles nur Lippenbekenntnisse? – Ich sage es Ihnen. Egal, ob es sich um die Frage der Auslaufannuitäten handelt, ein fast schon jahrzehntelanges Unterfangen, ob es sich um die geforderte Entflechtung von Parteipolitik und gemeinnütziger Wohnungswirtschaft handelt oder ob es um die gesetzliche Verpflichtung zur Weitergabe von Zinsvorteilen an den Mieter geht – all das ist da und dort einmal angekündigt worden, aber wir merken nichts von konkreten gesetzlichen Schritten.

Im Bereich des Mietrechtes hat es einige kleinere Änderungen, den Beschluß der Wohnrechtsänderungsgesetze gegeben. Das war aber insgesamt auch kein großer Wurf, denn, meine Damen und Herren, der Kernpunkt des Übels, der Kernpunkt der Mißstände, nämlich das gemeinnützige Wohnungswesen, wurde von diesen Reformen in keiner Weise tangiert. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Minireformen hin, Minireformen her – was soll das Ganze, wenn es den Mietern nicht hilft? – Herr Kollege Schwimmer! Herr Kollege Eder! Erklären Sie mir bitte, warum schon seit längerer Zeit zwei Anträge im Bautenausschuß liegen, einer von der FPÖ und einer von der SPÖ! Ich darf Sie fragen, ob der Neujahrsauftakt der SPÖ ein reiner Wahlkampfgag war, um sozusagen unruhig gewordene Genossen wieder bei der Stange zu halten und die SPÖ-Basis zu besänftigen. War das ein Täuschungsmanöver? – Dann sagen Sie es! Oder kam postwendend der Protest des Herrn Karl Wurm, seines Zeichens Obmann der gemeinnützigen Bauträgervereinigungen, der die eigenen SPÖ-Vorschläge, die Kollege Eder lobenswerterweise formuliert hat, einfach abgewürgt hat?

Meine Damen und Herren! So stellt sich das einfach dar. – Oder war es, Herr Kollege Schwimmer, an Ihre Adresse gerichtet, die berühmte Koalitionsräson? Wer will hier nicht, und wer darf nicht, ist zu fragen. Kollege Eder oder Kollege Schwimmer, oder wollen beide nicht? – Bitte äußern Sie sich, denn die betroffenen Mieter haben wahrlich das Recht, dies zu wissen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Bei allem Hin- und Hertaktieren muß man dem SPÖ-Bautensprecher wenigstens zugute halten, daß es einen Antrag gibt. Doch was hat die ÖVP unternommen? – Außer ein paar Pressestatements nichts – aber "nichts" stimmt eigentlich nicht. Aus der Sicht der ÖVP sind die Hausmeister an den überhöhten Mieten schuld. (Abg. Haigermoser: Wer?) Die Hausmeister sind es, Herr Kollege Schwimmer, und das ist typisch: Die ÖVP-Hausherren geben die Schuld an ihre Hausmeister weiter!

Ich möchte Ihnen mit aller Deutlichkeit sagen: Das ist nicht unsere Linie! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Diese Mätzchen wollen wir nicht mitmachen. Wenn das alles ist, was an ÖVP-Vorschlägen kommt, obwohl viel zu tun wäre, dann muß ich Ihnen sagen, das ist wahrhaft ein Armutszeugnis.

Meine Damen und Herren! Es geht um die nachhaltige Verbesserung der Situation der Mieter. Wir fordern daher zum wiederholten Male das ein, worum es uns in dieser Frage geht. Die Kollegen von der SPÖ scheinen an diesem Thema nicht sehr interessiert zu sein. Das macht aber nichts. Wir werden uns nicht davon abhalten lassen, diese Forderungen immer wieder zu erheben. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schieder: Am Thema schon, nur nicht an Ihrem Beitrag!) – Herr Kollege, das weiß ich schon, es macht mir aber nichts aus. Es kratzt mich nicht, Herr Kollege Schieder! Ich werde es Ihnen trotzdem sagen.

Wir wollen ein Sieben-Punkte-Programm realisiert wissen, und zwar nicht irgendwann und irgendwie und auch nicht halbherzig, sondern jetzt, in dieser Legislaturperiode (Beifall bei den Freiheitlichen), auch wenn diese Legislaturperiode bald zu Ende geht. Ich darf nochmals daran erinnern, im Ausschuß liegen entsprechende Anträge.

Wie lauten diese sieben Punkte? – Meine Damen und Herren! Erstens: Weg mit den Unvereinbarkeiten bei den Eigentümerstrukturen der Gemeinnützigen Wohnbauvereinigungen, denn diese haben mit Gemeinnützigkeit wohl nicht das Geringste zu tun.

Es gibt in Österreich 210 GBVs, die insgesamt eine Bilanzsumme von sage und schreibe 311 Milliarden Schilling in ihren Büchern haben und mittlerweile 434 000 Wohnungen verwalten. Von diesen GBVs sind 102 als Kapitalgesellschaften und 108 als Genossenschaften organisiert. Schon an diesen Zahlen sehen Sie, daß da ein Mißverhältnis entstanden ist, das immer mehr zunimmt. Denn die als Kapitalgesellschaften organisierten Gemeinnützigen sind keine Genossenschaften, sondern eben Kapitalgesellschaften. Daran sieht man, daß das Wort "Gemeinnützigkeit" mißbräuchlich verwendet wird, und das ist tägliche Praxis. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Der weit größte Teil dieser über 400 000 Wohnungen wird von den Kapitalgesellschaften gehalten. Deren Eigentümer sind entweder die Koalitionsparteien selbst oder deren Vorfeldorganisationen, weiters Banken und Versicherungen sowie eine Kombination aus diesen Eigentümern.

Es ist natürlich interessant, wenn man sieht, daß solche Konstellationen in den Banken und Versicherungen einerseits die Kredite gewähren und andererseits von ihnen auch gleich die Polizze mitgeliefert wird: für Hausratversicherungen, für Elementarereignisse und so weiter. Das Ganze ist frei nach dem Motto organisiert: Nur ja kein Wettbewerb! Bezahlen tut das alles ohnedies der Mieter! – Meine Damen und Herren! Dieses System kontrolliert sich selbst, was im Klartext nichts anderes heißt, als daß es keine wirkliche Kontrolle gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zweiter Punkt. Die zweite Forderung der FPÖ lautet: Weg mit den politisch besetzten Aufsichtsfunktionen in den GBVs! Meine Damen und Herren! Nicht Politiker, nicht Banken- und Versicherungsdirektoren sollten in den Aufsichtsräten dieser GBVs sitzen, sondern die Mietervertreter. Meine Damen und Herren! Das wäre gerecht und wahrlich das einzig taugliche Kontrollinstrument. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie haben im Dringlichen Antrag eine Liste mit repräsentativen Beispielen, wie die Eigentümerstruktur, wie die sogenannte Aufsicht über das Wohnungswesen in der Realität ausschaut. Da gibt es sehr interessante Beispiele, meine Damen und Herren! Sie brauchen diese Liste nur zur Hand zu nehmen. Darin finden Sie einen Abriß der rot-schwarzen Prominenz, die überall in den Aufsichtsräten sitzt: von der BAWAG angefangen bis zur Sektion Bau-Holz, bis zur Frau Bundesministerin Hostasch, die auch Aufsichtsratsfunktionen innehat, und so weiter – mit einem Wort: ein Sittenbild dieser Republik, meine Damen und Herren! Ich kann dazu nur sagen: Weg damit, weg damit und nochmals weg damit! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

All das ist mit den Grundsätzen der Wohnungsgemeinnützigkeit nicht vereinbar. Man hat nämlich im WGG, als es ursprünglich konzipiert wurde, das Baugewerbe ausgelassen. Das heißt, man hat dem Baugewerbe verboten, daß es irgendeine Art ... (Abg. Dr. Fekter: Aus gutem Grunde!) – Frau Kollegin, aus gutem Grunde hat man gesagt, das Baugewerbe hat darin nichts verloren. Das ist grundsätzlich richtig. (Abg. Dr. Fekter: ... FPÖ-Niederösterreich!)

Tun Sie nicht "matschkern", Frau Kollegin! Hören Sie lieber zu! Ich glaube, es wäre gut, wenn Sie mir zuhören würden. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) Frau Kollegin! Was ist aber dann passiert? – Dann sind die Banken und Versicherungen in diesen Bereich hineingegangen. Die Banken und Versicherungen (Zwischenrufe bei der ÖVP) sind aber ihrerseits an maßgeblichen Baufirmen beteiligt. Da wird also ein Prinzip, das gut gemeint war, das an und für sich ein guter Grundsatz war, mir nichts, dir nichts durchbrochen. Meine Damen und Herren! Das kann es nicht sein, das ist absurd! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Rufe und Gegenrufe zwischen der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Schauen Sie sich einmal an, wer da aller in diesen Gesellschaften drinnen sitzt! Unser Parteiobmann Dr. Jörg Haider hat das eindrucksvoll aufgezeigt. Da sitzen Leute ... (Ironische Heiterkeit bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ sowie bei den Freiheitlichen.) – Lachen Sie nur! Machen Sie das einmal nach, was Kollege Haider gemacht hat! Machen Sie das einmal nach, bevor Sie lachen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Das Lachen wird Ihnen zumindest im Bundesland Kärnten sehr schnell vergehen! Es wundert mich, daß es Ihnen nicht schon vergangen ist. (Neuerlicher Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.)

Frau Kollegin! Sehen Sie sich einmal die Beispiele an: GEWOG, Neues Heim, Gemeinnützige WohnungsgesmbH – schauen Sie nach, wer da drinnen sitzt! Oder: die Wohnbauvereinigung für Privatangestellte: Mag. Heinz Vogler ist im Aufsichtsrat, ferner Frau Eleonora Hostasch, Herr Hans Sallmutter – lauter "Unbekannte"! (Abg. Dr. Fekter: Aber Mißwirtschaft gibt es doch nicht in dem Ausmaß wie bei der FPÖ! Die Mißwirtschaft gibt es nur bei euch!)

Aber, Frau Kollegin Fekter, Sie brauchen nicht zu glauben, daß die ÖVP ungeschoren davonkommt! Nehmen wir einmal eine andere Gesellschaft her, zum Beispiel die Gemeinnützige WohnungsgesmbH "Austria" AG. Folgende Personen sitzen im Aufsichtsrat: Dr. Wolfgang Ulrich – "Industrie" steht dabei – (neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter – Abg. Dr. Mertel: Sie sind ein Glashaussitzer!), Dr. Alois Nussbaum, Bauwirtschaft, Mag. Siegfried Ludwig, ehemaliger ÖVP-Landeshauptmann, und Dipl.-Ing. Anton Kallinger-Prskawetz und so weiter, und so weiter. Sie brauchen sich nur diese Liste herzunehmen. (Abg. Dr. Mertel: Glashaussitzer!)

Nein, ich bin kein Glashaussitzer, Frau Kollegin! Wir haben unser Abenteuer auf dem Sektor Wohnungswirtschaft erfolgreich zu Ende geführt. Wir haben uns davon getrennt. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Wer’s glaubt, wird selig!) Frau Kollegin! Dieser Schuß geht ins Leere, wir haben dieses Problem gelöst. (Abg. Dr. Mertel: Ein Glashaussitzer und Felsbrockenwerfer!) Aber was haben Sie gemacht? Ich bin schon gespannt, was dazu von Ihrer Seite kommen wird.

Dritter Punkt, Hohes Haus! Unsere dritte Forderung lautet: Weg mit den überhöhten Mietkomponenten, die aus Darlehen mit überhöhten Zinsen resultieren! Meine Damen und Herren! Das eine geht ja in das andere nahtlos über. Denn diese überhöhten Zinskomponenten sind ja Konsequenz und Ausdruck dessen, was man schlichtweg unter Unvereinbarkeit, Wettbewerbsausschaltung und mangelnder Kontrolle subsumiert.

Da werden jahrelang hohe Zinsen für die gewährten Darlehen bezahlt. Vielfach wurden die Darlehen in einer Hochzinsphase, also vor etwa sieben, acht Jahren, aufgenommen und dann auch noch mit langjährigen Fixzinsvereinbarungen versehen. Was ist der Effekt? – Es gibt viele Mieter, die bei den Annuitätsforderungen ihrer genossenschaftlichen Wohnbauträger nach wie vor mit Zinsen in der Höhe von 7 und 8 Prozent konfrontiert sind.

Meine Damen und Herren! Wenn Sie heute im hypothekarisch besicherten Bereich ein neues Darlehen aufnehmen, dann liegen die kurzfristigen Zinsen, also dann, wenn Sie an kurzfristige Refinanzierungen gebunden sind, bei 3,25 Prozent, und wenn Sie mit mindestens fünfjähriger Zinsbindung ausgestattet sind, maximal bei 4,5 Prozent.

Meine Damen und Herren! Bei solchen Eigentümerstrukturen fehlt einfach der Druck, den Mietern diese reduzierte Zinsspanne weiterzugeben. Es verhandelt ja keiner, das ist ja klar, völlig klar! Dabei würde eine Zinssenkung um 1 Prozent im Schnitt zwischen 700 und 1 000 S ausmachen.

In diesem Zusammenhang möchte ich Sie auch auf die äußerst fragwürdige "Begleitmusik" in Niederösterreich hinweisen. Sie betrifft die Vorgangsweise der Niederösterreichischen Landesregierung, deren Wohnbaureferat bekanntlich in schwarzen Händen liegt. Es ist bekannt – ich habe es Ihnen vorhin gesagt –, wie die Zinsen derzeit liegen. Dennoch gibt die Niederösterreichische Landesregierung eine Weisung heraus, in der steht – siehe da! –, daß der höchstzulässige Kreditsatz für die GBVs 6 Prozent beträgt.

4,5 Prozent ist sozusagen die Norm, der Satz am Markt derzeit, aber die Niederösterreichische Landesregierung schreibt: Es können 6 Prozent sein. Da frage ich Sie: Wer verdient daran? Meine Damen und Herren! Diese Praxis ist genant, und ich halte das wirklich für einen Skandal, weil ein solcher Schritt beweist, daß das Land Niederösterreich nicht im geringsten daran interessiert ist, eine nachhaltige Mietensenkung herbeizuführen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Vierter Punkt. Wir fordern: Weg mit den Auslaufannuitäten bei völlig ausfinanzierten Wohnungen! Wir fordern in solchen Fällen eine Absenkung der Mieten auf den reinen Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag, wenn die betreffende Wohnung ausfinanziert ist. Er liegt derzeit bei knapp über 17 S. Wir verlangen ferner eine weitere Absenkung auf 11,20 S.

Denn, meine Damen und Herren, es ist überhaupt nicht einzusehen, daß trotz vollständiger Kredittilgung weiterhin ungeniert in die Taschen der Bürger gegriffen wird. Ein Wegfall der Auslaufannuitäten (Abg. Dr. Fekter: Kollege Firlinger! Ihre Argumentation vor einem Jahr war eine ganz andere!) – hören Sie gut zu, Frau Kollegin! – bedeutet, daß die betroffenen Wohnungen um 2 000 bis 3 000 S billiger werden. (Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter.) – Hören Sie gut zu! – Aber was machen Sie? Sie machen nichts! Das ist das Problem: Sie machen nichts! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Fünfter Punkt. Bei den Erhaltungsbeiträgen wäre es auch hoch an der Zeit, das zu korrigieren, mit dem man vor einigen Jahren weit übers Ziel geschossen hat. Ich meine, daß Herr Kollege Tumpel von der SPÖ völlig recht hat, wenn er öffentlich fordert, den Erhaltungsbeitrag auf 11,20 S abzusenken. Man kann sehr gut nachvollziehen, wie sich das auf die Mieten auswirken würde. Es gibt im übrigen hier (der Redner hält eine AK-Broschüre in die Höhe) eine Reihe von Beispielen. Ich brauche gar nicht ins FPÖ-Repertoire zu greifen. Diese Broschüre der Arbeiterkammer ist sehr gut, und darin können Sie diese Beispiele alle nachlesen. (Abg. Dr. Fekter: 30 Prozent haben wir erreicht durch das, was wir getan haben!)

Sechster Punkt. Wir fordern: Weg mit den Kontrolldefiziten bei den Prüfungsverbänden! Das ist der nächste Punkt, Frau Kollegin, der Sie ins Mark trifft! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Wenn nämlich Prüfungsverbände Fehlleistungen im Bereich der GBVs feststellen, dann kommt diese Feststellung in der Regel zu spät. Zweitens gibt es laufende Einflußnahmen, und drittens passiert folgendes: Der Bericht geht in die Landesregierung, dort wird er kurz abgehandelt, und dann wird er schubladisiert. Der Öffentlichkeit oder den Mietern wird er überhaupt nicht zugänglich gemacht.

Siebenter und letzter Punkt, meine Damen und Herren: Weg mit den Behinderungen der Mieter, wenn sie Eigentum erwerben wollen, wenn sie schon eine Zeitlang dort wohnen! Wir möchten, daß diese Möglichkeit nicht mehr an den Errichtungszeitpunkt gebunden ist, sondern daß der Mieter diese Wohnung zu jedem Zeitpunkt käuflich erwerben kann. (Abg. Dr. Fekter: Ja, da treffen wir uns!) Im Gesetz steht dazu etwas anderes.

Meine Damen und Herren! Unsere Vorschläge zur durchgängigen und nachhaltigen Reform des gemeinnützigen Wohnungswesens umfassen einen Sieben-Punkte-Katalog. Ich darf ihn noch einmal rekapitulieren:

Erstens: Weg mit den Unvereinbarkeiten bei den Eigentümerstrukturen!

Zweitens: Weg mit den politisch besetzten Aufsichtsfunktionen!

Drittens: Weg mit den überhöhten Mietkomponenten!

Viertens: Weg mit den Auslaufannuitäten!

Fünftens: Weg mit den überhöhten Erhaltungsbeiträgen!

Sechstens: Weg mit den Kontrolldefiziten!

Siebentens: Weg mit den Behinderungen, wenn es um die wohlerworbenen Rechte der Mieter geht und sie ihre Wohnungen auch tatsächlich erwerben wollen!

Hohes Haus! Wenn Sie eine erfolgreiche Wohnbaupolitik einleiten möchten, dann lade ich Sie dazu ein, einen Schlußstrich unter das bisherige Gemeinnützigkeitsunwesen zu ziehen und unseren Antrag zu unterstützen. Machen wir endlich Schluß mit den überhöhten Mieten, und geben wir den Bürgern zurück, was ihnen gehört, meine Damen und Herren! Ich möchte das mit aller Deutlichkeit sagen: Geben wir zurück, was den Mietern gehört! Lassen wir die Österreicherinnen und Österreicher nicht länger eine Zeche zahlen, die sie nicht verdient haben! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Abgabe einer Stellungnahme zum Gegenstand hat sich in Vertretung des Herrn Bundeskanzlers der Herr Staatssekretär zu Wort gemeldet. – Bitte, Herr Staatssekretär.

15.24

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Peter Wittmann: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrtes Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! In dem heute von der FPÖ vorgelegten Dringlichen Antrag wird unter anderem eine Reform des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes gefordert. Dabei bleiben allerdings die Probleme der Familien und der hohen Mieten bei privaten Vermietern völlig ausgeklammert. Mit keinem Wort werden darin auch die Belastungen der jungen wohnungssuchenden Familien durch weit überhöhte Maklerprovisionen erwähnt.

Sie zitieren gerne die Mieterorganisationen und die Arbeiterkammern, wenn es darum geht, Verbesserungen für die Genossenschaftsmieter zu erreichen, ihre Kritik an den Zuständen im privaten Wohnungssektor wird von Ihnen aber völlig übergangen. Es ist ganz klar: Es geht Ihnen gar nicht um die Verbesserung der Wohnungssituation der Familien im allgemeinen, sondern es geht Ihnen im Gegenteil um politische Polemik. (Abg. Scheibner: Lassen Sie diese Unterstellungen! – Abg. Dr. Graf: Wo ist der Herr Bundeskanzler? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Die Frage der Senkung der Mieten und Ihres eigenen Wahlversprechens, eine Senkung um 30 Prozent vorzunehmen, ist im wesentlichen eine Frage der Reduzierung der Hypothekarzinsen, die ja auch in anderen Bundesländern weitergegeben wurde. Diese Senkung wurde auch in anderen Bundesländern erfolgreich durchgeführt, und es werden sich diesbezüglich noch weitere Bundesländer anschließen.

In dem Dringlichen Antrag wird zum Beispiel auch behauptet, daß der überwiegende Teil des Förderungsvolumens von den gemeinnützigen Bauträgern verwaltet wird. Förderungsgelder werden aber nicht zur Verwaltung gegeben, sondern sie werden nur vergeben, wenn unmittelbare Bauleistungen damit finanziert werden. Ein großer Teil der Fördergelder wird außerdem zur Finanzierung des Baus von Eigenheimen verwendet oder an private Bauträger vergeben. Das wird von Ihnen schlicht und einfach übergangen. (Abg. Scheibner: Was ist mit den Rücklagen?)

Einen zweiten Punkt Ihres Antrages möchte ich auch noch ansprechen. Darin fordern Sie, den Ausschluß von Banken und Versicherungen aus der gemeinnützigen Wohnungswirtschaft vorzunehmen. Ein Vorschlag, wer die neuen Eigentümer sein sollen, fehlt. (Abg. Huber: Die FPÖ! – Heiterkeit.) Es geht hier um eine schwerwiegende Frage. Wenn wir auch in Zukunft solide Verhältnisse in diesem Bereich wollen, dann brauchen wir die Partnerschaft von gesunden Unternehmen und auch Eigentümern. Es geht darum, ein verantwortungsbewußtes Vorgehen in den Mittelpunkt zu stellen und daß auch die Eigentümer ein entsprechendes Vertrauen der Bevölkerung genießen müssen, wie es eben diese Unternehmen in Österreich genießen. (Abg. Dr. Graf: So wie beim Konsum, oder? Da war die Eigentümerstruktur auch so "super"! – Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Eine Säule der Sozialdemokratie! – Abg. Dr. Mertel: Rosenstingl!)

Ein Beispiel sollte uns eine Lehre sein, nämlich das Beispiel "Freies Wohnen". Damit wollte man sicherlich einen neuen Weg gehen, dieser ist aber offensichtlich gescheitert. Wir vertrauen auf die Vertrauenswürdigkeit der großen österreichischen Institutionen in diesem Bereich. (Abg. Scheibner: Zur Sache fällt Ihnen überhaupt nichts ein!)

Was hilft nun den Mietern wirklich? – Nicht eine Eigentümerstruktur auf wackeligen Beinen, sondern die Ausweitung und Verbesserung der Kontrollen und verstärkte Mitspracherechte der Mieter. Genau das ist einer der Punkte der derzeit geführten Verhandlungen zwischen den beiden Regierungsparteien.

Was brauchen wir in der Wohnungspolitik? – Die Ausgangslage, die wir heute vorfinden, ist nicht so schlecht, wie sie dargestellt wird. Im internationalen Vergleich hat Österreich eine der höchsten Wohnbauraten. Die tragenden Säulen dieser Wohnungspolitik sind: der Mieterschutz mit Mietzinsobergrenzen und Kündigungsschutz auch im privaten Wohnungssektor (Abg. Scheibner: Sie haben gerade gesagt, daß die Mieten auch bei den Privaten überhöht sind!), die Wohnbauförderung, der gemeinnützige und kommunale Wohnungssektor und ein funktionierendes Wohnungseigentumsrecht. Diese Säulen werden wir auch in Zukunft brauchen.

Darauf müssen wir aufbauen, und wir werden es nicht zulassen, daß diese Säulen zerstört werden. Natürlich müssen wir gleichzeitig dafür Sorge tragen, daß die genannten Säulen tragfähig bleiben und daß Fehlentwicklungen korrigiert werden. Hiezu brauchen wir aber seriöse Vorschläge und keine Wahlkampfversprechen. (Abg. Scheibner: Da sind Sie gerade der Richtige!)

Was wir tatsächlich brauchen, sind niedrigere Maklerprovisionen, eine Klarheit bei den Richtwertmieten, eine Eingrenzung der Befristungsmöglichkeiten (Abg. Dr. Fekter: Nein, das brauchen wir nicht!), eine Begrenzung der Miete bei entschuldeten Genossenschaftswohnungen und bei der Wiedervermietung älterer Genossenschaftswohnungen. (Abg. Scheibner: Wer hindert Sie denn daran, das zu machen? Das ist eine Forderung von Ihnen an sich selbst! Sie sind in der Regierung!) Wir brauchen aber auch mehr Mitsprache und Kontrolle bei der Einhebung von Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträgen.

Mit diesen Maßnahmen können die Wohnungskosten tatsächlich gesenkt werden, kann den Mietern Wohnsicherheit und Leistbarkeit des Wohnens geboten werden. (Neuerliche Zwischenrufe und Heiterkeit bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Schweitzer: Das war kein Freund von Ihnen, der das aufgeschrieben hat! Diese Rede hat kein Freund geschrieben! – Abg. Scheibner: Die SPÖ ist seit 29 Jahren in der Regierung!)

Wie Sie sehen, ist gerade bei einem so wichtigen Thema wie dem Wohnbereich nicht nur das Formulieren von unerfüllbaren Wünschen und Forderungen gefragt, sondern solide Politik. (Abg. Mag. Schweitzer: Selbst Andreas Khol schüttelt den Kopf!) Wir sind dabei, diese Politik weiter fortzuführen. Wir sind dabei, mit dem Regierungspartner die entsprechenden Maßnahmen auszuverhandeln. Wir werden auch in Zukunft die diesbezüglichen Sorgen und Ängste der Bevölkerung ernst nehmen und eine Lösung finden. Sie kann aber nicht mit Polemik gefunden werden, sondern muß in handfesten Verhandlungen auf einer gemeinsamen und einvernehmlichen Basis erarbeitet werden. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Kein einziges Wort zur Sache! Sie sind ein würdiger Vertreter für den Kanzler, das muß man schon sagen!)

15.30

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen in die Debatte ein.

Ich mache darauf aufmerksam, daß jede Fraktion eine Gesamtredezeit von 25 Minuten hat, wobei kein Redner mehr als zehn Minuten sprechen darf.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gaugg. – Bitte.

15.31

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Zunächst einmal weise ich Ihre politische Polemik von der Regierungsbank aus auf das entschiedenste zurück. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Und zweitens: Wer Ihnen diese Rede geschrieben hat, hat Ihnen mit Sicherheit keinen guten Dienst erwiesen. (Abg. Dr. Fekter: Die Arbeiterkammer wahrscheinlich!)

Lassen Sie uns doch den ersten Schritt setzen in jenen Bereichen, in denen es eine unmittelbare Einflußmöglichkeit seitens der Politik gibt, wie sie es schon bei den privaten Vermietern mit der Festlegung von Zinskategorien getan hat. In diesem Bereich ist es ohne weiteres gegangen, die Mietzinskategorien einzuführen. (Abg. Scheibner: Aber das kritisiert man ja jetzt wieder!) Jetzt wird das wieder kritisiert. Ich verstehe diesen Wellengang innerhalb der Regierung, was die Wohnbaugenossenschaften betrifft, nicht.

Wenn Sie sagen, die Partner sollen Banken und Versicherungen bleiben, so ist das eine Sache – das ist durchaus denkbar und nichts Schlechtes –, aber Sie wissen ganz genau, daß das Gesetz betreffend Insiderhandel von den Banken in Österreich äußerst streng vollzogen wird.

Es kann doch nicht sein, daß ein und dieselbe Person, ein Bankdirektor, Kreditgeber für eine Genossenschaft ist und in dieser Genossenschaft als Vorsitzender im Aufsichtsrat sitzt. Das ist ein klassischer Mißbrauch der Funktionen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie dürfen dreimal raten, für welche Interessen sich dieser Bankdirektor aussprechen wird. Er wird natürlich für jenen Bereich Sorge tragen, für den er die Verantwortung trägt, in dem er wiedergewählt werden will, nämlich als Vorstandsdirektor in seinem Unternehmen, und daher wird er nicht unbedingt danach trachten, daß diese Genossenschaft, der er vorsteht – und davon gibt es einige –, die optimalsten Konditionen bekommt. Wenn damit verbunden ist, daß sein Unternehmen und seine Tochtergesellschaften vom Mitbewerb ausgeschlossen werden, dann kann man darüber reden. Aber solange er Financier und Aufsichtsrat ist, kann das nur ein klassischer Mißbrauch von Insiderwissen sein. Das stellt auch eine eklatante Ungerechtigkeit in der Frage des Wettbewerbs dar.

Wenn Sie heute nach vielen Jahren so tun, als wäre alles in Ordnung, so darf ich daran erinnern, daß es gerade Ihr Vizebürgermeister Mayr war, der schon vor Jahren gesagt hat, nach langem Zögern der Genossenschaften, daß die Rücklagen in seiner Amtszeit bereits etwa sechs Milliarden Schilling betragen haben, nämlich die freien Rücklagen, deren Existenz von den gemeinnützigen Genossenschaften über Jahre bestritten wurde.

Um den gemeinnützigen Wohnungsbereich in Österreich ein wenig zu durchleuchten, ist es notwendig, das Ganze ein bißchen historisch zu sehen. Angefangen hat es mit dem Wohnhaus-Wiederaufbaufonds, durch den in Österreich Wohnungen zahlreich vergeben wurden, in einem erheblichen Ausmaß. Der Vorteil war, daß die Menschen Wohnungen bekommen haben. Der Vorteil für die politischen Parteien SPÖ und ÖVP war, daß sie viele zahlende Parteimitglieder bekommen haben, weil über Jahrzehnte in Österreich die Bereiche Wohnen, Arbeiten und Gesundheit ausschließlich Parteipolitik waren. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Wie war das beim "Freien Wohnen"?)

Das ist erledigt, aber Sie befreien sich nicht von Ihren Dingen. Sie verlangen bei Regierungsklausuren eine Senkung der Mieten, tun aber nichts. Ihre eigenen Genossen haben im Landtagswahlkampf in Kärnten bestritten, daß die Genossenschaften jemals irgendwo einen Handlungsbedarf gehabt hätten. (Abg. Schwemlein: In Salzburg sind die Mieten dramatisch gesunken! Sie haben keine Ahnung!)

Ich kann Ihnen nur sagen, das hat letztlich Ihren Herrn Spitzenkandidaten Ausserwinkler den Kopf und Landesrat Haller letztlich auch seine Funktion als Regierungsmitglied gekostet, weil sich beide einbetoniert und gesagt haben, es bestehe überhaupt keine Notwendigkeit, hier Maßnahmen zu setzen. Aber siehe da, nach wenigen Wochen, unter dem Druck von Landeshauptmann Dr. Jörg Haider, ist eine der ersten Genossenschaften, die eine Mietensenkung vorgenommen haben, die sozialistische Eisenbahn-Siedlungsgesellschaft gewesen. Das ist das Ergebnis. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Das glauben Sie selber?)

Sie können jetzt erzählen, was Sie wollen, Faktum ist, es ist jahrelang nichts passiert. (Abg. Schwemlein: Sie erzählen uns, was Sie wollen!) Es hat keine Reaktionen der Wohnbaugesellschaften nach dem Auslaufen von Krediten bei Altbauwohnungen gegeben. Kennen Sie ein einziges Beispiel, wo die Miete einer Genossenschaftswohnung gesenkt wurde, weil der dafür aufgenommene Kredit gänzlich zurückbezahlt wurde? Ich kenne kein Beispiel.

Das zweite ist, daß seit Jahren der Zinssatz für langfristige Finanzierungen von den österreichischen Banken gesenkt wird. Kennen Sie ein Beispiel, wo eine Genossenschaft freiwillig, von sich aus diese Zinssenkung an die Mieter weitergegeben hat? Es ist der gelernte Österreicher von Ihnen so erzogen, wir reagieren nicht ... (Abg. Schwemlein: Wie viele Beispiele wollen Sie hören? Vier kann ich Ihnen nennen!) Sie können das ja dann später hier heraußen erzählen, Sie haben genügend Gelegenheit dazu, aber lassen Sie mich jetzt mit meinen Ausführungen fortsetzen! (Abg. Schwemlein: Ich zähle Ihnen vier auf!) Ja, zählen Sie sie auf, aber hier heraußen, damit es auch im Protokoll steht und nachvollziehbar ist. (Abg. Schwemlein: Salzburger Siedlungsgenossenschaft, GSWB, Bergland ...!)

Ich werde Ihnen sagen, warum Sie sich von diesen Genossenschaften nicht trennen können: damit Sie abgetakelte Politiker von Rot und Schwarz mit Posten versorgen können. Das ist die Situation. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Es sitzt kein einziger drinnen! – Abg. Dr. Mertel: Sagen Sie uns einen Namen!) Da gibt es genügend. Da zähle ich Ihnen zehn auf, nicht vier wie Sie. Schauen Sie sich das einmal an! Ich zeige Ihnen die Liste. (Abg. Schwemlein: Nennen Sie einen Namen!)

Zum Beispiel Herr Medweschek in Klagenfurt, Vizebürgermeister außer Dienst, Direktor der Neuen Heimat! (Abg. Schwemlein: Der ist schon lange in Pension!) Ja, schon lang! Ein halbes Jahr lang ist er in Pension, mit einer satten Abfertigung und ähnlichem mehr. (Abg. Dr. Mertel: Drei Jahre!) Ja, ich weiß schon, es ist alles nicht wahr. Das findet alles nicht statt, aber leider nur in Ihren Köpfen nicht. (Abg. Dr. Mertel: Sie leben in der Vergangenheit!)

Sie nützen ein System, das in der Nachkriegszeit für den Wiederaufbau von Wohnungen durchaus seine Berechtigung gehabt hat, schändlich für parteipolitische Spiele und Versorgungsposten für ehemalige Politiker aus. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Was auch seit Jahren unwidersprochen im Raum steht, ist der Verdacht der Parteienfinanzierung. Das wurde nie widerlegt. Der Verdacht der Parteienfinanzierung steht im Raum, bleibt unwidersprochen. (Abg. Dr. Fekter: War das in Niederösterreich auch so? – Weitere Zwischenrufe zwischen Abgeordneten der ÖVP und der Freiheitlichen.)

Zur Kritik der Arbeiterkammer. Entschuldigen Sie, Herr Staatssekretär, aber die Arbeiterkammer ist nicht Ihr Eigentum! Die Arbeiterkammer behauptet immer wieder, sie sei im Interesse der österreichischen Arbeitnehmer tätig. Stellen Sie sich vor, es gibt österreichische Arbeitnehmer, die nicht sozialistisch wählen, die nicht Ihre Partei wählen. Heißt das für Sie, daß jene die von der Arbeiterkammer erzielten Verhandlungsergebnisse, die im Interesse der Bürger dieses Landes sind, nicht für sich verwenden dürfen?

Es wäre durchaus angebracht, jene Kritik, die die Arbeiterkammer 1990 schon erhoben hat, ernst zu nehmen. Sie haben die Möglichkeiten, setzen Sie sie endlich um! Sie werden schon sehen, Sie kommen zusehends unter Druck. Sie verlieren bei den Genossenschaften die Prozesse hinsichtlich der Betriebskosten, Sie verlieren Prozesse hinsichtlich der Kosten von Wartungen und hinsichtlich überhöhter Rechnungen, weil letztlich zugegeben werden muß, daß solche ausgestellt werden.

Ich glaube also, es wäre ehrlicher, dafür zu sorgen, daß es wirklich zu einer Senkung der Kosten kommt, und das kann geschehen, ohne daß der Bestand der Genossenschaften nur in irgendeiner Weise gefährdet wird. Es wäre schon eine spürbare Erleichterung, würden die Genossenschaften nur jene Skonti und Rabatte, die sie erhalten, an die Mieter und Eigentümer von Wohnungen weitergeben. Diese drei Prozent machen bei diesem Bauvolumen doch einiges aus und würden die Mieten etwas senken. Und siehe da, eine weitere sozialdemokratische Genossenschaft ist erstaunlicherweise jetzt von sich aus in der Lage, die Verwaltungskosten zu senken.

Ich freue mich, daß wenigstens etwas Bewegung in diese Angelegenheit kommt. Wer immer dann glaubt, der Vater zu sein, es ist jedenfalls im Interesse der Mieter. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

15.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zum Wort gelangt Frau Abgeordnete Doris Bures. – Bitte.

15.40

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich bin mittlerweile auch schon einige Zeit in diesem Hause (Abg. Dr. Graf: Ist uns gar nicht aufgefallen!) und bin trotzdem immer noch überrascht und finde es eigentlich unfaßbar, mit welcher Unverfrorenheit hier von den Freiheitlichen Unwahrheiten und Halbwahrheiten vorgebracht werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Liebe Kollegen von den Freiheitlichen! Punkt 1 Ihres Programms lautet: Weg mit Verflechtungen. Wer steht hinter den Genossenschaften?, wird als Frage formuliert. – Ja, es hat Verfilzungen, es hat Freunderlwirtschaft zu Lasten der Wohnungssuchenden und der Mieter gegeben. Das war in der Wohnbaugenossenschaft "Freies Wohnen", einer gemeinnützigen Wohnbaugesellschaft. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Gaugg: Wo denn? Wo denn? – Abg. Scheibner: Wo sind da Mieter zu Schaden gekommen? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich weiß, es ist Ihnen unangenehm.

Wer ist hinter dieser Wohnbaugenossenschaft "Freies Wohnen" gestanden? Abgetakelte Politiker: Schimanek, Schreiner, Gratzer – lauter Herren aus der Freiheitlichen Partei. Das sind Ihre Leute, die zu Lasten der Mieter versucht haben zu experimentieren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Keine Unterstellungen, die Sie nicht belegen können! Wo sind denn Mieter zu Schaden gekommen? – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Das waren gescheiterte Schwimmversuche. Sie sind damit untergegangen, und es ist gut so, weil dadurch hoffentlich Schaden für die Zukunft abgewendet werden kann. (Abg. Mag. Schweitzer: Warum sind Sie so nervös? – Abg. Mag. Trattner: Wo ist ein Mieter zu Schaden gekommen?)

Ich halte das heute für ein freiheitliches Ablenkungsmanöver. Sie wollen von Ihrer Unkenntnis, von Ihrer Erfahrungslosigkeit, von Ihren Mißerfolgen ablenken. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Wo haben wir Mißerfolge?)

Ich weiß, was sich tagtäglich in diesem Bereich abspielt und worunter die Mieterinnen und Mieter tagtäglich zu leiden haben. Ich sage Ihnen zwei Beispiele: Dort, wo sozialdemokratische Wohnbaureferenten tätig sind, gibt es nach Rückzahlung der Darlehen für Genossenschaftswohnungen auch keine Einhebung dieser Raten. Seit 1995 gibt es in Wien eine klare Begrenzung der Miete, wenn die Darlehen zurückbezahlt wurden.

Aber was ist in der Steiermark und in Kärnten? Da sind Sie verantwortlich! Was ist dort? Dort müssen die Mieter für Darlehen bezahlen, die es gar nicht mehr gibt! Das ist in Kärnten und in der Steiermark unter freiheitlichen Wohnbaulandesräten der Fall! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Das ist völlig falsch, was Sie da behaupten! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) – Ich weiß, das regt Sie auf.

Zweiter Punkt: Wir setzen uns dafür ein, daß es Wohnbauförderungsmittel gibt, um auf der einen Seite Wohnungen zu errichten und auf der anderen Seite dafür zu sorgen, daß jene Menschen und jene Familien, die ein geringes Einkommen haben, auch Subjektförderung bekommen, daß jene, die ein geringes Einkommen haben, junge Menschen mit Kindern, auch die Möglichkeit haben, in eine Neubauwohnung zu ziehen. Dafür sind Wohnbauförderungsmittel notwendig, und diese Subjektförderung ist in den letzten drei Jahren in Wien zum Beispiel verdreifacht worden.

Was ist in jenen Bundesländern, in denen Sie die Wohnbaulandesräte stellen? (Abg. Scheibner: Sie waren doch immer dagegen, daß man die Subjektförderung ausbaut!) Was ist dort? Dort wollen Sie die Wohnbauförderung dafür verwenden, um einen "Kindergartenvernichtungsscheck" zu decken. Das ist Ihre Politik! Dort geschieht nichts, dort gibt es keine Subjektförderung (Beifall bei der SPÖ) und damit keine Unterstützung für junge Familien, die sie brauchen, um für ihre Wohnkosten aufkommen zu können. (Abg. Scheibner: Sagen Sie auch etwas zu den überhöhten Zinsen!)

Die Sozialdemokratie steht für Reformen im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz; die entsprechenden Anträge liegen auf dem Tisch. Wir wollen, daß es Rechtssicherheit für alle Mieterinnen und Mieter gibt, auch in der Steiermark und in Kärnten, damit sie nicht so wie bei Ihnen zuviel zahlen müssen. Wir wollen das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz ändern, um mehr Transparenz hineinzubringen, um mehr Mietermitbestimmung zu erreichen und um auch zu einer Reduzierung der Kosten zu gelangen. Die Anträge liegen ja bereits vor.

Was man sagen muß – und daraus braucht man kein Hehl zu machen –, ist, daß es bei gemeinnützigen Wohnungen im Unterschied zu Wohnungen im privaten Althaus keine Befristungen, keine Spekulation, keine illegalen Ablösen, die von Vermietern verlangt werden, und keine Maklerprovisionen gibt. (Abg. Dr. Krüger: Aber Vetternwirtschaft! – Abg. Scheibner: Aber überhöhte Zinsen!) Mit diesen Problemen sind jene Menschen, die im privaten Althaus leben, konfrontiert. Ich weiß das aus meiner Tätigkeit in der Mietervereinigung. Diese Menschen sind leider mit den größten Problemen, mit den höchsten Mieten, mit all diesen Mißständen konfrontiert.

Ich denke mir, daß die Menschen – und immerhin betrifft das die Hälfte der Wiener Mieterinnen und Mieter – auch wissen sollten, was die Forderungen der FPÖ hinsichtlich dieses Bereichs sind. Die Freiheitlichen sind in diesem Bereich gegen den Mieterschutz, gegen den Kündigungsschutz und für Mieten von 100 S pro Quadratmeter. Sagen Sie das den Leuten, und belügen Sie sie nicht permanent! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Wo ist das? Wo ist das? – Abg. Dr. Graf: Vorwurf der Lüge – Ordnungsruf!)

Ich halte es auch für keinen Zufall, daß die Freiheitliche Partei, was den Bereich der privaten Vermieter betrifft, in ihrem Programm keine einzige Forderung hat, die zu einer Verbesserung der Situation und zur Lösung der Probleme dieser Mieterinnen und Mietern führen würde – keine einzige Forderung! Ich wäre sehr froh, wenn wir einmal dringlich behandeln könnten, was da eigentlich wirklich dahintersteckt, welche Verflechtungen es seitens der Freiheitlichen Partei zu Immobilienhaien und Immobilienmaklern gibt, welche Verbindungen die FPÖ zu diesen Kreisen hat, die ausschlaggebend dafür sind, daß sie die Mieterinnen und Mieter in diesem Bereich am liebsten auf der Strecke lassen möchte. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich halte die Auseinandersetzung mit der Freiheitlichen Partei, die beinhartes Lobbying für Hauseigentümer, Makler und Immobilienhaie auch hier in diesem Haus betreibt, ohnedies für müßig und möchte daher noch die Gelegenheit nutzen, um festzuhalten, wofür die Sozialdemokratie als Mieterschutzpartei und auch ich, die ich in der größten Mieterschutzorganisation Österreichs tätig bin, wofür wir stehen. Die diesbezüglichen Anträge liegen ja hier in diesem Haus bereits auf dem Tisch. Es gibt auch Verhandlungen mit dem Koalitionspartner darüber. Meiner Ansicht nach stellt diese Vorgangsweise den seriösen Umgang und eine tatsächliche Hilfestellung dar.

Wir sind für eine klare Begrenzung der Mieten. Wir sind dafür, daß Mieterinnen und Mieter die Möglichkeit haben, zu überprüfen, ob das überhaupt in Ordnung ist, was sie an Miete bezahlen. Wir haben einen Richtwert, der im übrigen in Wien und im Burgenland am niedrigsten ist. In der Steiermark ist er am höchsten, in diesem Bundesland zahlen die Mieterinnen und Mieter am meisten. Wir wollen, daß der Richtwert klar festgelegt wird und es bei den Zuschlägen eine klare Obergrenze gibt. Wir wollen, daß es zu keiner Einschränkung des Kündigungsschutzes kommt, es muß beim Wohnen Sicherheit geben, das ist für Familien unbedingt notwendig. Das heißt, wir sind für Einschränkungen bei befristeten Mietverträgen, und wir sind für Rechtssicherheit bei den Auslaufmieten, für eine gesetzliche Änderung im Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz. (Abg. Dr. Krüger: Für Mieter, die von der SPÖ abhängig sind, dafür seid ihr!)

Ich möchte die Gelegenheit auch nutzen, einen Appell an alle anderen Fraktionen als jene, die versucht hat, ein Ablenkungsmanöver, das ohnedies mißglückt ist, zu starten, richten, mit uns im Interesse der Mieterinnen und Mieter diese Forderungen und diese Anträge zu unterstützen. Ich ersuche vor allem auch den Koalitionspartner, die Interessen der Mieterinnen und Mieter nicht zu vergessen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Sie haben kein Wort zu den überhöhten Zinsen gesagt! Dazu fällt Ihnen nichts ein!)

15.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Bures, ich würde Sie bitten, daß Sie kurz zu mir zum Präsidium kommen.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Schwimmer. – Bitte.

15.48

Abgeordneter Dr. Walter Schwimmer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Die Dringlichkeit Dringlicher Anträge beziehungsweise Anfragen seitens der Freiheitlichen ist manchmal unergründlich. Das ist zwar nicht meine Sache, sondern die der Freiheitlichen, aber man fragt sich halt nur. Kollege Firlinger spricht von jahrzehntelangen Problemen. Am 21. April bringt die FPÖ einen Selbständigen Entschließungsantrag ein und heute den wortgleichen Antrag als Dringlichen Antrag. Was war am 21. April noch nicht dringlich, und was ist heute so dringlich? (Abg. Scheibner: Weil wir ihn nicht in einer Schublade verschwinden lassen wollen!)

Herr Klubobmann Scheibner! Was hätte seit 21. April behandelt werden können? Aber das ist eine Nebensache. Was ich mich wirklich frage, ist: Warum hebt Abgeordneter Firlinger zur "Jahresfeier" des Auffliegens des Skandals um das versuchte Wohnbauimperium Rosenstingl, Holiday Home, Ing. Uher, Freie Zukunft, die angeblich gemeinnützige Wohnbaugesellschaft "Freies Wohnen" den Pflasterstein auf und schmeißt ihn gegen die Decke des Glashauses – allerdings von innen? Das soll man ja angeblich nicht tun: mit Steinen werfen, wenn man im Glashaus sitzt. Warum macht er das? (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.) Ich sage es Ihnen: weil der Schelm denkt, wie er ist.

Abgeordneter Gaugg hat von Parteienfinanzierung geredet. Sie haben die Parteienfinanzierung mit dem "Freien Wohnen" versucht – es ist Ihnen nicht gelungen. (Abg. Scheibner: Sie meinen, Sie können es besser?) Nein, Herr Abgeordneter Scheibner, ich kann Ihnen beweisen, daß Sie versucht haben, für die Partei 3 Millionen Schilling an Gewinn herauszuschlagen.

Das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz verlangt mit gutem Grunde, daß Anteile an Gemeinnützigen nur zum Nominale verkauft werden können. Es soll sich niemand daran bereichern und daraus finanzieren können. Was lese ich aber am 15. Jänner 1999? – 1999, und nicht voriges Jahr, beim Rosenstingl; da wart ihr alle panisch, das verstehe ich! (Abg. Dr. Partik-Pablé: Kein Mensch war "panisch"!) Am 15. Jänner 1999 lese ich in der "Presse", daß der Aufsichtsratsvorsitzende des "Freien Wohnens", Herr Mauritz – er wird Ihnen bekannt sein, er ist ein Funktionär der FPÖ –, die Genossenschaft "Freies Wohnen" nicht unter 6 Millionen Schilling verkaufen will. Das Nominalkapital beträgt allerdings 3 Millionen. (Abg. Dr. Fekter: Gesetzwidrig!) Also 3 Millionen Verdienst, 3 Millionen Gewinn, 3 Millionen Parteienfinanzierung! (Abg. Scheibner: So ein Unsinn!) Was Sie versucht haben, unterstellen Sie jetzt anderen, und das weisen wir ganz eindeutig zurück. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das ist nachgewiesen, und Herr Mauritz kann es nicht leugnen. Ich sage das auch draußen, ohne Schutz der Immunität, im Gegensatz zu Ihnen! (Abg. Scheibner: Was war in Salzburg mit eurer Wohnbaugenossenschaft?) Er kann mich klagen, aber er wird den Prozeß mit Sicherheit verlieren. Er hat versucht, 3 Millionen daraus zu lukrieren.

Schauen Sie, Ihr "Freies Wohnen" war die Karikatur einer gemeinnützigen Bauvereinigung. Sie hat binnen kurzem ihr Grundkapital verwirtschaftet, war insolvenzgefährdet, hat überhöhte Honorare an freiheitliche Firmen bezahlt – das ist vom Revisionsverband festgestellt worden –, hat das Gemeinnützigkeitsgesetz verletzt ... (Abg. Schwemlein: Hat Mentil da auch etwas verdient?)

Abgeordneter Mentil ist ein Opfer dieser Geschichte. Soviel ich weiß, ist das "Freie Wohnen" dem Abgeordneten Mentil – aber das kann er uns vielleicht selbst sagen – noch 1,3 Millionen Schilling schuldig. Es wurde ja gefragt, wer geschädigt wurde. Dazu gehört meiner Information nach unter anderen auch Abgeordneter Mentil. Aber Abgeordneter Mentil war, soviel ich weiß, nicht so wie andere an Gesetzesverletzungen beteiligt, weil nämlich ... (Abg. Mag. Barmüller: Deshalb muß er jetzt extra sitzen!) Darum sitzt er jetzt auf einem anderen Platz, genau! (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Da man hier von Unvereinbarkeiten bei den Eigentümern spricht: Man hat gleich einen bereits wegen Betrugs am Bau Verurteilten an einer Subgesellschaft beteiligt und ihn auch noch als Funktionär in der Gesellschaft "Freies Wohnen" eingesetzt, einen, der im Baugeschäft tätig war. (Abg. Schwemlein: Der war als Experte geladen!) Inkompatibel, Herr Abgeordneter Scheibner! (Abg. Scheibner: Wann sagen Sie etwas zu den überhöhten Mieten?) Alles nachzulesen, wenn Sie wollen, in den Revisionsberichten. Sie meinen ja, daß die Gemeinnützigen nicht entsprechend untersucht und revidiert werden. (Abg. Scheibner: Zur Praxis wissen Sie gar nichts!) Beim "Freien Wohnen" hat es, Gott sei Dank, eindeutig funktioniert. Dieses Abenteuer, diese Karikatur ist hoffentlich vorbei. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Marizzi: ... sich selber abschaffen! – Weitere Zwischenrufe.)

Sie wissen auch die Fakten nicht richtig darzustellen. Bereits im ersten Absatz Ihres Dringlichen Antrages steht etwas eindeutig Falsches. Sie wissen gar nicht, was Sie in einer uninformierten Öffentlichkeit anrichten können! Sie behaupten, daß die erforderlichen Mittel des Bauvolumens der Gemeinnützigen mit einem Betrag von jährlich 24,5 Milliarden Schilling aus dem Bundesbudget kommen. Das ist die gesamte Bundeswohnbauförderung, und Sie tun so, als ob die Gemeinnützigen die gesamte Bundeswohnbauförderung bekämen. (Abg. Dr. Fekter: Was ist mit den Häuselbauern?)

Gott sei Dank müssen sich auch die Gemeinnützigen – ich bekenne mich dazu – der Konkurrenz, dem Wettbewerb stellen. Es gibt auch Wohnbauförderung für private Bauträger. (Abg. Dr. Fekter – in Richtung Freiheitliche –: Wollen Sie denen die Wohnbauförderung abspenstig machen?) Es gibt die Hunderttausenden Österreicher, die ihr Eigenheim selbst bauen und Wohnbauförderung in Anspruch nehmen. Wissen Sie, wieviel von den 24,5 Milliarden Schilling jährlicher Wohnbauförderung an die Gemeinnützigen geht? – Ganze 8 Milliarden sind es, weniger als ein Drittel! Also sagen Sie schon im ersten Absatz etwas völlig Falsches und nehmen in Ihren Behauptungen gleich eine Verdreifachung vor. Das entspricht ungefähr dem, wie ernst Ihr ganzer Antrag zu nehmen ist, Herr Abgeordneter Scheibner! (Abg. Scheibner: Sagen Sie auch noch etwas zum Thema?) Ich sage schon etwas dazu, denn wir brauchen Ihre Vorschläge wirklich nicht!

Ich möchte jetzt auch ein kurzes Wort zum Herrn Staatssekretär sagen. Herr Staatssekretär, auch Sie sind einer Verwechslung erlegen! Sie sollten hier – wenn ich den Antrag richtig im Kopf habe – die Bundesregierung vertreten, aber nicht den Vorsitzenden der Sozialistischen Partei. (Abg. Dr. Fekter: Und nicht die Arbeiterkammer!)

Frau Abgeordnete Bures hat zu Recht auf die laufenden Verhandlungen zwischen den Koalitionsparteien verwiesen. Diese sind meiner Ansicht nach erfolgversprechend, sie sind aber nicht von einer Rückkehr in den Dirigismus bestimmt. Ich möchte an die Adresse der FPÖ und der SPÖ ... (Zwischenruf der Abg. Reitsamer.) Oder des Staatssekretärs Wittmann! Entschuldigung, Kollegin Bures hat anders gesprochen! – Ich möchte an die Adresse der FPÖ und der SPÖ gerichtet in Erinnerung rufen, was die "Salzburger Nachrichten" am 12. Februar geschrie-ben haben: Der rotblaue Lösungsansatz eines staatlichen Eingriffs in den Wohnungsmarkt ist auch im Ausland anerkannt. Er hat sogar schon Eingang in ein internationales Standardwerk gefunden, veröffentlicht in München 1998, ins "Lexikon der populären Irrtümer". – Mit den staatlichen Eingriffen funktioniert es wirklich nicht, weder so noch so, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Und die überhöhten Zinsen?)

Wir bekennen uns zur Fortsetzung der Reformen, die diese Bundesregierung, diese Koalition 1994 und 1997 mit Erfolg durchgezogen hat, und dazu, mehr Markt, mehr Eigentum und damit auch mehr Arbeit zu schaffen. (Abg. Dr. Petrovic: Bis jetzt erleben wir nur teurere Mieten!) Das ist überhaupt nicht wahr, Frau Petrovic! Sie leben in einer anderen Welt und lesen auch keine Zeitungen. Es ist ganz eindeutig, daß die Ziele erreicht worden sind und daß durch einen Angebotsmarkt auch die Mieten gedämpft werden.

Die ÖVP hat in die Verhandlungen auch eingebracht – wir werden das auch gemeinsam durchziehen, ich glaube, da gibt es keine Schwierigkeiten, Frau Kollegin Bures –, daß gemeinnützige Wohnbauvereinigungen auch im nachhinein Kapital am Markt zugunsten ihrer Mieter entsprechend lukrieren müssen, daß sie die marktüblich besten Zinsen herauszuschlagen und den Vorteil an die Mieter weiterzugeben haben. (Abg. Böhacker: Und übermorgen beginnen wir damit!) Das ist ganz eindeutig – und ich bitte den Herrn Staatssekretär, das an den Herrn Finanzminister weiterzugeben –, auch im Bundessonderwohnbaugesetz, das 1982 und 1983 eine gute Sache war, allerdings bei Zinsen von 8 bis 9 Prozent. Wenn jetzt die Zinsen gesunken sind, dann sollten auch die Mieter von den gesunkenen Zinsen beim Bundessonderwohnbau profitieren, und das sollte nicht bloß in gekürzten Annuitäten zum Ausdruck kommen. (Abg. Scheibner: Ich warte noch immer auf die angekündigten Reformmaßnahmen bei Mieten und Zinszahlungen!)

Wir wollen in den Verhandlungen – weil es nicht nur um die Mieter geht – weiters den Schutz der zahlenden und zahlungswilligen Wohnungseigentümer gegenüber den zahlungsunwilligen oder zahlungsunfähigen Wohnungseigentümern erreichen. (Abg. Scheibner: Jetzt haben Sie noch immer nichts zu den Mieten gesagt!) Wir wollen, im Gegensatz zu Ihnen, daß die Mieten durch einen funktionierenden Markt überall sinken. (Abg. Dr. Graf: Sollen jetzt die Mieten sinken, ja oder nein?) Wir wollen, daß die Mieten auch durch die Zurücknahme überhöhter Betriebskosten sinken. Wir wollen nicht die Augenauswischereien, die zum Teil erst im Jahr 2005 wirksam werden würden. (Abg. Scheibner: Was ist mit den überhöhten Zinsen?) Wir wollen einen ...

Präsident Dr. Heinz Fischer (das Glockenzeichen gebend): Bitte um den Schlußsatz!

Abgeordneter Dr. Walter Schwimmer (fortsetzend): Wir wollen einen funktionierenden Wohnungsmarkt, und wir werden deshalb die Reformen, die erfolgreich waren, weiterführen. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Scheibner: Keine Reformen!)

15.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wegen des Vorwurfs des Belügens rufe ich Frau Abgeordnete Bures zur Ordnung.

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Schöggl gemeldet. Redezeit: 2 Minuten. Sachverhalt – Gegendarstellung.

15.59

Abgeordneter Dipl.-Ing. Leopold Schöggl (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Kollegin Bures hat in ihrem Redebeitrag sinngemäß behauptet, daß das in der Steiermark unter dem freiheitlichen Landesrat Schmid entwickelte Modell der Wohnbauförderung und der Wohnbauhilfe mieterfeindlich wäre und zu überhöhten Mieten führe.

Ich stelle tatsächlich richtig: Das Gegenteil ist der Fall. Unter dem freiheitlichen Landesrat Schmid wurde ein Mietenbeihilfenmodell auch für nicht geförderte Wohnungen entwickelt, das ein eminenter Erfolg wurde, von den Mietern mit großer Begeisterung aufgenommen wurde und zu Mietpreisen führte, die jetzt in der Größenordnung von 37 S pro Quadratmeter liegen und bereits unter den Betriebskosten – da könnten Sie einiges dazulernen – zu liegen kommen. Da besteht Handlungsbedarf, da haben Sie Handlungsbedarf! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Fekter: Schau, schau, er gibt zu ...!)

15.59

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer weiteren tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Trattner gemeldet. – Bitte. (Abg. Scheibner: 37 S – zeigen Sie uns in Wien, wo es das gibt!)

16.00

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Kollege Schwimmer hat hier behauptet, daß das "Freie Wohnen" mit einem Grundkapital von 3 Millionen ausgestattet war, daß man einen Verkaufserlös von 6 Millionen erzielen und 3 Millionen der Partei zuführen wollte.

Richtig ist folgendes: Sie wissen ganz sicher, daß das Mindeststammkapital bei Gemeinnützigen 10 Millionen Schilling beträgt. Das wurde damals seitens der Stiftung "Freies Wohnen" auch eingebracht, und zum Zeitpunkt 15. Jänner 1999 lag das Eigenkapital bei 30 Millionen Schilling. Wenn Sie schon den Revisionsbericht in Händen haben, dann müssen Sie ihn auch richtig lesen und dürfen hier nicht falsche Meldungen verbreiten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.01

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

16.01

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Krüger! Jetzt kommt ein Teil der liberalen Wohnbaupolitik. Aber Sie müssen sich nicht fürchten. Mit Ihrem Beitrag zu den KZ und "Straflagern" werde ich mich heute nicht auseinandersetzen. Denn wir wollen nicht zu weit vom Thema wegführen. (Abg. Scheibner: Das ist einmal ein Lichtblick! Der Regierung ist ja nichts eingefallen!)

Herr Abgeordneter Scheibner! Ich meine aber, daß es bei diesem Antrag notwendig ist, Motivation und Inhalt klar zu trennen. Denn der Dringliche Antrag – darin gebe ich Herrn Abgeordnetem Firlinger recht – ist die richtige Reaktion auf die Zustände, die in diesen Bereichen herrschen. Es kann auch nicht Sinn und Zweck sein, daß man über die APA manchmal – so wie es Abgeordneter Firlinger gesagt hat – ausführt, daß man hier etwas ändern müsse, und daß wir in diesem Hause trotzdem nichts tun.

Aber wenn Herr Abgeordneter Firlinger hier heraußen meint, daß das freiheitliche Wohnbauabenteuer in Niederösterreich erfolgreich zu Ende geführt worden wäre (Abg. Dr. Krüger: Das hat er nicht gesagt!) – genau das hat er gesagt; er hat gesagt: Das haben wir erfolgreich zu Ende geführt! (Abg. Dr. Fekter: Ja, das hat er gesagt!) –, dann muß ich sagen: Das ist Realitätsverweigerung! (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Dr. Jarolim: Das ist ein "Erfolg" der FPÖ!)

Meine Damen und Herren! Es ist unbestritten, daß man es zwar zu Ende gebracht hat – und zwar bis zur bitteren Neige –, aber erfolgreich ist das nicht gewesen. (Abg. Dr. Fekter: Nein, die Schulden sind noch da!) Von Erfolg ist nirgendwo etwas zu sehen. Es ist nur so, daß Rosenstingl der einzige ist, der daran reich geworden ist. Aber auch er muß Buße tun, und das tut er, wie wir wissen, in der schwülen Hitze von brasilianischen Gefängnissen. (Abg. Dr. Fekter: Er kommt bald wieder!)

Meine Damen und Herren, daher ist eines klar herauszustellen, um die Motivation des Antrages zu verstehen: Es gibt in der Wohnbaupolitik der Freiheitlichen offensichtlich drei Phasen. Das war am Anfang die Phase des Aufzeigens und Kritisierens. Dann folgte die zweite Phase, in der man die Gelegenheit hatte, selbst Sünden zu begehen. Das hat man ausgiebig getan, in der zweiten Phase des Sich-Versündigens, nachdem man Gelegenheit dazu bekommen hatte. Wir erleben jetzt hier die dritte Phase, die Phase der ausgiebigen Läuterung. Eine Folge dieser Läuterung ist der Dringliche Antrag, den wir heute vorliegen haben. Daher darf man ihn nicht geringschätzen. (Abg. Dr. Krüger: Ein Erfüllungsgehilfe der Regierung!)

Denn Herr Abgeordneter Firlinger war ja selbst jemand, der sehr nahe daran war. Daher ist ihm hoffentlich zu glauben, daß er diesen Antrag wohl allein in dunkler Nacht an seinem Schreibtisch geschrieben hat, und zwar angesichts der Tatsache, wie stark er in diesem Zusammenhang in Niederösterreich nicht nur verwickelt war, sondern heute noch verwickelt ist. (Abg. Dr. Krüger: Das einzige Regierungsmitglied, das freiwillig ...!) Daher ist das, was hier das Produkt der Läuterung des Herrn Abgeordneten Firlinger ist, von der moralischen Kompetenz und von dem her, was er uns eigentlich auf moralischer Ebene sagen will, mehr als zwielichtig. Das ist unbestritten. (Beifall beim Liberalen Forum. – Rufe und Gegenrufe zwischen dem Abg. Leikam und Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Aber es gibt auch eine inhaltliche Komponente dieses Antrages, meine Damen und Herren. (Abg. Scheibner: Kindesweglegung bei Firlinger!) Das ist keine Kindesweglegung. Es ist eine Adoption, und es wird schon seinen Grund gehabt haben, daß ihr ihn adoptiert habt. Er paßt ja gut zu euch, Kollege Scheibner, er paßt gut zu euch, wie man jetzt sieht. (Beifall beim Liberalen Forum. – Abg. Scheibner: Er hat euch durchschaut!)

Aber es ist unbestritten, meine Damen und Herren, daß der Antrag in seinem Inhalt, in den Punkten, die er inhaltlich anspricht, zu Recht besteht. Es ist unbestritten, daß es endlich zu einer Entflechtung von Wohnbauträgern auf der einen Seite und politischen Parteien auf der anderen Seite kommen muß. Das ist längst überfällig. Das betrifft die SPÖ genauso, wie es die ÖVP und wie es auch die Freiheitlichen betrifft. (Beifall beim Liberalen Forum.)

Zweitens, meine Damen und Herren: Es muß gesetzlich dafür vorgesorgt werden, daß Preistreiberkoalitionen in diesem Segment nicht mehr möglich sind. Es kann nicht angehen, daß das Eigenkapital angelegt wird und mit Fremdkapital Wohnungen gebaut werden, nur weil man die Fremdkapitalzinsen auf die Mieten überwälzen kann. Das muß abgestellt werden, da ist noch einiges im argen. Ich verweise diesbezüglich nur auf Rechnungshofberichte, deren Empfehlungen bis heute nicht umgesetzt worden sind.

Es müssen ferner die Möglichkeiten des Wohnungskaufs vermehrt und ausgebaut werden. Das ist nach meinem Dafürhalten von all jenen unbestritten, die erkannt haben, daß der Wohnbau heute von einem Überschuß geprägt ist. Das Angebot ist überbordend. Es ist daher zu fragen, inwieweit das, was an Wohnungen bereits geschaffen worden ist, den Mietern ins Eigentum übertragen werden kann.

Wir brauchen im Bereich der Wohnbaugenossenschaften eine echte, eine wirksame, eine effiziente Kontrolle. Die gibt es bis heute nicht, und die ist wohl auch deshalb nicht gemacht worden, weil selbstverständlich nach wie vor Verschränkungen zwischen politischen Parteien und Wohnbauträgern gegeben sind. Es macht ja das gesamte Bild nicht besser, daß die Freiheitlichen nicht nur nicht erfolgreich, sondern gleich schlecht, wie das in vielen Bereichen von ÖVP und SPÖ gehandhabt worden ist, vorgegangen sind. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Ihr solltet vielleicht nicht ... lesen! Das ist das einzige, was ihr kennt!)

Herr Abgeordneter Schöggl! Es ist so, daß die Freiheitlichen sich da ganz kräftig die Hände schmutzig gemacht haben – ganz kräftig! Daß man das heute hier nach außen trägt und den anderen vorhält, ist grundsätzlich vom Vorhalt her inhaltlich richtig. Moralisch ist es nicht nachzuvollziehen, weil es in Wirklichkeit eine Selbstgeißelung ist. Es ist mir ein wenig abgegangen, daß niemand von Ihnen gesagt hat: Wir haben aus den Fehlern, die wir in Niederösterreich gemacht haben, gelernt und wissen, daß man in diesem Bereich massive Änderungen vornehmen muß.

Noch einmal: Als nach der Phase der Kritik die Gelegenheit da war, daß man es anders hätte machen können, da haben Sie es nicht anders gemacht, sondern wieder die gleichen Fehler begangen. Das ist für die Einschätzung der Politik der Freiheitlichen wichtig.

Der letzte Punkt, den ich ansprechen möchte, meine Damen und Herren: Die Wohnbauförderung ist insgesamt zu evaluieren, und sie ist in ihrer Struktur zu hinterfragen. Es ist zu fragen, ob weiterhin so viel Geld – 24 Milliarden – in diesen Bereich hineinfließen soll und ob das heute noch notwendig ist. Das Geld wäre in anderen Bereichen eventuell besser zu verwenden. Aber dafür braucht es einmal einen wirklichen Überblick. Denn die Wirksamkeit der Wohnbauförderung ist wegen der Verländerung heute in Wirklichkeit nicht mehr gegeben. Insbesondere der Überblick über die Wirksamkeit fehlt bis heute. (Abg. Dr. Fekter: Aber die Treffergenauigkeit wurde erhöht!)

Als letzter Punkt und zusammenfassend, meine Damen und Herren: Wenn es darum geht, eine Entflechtung von Wohnbauträgern und politischen Parteien zu machen, dann werden die Liberalen mit auf Ihrer Seite stehen, wenn es um sachliche Lösungen geht. (Abg. Scheibner: Was sagt Kollege Moser zum Wohnbau? Er war damals in der FPÖ!) Wenn es darum geht, die Preistreiberkoalitionen zu beenden, dann werden die Liberalen hier mit auf Ihrer Seite stehen. Wenn es darum geht, Möglichkeiten des Wohnungskaufs für die Mieterinnen und Mieter zu verbessern, dann werden die Liberalen mit auf Ihrer Seite stehen. Wenn es eine echte, wirksame Kontrolle in diesem Bereich gibt und wenn die Wohnbauförderung evaluiert werden soll, dann sind das Maßnahmen, für die wir ebenfalls eintreten. Für all das stehen die Liberalen.

Wenn die Freiheitlichen heute aus einem Mangel an Gelegenheit zum Sündenfall Reformen einfordern, dann halten wir das durchaus für okay. Denn damit sind es hier mehr, die offenbar wirkliche Änderungen erreichen wollen. Wir sind davon überzeugt, daß man diese Änderungen schnell durchführen sollte, weil sonst die Fehler von den Sozialdemokraten weitergeführt werden, Herr Abgeordneter Eder! (Abg. Schwemlein: Wir haben keine Fehler gemacht!) Die Fehler werden auch von der ÖVP weiter so wie in der Vergangenheit gemacht werden. Und es besteht die eklatante Gefahr, daß die Freiheitlichen rückfällig werden. Daher muß man das Gesetz möglichst schnell ändern, damit genau das nicht stattfinden kann.

Ich meine deshalb, daß wir diesen Dringlichen Antrag vom Inhalt her positiv behandeln sollten. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

16.08

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Firlinger gemeldet. Die Bestimmungen sind bekannt. (Abg. Dr. Krüger: Schwemlein bedankt sich bei seinem Kollegen! Schwemlein bedankt sich bei Kollegen Barmüller!)

16.08

Abgeordneter Mag. Reinhard Firlinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Abgeordneter Barmüller hat die Behauptung aufgestellt, ich sei nahe daran gewesen, in die Wohnbaumisere bei "Freies Wohnen" involviert zu sein, oder ich sei sogar involviert.

Ich stelle richtig: Ich war nicht involviert! (Abg. Schwemlein: Du hast nicht mitspielen dürfen!) Ich war zu keinem Zeitpunkt in einem Aufsichts- oder Kontrollgremium. Ich habe mit der von Ihnen behaupteten Misere nichts zu tun. (Abg. Schwemlein: Du hast aber geschmollt, weil du nicht mitspielen durftest!) Dies ist eine schäbige Unterstellung, die ich auf das schärfste zurückweise! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Schwemlein: Darüber hat er sich bei uns beschwert, daß er nicht hat mitspielen dürfen!)

16.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter, ich bitte, in der Terminologie aufzupassen!

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. (Rufe und Gegenrufe zwischen dem Abg. Leikam und Abgeordneten der Freiheitlichen.)

16.09

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich frage mich, was sich junge Leute denken und was sich WohnungswerberInnen denken müßten, wenn sie dieser Debatte folgen würden. Was denken sich die Leute oben auf der Galerie, die ja potentiell auch WohnungswerberInnen sind (Abg. Dr. Graf: Die denken sich, daß bei den ...! – Zwischenruf des Abg. Dr. Krüger), wenn hier der Inhalt der Debatte eigentlich nur darin besteht, daß die eine Partei der anderen etwas vorrechnet, und wenn in der Gegenrechnung offensichtlich herauskommt, daß alle irgendwo Dreck am Stecken haben? Das kann es doch nicht sein, was Sie wirklich wollen und was Sie in der Sache erreichen wollen! Wenn etwa die sozialdemokratischen Vertreter – von Staatssekretär Wittmann bis zur Kollegin Bures – sagen: Das, was die Freiheitlichen da fordern, ist ja alles nicht richtig, das, was wir fordern, ist richtig!, vergessen sie dabei, daß sie diejenigen waren, die das, was sie jetzt geändert haben wollen, eingeführt haben. Wer hat denn all die Punkte, die Beschränkungen, deren Aufhebung jetzt gefordert wird (Abg. Dr. Fekter: Das war ein gutes Gesetz!), die Befristungen, Frau Kollegin Bures, eingeführt? Waren es die Freiheitlichen? Waren es die Liberalen? Waren es die Grünen? – Sie haben gemeinsam mit der ÖVP die Befristungen im Mietrecht eingeführt! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf der Abg. Bures.)

Jetzt sagen Sie: Wir sind für die Einschränkung der Befristungen (Abg. Dr. Fekter: Wir sind nicht für die Einschränkung! Das war ein gutes Gesetz!), wir sind die einzigen, die für die Einschränkung der Befristungen kämpfen! – Nein, so kann man es nicht machen – im Interesse jener, die Wohnungen brauchen, meine Damen und Herren!

Schon vor mehreren Jahren hat der damalige Bundeskanzler Franz Vranitzky ausgeführt: Wofür wir eintreten, das ist ein transparentes, ein durchschaubares, von jedem lesbares Mietrecht, das leistbare Wohnungen garantieren wird. – Ja wo sind die leistbaren Wohnungen? Wo ist das transparente Wohnrecht? – Das, was wir in diesem Bereich haben, ist eine Zersplitterung mit Zu- und Abschlagssystemen, die für keinen Mieter und für keine Mieterin mehr akzeptabel sind. (Abg. Dr. Krüger: Was ist denn dein Ansatz? – Abg. Leikam: Wohnen im Grünen!) – Ich komme schon noch dazu. (Abg. Dr. Fekter: Aber einen guten Markt haben wir dafür erreicht! Niedrige Mieten!)

Das, was wir im Bereich des Wohnrechtes tatsächlich bräuchten, wäre ein transparentes Wohnrecht. In diesem Zusammenhang sind Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, gefordert. Da nützt es uns überhaupt nichts – es ist eher eine gefährliche Drohung –, wenn Sie sagen: Wir sind in erfolgreichen Verhandlungen und werden das durchsetzen! Ich frage Sie: Wann wollen Sie es durchsetzen? – Noch vor dem Wahltermin? (Abg. Dr. Schwimmer: Ja!) Vor dem Wahltermin! Da staune ich, Herr Kollege Schwimmer. (Abg. Dr. Fekter: Wir arbeiten ja bis zum Schluß!) Mir schwant Übles, vor allem, wenn Sie "ja" sagen, denn von Ihnen, Herr Dr. Schwimmer, sind bei all diesen Veränderungen in den letzten Jahren nur die negativen Punkte an die Öffentlichkeit gekommen. (Abg. Dr. Petrovic: Die Sozialdemokratie weiß wieder von nichts! – Abg. Dr. Fekter: Das ist aber eine Unterstellung!) Sie waren einer derjenigen, die ganz groß für die Befristungen und für dieses intransparente Zu- und Abschlagssystem votiert haben. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Schwimmer: Ja, weil es damit mehr Wohnungen gibt! Ich bekenne mich dazu!)

Meine Damen und Herren! Die Vorschläge liegen klar auf der Hand. (Weitere Zwischenrufe der Abgeordneten Dr. Fekter und Dr. Schwimmer.) Ich nenne hier nur das, was etwa die Sozialdemokraten und die sozialdemokratische Gewerkschaft in der Arbeiterkammer fordern: die Zuschläge zum Richtwertsystem auf höchstens 20 Prozent des Richtwertes begrenzen. – Warum machen Sie es nicht? Die Befristungsmöglichkeiten begrenzen oder abschaffen. – Warum machen Sie es nicht? (Abg. Koppler: Du bist ein Traummännlein, sei mir nicht böse!)

Herr Kollege Koppler! Nicht ich bin das Traummännlein, du bist das Traummännlein, Kollege Koppler, mit deiner Stimme wurde das ja eingeführt! Nicht wir haben es eingeführt, wir waren damals schon dagegen. (Beifall bei den Grünen.) Die Traummännlein sind in den Fraktionen zu suchen, die das eingeführt haben und sich jetzt nicht mehr erinnern können. (Abg. Dr. Petrovic: Über den Tisch ziehen lassen, und dann noch schreien!) Aber vielleicht handelt es sich um eine Mischung aus Traummännlein und Sandmännlein, denn es geht ja auch darum, Sand in die Augen zu streuen. Kollege Koppler! Du hast offensichtlich mehrere Begabungen und Fähigkeiten.

Weiters – das ist richtig, wir sind dafür –: Senkung der Obergrenzen für die Maklerprovisionen. Natürlich! – Warum machen Sie es nicht?

Nächster Punkt: Die Mietzinsreserve sollte zur Gänze für Erhaltungsarbeiten zur Verfügung stehen. – Richtig, aber warum haben Sie vor einigen Jahren die Pauschale zur Einkommensteuer in der Höhe von 40 Prozent eingeführt, mit dem Körberlgeld für die selbständigen Kapitalgesellschaften? (Abg. Dr. Fekter: Weil man auch Steuern zahlen muß, Herr Kollege Öllinger, Sie vergessen das!)

Frau Kollegin Fekter, warum regen Sie sich denn so auf? Wir wissen doch, daß es Ihnen um das Körberlgeld für die selbständigen Kapitalgesellschaften geht. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Fekter: Steuern zahlen! Zahlen Sie keine Steuern?)

Das ist doch unerhört: Jeder private Wohnungseigentümer muß im Fall dieser Erhaltungsarbeiten die 40 Prozent Pauschale zahlen, aber jede selbständige Kapitalgesellschaft kann die Differenz zwischen Körperschaftsteuer und diesem 40prozentigen Satz einstreifen. 7 Prozent! (Neuerliche Zwischenrufe der Abg. Dr. Fekter.) Wissen Sie, Frau Kollegin Fekter, daß das bei selbständigen Kapitalgesellschaften Millionenbeträge sind, die diese einstreifen können? Finden Sie das richtig? Sie haben es aber beschlossen, Frau Kollegin Fekter. Sie haben es zu verantworten.

Es geht nicht darum, daß Sie hier zwischenreden, Frau Kollegin Fekter – Sie haben die Möglichkeit, auch eine Rede zu halten –, sondern es geht darum, daß Sie Verbesserungen machen, und auf diese warten wir. (Beifall bei den Grünen.)

Das wäre zu diesem Bereich zu sagen. – Ich komme auch noch zu den Vorschlägen der Freiheitlichen.

Zweiter Punkt: Subjektförderung. Eine Subjektförderung macht nur dann Sinn, wenn es einen regulierten Wohnungssektor gibt. (Abg. Dr. Fekter: Zwangswirtschaft! Sind wir wieder so weit?) Sonst führt die Subjektförderung dazu, daß die Wohnungseigentümer dieses neue Körberlgeld über höhere Mieten einstreifen können, sozusagen marktgerecht abkassieren können. (Abg. Dr. Fekter: Tatsache ist, daß die Mieten sinken und die Subjektförderung eine Treffergenauigkeit hat! Sie ist sozial gerechter!)

Das Problem, das wir derzeit haben, Frau Kollegin Fekter, ist: Im Bereich der Sozialhilfe haben wir Subjektförderung für Wohnen, im Bereich der Wohnbauförderung haben wir schon Subjektförderungen, und im Bereich des Einkommensteuergesetzes haben wir eine Mietzinsbeihilfe, die allerdings immer weniger Personen erhalten – immer weniger Personen! Im Rahmen der so sehr gelobten Steuerreform des Herrn Finanzministers würde diese Mietzinsbeihilfe überhaupt abgeschafft. Es profitieren derzeit aber doch 10 000 oder 20 000 Personen davon, die sie auch brauchen, auch wenn es kein hoher Betrag ist, den sie dadurch erhalten.

Das, was wir vorschlagen, ist eine einheitliche Subjektförderung, die das, was derzeit von den Ländern, vom Bund, von den verschiedensten Stellen bis hin zu den Gemeinden an Wohngeld gegeben wird, endlich – sinnvollerweise, denke ich in diesem Bereich – den Ländern überantwortet, die ein einheitliches Wohngeld zu administrieren haben, das nicht mehr auf verschiedene Bereiche und Zugänge aufgesplittert ist, wobei die Möglichkeit für eine Subjektförderung gegeben werden soll, die aber nur dann funktioniert, wenn wir einen regulierten Wohnungssektor haben.

Jetzt komme ich zum Antrag der Freiheitlichen. In diesem Kontext, meine Damen und Herren – aber da ist die Kritik schon gefallen –, sind viele Punkte des freiheitlichen Antrages auch aus der Sicht der Grünen durchaus sinnvoll. Ich wiederhole: viele Punkte, ich sage nicht, daß es alle sind. Ich sage Ihnen auch, was nicht sinnvoll ist, denn die Debatte soll ja durchaus auch etwas weiter führen.

Sie schlagen unter den Punkten 1 und 2 Ihres Dringlichen Antrages vor, daß die Beteiligungen der Geld-, Versicherungswirtschaft, Interessenvertretungen und politischen Parteien ausgeschlossen werden sollen. Dazu sage ich nur: Ich bin dafür, Geld-, Versicherungswirtschaft und politische Parteien auszuschließen. Ich will jetzt nicht wieder die Debatte darüber aufwärmen, warum Sie selbst etwas anderes versucht haben, was die Gründe und Motive dafür waren. Aber ich sage Ihnen folgendes: Bei den Interessenvertretungen bin ich dagegen, weil es teilweise der gesetzliche Auftrag von Interessenvertretungen ist, im Bereich des Wohnens dafür zu sorgen, daß ein entsprechender Wohnbedarf gestillt werden kann. Bei der Geld-, Versicherungswirtschaft und den Parteien bin ich sehr dafür. Dem können wir zustimmen.

Nächster Punkt – mit dem sind wir nicht einverstanden; ich halte das für problematisch –: daß nach erfolgter vollständiger Tilgung ein bloßer Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag kassiert werden soll. Es spricht vieles dafür, aber der entscheidende Punkt ist, daß der Förderungswerber in die Wohnung eintritt – möglicherweise mit einem niedrigen Einkommen – und danach niemand mehr prüft, wie hoch sein Einkommen ist. (Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger.)

Wir haben doch den klassischen Fall – wir haben schon oft Fragen in dieser Hinsicht gestellt –, daß nach 20 Jahren in einer geförderten Wohnung die Einkommenssituation völlig verändert ist. Jene Person, die ein hohes Einkommen hat, hat dann nicht nur die Verpflichtung, einen Beitrag zu leisten für die Förderung, die sie schon erhalten hat, sondern sie hat auch die Verpflichtung, für die kommenden Generationen einen Beitrag zu leisten. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger.) Wenn wir das auf das von Ihnen geforderte Ausmaß reduzieren würden, dann wäre dieser Beitrag für die nächsten Wohnungen und Wohngenerationen nicht mehr vorhanden.

Wir sollten eines tun, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen: nicht nur an die jetzt in den Wohnungen Befindlichen denken, sondern auch an die künftigen Generationen, die eine Wohnung suchen. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Das ist das eigentlich Interessante an der Frage. Daher würde ich einer Diskussion über diesen Antrag durchaus zustimmen, ich würde auch in vielen Punkten folgen können, aber eben nicht in allen.

Ich ersuche Sie, auch an die künftigen Wohngenerationen zu denken. (Beifall bei den Grünen.)

16.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Haupt. – Bitte.

16.20

Abgeordneter Mag. Herbert Haupt (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte dort anschließen, wo die Ausführungen des Kollegen Öllinger geendet haben: Auch wir Freiheitliche wünschen uns, daß der Dialog im entsprechenden Ausschuß endlich beginnt. Das ist auch der Grund dafür – um Ihnen, Kollege Schwimmer, das ganz deutlich und klar zu sagen –, daß wir heute diesen Antrag als Dringlichen Antrag eingebracht haben. Denn auch der Antrag des Kollegen Eder betreffend das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz vom Februar 1999 ist nunmehr schon in zwei Ausschußsitzungen nicht behandelt worden, unserer in einer nicht. Wir befürchten daher tatsächlich, daß in dieser Legislaturperiode im Gegensatz zu Ihren Lippenbekenntnissen nichts mehr weitergeht.

Herr Kollege Schwimmer! Ich hoffe nicht, daß Ihre Aussagen im Zusammenhang mit den Geschädigten durch "Freies Wohnen" darauf zurückzuführen sind, daß nunmehr Ihr Mitglied Martin Höllriegl drinsitzt. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Aufgrund der Erfahrungen im schwarz-roten Wohnbausektor würden wir durchaus erwarten, daß entsprechende Leistungen auch in diesem Bereich – so wie in Salzburg bei der EBW – von Ihnen erbracht werden.

Ich möchte aber in dieser Situation nicht in Polemik verfallen, mit der der Herr Staatssekretär von der Regierungsbank aus begonnen hat, sondern mich mit jenen Bedürfnissen beschäftigen, die für die Mieter und die künftigen Mieter in diesem Staat wichtig sind.

Man sollte nicht vergessen – ich als Referent für Kindergartenwesen in Spittal an der Drau sehe es ja jede Woche und jeden Tag, wenn die Eltern oder die Alleinerzieherinnen kommen –, daß bei einem geringen Einkommen weder die Kindergartenbeiträge noch die entsprechenden "sozialen" Wohnungen gezahlt werden können – "sozial" unter Anführungszeichen.

Wir haben in Kärnten eine überraschende Situation erlebt: Der Herr Bundeskanzler hat im Jänner erklärt, daß das Wohnen billiger werden muß. In Kärnten hat eine Reihe von sozialdemokratischen Funktionären dem beigepflichtet, aber jene, die in der Regierung gesessen sind, haben nach dem alten klassischen Motto der Sozialdemokratie gemauert und nicht einmal aufgrund all der Vorwürfe, die seit Jahren von der Arbeiterkammer, von engagierten Mietervertretern, von der betroffenen Bevölkerung releviert wurden – von 1980, 1990 bis 1997 –, auch von der Gewerkschaft für Bau- und Holzarbeiter, ein Ohrwaschl – wenn ich es volkstümlich sagen darf – gerührt.

Was ist dann geschehen? – Wahltag war in Kärnten tatsächlich Zahltag. Bei einer Wohnblockeröffnung der ESG im Osten der Stadt Spittal an der Drau gab es noch eine Rede des Geschäftsführers, in der es hieß, daß es keinesfalls zu einer Mietzinssenkung kommen werde, da es sich bei dieser Forderung um eine Wahlpolemik von vor dem 7. März gehandelt habe und die ESG ohnehin knapp kalkuliere. Das sei daher nicht möglich. Was passierte? – Zwei Tage später gab es für 3 000 Wohnungen eine Mietzinssenkung um 500 S! Man sieht: Es geht doch (Beifall bei den Freiheitlichen), aber nur dann, wenn sich die österreichische Bevölkerung, die betroffenen Mieter und die Interessierten dafür einsetzen.

Die Punkte, die wir aufgelistet haben – das gebe ich schon zu, Kollege Öllinger –, sind eine brauchbare Diskussionsgrundlage, aber bei fünf Parteien im Nationalrat wird nicht jeder Punkt mehrheitsfähig sein.

Eines sollte auch klar und deutlich gesagt werden: Das, was für den Wohnungsmarkt in Wien passend und zutreffend ist, muß für den Wohnungsmarkt in den Bundesländern bei Gott nicht zutreffend sein, oftmals ist es geradezu eine Katastrophe. Daß roten und schwarzen Gemeinden mit roten und schwarzen Wohnbaugenossenschaften im ländlichen Gebiet Förderungsmittel zugeteilt werden, obwohl dort Landflucht herrscht, und dann neu gebaute Wohnungen dort leer stehen, während sich in den Zuzugsgemeinden, in die die jungen Menschen ziehen, weil sie dort Arbeit finden, weil sie sich ein Zweitauto aufgrund ihrer Einkünfte nicht mehr leisten können, der Wohnungsmarkt aufgrund einer solchen Politik verknappt, ist gesetzlich leider nicht verhinderbar und ist tägliche Praxis. Es handelt sich dabei um eine Verschleuderung von Förderungsmitteln, eine Verschleuderung von Steuermitteln, eine Verschleuderung der Ressourcen des Wohnungsmarkts, der ohnehin österreichweit mit überhöhten Mieten sowohl im privaten als auch im öffentlichen Bereich zu kämpfen hat. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, daß wir dieses Thema rasch behandeln sollten, uns noch in dieser Legislaturperiode über die vorliegenden Vorstellungen im Bautenausschuß unterhalten und eine Lösung finden sollten.

Ich darf folgendes sagen: Den Bemerkungen zur Z. 7 des Antrages des Abgeordneten Eder ist aus unserer Sicht nichts hinzuzufügen.

Ich darf hier zum § 13 Abs. 6 das zitieren, was Eder selbst in seinen Antrag geschrieben hat:

"Bei Wiedervermietung älterer entschuldeter bzw. nur mit geringen Annuitäten belasteter Wohnungen kann derzeit bei Wiedervermietung der über der Kostendeckung liegende Kategoriezins verlangt werden und zusätzlich ein Erhaltungs- und Verbesserungsbeitrag von derzeit bis zu 12,90 S/m2 und Monat verlangt werden. Dadurch wurde gerade für junge Familien auch der ältere Wohnungsbestand stark verteuert. Durch die neue Regelung werden die Obergrenzen der Erhaltungs- und Verbesserungsbeiträge bei Wiedervermietung deutlich abgesenkt."

Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Sie sind in der Regierung! Sie sollten nicht von der Opposition verlangen, daß sie reagiert. Vielleicht schaffen Sie es noch, daß Sie das, was Sie als Sozialdemokraten 30 Jahre hindurch nicht geschafft haben, in den letzten fünf Monaten dieser Legislaturperiode zum Wohle der jungen Familien noch über die Runden bringen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

16.26

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte.

16.26

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir diskutieren jetzt einen Dringlichen Antrag, den Sieben-Punkte-Katalog der Freiheitlichen Partei. Ich muß aus meiner Sicht als einer, der ständig mit Wohnungsproblemen befaßt ist, schlichtweg feststellen: Das ist eine abenteuerliche Darstellung der Probleme des österreichischen Wohnungsmarktes (Abg. Mag. Firlinger: Das ist ein Abenteuer!), und es ist schlichtweg eine Illusion, zu glauben, damit die Probleme lösen zu können.

Kollege Firlinger! Du hast es – im Gegensatz zum Kollegen Haupt – nicht verstanden, hier klar zu differenzieren. (Abg. Mag. Firlinger: Doch, doch!) Er hat genau darauf hingewiesen, daß es unterschiedliche Wohnungssegmente gibt, die auch unterschiedlich betrachtet werden müssen. Ich werde versuchen, in meinen Ausführungen im Detail auf jene Probleme einzugehen, die gerade die jungen Leute betreffen. Denn es geht um zwei Dinge: Es geht um Kosten – im Eigentumsbereich wie im Mietbereich –, und es geht um Rechtssicherheit.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir zu Beginn drei Feststellungen.

Erstens: Die Probleme im Wohnungswesen können durch einen Struktur-, Eigentümer- oder Funktionärswechsel, wie es die Freiheitlichen verlangen, keinesfalls gelöst werden. Das ist schlichtweg eine Verkennung der tatsächlichen Situation.

Zweitens: Beim Lesen dieses Antrages habe ich mir gedacht: Das ist ja ein Hilferuf aus Kärnten! Steckt da nicht dieser Jörg Haider dahinter? Ist das nicht eine Bankrotterklärung der Kärntner Wohnungspolitik? (Abg. Dr. Lukesch: Ich glaube auch! Ja, das glaube ich auch!) – Der Bund soll einschreiten, weil Haider seine wohnungspolitischen Versprechen nicht erfüllen kann. – Wie sieht es nun mit der Einhaltung des Demokratievertrages aus?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Für mich ist es ganz einsichtig: Dieser Dringliche Antrag besitzt schlichtweg Handlangerfunktion für eine unlösbare Kärntner Wohnungspolitik! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was steht in diesem Antrag? – Die Mieten sollen billiger werden. Ich frage Sie jetzt: Warum werden die Mieten nicht billiger? – Andere Wohnungsreferenten in den Ländern haben es ja geschafft. Kann Haider nicht verhandeln?

Ich erinnere an eine schriftliche Beantwortung einer Anfrage durch den Herrn Wirtschaftsminister, in der er klar schreibt, daß sowohl für die Gesetzgebung als auch für die Vollziehung der Wohnbauförderung eine alleinige Kompetenz der Länder vorliegt. – Warum geschieht dann in Kärnten nichts? (Abg. Dr. Fekter: Warum tut der Haider nichts in Kärnten?) In den anderen Bundesländern, beispielsweise in Salzburg und Oberösterreich, ist etwas geschehen. Die GSWB gibt bei Mieten nach, Sanierungsgelder und Kautionen werden besser verzinst. Gemeinnützige Bauvereinigungen reduzieren Mieten um insgesamt 20 Millionen Schilling im Bundesland Salzburg.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn man sich mit Wohnungsfragen auseinandersetzt und aus sozialdemokratischer Sicht Wohnungspolitik betreibt, dann kann man etwas erreichen. Zahlreiche Referenten haben das bereits bewiesen.

Die dritte Feststellung: Wir diskutieren heute über die verlorene Unschuld der Freiheitlichen Partei in Wohnungsangelegenheiten. (Abg. Dr. Krüger: Ihr seid aber noch nie aus der Schuld herausgekommen!) Ich möchte jetzt schon noch wissen: Um wieviel wurde "Freies Wohnen" tatsächlich verkauft? – Waren es 6 Millionen, waren es 10 Millionen, oder war es nur dieser eine Schilling? (Zwischenruf des Abg. Mag. Firlinger.)

Kollege Firlinger, ich ersuche dich, uns, diesem Hause, mitzuteilen, um welchen Betrag es verkauft wurde. Das ist ja im Bundesparteivorstand der FPÖ beschlossen worden, wie ich einer Presseaussendung entnehmen konnte. Ich glaube, der Nationalrat hat ein Recht darauf, von Ihnen zu erfahren, um welchen Preis "Freies Wohnen" verkauft wurde. (Abg. Dr. Krüger: Ist euch leicht ein Schilling zu teuer? – Ruf bei der SPÖ: Mein Name ist Hase, ich weiß von nichts!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir, daß ich die eigentlichen Probleme darstelle, um die es mir geht. (Abg. Dr. Graf: Ein Schilling!) Es geht um die Frage der Kosten bei der Miete. Wir im Bundesland Salzburg haben nämlich ein ganz anderes Problem. Wir haben ein Problem bei den vermieteten Eigentumswohnungen, bei denen es keine geregelte Mietzinsbildung gibt. Lesen Sie einmal die "Salzburger Nachrichten" am Wochenende und informieren Sie sich über die Mietpreise, die bei uns verlangt werden. Es wäre schön gewesen, wenn die Freiheitliche Partei genau zu dieser Problematik etwas gesagt hätte. (Abg. Dr. Krüger: Wie heißt denn der SPÖ-Bürgermeister, der sich eine Eigentumswohnung zukommen hat lassen? War das nicht der Herr Reschen?)

Oder zweitens: Warum steht nichts über Makler drinnen? – Es gibt den Fall eines Maklers, der eine Wohnung dreimal vermittelt, also dreimal eine Provision verlangt hat, und dann stellte sich noch dazu heraus, daß er über die Wohnung nicht einmal verfügungsberechtigt war!

Oder ein anderes Problem: Schauen wir uns das Problem der anteiligen Haftung der Wohnungseigentümer an, wenn Wohnungseigentümer für fremde Schulden zahlen müssen! (Abg. Dr. Graf: Wer hat denn das Gesetz gemacht?)

Das ist eines der großen Probleme, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen. Und ich weiß, meine sehr verehrten Damen und Herren, warum die Freiheitliche Partei diesbezüglich nichts unternimmt. Ich halte sie für eine Makler- und Hausherrenpartei, die nicht dazu bereit ist, die Wohnungsprobleme im privaten Wohnungssegment anzusprechen. Sie haben daher – auch Sie, Kollege Krüger – in dieser Frage für mich jede politische Glaubwürdigkeit verloren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Krüger: Der SPÖ-Bürgermeister von Salzburg hat’s sogar zurückgeben müssen!)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erlauben Sie mir abschließend noch folgendes festzuhalten: Sozialdemokratische Wohnungspolitik ist eine Politik für Mieter und Wohnungseigentümer. Es geht um Preisschutz für Wohnungswerber und Mieter. Es geht um Fragen des Kündigungsschutzes, und es geht um die Stärkung der Mitbestimmungsrechte der Miteigentümer und Mieter gegenüber den Verwaltungen. Und Ihnen sei zum Schluß noch ein altes römisches Sprichwort ins Stammbuch geschrieben. Es heißt, Kollege Firlinger: Si tacuisses, philosophus mansisses! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Fischl: Das gilt für Sie! – Abg. Mag. Firlinger: Das sagt er, weil wir keine Kommunisten sind!)

16.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Dr. Fekter. – Bitte.

16.32

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Wohnen soll billiger werden! Das ist, glaube ich, der Succus dieser Debatte.

Viele reden von den Mieten. Ich habe hier einen Artikel, der beweist, daß die Mieten – speziell in Neubauten – gesunken sind. Alle verschweigen aber sehr dezent, daß das Hauptproblem bei den Betriebskosten liegt. Laut einer mir vorliegenden Aufstellung ist der Verbraucherpreisindex seit dem Jahre 1988 um 28 Prozent gestiegen, die Betriebskosten aber – und zwar jener Anteil an den Betriebskosten, den die öffentlichen Abgaben in den Städten verursachen; ich habe hier Graz, Linz und Wien – um bis zu 100 Prozent! (Die Rednerin stellt eine Grafik mit dem Titel: "Steigerung der öffentlichen Abgaben bei Betriebskosten in den drei größten Städten" vor sich auf das Rednerpult.)

Das Problem liegt also nicht primär und allein bei Maklergebühren und Mieten, sondern allem voran bei den Betriebskosten! (Abg. Dr. Graf: Betriebskosten! Sehr richtig!) Warum diese speziell für die Städte, und zwar für die großen Städte, meine lieben Kollegen von der sozialdemokratischen Fraktion, geltende Tatsache hier so dezent verschwiegen wird, weiß ich nicht. (Abg. Dr. Graf: Eine echte Oppositionsrednerin!)

Ich möchte mich aber in meinem Redebeitrag vorwiegend mit der Dringlichen Anfrage der Freiheitlichen beschäftigen. – Werte Kollegen von der Freiheitlichen Partei, Sie prangern hier die Zusammenhänge zwischen Gemeinnützigkeit und Eigentümerstruktur im Banken- und Versicherungswesen an und unterstellen damit automatisch, daß da etwas nicht in Ordnung sei. (Abg. Fischl: Nein! Wir können es beweisen!) Nach den Revisionsberichten ist es aber eine Tatsache, daß die Mißwirtschaft ganz woanders passiert ist, nämlich beispielsweise in einem Bereich, in dem weder Banken noch Versicherungen, sondern politische Funktionäre der Freiheitlichen in Niederösterreich involviert waren.

Dieses blaue Netzwerk wurde vor über einem Jahr aufgedeckt. "Niederösterreich und der (gemeinnützige) Wohnbau" war damals ein Artikel in "NEWS" betitelt. Die FPÖ hat dort ein Debakel hinterlassen, das seinesgleichen sucht. Ich zitiere den Parteiobmann Haider. Als er in der "Pressestunde" gefragt wurde: Die Summe der Verbindlichkeiten der FPÖ-Niederösterreich beträgt laut Prinzhorn 307 Millionen Schilling. Stimmt diese Ziffer?, antwortete Haider: Nein, das sind nicht die Schulden der FPÖ Niederösterreich – wie Ihnen Herr Prinzhorn gesagt hat –, sondern die von der FPÖ Niederösterreich übernommenen Haftungen im Baugeschehen. – Zitatende.

Haider sagte also, "übernommene Haftungen im Baugeschehen" würden, wenn sie schlagend werden, diese Größenordnung ausmachen. Was ist mit diesen Haftungen, meine Damen und Herren von der FPÖ? (Abg. Dr. Ofner: Zur Sache!) Oder gibt es keine Haftungen? Hat Haider hier nicht die Wahrheit gesagt? Hat Haider hier die Unwahrheit gesagt? Warum bekommen die Schuldner ihr Geld nicht? Warum wurden Wohnungskäufer geprellt und Baufirmen für ihre Leistungen nicht bezahlt? (Abg. Dr. Ofner: Es geht um die Höhe des Mietzinses bei euren Genossenschaften!) Über Generalunternehmer, Bauherren und Verschleierungskonstruktionen haben die gemeinnützigen Wohnbauaktivitäten der FPÖ Niederösterreich nur Geschädigte hinterlassen! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Ofner: Irgend etwas zum Thema vielleicht, Frau Kollegin!)

Die FPÖ Niederösterreich ist zu 75 Prozent Gesellschafterin der "Freien Zukunft" Grundstücksverwertungs GesmbH, diese betreibt ein Bauträgerunternehmen. Die "Freie Zukunft" ist ihrerseits mit 25 Prozent beteiligt an der Holiday Home und die Holiday Home wiederum an der gemeinnützigen Gesellschaft "Freies Wohnen". Diese Kette diente einerseits zur Verschleierung, andererseits hat sie Wohnungseigentümer geschädigt. (Abg. Dr. Ofner: Zur Sache!) Durch diese FPÖ-Mißwirtschaft werden die gutgläubigen Wohnungskäufer hängengelassen. (Abg. Haigermoser: Ich habe den Verdacht, Sie haben sich die Rede selbst geschrieben!)

Herr Kollege Trattner! Wegen Untätigkeit ist die Bezirkshauptmannschaft Baden bereits aktiv geworden, ein Vollstreckungsverfahren ist anhängig (Abg. Dr. Ofner: Sehr interessant, aber was hat das mit dem Thema zu tun?), damit die Wohnungseigentümer eurer gemeinnützigen Gesellschaften (Abg. Dr. Ofner: Thema, Maria!) zu Trinkwasser kommen, denn sonst hätten sie nicht einmal Trinkwasser! (Beifall bei der ÖVP. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

Weit über ein Jahr ist seither vergangen. Die FPÖ hat versprochen, beschwichtigt und nicht gehandelt! Ich kann mich noch gut an die Aussage Haiders erinnern, daß er halt ein paar Festmeter aus dem Bärental zur Schadensbegrenzung zur Verfügung stellen werde. – Ist das passiert? Ist der Schaden begrenzt worden? Sind die Professionisten inzwischen bezahlt? (Abg. Dr. Ofner: Zum Thema haben Sie nichts zu sagen?) Ich habe hier eine Liste der geschädigten Professionisten, die im FPÖ-Wohnbaudebakel nicht zu ihrem Geld gekommen sind. Auf dieser Liste steht auch der werte Kollege Mentil. Vielleicht meldet er sich noch zu Wort. (Abg. Haigermoser: Da müssen Sie ihn selber fragen!) Hier steht, Herr Kollege Mentil bekommt noch 1,3 Millionen Schilling von diesem Firmengeflecht, das – ich habe diese Kette hier angeführt – das Geld nicht bezahlt. (Abg. Dr. Ofner: Zur Sache!)

Wer selbst im Glashaus sitzt, meine lieben Kollegen von der FPÖ, soll nicht mit Steinen werfen! Warum haben Sie all die Grundsätze, die Kollege Firlinger angeführt hat, nicht bei Ihrem eigenen Konglomerat beachtet? Warum beseitigen Sie nicht den Schaden, den Sie dort hinterlassen haben?

Ich spreche der FPÖ jegliche Kompetenz in Wohnungsfragen ab, denn schlechte Ratschläge brauchen wir von Mißwirtschaftern nicht! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ. – Abg. Dr. Ofner: Kein Wort zum Antrag! Mein Gott, ist euch das unangenehm!)

16.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Graf. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

16.39

Abgeordneter Dr. Martin Graf (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich fühle mich direkt angesprochen, Frau Kollegin Fekter, denn es stimmt, daß die Betriebskosten die Wohnungskosten unheimlich verteuern. (Abg. Dr. Fekter: Ja! Das steht aber nicht in Ihrem Antrag drin!) Und diesem Thema werde ich mich jetzt widmen und dabei auch auf die Ausführungen des Herrn Kollegen Maier eingehen, der das soziale Gleichgewicht und die politische Glaubwürdigkeit angesprochen hat.

Kollege Edler aus meinem Wahlkreis kennt den Fall, den ich jetzt nennen werde. Und an diesem konkreten Fall wird man erkennen können, wie sich die Mietpreise gestalten, und wie auch die Betriebskosten zustande kommen. Ich möchte das "soziale Gleichgewicht" am Beispiel des sozialistischen Bezirksvorsteher-Stellvertreters Karl Dampier festmachen. (Abg. Edler: Das war schon im "Kaisermühlen Blues"!)

Dieser Fall schaut, kurz geschildert, so aus: Als Polithausmeister – Hausmeister und Hausbesorger – im Gemeindebau Rennbahnweg, Wien-Donaustadt, 22. Bezirk (Abg. Edler: Ein tüchtiger Arbeiter!), hat er 70 000 S verdient. (Abg. Haigermoser: Wieviel hatte er da?) 70 000 S, neben 50 000 S brutto als Politfunktionär! Gearbeitet hat er dafür nichts, denn wir sind ihm im Jahre 1995 draufgekommen, daß er zwei Leute schwarz dafür beschäftigt hatte, daß sie seine Arbeit gemacht haben. Diese zwei Leute hat er mit einem Hungerlohn abgespeist. Daraufhin hat Stadtrat Faymann die Notbremse gezogen, es war nämlich tatsächlich so!

Dabei hat dieser Hausmeister auch noch Glück gehabt, denn er mußte sich nicht einmal einem sozialversicherungsrechtlichen Verwaltungsstrafverfahren unterziehen, wie es bei jedem anderen Bürger in diesem Land der Fall wäre, wenn er Schwarzarbeiter beschäftigt. (Rufe bei den Freiheitlichen: Na da schau her!) Bei ihm war dies nicht der Fall!

Im Jahre 1997 ist er dann von dort weggekommen. Wir haben schon geglaubt, dieses Problem wäre gelöst, aber siehe da, plötzlich taucht derselbe sozialistische Bezirksvorsteher-Stellvertreter Karl Dampier in der sozialistischen Siedlungsunion Gemeinnützige Wohnbaugenossenschaft, der größten Wohnbaugenossenschaft in Wien-Donaustadt und Wien-Floridsdorf, wenn nicht sogar einer der größten in Wien überhaupt – sozialistisch dominiert –, als Hausbesorger wieder auf. Nur heißt das jetzt nicht mehr Hausbesorger, sondern er ist Anlagenbetreuer, was allerdings im Ergebnis das gleiche ist!

Ich habe hier eine Aufstellung jener Summen, die die einzelnen Mieter für die Tätigkeit dieses Hausbesorgers dort bezahlen müssen, nämlich durchschnittlich 1 193 S im Monat! (Abg. Dr. Ofner: Pro Wohnung!?) Pro Wohnung! Genau daraus aber setzen sich die Betriebskosten zusammen! Er hat dort insgesamt 115 Wohneinheiten zu betreuen (Abg. Haigermoser: Ausrechnen, Herr Edler!), und bei durchschnittlich 70 Quadratmeter pro Wohnung komme ich also immer noch – vorsichtig geschätzt – auf ein Monatseinkommen für den "lieben" Herrn Polithausmeister von 53 000 S brutto! (Abg. Edler: Was verdienen denn der Herr Stadler und der Herr Prinz?) Soviel verdient er dort, und damit steigen natürlich auch die Betriebskosten! Das muß man sich erst einmal leisten können!

Aber das ist noch nicht alles, denn der "liebe" Herr Bezirksvorsteher-Stellvertreter Dampier hat nämlich auch eine Gattin, und diese ist Hausbesorgerin in der benachbarten, allerdings schwarzen Siedlungsgenossenschaft! (Rufe bei den Freiheitlichen: Na da schau her!) Sie hat das gleiche Gehalt wie ihr Mann, verdient also noch einmal dieselbe Summe! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Aber das ist immer noch nicht alles! Da er ja Erfahrungen als Unternehmer hat – allerdings nur mit Schwarzbeschäftigten –, hat Herr Bezirksvorsteher-Stellvertreter Karl Dampier ein Reinigungsunternehmen gegründet (Zwischenruf der Abg. Dr. Fekter) und reinigt nun in der Erzherzog-Karl Stadt, an der mehrere Genossenschaften beteiligt sind, im Solde aller dortigen Hausbesorger die Stiegen und Anlagen und verdient sich damit ein weiteres Zubrot! Das ist jene "soziale Gleichgewichtung", die die Sozialisten immer wieder ins Treffen führen! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Steibl: Zur Sache! – Weitere Zwischenrufe.)

Mit solchen Beispielen werden wir Sie nicht in Frieden lassen. Wenn Sie solche Polithausmeister auf Kosten der Mieter weiterhin im Amt lassen, dann sind Sie reif für die Ablöse, meine Damen und Herren von Rot und Schwarz! Es muß endlich Schluß sein damit, daß ein Wohnungsmieter 1 200 S pro Monat an einen Polithausmeister abzuführen hat. Das verteuert die Betriebskosten, und da kann man ansetzen. Diese Form ist die teuerste Möglichkeit für die Mieter, und dagegen verwahren wir uns! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Hervorragend aufgedeckt! – Abg. Kiss: So dick die Butter am Kopf ...! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Das war sehr treffend! – Abg. Edler: Der Prinz verdient das dreimal und der Gemeinderat Stadler!)

16.44

Präsident Dr. Heinz Fischer: Vielleicht haben alle Damen und Herren bemerkt, wie unterschiedlich das Bedürfnis nach Erteilung von Rufen zur Sache im Haus verteilt ist.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. Redezeit: 7 Minuten. – Bitte.

16.44

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Herr Kollege! Ich glaube, es ist relativ leicht durchschaubar, warum Sie diese Dringliche Anfrage heute eingebracht haben. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das stört Sie, nicht?) Und es nützt auch nichts, wenn Sie uns hier einige Geschichten aus Ihrem Wahlkreis erzählen und versuchen, damit von den eigentlichen Fragen abzulenken, wohl wissend, was alles in Ihren eigenen Reihen geschehen ist.

Ich wundere mich immer wieder über Ihr von mir als Frechheit empfundenes Verhalten, weil Sie, obwohl eine Reihe von Strafverfahren in Ihren Reihen anhängig ist, uns von diesem Rednerpult aus die "große Welt" zu erklären versuchen und als Saubermänner auftreten wollen, obwohl Sie ganz genau wissen, daß – und ich vermute und unterstelle einmal, daß das auch der Grund ist, warum Sie heute das Ganze in sehr aufgeregter Art und Weise diskutieren – Ihr Dringlicher Antrag im Grunde genommen nichts anderes ist als eine Mischung aus einerseits Obskuritäten und andererseits abgekupferten Anträgen der Sozialdemokraten. Das hat sogar Kollege Firlinger zugegeben, als er eingangs erklärt hat, es lägen diesbezüglich Anträge der Sozialdemokraten im Ausschuß. All das, was Sie heute hier erwähnt haben, ist, soweit es nicht obskur ist, im wesentlichen von dort abgekupfert. Diesen Vorwurf kann man Ihnen nicht ersparen!

Daraus ist weiters zu erkennen, daß Sie mit all diesen Aktionen offenbar nichts anderes tun, als zu versuchen, der Peinlichkeit vorzubeugen, mit der Sie erneut konfrontiert werden, sobald die Causa Rosenstingl hier wieder zur Diskussion steht. Seine Auslieferung wird demnächst erfolgen, und damit wird es nicht mehr möglich sein, daß Sie sich um die Verantwortung dafür drücken. Es ist eine Tatsache, daß im FPÖ-Firmengeflecht Personen wie Erich Schreiner, Hermann Mentil und Schimanek ihren Platz gehabt haben.

Sie können jetzt natürlich sagen: Wir haben einen Demokratievertrag und weiß Gott was alles noch, wir sind transparent und wir reagieren auf solche Vorkommnisse! – Sie können all das behaupten und erklären, daß Sie versuchen, diese Mißstände zu beseitigen, müssen aber zur Kenntnis nehmen, daß es in Ihren Reihen Personen gegeben hat und nach wie vor gibt, die durchaus strafrechtliche Tatbestände gesetzt haben und deshalb verfolgt werden. Der Umstand, daß Sie nun versuchen, über all das hinwegzutäuschen, indem Sie von irgendwoher Argumente zusammentragen, daraus, vermischt mit Obskuritäten, einen Antrag machen, gleichzeitig sagen: Haltet den Dieb! und so tun, als ob Sie diese Argumente erfunden hätten, indem Sie die Freiheitliche Partei als großen Mieterschützer darstellen – was einfach unhaltbar ist! –, ist für Sie bezeichnend! Es ist jedoch abzulehnen, und es wird Ihnen in der weiteren Diskussion sicherlich nichts nützen. Das muß man auch einmal in aller Deutlichkeit sagen!

Wenn man sich nun diesen Dringlichen Antrag anschaut, so muß man sachlich folgendes feststellen: Sie sagen im ersten Punkt, daß Sie keine Beteiligungen der Geld- und Versicherungswirtschaft sowie der Interessenvertretungen im Baugewerbe haben wollen. – Ich frage Sie: Was ist schlecht daran, wenn sich solide Unternehmen in der Bauwirtschaft beteiligen? Was ist schlecht daran? Wer soll denn Ihrer Meinung nach dort vertreten sein? Sollen es so obskure Firmen sein, wie Sie sie in Ihre eigenen Firmengeflechte in Niederösterreich einbezogen haben, oder sollen es Gesellschaften sein, von denen wir alle wissen, daß sie die notwendige Leistungsfähigkeit haben, um in der Baubranche tatsächlich und auch langfristig zu reüssieren?

Zweiter Punkt: Die Führungsfunktionäre solcher Gesellschaften sollen nicht in den Gremien der Wohnbaugenossenschaften sitzen. – Ich frage Sie: Warum soll das nicht so sein? Warum sollen sie dort nicht entsprechend darauf schauen können, wie die wirtschaftliche Gebarung abläuft? Die Antwort darauf kann wohl nur lauten – und das wird auch seit Jahren von uns gefordert –, daß die Mietermitbestimmung, daß die Transparenz in diesen Gesellschaften erhöht wird, um sicherzustellen, daß eine ausgleichende Kontrolle seitens der Mieter erfolgt. Das ist meiner Überzeugung nach der richtige Weg. Aber zu sagen, es sollen wirtschaftlich potente Unternehmen nicht in der Lage sein, am Wohnbausektor mitzuwirken, wohl wissend, daß dort ein enormer Finanzierungsbedarf besteht, ist ganz einfach nicht haltbar und nicht erträglich!

Da Sie heute schon mehrfach darauf hingewiesen haben, wer nicht in diesen Organen sitzen darf, möchte ich Ihnen bei dieser Gelegenheit auch noch folgendes sagen: Jene Personen, die Sie hier angeführt haben, sitzen in Aufsichtsräten, diejenigen, die Sie dorthin entsendet haben, sitzen teilweise im Gefängnis, und das wünschen wir uns jedenfalls nicht, meine Damen und Herren von den Freiheitlichen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Kiss: Das ist aber wirklich ein Unterschied!)

Die anderen Punkte Ihres Antrages wurden im wesentlichen aus jenen Anträgen, die derzeit im Bautenausschuß liegen und dort zur Diskussion stehen, einfach abgeschrieben.

Wir haben auch dort klar gesagt, daß es notwendig ist, daß dann, wenn Darlehen ausbezahlt und ausfinanziert werden, eine entsprechende Korrektur auch bei der Berechnung der Mietzinse erfolgen soll. Das ist dort zur Diskussion gestellt worden und wird nun verfolgt, aber Sie stellen sich jetzt her und versuchen, das als Ihre Idee zu verkaufen. Ich erkenne Ihren Versuch, da wieder aufzuspringen. Es ist allerdings wohl kaum ernst zu nehmen, wenn man die Diskussion insgesamt verfolgt und kennt.

Zustimmen können wir in der Frage der Doppelfunktion Revisionsverband, über die wir allenfalls die Diskussion aufnehmen können. Und ich glaube, daß man auch in bezug auf das Genossenschaftsrecht, das hier demnächst diskutiert wird, sagen kann, daß es notwendig ist, mehr Transparenz in diese Genossenschaften hineinzubringen, und zwar an jene Stelle, an die sie hingehört, nämlich an die Basis, um nachvollziehbar zu machen, was in diesen Gesellschaften tatsächlich passiert.

Ich glaube, daß es dann, wenn dieser Weg beschritten wird, nämlich daß die Mieter von sich aus kontrollieren können, wie die wirtschaftliche Gebarung dieser Unternehmen ist, eine tatsächliche und wirksame Möglichkeit gibt, um das zu verhindern, wovor Sie warnen. Es ist ein Weg, der realistisch und auch besser ist – um ein Wesentliches besser – als jene doch sehr merkwürdigen Vorschläge, die Sie heute insbesondere in den ersten Punkten Ihres Antrages hier vorgestellt haben. In diesem Sinne werden wir diesem Ihrem Antrag natürlich nicht zustimmen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

16.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Kröll. Die restliche Redezeit der ÖVP ist 9 Minuten. Sie reden 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.51

Abgeordneter Hermann Kröll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Dieser Dringliche Antrag der Freiheitlichen Partei, der, wie schon erwähnt wurde, im Bautenausschuß am 21. April 1999 eingebracht wurde, weist in der Diktion bei einigen seiner Punkte, auf die schon sehr konkret von unseren beiden Hauptrednern Walter Schwimmer und Dr. Fekter eingegangen wurde, einige Dinge auf, die in Diskussion stehen, aber er kann generell nicht so hingenommen werden. (Heiterkeit des Abg. Lafer.)

Es ist vor allem die Dringlichkeit von damals heute nicht mehr gegeben, und das, was Ihr unter transparenter Wohnbaupolitik versteht, ist nicht ganz verständlich und daher auch nicht glaubwürdig. (Beifall bei der ÖVP und des Abg. Leikam. – Zwischenruf des Abg. Böhacker.)

Wenn es die Fälle in Niederösterreich nicht gegeben hätte, sie nicht geben würde und sie schon ausgeräumt wären, dann würde die ganze Geschichte ein anderes Gewicht haben, aber so schaut es ein bißchen danach aus (Abg. Schwarzenberger: Flucht nach vorne!), als wäre es eine Flucht nach vorne. Das ist der beste Weg der Verteidigung. Ich sage nur: In der Sache! (Abg. Dr. Ofner: Mehr in die Sache eingehen!) Wir gehen auch in die Sache ein.

Ich sage eines – Herr Abgeordneter Ofner, gerade deshalb, weil der Zwischenruf von dir kommt, den ich auch immer ernst nehme –: Mir tut es als Bürgermeister weh, daß man insgesamt die Wohnbaupolitik, die geförderte Wohnbaupolitik, die soziale Wohnbaupolitik, die Wohnbaupolitik der Wohnbaugenossenschaften, die Wohnbaupolitik der privaten Träger damit in Bausch und Bogen in Frage stellt. Dadurch bleibt etwas hängen, es entsteht ein Vertrauensverlust.

Ich muß Ihnen aber folgendes ganz ehrlich sagen – das kann ich beurteilen, denn ich habe nämlich mit drei verschiedenen Genossenschaften unterschiedlicher Zuordnungen über lange Zeit zusammengearbeitet, und zwar durchaus zum Wohle der Leute, die auf eine Wohnung warten, und zum Wohle der Wirtschaft vor Ort, der Handwerker, der Bauwirtschaft, des Baunebengewerbes; als ich in einem Aufsichtsrat war und dann gleichzeitig Abgeordneter zum Landtag wurde, habe ich im selben Moment meine Funktion im Aufsichtsrat zurückgelegt (Abg. Mag. Firlinger: Das ist okay!) –: Ich sehe, Herr Kollege Firlinger, überhaupt keinen Sinn darin, daß die heimische Wirtschaft, ob es Versicherungen oder ob es heimische Banken sind, sich aus dieser wichtigen Bauinitiative, die auch noch sozialen Charakter hat und die sich regional in allen Orten positiv auf die Volkswirtschaft niederschlägt, überall zurückziehen soll. Wer soll denn dann an ihre Stelle treten? Da sind mir eure Beispiele zuwenig gut. Das muß ich ganz ehrlich sagen. Sie sind mir wirklich zuwenig gut, als daß ich dafür eintreten könnte. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Leikam.)

Daher muß ich sagen: Da gibt es einiges zu überdenken, da gilt es einiges transparent zu machen, da gilt es, wie auch Walter Schwimmer sagt, die Kontrolle der Mieter, der Partner, der logischen und der natürlichen, wie es die ÖVP am Bundesparteitag als klare Forderung wieder beschlossen hat, aufzumachen. Aber das heißt doch nicht, daß man deswegen die Wohnbauträger, die wir brauchen, eliminieren muß. (Abg. Mag. Firlinger: Das fordern wir auch nicht! – Abg. Dr. Ofner: Ein bißchen weniger schröpfen!) Das heißt aber auch nicht, daß die gemeinnützige Siedlungsgenossenschaft und Wirtschaft obsolet ist, daß sie heute keine Bedeutung mehr hätte. Das heißt das alles nicht!

Sie war in erster Linie in all den Jahren ein Problemlöser, ein Helfer bei der Suche nach Wohnraum. Es war meistens die kostengünstigste Form, die wir überhaupt gefunden haben, damit sie auch jenen Familien zugute kommt, die Wohnungen brauchen. Sie war außerdem auch im ganzen Land vertreten, und zwar dort, wo wir es brauchen, in den Gemeinden, in den Dörfern und nicht nur in den Ballungsräumen allein, und sie hat dort auch eine entscheidende Aufgabe zu erfüllen.

Ich darf hier auch vermerken, daß sie nicht zuletzt auch in der Forschung und Entwicklung eine Rolle spielt. Ich erwähne in diesem Zusammenhang nur das berühmte Modell "Rottenmanner Fenster", das österreichweit Furore gemacht hat. Es ist entwickelt worden, um den Lärmschutz in den Griff zu bekommen. Man hat wirklich mitgedacht und weiterentwickelt, und man war in weiten Bereichen kooperativ, auch im Bereich der Energiewirtschaft, was Einsparung und Verminderung von CO2 betrifft.

Wir von der ÖVP verstehen unter Wohnungspolitik weiterhin folgendes: Das Gute soll bestehen bleiben, die Kontrolle mit den Mietern als logischen Partnern ist transparent zu machen, und es ist das eine und das andere noch zu verbessern. Das ist eine ganz notwendige Situation, die wir brauchen: Entlastung der Mieter, geförderter und gemeinnütziger Wohnbau, Politik für die Häuselbauer – das ist uns ein großes Anliegen –, Stärkung der Rechtsstellung der Wohnungseigentümer und der Mieter, arbeitsplatzschaffende Maßnahmen, ebenfalls ein ganz wichtiger Punkt.

Wir stellen fest – und das darf ich auch als Steirer sagen, und ich schließe alle Parteien mit ein, den freiheitlichen Landesrat Schmid genauso wie die Sozialdemokraten –, daß wir den Häuselbauern viel mehr Geld geben, daß wir die Wohnbauförderung auch für die nicht geförderten Wohnungen auf dem privaten Wohnungsmarkt aufgemacht haben. Da sind viele positive Beispiele. Wir wollen in dieser Richtung unsere Politik fortsetzen. Die Wohnungspolitik war der ÖVP immer ein großes Anliegen, ein bedeutendes Anliegen und wird es auch immer bleiben. Der Parteitag hat zuletzt beschlossen, auf alle wesentlichen Fragen eine Antwort zu geben.

Wir sind sicher, daß die Verhandlungen, wenn sie ohne die große Bühne der Öffentlichkeit und ohne wahltaktische Manöver weitergeführt werden, viele Verbesserungen bringen werden, ohne dabei das Gute wegzuschmeißen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.58

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Böhacker. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

16.58

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Frau Mag. Fekter und Herr Bürgermeister Kröll, was die Glaubwürdigkeit der Redner hier an diesem Rednerpult betrifft: Frau Mag. Dr. Fekter! Ist Ihr Gedächtnis so schlecht, oder verdrängen Sie die unangenehmen Dinge, die die ÖVP betrifft? (Ruf bei den Freiheitlichen: Wie immer!)

Sagen Ihnen WEB, IMMAG, Bautreuhand etwas? (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Zum Beispiel: Wer war denn der Gründervater der WEB, der Bautreuhand, der IMMAG? – Hans Zyla, ÖPV-Stadtobmann in Salzburg. Eine klassische "schwarze Partie" – unter Anführungszeichen – mit roter Restbeteiligung. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Haigermoser: Bravo, Fekter!)

Frau Staatssekretärin! Weil Sie sich so Sorgen um die Unternehmer, die eventuell Forderungen abschreiben müssen, machen: Wie hoch waren denn die Schadenssummen bei WEB, IMMAG, Bautreuhand, bei dieser schwarzen Organisation? – 2 000 Millionen Schilling! Um 2 Milliarden Schilling wurden österreichische Steuerbürger geschädigt. 15 000 Menschen wurden betrogen – aus dem Bereich der Österreichischen Volkspartei heraus! (Abg. Murauer: Mit dem Wort "Betrug" ein bißchen vorsichtig sein! – Abg. Haigermoser: Nein, da sind wir nicht vorsichtig!)

Da gehen Sie noch hierher und sprechen von Glaubwürdigkeit und spielen den Moralapostel gegenüber der Freiheitlichen Partei! Schämen Sie sich, daß Sie in Ihren Reihen derartige Manipulationen haben: 2 000 Millionen Schilling! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Mag. Maier.)

Oder, lieber Freund Jackie Maier, auch du machst dir plötzlich Sorgen um Unternehmer? Das ist etwas völlig Neues in deiner sonst üblichen Argumentation als Sozialdemokrat! Ich frage dich: Wie hoch war denn die Schadenssumme bei der dritten Säule der Sozialdemokratie, dem "Konsum"? Um wie viele Milliarden Schilling wurden da Österreicherinnen und Österreicher beziehungsweise österreichische Unternehmer geschädigt? – Um Beträge in Milliardenhöhe!

Die Banken haben es sich zum Großteil wieder gerichtet, die sind mit einer Milliarde dabei. Da hätte ich die Glaubwürdigkeit der Sozialdemokraten gerne eingefordert, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Herr Staatssekretär, das muß ich Ihnen schon sagen: Ihre unqualifizierte, undifferenzierte Kritik an den privaten Wohnungsvermietern muß ich mit aller Vehemenz zurückweisen. Denn eines ist sicher: Die ersten, die sich dem rauhen Wind des Marktes stellen mußten und die die Mieten entsprechend reduziert haben, kamen gerade aus dem Bereich der privaten Vermieter. Ich kann Ihnen Beweise bringen, daß sowohl im Geschäftsmietenbereich als auch im Wohnungsmietenbereich in Salzburg die Mieten dem Markt entsprechend bis zu 30 Prozent gesenkt wurden. Nur eines: Die Selbstherrlichkeit bei den gemeinnützigen Bauträgern ist geblieben!

Zur Sache selbst noch: Es ist doch für jedermann klar erkennbar, daß die Zinssätze in den letzten Jahren in den Keller gerutscht sind. Nur: Die gemeinnützigen Bauträger haben das anscheinend verschlafen. Sie haben sich ja relativ leichtgetan und die Zinsen bei den Banken bezahlt, sie waren die Sponsoren der roten und schwarzen Bankenlandschaft, gezahlt haben es aber die Mieter.

Meine Damen und Herren! Wir sollten uns eines vor Augen führen: Eine Million Österreicherinnen und Österreicher leben an oder unter der Armutsgrenze. Und warum? – Hauptsächlich, weil sie sich die Mieten und die Wohnnebenkosten nicht mehr leisten können.

Es sollte wirklich unser aller Bestreben sein, zu erreichen, daß das Wohnen in Österreich nicht zur Armutsfalle wird. Und es sollten alle – alle fünf Fraktionen dieses Hohen Hauses! – dafür eintreten, daß Wohnen wieder leistbar wird! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mentil. Redezeit: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

17.02

Abgeordneter Hermann Mentil (ohne Klubzugehörigkeit): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf diesen Tag habe ich gewartet. Es war selbstverständlich, daß er irgendwann einmal kommen muß. Vielleicht ist es mit ein Grund, warum ich wieder im Parlament bin.

Lassen Sie mich einige Dinge relativieren, vor allem folgendes – Herr Dr. Jarolim, ich lasse es Ihnen in Kopie zukommen; ich weiß nicht, ob er da ist oder nicht da ist –: Der Staatsanwalt hat mir bescheinigt, daß es keine Verfehlungen gibt, daß es keinen strafbaren Tatbestand gibt. Sie sollten das einmal zur Kenntnis nehmen! Ich habe in dieser Angelegenheit den Persilschein ausgestellt bekommen. Nehmen Sie auch zur Kenntnis, daß Hermann Mentil Landesfinanzreferent der FPÖ Niederösterreich war und im Landesfinanzbereich die Dinge korrekt und in Ordnung waren. Es hat trotz versuchter medialer Hinrichtung – fast Hinrichtung! – keiner beweisen können, daß in diesem Bereich irgend etwas nicht in Ordnung ist. (Zwischenruf des Abg. Koppler.)

Ich gehe aber weiter. Ich bin, Herr Kollege Schwimmer und Frau Kollegin Fekter, korrekt genug zu sagen, daß hier im FPÖ-Klub keine Mandatarin und auch kein Mandatar sitzt, der für dieses Wohnbaugesellschaftsdebakel in Niederösterreich etwas kann. Keiner von ihnen, die sie hier sitzen, kann etwas dafür, einschließlich meiner Person. Glauben Sie mir das! Aber Ihre Kritik, Ihre Überlegung oder Ihre Schadensfeststellung in einem Bereich stimmt, man müßte sie nur noch höher ansetzen. Aber ich bin nicht bereit, die Ideen des Herrn Kollegen Haigermoser aufzugreifen und etwas nach oben zu korrigieren oder zu berichtigen. (Abg. Leikam: Ganz rot wird Haigermoser!)

Was ich noch von diesem Rednerpult aus einmal korrigieren wollte, vor allem gegenüber den Medien, ist die Mär, daß Rosenstingl – ich bin nicht der Verteidiger von ihm – mit diesem Debakel in Zusammenhang steht. Der Herr Rosenstingl war ja lange Zeit der Stellvertreter des Herrn Haigermoser. Der Herr Kollege Haigermoser hat am 29. Oktober 1997 schon gewußt, daß der Herr Rosenstingl im RFW Niederösterreich Schwierigkeiten hat. Er war nur nicht bereit, mir als Landesfinanzreferenten das zu sagen. Das wäre ja interessant gewesen! (Unruhe im Saal.)

Noch einmal: Peter Rosenstingl hat mit den Wohnbaugesellschaften nichts zu tun gehabt! Im Zuge seiner Verfehlungen gegenüber dem niederösterreichischen Landtagsklub, gegenüber dem RFW Niederösterreich wurde ihm dieser Verdacht über die Medien und leider sehr stark von den politischen Mitbewerbern umgehängt. Da gibt es keinen Zusammenhang, außer dem Umstand, daß er mit Schreiner oder irgendwem anderen im FPÖ-Haus Eigentum erworben hat, und zwar rechtmäßig. (Abg. Kiss: Wer ist dann für das Wohnbaudebakel verantwortlich?) Du wirst von mir nicht erleben, daß ich da etwas sage, was für mich nicht nachvollziehbar ist und was nicht stimmt. Ich kann dir sagen, wer für das Wohnbaudebakel verantwortlich ist. (Abg. Kiss: Na wer?) Und da hat auch die Kollegin Fekter nicht recht, denn wenn beim Bauen Baudarlehen fällig gestellt werden und x Objekte errichtet werden, dann kommen Millionenbeträge in dementsprechender Höhe zusammen. Nur: Wie ist es dazu gekommen, daß sie fällig gestellt wurden?

Erster Punkt: Ein unfähiger Anwalt hat mit den Banken in einer Art Gespräche geführt, die so nicht zu führen waren, und dieser Einstieg hat zur Fälligstellung geführt. Sonst nichts! Nicht Peter Rosenstingl! Nicht der RFW Niederösterreich! Nicht der Landtagsklub!

Zweiter Punkt – und da klammere ich wieder alle FPÖ-Abgeordneten aus –: Es war auch Intrige von einigen Herren, die sich auf diese Geschichte draufgesetzt haben, ihre Intrige herrlich geritten haben, und zwar bis zur Existenzvernichtung. Da gab es keinen Schongang! Es gab einige Herren, die sehr wohl diese Situation dazu verwendet haben, ihre Macht- und Richtungskämpfe auszutragen. In letzter Konsequenz hat aber auch die FPÖ Niederösterreich in Summe nichts dafür gekonnt, daß diese Eigendynamik entstanden ist. (Abg. Kiss: Wer waren die? – Abg. Dr. Fekter: Wer waren die Intriganten?)

Jetzt komme ich zum dritten Punkt, Herr Kollege Kiss: ein völlig überfordertes Krisenmanagement. Leute in diesen Baugesellschaften haben das Sagen gehabt und haben, möchte ich fast sagen, gewerkelt, daß einem angst und bange geworden ist, und das Angebot von Profis, diese Geschichte sanieren und aufarbeiten zu lassen, wurde leider nicht angenommen beziehungsweise nicht zur Kenntnis genommen.

Das sollte man einmal festgestellt haben, weil es so war, und ich bitte wirklich darum, damit aufzuhören, das immer wieder der FPÖ ins Gepäck zu geben. (Abg. Dr. Fekter: Ein Schreiner!)

Es waren unfähige Manager, es waren ein paar Herrschaften in der FPÖ Niederösterreich, und es war ein Anwalt, der sich so ungeschickt benommen hat, daß jede Bank ihre Darlehen fällig stellen würde. – Soweit zu dieser Sache.

Ich komme jetzt auf den Dringlichen Antrag des Kollegen Firlinger zu sprechen. Na ja, an dem Zinsschrauberl zu drehen, das ist es nicht, was wichtig wäre, so werden wir Wohnen nicht leistbar machen, so geht es nicht. Das Problem liegt ganz woanders. Ich glaube, wir alle hier müssen zur Kenntnis nehmen, daß das Errichten von Wohnprojekten in der herkömmlichen Form – egal, ob im freifinanzierten Bereich; der baut ja manchmal schon günstiger als der sogenannte geförderte Bereich – nicht mehr funktioniert. So, wie es in den letzten Jahrzehnten vorangetrieben worden ist, geht das nicht mehr. Es laufen uns die Kosten davon, wir errichten zu teuer, vor allem kommen die Aufschließungen dazu. Es gibt eine Schere zwischen Verdienst des einzelnen Erwerbers oder Mieters und Kosten der Errichtung von Objekten, die man mit Zinskorrekturen absolut nicht in den Griff bekommt.

Wir müssen weiters zur Kenntnis nehmen, daß der Wohnbau ideenreicher werden muß. Herkömmliches aus der Lade zu nehmen und abzupausen, wo eine Achse wie die andere ist, ohne innovative Idee, ohne in Richtung Null-Energiewohnung zu arbeiten, geht heute nicht mehr. Das wurde ja schon gesagt. Schauen wir uns bitte die Betriebskosten in den Wohnungen an! Diese fressen die Gehälter und Löhne der Mieter und der Erwerber. Hier muß seitens der Architektur umgedacht werden, hier müssen neue Technologien zum Tragen kommen, die uns Betriebskosten einsparen lassen.

Zuletzt: Es muß die Errichtungslogistik völlig geändert werden. Es ist nicht mehr sinnvoll, wenn ein Bürgermeister anruft und sagt: Dort habe ich ein Grundstück, und da möchte ich eine Wohnhausanlage errichten lassen. Man wird sich Gedanken machen müssen über den Standort sowie über Verkauf oder Vermietung, bevor noch zu bauen begonnen wird. Also die Auslastungsgarantie muß da sein. Die Objekte müssen einzeln als Kostenstelle gesehen werden und müssen projektspezifisch von den Errichtungskosten her, von den Betriebskosten her und von den Verwaltungskosten her bearbeitet beziehungsweise gestaltet werden. Nur so kommen wir wieder zu entsprechenden Relationen, nur so können wir wieder Wohnungen zu Preisen errichten, die verkraftbar sind. (Abg. Kiss: Und wer waren jetzt die Intriganten?)

Herr Staatssekretär! Nicht herummurksen! Reformen sind angesagt! Wir brauchen Neukonzeptionen. Die Schraube am Zinsensektor anzuziehen ist zuwenig. Wir brauchen eine allumfassende Veränderung und Erneuerung. Das ist meine Auffassung. (Beifall der Abg. Dr. Partik-Pablé.)

17.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Abgeordneter Haigermoser gemeldet. Ich bitte ihn, den zu berichtigenden und den tatsächlichen Sachverhalt einander gegenüberzustellen.

17.12

Abgeordneter Helmut Haigermoser (Freiheitliche): Der Abgeordnete Mentil hat wahrheitswidrig behauptet, daß ich von den Malversationen Rosenstingls etwas gewußt hätte. (Abg. Mentil: Ich werde es dir beweisen! – Oh-Rufe bei SPÖ und ÖVP.) Dies ist unrichtig und falsch. Dies ist die übliche Schutzbehauptung eines mutmaßlichen Mitwissers, welcher selbst Mitglied des zuständigen Gremiums war. Die Mittäterschaft Mentils werden die ordentlichen Gerichte zu klären haben.

Wahr ist vielmehr, daß die Malversationen nach der Flucht Rosenstingls aufs Tapet kamen und bekannt wurden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die nächste Wortmeldung ist jene des Herrn Abgeordneten Mag. Trattner. Die restliche Redezeit beträgt 3 Minuten. (Abg. Dr. Schwimmer: Das ist merkwürdig: Partik-Pablé applaudiert Mentil und Haigermoser! – Abg. Leikam – in Richtung des Abg. Haigermoser –: Das schaut nicht gut aus! Du bist die letzte Periode hier!)

17.13

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es gab bei den Wohnbaugesellschaften in Niederösterreich, und zwar sowohl beim "Freien Wohnen" als auch bei der "Freien Zukunft", vor einem Jahr nichts zu beschönigen. Das haben wir auch nicht gemacht. Wir haben vielmehr gesagt, es soll kein einziger Mieter geschädigt werden und wir wollen die Sache so sanieren, daß niemand zu Schaden kommt. – Und das ist auch geschehen.

Wenn Sie eine Kauffrau sind, Frau Kollegin Fekter, dann nehme ich doch wirklich an, daß Sie eine Bilanz lesen können und sich nicht nur die Passiva anschauen, sondern auch die Aktiva. Bei Wohnbaugenossenschaften, die sehr viel in Bau befindliche Liegenschaften haben, häufen sich aufgrund der Baukosten natürlich Verbindlichkeiten an, aber wenn man die gegenüberstellt und sich das Ganze null zu null ausgeht, dann ist das keine Überschuldung. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Fekter – eine Liste in die Höhe haltend –: Haben Sie das schon gesehen!) Sie haben ja keine Ahnung.

Wie es bei den Gemeinnützigen ist, wissen Sie auch ganz genau: Wenn es eine Überschuldung gibt, dann schreibt der Revisionsverband vor, daß es eine Eigenkapitalnachschußverpflichtung gibt (Abg. Dr. Fekter: Er hat das vorgeschrieben! Oder?), und dieses Eigenkapital wurde nachgeschossen. Der Revisionsbericht hat das bestätigt, und wir haben einen uneingeschränkten Prüfungsvermerk bekommen.

Wir haben auch eine mittelfristige Prognose gemacht, und wir haben vor kurzem diese Genossenschaft verkauft. (Abg. Bures: Sie sind gescheitert, und die Mieter sind geschädigt!)

Jetzt kommen wir zum ersten Punkt: Es gibt keinen Geschädigten. (Abg. Dr. Fekter: Haben die Mieter schon ihr Geld bekommen?)

Punkt zwei: öffentliche Gelder. (Abg. Dr. Fekter: Haben die Mieter schon ihr Geld bekommen?) Sie sollten ganz schön ruhig sein! Jetzt kommen wir zu den öffentlichen Geldern. (Abg. Bures: Sie sind gescheitert, und die Mieter sind geschädigt!) Kein einziger Schilling Wohnbauförderung ist bis dato in die Projekte von "Freiem Wohnen" geflossen.

Am 23. Februar gab es eine Besprechung gemeinsam mit zwei Herren der Aufsichtsbehörde beziehungsweise Vertretern der Wohnbauförderung im Beisein der Landeshauptmann-Stellvertreterin Prokop, wo im Beisein aller dieser Mitglieder zugesagt worden ist, daß für die zwei Projekte von Freiem Wohnen in Gars und in St. Pölten die Wohnbauförderung sofort zur Verfügung gestellt wird. Bis zum 30. April ist dieses Versprechen noch immer nicht eingehalten worden, obwohl seitens "Freien Wohnens" alle Bedingungen erfüllt sind. (Abg. Dr. Fekter: Für diese Projekte gibt es keine Wohnbauförderung!) Das ist das politische Spiel, das Sie in Niederösterreich betreiben – zum Schaden der österreichischen Mieter. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Hier ist also null Schaden entstanden.

Wenn Sie jetzt mit irgendwelchen Listen und mit der "Freien Zukunft" kommen – das war der freie Bauträger –, so sage ich Ihnen: Sämtliche unbebaute Liegenschaften, sämtliche in Bau befindliche Liegenschaften und sämtliche fertiggestellte Liegenschaften wurden mit allen Rechten und Pflichten letztes Jahr verkauft. Auch hier ist niemand zu Schaden gekommen. (Abg. Dr. Fekter: Sie haben doppelt zahlen müssen!) Die Eigentümer haben ihre Rechte bekommen, und sämtliche Käufer sind bonitätsmäßig derart in Ordnung, daß sie sämtliche Rechte und Pflichten erfüllen können, damit auch dort niemand zu Schaden kommt. (Abg. Dr. Fekter: Die Eigentümer haben doppelt zahlen müssen!)

Erkundigen Sie sich, bevor Sie hier herausgehen, sonst verbreiten Sie hier nur Unwahrheiten! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kostelka. Restliche Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

17.16

Abgeordneter Dr. Peter Kostelka (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Hohes Haus! Eines soll nicht unerwähnt bleiben in dieser Debatte, in der wir sehr eingehend über den Wohnbau diskutiert haben und in der wir unsere Perspektiven im vollen Umfang dargestellt haben: daß mit Applaus seitens der freiheitlichen Fraktion, zumindest von der Frau Kollegin Partik-Pablé, ein ehemaliges Mitglied der freiheitlichen Parlamentsfraktion erklärt hat, daß die Schuld an einem der größten Wohnbauskandale der letzten Monate, der letzten Jahre (ironische Heiterkeit bei den Freiheitlichen) freiheitliche Spitzenfunktionäre getragen haben und tragen, daß es diese Malversationen im politischen Zusammenhang gegeben hat und daß hier eine klare politische Verantwortung der freiheitlichen Fraktion vorliegt. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Ofner: Das wäre angenehm für Sie gewesen, aber das hat er nicht gesagt!)

Es mag sein, daß die Gerichte hier noch entsprechende Klärungen vornehmen werden (Abg. Böhacker: Sie werden sich dann entschuldigen müssen!), eines ist aber mit Deutlichkeit jetzt schon sicher, meine sehr geehrten Damen und Herren von der freiheitlichen Fraktion: Sie haben zu diesen Ausführungen applaudiert, Sie haben ihnen zugestimmt.

Politik und Ihr Wohnbau sind etwas, was sich nicht vertragen hat. Sie haben versucht, sich am Wohnbau zu bereichern! (Beifall bei der SPÖ.)

17.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Graf, haben Sie jetzt noch jemanden gemeldet? (Abg. Dr. Graf: Nein!) Danke.

Weitere Wortmeldungen dazu liegen nicht vor. Daher ist die Debatte geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Selbständigen Antrag des Abgeordneten Mag. Firlinger in 1098/A (E) betreffend die Dringlichkeit von Maßnahmen zur Beseitigung von Einkommenskürzungen der Mieter gemeinnütziger Wohnungen durch ungerechtfertigte, überhöhte Mieten infolge der Verquickung von Politik-, Banken- und Versicherungsinteressen im gemeinnützigen Wohnbau.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag des Abgeordneten Mag. Firlinger eintreten, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Kurze Debatte über Fristsetzungsantrag

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir kommen nunmehr zur Kurzdebatte, die von Frau Abgeordneter Mag. Stoisits und vom Abgeordneten Dr. Kier beantragt wurde, um dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 1080/A (E) der Abgeordneten Dr. Schmidt, Dr. Petrovic betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Inneres eine Frist bis zum 1. Juni zu setzen.

Nach Schluß der Debatte wird sogleich die Abstimmung durchgeführt werden.

Wir gehen in die Debatte ein. Zur Begründung stehen 10 Minuten zur Verfügung, alle anderen Redner und Rednerinnen haben 5 Minuten.

Bitte, Frau Abgeordnete Stoisits.

17.20

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ein Bundesminister für Inneres, der 20 Tage darauf warten muß, daß Beamte, die in Ausübung ihrer beruflichen Pflicht ihre Dienstpflicht so verstehen, daß sie einen in ihrer Obhut befindlichen Menschen zu Tode bringen – im wahrsten Sinne des Wortes, weil er mit einem Flugzeug aus Österreich wegtransportiert wurde –, ein Minister, der 20 Tage braucht, um das durchzusetzen, was spätestens am ersten Tag nach Bekanntwerden dieses traurigen Umstandes jedem klar war, ein Minister, der 20 Tage braucht, um zu handeln und zu einem Ergebnis zu kommen, das ist ein Minister, meine sehr geehrten Damen und Herren, den ich als für die Sicherheit in Österreich Verantwortlichen schlicht und einfach für nicht tragbar halte. Denn er ist dafür verantwortlich, daß die in seiner Obhut Stehenden – in diesem Fall die österreichische Bevölkerung, aber vor allem, so wie im Fall Omofuma, auch ein einzelner Mensch – sich sicher und geborgen fühlen, daß ihnen nichts passiert.

Wenn es aber, meine sehr geehrten Damen und Herren, in Österreich so ist, daß man gerade dann, wenn man in der Obhut der Polizei ist, einem größeren Risiko ausgesetzt ist, daß einem etwas passiert, als wenn nicht, und wenn von einem Minister – heute ist der 20. Mai, am 2. Mai haben wir das alle erfahren, er vermutlich am 1. Mai schon – 20 Tage dauernd so lavierend argumentiert wird, wenn erst 20 Tage danach ein erster Schritt gesetzt wird, daß Verantwortliche ausgemacht werden – jetzt nur auf der dienstrechtlichen Ebene, ich spreche da überhaupt nicht vom strafrechtlichen Aspekt –, dann, bitte schön, handelt dieser Minister nicht, sondern da wird gehandelt (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Kier): ein bissel mit der Gewerkschaft, ein bissel mit dem Disziplinarrecht. Da wird ein bissel damit gehandelt: Sollen wir sie jetzt außer Dienst stellen oder nicht? Auf wen wälzen wir die Verantwortung ab?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Einen Minister zu haben, der nicht weiß, was in österreichischen Polizeistuben Usus ist – ich sage nicht, daß es täglich vorkommt, sondern Usus ist; nicht weil wir es entdecken, nicht weil parlamentarische Kommissionen es entdecken, sondern weil internationale Organisationen das erstens feststellen, zweitens berichten, drittens die Bundesregierung zu handeln auffordern, insbesondere den Bundesminister für Inneres, aber da wird nicht gehandelt –, das, bitte schön, halte ich für einen nicht tragbaren Zustand. Und jener, meine Damen und Herren, der der oberste Leiter dieser Behörde ist (Abg. Kiss: Was hast du getan, um Einem zum Handeln zu bringen, der es gewußt hat?), und das ist der Herr Bundesminister für Inneres heute, hier und jetzt – denn Dr. Löschnak kann nicht mehr zurücktreten, der ist schon zurückgetreten worden (Abg. Kiss: Einem hat es gewußt!); Dr. Einem kann auch nicht zurücktreten, der ist auch schon zurückbeordert worden (Abg. Koppler: Schlögl muß auch nicht zurücktreten! Schlögl muß bleiben!) –, Herr Mag. Schlögl, ist im Amt und ist verantwortlich dafür, welches Bild über den Schutz von Bürger- und Menschenrechten sich uns in Österreich in den letzten 20 Tagen geboten hat; nicht nur uns, sondern der gesamten Welt. (Beifall bei den Grünen.)

Für jemanden wie den Minister Schlögl, der als Minister für öffentliche Sicherheit die Rechtsstaatlichkeit nicht als im Mittelpunkt seiner Aufgaben stehend sieht, für den, meine sehr geehrten Damen und Herren, ist die Zeit – im wahrsten Sinne des Wortes! – abgelaufen.

Das, was er – hilflos in der Vorgangsweise, weil nämlich 17 Tage zu spät – mit den drei Beamten gemacht hat, nämlich sie auf bezahlten Urlaub zu schicken, das würde ich einmal als ersten Schritt für ihn vorschlagen. Er wird nicht ganz auf dem Trockenen sitzen, aber er wird nicht mehr die Verantwortung für Reformen übernehmen dürfen, die er seit zwei Jahren hätte machen sollen, aber nicht gemacht hat.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ein Minister, der das Grundrechtsbewußtsein seiner Beamten nicht dahin gehend schult, daß so etwas von der Praktik her unvorstellbar ist, ist meiner Ansicht nach untragbar. Das betrifft jetzt nicht nur den tragischen Tod von Marcus Omofuma allein, sondern das ist ja eingebettet in ein System. (Abg. Koppler: Die österreichische Bevölkerung sieht das anders!) Wenn Polizisten mit Leukoplast in der Hosentasche eine Abschiebung durchführen, wenn Polizisten jemanden wie eine Mumie verschnüren, da frage ich: Haben solche Menschen in der österreichischen Polizei einen Platz? – Nein! Denn die österreichischen Bürgerinnen und Bürger (Abg. Koppler: Sehen das anders! Die Bürgerinnen und Bürger sehen das anders!) und alle, die sich in diesem Land befinden, verdienen Polizisten, bei denen das Grundrechtsbewußtsein an erster Stelle steht und die in erster Linie den Rechtsstaat im Mittelpunkt ihres Bewußtseins haben. (Beifall bei den Grünen.)

Der Minister hat das Bewußtsein dieser Beamten dahin gehend anzuleiten und sie zu schulen. (Abg. Dietachmayr: Das tut er auch!) Er hat, tut er das nicht, keinen Platz. Denn auf wen soll die oberste Verantwortung fallen, wenn nicht auf den Behördenleiter?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist zuwenig, wenn die Vorgangsweise so ist, wie in den letzten 20 Tagen bewiesen: Putzen wir uns möglichst an den ganz Kleinen ab! Suchen wir nur ja nicht in den Zwischenebenen, geschweige denn in den höchsten Ebenen dafür Verantwortliche!

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist der Geist, es ist der Geist, der ein Ungeist wird, der das auszeichnet. Es sind die Signale, die hier ausgesendet werden: Wie weit kann ich gehen? Wo sind die Grenzen?

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Nach 20 Tagen und all dem, was wir miterleben, frage ich mich wirklich: Was ist für Österreich zuträglicher: Beamte, die nichts wissen, Beamte, die, obwohl sie oberste Chefs sind, nicht wissen, was Praktik in der Fremdenpolizei und in den Kommissariaten ist, oder Beamte, die das gewußt haben, aber nicht gehandelt haben, oder vielleicht Beamte, die alles gewußt haben, nicht gehandelt haben und bewußt noch ihren eigenen Minister hinters Licht führen? – Dies ist nämlich die Situation, in der wir uns befinden, meine Damen und Herren. (Beifall bei den Grünen.)

Ein Minister, der sich entweder nicht informiert oder falsch informiert wird oder der sich – ob absichtlich oder unabsichtlich – falsch informieren läßt, ist für einen Rechtsstaat, der etwas auf sich hält, nicht tragbar.

Deshalb, meine sehr geehrten Damen und Herren, haben wir kein Vertrauen in die Amtsführung des Herrn Ministers Schlögl (Abg. Koppler: Aber die Bevölkerung hat Vertrauen!), deshalb der heutige Fristsetzungsantrag, daß der Antrag der liberalen und der grünen Fraktion, dem Herrn Minister das Mißtrauen auszusprechen, ihm das Vertrauen zu entziehen, endlich auch behandelt wird, und zwar behandelt wird im Argumentationsaustausch und nicht nur durch eine Abstimmung.

Wir haben diesen Antrag eingebracht, um im Verfassungsausschuß das Pro und Kontra diskutieren zu können, um es sozusagen nicht nur auf einer Ebene der schnellen und kurzen Argumente zu belassen, sondern um auch in die Tiefe zu gehen – im Sinne auch der Schärfung des Grundrechts- und Verfassungsbewußtseins in Österreich.

Deshalb: Wenn Sie Interesse daran haben, daß im Mittelpunkt der Verfassungsstaat, der Rechtsstaat, das Grundrechtsbewußtsein und das Bekenntnis zu Menschenrechten und zur Menschenwürde stehen, dann sagen Sie ein Ja zur Fristsetzung! (Beifall bei den Grünen.)

17.28

Präsident Dr. Heinz Fischer: Für die weiteren Wortmeldungen gilt eine Redezeit von 5 Minuten.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Leikam. – Bitte. (Abg. Kiss: Noch einmal Leikam! Einmal Leikam, immer Leikam! – Abg. Koppler: Sag, was die Bevölkerung meint! – Abg. Leikam: Das wissen sie ohnehin!)

17.28

Abgeordneter Anton Leikam (SPÖ): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Am 10. Mai, also vor genau zehn Tagen, hat es im Nationalrat über Antrag der Grünen eine Sondersitzung zu diesem Thema gegeben. Gegen Ende dieser Sondersitzung wurde von Frau Abgeordneter Schmidt vom Liberalen Forum ein Antrag eingebracht, wonach dem Herrn Innenminister das Vertrauen entzogen werden sollte, also ein Mißtrauensantrag.

Nur, was haben die Liberalen mit diesem Antrag gemacht? – Sie wollten nicht, daß über diesen Antrag abgestimmt wird, sondern sie haben eine Form des Antrages gewählt, nämlich einen Entschließungsantrag, die bewirkt, daß dieser Antrag, dieser Mißtrauensantrag, nicht einem Ende zugeführt, sondern einem Ausschuß zugewiesen wird. Man will keine rasche Entscheidung über diesen Antrag haben.

Es ist daher paradox, daß heute hier ein Fristsetzungsantrag gestellt wird, daß dem Minister bis 1. Juni dieses Mißtrauen ausgesprochen beziehungsweise dieser Antrag behandelt werden sollte. (Abg. Dr. Kier: Sie können ihn ja niederstimmen!) Das ist doch paradox! Sie haben doch die Chance gehabt! Sie haben eine Sondersitzung verlangt, Sie haben bei dieser Sondersitzung einen Mißtrauensantrag gestellt, allerdings keinen Unselbständigen Antrag, sodaß es dann zu einer Abstimmung im Parlament gekommen wäre. Heute stellen Sie einen Fristsetzungsantrag, denn Sie wollen, daß dieses Thema, dieser Mißtrauensantrag schön langsam und Stück für Stück weiterdiskutiert wird.

Meine Damen und Herren von den Grünen und vom Liberalen Forum! Ihre Absicht ist leicht durchschaubar. Da wird niemand mit Ihnen mitgehen. Das ist ein Geschäftsordnungstrick, den Sie hier anwenden. Sie wollen möglichst lange dieses Thema warmhalten, weil es halt im Juni und im Oktober Wahlen gibt. Das ist der wahre Hintergrund Ihrer Aktivitäten, die Sie hier setzen! Es handelt sich um rein wahltaktische Manöver!

Denn eines muß schon festgestellt werden: Karl Schlögl, unser Innenminister, hat politische Verantwortung wahrgenommen. Frau Abgeordnete Stoisits! Wo waren Sie in den letzten 20 Tagen, die Sie so tun, als ob Sie nichts davon wüßten, was alles in dieser Richtung unternommen wurde? Ist Ihnen nicht bekannt, daß es neue Richtlinien für künftige Abschiebungen geben wird, daß es Karl Schlögl war, der wirklich mit allen in Frage kommenden Praktikern, die diese Arbeit machen, Gespräche darüber geführt hat, wie man verhindern kann, daß so etwas wieder passiert? Er war es, der diese drei betroffenen Beamten außer Dienst gestellt hat. Er war es, der nicht gewartet hat, bis die Novelle zum Sicherheitspolizeigesetz hier im Parlament beschlossen wird. Er will schon vorher den Menschenrechtsbeirat eingerichtet haben. (Zwischenruf der Abg. Mag. Stoisits.) Und Karli Schlögl war es, der für eine transparente, lückenlose Aufklärung dieses Falles von der ersten Minute an bis zum heutigen Tage eingetreten ist. Aber Sie sagen, er habe überhaupt keine Verantwortung wahrgenommen, dieser Minister müsse weg.

Ich sage noch einmal: Ihr Spielchen ist ein wahltaktisches Spielchen. Sie hatten die Chance, bei der Sondersitzung diesen Mißtrauensantrag, den die Liberalen gestellt haben, hier zu einer Abstimmung zu bringen. Das wollten Sie nicht. Sie wollen dieses Spielchen weiter fortsetzen. Wir werden Ihnen allerdings diesen Wunsch nicht erfüllen, hier auf gar keinen Fall mitgehen und diesem Antrag natürlich nicht die Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

17.32

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. König. Gleiche Redezeit. – Bitte.

17.32

Abgeordneter Dkfm. DDr. Friedrich König (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden diesem Fristsetzungsantrag nicht die Zustimmung geben, weil es ein schwebendes Verfahren gibt und weil daher eine seriöse, abschließende Behandlung überhaupt nicht möglich ist.

Ich muß Ihnen aber sagen, daß das, was Sie hier jetzt seit der Sondersitzung vorbringen, eigentlich der Versuch ist, mit dem tragischen Tod, diesem tragischen Ereignis etwas ganz anderes zu bewirken, nämlich eine generelle Diffamierung der geltenden Schubhaftbestimmungen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Das muß man sehr deutlich sagen. Denn das eigentliche Ziel, das Sie haben, ist es, die Schubhaft überhaupt zu verhindern. Es war ja bezeichnend, daß in der Sendung "Zur Sache" der Herr Rechtsanwalt, der dort war, den ich dann auch beim grünen Klub gesehen habe, erklärt hat: Wenn schon einer Gewalt anwendet und man das beklagt, dann soll man ihn halt laufenlassen! Warum soll man denn den mit allen Mitteln abschieben? – Das steckt eigentlich dahinter, und deshalb, Frau Kollegin Stoisits, wundert es mich auch gar nicht, daß Sie diesen grenzenlosen Widerspruch hier bestehen lassen, daß Sie selbst in Ihrem Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses schreiben, Minister Einem hätte von der Knebelung gewußt, aber Sie haben keineswegs einen Mißtrauensantrag deswegen gestellt. Offenbar kam Ihnen das eher gelegen, daß er das in seiner früheren Funktion laut Ihrer Feststellung gewußt haben soll. Das läßt, muß ich sagen, schon sehr tief blicken.

Eines muß man allerdings auch sagen: Reden müssen wir über die Art der Durchführung der Schubhaft, und ich begrüße es, daß Minister Schlögl den Vorschlag unseres Kollegen Platter aufgegriffen hat und bereit ist, mit Fachleuten über eine praxisnahe und eindeutige Richtlinie für die Durchführung zu sprechen.

Darum geht es, daß die Richtlinie klar ist, daß nicht der kleine Beamte übrigbleibt. Dieser darf hier nicht die Letztverantwortung aufgebürdet bekommen. (Beifall bei der ÖVP.)

Man wird sich auch an anderen Staaten orientieren müssen, die diese Abschiebung mit Charterflugzeugen machen, und diese vielleicht auch gemeinsam durchführen. Letzten Endes sollte man auch aktiv in den wichtigsten Herkunftsstaaten in den Medien vor den Schleppern warnen, die ein Geschäft daraus machen, heute eine organisierte Mafia sind und vielfach dafür verantwortlich sind, daß diese "armen Hunde", die als Wirtschaftsflüchtlinge, nicht als Asylanten kommen und daher abgelehnt werden, ihr letztes "Gerstl" hergeben, dieser Mafia in den Rachen werfen und dann natürlich verzweifelt sind, wenn das alles, was ihnen von denen versprochen wurde, sich hier nun als Schimäre herausstellt.

Eines geht aber sicher nicht: Wir werden sicher nicht bereit sein, diesem Ziel der Grünen nachzukommen, die geltenden Asylbestimmungen und die Fremdengesetze in Richtung einer allgemeinen Einwanderungsmöglichkeit in Österreich aufzuweichen. Das kann sich unser kleines Land, das sich bei der Aufnahme von Flüchtlingen vorbildlich verhalten hat, in der Bereitschaft, diesen zu helfen, einfach nicht leisten. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

17.36

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Madl. – Bitte.

17.36

Abgeordnete Elfriede Madl (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Fristsetzungsanträgen stimmen wir im Prinzip normalerweise als Oppositionspartei zu, denn wir Freiheitlichen sind der Meinung, daß Fristsetzungsanträge – egal, ob es sich jetzt um Anträge auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses oder um andere Anträge handelt – ein Oppositionsrecht sind und daß gewisse Dinge auch rasch behandelt werden müssen, damit keine Verschleppung droht.

Wenn es also um ein Oppositionsrecht geht, stimmen wir Fristsetzungsanträgen – gleich welchen Inhalts – auch zu. In diesem Fall jedoch ist es offensichtlich, daß hier ein Fristsetzungsantrag gestellt wird, um etwas ganz anderes zu bezwecken. Es handelt sich um einen Fristsetzungsantrag zu einem Mißtrauensantrag, obwohl zum Beispiel die Todesursache ja noch gar nicht hundertprozentig feststeht. (Zwischenruf der Abg. Dr. Petrovic.) Frau Kollegin Petrovic! Ich werde Ihnen beweisen, wieso dieser Fristsetzungsantrag von den Grünen und Liberalen gestellt wurde.

Kollege Smolle hat in seiner letzten Rede in der Sondersitzung gesagt – und das werde ich jetzt aus dem Protokoll zitieren, es ist also nicht nur eine Vermutung, die vorher angestellt worden ist, sondern das ist ganz sicher, er hat es dezidiert in seiner Rede gesagt –, er werde uns erklären und klarstellen, warum dieser Antrag als Selbständiger Antrag eingebracht werde. Denn die Geschichte ist eine sehr einfache – wortwörtliches Zitat des Herrn Smolle aus dem Stenographischen Protokoll der Sondersitzung vom 10. Mai –:

"Es war klar, daß die SPÖ für ihren Minister stimmen wird. Es war sehr schnell klar, daß natürlich auch die Freiheitliche Partei den Herrn Minister quasi halten wird, und es war weiters klar, daß es niemanden – oder höchstens ein oder zwei – bei der ÖVP geben wird, der bereit sein wird, bei einem Mißtrauensantrag mitzugehen."

Und jetzt kommt’s: "Wir wollen, daß die Debatte in den Ausschüssen weitergeht ... und auch wieder hier ins Plenum kommt, meine Damen und Herren!" – Zitat Smolle.

Das ist der Beweis! Sie wollen aus dem Tod eines Schubhäftlings erstens einmal politisches Kleingeld über mehrere Monate sammeln, zweitens wollen Sie unbedingt gegen die Praxis der Schubhaft mit Ihren linken Medien – es sind ja immer nur gewisse einschlägige – trommeln und alle über Monate so lange weichklopfen, bis Sie glauben, daß es eine Einigung gibt. Eines kann ich Ihnen sagen: Der Geist ist nicht ein Geist, Frau Kollegin, wie Sie gesagt haben, der herumwandert, sondern ein Geist des politischen Kleingelds, das Sie schlagen wollen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Petrovic.)

Das kann ich Ihnen schon sagen: Dazu lassen uns wir Freiheitlichen durch Zustimmung zu diesem Fristsetzungsantrag sicherlich nicht mißbrauchen. (Abg. Dr. Petrovic: Das ist eine große "Überraschung"!) Das macht Sie natürlich fertig. Wenn Sie das Stenographische Protokoll lesen, dann werden Sie sehen, daß Sie beide, Liberale und Grüne, entlarvt sind. Sie benützen den Tod eines Häftlings für Ihre eigenen politischen Aktivitäten – und dem können wir nicht zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Dann folgt voraussichtlich die Abstimmung. – Bitte.

17.39

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Wenn man den Vorrednern – wobei ich Kollegin Stoisits ausdrücklich ausnehme, weil ich sie in dieses Vorrednerpaket nicht einbeziehen will – so zuhörte, dann konnte man eine merkwürdige Logik beobachten.

Kollege Leikam sagte, "ganz Österreich" – und er meinte damit Wolf Martin, "Staberl", "Kronen Zeitung" und so weiter – sei seiner Meinung und deswegen sei es unser taktisches Kalkül, daß wir das Ganze verlängern. Kollege Leikam! Wenn Sie recht haben, dann muß ich sagen: So beschädigen wir uns ununterbrochen selbst. Sie müßten sehr froh sein über dieses taktische Kalkül, wenn Sie recht hätten!

Andererseits sagen Sie, Kollege Leikam, der Bundesminister habe seine Verantwortung wahrgenommen. Indem er zum Beispiel § 112 Dienstrechtsgesetz einfach ignoriert hat? Denn das, was jetzt zuletzt geschehen ist – die Außerdienststellung und letztlich die Suspendierung –, hätte sogleich geschehen können. Es ist aber nicht geschehen.

Der Bundesminister zieht jetzt den Menschenrechtsbeirat hoch. Die betroffenen präsumtiven Teilnehmer haben davon in der Zeitung gelesen, sind aber durchgängig noch nicht einmal befragt worden. Es gibt noch kein Statut dazu und gar nichts. Daher komme ich zu dem Ergebnis: Der wahre Grund dafür, warum Kollege Leikam und die sozialdemokratische Fraktion dagegen stimmen, ist: Sie wollen das nicht in einem vorberatenden Ausschuß – der nicht öffentlich ist, möchte ich gleich einmal sagen – erörtern, und sie wollen offenbar auch nicht in einem vorberatenden Ausschuß, der das dann erledigen würde – unsere Ausschüsse sind vorberatende Ausschüsse und keine öffentlichen Ausschüsse –, dagegen stimmen, sonst müßten Sie ja sagen: Her mit dem Antrag, Ausschuß, auf die Tagesordnung, niederstimmen, weg ist er! Das wollen Sie anscheinend nicht. Was spektakulär daran wäre, wenn es in einem Ausschuß beraten würde, das würde ich gerne sehen. Die Ausschüsse sind nicht öffentlich, Herr Kollege Schieder! (Abg. Schieder: Aber die Interpretation ist unzulässig! Man will die Fristsetzung nicht!) Aber wenn er die Fristsetzung nicht will, heißt das, daß er möglichst lange nicht im Ausschuß darüber diskutieren will. (Abg. Schieder: Das meinen Sie! Das muß nicht die Wahrheit sein! Das glauben Sie! Das vermuten Sie! Das unterstellen Sie! Das ist unlogisch, was Sie sagen!) Aber das ist der Grund, sonst braucht er ja keine Fristsetzung abzulehnen. Oder er ist sich des Abstimmungsergebnisses doch unsicher. Vielleicht wankt der Koalitionspartner, ich weiß es nicht.

Aber wenn man den Kollegen König gehört hat, kommt man nicht zu dem Ergebnis, daß der Koalitionspartner wankt, da Kollege König auch die Volte geschlagen hat, indem er gesagt hat: Wer sich darüber beschwert und wer einen Minister politisch für verantwortlich hält, wenn er etwas nicht gewußt hat, was er bei pflichtgemäßer Wahrnehmung seines Amtes hätte wissen müssen, der diffamiert irgendwelche Gesetzesvorschriften. Also: Ist das Ums-Leben-Bringen eines Schubhäftlings etwas, was in den Schubhaftbestimmungen vorgesehen ist oder nicht? Ich sage: Nein, es ist nicht vorgesehen. Wenn man daher die fehlerhaften Abläufe, die schweren Fehler kritisiert, kritisiert man nicht die Bestimmungen, sondern den Umgang mit den Bestimmungen. Daher ist Herr Kollege König in seiner Argumentation auch nicht sehr schlüssig gewesen. (Abg. Schieder: Oder die Nichtbeachtung der Bestimmungen!) Die Nichtbeachtung der Bestimmungen. Richtig, genau! Es ist der Umgang mit den Bestimmungen, die Art und Weise. Und das ist die Frage und das, was die abstrakte politische Verantwortung eines Regierungsmitgliedes ist.

Es wäre doch sinnvoll, das in einem vorberatenden Ausschuß ohne Öffentlichkeit zu diskutieren. Des Abstimmungsergebnisses dort können Sie sich ohnedies gewiß sein. Ich nehme ja nicht an, daß die Argumente, die dort noch einmal erörtert werden, Ihre Meinung wirklich umstimmen werden. Sie sind sich ja ohnedies ganz sicher, daß Sie auch ohne Diskussion wissen, was richtig ist.

Daher meine ich, daß die Positionen des Kollegen Leikam – Sozialdemokratische Partei –, des Kollegen König – ÖVP – und die der Kollegin Madl nur dann richtig sind, wenn Sie keinen Wert darauf legen, daß das wirklich ernsthaft in einem vorberatenden Ausschuß diskutiert wird. Ich meine, offenbar trauen Sie Ihren eigenen Argumenten nicht und haben Angst davor, daß in einem nichtöffentlichen Ausschuß vielleicht manches noch zur Sprache kommen könnte, was dann vielleicht die Mehrheit gefährden könnte. Daher ist es einfach unredlich, zu behaupten, es ist schlecht, wenn für die Behandlung einer derartigen Sache eine Frist gesetzt wird. Sie wollen offenbar selbst, daß der Mißtrauensantrag so lange wie möglich schwebend bleibt. Das kann ich, wenn ich Ihre Position einnehme, nicht nachvollziehen. (Beifall beim Liberalen Forum und den Grünen.)

Sie könnten ja sagen, Sie machen das, um uns einen Gefallen zu tun. Aber das glauben Sie ja wahrscheinlich selbst nicht. Sie trauen sich nicht, Sie wollen nicht, Sie haben keine Lust. Außerdem: Wenn irgendwelche Oppositionsparteien Anträge stellen, ist es offenbar so und so schlecht. Das ist kein guter Umgang mit dem Parlament. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

17.45

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Ing. Langthaler. – Bitte.

17.45

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn Abgeordnete von SPÖ, ÖVP und die der Freiheitlichen hier in trauter Gemeinsamkeit meinen, daß es Grünen und Liberalen, denen es in dieser Debatte um die Frage der Rechtsstaatlichkeit und der Menschenrechte geht, eigentlich um politisches Kleingeld ginge, dann muß ich fragen: Was soll man da noch antworten? – Das ist ein "Totschlagargument", das Sie halt benutzen, weil Sie nicht bereit sind, sich mit uns in einem Ausschuß konkret über diese Frage zu unterhalten. Es ist ein absurdes "Argument".

Ich möchte Ihnen bei dieser Debatte ein paar Zitate aus einem Kommentar der morgigen Ausgabe des "Kurier" vorlesen, den ich für so ausgezeichnet halte, daß er es wert ist, hier auch in das Stenographische Protokoll Eingang zu finden. Unter dem Titel "Die Entsolidarisierung der Sozialdemokratie" wird hier geschrieben:

"Ein enger Berater des Kanzlers meint: ,Jene, die im Fall Omofuma Konsequenzen fordern, wollen uns doch nur eine andere Ausländerpolitik aufzwingen. Die wollen am liebsten alle Ausländer bei uns aufnehmen. Aber der Großteil der Bevölkerung ist dagegen, darum werden wir das nicht zulassen.‘ Diese Argumentation" – so meint der Autor dieses Artikels – "könnte genausogut von der FPÖ kommen." Das ist sehr richtig. "Inhaltlich gesehen ist obiges eine Null-Aussage ... und ein Offenbarungseid: Im Spannungsfeld zwischen Menschenrechten beziehungsweise politischer Verantwortung und Volksmeinung entscheidet sich die führende Kraft des Landes für die – in zweifelhaften Umfragen erhobene – Volksmeinung. ...

Dann braucht man auch keine Politiker mehr, sondern nur mehr Erfüllungsbeauftragte der Meinungsforschung."

Dem ist ja wohl wirklich nichts Klares mehr hinzuzufügen. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.) Die SPÖ allen voran hat sich dafür entschieden, daß ihr die Titelseite der "Kronen Zeitung" wichtiger ist als die Erklärung der Menschenrechte. Ich habe nicht gedacht, daß Sie diese Grenze in diesem Land überschreiten würden. Ich habe bis zum 1. Mai 1999 nicht gedacht, daß man sich auch in diesem Land wieder um jene Leute sorgen muß, die Minderheiten angehören, daß man sich ernsthafte Sorgen um deren Wohlergehen machen muß – bis hin zu der Frage, ob sie in Polizeigewahrsam eine Abschiebung überleben. Ich habe nicht gedacht, daß Österreich unter Deckung der Sozialdemokraten so einer Situation je wieder ausgesetzt sein wird, daß sich Leute mit anderer Hautfarbe in diesem Land fürchten müssen vor jenen, die eigentlich für die Sicherheit in diesem Land zuständig sind.

Wenn hier gesagt wird, das seien linke Medien, dann muß ich sagen: Das ist ja so absurd! In Ihren Augen, in den Augen der Mehrheit dieses Hauses ist ja schon jedes Medium links, das sich für Menschenrechte und für die Einhaltung der Verfassung einsetzt. Offensichtlich ist überhaupt jedes Medium in diesem Lande links, das eben nicht die "Kronen Zeitung" ist. (Beifall bei den Grünen) Das ist absurd! Das ist eine absurde Diskussion!

Ich weiß nicht, ob Sie überhaupt merken, welche Bereiche Sie hier schon überschritten haben, welche Schranken hier schon gefallen sind, welche Arbeit Sie hier schon für wen erledigen. Es ist unfaßbar! Hier in dieser Debatte geht es darum, daß Sie über all diese Fragen der Rechtsstaatlichkeit abstimmen sollen, über Fragen wie etwa jene, ob ein Minister als oberster Behördenleiter auch so etwas wie politische Verantwortung hat, es geht darum, daß darüber im Ausschuß substantiell diskutiert wird. In Österreich gibt es nicht die Tradition der politischen Verantwortung. Ich halte das für falsch. In jeder entwickelten politischen Demokratie, in jeder Demokratie westlichen Zuschnitts gibt es politische Verantwortung.

Es geht nicht darum, um den ehemaligen Abgeordneten Michael Graff zu zitieren, daß jemand – unter Anführungszeichen – "erst selbst dabei erwischt werden muß, daß er sechs Juden umgebracht hat", damit er politische Verantwortung in diesem Land übernehmen muß. Es geht wohl auch darum, zu wissen, was in seinem Ressort passiert. Es geht darum, zu wissen, daß er seine Beamten unter Kontrolle hat. Es geht darum, daß er an die Verfassung dieses Landes gebunden ist und daß er daran zu messen ist, wie er auch mit seinem Krisenmanagement umgeht. Wenn Sie nicht in der Lage sind, diese Diskussion in einem Ausschuß zu führen und dann hier noch einmal über einen Mißtrauensantrag abzustimmen, dann schaden Sie der Demokratie dieses Landes nachhaltig.

Sie werden sehen: Mit der Debatte in den letzten zwei, drei Wochen haben Sie jene Kräfte gestützt, die möglicherweise Sie in einigen Jahren noch ganz anders behandeln werden. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten des Liberalen Forums.)

17.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen zur Abstimmung über den Antrag, dem Verfassungsausschuß zur Berichterstattung über den Antrag 1080/A (E) der Abgeordneten Dr. Schmidt, Dr. Petrovic betreffend Versagen des Vertrauens gegenüber dem Bundesminister für Inneres eine Frist bis zum 1. Juni 1999 zu setzen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Fristsetzungsantrag ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Fortsetzung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich nehme nunmehr die Verhandlungen über die Punkte 12 und 13 der Tagesordnung wieder auf.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Povysil. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. Wenn ich es richtig sehe, gibt es nach einer zweiten Wortmeldung bereits wieder die nächste Abstimmung. Daher schalte ich die Glocke gleich wieder ein. – Bitte Frau Abgeordnete.

17.51

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Meine Damen und Herren! Wieder zurück zu einem anderen Krimi der Innenpolitik, nämlich zum Heilmittel- und Heilbehelfekrimi. Das ist ein Drehbuch der Sonderklasse, gesponsert vom Hauptverband der Sozialversicherungsträger, vom Rechnungshof geprüft, gerügt, verurteilt und von Ihnen, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, bis jetzt fast stillschweigend geduldet – nicht vom Herrn Abgeordnetenkollegen Hums, der mir Drohrufe der Kassandra unterstellt hat. Darauf fällt mir als Vergleich nur ein: Er befindet sich dann wohl auf den Irrfahrten des Odysseus. Aber, Herr Kollege, Odysseus war ein Held, und ich bin frohen Mutes, daß Sie zum richtigen Weg zurückfinden werden. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenruf des Abg. Kiss.)

Nun zum Drehbuch: Begonnen hat das Ganze, wie Sie wissen, im Jahre 1937, als eine Reichsliste für Heilbehelfe erstellt wurde. Bereits im Jahre 1959 regte der Rechnungshof an, daß die Preise der noch immer geltenden Reichsliste neu kontrolliert werden sollen. Im Jahre 1994, also 35 Jahre später, bemühte sich der Hauptverband, dies zu realisieren, allerdings nicht selbst durch eine eigene Ausschreibung, sondern mit der allseits bekannten und diskutierten Firma ARGE-Orthopädie.

Im Februar 1996 kam nun unser erster Antrag samt Anprangerung dieser ständig überhöhten Ausgaben für Heilmittel, samt Anprangerung der Insidergeschäfte und der schutzgeldähnlichen Zahlungen der bekannten Firmen an die ARGE-Orthopädie.

In einer von uns gestellten Dringlichen Anfrage betreffend Krankenkassen wurde schließlich der Bundesminister für Arbeit, Gesundheit und Soziales darüber informiert, wie diese privatrechtlichen Verträge zwischen ARGE-Orthopädie und Hauptverband wirklich zustande gekommen sind. Dabei wurde kein Zweifel an wettbewerbsverzerrenden Absprachen offengelassen.

Am 13. Juni 1996 erfolgte die Sonderprüfung des Rechnungshofes über die Gebarung und Erträge der gesetzlichen Krankenversicherungen im Bereich Heilmittel und Heilbehelfe. Sie wissen, der Rechnungshof gab uns in dieser Frage gänzlich, vollinhaltlich recht.

Nun glaubt man als einfacher Bürger – und man erwartet es sich –, wenn einem der Rechnungshof als oberstes Prüforgan unserer Republik recht gibt, daß Law and Order nachfolgen. Das heißt, man erwartet sich nach einer massiven Kritik des Rechnungshofes auch ein effektives Einschreiten der dafür politisch Verantwortlichen. – Aber ganz im Gegenteil! Zwischen August 1997 und Februar 1998 breitete sich grenzenlose Stille im Bereich des Hauptverbandes und im Bereich des Bundesministeriums aus. Es erfolgte damals keine Stellungnahme von Ihnen, Frau Bundesminister, oder vom Hauptverband. Aber wenn man als Oppositionspartei eines lernt, dann sind es Ausdauer und grenzenlose Beharrlichkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Darum, meine Damen und Herren, haben wir am 25. Februar 1998 wieder einen Entschließungsantrag an die Frau Bundesminister eingebracht. Wir haben sie ersucht, zu den korruptionsverdächtigen Mißständen im Hauptverband Stellung zu nehmen, und wir haben sie ersucht, endlich eine qualitativ hochwertige Sicherstellung der Versorgung der Patienten mit Heilmitteln und Heilbehelfen zu erwirken. Wir haben sie weiters ersucht, die regionale Versorgung aufrechtzuerhalten. Und wir haben sie schlußendlich ersucht, endlich die gesetzliche Aufsichtspflicht gegenüber der Sozialversicherung, gegenüber dem Hauptverband wahrzunehmen.

Jetzt haben wir den 20. Mai 1999. Frau Minister, was hat sich geändert? Was ist für die Versorgung und Preisgestaltung im Sinne der Patienten wirklich getan worden? – Bei einer meiner letzten Reden zu diesem Thema hat mein Fraktionskollege Mag. Stadler in einem Zwischenruf am Ende gesagt: Es ändert sich nichts. (Abg. Schieder: Bei ihm schon!)

Ich hoffe von Herzen, daß er diesmal – dieses eine Mal! –, Herr Kollege Schieder, in dieser Beziehung unrecht hat. (Abg. Schieder: Bei ihm hat sich schon etwas geändert!)

Ich hoffe, Frau Minister, Sie halten es mit Konrad Adenauer, der in der Politik weise geworden ist und gesagt hat: Es kann mich nichts daran hindern (Zwischenruf der Abg. Reitsamer) – das lege ich auch Ihnen ganz besonders ans Herz, Frau Kollegin Reitsamer –, klüger zu werden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

17.56

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte.

17.56

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Ein großes Gewerk an Allgemeinformulierungen haben wir beim ersten Redner und bei der letzten Rednerin gehört. Es war sehr interessant, Ihre Ausführungen, Frau Abgeordnete Povysil, zu verfolgen, nachdem Sie sich überwiegend mit der Aufzählung von Daten und anderen Darbietungen beschäftigt haben.

Nun, eines ist schon klar: Es ist nichts so gut auf dieser Welt, als daß es morgen nicht noch besser werden könnte. Keine Frage. Daß an einer Verbesserung gearbeitet wird, wissen all jene, die damit zu tun haben. Wenn Herr Dr. Pumberger daran zweifelt, dann kann das leicht sein, weil ich glaube, daß er seinen Beruf nicht mehr mit jenem Engagement ausübt, das er hier noch darstellt oder andere sich von ihm erwarten. – Aber das ist nicht mein Thema.

Mein Thema ist einfach jenes, daß wir diese beiden Anträge auch im Ausschuß behandelt haben und wenig Grund zu Diskussionen hatten. Sie selber waren in dieser Sache kaum engagiert unterwegs. Denn was steht in diesen Anträgen? – Es steht darin, daß Sie eine allgemeine Beglückung wollen, daß Sie jedem alles gratis geben wollen. (Abg. Dr. Pumberger: Wo steht das geschrieben?) – Ich sage Ihnen: Diesen Wunsch dürfen Sie ruhig haben.

Uns geht es jedoch um etwas anderes. Uns geht es um die Qualitätssicherung. Heilbehelfe braucht nicht jeder, sondern brauchen nur jene Menschen, die gesundheitliche Probleme haben, und diesen müssen wir umfassend helfen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Zum zweiten faseln Sie dauern daher, daß Sie mit den Kosten irgendwelche Probleme haben. Sie haben ja auch im Jahre 1997 hier ein Riesentheater aufgeführt, indem Sie alle möglichen Produkte hierher an das Rednerpult getragen haben. Ich sage Ihnen folgendes – das wissen Sie ganz genau –: Auf dem Markt gibt es Produkte dieser oder jener Preiskategorie. Sie kommen auch verschiedentlich zur Anwendung. Dort, wo die medizinische Notwendigkeit gegeben ist, daß eben teure Produkte anzuwenden sind, dort darf sich der Bürger und Versicherte erwarten, daß er diese auch von seiner Sozialversicherung bezahlt bekommt. Das ist so. (Präsident Dr. Brauneder übernimmt den Vorsitz.)

Drittens: Es wird im Hauptverband – der ist auch nicht der Wunderwuzzi der Nation – laufend über die gesamte Frage Heilmittel und Heilbehelfe diskutiert. Dort sind Fachleute engagiert – auch Ärzte, Ihre Standeskolleginnen und -kollegen –, die uns beraten und uns gute Ratgeber sind.

Ich bringe es auf den Punkt: Ihre Entschließungsanträge verleiten uns nicht dazu, daß wir ihnen beitreten, denn der Inhalt ist eigentlich nicht überzeugend. Die Art von Oppositionspolitik, die Sie hier aufgezeigt haben, zeugt nicht von einer besonders innovativen Leistung.

Wir werden weiterarbeiten und werden danach trachten, daß wir mit den Einnahmen entsprechend gut zu Rande kommen und daß wir die Versorgung unserer Versicherten in jener Qualität sichern, die sie sich erwarten.

Ein Letztes: Zeigen Sie mir ein anderes Land, zeigen Sie mir andere Systeme, wo den Menschen so viel angeboten werden kann, wie wir es in Österreich bereits erreicht haben! Freuen wir uns darüber! (Beifall bei ÖVP und SPÖ. – Abg. Dr. Pumberger: Sie haben den Rechnungshofbericht nicht gelesen!)

17.59

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Da kein Schlußwort der Berichterstatter vorliegt, treten wir in das Abstimmungsverfahren ein, und ich bitte daher, die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschußantrag getrennt vornehme.

Wir kommen zuerst zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1847 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1848 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie auch diesen Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich gleichfalls um ein entsprechendes Zeichen. – Auch dafür findet sich eine Mehrheit. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen.

14. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 559/A (E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Erstellung von Berechnungsgrundlagen zur Finanzierung einer Grundsicherung (1849 der Beilagen)

15. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Entschließungsantrag 1032/A (E) der Abgeordneten Dr. Volker Kier und Genossen betreffend Entwurf für ein Bundesgrundsatzgesetz in der Sozialhilfe (1850 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir kommen nun zu den Punkten 14 und 15 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Da auf eine mündliche Berichterstattung verzichtet wurde, treten wir in die Debatte ein.

Erstredner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

18.01

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die beiden Anträge, die heute zur Abstimmung gelangen, sind von größerer Tragweite, als es dem ersten Anschein nach der Fall zu sein scheint. Es geht um die fundamentale soziale Absicherung der Menschen, die in diesem Land leben. Die beiden Anträge sind miteinander verzahnt, wenn man so will, und zwar materiell.

Einer hat formalen Charakter, und einer hat Informationscharakter. Beide sind leider im Ausschuß in der Minderheit geblieben. Besonders bedauerlich ist das hinsichtlich jenes Antrages, der auf ein Bundesgrundsatzgesetz für die Sozialhilfe abzielt. Die Lage wird nämlich langsam eng und dringlich.

Die Verhandlungen für den nächsten Finanzausgleich stehen vor der Tür. Wenn bis zu diesem Zeitpunkt keine neue Architektur für die Zusammenarbeit der Länder mit dem Bund im Bereich der Sozialhilfe geschaffen wird, dann wird es weitergehen wie bisher. Und wenn es so weitergeht wie bisher – insbesondere auf der Ebene der Bundesländer, meine ich in diesem Fall –, dann wird die Lage von Tag zu Tag schlechter werden. Wir haben gelernt, daß die Bundesländer Schönwetter-Sozialhilfepolitik betreiben. Solange alles gut gegangen ist, sind sie teilweise sogar relativ großzügig gewesen – obwohl es ein bißchen übertrieben ist, was ich jetzt gesagt habe. Nun aber, da die Sozialhilfe unter Leistungsdruck gerät, legen die Bundesländer radikal den Retourgang ein, regressieren sich, wo sie nur können, und wimmeln ab, so weit es ihnen möglich ist. Und sie leisten nicht ihre Pflicht im Bereich der Sozialhilfe.

Daher wäre es von wirklich großer und ausschlaggebender Bedeutung, wenn man sich zumindest einmal mit einem substantiellen Entwurf für ein Bundesgrundsatzgesetz zur Sozialhilfe auseinandersetzen könnte, damit die Zugänge vereinheitlicht, die Standards harmonisiert, die Behördenwege angeglichen werden. Daß Sie so etwas ablehnen, finden wir einfach schade.

Wir wollten von diesem Pult aus auch einmal sagen, daß die Bundesregierung und insbesondere die Frau Bundesministerin für Soziales nicht dazu bereit sind, statistische Daten über die Aspekte einer Grundsicherung, einer Mindestsicherung – oder wie immer Sie das auch nennen wollen – zur Verfügung zu stellen. Auch das finden wir schade.

Frau Bundesministerin! Wir warten gespannt auf den vielfach angekündigten Bericht Ihrer Arbeitsgruppe im Haus. Ich fürchte, er wird strukturkonservativ sein. Ich fürchte, er wird nicht das erbringen, was er erbringen müßte, nämlich einen Aufriß neuer Möglichkeiten, sondern er wird versuchen, das alte System fortzusetzen. Es werden sozusagen in die alten Schraubenlöcher neue Gewinde geschnitten werden, aber es werden die alten Schrauben hineingesetzt werden. Weil die alten Schrauben jedoch wackeln würden, wird man Silikon hineinschmieren und wird das dann Reform nennen. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

18.04

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters ist Herr Abgeordneter Dietachmayr zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

18.04

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Zu den beiden Anträgen möchte ich folgendermaßen Stellung nehmen:

Ich glaube, man muß sich diese Thematik sehr genau anschauen und überlegen. 6 000 S bis 8 000 S an Grundeinkommen für jeden Österreicher – egal, ob er erwerbstätig ist oder nicht, entweder direkt ausbezahlt oder in Form einer Steuergutschrift –, das ist der Kerngedanke dieses liberalen Modells. Dafür sollen jedoch fast alle Sozialleistungen abgeschafft werden, wie zum Beispiel Arbeitslosengeld, Notstandshilfe, Sozialhilfe, Familienbeihilfe und Karenzgeld. Auch die Pensionen würden für alle nur noch 8 000 S betragen. Damit der Lebensstandard im Alter abgesichert werden kann, müßten Arbeitnehmer zusätzlich in eine private Pensionsversicherung einzahlen.

Kritiker – und deren gibt es viele, von verschiedensten Seiten – warnen vor weiteren negativen Folgen dieses Modells. Das Grundeinkommen käme auch Reichen zugute, und die Armen blieben arm. Auftrieb erhielten all jene Kräfte – und vor allem solche! –, die die These vertreten: Frauen zurück an den Herd und zu den Kindern! Kinderbetreuungseinrichtungen könnten zum Luxus werden, da ohne Förderung und ohne unbedingte Notwendigkeit, weil es ja eine Grundsicherung gäbe.

Schließlich wäre auch zu befürchten, daß sich der Staat seiner Verantwortung für die Beschäftigungspolitik entzieht, da ja ohnehin alle Staatsbürger versorgt wären.

Meine Damen und Herren! Mit dieser Politik können wir uns nicht anfreunden. Ich möchte Ihnen am Beispiel Oberösterreich zur Sozialhilfe folgendes sagen: In Oberösterreich beziehen derzeit rund 1 800 Personen Sozialhilfe. Für eine alleinstehende Person beträgt sie rund 6 300 S im Monat, mit einem zusätzlichen Mietenzuschuß kann ein Sozialhilfeempfänger rund 7 500 S bekommen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Kier.)

Bei einem Grundeinkommen von 6 000 S, Herr Abgeordneter Kier, erhielte dieser Sozialhilfeempfänger monatlich sogar um 1 500 S weniger als jetzt! Die nicht berufstätige Gattin eines Einkommenmillionärs bekäme dagegen um 6 000 S mehr. – Ich frage Sie, wo da nur annähernd soziale Gerechtigkeit bestünde!

Einfach ist der Zugang zur Sozialhilfe ohnehin nicht. Arbeitswilligkeit ist Voraussetzung. Nur dann, wenn Arbeit nicht zumutbar oder praktisch unmöglich ist – das wissen Sie –, wenn kein näherer Angehöriger über ein Einkommen verfügt und wenn absolut kein Besitz vorhanden ist, wird sie gewährt.

Gerade heute ist in den "Oberösterreichischen Nachrichten" ein Artikel zu diesem Thema erschienen. Unter der Überschrift: "Die Sozialutopie Grundsicherung läßt sich nur schwer finanzieren" sagt der Sozialökonom Christoph Badelt – ich zitiere –: "Wenn man von einem Betrag von 8 000 S ausginge, dann wäre es nicht finanzierbar." – Auch stellt er in Frage, "ob es Aufgabe des Sozialstaates ist, eine Gießkanne mit einem so großen Loch auszuschütten", und ich kann mich dieser Meinung nur anschließen.

Es ist auch interessant, was die FPÖ dazu sagt. Obwohl ich sonst nicht immer einer Meinung mit dieser Fraktion bin (Abg. Gaugg: Aber immer öfter!) oder nur sehr selten, muß ich Herrn Abgeordnetem Haupt zugestehen, daß er in einem Punkt recht hat, und zwar dann, wenn er einer Grundsicherung eine klare Absage erteilt, denn der Anreiz, arbeiten zu gehen, würde dann gegen Null sinken. Da gebe ich ihm völlig recht. Die Zahl der Erwerbstätigen würde sinken, und die Schwarzarbeit würde zunehmen.

Ich frage Sie überhaupt, meine Damen und Herren: Macht es Sinn, Einkommen und Beschäftigung zu entkoppeln? – Die Umsetzung der Vorschläge der Liberalen wäre möglicherweise mit erheblichen Beschäftigungsverlusten verbunden, weil die Grundsicherung das gleichzeitig durch eine Beschäftigung erzielte Einkommen regelmäßig vermindert und dadurch eine Erwerbstätigkeit weniger attraktiv würde.

Die Vorschläge sind auch fiskalisch und arbeitsmarktpolitisch zumindest bedenklich, ganz zu schweigen von den zusätzlichen Kosten, die durch den Verwaltungsaufwand entstünden. (Abg. Dr. Kier: ..., Herr Kollege! Das wird nicht abgestimmt!) So würde etwa der Wechsel einer Lebenslage, beispielsweise verursacht durch die Erkrankung eines Arbeitslosen, auch zu einem Wechsel der zuständigen Behörde führen. Die Möglichkeit mehrerer Zuständigkeiten würde bei gleichzeitigem Vorliegen mehrerer Lebenslagen auch noch entsprechende Schwierigkeiten verursachen.

Ein Grundeinkommen wiegt die Vorteile bezahlter Arbeit nicht auf. Bei diesem Grundsatz sollten wir bleiben! Wir Abgeordneten sind dazu da, die Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß unser soziales System auch in Zukunft abgesichert ist. Aus diesem Grunde wurden wir gewählt, und dafür werden wir auch arbeiten.

Mein Vorredner hat gesagt, wir betreiben Schönwetter-Sozialpolitik. – Dazu muß ich sagen: Die Politik – zumindest wir verstehen sie so – hat dafür zu sorgen, daß, wenn Wolken aufziehen, die Menschen nicht im Regen stehen! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Schwarzenberger.)

18.09

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

18.10

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Laut Sozialbericht 1997 leben über 400 000 Menschen in Österreich in Armut. Eine Viertelmillion ist über das Jahr hinweg gesehen in den letzten Jahren arbeitslos gewesen. Dann kommt Kollege Dietachmayr und sagt: Ein Grundeinkommen wiegt die Vorzüge bezahlter Arbeit nicht auf. – Erzählen Sie das diesen 400 000 Menschen oder dieser Viertelmillion Arbeitsloser? – Das ist doch Zynismus, Kollege Dietachmayr! Diese Menschen haben ein Recht darauf, ein Leben in Würde zu führen. Nur darum geht es! Ich bin nicht hier, damit ich mir diese Ihre Worte anhören muß. Das ist wirklich Zynismus!

Sie wissen genausogut wie ich, Kollege Dietachmayr, daß sowohl Ihnen als auch den anderen Fraktionen etwas einfallen muß, denn dabei geht es um Lebensfragen. Da geht es um Fragen sozialer Integration und sozialer Spaltung in dieser Gesellschaft. Wenn wir keine Antwort für diese 400 000 Menschen – 420 000 laut Sozialbericht 1997 – finden, dann hat die Politik versagt. Dann bekommen Sie die Antwort, und dann bekommen wir die Antwort dafür. Da wird wenig differenziert zwischen den verschiedenen Parteien.

Deshalb fordern wir, daß diese Modelle berechnet werden. Ihre Worte zum Grundeinkommen, Kollege Dietachmayr, können Sie auf eine Schablone legen, und Sie können sie immer wieder von dieser Schablone ablesen, aber sie treffen auf unser Modell überhaupt nicht zu. Ich fühle mich nicht einmal angesprochen. Sie haben diese Worte in den Wind gesprochen. Wenn Sie das an die Adresse der Liberalen sagen wollen, dann machen Sie sich das mit den Liberalen aus, obwohl auch deren Modell etwas anders aussieht. Aber unser Modell haben Sie damit nicht angesprochen. An wen haben Sie sich gewandt, Herr Kollege Dietachmayr? – Das ist die Frage.

Sie blättern in irgendwelchen Unterlagen. Schauen Sie sich lieber unser Modell an, ich kann es Ihnen geben! Schauen Sie sich unser Modell an, das grüne Modell! Dazu bleiben Sie nach wie vor die Antwort schuldig. Ich hoffe, daß wir uns doch dabei finden werden, daß an diesem System der Sozialhilfe, wenn es 400 000 Arme und eine Viertelmillion Arbeitslose gibt – wobei man sagen muß, daß die Sätze des Arbeitslosengeldes oder der Notstandshilfe teilweise vielfach unter dem Existenzminimum liegen –, aber nur 30 000 Menschen, die von der Sozialhilfe Hilfe zur Sicherung des Lebensunterhaltes erhalten, doch einiges falsch sein muß. Nur darum geht es!

Der Bund – das betrifft den zweiten Antrag – sollte aufgrund seiner Kompetenz, die ihm kraft Verfassung gegeben ist, nämlich die Grundsatzgesetzgebung wahrzunehmen, diese tatsächlich wahrnehmen und – wie Kollege Kier schon ausgeführt hat – den bevorstehenden Finanzausgleich zum Anlaß nehmen, mit den Ländern das zu verhandeln, was absolut notwendig ist. Das sind ganz einfache Sachen. Wenn Sie dem nicht zustimmen können, dann ist das Ihr Problem. Aber das hat mit dem, was wir hier vorgeschlagen haben und fordern, relativ wenig zu tun. (Beifall bei den Grünen.)

18.13

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist weiters Herr Abgeordneter Kampichler. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.13

Abgeordneter Franz Kampichler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Meine Vorredner haben bereits darauf hingewiesen, daß es einen Antrag des Liberalen Forums im Sozialausschuß gibt, mit dem gefordert wird, daß die Finanzierung einer Grundsicherung berechnet werden soll.

Meine geschätzten Damen und Herren! Sie haben in der Debatte gehört, daß es zwei kleine Fraktionen hier im Hause gibt, die eine ähnliche Meinung vertreten, aber der überwiegende Teil des Hauses ist der Meinung, daß die beste Grundsicherung die Erwerbsarbeit ist, und ich möchte mich dieser Meinung anschließen.

Wir haben ein soziales Netz, Herr Kollege Kier, und das fängt jene auf, die aus welchen Gründen auch immer derzeit über kein Erwerbseinkommen verfügen. Wir haben in diesem Bereich ein funktionierendes Netz, wir haben die Arbeitslosenunterstützung, die Notstandsunterstützung, das Karenzgeld, die Sondernotstandsunterstützung und die Sozialhilfe, und damit ist eine Grundsicherung gegeben.

Ich gebe zu, daß es vielleicht in dem einen oder anderen Bereich Nachbesserungen geben sollte, aber ich glaube, Herr Kollege Kier, wir sollten bei diesem bewährten System bleiben. Es wird sicherlich ein Thema bei den Verhandlungen über den Finanzausgleich sein, unter Umständen Verschiebungen zuzulassen, aber im großen und ganzen, so glaube ich, können wir mit diesem Modell, das sich bis jetzt bewährt hat, zufrieden sein.

Wenn es zu Änderungen kommen soll, meine sehr verehrten Damen und Herren, dann würde ich mir wünschen, daß einige Dinge neu bezeichnet werden. Für mich persönlich ist es eine unwürdige Bezeichnung, wenn wir die Abgeltung von Erziehungsleistungen als Sondernotstandsunterstützung bezeichnen. Diesbezüglich sollte uns etwas Besseres einfallen.

Der zweite Punkt, der meiner Meinung nach ebenfalls überdacht werden sollte, ist folgender: Durch die Änderung der Dauer des Karenzurlaubes auf eineinhalb Jahre für einen Elternteil ist in diesem Bereich die Arbeitslosigkeit überproportional gestiegen. Das heißt, wir sollten darüber nachdenken, ob wir nicht wieder die ursprünglich vorgesehenen zwei Jahre einführen sollten. Dies hätte wahrscheinlich keine großen finanziellen Auswirkungen. Unser Ziel ist nicht ein arbeitsloses Grundeinkommen, sondern es geht darum, Einkommen und Bezüge an Leistungen zu binden und diese Leistungen entsprechend zu bewerten.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es gibt aber darüber hinaus, neben dem Bereich Erziehung und Pflege, noch sehr viele Tätigkeiten innerhalb der Familie, die wir uns nicht leisten, weil sie keinen entsprechenden Wert in der Öffentlichkeit haben. Ich denke dabei auch an unsere Gemeinden. Im Bereich Natur- und Umweltschutz, im Bereich Kulturpflege, Geschichtsforschung, Archäologie wäre sehr viel zu tun. Da wäre ein breites Feld an Arbeitsmöglichkeiten gegeben, wenn wir die passenden Budgetmittel dafür hätten.

Ich gehe sogar so weit, zu sagen, daß ich es begrüßen würde, wenn jene, die derzeit bei der Gemeinde um Sozialhilfe ansuchen, auch die Chance bekämen, dafür eine Leistung zu erbringen. Das würde ihr Selbstvertrauen gewaltig steigern, sie würden in der Öffentlichkeit nicht als Almosenempfänger dastehen, sondern könnten für diese Zuwendungen der öffentlichen Hand auch Arbeitsleistungen erbringen. Unter ihnen gibt es sicherlich die verschiedensten Qualifikationen, aber das Spektrum an Arbeit in den Gemeinden ist breit. Wir könnten diesen Leuten damit die Chance geben, sich zu bestätigen und auch den Erfolg ihrer Arbeit zu sehen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sollten nicht weiter nachforschen, wie wir ein arbeitsloses Grundeinkommen finanzieren können, sondern wir sollten darüber nachdenken, wie wir zusätzliche Arbeit finanzieren und damit zusätzliche Arbeitsplätze schaffen können. Das ist der beste Weg zu einer Grundsicherung! (Beifall bei der ÖVP.)

18.18

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Gaugg. 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung.– Bitte, Herr Abgeordneter.

18.18

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Wenn der Vorredner meint, das System funktioniere, dann mag das in Ansätzen für die Vergangenheit gegolten haben, aber das System leidet an Altersschwäche. Wäre in letzter Zeit nicht eine sich verschlechternde Sozialpolitik spürbar, dann würden sich nicht neue kreative Ideen dazu entwickeln.

Es hat schon einmal einen Karl Marx gegeben, der gemeint hat, eine klassenlose Gesellschaft wäre das Ziel. Es hat vor einigen Jahren eine Gruppe um den Jungsozialisten Cap gegeben, die gemeint hat: Eigentum ist Diebstahl. (Abg. Dr. Kostelka: Jung ist der nicht mehr!) – Das war damals, da war er noch Rebell. – Er hat damit den Fraktionsvorsitzenden im Bundesrat, Konečny, in gewaltige innerparteiliche Schwierigkeiten gebracht.

Nunmehr gibt es eine Gruppe, die meint, mit der Grundsicherung des Rätsels Lösung gefunden zu haben. Aber so einfach ist das nicht. Es ist bei aller Zustimmung wohl schwer verständlich, daß heute die Sozialpolitik nicht mehr in der Lage ist, sowohl genügend Arbeitsplätze anzubieten, als auch jene, die ohne Beschäftigung sind, ausreichend zu versorgen. Es kann aber auch nicht so sein, daß eine alleinerziehende Verkäuferin mit einer 40-Stunden-Arbeitswoche dasselbe bekommt wie jemand, der eine Grundabsicherung in der Größenordnung von 8 000 S erhält, ohne zu arbeiten. Das wäre wohl zu einfach.

Aber was ich besonders hinterhältig finde, ist das Verhalten der ÖVP, die vor einem Jahr (Abg. Dr. Höchtl: Das ist Dichtung und Wahrheit!) – ich werde euch sagen, warum! (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP) – mit Begeisterung der Kürzung der Karenzdauer zugestimmt hat, aber jetzt, weil am 3. Oktober Wahlen sind, wieder die zweijährige Karenzzeit fordert. Das ist wirklich christlich-sozialer Glaube! Das ist geradezu abenteuerlich! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Sie können es nachrechnen. Die Frau Bundesministerin hat in ihren Berechnungen festgestellt, daß diese Kürzung den Karenzgeldbeziehern 1 Milliarde Schilling gekostet hat.

Das ist die "ehrliche", offene" Politik der ÖVP: Vor einem Jahr stimmen wir dagegen, und jetzt stimmen wir wieder für die Erweiterung. Das ist typisch ÖVP! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.21

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Es gibt kein Schlußwort der Berichterstatter, wir kommen daher zur Abstimmung, und ich bitte Sie, die Plätze einzunehmen.

Wir gelangen zur Abstimmung, und zwar über jeden Ausschußantrag getrennt.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1849 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wenn Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Ausschusses für Arbeit und Soziales, seinen Bericht 1850 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Für den Fall Ihrer Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies geschieht durch die Mehrheit. Damit ist auch dieser Bericht zur Kenntnis genommen.

16. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Kunstbericht (III-163 der Beilagen) 1997 der Bundesregierung (1790 der Beilagen)

17. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über die Regierungsvorlage (1705 der Beilagen): Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Russischen Föderation über kulturelle Zusammenarbeit (1792 der Beilagen)

18. Punkt

Bericht des Kulturausschusses über den Bericht (III-167 der Beilagen) des Bundeskanzlers betreffend den Bericht des Österreichischen Bundestheaterverbandes 1997/98 (1791 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Ich rufe nun die Punkte 16 bis 18 der Tagesordnung auf, über welche die Debatte unter einem abgeführt wird.

Da auf eine mündliche Berichterstattung verzichtet wurde, treten wir in die Debatte ein.

Als erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.23

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Kunstbericht 1997 gibt Aufschluß über jene Periode des Jahres 1997, für die bereits die Kunstsektion des Bundeskanzleramtes unter tatkräftiger Mitwirkung des Staatssekretärs verantwortlich zeichnet.

Meine Damen und Herren! Wichtig ist es in diesem Zusammenhang, diesen Kunstbericht – der nichts anderes ist als der Vollzug eines Budgets, für das der Herr Staatssekretär nicht zuständig ist – nicht nur statisch zu sehen, sondern durchaus auch im Zusammenhang mit der kunstpolitischen Debatte in Österreich. Diesbezüglich hat sich der Herr Staatssekretär hervorgetan und hat ein Weißbuch vorgestellt. Er hat verschiedenste Kulturschaffende dazu eingeladen, Ideen einzubringen. Es liegt auch, wie mir berichtet wurde, bereits die endredigierte Fassung dieses Weißbuches vor.

Meine Damen und Herren! Ich darf gleich eingangs feststellen, daß das eigentlich weniger ein Weißbuch von Künstlern für Künstler oder für Politiker ist, die Kunstpolitik umzusetzen haben, sondern es ist eher ein Bericht von Kunst- oder Kulturfunktionären, wie etwa Herrn Ruiss und Kollegen. Es ist aber trotzdem legitim, darauf einzugehen, denn die Kunstdebatte ist nicht nur anhand des Kunstberichtes 1997 zu führen, sondern auch anhand möglicher Vorhaben des Ressorts.

Meine Damen und Herren! Sie wissen, daß wir von der freiheitlichen Fraktion gebetsmühlenartig über viele Jahre hinweg immer wieder die Forderung erhoben haben, private Ausgaben für die zeitgenössische Kunst für absetzbar zu erklären. In der unsäglichen Ära Pasterk/Scholten wurde das immer wieder abgewiesen und mit dem Hinweis zurückgewiesen, damit schaffe man ein Kunstrichtertum.

Herr Kollege Cap hat etwa darauf verwiesen, daß Sponsoring kein unabhängiges Kunstschaffen garantiert. Er hat sich dagegen ausgesprochen. Er hat Minister Scholten verteidigt. Minister Scholten war immer ein vehementer Gegner des Sponsorings, weil er die Nähe der Politik, der SPÖ-Parteipolitik zur Kunst wollte. Herr Kollege Cap hat ihn wortreich verteidigt. Er ist gegen Kunstsponsoring.

Die Überraschung war dann perfekt, als Kollege Cap, der Kultursprecher der SPÖ, bei einer Podiumsdiskussion im Rahmen des Verbandes der bildenden Künstler zur Überraschung aller – möglicherweise auch unter dem Druck der dort Anwesenden – auf einmal erklärt hat, er sei jetzt auch für Kunstsponsoring. Es ist wirklich eigenartig, daß Kollege Cap in dieser Frage so wandelbar ist! (Heiterkeit des Abg. Dr. Cap.)

Meine Damen und Herren! Mich freut es, daß Herrn Kollegen Cap diese Feststellung so erheitert. Aber es ist wirklich kein Einzelfall, Kollege Cap, daß du an einem Tag für etwas eintrittst und am anderen Tag wieder dagegen bist, obwohl du doch ursprünglich dafür warst. Das ist nichts Neues.

Herr Kollege Cap! Ich glaube, es ist noch nicht so lange her, daß du deine Dissertation geschrieben hast. Ich denke, das Thema dieser Dissertation muß geheißen haben: "Die politische Beliebigkeit." Anders kann ich mir das nicht erklären. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Dafür gibt es ja auch eine Vielzahl von Beweisen. Ich darf nur einen herausgreifen, und zwar die sozialistische Wahlkampfzeitung "Wiener Blatt" des Jahres 1994. Mit dieser Wahlkampfzeitung ist Herr Kollege Cap in seinem Bezirk Hernals auf Wählerfang gegangen. Und jetzt ist folgendes interessant: Was nimmt sich denn der talentierte Nachwuchspolitiker Josef Cap 1994 für seine politische Tätigkeit vor? Was nimmt er sich vor? Was steht da drinnen? – Da heißt es – ich zitiere –:

"Dr. Josef Cap, bereits seit 1983 als Vertreter für Sie im Nationalrat, sieht den Schwerpunkt seiner politischen Arbeit" – worin liegt der Schwerpunkt? – "in der Verhinderung eines weiteren Ausländerzustroms nach Hernals." – Zitatende. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Herr Dr. Cap! Was sagen Sie dazu?!)

Das ist Herr Kollege Josef Cap! Er sagte wortwörtlich – das muß man auf der Zunge zergehen lassen –: "Gerade Hernals ist bezüglich der Ausländerproblematik einer der am meisten betroffenen Bezirke Wiens. Dies soll und muß sich nun ändern!" – Das sagte bitte Herr Kollege Cap!

Kurze Zeit später, als er dann wiedergewählt wird, als er wieder in den Nationalrat gewählt wird, "vergißt" er natürlich das, was er seinen Wählern versprochen hat, dreht den Spieß um und sagt auf einmal: Die böse FPÖ betreibt auf dem Rücken der Ausländer Wahlkampf! – Das muß man sich einmal vorstellen! Zuerst nimmt er als Schwerpunktthema für seinen eigenen Wahlkampf das Ausländerthema, ist gegen den Zuzug, und dann sagt er, die FPÖ betreibe auf dem Rücken der Ausländer Politik. Widersprüchlicher geht es nicht mehr! (Beifall und Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Wir wollen heute auch die Nagelprobe über die Thematik Kunst-Sponsoring machen. Es ist wirklich merkwürdig, daß unser Entschließungsantrag im Kunstausschuß bis zum heutigen Tage nicht behandelt wurde. Wer ist denn für die Tagesordnung verantwortlich? – Das sind die großen Parteien, das sind die Regierungsparteien. Herr Kollege Cap! Gib heute eine Erklärung ab, wieso ein 1997 von den Freiheitlichen eingebrachter Entschließungsantrag über die Anerkennung von Kunstsponsorausgaben bis zum heutigen Tag nicht im Kulturausschuß behandelt wurde. – Er will es in Wirklichkeit nicht, er will es nicht, und er will es verhindern.

Meine Damen und Herren! Deshalb sind wir auch gezwungen, heute folgenden Antrag einzubringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Krüger, Dr. Höbinger-Lehrer, Dr. Preisinger, Klein, Dr. Povysil und Kollegen betreffend Kunstförderung durch Sponsoring

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, dem Nationalrat bis 30. Juni 1999 einen Gesetzentwurf vorzulegen, der mit dem Ziel, ein breites, privates Kultursponsoring zu bewirken, eine großzügige steuerliche Anerkennung der privaten Förderung zeitgenössischer Kunst vorsieht.

*****

Herr Kollege Cap! Wenn Sie ein loyaler Parteigenosse sind, dann werden Sie heute Ihren Staatssekretär nicht im Regen stehenlassen, denn das ist genau die Forderung, die der Herr Staatssekretär von der freiheitlichen Fraktion übernommen hat, für die er verantwortlich ist, die in dem Weißbuch steht und zu der er sich legitimerweise auch bekennt. Er hat sogar gesagt, er sei dafür, daß 20 000 S pro Jahr als Ausgaben für die zeitgenössische Kunst anerkannt werden sollen.

Es wäre ein Affront, meine Damen und Herren und insbesondere Herr Kollege Cap, den Herrn Staatssekretär damit im Regen stehenzulassen. Ich fordere ihn und selbstverständlich auch die Kollegen von der ÖVP daher auf, die Zustimmung zu diesem Entschließungsantrag zu erteilen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

18.30

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Der soeben verlesene Entschließungsantrag ist ordnungsgemäß eingebracht, entsprechend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Morak. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 10 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

18.30

Abgeordneter Franz Morak (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich habe das Gefühl, der Krüger mag den Cap nicht, aber es geht um den Kunstbericht. Ich möchte anschließen – das sollte man auch im Plenum noch sagen –, daß dieser Kunstbericht sehr vorbildlich ist. Er ist ausführlich, er enthält interessante Infos, er ist sehr komplex, und er ist sehr professionell. Man sollte auch die Namen der Herren erwähnen, die das ausgeführt haben: Das sind die Herrn Hofreither, Stocker und Unger. Ihnen sei für diesen hervorragenden Bericht einmal ein Danke gesagt. (Beifall bei ÖVP, SPÖ und bei den Grünen.)

Ich habe auch hie und da teilweise auch die Kunstförderung und die Beamtenschaft einer starken Kritik unterzogen. Aber gerade in diesem Bereich zeigt sich, daß die neue Systematik durch dieses fundierte Wissen der Beamtenschaft und durch ihre Erfahrung im Bereich der Berichte, die dem Parlament vorgelegt werden, einen neuen Stellenwert bekommen hat. Man kann nur sagen: Viele andere Berichte könnten sich daran ein Beispiel nehmen.

Es ist übrigens ein neuer Aspekt darin enthalten, den ich würdigen möchte, und zwar ein europaweiter Überblick über die Kunst- und Kulturausgaben der Länder. Da fällt natürlich auch auf, daß wir mit verschiedenen Systemen messen und diverse Fakten gar nicht abzugleichen sind, weil es um unterschiedliche Dinge geht. Im Zusammenhang damit ist allerdings einiges im Gange. Ich bitte auch den Herrn Kunststaatssekretär, darüber einmal mit seinen ausländischen Kollegen zu sprechen, damit man europaweit, EU-weit zu einer einheitlichen Kulturstatistik kommt. Ich meine, das wäre wirklich wesentlich.

Innerhalb Österreichs hat das ÖSTAT jetzt begonnen, die LIKUS-Systematik zu übernehmen. Das läßt hoffen, daß der Nationalrat den nächsten Kunstbericht etwas früher haben wird. Ich habe das schon öfter angeregt, leider nicht sehr erfolgreich.

Unterm Strich bleibt aber nach wie vor zu bemerken, daß die Kunstausgaben des Bundes weiterhin hinter den Kunstausgaben der Länder zurückbleiben. Zur Problematik Bund und Länder wird unter anderem auch noch Kollege Zweytick Stellung nehmen. Ein paar Punkte möchte ich deswegen herausgreifen, weil sie innerhalb der Szene doch eine sehr große Unruhe, und das schon über eine lange Zeit, verbreitet haben.

Erinnern wir uns zurück: Minister Scholten hat seinerzeit die Kuratoren erfunden. Das ist grundsätzlich ein schöner Gedanke gewesen, das muß man einmal sagen. Ich möchte jetzt daran erinnern, was das eigentlich war oder hätte sein sollen. Ich lese dazu aus einem Artikel im "Standard" vor. Darin heißt es – ich zitiere –: "Die Kür der Kuratoren. Ein Duo soll die malade Kunstförderung kurieren." – Dann geht dieser Artikel ins Detail, und es heißt:

"Sie sollen jene Defizite aufholen helfen, an denen eine unentschlossene Museums-, Kunstförderungs- und Sammlungspolitik nicht unbeteiligt sind. Sie sollen die mißliche Lage einerseits der heimischen Galerien und der einheimischen Sammler, eine Folge der Steuerpolitik" – da bin ich bei Krüger –, "andererseits der heimischen Publikationslandschaft, die verhinderte, daß junge Kritiker und Kuratoren bislang ihre Talente entwickelt haben, überdecken." – Zitatende.

Ich darf dem Hohen Haus die Situation beschreiben: Die Kuratoren sind ein Gremium von zwei Menschen, jeder von ihnen bekommt 15 Millionen Schilling und kann damit machen, was er will. Ursprünglich war das so gedacht, daß sie nicht aus der Kunstszene kommen, daß sie allerdings einen Überblick über das österreichische Kunstschaffen haben, daß sie möglicherweise sogar aus dem Ausland sind, aber keine Künstler sind und quasi den Ankäufen, den Galerien, einem neuen Zugang zur Kunst, einer Vermittlung von Kunst das Wort reden, und das mit relativ viel Geld.

15 Millionen Schilling sind in diesem Bereich wirklich viel Geld. Ich nenne jetzt nur zum Vergleich das Museum moderner Kunst, das hat 7 Millionen Schilling Ankaufsbudget. Zum Vergleich: Die Neue Galerie in Graz hat 16 000 S. Also das heißt, 15 Millionen Schilling in dieser Branche sind ein wahrer Knaller.

Der Kunstbericht geht auch kurz auf die Kuratoren ein. Ich möchte allerdings sagen, daß mir das ein bißchen zu wenig ist. Denn wenn man zwei österreichischen Staatsbürgern 15 Millionen Schilling gibt und sagt: Macht jetzt, was ihr wollt! Bestimmt das Fenster, bei dem ihr das Geld hinauswerft, oder macht etwas Sinnvolles damit!, dann möchte ich darüber natürlich einen Bericht haben. Ich möchte auch irgendwann einmal eine Evaluation über das Ganze haben. Wir reden immer von Evaluation, aber wir machen sie da, wo es relativ einfach wäre, nicht.

Ich verweise hiezu nur auf die Frage, die Hans Haider einmal sehr treffend gestellt hat: "Wieviel vom Kunstgeld erreicht die Künstler, und mit wieviel Geld werden Manager, Bürokraten, Funktionäre gefördert?"

Ich gehe jetzt kurz auf ein Projekt ein, das von einem der Kuratoren gemacht wurde, und zwar deswegen, weil es ein zentrales Problem der österreichischen Kulturpolitik betrifft, nämlich Sozialpolitik und Kunstpolitik. Wir haben gerade in diesem Bereich, in dem nicht sehr viel Geld zur Verfügung steht, ein Durcheinander von Sozialpolitik, Kunstpolitik, Projektförderung und so weiter.

Es gibt einen Verein namens "WochenKlausur". Ein Projekt dieses Vereins lautet: "Intervention zum Thema Arbeit – Arbeitslosigkeit". Wir haben heute morgen mit dem Thema Arbeitslosigkeit begonnen, und das ist ein sehr ernstzunehmendes Thema, auch wenn die Auseinandersetzung in Österreich nicht so grausam stattfindet wie in manchen anderen Ländern der EU, aber das Problem ist gegeben.

Was ist einem Kurator nun eingefallen? – Er geht in den Bezirk Berlin-Kreuzberg, weil dieser die höchste Arbeitslosenquote, den höchsten Ausländer- und Sozialhilfeempfängeranteil aufweist. Dieser Bezirk wird in aktuellen Studien wie in den Medien pauschal als "sozialer Brennpunkt" mit Verslummungstendenzen abgestempelt. Nach wie vor existiert dort jedoch auch eine beispiellose Fülle von integrativen Einrichtungen. Was macht er? – Er fährt mit eins, zwei, drei, vier, fünf, sechs, sieben Leuten dorthin und macht einen InfoTank – ich zitiere –, "eine zweisprachige Beratungs- und Anlaufstelle für Erwerbslose", zweitens einen ThinkTank, "ein Pilotprojekt, das auf eine immaterielle Art der Umverteilung setzt, Personen unterschiedlichster beruflicher Erfahrungen und Interessen wurden eingeladen, ihr Know-how, ihre Ideen und Möglichkeiten in zielgerichtete Experimente zu stecken. Ziel des sogenannten ThinkTanks ist es, zumindest einen neuen Arbeitsplatz zu schaffen." – Zitatende.

Dazu muß man sich einmal grundsätzlich etwas fragen. In diesem Land haben wir das AMS. Daher wäre auch die Evaluation dieser Projekte nicht uninteressant: Wenn das das bessere Projekt ist, dann sollten die Kunstkuratoren die Arbeitslosen betreuen. Ich fände das ganz toll, aber dann brauchen wir das AMS nicht.

Oder jemand erlaubt sich, obwohl das Projekt ganz freundlich klingt, einen Scherz! Denn wenn wir Arbeitslose haben, dann sollten wir uns vorerst einmal um unsere eigenen Arbeitslosen kümmern, aber nicht nach Berlin-Kreuzberg fahren und unser Know-how, das wir offensichtlich ohnehin nicht haben, dorthin exportieren. (Beifall bei der ÖVP.)

Ein zweites Projekt des Vereins "WochenKlausur" ist auch nicht schlecht. Es heißt: "Intervention zur Lage der älteren Menschen". – Noch einmal: Das ist ein Problem, keine Frage. Was macht der Kurator? – Er fährt nach Civitella. Was macht er dort? – Er macht einen Aufenthaltsraum für ältere Menschen. Hier heißt es – ich zitiere –: "Zunächst wurde eine Bar-Theke mit Kühlvorrichtung, Geschirrspüler et cetera gekauft, um zwei leerstehende, für das Vereinslokal ursprünglich vorgesehene Räumlichkeiten provisorisch einzurichten." – Das war das eine.

Das andere ist: "Gleich neben dem Vereinslokal konnte die Gruppe außerdem einen lange brachliegenden Bocciaplatz reaktivieren. Traditionell hat das Bocciaspiel in italienischen Ortschaften sportlich-kommunikativen Charakter. Zur Finanzierung wurde mit dem ortsansässigen Großweinbauern ein Vertrag abgeschlossen, demzufolge 5 Prozent vom Exportumsatz seines nach Österreich vermittelten Weines diesem Bocciaplatz zugute kommen."

Also entweder der Weinhändler verkauft nach Österreich nichts, oder der Bocciaplatz ist in der Zwischenzeit schon vergoldet. – Was ich damit sagen will, ist: Wir sind hier bei einem zentralen Problem der österreichischen Kunstförderung. Wenn wir die spärlichen Mittel, die wir in diesem Bereich haben, für die Kunstförderung einsetzen wollen, dann sollten wir das auch wirklich tun. Ich bin nicht gegen Sozialprojekte, um das klarzustellen, aber ich glaube, man sollte unterscheiden, daß es auf der einen Seite Profis gibt, die Sozialarbeit machen, die teilweise auch arbeitslos sind, und daß es auf der anderen Seite die Kunstkuratoren gibt. Erinnern wir uns daran, was der Kunstkurator eigentlich hätte tun sollen. Wir sollten diese Projekte evaluieren, und ich bin sehr daran interessiert, zu erfahren, ob es diesen einen Arbeitsplatz in Berlin-Kreuzberg noch gibt. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der SPÖ.)

18.40

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Klara Motter. – Bitte, Frau Abgeordnete.

18.40

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Cap! Wieder einmal eine Kulturdebatte ohne Kunstminister. Wir haben wieder einmal keine Möglichkeit, Fragen und Anregungen mit dem zuständigen Minister zu debattieren. Die Chefsache Kunst findet, wie wir wissen, auf dem Papier, wie zum Beispiel im vorliegenden Kunst-Kulturbericht statt, und das wirft für mich ein bezeichnendes Licht auf die österreichische Kulturpolitik. Wir werden auch heute, wie bei allen Kulturdebatten, unsere Anliegen mit Ihnen, Herr Staatssekretär, besprechen. Ich möchte das in keinster Weise als Abwertung sehen, aber ich möchte das trotzdem feststellen.

Ich freue mich im Gegensatz zu meinem Vorredner der freiheitlichen Fraktion darüber, daß das Weißbuch nun fertig ist und als taugliches Instrument für dringende Reformen im Bereich der Kulturpolitik zur Verfügung steht. Bevor ich mich allerdings mit kleinen Details aus diesem Weißbuch, das heute erst vorgestellt worden ist und einen großen Umfang hat – ich konnte noch nicht alles lesen –, beschäftige, möchte ich einige Bemerkungen zum Kunstbericht 1997 und zum Bundestheaterbericht 1997/1998 machen.

Meine Damen und Herren! Es war eine alte Forderung der Liberalen, den Kunstbericht endlich so zu gestalten, daß er transparent ist, einen guten Überblick über die Verteilung der finanziellen Mittel im Kunstbereich gibt und nationale und internationale Vergleiche zuläßt. Nun liegt der Kunstbericht bereits zum zweiten Mal in einer solchen Form vor, und ich stehe nicht an, zu betonen, daß dieser Kunstbericht als Vorbild für viele anderen Berichte, die dem Parlament zugeleitet werden, dienen könnte oder auch sollte.

Ich möchte diesen Bericht, der zur Debatte steht, benützen, um grundsätzliche kulturpolitisch relevante Themen aus unserer Sicht zur Diskussion zu stellen. Als besonders einsichtig empfinde ich Ihre Aussage, Herr Staatssekretär, die mir aus dem letzten Kulturausschuß bekannt wurde: daß es Sinn machen würde und daß dies auch Ihre persönliche Meinung ist, daß alle kulturpolitischen Agenden des Bundes in einem Ressort zusammengefaßt werden sollten. Wie ich gelesen habe, geht das auch aus dem Weißbuch hervor. Das ist eine Forderung.

Herr Staatssekretär! Ich teile Ihre Meinung und kann dies aus meiner langjährigen Erfahrung nur begrüßen. Denn ich habe Kulturpolitik in Österreich noch erlebt, als diese in einem eigenen Ressort verwaltet wurde, als alle Agenden der österreichischen Kultur in einer Hand lagen, und das war meines Erachtens zielführender als jetzt. Es bleibt nur zu hoffen, daß bei der nächsten Regierungsbildung die Vernunft über die parteipolitischen Interessen siegen wird.

Meine Damen und Herren! Als besonders wichtig erachte ich es, die geplante Künstlersozialversicherung noch vor Ende der Legislaturperiode dem Parlament zur Beschlußfassung zuzuleiten. Wie mir bekannt ist, haben Sie, Herr Staatssekretär, im letzten Kulturausschuß davon gesprochen, daß Sie dafür einen Finanzierungsbedarf zwischen 150 und 250 Millionen Schilling errechnet haben.

Meine Frage dazu lautet: Gibt es bereits Lösungsansätze für dieses finanzielle Problem? – Ich glaube, das stellt ein finanzielles Problem dar, wenn man unsere Situation kennt. Werden zum Beispiel die Verwerter künstlerischer Leistungen, wie zum Beispiel die Medienunternehmen, nun zu Beitragsleistungen verpflichtet, oder gibt es andere Lösungen? Besteht die Möglichkeit, daß wir noch vor dem Sommer über diese seit langer Zeit anstehende Materie im Hohen Haus zu einer Beschlußfassung kommen können, oder wie sehen Sie das?

Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Ich möchte Sie auch gleich fragen: Sollte es zu keiner Einigung mit den Koalitionspartnern vor dem Ende dieser Legislaturperiode kommen, denken Sie dann daran, die noch bis zum 1. Jänner 2000 geltende Ausnahmeregelung zu verlängern und die Kunstschaffenden Österreichs, die an der Säumigkeit der Regierung wohl nicht schuld sind, vor dem finanziellen Ruin zu schützen?

Ein weiteres wichtiges kulturpolitisches Thema ist die grenzüberschreitende Buchpreisbindung. Sehen Sie, Herr Staatssekretär, noch eine Chance der Beibehaltung? Oder müssen wir seit der letzten Aussage des EU-Wettbewerbskommissärs Van Miert fürchten, daß diese tatsächlich zu Fall gebracht wird? Treffen Sie Vorkehrungen dafür, daß wir in Österreich vielleicht unsere Eigenständigkeit behalten könnten?

Meine Damen und Herren! Wir wissen, daß die Regierungsvorlage zur Steuerreform am vergangenen Dienstag den Ministerrat passierte. Außer einigen steuerlichen Anreizen für Investitionen in die Filmwirtschaft finden sich keinerlei Maßnahmen, die steuerliche Erleichterungen für die Kunstschaffenden Österreichs bringen würden.

Es geht aber um Maßnahmen, die auch Sie, Herr Staatssekretär, meines Wissens unterstützen, wie eine umfassende Einkommen- und Mehrwertsteuerreform, Steuerausgleichsmöglichkeiten wie zum Beispiel in Frankreich für Einkommen aus Literatur, Kunst und Kultur, das heißt, einen fünfjährigen Veranlagungszeitraum oder um die steuerliche Gleichstellung von KünstlerInnen und SportlerInnen, Steuerentfall für soziale Unterstützungsleistungen für KünstlerInnen, die aus öffentlichen Mitteln gewährt werden, und um die Neuregelung der steuerlichen Absetzbarkeit von Sponsorenleistungen.

All das sind Forderungen, Herr Staatssekretär, die durchaus berechtigt sind und zweifelsohne noch ergänzt werden könnten, die aber in keinster Weise auch nur ansatzweise im Steuerreformpaket zu finden sind. Auch dazu erhoffe ich eine Antwort von Ihnen.

Meine Damen und Herren! Nun kurz zum Bundestheaterverband. Soviel mir bekannt ist, hat der neue Volksoperndirektor Mentha der Budgetaufteilung zwischen den einzelnen Häusern nur zugestimmt, wenn noch im Zusatzpaket 10 Millionen Schilling für sein Haus zur Verfügung stehen werden. Herr Staatssekretär! Ist diese Information richtig, und gibt es auch Zusagen von Ihrer Seite?

Da der vorliegende Bundestheaterbericht auch weiterhin in keinster Weise dazu geeignet ist, das parlamentarische Kontrollrecht seriös auszuüben, weil er unübersichtlich ist und keine Detailinformationen wie zum Beispiel die einzelnen Kosten für eine Premiere enthält, werden wir diesen auch ablehnen.

Meine Damen und Herren! Herr Staatssekretär! Abschließend noch kurz zur Endfassung des Weißbuchs zur Reform der Kulturpolitik in Österreich, das heute der Öffentlichkeit vorgelegt wurde. Wir Liberalen begrüßen insbesondere zwei sehr wichtige kulturpolitische Weichenstellungen: einerseits die Etablierung eines Stiftungssystems und andererseits eine mehrjährige kulturpolitische Planung.

Meine Damen und Herren! Es bleibt zu hoffen, daß dieses vorliegende Weißbuch mit all seinen Aufzeichnungen, Vorschlägen und Verbesserungen im gesamten Kunst- und Kulturbereich zu einer echten Reform führen wird.

Herr Staatssekretär! Gestatten Sie mir in eigener Sache noch folgende Bemerkung: Ich finde es großartig, wie Sie an die Reform der Salzburger Festspiele herangehen. Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg dazu! (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei SPÖ und ÖVP.)

18.48

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Cap. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

18.48

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Zuerst einmal Gratulation zu diesem Kunstbericht! Gratulation an die Beamten, die das zusammengestellt haben, aber selbstverständlich auch – das soll man einmal eindeutig feststellen – an den Herrn Staatssekretär, der sicherlich koordinierend mitgewirkt hat. Ich bin froh, daß er heute hier ist. Er ist ein kompetenter Kulturpolitiker, und wir können diesen Dialog und diesen Diskurs tatsächlich führen.

Ich möchte auch zu dem Weißbuch gratulieren und mich dafür bedanken. Es ist fast revolutionär, denn damit ist ein Kompendium erstellt worden, aus dem hervorgeht, daß man allen ausgiebig zugehört hat, die auf diesem Gebiet etwas zu sagen hatten, daß versucht wurde, eine Zusammenstellung all der wichtigen Themen zur Reform der Kulturpolitik in Österreich zu erreichen. Daher würde ich es als wichtig erachten, wenn wir auch im Parlament eine Enquete durchführen könnten, damit wir uns einmal im Detail in dieses Weißbuch hineinarbeiten können, denn darin sind viele gute Ideen enthalten.

Es gibt auch vieles, von dem ich glaube, daß es nicht verwirklichbar ist. Darüber sollte man, wie ich meine, eine genaue Debatte führen. Der erste Schritt für Veränderungen ist, daß es Transparenz gibt. Der Kunstbericht ist das beste Beispiel dafür. Das ist die Visitenkarte. Darin wird berichtet, was mit den Geldern geschehen ist. Darin wird berichtet, was man getan hat. Wir können stolz darauf sein, daß wir darstellen können, daß wir seitens der uns zur Verfügung stehenden Möglichkeiten alles getan haben.

In diesem Weißbuch wird auch immer wieder darauf hingewiesen, daß es eine unbefriedigende Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Gebietskörperschaften gibt, daß man Pläne haben muß, kurz und gut, daß es Rechenschaftsberichte geben muß. Es gibt also noch immer den Ruf nach mehr Transparenz, was die gesamte Kultur- und Kunstpolitik betrifft, und zwar in wirklich allen Bundesländern, auf Gemeindeebene, vom Bund her, damit man auch die Mittel besser einsetzen kann.

Natürlich stellt sich in Zeiten knapper Budgets auch die Frage der Verteilung. Aber bevor man darüber zu streiten beginnt, ob man bei der Brauchtums- und Hochkultur zugunsten der zeitgenössischen Kultur einmal kräftiger eingreift, sollte man schon vorher durch Transparenz, durch mehr Berichtskultur im gesamten Bereich der Kultur und des kunstpolitischen Bereiches die Möglichkeit haben, auch wirklich Fakten auf dem Tisch zu haben.

Daher, so meine ich, sollte man diese Enquete wirklich abhalten, und man sollte auch versuchen, möglichst im Detail auf all das einzugehen. Aber es gibt auch positive Ergebnisse zu verzeichnen. In den Schwerpunkten Film und Architektur waren wir erfolgreich. Es wurde mehr Geld für den gesamten Filmbereich "aufgetrieben", muß man förmlich sagen, denn das ist in der heutigen Zeit besonders schwierig. Der Bericht zeigt doch einige der Schwerpunkte, die zu beobachten sind.

Weil heute auch die Frage des Sponsorings angesprochen wurde, möchte ich sagen: Die Frage ist immer nur: Wie will man das verwirklichen? Wie soll die steuerliche Absetzbarkeit organisiert werden? Wie sollen die Schwerpunkte festgesetzt werden? Wie sollen die Begrenzungen erreicht werden? – In diesem Bereich könnte eben, wie ich meine, die Enquete einen Beitrag dazu leisten, daß wir wirklich noch mehr ins Detail gehen. (Ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Krüger.)

Es wäre völlig verfrüht, heute einen Beschluß zu fassen. Das würde nur das Meinungsbild Ihres Klubs und Ihrer Fraktion widerspiegeln. Ich denke, man sollte vielmehr versuchen, sich noch mehr im Detail in die Materie hineinzuarbeiten, um dann einen Vorschlag zu machen, der auch mehrheitsfähig ist und auch die Zustimmung des Finanzministers findet. Das ist natürlich eine der Voraussetzungen dafür, daß wir in diesem Bereich einen Erfolg erzielen können.

Mit Interesse habe ich auch die Hinweise darauf verfolgt, daß durch Ausgliederungen im Bundestheaterbereich die Voraussetzungen dafür geschaffen wurden, daß jedes Theater eigenständig wirtschaften kann. Das war ja auch das Ziel: daß es nicht mehr nur den engen Rahmen der Kameralistik und des öffentlichen Dienstes gibt. Das war ein weiteres Ziel, und ich denke, daß dieser Weg sehr erfolgreich beschritten wurde.

Die kurze Redezeit erlaubt es mir nicht, auf einzelne Details einzugehen oder auch Korrekturen und andere Vorstellungen einzubringen. Das Weißbuch ist ja auch kein Programm, das vorgelegt wurde, sondern ein Kompendium, eine Arbeitsgrundlage, eine Unterlage, in die man sich hineinarbeiten muß und mit Hilfe derer wir dann versuchen müssen, Machbarkeiten von Zielsetzungen zu eruieren, vielleicht basierend auf den Erfahrungen des Kunstberichtes, in dem die unterschiedlichen Akzente und Nuancierungen angesetzt sind. (Ironische Heiterkeit des Abg. Dr. Krüger.)

Ansonsten, Herr Abgeordneter Krüger, kann ich Sie beruhigen: Ich stehe völlig zu dem Text in der Bezirkszeitung. Ihnen muß entgangen sein, daß der Ausländeranteil in meinem Bezirk zwischen 25 und 30 Prozent beträgt, das heißt, wenn man daran interessiert ist – und Sie werden ja sicher daran interessiert sein –, daß die ausländischen Mitbürger in Österreich optimale Integrationsbedingungen haben, dann muß das auch mit diesem Anteil korrelieren, um diese Integration auch durchführen zu können.

Wir haben in Hernals eine Gebietsbetreuung, und wenn Ihnen das ein Anliegen ist, dann können Sie gerne einmal vorbeikommen. Wir versuchen, in diesem Bezirk Integrationsmodelle zu entwickeln, aber verglichen mit anderen Bezirken, die nur fünf, sechs, sieben oder 8 Prozent Ausländeranteil haben, gibt es bei uns in Hernals andere Bedingungen. Daher war diese Aussage völlig korrekt, und ich stehe nach wie vor dazu. (Beifall bei der SPÖ.)

18.54

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

18.54

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine fünf Minuten reichen nicht, um jetzt gebührend auf die Zusammenhänge der österreichischen Kultur mit der Präsenz von Menschen, die zum Beispiel Cap oder Petrovic heißen, und ihrer Herkunft einzugehen. Ich halte ihre Präsenz für unverzichtbar in diesem Land, sie ist wesensbestimmend in diesem Land, und ich glaube nicht, daß man dieses Thema so abhandeln kann, wie du, Josef Cap, das gerade getan hast. Aber das an anderer Stelle.

Zum Kulturbericht. Das ist eigentlich in letzter Zeit der einzige Bericht, dem ich zustimmen kann und zustimmen werde. Ich identifiziere mich nicht völlig mit allen seinen Inhalten, aber doch mit etlichen, insbesondere mit der Grundaussage des Berichtes, die in Richtung einer Anerkennung der Freiheit geht und sich den Entfaltungsmöglichkeiten sämtlicher Kunstsparten verpflichtet fühlt. Ich bin auch mit der Art, wie dieser Bericht gemacht ist, völlig einverstanden. Er ist nämlich wirklich exemplarisch, übersichtlich und informativ, und das kann man wahrlich nicht von allen anderen Berichten behaupten.

Einige Stichworte zur Debatte. Das Weißbuch ist schon erwähnt worden. Ich freue mich im Prinzip darüber, daß es jetzt eines gibt. Es ist – etwas anderes war im Moment auch nicht zu erwarten – zunächst einmal eine Wunschliste. Was daraus wird, wird an den handelnden Politikerinnen und Politikern liegen, aber ich gehe schon davon aus, daß nicht zuletzt auch in einem Wahljahr die Möglichkeit besteht, diesbezüglich klare Zusicherungen zu machen – ich denke, die Öffentlichkeit und vor allem auch die KünstlerInnen und Kulturschaffenden warten darauf –, aber diese Zusicherungen müssen dann auch halten.

Insbesondere war die Erklärung, was die Frage der KünstlerInnen-Sozialversicherung und die Aufstockung des Budgets betrifft, lange überfällig. Sehr begrüßenswert war auch die Aussage, daß diesbezüglich eine deutliche Aufstockung verlangt wird. Ich hoffe, die Politik wird das auch durchsetzen. Ich hoffe, die Regierungsparteien werden diese Vorschläge auch aufgreifen.

Was ich mir ferner auch erwarte, ist in all den verschiedenen Sparten ein deutlicher Akzent in Richtung Frauenförderung. Es sind zwar die frauenspezifischen Förderungen ausgewiesen, aber nur bei einem kleinen Teil des Gesamtbudgets. Die große Mehrheit der Förderungen wird an Einrichtungen, an Vereine, an Institutionen gegeben, bei denen die geschlechtsspezifische Struktur nicht wirklich erkennbar ist.

Jetzt gehe ich zwar durchaus davon aus, daß bei einer Vielzahl dieser Einrichtungen und Vereine ein signifikanter Frauenanteil gegeben ist. Es wäre mir aber lieber, wenn das auch dokumentiert würde und wenn man bei der Förderung von Einrichtungen sehr wohl auch deren Innenleben im Hinblick auf die Gleichstellung der Geschlechter durchleuchten und allenfalls entsprechende Vorgaben machen oder eine entsprechende Entwicklung in die Wege leiten würde.

Noch etwas in diesem Zusammenhang, Herr Staatssekretär. Sie sind heute auch von OppositionsrednerInnen gelobt worden, und in diesen Bereichen kann ich das absolut mittragen. In anderen Bereichen habe ich aber schon kritische Fragen zu stellen, etwa was die geplante Subvention für den Verein der Wiener Philharmoniker betrifft.

Es ergibt schon eine sehr merkwürdige Optik – gerade auch angesichts der Äußerungen in Sachen Frauengleichstellung –, wenn quasi als Ausgleich dafür, daß die Mitglieder des Staatsopernorchesters in Zukunft keine Beamtenpension mehr erhalten sollen, jetzt eine staatliche Subvention großzügigst über diesen Verein ausgeschüttet wird. Ich denke, da wäre es ein klares öffentliches Anliegen, zu sagen: Entweder, oder! Es muß bei den Wiener Philharmonikern ein Bekenntnis zur Frauengleichstellung geben, ansonsten sind Förderungen in zweistelliger Millionenhöhe in meinen Augen wirklich unangebracht – und zwar jenseits der Beurteilung des künstlerischen Gehalts der Leistungen.

Eine weitere kritische Anmerkung zu den sogenannten Stiefkindern, was die Entlohnung betrifft: Warum das Volksopernorchester in der Entlohnung so eklatant abgeschlagen ist, ist mir nicht erklärlich, und ich glaube auch, das wird niemand wirklich begründen können – und schon gar nicht mit einer schlechteren Qualität. Ich denke, da sollte man wirklich für etwas mehr Gerechtigkeit in den Entlohnungsverhältnissen sorgen.

Es gibt auch noch eine kritische Frage zum Bühnenorchester. Das Bühnenorchester hat uns am Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus eine wirklich beeindruckende Vorstellung im Reichsratssaal geboten. Gleichzeitig erreichte uns jedoch eine sehr verzweifelte Petition, die darauf hinweist, daß die Existenz des Bühnenorchesters gefährdet ist. Nun ist das aber gerade ein Orchester, in dem man sich um die Frauen, um junge Musikerinnen bemüht hat. Es wäre in meinen Augen wirklich unverständlich, Kostenüberschreitungen in anderen Bereichen dadurch zu kompensieren, daß man Druck auf das Bühnenorchester macht beziehungsweise dessen Existenz gefährdet.

Ein Allerletztes, und zwar zur Frage der Ausgliederungen, die ja in vollem Gange sind: Sie wissen, ich habe daraus nie eine Prinzipienfrage gemacht. Ich kann mich durchaus mit einer anderen Rechtsgestalt als mit einer Einbettung in der Bundesadministration anfreunden. Aber einerseits müssen meiner Meinung nach die politischen Ziele vorgegeben sein, und andererseits muß auch die Frage der öffentlichen Einbettung derartiger Einrichtungen geklärt sein.

Ich finde es wirklich störend, aber letztlich bestätigt es meine schlimmsten Befürchtungen, daß der erste Schritt beim Kunsthistorischen Museum folgender war: Es wurde ausgegliedert, und im gleichen Atemzug wurde eine Steigerung der Eintrittspreise angekündigt. Das gleiche vollzog sich beim Burgtheater. Nicht daß man vielleicht den AbonnentInnen ein spannendes Programm ankündigt – nein, Preiserhöhungen werden mit Bedauern schriftlich angekündigt. Und man hat gemeint, die Leute könnten sich ja in eine billigere Kartenkategorie zurückreklamieren. Das ist schon traurig, und da würde ich mir doch wünschen, daß ein bißchen etwas von dem britischen Geist auch in Österreich Einkehr hält!

Vielleicht kann man sich zumindest, was die zentralen Kulturdenkmäler und Kultureinrichtungen betrifft, zu dem Prinzip durchringen: Das gehört allen! Es gehört dem Volk, den InländerInnen und AusländerInnen, die in Österreich wohnen, leben und arbeiten. Den Menschen gehört es, also sollte es ihnen gratis oder sehr, sehr günstig zugänglich sein.

Eine absolute Notwendigkeit ist meiner Ansicht nach der freie Zugang für Jugendliche, und zwar unabhängig von der Familie. Ich denke nicht an ein Familienticket oder an einen Ausflug der gesamten Familie. Es wäre auch ein Schritt der kulturellen Emanzipation junger Menschen, wenn sie den freien Zugang zu Kultureinrichtungen sichergestellt bekämen. Dann würde ich im Gegenzug, wenn es gar nicht anders geht – obwohl ich das nicht glaube –, akzeptieren, daß jeder Erwachsene eben um 2 S mehr bezahlt. Ich hielte das für ein gutes Prinzip. – Danke. (Beifall bei den Grünen, beim Liberalen Forum sowie der Abgeordneten Dr. Konrad und Fuchs.)

19.03

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist nun Herr Staatssekretär Dr. Wittmann. – Bitte, Herr Staatssekretär.

19.03

Staatssekretär im Bundeskanzleramt Dr. Peter Wittmann: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Zum Kunstbericht 1997: Ich nehme das Lob gerne stellvertretend für die Beamtenschaft an, darf aber schon auch feststellen, daß dieser neugestaltete Kunstbericht in meine Amtsperiode, in meinen Verantwortungsbereich fällt, und ich bin froh darüber, daß er entsprechend angenommen wurde. (Beifall bei der SPÖ.)

Wir haben versucht, die Systematik dem LIKUS-System – das ist ein System, das versucht, eine Vereinheitlichung der Kulturstatistik durchzuführen – zu unterwerfen. Darüber hinaus waren wir darum bemüht, dieses LIKUS-System mit speziellen Inhalten anzureichern. Das heißt, wir haben einen Ausweis vorgenommen, der an Personen und Institutionen orientiert ist und nicht an einzelnen Fachbereichen.

Wir haben weiters versucht, auch die regionalen Förderungsmittel in diesen Bericht aufzunehmen. Das heißt, wir haben das Verhältnis zwischen regionalen und zentralen Förderungsmitteln und die regionale Verteilung ganz bewußt ausgewiesen, um aufzuzeigen, was in den Ländern mit der Kunst- und Kulturförderung geschieht und wie sich diese Mittel aufteilen.

Auch unsere Unterstützung an die Länder ist damit transparent gemacht worden. Es gibt immer wieder den Kritikpunkt, daß zuviel in den Zentralraum Wien fließt und zuwenig in die Länder. Dazu darf ich einmal festhalten – das sollte man bei dieser Gelegenheit immer wieder betonen –, daß nach unserer Verfassung die Kultur Ländersache ist und der Bund eigentlich nur unterstützend eingreift, daß also keine Verpflichtung zur Mitfinanzierung besteht. Es ist so, daß wir eigentlich nur Initiativen setzen, Initialzündungen geben und Neues, Innovatives sozusagen anreißen wollen, die Projekte aber letztendlich auf eigene Beine stellen müssen, um dann wieder Mittel für andere, neue Vorhaben zur Verfügung zu haben.

Des weiteren ist hinsichtlich dieser regionalen Aufteilung der Förderung, wie wir sie im Kunstbericht ausgewiesen haben, die Zentralfunktion Wiens bei den Bundesveranstaltungen natürlich ein ganz gravierender Punkt. Wenn man etwa davon ausgeht, daß zum Beispiel der Gesamtbetrag für das Filmförderungsinstitut im Bereich Wien angesiedelt ist, dann muß man aber auch dazusagen, daß dieser Betrag von 120 Millionen Schilling zum Großteil in den Bundesländern verbraucht wird, weil die Drehorte vielfach in den Bundesländern liegen.

Das gleiche gilt für die Buchmesse in Frankfurt. Es ist ein zentrales Anliegen des Bundes, dieses Ereignis zu fördern, und wir haben das natürlich Wien zugeschlagen, weil es als Bundeshauptstadt der richtige Platz dafür ist.

Frau Abgeordnete Petrovic! Wir haben zum ersten Mal in einem Kunstbericht auch versucht, den Frauenförderanteil anzureißen. Ich weise darauf hin, daß wir in diesem Bereich neue Wege gegangen sind, die natürlich noch nicht zufriedenstellend sein können, die aber immerhin einen Schritt in die richtige Richtung darstellen. Ich denke, daß wir auf diesem Weg auch weitermachen werden. Letztendlich darf ich auch mit Stolz festhalten, daß bei der Besetzung unserer Beiräte ein Verhältnis von 50 zu 50 hergestellt wurde, das heißt, daß in den Beiräten eine Frauenquote von 50 Prozent erreicht wurde. Wir versuchen da ganz bewußt, eine Parität herzustellen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Tichy-Schreder.)

Wir haben auch versucht, die Kunstförderung in Österreich im internationalen Vergleich darzustellen. In diesem Punkt gebe ich Herrn Abgeordnetem Morak recht: Das ist ein Problem, da die internationale Kunststatistik nicht von den gleichen Begriffen ausgeht. Das heißt, in den einzelnen Ländern werden die Begriffe anders verwendet. Diese sind daher nicht vergleichbar, weil die jeweilige Tradition der einzelnen Begriffe jeweils eine andere ist, und auch die dahintersteckende Entwicklung ist ein andere, sodaß eine Vereinheitlichung der Begriffe äußerst schwierig ist. Es findet derzeit eine Diskussion über diese Vereinheitlichung statt, und ich weiß, weil ich an ihr teilnehme, daß es da – schon alleine den Sprachgebrauch betreffend – unglaubliche Unterschiede in der Auffassung gibt. Aber wir werden daran arbeiten.

Ich komme jetzt zu unseren eigentlichen Schwerpunktsetzungen, die in diesem Kunstbericht ausgewiesen sind. Zum Schwerpunkt Film: Wir haben im Jahre 1997 die Filmförderung, das Filmförderungsgesetz novelliert. Wir haben das Budget für das Filmförderungsinstitut von 100 auf 120 Millionen erhöht, daß heißt, wir haben eine Erhöhung um 20 Prozent bei gleichbleibendem Budget vorgenommen. Dies ist durch Umschichtungen erfolgt.

Wir haben einen weiteren Betrag von 100 Millionen Schilling als zusätzlichen Anreiz in den Film gesteckt. Ich denke daher, daß man von einer ganz massiven Schwerpunktsetzung sprechen kann. Da der Film natürlich auch ein beschäftigungsintensives Kunstmedium ist, besteht sicherlich auch eine beschäftigungspolitische Notwendigkeit, ihn im Kunstbereich besonders zu behandeln.

Wir haben des weiteren im Bereich der Architektur versucht, Schwerpunkte zu setzen. Wir haben das Architekturbudget um 10 Millionen Schilling erhöht. Dieser Betrag ist hauptsächlich in die diversen Architekturzentren geflossen, die Informations- und Aufklärungsarbeit über zeitgenössische Architektur in den Bundesländern, aber auch in der Hauptstadt Wien durchführen und den Boden dafür aufbereiten sollen, daß Bauherren – damit meine ich auch die öffentliche Hand – letztendlich auch zeitgenössische Architektur zulassen.

Es ist uns auch gelungen, mit den Österreichischen Bundesbahnen ein Kooperationsübereinkommen zu treffen, wonach bei den Neubauten von Bahnhöfen in Österreich zeitgenössische Architektur zur Anwendung kommen soll. Das heißt, in diesem Bereich wird ein Investitionsvolumen von etwa 8 Milliarden Schilling dafür verwendet, um auch bei diesen öffentlichen Bauten zeitgenössische Architektur stattfinden zu lassen. Ich finde, das ist ein ganz wesentlicher Schritt in dieser Schwerpunktsetzung Architektur.

Ich glaube, es wird eine sehr interessante Entwicklung in diesen beiden Bereichen geben. Auch im Zusammenhang mit der Steuerreform wurde der Film bereits als besonderer Schwerpunkt erwähnt. Wir sind dabei, das Steuersystem auf filmspezifische Anforderungen hin zu adaptieren und werden ein entsprechendes Steuermodell hier vorstellen.

Ich möchte aus dem Kunstbericht 1997 noch zwei Initiativen besonders hervorheben, weil sie auch zur Aufarbeitung eines dunklen Themas der österreichischen Geschichte dienen. Das ist zum einen die massive Investition in das Arnold-Schönberg-Center. Dahinter steckt das Bemühen, die zur Zeit des Nationalsozialismus aus Österreich vertriebene Intelligenz, Vernunft und Kultur durch diverse Nachlässe wieder zurück nach Österreich zu holen. Das sind auch Signale und demonstrative Akte, und ich glaube, daß wir mit der Ansiedlung des Arnold-Schönberg-Centers und mit der Privatstiftung für den Nachlaß von Friedrich Kiesler ganz besondere Schwerpunkte gesetzt haben.

Wir gehen diesen Weg, den ich mir vorgenommen habe zu gehen, sehr konsequent. Wir wollen weg von den zerstreuten Förderungen hin zur Fokussierung der Förderung, nicht vergessend, daß auch die Kleinförderung einen Platz in dieser Kunstförderung haben muß. Aber letztendlich ist es wichtig, eine Zeitlang massiven Mitteleinsatz in einer bestimmten Sparte vorzunehmen, um diese strukturell zu entwickeln, und dann kann man den nächsten Bereich angehen. Wir beschreiten diesen Weg sehr konsequent.

Zu den Fragen des Abgeordneten Morak will ich schon Stellung nehmen, insbesondere was die zwei Vorwürfe betreffend Förderung der "WochenKlausur" betrifft. Sie gehen etwas ins Leere, denn nicht der Kurator hat das Projekt "WochenKlausur"/Kreuzberg gefördert, sondern das haben wir als Kunstsektion gefördert. Ich sage das durchaus bewußt, weil ich glaube, daß soziale Intervention ein Teil der Kunst sein muß. Um diesen Begriff hat sich der Kunstbegriff erweitert; wir können nicht abseits stehen und diesen Kunstbegriff negieren, sondern müssen ihn aktiv angehen, und wir müssen versuchen, diese sozialen Interventionen und die künstlerische Auseinandersetzung damit auch letztendlich zu unterstützen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Kiss: Das heißt, Kunstpolitik ist in Zukunft Sozialpolitik!)

Daher noch einmal: Es handelt sich hier um kein Kunstkuratorenprojekt, sondern um ein Projekt, das durch die Kunstsektion gefördert wurde.

Was das andere Projekt aus Italien betrifft, darf ich Ihnen mitteilen, es stammt aus dem Jahre 1994. Damals war Herr Zinggl noch nicht Kurator, sondern das war noch vor seiner Zeit als Kurator, und daher wurde es auch nicht durch ihn gefördert. Ich glaube, man sollte da nicht zwei Sachen vermischen. Wir stehen zur Förderung der sozialen Intervention. Es ist hier nicht dem Kurator etwas anzulasten, sondern wir wünschen uns eine ganz bewußte und demonstrative Unterstützung dieses Kunstbereiches.

Wir befinden uns hinsichtlich der Künstlersozialversicherung in intensiven Verhandlungen. Die Verhandlungen mit der Wirtschaft sind noch ausständig, die Verhandlungen mit den Künstlern, anderen Betroffenen und den Gewerkschaften sind abgeschlossen. Wir glauben, daß wir einen sehr guten Ansatz zur Finanzierung gefunden haben, aber es ist natürlich noch das Einverständnis nach üblicher österreichischer Methode herbeizuführen. Wir werden uns natürlich bemühen, diese Zustimmung zu unseren Finanzierungsplänen noch zu bekommen.

Zur Buchpreisbindung. Frau Abgeordnete, da bin ich völlig Ihrer Meinung: Wir müssen alles unternehmen, um dieses funktionierende Förderungssystem der Buchpreisbindung aufrechtzuerhalten, und zwar der grenzüberschreitenden Buchpreisbindung zwischen Österreich und Deutschland, weil sich diese Sprachregion innerhalb Europas definieren läßt. Wir sind auf europäischer Ebene immer davon ausgegangen, daß man die nationalen Grenzen zugunsten von Regionen zurückdrängen soll. Hier gibt es eine Region, die sich durch die gemeinsame Sprache definiert, aber man versucht zwanghaft, staatliche Grenzen als Wettbewerbslinie oder Wettbewerbsmechanismus heranzuziehen.

Ich glaube, das widerspricht einerseits dem Gedanken der Europäischen Union, andererseits dem funktionierenden Wesen einer Kunstförderung der Literatur über Jahrhunderte hinweg, nämlich in Form der fixen Buchpreisbindung. Sie können davon ausgehen, daß wir hier in Zusammenarbeit und in enger Abstimmung mit dem österreichischen Buch- und Verlagswesen handeln und alle Möglichkeiten ausschöpfen werden, um diese fixe Buchpreisbindung zu verteidigen.

Sollte die Entscheidung gegen uns fallen, dann gehe ich davon aus, daß wir weitere rechtliche Schritte ergreifen werden, um dieses funktionierende System, das auch im Sinne des europäischen Gedankens ist, aufrechterhalten zu können. Wir gehen da mit Deutschland und den neuen Kulturverantwortlichen in Deutschland konform. Ich glaube nicht, daß wir es uns leisten können, dieses System nicht aufrechtzuerhalten.

Für den Fall, daß alle diese Bemühungen nichts nützen, haben wir aber vorgesorgt: Ein nationales Buchpreisbindungsgesetz ist bereits im Entwurf fertig. Aber es gewährleistet nicht jenen Schutz der Literatur, den wir uns vorstellen, weil gerade die grenzüberschreitende Buchpreisbindung das Wesentliche bei einem Markt ist, der den Austausch mit dem deutschsprachigen Raum beziehungsweise mit Deutschland unbedingt notwendig hat.

Bezüglich der Frage der Ausgliederung der Volksoper darf ich Ihnen mitteilen, daß es Zustimmung zu dem mir vorgelegten Budgetentwurf gab. Es gab keine Nebenabsprache, daß zusätzlich 10 Millionen Schilling fließen sollen. So, wie mir der Budgetentwurf vorgelegt wurde, ist er auch beschlossen worden. Es besteht von meiner Seite keine zusätzliche Vereinbarung, irgendwelche Mittel fließen zu lassen.

Hinsichtlich des Weißbuchs möchte ich folgendes sagen – ich darf die betreffenden Redebeiträge gleich zusammenfassen –: Das Weißbuch ist der Versuch, die von Kulturpolitik Betroffenen nicht als Betroffene zu sehen, sondern die Betroffenen zu Akteuren zu machen. Das heißt, wir haben sie eingeladen, an einer breiten Diskussion der Anliegen der Kulturpolitik mitzuwirken, sich in diese Diskussion einzubringen. Wir haben versucht, eine Feststellung des Istzustandes der österreichischen Kulturpolitik durchzuführen und auf Grundlage dieses Istzustandes bestimmte Maßnahmen zu entwickeln, die dann eine Veränderung dieses Zustandes zu bestimmten Zielen hin herbeiführen sollen.

Die Auseinandersetzung mit diesem Weißbuch ist natürlich eine individuelle. Es muß mit jedem dieser Vorschläge sehr sorgfältig umgegangen werden, die Detaildiskussion gesucht werden. Ich stehe selbstverständlich dafür, daß diese vorgeschlagenen Maßnahmen auch tatsächlich umgesetzt werden. Das eine wird länger dauern, das andere wird kürzer dauern. Aber es liegt im Verantwortungsbereich der Politik, letztlich die Umsetzung der vorgeschlagenen Maßnahmen auch vorzunehmen.

Es ist sicherlich ein Beitrag zur Transparenz dieser Politik, weil man anhand der angeregten Maßnahmen sehr leicht nachvollziehen kann, was davon verwirklicht wurde und was davon nicht verwirklicht wurde, wofür man verantwortlich ist und warum man das eine oder andere nicht umgesetzt hat. Auch hier kann man dann die Verantwortung einfordern. Ich bin überzeugt davon, daß wir morgen – heute haben wir sie vorgestellt – mit der Umsetzung dieser Maßnahmen beginnen können, beziehungsweise muß man in den einzelnen Diskussionen noch klären, wie man zu den formulierten Zielen kommen kann.

Ich glaube, wir sollten uns in Zukunft sehr viel vorsichtiger an diese Problemstellungen herantasten, und zwar in einer größeren und breiteren Diskussion. Und ich darf Ihnen versichern, diese Art der Diskussion hat in Europa Anklang gefunden. Wir wurden schon oftmals auf diese Vorgangsweise, nämlich die Politik von den Betroffenen überarbeiten zu lassen, angesprochen.

Hinsichtlich der Ausführungen der Abgeordneten Petrovic darf ich noch ganz kurz feststellen: Es ist sehr wohl so, daß bei den Wiener Philharmonikern auch Frauen aufgenommen werden. Ich darf Ihnen auch versichern, daß die finanzielle Abfindung des Volksopernorchesters in den Bereich des Managements der Volksoper fällt und durchaus genügend Mittel vorhanden sind, dieses Problem zu lösen. Ich glaube auch, daß wir mit dem Schritt der Ausgliederung der Bundestheater eine Verselbständigung der künstlerischen Leitung ermöglicht haben, das heißt eine unabhängigere Gestaltung des Spielplanes ohne Eingriffsmöglichkeiten in die tägliche Politik und tägliche Spielplangestaltung dieser Theater. Letztendlich geben wir ihnen damit auch die Freiheit, mit ihren Mitteln Schwerpunkte zu setzen und selbständiger zu arbeiten.

Ich denke, daß wir diesen Weg der Konzentration der Mittel weiter fortsetzen sollten. Viele Probleme sind noch offen, auch im steuerlichen Bereich gibt es noch das eine oder andere zu erledigen. Ich bin froh, daß wir den großen Brocken des Films untergebracht haben, aber schrittweise wird man auch die anderen Bereiche unterbringen, und ich bin überzeugt davon, daß wir in diesem Sinne auch nächstes Jahr einen sehr positiven Kunstbericht werden vorlegen können, der hoffentlich dem Standard dieses Hauses so angemessen sein wird wie der heurige. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

19.19

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Vielen Dank, Herr Staatssekretär, für Ihre umfassenden Ausführungen.

Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Dr. Moser-Starrach. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.20

Abgeordnete Dr. Sonja Moser-Starrach (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Staatssekretär, Sie haben uns jetzt zwar die Frage beantwortet, warum das Volksopernorchester gar so schlecht bezahlt ist, aber Sie haben den Ball, sprich eigentlich die Kanonenkugel, in der Volksoper liegenlassen. Wenn es selbst der Frosch in der Premiere auf der Bühne rüberbringt, daß das arme Volksopernorchester gar so schlecht bezahlt ist, werden wir vielleicht doch irgend etwas in diese Richtung tun müssen.

Ich möchte aber zur Regierungsvorlage 1705 der Beilagen, dem Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Russischen Föderation über kulturelle Zusammenarbeit, sprechen.

Mit diesem Abkommen zwischen der Regierung der Republik Österreich und der Regierung der Russischen Föderation über kulturelle Zusammenarbeit liegt dem Nationalrat nach langer Zeit wieder ein bilaterales Kulturabkommen zur Genehmigung vor. Der größere Teil der heute für Österreich verbindlichen Kulturabkommen stammt nämlich bereits aus den siebziger Jahren. Zu dieser Zeit waren die Kulturabkommen ein allgemein geschätztes Instrument der Auslandskulturpolitik und zur Festigung der allgemeinen Beziehungen zu bestimmten Staaten – ein Instrument, das auch von Österreich unter den geeigneten Voraussetzungen erfolgreich eingesetzt wurde, und zwar einerseits im Verhältnis zu anderen europäischen Staaten sowie zu den einzelnen Entwicklungsländern und andererseits auch im Verhältnis zu den Staaten, die dem damaligen kommunistischen Machtbereich unterworfen waren.

Die Struktur dieser Verträge war regelmäßig die gleiche. Sie bestand im wesentlichen in der Festlegung der einzelnen Zusammenarbeitsbereiche und in der Einsetzung einer gemischten Kulturkommission mit dem jeweiligen Vertragspartner, die auf der Grundlage des Abkommens in periodischen Abständen mehrjährige Arbeitsprogramme zu beraten und zu beschließen hatte.

In den achtziger Jahren verstärkte sich die Tendenz, das Instrument der bilateralen Kulturabkommen als nicht mehr zeitgemäß anzusehen und vom Abschluß neuer Abkommen dieser Art Abstand zu nehmen. Das Hauptargument hierfür war und ist weiterhin, daß sich die grenzüberschreitenden Kulturbeziehungen heute zunehmend oder weitgehend außerhalb des staatlichen Einflusses abspielen und daß folglich das Instrument der klassischen bilateralen Kulturabkommen in diesem Umfeld funktionslos und entbehrlich geworden ist. Dieses Argument zielt natürlich vor allem auf die grenzüberschreitenden Kulturbeziehungen zwischen westlichen Staaten, aber es wurde nach der Wende im Jahre 1989 auch im Hinblick auf die Kulturbeziehungen zu den vormals kommunistischen Staaten in Mittel- und Osteuropa verwendet.

Die Erfahrungen der letzten Jahre haben jedoch gezeigt, daß unter bestimmten Voraussetzungen mit bestimmten Partnern das Instrument des klassischen bilateralen Kulturabkommens weiterhin eine wichtige Aufgabe im Rahmen der Auslandskulturpolitik erfüllen kann. Hier geht es erstens um west- und südeuropäische Staaten wie Frankreich, Italien, Portugal und Spanien, die wie Österreich eine aktive Auslandskulturpolitik betreiben und das Instrumentarium des klassischen bilateralen Kulturabkommens schon deswegen schätzen, weil es die institutionelle Möglichkeit zu einer periodischen Bestandsaufnahme mit dem Partnerland und zur Erörterung von operationellen Fragen – etwa betreffend die im Partnerland tätigen Kulturinstitute – bietet. (Beifall bei der ÖVP.)

Die Durchführung der bestehenden Kulturabkommen mit den genannten Staaten wurde konsequent verfolgt, und es gelten hier jeweils die aktuellen Arbeitsprogramme.

Zweitens geht es hier um die vorher erwähnten Staaten Mittel- und Osteuropas. In diesen Staaten – wie übrigens auch in Österreich – finden wir die Situation vor, daß die budgetäre Absicherung bestimmter Leistungen im Rahmen dieser Kulturbeziehungen davon abhängt, daß ein gemeinsam vereinbartes Arbeitsprogramm vorliegt, das seinerseits auf einem Kulturabkommen beruht. Das Interesse der Partnerstaaten an der vertragsgemäßen Weiterführung der mit Österreich abgeschlossenen Kulturabkommen ist durchaus vorhanden. Dort, wo durch die jeweilige Gestaltung der Staatennachfolge eine frühere Einbindung in ein Kulturabkommen mit Österreich weggefallen ist, namentlich mit der Slowakei und mit Slowenien, wurden Verhandlungen über neue bilaterale Kulturabkommen angestrebt und in der Folge auch geführt.

Im Verhältnis zu Rußland war im Jahre 1994 vereinbart worden, daß das seinerzeit mit der Sowjetunion geschlossene Kulturabkommen aus dem Jahre 1968 weiter angewendet wird. Es gab aber keine umfassende Anwendung, insbesondere kam es nicht mehr zu den periodischen Tagungen und zu Vereinbarungen über die Durchführung von Arbeitsprogrammen. Es ist zu hoffen, daß sich schon im ersten auf der Grundlage des neuen Abkommens erstellten Arbeitsprogramm die russische Seite zur Erteilung von Mehrfachein- und -ausreisevisa an österreichische Lektoren und Kulturexperten bereit erklärt.

Zusammenfassend sei festgestellt, daß meine Fraktion das Abkommen als sinnvoll und nützlich ansieht und ihm zustimmen wird. In diesem Zusammenhang erhebt sich auch die Frage, ob es nicht doch zweckmäßig wäre, unter ganz bestimmten positiven Voraussetzungen das Netz der von Österreich abgeschlossenen bilateralen Kulturabkommen auf neue Partner – also auf solche, die nicht schon früher in ein Kulturabkommen eingebunden waren – zu erweitern. So könnte ich mir vorstellen, daß mit einem Staat wie der Volksrepublik China die bilateralen Kulturbeziehungen gefestigt und verstärkt werden könnten, wenn sie durch ein bilaterales Kulturabkommen strukturiert werden. (Beifall bei der ÖVP.)

19.26

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Höbinger-Lehrer. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

19.26

Abgeordnete Dr. Liane Höbinger-Lehrer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Zuerst einen Dank: Sie haben mir prompt die Lebensläufe der beiden Bundeskuratoren zukommen lassen. Ich darf mich dafür nochmals bedanken.

Meine Damen und Herren! Ich glaube, in einer Zeit, die von Krieg, Trauer und Leid geprägt ist, ist es sehr schwer, für Kunst das richtige Verständnis bei den Menschen zu erwecken, obwohl das ganz wichtig wäre, weil uns die Kunst sehr viel geben kann. Das wissen wir, die wir hier herinnen sitzen, weil wir mit Kunst zu tun haben oder zu tun hatten, aber die Menschen wird man nicht so leicht dafür begeistern können, daß Kunst soviel Geld kostet, wie es bedauerlicherweise der Fall ist.

Ich persönlich glaube – und ich glaube, Sie, die Sie hier sitzen, sind auch dieser Meinung –, daß Förderungen selbstverständlich erforderlich und auch nützlich sind. Das frühere Gießkannenprinzip besteht ja jetzt nicht mehr in dieser Form, aber ich meine, gewisse Teile der Förderungen sind doch hinterfragenswert.

Da ich die Lebensläufe der Bundeskuratoren angefordert habe, ist das natürlich auch wieder mein Thema. Darauf werde ich mich konzentrieren, weil man in vier Minuten Redezeit nicht sehr viel unterbringen kann.

Ich muß sagen, es wird sehr schwer sein, den Menschen zu erklären, daß zwei Bundeskuratoren für eine Amtszeit von 30 beziehungsweise 33 Monaten je ein Budget von 30 Millionen Schilling zur Verfügung haben. Wie ich dem Lebenslauf des Bundeskurators Zinggl entnehme, hat er ja nie mit irgendwelchen wirtschaftlichen Angelegenheiten zu tun gehabt. Er hat das Studium für Angewandte Kunst absolviert, hat dann über ein Thema, das mir sehr sonderbar vorkommt, dissertiert – aber bitte vielleicht verstehe ich es nicht –: "Die veränderte Wahrnehmung von Bildern nach deren Seitenverkehrung". Mag sein, daß das etwas Besonderes ist, mir ist es nicht eingängig, aber ich habe es auch nicht gelesen.

Er hat lediglich einmal zwei Jahre lang eine kulturpolitische Zeitschrift geführt. Diese dürfte aber dann "eingegangen" sein, denn ich habe sie weder im Internet noch irgendwo anders gefunden, obwohl sie noch 1995 und 1996 von ihm geleitet wurde.

Also wie gesagt: Möglicherweise waren die künstlerischen Kriterien für die Verwaltung eines derartigen Budgets erfüllt, aber sicherlich nicht die wirtschaftlichen. Und ich glaube, daß es erforderlich ist, 30 Millionen auch richtig einzuteilen und zu verwalten. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Wir sind ja gezwungen, die Sache einmal zu überprüfen und zu schauen, wo die Gelder hingeflossen sind.

Wenn ich mir die Tätigkeit des Herrn Kurators anschaue – das rote Licht leuchtet schon wieder –, dann muß ich schon sagen, es ist mehr als merkwürdig, er bezeichnet sich als Ombudsmann der Künstler, als Kunstmanager für die Kunstvermittlung. Was tut er zum Beispiel? – Ich habe es schon im Kulturausschuß angesprochen: Er interveniert bei der Finanzstadträtin, um zu verhindern, daß Leute, die Graffitis auf irgendwelche Wände schmieren, dafür zur Verantwortung gezogen werden. Aber das geht nicht, daß wir unsere denkmalgeschützten Häuser und öffentlichen Gebäude mit teurem Geld zuerst abwaschen und dann wieder beschmieren lassen! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Das kostet einfach etwas und ist auch von irgend jemandem zu bezahlen, aber sicherlich nicht zu fördern. Außerdem ist es meiner Meinung nach nicht zu fördern, daß vor der Oper eine Plakatwand mit dem jetzt allerdings sehr passenden Titel "Abschiebung ist staatlicher Rassismus" – so, glaube ich, hat es geheißen – aufgestellt wurde. Ich fürchte, das hat mit Kunst nur wenig zu tun.

Vor 14 Tagen habe ich eine Fernsehsendung gesehen, in der Herr Huemer Herrn Zinggl gefragt hat, wieso er denn einen Greißler aus dem 4. Wiener Gemeindebezirk gefördert habe, der seine Waren nicht nur so wie üblich ausgezeichnet, sondern bei einer Ware auch dazugeschrieben hat, wieviel sie kosten würde, wenn man die Produktion und die Endverwertung, also die Endlagerung, mit einbezöge. Das wurde gefördert! (Abg. Zweytick: Das ist aber schon interessant!) Ich muß Ihnen ehrlich sagen, dazu fällt mir nur der Satz von Karl Kraus ein: "Wenn die Sonne der Kultur niedrig steht, werfen selbst Zwerge einen Schatten."

Soviel zu den Kuratoren! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.32

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Frau Abgeordnete Dr. Konrad. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.32

Abgeordnete Dr. Helga Konrad (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Der vorliegende Kunstbericht und auch der Herr Staatssekretär sind heute schon vielfach gelobt worden. Ich möchte mich diesem Lob anschließen und wiederholen, daß dieser Kunstbericht wirklich eine gute, attraktive und taugliche Arbeitsunterlage für uns ist. Auch dem bereits geäußerten Dank an jene Beamtinnen und Beamten, die diesen Bericht verfaßt haben, kann ich mich nur anschließen, denn das ist viel Arbeit: Sobald er vorliegt, sagt man zwar, er ist gut gemacht, aber dem liegt sehr viel Arbeit zugrunde, für die auch ich mich herzlich bedanken möchte. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Es ist bereits erwähnt worden, daß der Bericht eine neue Systematik hat, nämlich geordnet nach Bereichen und nicht nach Abteilungen. Hervorheben möchte ich, daß ich es gut finde, daß auch alle Einzelförderungen aufgelistet sind, und zwar weniger deshalb, um genau nachschauen zu können, wieviel Geld der einzelne Künstler, die einzelne Künstlerin bekommen hat, sondern weil diese Auflistung auch gut dokumentiert, wie umfangreich und wie vielfältig das Schaffen der Künstlerinnen und Künstler in unserem Land und aus unserem Land ist.

Ebenfalls schon erwähnt wurde, daß darin auch erstmals der Versuch unternommen worden ist, die österreichische Kunstförderung mit den Kunstförderungen anderer EU-Länder zu vergleichen. Ich halte das für einen ersten Schritt, der zeigt, wohin wir kommen müssen, wo eine Entwicklung möglich und auch notwendig ist. Diesbezüglich bin ich durchaus der Meinung des Kollegen Morak, daß es zwar schwierig ist, diese unterschiedlichen Fördersysteme und Modalitäten zu vergleichen, daß aber der eigentliche Sinn darin liegt, diese Modalitäten noch genauer anzuschauen und vielleicht das eine oder andere für uns zu adaptieren oder zu verändern.

Daß Österreich bereit ist, Geld in Kunst und Kunstproduktion, in die Förderung von Künstlerinnen und Künstlern zu investieren, und daß klar ist, daß es sich dabei nicht um Alibisummen handeln kann, hat der Herr Staatssekretär immer wieder gesagt. Auch das Weißbuch ist bereits mehrmals erwähnt worden, ebenso die darin enthaltene Perspektive, daß für Kunstförderung einmal wesentlich mehr Budget vorhanden sein soll. Wir hoffen alle, daß das auch gelingt!

Hervorheben möchte ich das Engagement für das EU-Programm "Kultur 2000", an dem Österreich und vor allem der Staatssekretär maßgeblich beteiligt waren. Es wurde von uns eingebracht und auch wesentlich unterstützt. Erst kürzlich hat die EU-Berichterstatterin zur "Kultur 2000" Nana Mouskouri das Engagement von Staatssekretär Wittmann besonders betont und gelobt. Die Zustimmung dafür geht also weit über Österreich hinaus.

Im Kunstbericht wird auch zum ersten Mal das Geschlechterverhältnis im Kunstbereich beleuchtet. Eine Äußerung von Maria Lassnig macht es deutlicher als viele Zahlen, wie das Geschlechterverhältnis im Kunstbetrieb und Kunstbereich ausschaut. Sie hat kürzlich gesagt: Ich war 65 Jahre alt, als ich zum ersten Mal zur Biennale nach Venedig eingeladen worden bin.

Ich möchte betonen, daß wir es anerkennen, daß das Geschlechterverhältnis und das Ausweisen der Frauenförderung zum ersten Mal überhaupt zum Thema gemacht worden sind. Es ist jedoch klar, daß das erst ein erster Schritt sein kann, denn durch diesen Bericht wurde sichtbar, daß die Situation der Frauen im Kunstbereich ähnlich aussieht wie in der Gesellschaft insgesamt. Ich hätte dazu auch einige Zahlen, die das untermauern, aber meine Redezeit läuft bald ab, also verzichte ich darauf. Sie kennen jedoch die Lage, und ich denke, daß wir in diesem Bereich noch viel zu tun haben werden.

Die Zahlen und Erkenntnisse des Kunstberichtes sind also ein weiterer Beleg dafür und ein Appell, Frauenförderung entschieden zu betreiben. Wie ich vom Herrn Staatssekretär weiß, hat er auch vor, sein Augenmerk auf diesen Bereich zu richten.

Meine Damen und Herren, ich möchte mit einem Satz der Dichterin Gertrude Stein schließen, der auch als Leitlinie der Kunstpolitik gelten kann. Sie sagt – ich zitiere –: Eine andere Vision als die, die die ganze Welt hat, ist selten. Die Dinge auf eine neue Weise zu sehen, ist wirklich schwierig, alles hält einen davon ab. Gewohnheiten, Bildung, der Alltag, Überlegungen, Anforderungen des Alltags, Dummheit, alles hält einen davon ab. – Zitatende.

Kunstpolitik muß Räume und Situationen ermöglichen und fördern, in denen diese "anderen", neuen Visionen entwickelt werden können, die für eine lebendige Gesellschaft lebenswichtig sind. (Beifall bei der SPÖ.)

19.38

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Preisinger. 4 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.38

Abgeordnete Dr. Susanne Preisinger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich möchte aus dem Bericht einen Teilbereich herausnehmen, und zwar den Besucher-Auslastungsgrad in den Bundestheatern, vor allem im Burgtheater, dessen Auslastungsgrad seit einigen Jahren schon absolut rückläufig ist, so auch die Spielzeit 1997/98 im Vergleich zu 1996/97. Man darf aber nicht vergessen, daß er schon ab der Saison 1991/92 bis zum Jahre 1997, also wirklich seit Jahren, sukzessive geringer geworden ist. Allein im Jahre 1991 gab es noch 282 000 Besucher, im Spieljahr 1997/98 jedoch nur noch 253 000 Besucher!

Auffallend geringe Sitzplatzauslastungen gab es am Burgtheater bei folgenden Aufführungen – ich greife einige Beispiele heraus –: "Das Mädchen aus der Feenwelt", "Der Bauer als Millionär" von Raimund, bei der es letztlich überhaupt nur mehr eine Sitzplatzauslastung von 58,68 Prozent gegeben hat, oder, als ein weiteres Beispiel für eine Sitzplatzauslastung von nur wenig über der Hälfte, "Die Schlacht um Wien" von Turrini, welche ebenfalls nur zu 59,10 Prozent ausgelastet war.

Während also der Auslastungsgrad etwa beim Akademietheater relativ hoch ist – und dagegen ist an sich nichts zu sagen –, sind die Besucherzahlen des Burgtheaters seit Jahren gesunken. Als diese Problematik in der letzten Sitzung des Kulturausschusses angesprochen wurde, meinte der Herr Staatssekretär in etwa, "daß" – ich zitiere – "auch Wien sich vom internationalen Trend, der in Richtung weniger Theaterbesuch gehe, nicht abkoppeln könne" – das ist allerdings die Frage –, und er sagte weiters, "daß das vorrangige Ziel der Bundesregierung nicht die wirtschaftlich geführten Bundestheater sind". – Das ist letztlich alles, was darüber gesagt wurde. Ansonsten wissen wir nicht, was tatsächlich diesbezüglich getan wird.

Die Lösungsvorschläge, die der Herr Staatssekretär noch dazu gemacht hat, sind vielleicht auch ganz interessant, nämlich daß die Theater aggressive Werbung betreiben sollen. Es ist die Frage, wie aggressiv die Sache sein sollte, denn ich glaube zwar, daß Dynamik sehr belebend für das Theater ist, aber wenn den Theaterbesuchern die Aggression zuviel wird, so werden wir mit der Zeit immer weniger von ihnen haben, sie werden, was wir ohnehin jetzt schon annehmen, abwandern.

Man sollte noch dazusagen, daß der Besucherschwund eigentlich enorm ist. Trotzdem wird dieser Bereich jährlich mit 600 Millionen Schilling subventioniert, und lediglich 80 Millionen Schilling werden eingenommen. Daher wären eine höhere Qualität der Theaterstücke, eine höhere Qualität der Aufführungen und mehr Orientierung am Theaterpublikum notwendig. Statt dessen wird die Abgabe günstiger Karten für billigere Produktionen geplant, was absolut zuwenig ist.

Derzeit stimmt also die Qualität nicht mehr, wie sich durch den Rückgang der Besucherzahlen zeigt. Dies trifft vor allem auf das Burgtheater zu. Es stellt sich somit zum Abschluß die Frage: Wer wird in Zukunft noch für Staatsbühnen zahlen, wenn anzunehmen ist, daß die Besucher scharenweise ausbleiben? (Beifall bei den Freiheitlichen.)

19.42

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort gemeldet ist nun Herr Abgeordneter Zweytick. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.42

Abgeordneter Johannes Zweytick (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzter Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Diese Kunstdebatte ist sicherlich interessanter, als es die Anzahl der im Moment anwesenden Abgeordneten vermuten läßt. Das ist schade! Ebenso interessant ist der vorliegende Kunstbericht, der ja schon mehrfach gelobt wurde. Er präsentiert sich wieder in einer sehr ausführlichen und informativen Form, und die im Bericht 1996 eingeführten Neuerungen wurden im Bericht 1997 noch um zwei Aspekte erweitert.

Der erste Aspekt, die Datenerhebung der österreichischen Kulturdokumentation, ermöglicht einen europaweiten Überblick über die Kunst- und Kulturausgaben der einzelnen Länder, wobei ein direkter Vergleich der Zahlen wegen der unterschiedlichen Definition und Finanzierungsmodelle derzeit nur bedingt möglich ist. Österreich liegt mit seinem Anteil der Kulturausgaben des Bundes gemessen am Gesamtbudget im oberen Mittelfeld. Ich halte es für wesentlich, daß an einem europaweit vergleichbaren Kulturstatistiksystem gearbeitet wird, das eine vergleichende Analyse tatsächlich ermöglichen wird.

Es ist also einerseits erfreulich, daß wir uns im oberen Mittelfeld Europas befinden, und andererseits sicherlich interessant, daß es in Zukunft europaweit vergleichbare Analysen geben wird. (Zwischenruf des Abg. Dr. Krüger.) – Ja, ja! Der Kulturausschuß beschränkt sich bei mir auf Kulturlandschaft, auf Lebenskultur, auf Lebensqualität, auf Weinkultur. Aber ich glaube, dafür ist hier und heute nicht der geeignete Augenblick – außer für die Freiheitlichen, die oft nur eine Kultur im Kopf haben, was sehr einseitig wirkt! (Beifall bei den Freiheitlichen. – Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Krüger.) – Lieber Michael Krüger! Du möchtest auch zur Weinkultur kommen? Du bist herzlich dazu eingeladen. Kein Problem! Kollege Peter ist in diesen Dingen auch schon ein erfahrener Mann.

Der zweite Aspekt, der mir sehr wichtig erscheint, ist die regionale Verteilung der Fördergelder, welche in der Kunstförderungsdebatte immer wieder zu heftigen Diskussionen Anlaß gab. Auch das wurde heute schon mehrmals angesprochen. Erfreulicherweise wurde nun erstmals eine Analyse der geographischen Verteilung der Fördermittel vorgenommen und ein Bericht darüber erstellt. Damit ist eine langjährige Forderung der ÖVP – und diese ist schon wesentlich älter als jene des Liberalen Forums – endlich erfüllt! Endlich haben wir es schwarz auf weiß.

Gehen wir von der Anzahl der Förderungsfälle aus, weist Wien mit 56,5 Prozent den höchsten und das Burgenland mit nur 1,4 Prozent den niedrigsten regionalen Anteil auf. Gemäß den Betrachtungen der regionalen Verteilung der Fördermittel gehen allein 50,2 Prozent nach Wien, an zweiter Stelle und im Vergleich dazu weit abgeschlagen liegt die Steiermark mit 9,6 Prozent. Auch hier ist das Burgenland mit 2,7 Prozent Schlußlicht.

Die Wien-Lastigkeit ist also nicht zu leugnen. Dem Vertreter der Tiroler Landesregierung, der im Beirat bei einer Debatte über das Kunstförderungsbeitragsgesetz kritisiert hat, daß die Bundesförderungen gegen Westen hin wie in einem Kapillarsystem immer dünner werden, ist also grundsätzlich recht zu geben. (Beifall bei der ÖVP.)

Um es, weil heute schon so oft das Wort "Transparenz" gefallen ist, vielleicht noch ein bißchen transparenter zu machen: Es ist nicht einzusehen, daß die Pro-Kopf-Ausgabe für Kunst bei einem Durchschnittswert von 53 S in allen Bundesländern dermaßen stark unterdotiert ist, so liegen etwa Niederösterreich mit minus 70 Prozent, das sind pro Kopf 16 S, und auch die Steiermark mit minus 35 Prozent, das sind pro Kopf nur 32 S, im Ranking sehr weit hinten.

Die Wien-Lastigkeit der Bundesausgaben für Kunst und Kultur und der Förderung der Kunstsektion wird damit argumentiert, daß zahlreiche, dem Bund zugewiesene Kompetenzen in Wien angesiedelt sind beziehungsweise in Wien konzentrierte Einrichtungen Aufgaben für den gesamten Bund wahrnehmen. – Herr Staatssekretär, Sie haben dies in Ihrem Redebeitrag noch zusätzlich erwähnt; ich bin jedoch der Meinung, daß diese regionale Aufteilung der Förderungen nicht nur als Initialzündungen gesehen werden darf, denn derart gravierende Unterschiede in der Aufteilung auf die Länder können Fehlzündungen bei den Künstlern und bei der Bevölkerung verursachen, wirken eher diskriminierend und haben alles andere als den Charakter einer sozialen Intervention. (Beifall bei der ÖVP.)

Wir sollten daher diese Entwicklung in den nächsten Jahren genau beobachten. Der Kunstbericht 1997 setzt dazu den ersten Schritt, und zumindest das ist sehr zu begrüßen, ebenso wie die Architekturkooperation mit den ÖBB. Diese ist sicher sehr löblich, schon Kaiser Franz Joseph hat dies gefördert, allerdings ist es nach wie vor die Bahn selbst mit ihren Abfahrts- und Ankunftszeiten sowie den Tarifen, die die Menschen zum Bahnfahren motiviert, denn in erster Linie ist der ökonomische Aspekt sehr wichtig und daher nicht ganz zu vernachlässigen.

Auch zum großen Budgetbrocken für die Filmförderung ist Ihnen zweifelsohne zu gratulieren.

Kunstkritik unterliegt auch immer wieder einer gewissen subjektiven Sichtweise. Frau Abgeordnete Höbinger-Lehrer, was den Greißler im vierten Bezirk betrifft, war das aus meiner Sicht ein starkes und gelungenes Projekt.

Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Sie reden doch allerorts von Dezentralisierung. Für den Bund besteht gerade in diesem Bereich, und zwar was die Länder betrifft, Handlungsbedarf. Handeln Sie, wenn es geht, noch vor der Wahl! – Danke. (Beifall bei der ÖVP.)

19.48

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters ist Herr Abgeordneter Reheis zu Wort gemeldet. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

19.48

Abgeordneter Gerhard Reheis (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! In meinem überhaupt ersten Debattenbeitrag in diesem Hohen Haus als Mitglied dieses Hauses geht es um den Kunstbericht 1997, also um ein äußerst gelungenes Werk, das uns einen breiten Überblick über die Kunstförderung in Österreich und einen Vergleich mit der Kunstförderung in Europa ermöglicht. Übersichtlich und detailliert gestaltet erfahren wir durch ihn etwas über die Fülle von Förderungen und all das, was in Österreich in großer Vielfalt kulturell geleistet wird. Dafür möchte ich auch von meiner Seite aus den Verfassern dieses Berichtes Dank und ein Kompliment aussprechen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Während Frau Abgeordnete Höbinger-Lehrer gesprochen hat, ist mir folgendes Zitat eingefallen: Kunst muß uns auch das Geld wert sein, das wir dafür ausgeben, denn das dokumentiert die Toleranz und die Freiheit der Kultur! – Zitatende. Dafür stehe ich ein! (Beifall bei der SPÖ.)

Trotzdem, Hohes Haus, findet sich in der Fülle der detaillierten Förderquellen eine meiner Ansicht nach für die Zukunftsentwicklung der Kulturarbeit sehr wichtige Gruppe in nur äußerst bescheidenem Rahmen gefördert wieder, nämlich die Jugend. Der gesamte Bereich der Jugendkulturarbeit hat für die Jugendkultur und Jugendkulturinitiativen eine sehr magere Ausbeute aus den Fördertöpfen lukriert.

Da ich einige derartige junge Initiativen und deren finanzielle Probleme kenne, ergeben sich für mich daraus einige Fragen: Was könnten die Probleme der jugendlichen Kulturmacher sein, wenn es darum geht, zu mehr Förderungen zu kommen? Wird ihnen der Zugang zu den Fördertöpfen erschwert oder erst gar nicht ermöglicht? Hemmen noch immer Vorurteile gegenüber jugendkulturellen Entwicklungen die Entscheidungsträger in der Gemeinde-, Landes- und Bundespolitik bei der notwendigen Öffnung des Zugangs zu finanziellen Unterstützungen? Wird durch entsprechende Einschränkungen, Auflagen oder Verbote die Aktionsfähigkeit der Jugendkulturarbeit gebremst? Oder wird in einigen Bereichen gar Anpassung und Wohlverhalten der Jugend als Grundvoraussetzung für die Förderung kultureller Aktivitäten gefordert? – Ich hoffe nicht. Jugendkulturpolitik muß Experimente zulassen und muß auch bereit sein, Risiken einzugehen. Es erscheint mir daher notwendig, diesem Erfordernis auch durch entsprechende Förderungen im jugendkulturellen Bereich gerecht zu werden.

Deshalb erlaube ich mir, den Vorschlag der IG Kultur Österreich, des Dachverbandes der Kulturinitiativen, von Bundesseite eine Gesetzesinitiative, den Bundesplan zur Förderung der assoziativen Jugendkulturarbeit zu starten, vorzutragen. Die in diesem Vorschlag enthaltenen Wünsche für Förderungen der Jugendkultur, wie zum Beispiel durch die Errichtung von Proberäumen, Ateliers et cetera und durch die Unterstützung kultureller Aktivitäten bis hin zur Förderung neuer Medien, erscheinen mir bei etwas gutem Willen als durchaus erfüllbar.

Als Anreiz für die Kommunen, Jugendkulturarbeit zu unterstützen, könnte man den Gemeinden die Aufwendungen für Jugendkulturarbeit über entsprechende Zweckzuschüsse über den Finanzausgleich refundieren.

Die Zugänge zur Förderung sollten möglichst einfach sein, sodaß ein größtmöglicher Bereich der Jugendkulturen darin Berücksichtigung findet.

Als besonders förderungswürdig erscheinen mir die neuen Formen von Jugendkulturproduktion und -vermittlung im Bereich der sogenannten neuen Medien, im Internet und in der Telekommunikation. Gerade im Bereich der elektronischen Medien sollte die Präsenz der österreichischen Kultur, insbesondere der Jugendkultur, verstärkt werden. Eine finanzielle Unterstützung und die Eröffnung weitreichender Teilnahmemöglichkeiten für Kulturinitiativen am Datenhighway erscheinen mir als ein Weg der kulturellen Zukunftsentfaltung.

Die kulturelle Teilnahme im Bereich der neuen Medien würde es besonders Künstlerinnen und Künstlern aus dem ländlichen Raum ermöglichen, sich weit über den Ort ihres Schaffens hinaus mitzuteilen. Daher bedarf es auch und vor allem der verstärkten Mitfinanzierung von Ausstattung der Kulturinitiativen mit modernen Kommunikationsmitteln sowie der dafür notwendigen Aus- und Weiterbildung.

Eine Möglichkeit der Weiterbildung wäre zum Beispiel die Errichtung einer HTL sowie einer Fachhochschule mit den Ausbildungsschwerpunkten Datenverarbeitung, Telekommunikation und Informatik, unter anderem mit dem Schwerpunkt der einschlägigen kulturellen Aus- und Weiterbildung sowie den dadurch möglich werdenden Vernetzungstätigkeiten.

Die Tiroler Landesregierung hat sich in ihrem Grundlagenpapier im Kapitel "Zukunftsthemen und Bildungskonzept" mit einer derartigen HTL einen Ausbildungsschwerpunkt gesetzt – ein Vorhaben, das im übrigen von allen im Tiroler Landtag vertretenen Parteien unterstützt wird. Um diesen Ausbildungsschwerpunkt auch umsetzen zu können, bedarf es nicht nur des Willens der Tiroler Landesregierung, sondern auch der entsprechenden Unterstützung des Bundes.

Ich bitte Sie, Herr Staatssekretär, diese Anliegen und Vorhaben in Ihren Meinungsbildungsprozeß aufzunehmen und, was die entsprechenden Ausbildungsstätten betrifft, sich mit der Frau Bundesministerin für Unterricht zu verständigen. (Beifall bei SPÖ und ÖVP.)

19.54

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Schließlich ist noch Frau Abgeordnete Mag. Wurm zu Wort gemeldet. Redezeitbeschränkung: gleichfalls 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

19.54

Abgeordnete Mag. Gisela Wurm (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Aufgrund meiner Rede im September letzten Jahres zum Kunstbericht 1996 hat mir Herr Professor Franz-Otto Hofecker vom Institut für Kulturmanagement einen sehr freundlichen Brief und dankenswerterweise auch eine Zusammenstellung der Kulturförderungsberichte jener Bundesländer, deren Berichte 1997 dem LIKUS-System gemäß strukturiert waren, übermittelt. Das ermöglichte einige recht interessante Schlußfolgerungen.

Es haben sich nun sechs Bundesländer und der Bund dazu entschlossen, dem LIKUS-System beizutreten, und diese Berichte lassen sich daher prinzipiell sehr gut vergleichen, aber eben doch nicht ganz. Durch das LIKUS-System wird eine bisher nie dagewesene Übersichtlichkeit erreicht – und damit komme ich jetzt auch zum Lob. Das ist ja schon fast eine Lobhudelei, was heute zu diesem Kunstbericht zum Ausdruck gebracht wird. (Heiterkeit bei der SPÖ.) Es ist wirklich etwas sehr Schönes und Gutes, was uns hier präsentiert wurde! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

Ein Problem ist aber noch vorhanden, nämlich daß die Bundesländer und das Ministerium beziehungsweise das Staatssekretariat die Kategorien noch sehr unterschiedlich bewerten. Ich möchte dies am Beispiel der Musikschulen, die im Budget der Länder eine nicht unwesentliche Rolle spielen, verdeutlichen: Da wird zum Beispiel in Tirol die Musikschulförderung in der LIKUS-Sparte 9 – das ist Ausbildung und Weiterbildung – geführt, in Vorarlberg fällt sie in Sparte 4, und Salzburg hat diese Förderung überhaupt nicht in das LIKUS-System aufgenommen. Überhaupt hat das Bundesland Salzburg keine Angaben über die großen Förderungssummen für Einrichtungen wie Landestheater, Festspiele, Mozarteum und Musikwerk gemacht.

Tirol wiederum hat offensichtlich einen Beuysschen Kulturbegriff, möchte man fast meinen, denn Tirol subsumiert gewissermaßen nahezu alles unter Kultur. (Abg. Morak: Wie bei Zinggl!) Irgendwie ist es für mich nach wie vor unverständlich – es ist mir nicht erklärbar –, warum die Mensabon-Aktion, durch die es günstige Essen für Studierende gibt, im Kulturbericht zu finden und nicht im Sozialbudget eingeordnet ist. Das ist für Tirol Kultur; das ist, wie gesagt, der Beuyssche Kulturbegriff. (Abg. Morak: Wie bei Zinggl ist das! Wie bei Zinggl!) – Ja, das mag schon möglich sein, Herr Abgeordneter Morak. Auf diesen Unterschied ist vielleicht auch im Zusammenhang mit dem Redebeitrag von Herrn Abgeordnetem Zweytick hinzuweisen, der erwähnt hat, daß sich Landesrat Astl ein bißchen darüber beschwert hat, daß die Kulturförderung geringer wird, je weiter man nach Westen kommt. Dies ist, wie gesagt, auch eine Frage des Kulturverständnisses, das da angesprochen werden muß. (Abg. Böhacker – in Richtung der der Regierungsbank zugewandten Rednerin –: Kollegin, reden Sie ins Mikrophon, sonst verstehen wir nichts!) – Danke für den Hinweis!

Damit wollte ich nur sagen, daß es noch einiger Anstrengungen bedarf, um die Förderungen des Bundes und der Bundesländer besser vergleichbar, transparenter und übersichtlicher zu machen. Der Staatssekretär hat gesagt – ich habe es auch im Ausschuß schon erwähnt –, er wird Gespräche mit den Landeskulturreferenten führen, um das noch entsprechend auszutarieren und auszumerzen.

Zum Abschluß möchte ich auch noch ganz kurz darauf hinweisen – es ist heute schon zur Sprache gekommen –, daß – und das hat mich sehr gefreut – in diesem Kunstbericht die Förderungsausgaben geschlechtsspezifisch segmentiert und analysiert werden. Das Kapitel "Frauenförderung" ist meiner Meinung nach wirklich gelungen und sehr aufschlußreich. Die Kunst muß ja und der Kunstbetrieb sollte zukunftsweisend sein, und das ist er auch in bezug auf Frauen.

Generell kann zusammenfassend festgestellt werden, daß zwar die Frauen in der Kunst ebenfalls noch benachteiligt werden, aber um einiges weniger als in anderen Bereichen. Die Differenz zwischen Männern und Frauen beträgt im Bereich der Kunstförderung nur 18 Prozent, und das ist sicherlich unterhalb dessen, was Frauen sonst an Diskriminierung erleben. Das möchte ich hervorheben.

Es wurde auch schon erwähnt, daß die Kommissionen, die die Entscheidungen fällen, nahezu paritätisch besetzt sind. Das ist eine sehr wichtige Sache, weil dies natürlich darauf Einfluß hat, was wie gefördert wird. Wenn man das mit Kommissionen in anderen Bereichen vergleicht, wie zum Beispiel mit verschiedenen Berufungskommissionen an der Universität Innsbruck, wo sich beispielsweise in einer Berufungskommission 48 Männer und nur 2 Frauen befinden, dann kann man das wirklich als sehr vorbildlich bezeichnen.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen weiterhin viel Glück für diese Vorhaben! (Beifall bei der SPÖ.)

Weiters ist mir noch aufgefallen – und damit komme ich auch schon zum Schluß, denn meine Redezeit läuft ab –, daß die Teilnahme von Frauen in den verschiedenen Bereichen unterschiedlich hoch ist. So sind die Förderungen – wahrscheinlich auch die Anzahl der Ansuchen – zum Beispiel im Bereich der Musik sehr niedrig, im Bereich Architektur, Photographie, Film und Video dagegen überdurchschnittlich hoch. Ich denke, dort, wo die Teilnahme niedrig ist, könnte man noch Anreizsysteme schaffen.

Prinzipiell bin ich aber wirklich begeistert von diesem Bericht. Ich bin auch überzeugt davon, daß der Weg, den Sie gehen, der richtige ist, und wünsche Ihnen auf diesem Wege weiterhin viel Glück! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.00

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist nun niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir haben kein Schlußwort der Berichterstatter und kommen damit zur Abstimmung, und ich bitte daher, die Plätze einzunehmen.

Wir kommen zur Abstimmung, die über jeden Ausschußantrag getrennt durchgeführt wird.

Zunächst gelangen wir daher zur Abstimmung über den Antrag des Kulturausschusses, den vorliegenden Bericht in III-163 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie diesen Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen.

Wir gelangen sodann zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Krüger und Genossen betreffend Kunstförderung durch Sponsoring.

So Sie diesem Antrag beitreten wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist nicht die Mehrheit. Der Antrag ist damit abgelehnt.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Kulturausschusses, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages in 1705 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

So Sie diese erteilen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist einhellig der Fall. Die Genehmigung ist damit erteilt.

Schließlich kommen wir noch zur Abstimmung über den Antrag des Kulturausschusses, den vorliegenden Bericht in III-167 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

So Sie den Bericht zur Kenntnis nehmen wollen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Dies ist die Mehrheit. Der Bericht ist damit zur Kenntnis genommen.

19. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1757 der Beilagen): Bundesgesetz über die Einholung von Vorabentscheidungen des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (1772 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir gelangen nun zum 19. Punkt der Tagesordnung.

Ich darf vielleicht vorsorglich bemerken, daß dazu nur zwei Wortmeldungen vorliegen und wir dann sogleich zum Abstimmungsverfahren kommen werden.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die erste Wortmeldung liegt von Herrn Abgeordnetem Dr. Kräuter vor. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.02

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Der Kern der Sache ist rasch erklärt. Wir setzen mit diesem Bundesgesetz einen Integrationsschritt. Es geht um eine Ausweitung, um eine Vertiefung von Vorabentscheidungen im Bereich der Dritten Säule, also im Bereich Justiz und Inneres. De facto setzen wir mit diesem Bundesgesetz einschlägige Erklärungen Österreichs, die bereits abgegeben sind, um.

Natürlich muß Österreich auf der einen Seite ein Stück Souveränität abgeben – das ist der Preis –, aber wir bekommen dafür mehr Recht – mehr europäisches Recht –, mehr Klarheit und Rechtssicherheit und mehr Integration.

Es zeichnet sich ein einstimmiger Beschluß ab. Es ist schön und wichtig, wenn Integrationsschritte in politischer Harmonie gesetzt werden. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei der SPÖ.)

20.03

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Krüger. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.03

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist sicher folgerichtig – und deshalb stimmt auch die freiheitliche Fraktion dieser Regierungsvorlage zu –, daß im Rahmen der Dritten Säule der Europäische Gerichtshof in Zweifelsfällen zu entscheiden hat, wenn das innerstaatliche Tribunal, das innerstaatliche Gericht im Rahmen der Dritten Säule einen Antrag auf Vorabentscheidung stellt.

Ich darf diese Wortmeldung zum Anlaß nehmen, auf die anwaltliche Erfahrung hinzuweisen, die wir mit Vorabentscheidungsverfahren des Europäischen Gerichtshofes im zivilgerichtlichen Bereich gemacht haben. Die Erfahrungen sind nicht schlecht, allerdings ist zu beklagen, daß die Zeit, die der Europäische Gerichtshof braucht, um eine Vorabentscheidung zu treffen, sehr lang ist.

Ich darf Ihnen das anhand eines Beispieles dokumentieren: Ein österreichisches Unternehmen hat jahrelang eine österreichische Marke aufgebaut. Es gibt darüber hinaus ein europäisches Unternehmen, das in nahezu allen Mitgliedstaaten der Europäischen Union – jedoch nicht in Österreich – ebenfalls eine Marke aufgebaut hat. Dieses Unternehmen will nun eine europäische Marke aufbauen und trifft dabei, zumindest in Österreich, auf den Widerstand jener Marke, die hier schon früher existiert hat und auf ihre Priorität verweist. Es werden von seiten des österreichischen Unternehmens die Klage sowie ein Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gegen diesen internationalen Konzern, der hier plötzlich auch mit derselben Marke auftaucht, weil er ja in ganz Europa unter diesem Flaggschiff fährt, eingebracht. Im konkreten Fall ist die einstweilige Verfügung in erster Instanz abgewiesen worden, die zweite Instanz hat bestätigt. Der Oberste Gerichtshof hat dem Revisionsrekurs Folge gegeben und hat die einstweilige Verfügung gegen den internationalen Konzern – es war in diesem Fall Tengelmann – auf Unterlassung der Verwendung dieser Wortmarke hier in Österreich erlassen.

Im ordentlichen Verfahren, im sogenannten Hauptverfahren – Herr Kollege Wittmann weiß, wovon ich spreche –, ist die Sache natürlich wieder zum Obersten Gerichtshof gegangen, und der Oberste Gerichtshof hat die Frage der Priorität einer europäischen Marke gegenüber einer regionalen, innerstaatlichen, nationalen Marke dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Der Europäische Gerichtshof hat eine für das nationale Unternehmen sehr positive Entscheidung getroffen, das sei wohltuend hervorgehoben.

Es können sich also durchaus auch kleinere Unternehmen, die nur eine nationale Bedeutung haben, in Österreich mit Hilfe des Europäischen Gerichtshofes gegen internationale Konzerne zur Wehr setzen. Allerdings ist zu beklagen, daß dieses Verfahren wirklich viel zu lange dauert, im konkreten Fall zwei Jahre. Wenn man bedenkt, daß das ja nur eine Vorabentscheidung im Rahmen eines vollständigen Gerichtsverfahrens ist und daß der Rechtsweg unter Einschluß des Vorabentscheidungsverfahrens dann insgesamt mehr als fünf, sechs Jahre dauert, dann ist das inakzeptabel. Man müßte sich hier etwas einfallen lassen, um das zu verkürzen, und den entsprechenden Druck auch in der Europäischen Union ausüben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.07

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Damit ist die Debatte geschlossen.

Wir haben kein Schlußwort der Frau Berichterstatterin und kommen daher zur Abstimmung. Ich bitte, die Plätze einzunehmen.

Wir stimmen daher jetzt ab, und zwar über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1772 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf die Zustimmung geben wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Dieses erfolgt einhellig, damit ist der Entwurf angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

So Sie auch in dritter Lesung dem Gesetzentwurf zustimmen, bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Auch hier erfolgt die Zustimmung einhellig. Ich stelle fest, der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

20. Punkt

Bericht und Antrag des Verfassungsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Nationalrats-Wahlordnung 1992 geändert wird (1773 der Beilagen)

Präsident MMag. Dr. Willi Brauneder: Wir kommen nun zum 20. Punkt der Tagesordnung.

Präsident Dr. Heinrich Neisser (den Vorsitz übernehmend): Eine mündliche Berichterstattung wurde nicht verlangt.

Wir gehen daher in die Debatte ein.

Ich ersuche Herrn Abgeordneten Schieder um seinen Debattenbeitrag. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

20.08

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ein ganz wichtiges Vorhaben ist die Durchforstung der Gesetze und Bestimmungen dieses Landes auf ihre Behindertenfreundlichkeit. Es ist wichtig, daß auch der Gesetzgeber bei allen Vorhaben darauf achtet, daß er gegenüber Gruppen, die ohnedies schon benachteiligt sind, nicht noch weitere Benachteiligungen schafft.

Der vorliegende Entwurf stellt ein positives Ergebnis solcher Bemühungen in einem wichtigen Bereich dar, nämlich in der Nationalrats-Wahlordnung. Es soll dadurch blinden und schwer sehbehinderten Wählern durch Schablonen ermöglicht werden, die Stimmabgabe, das Ankreuzen beim Wahlvorgang selbst durchzuführen.

Es ist dies ein ganz wichtiger Fortschritt, zu dem sich alle Fraktionen bekannt haben, und ich glaube, es ist auch ein notwendiger Schritt. Ich weiß, in der folgenden Debatte wird jeder sagen, das war seine Idee, er war der erste, der das verlangt hat, er ist schon immer dafür eingetreten. Manche werden sagen, es ist zu spät, und andere wiederum werden sagen, es hätte mehr sein sollen. So wird immer argumentiert, wenn gemeinsam etwas Gutes geschaffen wird.

Ich glaube aber, daß wir uns in folgendem einig sein können: Es ist ein wichtiger Schritt, Menschen zu helfen, die benachteiligt sind, es ist ein Schritt zu mehr Gerechtigkeit! Wir kommen damit auch als Gesetzgeber einer Verpflichtung nach, die wir haben. In diesem Sinne ist das, glaube ich, ein ganz wichtiger Gesetzesvorschlag. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.10

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Rauch-Kallat. Freiwillige Redezeitbeschränkung: gleichfalls 5 Minuten.

20.10

Abgeordnete Maria Rauch-Kallat (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Abgeordneter Schieder! Es wird niemand sagen, er hat das Gesetz selbst gemacht, denn das Schöne bei derartigen Anträgen ist, daß sie das Ergebnis gemeinsamer Bemühungen sind und daß sie sehr oft erst aus einem Arbeitsprozeß heraus erwachsen, weil auch behinderte Menschen manchmal gar nicht glauben können, daß sie so etwas verlangen dürfen. Ich meine daher, daß dieser heutige Beschluß, Blinden das eigenverantwortliche und selbständige Wählen zu ermöglichen – ein Beschluß, der immerhin 2 Millionen Schilling kostet –, ganz wichtig ist, und zwar deshalb, weil es keine Frage der Kosten sein darf, ob die Menschenrechte für behinderte Menschen eingehalten werden oder nicht.

In diesem Sinne bin ich sehr froh darüber, daß dieser weitere Schritt hin zu einer Gleichstellung behinderter Menschen heute vollzogen werden kann, wissend, daß es nur ein kleiner weiterer Schritt ist und daß es noch vieler Schritte bedarf, um all jene Ziele zu erreichen, die wir uns gemeinsam gesetzt haben.

Als wir im vergangenen Jahr den Artikel 7 des Bundes-Verfassungsgesetzes dahin gehend geändert haben, daß wir in Österreich in allen Bereichen gegen Diskriminierung behinderter Menschen aufzutreten haben, hat das Bundeskanzleramt eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die die Durchforstung der österreichischen Gesetze nach behindertendiskriminierenden Maßnahmen zum Ziel hatte. Es hat sich nach mehr als zwölf Monaten Arbeit an dieser Durchforstung gezeigt, daß es eine Fülle von diskriminierenden Bestimmungen gibt, daß diese nur eine von vielen ist und daß es noch einer Reihe von Anträgen und einer konsequenten Arbeit bis hin zu einem –hoffentlich – Gleichstellungsgesetz, einem Antidiskriminierungsgesetz bedürfen wird, um diese tatsächliche Gleichstellung auf gesetzlicher Ebene zu erreichen.

Meine Damen und Herren! Wir alle wissen aber: Mit Gesetzen allein ist es nicht abgetan. Es gilt auch die Barrieren in den Köpfen und Herzen abzubauen, damit behinderte und nicht behinderte Menschen einander besser verstehen und einander tatsächlich partnerschaftlich begegnen.

Ich glaube, daß wir in diesem Sinne in den nächsten Jahren sehr gut miteinander arbeiten sollten und daß wir noch sehr viel zu tun haben. Wenn es gelingt, in diesem Sinne weiterzuarbeiten, dann wird es uns auch gelingen, unser Ziel zu erreichen. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.13

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Lafer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

20.13

Abgeordneter Franz Lafer (Freiheitliche): Sehr geschätzter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren des Hohen Hauses! Es ist schön, wie Sie, Herr Kollege Schieder, gesagt haben – es ist wirklich ein bißchen Wahrheit daran –, daß wir dieses Gesetz heute gemeinsam beschließen. Ich habe mir, da es ein Fünfparteienantrag ist, die Mühe gemacht, einmal zu hinterfragen, von wann diese Initiative denn überhaupt stammt, und da kann ich auf eine Pressemeldung vom 28. März 1992 von meiner Kollegin Dr. Partik-Pablé verweisen, in der das schon gefordert worden ist. Aber das soll nicht dazu dienen, diesen Entwurf als unseren Erfolg zu reklamieren (Abg. Schieder: Andere haben Beweise aus den siebziger Jahren! Dieser Streit führt zu nichts! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Aber man freut sich, wenn man es bringen kann!), sondern es war nur interessant, auch in dieser Frage die eigentlichen Initiativen zu ergründen.

Ich glaube – und ich denke, so sieht es auch meine Fraktion –, daß wir damit blinden und sehbehinderten Menschen erstmals wirklich die Möglichkeit geben, ihr demokratisches Recht alleine wahrzunehmen. Damit möchte ich aber auch sagen, daß gerade Sie von den Regierungsparteien ÖVP und SPÖ Ihre Hausaufgaben noch lange nicht erledigt haben. Frau Kollegin Rauch-Kallat hat ja schon darauf hingewiesen, daß noch viele Ziele darauf warten, erledigt zu werden. Ich möchte Sie schon darauf hinweisen, daß Sie diese Ziele schon längst hätten erledigen können und daß Sie mit Ihren Hausaufgaben wirklich im Verzug sind. Helfen Sie den blinden und sehbehinderten Menschen! Sie haben diese Hilfe nötig, und Sie beziehungsweise wir als Gesetzgeber sind dazu aufgerufen, ihnen diese Hilfe wirklich zur Verfügung zu stellen.

Deshalb mein Appell an Sie: Arbeiten Sie etwas schneller und beständiger für die Blinden und Sehbehinderten! – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.15

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.15

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Es ist in diesem Fall ausdrücklich zu betonen, daß der heute zur Beschlußfassung vorliegende Antrag wirklich ein gemeinsamer Antrag ist, der im Ausschuß erarbeitet wurde. Ich stehe nicht an, Ihnen zu sagen: So etwas ist schon eine sehr erfreuliche Sache, und zwar auch deshalb, weil man, bevor wir das heute hier zu einem Abschluß bringen konnten, im Ausschuß gesehen hat, daß dann, wenn es gelingt, Anliegen zu bündeln, mehr möglich ist – nämlich an Einstimmigkeit –, als man ursprünglich vermutet hätte. Das ist schon die Sache wert!

Wenn wir weiter mit dieser Methode verfahren und auch mit einem hohen Tempo unterwegs sind, dann werden wir dem Ziel immer näher kommen. Wir wissen natürlich, wo in manchen Bereichen, in denen wir dringend Diskriminierungen abbauen müssen, die Schwierigkeiten liegen. Nicht immer ist dies auch technisch so einfach zu lösen, wie es in diesem Fall Gott sei Dank doch eher sein dürfte. Um so überfälliger ist dieser Schritt, und daher freue ich mich, daß er heute zustande gekommen ist. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

20.16

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

20.16

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In einem längst überfälligen Schritt ist es nun gelungen, zumindest jetzt bei den nächsten EU-Wahlen und Nationalratswahlen auch blinden und sehbehinderten Menschen die Möglichkeit zu geben, mit einer Wahlschablone an der Wahl teilzunehmen.

Das ist natürlich ein Erfolg, das ist unbestritten. Aber, meine Damen und Herren, das kann nur ein ganz kleiner Anfang in dieser Sache sein, denn, vergessen Sie nicht, mobilitätsbehinderte Menschen sind nach wie vor davon ausgeschlossen, von ihrem Recht, wählen zu gehen, Gebrauch zu machen. Sie sind deshalb ausgeschlossen, weil die Länder nicht bereit sind, Wahllokale zur Verfügung zu stellen, die auch barrierefrei erreichbar sind. Sie alle wissen, daß die Wahllokale in den Ländern meist nur über unüberwindbare Stufen und Wege erreichbar sind (Abg. Großruck: Wahllokale stehen in den Gemeinden zur Verfügung! Die achten sehr wohl darauf, daß sie behindertengerecht sind!) und deshalb von mobilitätsbehinderten Menschen nicht genutzt werden können, sodaß der Zugang zu den Wahlurnen für sie damit nicht möglich ist. Mobilitätsbehinderte Menschen werden in ihrem Recht, von der Wahl Gebrauch zu machen, weiterhin diskriminiert. Das wissen Sie alle. Die Länder haben anscheinend kein Interesse daran, daß auch wir mobilitätsbehinderten Menschen wählen gehen können.

Jetzt werden einige von Ihnen sagen: Sie können sich ja die Rettung holen und sich dort hinfahren lassen. – Selbstverständlich hätte ich diese Möglichkeit. Ich wüßte aber nicht, warum ich sagen sollte, ich bin schwer krank und brauche die Rettung, damit ich zur Wahlurne komme. Vielmehr sind Bund und Länder gefordert, zumindest ab den nächsten Wahlen, also bereits für den 3. Oktober, Vorsorge dafür zu treffen, daß österreichweit alle Wahllokale barrierefrei erreichbar sind. Wenn sie das nicht schaffen, verlieren sie ein Stück mehr an Glaubwürdigkeit, und Sie, meine Damen und Herren, werden dann ein Stück mehr zur weiteren Diskriminierung mobilitätsbehinderter Menschen beitragen.

Es ist noch Zeit genug. Fordern Sie den Artikel 7 B-VG in den Ländern ein, und fordern Sie ein, daß am 3. Oktober alle österreichischen Wahllokale für alle Menschen barrierefrei zugänglich sind! Nur dann schaffen Sie in einem ersten Schritt die Voraussetzung dafür, daß die Chancengleichheit behinderter und nicht behinderter Menschen sichergestellt wird. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Mock.)

Auf den Arbeitsbericht zurückkommend möchte ich schon noch hinzufügen, daß die Länder sich nicht an der Durchforstung der österreichischen Rechtsordnung beteiligt haben. Die Länder haben nicht eine einzige Seite an diskriminierenden Bestimmungen in ihren Landesgesetzgebungen abgegeben. Auch das Unterrichtsministerium war mehr als säumig und mehr als nachlässig in der Zusammenarbeit, wenn es darum ging, diskriminierende Bestimmungen aus den Gesetzesgrundlagen herauszuarbeiten.

Da ist noch sehr viel zu tun. Und ich glaube, in einem ersten Schritt müßte es möglich sein, daß alle diskriminierenden Bestimmungen, die bereits in den Bundesgesetzen gefunden wurden, sofort repariert werden, und zwar noch vor dem Sommer. Damit wäre zumindest ein erster Schritt gesetzt, und der nächste Schritt muß ein Antidiskriminierungsgesetz sein. Im Moment aber sind alle Bereiche, für die bereits Berichte erarbeitet wurden, entsprechend zu verbessern und diese Diskriminierungen auszuräumen! (Beifall bei den Grünen.)

Ich hoffe, daß das bis zum Sommer gelingt, und ich hoffe, daß Sie es möglich machen, meine Damen und Herren, daß auch mobilitätsbehinderte Menschen am 3. Oktober wählen gehen können! (Beifall bei den Grünen.)

20.21

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Abgeordneter Murauer. 5 Minuten wurden als Redezeit gewünscht. – Bitte.

20.21

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Schritt für Schritt wird die Nationalrats-Wahlordnung weiterentwickelt. Heute behandeln wir ein sehr positives Kapitel, nämlich daß sehbehinderten und blinden Menschen bei Wahlen die persönliche Stimmabgabe ermöglicht wird.

Frau Haidlmayr! Bei allem Verständnis, das ich selbstverständlich für Behinderte habe, darf ich doch darauf aufmerksam machen, daß die Gemeinden sehr wohl bemüht sind, die Wahllokale behindertengerecht einzurichten. Ich darf auch darauf aufmerksam machen, daß die besondere Wahlkarte jedem Behinderten, jedem Kranken, jedem Bettlägerigen bis drei Tage vor der Wahl zur Verfügung steht und somit auch der behinderte Mensch seine Stimme bei dieser besonderen Wahlkommission, die jede Gemeinde selbstverständlich eingerichtet hat, abgeben kann.

Geschätzte Damen und Herren! Dieses Thema bringt mich aber natürlich zur Briefwahl, zur Weiterentwicklung unserer Demokratie. Ich darf darauf hinweisen, daß man in Deutschland und in der Schweiz beste Erfahrungen mit der Briefwahl gemacht hat, dies aber anscheinend in Österreich nicht möglich ist und die Sozialdemokraten sich dagegen wehren, die Briefwahl hier einzuführen. Ich habe dann und wann den Eindruck, daß den Österreichern weniger an Demokratiereife zugetraut wird als den Bürgern in Deutschland, in der Schweiz oder anderen europäischen Ländern! (Beifall bei der ÖVP.)

Gerade die Behindertenverbände und die Senioren haben sich mit dem Wunsch an Nationalratsabgeordnete, an mich und an unser Haus gewandt, doch diese Briefwahl einzuführen, weil man der neuen Situation Rechnung tragen muß, daß die Gesellschaft mobiler geworden ist und viele aus Berufsgründen oder aus Studiengründen unterwegs sind. (Abg. Haidlmayr: Ich möchte im Wahllokal wählen!) Die Briefwahl, Herr Kollege Schieder, trägt dem Rechnung! (Abg. Schieder: Soll jeder, weil die Gesellschaft mobiler geworden ist, jetzt zu Hause bleiben und per Brief wählen?)

Wir können einfach nicht darüber hinwegsehen, daß die Briefwahl den Behinderten und den Senioren entgegenkommen würde, aber auch jenen, die aus irgendwelchen Gründen unterwegs sind. Und es ist wirklich kurios, daß man, wenn man sich zum Zeitpunkt der Landtagswahl nicht im Land befindet, nicht wählen kann oder daß man, wenn man sich in einer anderen Gemeinde befindet, nicht an der Gemeinderatswahl teilnehmen kann. Geschätzter Herr Schieder! Sie müßten doch einsehen, daß da endlich eine Änderung gemacht werden sollte, zumal es einstimmige Beschlüsse der Landtage oder der Landtagspräsidenten gibt, wie das in letzter Zeit der Fall war!

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch die Erfahrungen von Innsbruck haben das gezeigt. Frau Haidlmayr! Sie werden mir sicher recht geben: Die Wahlen werden komplizierter, vielfältiger, das Persönlichkeitswahlrecht kommt dazu, Abstimmungen kommen dazu, und viele ältere Menschen fühlen sich in dieser Streßsituation der Stimmabgabe – es ist dies eben ein ungewöhnlicher Vorgang – überfordert, und deswegen kommt es zu ungültigen Stimmen und so weiter. (Abg. Haidlmayr: Ich will barrierefreie Wahllokale!) Sie können mir also nicht recht geben, das tut mir sehr leid! Die Briefwahl würde dem entgegenkommen, daß jeder in Ruhe, zeitgerecht, persönlich und geheim seine Stimme abgeben kann.

Meine Damen und Herren! Die Wähler und Wählerinnen in Österreich erwarten den Schritt zur Demokratieerweiterung und Weiterentwicklung der Nationalrats-Wahlordnung, zur längst fälligen Briefwahl! (Beifall bei der ÖVP.)

20.25

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Donabauer. Gleichfalls 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

20.25

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Alle sprechen davon, daß wir heute mit der Änderung der Nationalrats-Wahlordnung 1992 einen wichtigen demokratiepolitischen Schritt gemacht haben. Auch ich möchte das unterstreichen und bejahen. Ich glaube aber, daß man ohne Vorbehalte, emotionslos und mit der entsprechenden Sorgfalt auch die Weiterentwicklung diskutieren soll, auch hin bis zur Briefwahl, keine Frage! Wir sind in einer ganz neuen Situation. Die Mobilität der Gesellschaft ist heute eine andere, als sie es jemals war.

Es ist aber auch wichtig, daß man laufend Anpassungen an die Veränderungen in Gesellschaft und Verwaltung vornimmt. Heute wurde ein Entschließungsantrag eingebracht, in welchem wir auf einige Dinge hinweisen wollen, deren Regelung ganz wichtig ist.

Zum ersten: Es gibt hinsichtlich der EU-Wahl am 13. Juni im ganzen Land eine Diskussion darüber, daß mit der Stimmenauszählung erst um 22 Uhr begonnen werden kann. Wir haben uns die Rechtssituation angesehen: Es verhält sich nun einmal so! Dennoch müssen wir uns umso mehr darum bemühen, etwas zu erreichen, denn es ist den Leuten nicht zuzumuten, daß die Kommission, wenn das Wahllokal um 15 Uhr oder 16 Uhr schließt, bis 10 Uhr am Abend warten muß und erst dann die Arbeit fortsetzen kann. (Beifall bei der ÖVP.) Dafür muß es Lösungen geben, und es ist unsere Aufgabe, daß wir uns diesbezüglich innerhalb Europas engagieren!

Zweitens: Ich höre aus allen Gemeinden, daß es zusehends Probleme bei der Gewinnung von Mitgliedern für die Wahlbehörde, also Beisitzern, Ersatzbeisitzern und Vertrauensleuten, gibt, weil die Leute die Zeit nicht mehr aufbringen wollen und weil auch die Entschädigung dermaßen niedrig ist, daß man den Leuten nicht mehr zumuten kann, dafür ihre Zeit für die Allgemeinheit zur Verfügung zu stellen.

Deshalb meine ich, daß es wichtig wäre, dieses Thema zu diskutieren und eine bundesweite Regelung zu treffen, selbstverständlich gemeinsam mit den Ländern und Gemeinden. Diese Menschen leisten nämlich einen ganz wichtigen Beitrag zur demokratischen Willensbildung in unserem Land. An diesen Dingen kann man nicht vorbeigehen. Wenn es offene Fragen gibt, dann hat man sie anzusprechen, und wir haben die Aufgabe, darüber nachzudenken und Lösungen zu finden. Ich würde hoffen und erwarten, daß dieser Entschließungsantrag im Verfassungsausschuß Annahme und weitere Bearbeitung findet, damit wir irgendwann in der nächsten Zeit dafür eine Lösung finden können! (Beifall bei der ÖVP.)

20.28

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort der Berichterstattung wurde nicht verlangt.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung, und zwar stimmen wir ab über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1773 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. Ich stelle die einstimmige Annahme fest.

Wir kommen zur dritten Lesung.

Wer stimmt dem Entwurf in dritter Lesung zu? – Auch in dritter Lesung ist dieser Entwurf einstimmig angenommen.

21. Punkt

Regierungsvorlage: Wiener Übereinkommen über die Errichtung einer internationalen Klassifikation der Bildbestandteile von Marken samt Anlage;

Änderungen des Wiener Übereinkommens über die Errichtung einer internationalen Klassifikation der Bildbestandteile von Marken (1973) angenommen von der Versammlung am 1. Oktober 1985 (1683 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zum 21. Punkt der Tagesordnung.

Von einer Vorberatung in einem Ausschuß wurde gemäß § 28a der Geschäftsordnung Abstand genommen.

Wir beginnen mit der Debatte.

Im Augenblick liegt mir nur eine Wortmeldung, und zwar die des Abgeordneten Ing. Nußbaumer, vor, dem ich hiemit das Wort erteile. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

20.30

Abgeordneter Ing. Wolfgang Nußbaumer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! An sich wollte ich hier ans Rednerpult kommen und eine positive Meldung zu dieser Regierungsvorlage machen. Nach Durchsicht der Unterlagen muß ich aber feststellen, daß es eine ganze Reihe von Kritikpunkten gibt. Darum wundert es mich, daß Sie, Frau Tichy-Schreder, zwar zuerst auf der Rednerliste waren, sich dann aber nicht gemeldet haben!

Herr Staatssekretär! Meine erste Frage ist: Warum gab es keine Ausschußberatungen zu die-sem Punkt? Zweite Frage: Warum wurde diese Vorlage, die früher schon zweimal eingebracht, dann aber jeweils zurückgezogen wurde, jetzt ohne Änderung wieder eingebracht, und warum soll sie nun ohne Ausschußberatung beschlossen werden?

Ich frage dies umso mehr, als in den Erläuterungen der Regierungsvorlage vom 12. August 1996 festgehalten wurde, daß eine Ratifikation dieses Übereinkommens sehr rasch durchgeführt werden sollte, damit wir auch an der Weiterentwicklung des Systems der Bildklassifikation teilnehmen können, vor allem aber, um mit Sitz und Stimme in den Sachverständigenausschuß des eingerichteten besonderen Verbandes zu kommen. Herr Staatssekretär! Wenn das also so dringend ist, warum kam es dann zu einem zweimaligen Zurückziehen und damit zu insgesamt drei Jahren Verzögerung?

Meine dritte Frage: Warum ist in den Anmerkungen auf Seite 17 im Vorplan unter Kosten angegeben: "Keine.", wenn gleichzeitig in der Vorlage auf Seite 10 Artikel 7 Abs. 1d andererseits festgestellt wird: "Die Kosten jeder Delegation werden von der Regierung getragen, die sie entsandt hat"?

Es entstehen also sehr wohl Kosten, ganz zu schweigen von den Einnahmen, auf die in Artikel 9 hingewiesen wird. Dort ist nämlich von Einnahmen durch "Beiträge der Länder des besonderen Verbands" die Rede.

Viertens: Warum treten so wichtige Länder wie Deutschland, Großbritannien, Italien, USA, Kanada oder auch Japan diesem Abkommen nicht bei, obwohl zumindest Deutschland nach diesem Abkommen klassifiziert?

Fünftens: Herr Staatssekretär! Es ist in diesen drei Jahren nach mehrmaligem Einbringen dieser Vorlage niemandem aufgefallen, daß auf Seite 13 in Artikel 13 Abs. 1 bezüglich Inkrafttreten des Abkommens ein schwerer Fehler steht. Dort heißt es nämlich:

"Für die ersten fünf Jahre, die ihre Ratifikations- oder Beitrittsurkunden hinterlegt haben, ...", anstatt, wie es richtig heißen müßte: "Für die ersten fünf Länder, die ihre Ratifikations- oder Beitrittsurkunden hinterlegt haben, ..." und so weiter. (Abg. Dipl.-Ing. Schöggl: Sehr schlampig!)

Herr Staatssekretär! Bei allem Respekt: Wenn man drei Jahre Zeit für etwas Dringendes und Wichtiges braucht und das dann noch fehlerhaft ist, dann kann man das nicht überschwenglich loben, wenngleich wir im Hinblick auf die Verwaltungsvereinfachung, die die Erleichterung der internationalen amtlichen Recherche dieses Übereinkommens bringt, für diese Vorlage stimmen werden. – Ich danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.33

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung, und zwar ist Gegenstand der Abstimmung die Genehmigung des Abschlusses des Staatsvertrages: Wiener Übereinkommen über die Errichtung einer internationalen Klassifikation der Bildbestandteile von Marken samt Anlage; Änderungen des Wiener Übereinkommens über die Errichtung einer internationalen Klassifikation der Bildbestandteile von Marken (1973), angenommen von der Versammlung am 1. Oktober 1985 in 1683 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Dies erfolgt einstimmig. Einstimmige Annahme.

Wir stimmen jetzt darüber ab, daß im Sinne des Artikels 49 Abs. 2 Bundes-Verfassungsgesetz die französische Fassung insgesamt und von der englischen Fassung die Anlage "Internationale Klassifikation der Bildbestandteile von Marken" und deren Übersetzung ins Deutsche dadurch kundzumachen sind, daß sie auf die Geltungsdauer des Abkommens beim Österreichischen Patentamt zur öffentlichen Einsichtnahme während der Amtsstunden aufliegen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser Vorgangsweise ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig. Diese Vorgangsweise wird einstimmig angenommen.

22. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1670 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Gebührengesetz 1957 geändert wird (1812 der Beilagen)

23. Punkt

Bericht des Verfassungsausschusses über die Regierungsvorlage (1630 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Staatsdruckereigesetz 1996 geändert wird (Staatsdruckereigesetz-Novelle 1999) (1771 der Beilagen)

24. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über die Regierungsvorlage (1675 der Beilagen): Übereinkommen über den Beitritt der Republik Österreich, der Republik Finnland und des Königreiches Schweden zu dem Übereinkommen über die Beseitigung der Doppelbesteuerung im Falle von Gewinnberichtigungen zwischen verbundenen Unternehmen samt Protokoll (1813 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zu den Punkten 22 bis 24 der Tagesord-nung.

Darüber wird die Debatte unter einem durchgeführt.

Eine mündliche Berichterstattung wurde nicht verlangt.

Ich erteile in der Debatte als Erstredner Herrn Abgeordnetem Böhacker das Wort mit einer gewünschten Redezeit von 5 Minuten. – Bitte.

20.36

Abgeordneter Hermann Böhacker (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Nicht seit gestern, auch nicht seit vorgestern, sondern seit Jahren wird eine Totalreform des Gebührenrechtes gefordert. Dies wollte der Fachsenat für Steuerfragen in der Kammer der Wirtschaftstreuhänder ebenso wie die von der Bundesregierung eingesetzte Steuerreformkommission, die massiv eine Totalreform des Gebührenrechtes gefordert hat.

Was ist herausgekommen bei dieser Gebührengesetz-Novelle? – Ein kleines Flickwerk! Die Wirtschaftskammer hat es in ihrer Stellungnahme zu dieser Gesetzesnovelle auf den Punkt gebracht, indem sie schreibt: "Die vorgesehenen punktuellen gesetzlichen Änderungen lassen jedoch wieder einmal die generelle Antiquiertheit und Unzeitgemäßheit des Gebührenrechtes völlig unberührt." – Dem ist wirklich nichts hinzuzufügen.

In Anbetracht dessen, daß rund 430 bis 450 verschiedene Geschäftsfälle der Vergebührung unterliegen, liegt hier wirklich ein Gesetzesdschungel vor, den nur mehr ganz wenige Spezialisten echt durchschauen. Und das sollte wirklich nicht im Sinne des Erfinders beziehungsweise des Gesetzgebers sein!

Wir Freiheitliche fordern daher nach wie vor immer wieder eine Totalreform dieses Gebührenrechtes, und angesichts dessen, daß diese Forderung schon so lange erhoben wird, hat die Ausrede auf den bevorstehenden Finanzausgleich einfach keine Gültigkeit mehr! Man hätte längst Zeit gehabt, eine Totalreform des Gebührenrechtes durchzuführen!

Wenn nun in den morgigen Gazetten bereits zu lesen ist: "Stempelmarken werden abgeschafft", so steht dahinter ein langwieriger Prozeß. Es ist nur in bestimmten kleinen Bereichen die Möglichkeit geschaffen worden, die Gebühr in bar, mit Kreditkarte et cetera entsprechend zu entrichten. Dabei darf man aber auch nicht vergessen, daß die Verschleißer der Stempelmarken durch die Abschaffung derselben rund 200 Millionen Schilling an Erträgen verlieren, und gerade im Bereich der Trafikanten ist es doch so, daß sie heute wirklich auf jeden Schilling angewiesen sind, um überhaupt überleben zu können.

Es wird daher dringend notwendig sein, daß Sie, Herr Staatssekretär, sich dafür einsetzen, daß ein dementsprechendes Äquivalent geschaffen wird, damit dadurch nicht die Trafikanten wieder einmal unter die Räder kommen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Gestatten Sie mir an zwei Beispielen darzustellen, wie der Bürger hier wieder hinters Licht geführt wurde: Es gab immer massive Kritik, daß im Zuge der Ausstellung eines Reisepasses der Meldeschein als Beilage mit einer 50 S-Stempelmarke zu versehen ist, ohne daß die Urkunde an sich gebührenpflichtig wäre. Nun sagt man mit großem Trara und medialem Pomp, daß diese 50 S-Stempelgebühr für den Meldeschein abgeschafft wird, gleichzeitig erhöht man aber die Gebühren für die Ausstellung eines Reisepasses von 440 S auf 490 S.

Wenn ich nun vergleiche, daß etwa in der Bundesrepublik Deutschland die Ausstellung eines Reisepasses nur 350 S – und nicht 490 S wie in Österreich – kostet und es dazu noch die Möglichkeit gibt, dank einer jugendfreundlichen Gebührenverordnung in der Bundesrepublik Deutschland, die Ausstellung eines Reisepasses für Jugendliche bis zum 26. Lebensjahr um 175 S abzuwickeln, dann muß ich sagen: In diesem Zusammenhang sind der österreichische Gesetzgeber und der Staat wieder mit einer gewissen Gebührenraubritterei unterwegs, der wir sicherlich nicht die Zustimmung erteilen können! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Ein weiterer Punkt ist: Sie alle wissen, daß beschlossen wurde, daß in Kürze die Kfz-Zulassung privatisiert wird. Dieser Schritt weg vom Staat hin zum Privaten ist ein richtiger Schritt, jedoch mit dem Ergebnis, daß dadurch die Kfz-Zulassung wesentlich verteuert wird. Nicht nur, daß der Staat keine Leistung mehr erbringt, verlangt er auch noch 1 500 S an Zulassungssteuer! Darüber hinaus ist an die Versicherung noch ein Beitrag von 400 S zu bezahlen, wobei der Finanzminister mit 20 Prozent Umsatzsteuer wieder 80 S mitkassiert. Das macht einen Betrag von insgesamt etwa 1,5 bis 2 Milliarden Schilling. Herr Staatssekretär! Das ist wirklich eine falsche Vorgangsweise!

Wenn in der morgigen Ausgabe des "Kurier" steht: "2 Milliarden Schilling für das ,Nichtstun‘ der Behörde", dann wird es damit auf den Punkt gebracht. Herr Staatssekretär! Diese Zulassungssteuer beziehungsweise diese Gebühr ist meines Erachtens verfassungsrechtlich bedenklich, weil dafür keine Gegenleistung erbracht wird. Setzen Sie alles daran, daß diese Schröpfaktion der Autofahrer abgeschafft wird! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

20.42

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Marizzi mit einer gewünschten Redezeit von 4 Minuten. – Bitte.

20.42

Abgeordneter Peter Marizzi (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Böhacker! Wir haben diese Materie im Ausschuß etwa zwei bis drei Stunden ausführlich diskutiert, und es wurde vom Staatssekretär und von vielen anderen Diskutanten bemerkt – und Sie haben das auch genau mitbekommen –, daß die Gebührenharmonisierung natürlich ebenso wie die Steuerharmonisierung ein Ziel in der Europäischen Union sein soll. Aber Sie wissen ganz genau, daß das natürlich nur ein langfristiges Ziel sein kann!

Lieber Kollege Böhacker! Wenn Sie die morgige Ausgabe des "Kurier" zitieren, dann muß man sagen ... (Abg. Ing. Langthaler: Kommentieren Sie lieber den Kommentar auf Seite 2!) Ich zitiere einen anderen Kommentar, Frau Kollegin Langthaler!

Schauen Sie sich den Bericht an: Er ist positiv und objektiv. Letztendlich war das Ziel von Staatssekretär Ruttenstorfer eine effiziente, schnelle Verwaltung. Das war das erste Ziel. Das zweite Ziel waren ein Service für die Bürger und eine wesentliche Verwaltungsvereinfachung. Natürlich war das eine Reform in kleinen Schritten. Ich weiß schon, daß das bei Ihnen vielleicht nicht so ins Gewicht fällt! Es ist dies keine Gebührenreform, das geben wir zu, sondern es ist eine Verwaltungsreform. Und es ist immerhin so, Frau Kollegin Langthaler, die Sie ja auch immer für die sogenannten kleinen Leute eintreten ... (Abg. Mag. Schweitzer: Sie nicht, das sind wir!) Sie sagt es immer!

Immerhin werden die Rechtsauskünfte in Zukunft gratis sein, und das ist ja auch nicht schlecht, oder? (Zwischenruf des Abg. Böhacker.) Ich weiß es nicht, ich meine, Kollege ... (Abg. Böhacker: Das dient doch der Verwaltung! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich weiß schon, er will mir die Redezeit wegnehmen! Im Grunde genommen ist es wie im Ausschuß. Dort hat er nicht zugehört, und daher hält er jetzt die gleiche Rede wie im Ausschuß!

Herr Kollege Böhacker! Ich sage Ihnen folgendes: Staatssekretär Ruttenstorfer hat einige gute und wirklich soziale und gerechte Projekte gemacht und verfolgt natürlich das Ziel, in Österreich eine moderne Verwaltung innerhalb der Europäischen Union zu schaffen, und diese Vorlage ist in diesem Bereich ein erster kleiner Schritt dazu. Ich will Ihnen jetzt nicht die Studien der Konsumenteninformation zitieren, denn ich habe nur drei oder vier Minuten Redezeit. Diese Studien sind im Grunde genommen sehr, sehr positiv. (Abg. Ing. Langthaler: Seite 2!) Frau Kollegin Langthaler! Weil Sie sagen, daß ich einen Kommentar zitieren soll: Sie haben sicherlich auch den Kommentar von Herrn Ettinger in der Zeitung "Die Presse" gelesen, in dem von einer Revolution die Rede ist. Ich habe jetzt nicht die Zeit, das vorzulesen, aber ich sage Ihnen, daß er von einer Revolution spricht. – In Wirklichkeit ist es keine Revolution, aber es ist ein erster wichtiger Schritt, und wir sind auf die Arbeiten des Herrn Staatssekretärs Ruttenstorfer stolz! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

20.45

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Peter. – Bitte, Herr Abgeordneter.

20.45

Abgeordneter Mag. Helmut Peter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Lassen Sie uns einen kurzen Nekrolog auf den "Gummiadler" halten: Das 21. Jahrhundert dämmert herauf, müde rettet sich unser "Gummiadler" noch ins nächste Jahrhundert hinüber, um dann dort zu verenden. Er ruhe in Frieden, der "Gummiadler"!

Was aber bleibt, schmerzt mich viel mehr. Denn wenn auch der "Gummiadler" stirbt, es bleiben die Gebühren. Warum bleiben diese Gebühren eigentlich? – Unser Herr Finanzminister ließ uns, weise, wie er ist, schon mehrfach wissen, daß jede Steuer eine lenkungspolitische, eine ordnungspolitische und eine fiskalpolitische Funktion hat. Ich bin mir ganz sicher, daß uns der Redner nach mir, Herr Stummvoll, erklären wird, welche ordnungspolitische Funktion die Gebühren haben. Ich glaube, Sie können uns das erklären, mir kann das sonst niemand erklären! (Zwischenruf des Abg. Marizzi.) Ist es ein Teil der Dienstleistungsgesinnung der modernsten Verwaltung in Europa, oder ist es schlicht und ergreifend eine Geldbeschaffung? (Zwischenruf des Abg. Mag. Posch.)

Wir haben die Gebühren vor nicht mehr als eineinhalb Jahren um 50 Prozent erhöht, wir haben damit mehr Verwaltung geschaffen, wir haben damit die Kontrolle erschwert, wir haben Einhebungskosten, und wir haben eine Lenkungsfunktion, die keine ist. Was ist denn an einem Mietvertrag vergebührenswert? Warum heben wir Intabulationsgebühren und Grunderwerbssteuern ein? Warum gibt es eine Kapitalverkehrssteuer, die nichts anderes als eine Eigenkapitalgebühr ist? Wenn ein Unternehmen Eigenkapital zuführt, zahlt es eine Eigenkapitalgebühr, und das nennt sich halt zufällig Kapitalverkehrssteuer!

Meine Damen und Herren! Wir kommen immer wieder zum selben Ergebnis: Im Steuerpaket, das Sie uns im Finanzausschuß und im Zuge der nächsten Plenarwoche vorlegen werden, kommt das Wort Ausgabeneinsparung nicht vor. Diesbezüglich haben Sie nichts getan, Herr Staatssekretär! Sie haben in keinem einzigen Bereich Ausgaben eingespart, und weil Sie das nicht getan haben, weil Sie kein re-engineering government – ceterum censeo, immer wieder werde ich Ihnen das sagen! – machen, haben Sie keinen Spielraum, um unsinnige Gebühren abzuschaffen, die im 21. Jahrhundert und in dem, was Sie wollen, nämlich einer modernen Verwaltung, wirklich nichts verloren haben!

Es wird Sie daher nicht wundern, daß wir dieses Gebührengesetz ablehnen. Den anderen beiden Vorlagen über das Staatsdruckereigesetz und über den Beitritt Österreichs, der Republik Finnland und des Königreichs Schweden zu dem Übereinkommen werden wir zustimmen. Ich schließe mit der Bitte an Herrn Stummvoll, mir zu erklären, welche ordnungspolitische Funktion Gebühren haben. – Danke. (Beifall beim Liberalen Forum.)

20.48

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Dr. Stummvoll. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

20.48

Abgeordneter Dkfm. Dr. Günter Stummvoll (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Böhacker hat aus der Stellungnahme der Wirtschaftskammer Österreich zitiert. Gar keine Frage: Die Wirtschaft verlangt seit Jahren eine Generalreform des Gebührenrechtes. Ich bekenne mich dazu. Es hat auch niemand behauptet – darüber haben wir auch im Ausschuß schon diskutiert –, daß das, was jetzt vorliegt, eine Gesamtreform des Gebührenrechtes ist.

Es gibt ganz konkret drei Zielsetzungen für diese vorliegende Novelle. Das Ziel einer Gesamtreform verlieren wir aber natürlich nicht aus dem Auge, Herr Kollege Böhacker! (Abg. Böhacker: Wie weit reicht Ihr Auge, Herr Kollege, bis 2010?) Wir wissen allerdings inzwischen, daß man gewisse Ziele schrittweise verwirklichen muß. Ich nenne nur ein Beispiel: Als wir vor einem Jahr den Lehrlingsfreibetrag von 20 000 S beschlossen, haben wir gesagt, daß das nur ein erster Schritt sein kann. Sie haben höhnisch darüber gelacht! Mit der Steuerreform beschließen wir jetzt dafür 60 000 S. Die Politik der kleinen Schritte ist also sehr erfolgreich und sehr wirkungsvoll! (Beifall bei der ÖVP.)

Diese Politik ist für mich eigentlich effizienter als ein imaginärer großer Wurf, den es auf der ganzen Welt nirgends gibt. Herr Kollege Böhacker! Ich glaube, so ehrlich muß man sein!

Zum zweiten: Ich möchte zu Herrn Kollegen Peter sagen: Das Hohe Haus ist eigentlich nicht der geeignete Ort für Privatlektionen. Ich bin aber gerne bereit, ein Privatissimum über allfällige ordnungspolitische Funktionen abzuhalten. (Zwischenruf des Abg. Mag. Peter.) Ich möchte dazu nur sagen: Ich bekenne mich dazu, daß Menschen, die Verantwortung in der Regierung und hier im Hohen Haus tragen, nicht leichtfertig auf 4,5 Milliarden Schilling verzichten können. Das allein bringen nämlich die Stempelgebühren!

Ich bekenne mich dazu! (Abg. Mag. Peter: Weil Sie bei den Ausgaben gespart haben!) Mir wäre es auch lieber, wir hätten das auf der Ausgabenseite zustande gebracht. Aber es geht eben nicht alles auf Knopfdruck, und es ist viel leichter, von außen zu kritisieren, als konkrete Maßnahmen tatsächlich umzusetzen. (Abg. Mag. Peter: Sie sind ja schon lange in der Regierung!)

Herr Kollege Peter! Sie werden, fürchte ich, leider nie in die Situation kommen, daß Sie nicht nur von außen kritisieren können, sondern auch von innen umsetzen müssen. (Abg. Mag. Peter: Eine schwache Leistung wird man schon beurteilen dürfen!) Sie werden froh sein, wenn Sie in der nächsten Legislaturperiode überhaupt noch im Parlament vertreten sein werden. Ich würde mir wünschen, daß Sie einmal die Erfahrung machen, wie groß der Unterschied zwischen Kritik von außen und konkreter Umsetzung ist. Ich würde mir das wirklich wünschen! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich fürchte nur, daß der Wähler diesen Wunsch, den ich habe, wahrscheinlich nicht erfüllen wird. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dr. Kier: Er hat die Frage nicht beantwortet! Er kennt sich nicht aus, der Stummvoll!)

20.51

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Ing. Langthaler. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung.

20.51

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! (Abg. Marizzi: Ich habe geglaubt, Sie sind schon zurückgetreten!) Herr Kollege Marizzi! Wenn natürlich ein Vertreter der SPÖ die schrittweise Abschaffung der Stempel-marke aus dem Jahr 1854 als Revolution darstellt (Abg. Marizzi: Sie sind noch da!), dann, mein Lieber, denke ich mir, ist es mit der SPÖ in Hinblick auf das Thema "moderne Verwaltung" nicht allzu gut bestellt. Denn da treffen wir uns ja, wenn es darum geht, die Verwaltung insgesamt zu modernisieren. (Abg. Marizzi: Sie sind ja schon vor einem Jahr zurückgetreten!)

Wenn zwei Regierungsparteien, die seit fast 40 Jahren und zumindest die letzten Jahrzehnte hindurch ununterbrochen eine gemeinsame Regierung bilden (Abg. Marizzi: Ich habe gedacht, Sie sind nicht mehr da!), dann statt von einer geplanten Gebührenreform von einer kleinen Verwaltungsreform reden, dann ist das nicht wirklich das, was Sie ursprünglich versprochen haben, liebe Kollegen von SPÖ und ÖVP! (Abg. Marizzi: ... sie ist noch immer da? – Abg. Dr. Partik-Pabl頖 in Richtung des Abg. Marizzi –: Dann kommt noch einmal ein Auftritt für die Presse!)

Ich habe es schon im Ausschuß genüßlich zitiert, Herr Abgeordneter Stummvoll, und ich möch-te es hier für das Protokoll wiederholen: Herr Abgeordneter Stummvoll hat zwei Hüte: einen Hut als Wirtschaftskammerfunktionär und einen, den er als Abgeordneter der ÖVP aufsetzt. Heute haben Sie hier mit dem braven Abgeordnetenhut zu uns gesprochen. (Abg. Dr. Stummvoll: Ich selbst habe nur einen Hut! – Abg. Mag. Peter: Staatstragend!)

Aber am 3. Februar 1999 haben Sie auch an uns einen Brief geschickt, in dem Sie sich über die Novelle, die vorgelegt wurde, sehr erbost geäußert haben. Sie schreiben darin – ich zitiere:

Die vorgesehenen punktuellen gesetzlichen Änderungen lassen jedoch wieder einmal die generelle Antiquiertheit und Unzeitgemäßheit des Gebührenrechts völlig unberührt. Darüber hinaus stellt sich die Frage, warum diese Gesetzesänderung nicht bereits im Rahmen des Abgabenänderungsgesetzes 1998 vorgenommen worden ist. Hier ist auch auf die Empfehlung der Steuerreformkommission in bezug auf Jahressteuergesetze zu verweisen. – Zitatende.

Das klingt also ganz anders! (Die Rednerin hält ein Schriftstück in die Höhe.) Das ist mit Ihrer Unterschrift versehen: Mit freundlichen Grüßen, Dr. Günter Stummvoll, Generalsekretär. (Abg. Mag. Peter: Da schau her!) – Auch Herr Abgeordneter Leopold Maderthaner hat sich diesem Text und diesen Worten angeschlossen. Aber offenbar sieht man das dann hier – als Abgeordneter, also in der anderen Funktion – etwas anders.

Es gibt – und das gebe ich zu – mit dieser Novelle Fortschritte, es sind darin auch Verbesserungen enthalten. Wie variabel zum Teil diese jetzt festgelegten Pauschalsätze im Grunde sind, hat sich bis zum Schluß bereits im Ausschuß gezeigt. Dort wurde der Betrag im Bereich des Mopedführerscheins von in der ursprünglichen Vorlage geplanten 690 S flugs auf 410 S gesenkt. Das begrüße ich, aber es hat mich beeindruckt, wie im Ausschuß der relativ große Unterschied zwischen diesen beiden Zahlen innerhalb weniger Minuten mit einem Federstrich aufzulösen war. Es war ein bißchen wie im türkischen Basar. Das war sehr interessant, hat uns aber nicht wirklich eine genaue Einsicht darüber gegeben, wie man nun insgesamt zu den konkreten Sätzen kommt.

Aber ich teile auch die Ansicht, die Herr Staatssekretär Ruttenstorfer im Ausschuß sehr ausführlich dargelegt hat, nämlich daß es in einigen Bereichen – das wurde auch heute hier ehrlicherweise gesagt – um eine kleine Verwaltungsreform geht und daß offensichtlich der große Wurf noch kommen wird – in der nächsten Legislaturperiode, nehme ich an. Aber mit dieser Reform ist es nicht gelungen.

Wir können die Zustimmung deshalb nicht geben. – Danke. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Mag. Peter.)

20.55

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich jetzt Herr Staatssekretär Ruttenstorfer zu Wort gemeldet. – Bitte.

20.55

Staatssekretär im Bundesministerium für Finanzen Dr. Wolfgang Ruttenstorfer: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich bin froh darüber, daß hier und heute dieser Schritt der Verwaltungsreform gesetzt wird und daß einem dringenden Bedürfnis unserer Bürger damit nachgekommen wird, auch die Zahlungsformen bei den Ämtern zu verbessern. Dies geht nicht von heute auf morgen. Wir beginnen schrittweise, aber wir verlieren das Ziel, daß es im Jahre 2002 – also dann, wenn es den Euro geben wird – keine Stempelmarken mehr geben soll, nicht aus den Augen.

Ich gebe gerne zu, daß dies nur eine Maßnahme der Verwaltungsreform ist, daß dies aber keine Gebührenreform ist. Es sei hier ganz klar dargelegt, daß eine solche generelle Gebührenreform aussteht und daß beabsichtigt ist, sie gleichzeitig mit den Finanzausgleichsverhandlungen durchzuführen.

Es gibt heute noch ungefähr 450 verschiedene Gebührenfälle. Genauso, wie wir nun für einige Standardfälle einen Pauschalsatz vereinbart haben, wollen wir auch in bezug auf diese 450 Fälle eine Reduktion auf einige wenige Fälle durchziehen und diese dann in einer Gesamtgebührenreform vorschlagen. Dieser erste Schritt – nur die Gebühren für Anfragen um Rechtsauskunft abzuschaffen – ist sicherlich nicht ausreichend und daher eben als ein erster Schritt zu bezeichnen.

Nicht richtig ist es, daß in dieser Legislaturperiode in Richtung Einsparungen nichts geschehen ist. Es ist richtig, daß Einsparungen notwendig sind, wenn wir weitere Schritte in der Gebührenreform setzen wollen, daher geschieht dies auch. So ist es zum Beispiel in den letzten drei Jahren gelungen, den Personalaufwand nur halb so stark steigen zu lassen wie das nominelle Bruttoinlandsprodukt und damit in etwa die Einnahmen. Es wird in der nächsten Legislaturperiode finanzpolitisch das Ziel sein müssen, dies nicht nur bei den Personalausgaben zu tun, sondern auch bei anderen Betriebsausgaben und anderen Positionen, damit dadurch Spiel-räume für neue politische Maßnahmen auch auf der Steuer- und Gebührenseite geschaffen werden.

Daher wird mit dieser Maßnahme zwar ein Schritt in Richtung Verwaltungsreform gesetzt, aber es soll nicht behauptet werden, daß damit die gesamte Gebührenreform erledigt ist. Im Gegenteil, sie steht noch vor uns, und wir werden sie ebenso entschlossen beginnen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

20.57

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Anna Huber. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

20.58

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich denke, den Reden ist zu entnehmen, daß wir uns eigentlich alle darüber einig sind, daß Stempelmarken nicht mehr wirklich in unsere heutige Zeit passen. Ich denke, daß die Bürgerinnen und Bürger künftig Gebühren und Abgaben, die zu entrichten sind, in bar, mit Bankomatkarte und mit Kreditkarte bezahlen können, das ist hoch an der Zeit.

Ich sehe aber in dieser kleinen Gebührennovelle durchaus einen Schritt in die richtige Richtung, und ich sehe darin einige Positiva, die ich so bezeichnen möchte: erstens einmal – ich halte das für sehr wichtig und für die Bürgerinnen und Bürger begrüßenswert –, daß alle bisherigen Gebühren für Anfragen und Auskünfte wegfallen und damit für die Bürgerinnen und Bürger der Zugang zu den Informationen entsprechend leichter wird.

Ich finde es zweitens gut, daß verschiedene Gebühren und Abgaben – wie zum Beispiel bei Reisepässen, beim Ersetzen von Pässen, bei Führerscheinen und deren Änderungen und Ergänzungen – sozusagen als pauschalierte Beträge ausgewiesen werden. Auch das ist gut, weil der Bürger damit sieht – er hat das transparenter und übersichtlicher vor sich –, was wieviel kostet. Und daß diese Gebühren ab 1. Jänner 2000 nicht mehr in Form von Stempelmarken, die ja auch von den Bürgern als sehr antiquiert angesehen werden, zu bezahlen sind, finde ich sehr positiv.

Ich sehe es drittens als wesentlichen Vorteil, daß wir – auch wenn Kollegin Langthaler das so süffisant dargestellt hat – mit dieser Novelle die Gebühr für die Ausstellung des Mopedführerscheins – es handelt sich dabei um Jugendliche unter 16 Jahren, nämlich um Lehrlinge, die das Moped brauchen, um zu ihrem Arbeitsplatz zu kommen – um 280 S ... (Abg. Ing. Langthaler: Ich habe 320 S verlangt!)

Schön, wir können auch null verlangen! Ich glaube, darüber wären wir uns auch alle einig. Es wäre sehr schön, würden wir sozusagen auf alle Gebühren und Abgaben verzichten. Das wäre sehr populär, nur habe ich hier keinen Vorschlag dazu gehört, wie dann jene 4,5 Milliarden Schilling – das ist etwa das Volumen der Bundesstempelmarken ... (Abg. Böhacker: Ausgabeneinsparung, hat Kollege Peter gesagt!) Sehr schön! Das ist mir allerdings zu allgemein. (Abg. Böhacker: Ich bitte, die Vorschläge bei ihm einzuholen!)

Das heißt also, die Verbilligung um 280 S ist eine beachtliche, obwohl ich zugebe, daß wir auch über 320, über 200, über 100 oder über 0 hätten reden können. (Abg. Böhacker: Aber Sie werden schon eingestehen, daß er vorher zu teuer war!)

Die Relation der Gebühren zueinander ist der nächste Schritt, und zwar ein wichtiger. Dieses Bekenntnis ist vom Herrn Staatssekretär gekommen, und es ist auch von allen verlangt worden, daß man selbstverständlich zu einer Gebührenreform kommen muß und daß die Gebühren gerechter – und damit für den Bürger auch einsichtiger – zu gestalten sind. (Abg. Böhacker: Vor allem vereinfachen!)

Trotzdem ist diese Novelle ein sehr wichtiger und richtiger Schritt zu einer modernen Verwaltung, einer Verwaltung, die als Service für den Bürger zu agieren hat. Wir werden dieser Novelle daher die Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Die Gebührenreform muß ja keine Erhöhung mit sich bringen!)

21.01

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Krüger. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

21.01

Abgeordneter Dr. Michael Krüger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Gegenstand dieses Tagesordnungspunktes ist auch die Staatsdruckereigesetz-Novelle 1999, und damit werde ich mich stichwortartig befassen.

Herr Staatssekretär! Wir haben bereits im Ausschuß angekündigt, unsere Zustimmung zu versagen, insbesondere deshalb, weil es keinen Spaltungsplan gibt, aber vor allem auch deshalb, weil wir den Verdacht hegen, daß hier nur eine weitere Gesellschaft mit einer Verdoppelung der Agenden der Geschäftsführung nach der Farbenlehre Rot und Schwarz geplant ist.

Herr Staatssekretär! Ich möchte Ihnen Redlichkeit sicherlich nicht absprechen, weil ich – das darf ich sagen – einen guten Eindruck von Ihrer Tätigkeit habe und auch Ihre Redlichkeit sehr schätze. Aber Sie wissen genau, was sich in der ÖIAG abspielt. Die ÖIAG ist ja Alleinaktionärin der Österreichischen Staatsdruckerei, die dann "Austria Print AG" heißen soll. Daher ist es durchaus legitim, daß wir uns in diesem Zusammenhang auch mit der ÖIAG beschäftigen.

Ich halte es für eine Despektierlichkeit der allerersten Ordnung gegenüber den Managern, die sich bewerben könnten, wenn bereits vor der Ausschreibung die Positionen der beiden Generaldirektoren, die aus dem politischen Bereich kommen, feststehen. Das ist wirklich eine Mißachtung und ein unglaublicher Affront! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Daß es das heutzutage noch gibt, Herr Staatssekretär – wie es die Spatzen von den Dächern pfeifen –, daß der ehemalige schwarze Minister Ditz und der ehemalige rote Minister Streicher dort als Generaldirektoren eingesetzt werden! Sind denn die Ereignisse rund um Praschak schon in Vergessenheit geraten? Hat man nicht damals gesagt, das Objektivierungsgesetz muß mit neuem Sinn erfüllt werden?!

Man hat ein Stellenausschreibungsgesetz gemacht. Das ist doch ein "Pflanz"! Das ist eine internationale Blamage, wenn man dort allen potentiellen Interessenten, die fachlich dafür in Frage kommen, die Chance nimmt, sich wirklich an einem seriösen Ausschreibungsverfahren zu beteiligen.

Herr Staatssekretär! Ich verlange ja nicht den Ausschluß ehemaliger Politiker von hohen Ämtern in der Privatwirtschaft. Ich sage auch nicht, daß sie nicht geeignet sind, das ist überhaupt keine Frage. Aber dort bedarf es eines wirklich objektiven Ausschreibungsverfahrens und einer Kommission, die darüber zu befinden hat, nicht jedoch einer Vorabsprache in der Koalition. Das Ganze ist ein Skandal der allerersten Ordnung! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.04

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Auer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

21.04

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zugegebenermaßen ist diese Gebührengesetz-Novelle nicht der große Wurf. Das ist unbestritten. Es ist auch keine Gebührenreform, sondern es ist eine Zahlungsreform. (Abg. Murauer: Keine Revolution!) Ich meine, daß es durchaus praktikabel und anerkennenswert ist, wenn in einem ersten Schritt in Zukunft auch die modernen Zahlungsmittel verwendet werden können.

Nachdem im heutigen "Abend-Kurier" alle Punkte dargelegt worden sind und die Opposition erläutert hat, warum sie auch einem ersten notwendigen, durchaus vernünftigen Schritt nicht zustimmen kann – das ist Ihre Sache, meine Damen und Herren von seiten der Opposition –, nachdem also vor allem von seiten des Kollegen Peter beklagt wurde, daß trotzdem für jeden Vorgang Gebühren verlangt werden, möchte ich ihm die Frage stellen, warum in seinem Lokal für jede Art von Service und für jede Art von Produkt selbstverständlich etwas verlangt wird. (Beifall bei der ÖVP.) Nur beim Staat wäre man der Meinung, es sei alles nicht nachvollziehbar! (Abg. Böhacker: Ich bin nicht der Pflichtverteidiger von Peter – aber das "Weiße Rössl" lebt nicht von Steuern!)

Meine Damen und Herren! Wir stimmen seitens der ÖVP dem ersten Schritt zu. Es ist aber notwendig, rasch einen nächsten Schritt zu setzen, denn es sollte nicht so sein, daß der nächste Schritt wiederum 145 Jahre lang dauert, Herr Staatssekretär! So lange hatte die Stempelmarke nämlich Bestand. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Peter: Wißt ihr, Auer, an uns zahlt man keine Steuern! Das ist der Unterschied!)

21.06

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Herr Abgeordneter Mag. Trattner. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.06

Abgeordneter Mag. Gilbert Trattner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Kollege Auer! Was ist denn das Ziel der Gesamtreform? – Wie Sie selbst sagen: Diese Gebührenreform ist nur Stückwerk. Das Ziel kann nur darin bestehen, daß man die Gebühren abschafft.

Sie hätten damals im Rahmen der Strukturanpassungsgesetze die Möglichkeit gehabt. Wenn Sie so vorgegangen wären, die Ausgaben um zwei Drittel zu kürzen und die Steuerneinnahmen nur um ein Drittel, dann hätten Sie einen Spielraum gehabt, die Gebühren abzuschaffen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Da verstehe ich Sie wirklich nicht, Herr Kollege Stummvoll: In der Stellungnahme der Wirtschaftskammer weisen Sie zum wiederholten Mal darauf hin, daß die Beibehaltung der Darlehens- und Kreditvertragsgebühr ein deutlicher Wettbewerbsnachteil für die österreichische Wirtschaft ist. Ein Wettbewerbsnachteil für die österreichische Wirtschaft ist die Vergebührung der Leasingvertragsgebühren, das gibt es sonst nirgends. Warum schaffen Sie das nicht ab? – Darum geht es!

Deswegen wollen wir folgendes wissen: Es kann doch nicht sein, daß ich eine Änderung der Zahlungsmodalitäten vornehme, wenn ich die Absicht habe – und ich glaube Ihnen, Herr Kollege Stummvoll, daß Sie diese Absicht haben –, die Gebühren abzuschaffen. Dann hätten wir uns diese Reform ersparen können. Schaffen wir die Gebühren ab! Suchen wir Möglichkeiten, Reduktionen im Ausgabenpotential vorzunehmen, damit wir die Gebühren hereinbringen! Das wäre eine sinnvolle Lösung. Aber auf die jetzige Art kommt es nur zu Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der österreichischen Wirtschaft. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.08

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Dr. Karlsson. Freiwilli-ge Redezeitbeschränkung: gleichfalls 3 Minuten. – Bitte.

21.08

Abgeordnete Dr. Irmtraut Karlsson (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Als Mitglied des Verfassungsausschusses widme ich mich naturgemäß der Verfassungsausschußvorlage zur Änderung des Staatsdruckereigesetzes. Ich muß eines feststellen, Herr Abgeordneter Krüger: Sie hören wieder das Gras wachsen und orten einen Skandal, wo keiner ist!

Die Ausschreibung – das müssen Sie wohl zugeben – ist ordnungsgemäß nach dem Ausschreibungsgesetz erfolgt. Oder wissen Sie das nicht? – Die Ausschreibung ist erfolgt, und die Frist läuft noch. Das ist noch überhaupt nicht abgeschlossen, man weiß derzeit nicht einmal, wer sich beworben hat. Aber Sie wissen schon wieder, daß das alles falsch und furchtbar ist! (Abg. Mag. Trattner: Schon festgelegt!) Sie werden sehen, es wird geprüft werden. (Abg. Dr. Krüger: Eine Scheinausschreibung!) Daß Kandidaten in den Medien genannt werden, ist klar. Das gilt überall so, bei allen Posten, auch in der Privatindustrie werden Kandidaten genannt. Aber die Frist läuft noch, und das Verfahren ist nicht abgeschlossen. (Abg. Dr. Krüger: Wer glaubt, das noch ernst nehmen zu können? Das ist eine Blamage!)

Das Konzept, das wir heute hier gesetzlich ermöglichen, ist in Ordnung. Wir stimmen dem gerne zu.

Herr Staatssekretär! Mir bleibt noch eine kleine Anmerkung oder ein Anliegen. Bei all diesen Privatisierungen muß die Bundesregierung den Konzepten ihre Zustimmung geben. Da frage ich mich – es handelt sich ja um wertvolle Betriebe, die dadurch privatisiert werden –, warum nicht von der Bundesregierung gewisse Bedingungen in diese Konzepte eingebaut werden, die den betroffenen Betrieben durchaus nicht schwierigere Situationen im Wettbewerb schaffen, zum Beispiel Ausbildung von jungen Menschen – das machen auch Privatbetriebe – oder Frauenförderung.

Mir wurde gesagt, das ist eine Sozialkomponente, aber das ist nicht wahr. Denn diese wirklich qualifizierten Frauen könnten in Führungspositionen zeigen, was sie können. Das wäre ein Schritt, um zu zeigen, daß es ein Anliegen der Bundesregierung ist, im Zuge der Privatisierungsverfahren gewisse Förderungsmaßnahmen durchzusetzen, dort, wo es wirklich um etwas geht und "Spitz auf Knopf" ist. Diese Bitte ist bei der Staatsdruckerei perdu, aber ich hoffe auf Besserung. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.10

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt jetzt Frau Abgeordnete Motter. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.11

Abgeordnete Klara Motter (Liberales Forum): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Gestatten Sie mir, daß ich in aller Kürze folgenden Antrag einbringe:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Helmut Peter, Mag. Thomas Barmüller und PartnerInnen betreffend Gebührenfreiheit von Geburtsurkunden, Staatsbürgerschaftsnachweisen und Pässen

"Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Finanzen wird aufgefordert, dem Nationalrat bis zum 13. Juli 1999 ein Konzept vorzulegen,

1. das eine Auflistung jener Urkunden enthält, zu deren Besitz die BürgerInnen vom Staat verpflichtet werden oder deren Ausstellung als Grunddienstleistung des Staates angesehen werden kann,

2. das eine gebührenfreie Ausstellung dieser Urkunden vorsieht,

3. das ferner in einer Gegenüberstellung darstellt, wie sich die derzeitigen Gebühreneinnahmen zu künftig möglichen Verwaltungsentlastungen durch eine gebührenfreie Ausstellung verhalten."

*****

Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

21.12

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Der Entschließungsantrag, der soeben verlesen wurde, ist ausreichend unterstützt und wird in die Verhandlungen miteinbezogen.

Jetzt liegt noch eine Wortmeldung von Frau Abgeordneter Hagenhofer vor. – Bitte.

21.12

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Ich denke, es zeigt sich unbestritten, daß Staatssekretär Ruttenstorfer bemüht ist, die öffentliche Verwaltung bürgernäher und serviceorientierter zu gestalten.

Zum einen gilt das für die Reform der Zahlungen. Daß die Stempelmarken jetzt auch in der Behörde bezahlt werden können – in bar, auf Kredit oder mit Scheckkarte –, ist insofern bürgerfreundlicher, als man dort nicht mehr gesagt bekommt: Soundso viele Stempelmarken müssen Sie aus der Trafik oder im ersten oder zweiten Stock holen, sondern daß man den Betrag gleich bar erlegen kann. Es zeigt sich auch insofern bürgerfreundlich, als beim eben genannten Mopedausweis, für den sieben Gebühren und Abgaben zu entrichten waren, künftig eine einzige Gebühr in Höhe von 410 S verlangt wird.

Das meiner Ansicht nach Wesentlichste an dieser Gebührenreform ist, daß nicht Menschen zweier Klassen entstehen, nämlich diejenigen, die schriftliche Anfragen über das Internet stellen können, das auch wollen und die Mittel dazu haben, und jene Menschen, die – aus welchen Gründen auch immer – keinen Zugang über das Internet haben und die Form der schriftliche Anfrage wählen müssen und dafür Gebühren zu zahlen haben. Das ist jetzt ausgeschaltet, die Bürger sind auch in diesem Bereich gleichgestellt. Das finde ich gut und bürgerfreundlich. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

21.14

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlußwort der Berichterstattung wurde nicht verlangt.

Wir gelangen zur Abstimmung, die über jeden Ausschußantrag getrennt vorgenommen wird.

Wir stimmen zunächst ab über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Gebührengesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1812 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Entwurf ist mehrheitlich angenommen.

Wir gelangen sogleich zur dritten Lesung.

Wer dem Entwurf in dritter Lesung zustimmt, möge ein Zeichen geben. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Peter und Genossen betreffend Gebührenfreiheit von Geburtsurkunden, Staatsbürgerschaftsnachweisen und Pässen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Der Entschließungsantrag ist abgelehnt.

Jetzt stimmen wir ab über den Entwurf betreffend eine Staatsdruckereigesetz-Novelle 1999 samt Titel und Eingang in 1630 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist mehrheitlich – auch mit der Stimme des Abgeordneten Kopf – angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Entwurf in dritter Lesung zustimmen, um ein Zeichen. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

Jetzt stimmen wir ab über den Antrag des Finanzausschusses, dem Abschluß des gegenständlichen Staatsvertrages samt Protokoll in 1675 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für die Genehmigung sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Diese Genehmigung wird einstimmig erteilt. Der Antrag ist einstimmig angenommen.

Wir stimmen jetzt ab über den Antrag des Finanzausschusses, im Sinne des Artikel 49 Abs. 2 des Bundes-Verfassungsgesetzes zu beschließen, daß das Übereinkommen dadurch kundzumachen ist, daß dieses in allen authentischen Sprachfassungen zur öffentlichen Einsichtnahme im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten aufliegt.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser Vorgangsweise zustimmen, um ein Zeichen. – Diese Vorgangsweise wird einstimmig akzeptiert. Dies ist einstimmig angenommen. (Abg. Mag. Stoisits – auf die sich nicht von ihrem Sitz erhobene Abg. Dr. Petrovic deutend –: Nein!) Bitte, wer? – Entschuldigen Sie, Frau Dr. Petrovic! Kollege Dr. Stippel hatte Sie verdeckt. Ich habe das leider nicht gesehen. Aber ich korrigiere mich und stelle die mehrheitliche Annahme fest. Dieser Beschluß ist mehrheitlich gefaßt worden.

25. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsverfassungsgesetz geändert wird (1037/A)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zum 25. Punkt der Tagesordnung.

Wir beginnen mit der Debatte.

Ich erteile als erstem Redner dem Antragsteller, dem Abgeordneten Öllinger, das Wort. Sie haben noch eine Redezeit von 12 Minuten. (Abg. Öllinger – auf dem Weg zum Rednerpult –: 2 Minuten!) 2 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung soll ich einstellen. – Bitte.

21.18

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Hohes Haus! 1919 hat der Gesetzgeber hier in diesem Haus den § 5 der Wahlordnung zum Betriebsrätegesetz festgelegt und verfügt: Die Staatsangehörigkeit ist für die Wahlberechtigung ohne Bedeutung.

1934 – also durch den Austrofaschismus – ist mit dem Gesetz über die Errichtung von Werksgemeinschaften das passive Wahlrecht für Ausländer abgeschafft worden. 1938 ist durch das Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit schon vom Namen des Gesetzes her jede Möglichkeit der Mitbestimmung von ausländischen Arbeitnehmern abgeschafft und darüber hinaus die Demokratie in den Betrieben vollkommen eliminiert worden.

Meine Damen und Herren! Sie haben es nicht über die erste Lesung, aber später über die Arbeit im Ausschuß und danach über eine Beschlußfassung im Parlament in der Hand, zu entscheiden, ob Sie an der undemokratischen Tradition des Austrofaschismus und des Nationalsozialismus in bezug auf die Demokratie in den Betrieben festhalten wollen oder ob Sie wieder an der demokratischen Tradition der Ersten Republik von 1919 anknüpfen wollen. Die Entscheidung über Demokratie oder Nichtdemokratie in den Betrieben liegt in Ihrer Hand, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

21.19

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Kaufmann. 5 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.20

Abgeordneter Mag. Herbert Kaufmann (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! In dieser ersten Lesung geht es zunächst einmal darum, dieses Problem grundsätzlich zu beleuchten. Ich habe nur drei kurze Bemerkungen dazu:

Erstens: Ich bin prinzipiell dafür, daß das Gesetz so beschlossen wird, wie es Frau Minister Hostasch als Entwurf ausgesandt hat. Das bedeutet, daß es im Falle der Betriebsratswahlen ein passives Wahlrecht für Ausländer gibt, und zwar dann, wenn es einen Befreiungsschein gibt, das heißt, nach fünf Jahren.

Zweitens: Herr Abgeordneter Öllinger, ich halte Ihre Begründung im Antrag eigentlich für falsch. Es kann sicherlich nicht das Bundes-Verfassungsgesetz zur Beseitigung aller Formen rassischer Diskriminierung als Begründung herangezogen werden, sonst hätten Sie nämlich seit 1973 alle Arbeiterkammerwahlen und alle Betriebsratswahlen anfechten können. Offensichtlich sticht diese Argumentation nicht.

Drittens: Es ist klar, daß neben den österreichischen Staatsbürgern jetzt schon alle EWR-Staatsbürger das passive Wahlrecht haben. Das ergibt sich aus dem gesamten Regelungskomplex der österreichischen Gesetzgebung und der EU-Gesetzgebung, auch wenn dieses passive Wahlrecht weder im Arbeiterkammerwahlrecht noch im Arbeitsverfassungsgesetz explizit mitverankert ist. Die Frage ist, ob Staatsbürger, mit deren Staaten ein Assoziationsabkommen abgeschlossen wurde, dieses passive Wahlrecht haben. Das hängt letzten Endes von der Frage ab, wie man "sonstige Arbeitsbedingungen" qualifiziert, denn sie sind nach diesen Übereinkommen bei den "Löhnen, Gehältern und sonstigen Arbeitsbedingungen" gleichzustellen.

"Sonstige Arbeitsbedingungen" erstrecken sich sicher nicht auf das passive Wahlrecht, wenn es um die gesetzgebende Körperschaft, also um die Arbeiterkammer geht. Das passive Wahlrecht kann aber sehr wohl dann miteinbezogen werden, wenn es um eine unmittelbarere Wahl wie etwa die Wahl von Betriebsräten in einem Betrieb geht.

Ich glaube also, daß das, was Frau Minister Hostasch zur Begutachtung ausgesandt hat, absolut eine gute Grundlage wäre, die durchaus in dieser Form hier beschlossen werden könnte. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ.)

21.22

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.23

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich kann an die Vorredner anknüpfen und vor allem auch hier in diesem Haus in Erinnerung bringen, daß vor nicht allzu langer Zeit das Eisenbahner-Betriebsverfassungsgesetz beschlossen wurde, das völlig dem Arbeitsverfassungsgesetz nachgebildet ist. In diesem Gesetz – ich bitte jetzt vor allem die Kollegen von der ÖVP, aufmerksam zu sein! – wurde mit den Stimmen der Regierungskoalition erst unlängst eine vergleichbare Regelung getroffen, in der genau dieses passive Wahlrecht verankert ist.

Ich meine, das sollte der ÖVP doch eine Möglichkeit geben, über ihren Schatten zu springen, sozusagen einen unxenophoben Salto rückwärts zu machen und einer solchen Regelung zuzustimmen, sei das jetzt in der Fassung der Regierungsvorlage der Frau Bundesminister oder – dann ginge es natürlich schneller – in Form dieses Antrages.

Ich freue mich auf die Verhandlungen im Ausschuß. (Beifall beim Liberalen Forum sowie bei den Grünen.)

21.24

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es hat sich noch Herr Abgeordneter Gaugg zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.24

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren Abgeordnete! Abgeordneter Öllinger ist ja bekannt als engagierter Sozialpolitiker. Nicht in allen Fragen hat er recht. Was mich immer wieder ein bißchen irritiert, ist der Umstand, daß immer Randgruppen den Mittelpunkt von Initiativen bilden, Initiativen, die in einer Zeit der wirtschaftlichen und arbeitsmäßigen Schwierigkeiten, die wir derzeit in Österreich erleben, ja nicht unbedingt immer wieder darauf abzielen müssen, sozusagen Demokratie mit der Faschismuskeule hereinzubringen. Ich glaube, es sind die Voraussetzungen heute völlig andere.

Ich gehe davon aus, daß nach dem, was Kollege Kaufmann gesagt hat – es scheint so, daß die SPÖ sich hin und wider der FPÖ eher annähert als den Grünen –, durchaus in die Überlegung mit einzubeziehen ist, irgendwann einmal bei unbefristeter Aufenthaltsbewilligung die gleichen Rechte zu gewähren, aber nicht bei befristeten Arbeitsverhältnissen, denn da wird es umso schwieriger, Gerechtigkeit walten zu lassen.

Wir als Freiheitliche werden dieser Initiative nicht die Zustimmung erteilen, weil wir meinen, daß die Verantwortung der Arbeitnehmer in den Betrieben ausschließlich in österreichischen Händen bleiben soll. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.25

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist ge-schlossen.

Ich weise den Antrag 1037/A dem Ausschuß für Arbeit und Soziales zu.

26. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Dr. Helene Partik-Pablé und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundespflegegeldgesetz geändert wird (1068/A)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt zum 26. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein.

Ich erteile Frau Abgeordneter Dr. Partik-Pablé das Wort. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

21.26

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche): Sehr geehrte Damen und Herren! Als das Bundespflegegeldgesetz beschlossen worden ist, waren die Behinderten natürlich sehr glücklich, weil sich ja ihre finanzielle Basis wesentlich verbessert hat. Allerdings sind dann im Laufe der Zeit auch sehr große Unzufriedenheiten aufgetreten, weil die ursprüngliche Valorisierung nicht fortgesetzt worden ist. Jetzt hat es seit vier Jahren überhaupt keine Wertberichtigung mehr gegeben, und das, obwohl die Kosten natürlich wesentlich gestiegen sind. Wenngleich die Inflationsrate in den letzten zweieinhalb Jahren gering war, sind doch die Kosten, die die Behinderten zu tragen haben, sehr gestiegen, nicht zuletzt auch deshalb, weil mit der Einführung des Pflegegeldgesetzes wesentliche Leistungen für die Behinderten teurer geworden sind. So sind beispielsweise die Rezeptgebühr oder auch die Selbstbehalte für Fahrtkosten, Kuraufenthalte et cetera erhöht worden. All dies sind Belastungen, die die Behinderten zu tragen und teilweise aus dem Pflegegeld, welches eben nicht erhöht worden ist, abzudecken haben.

Deshalb haben wir diesen Antrag auf Änderung des Bundespflegegeldgesetzes eingebracht, und ich bitte Sie, unserem Antrag auf Gesetzesänderung zuzustimmen beziehungsweise – heu-te gibt es ja keine Abstimmung – ihm gegenüber positiv eingestellt zu sein. Obwohl ich schon einsehe, daß es nicht Usus ist, einem Antrag der Opposition zuzustimmen, bitte ich Sie, sich doch mit dem Gedanken vertraut zu machen, das Bundespflegegeldgesetz zu verbessern, denn immerhin haben die Behinderten ja auch dadurch, daß sie das Sparpaket sehr stark getroffen hat, eine Einkommenseinbuße erlitten.

Eines möchte ich noch sagen: Für die Kriegsopfer gibt es eine ständige Valorisierung ihres Pflegegeldes seit 1967, während das für die Zivilinvaliden nicht der Fall ist. Ich bitte Sie daher, daß Sie diesem Gedanken nähertreten, weil Sie damit einer Gruppe von Personen, die nach wie vor finanziell wirklich nicht sehr gut gestellt sind, entscheidend helfen würden. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.28

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Frau Abgeordnete Reitsamer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 2 Minuten. – Bitte.

21.28

Abgeordnete Annemarie Reitsamer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Begründung für diesen Antrag ist, wie ich der Vorlage entnehmen kann, daß die Pensionen jährlich angepaßt werden. Ich denke mir, daß dieser Vergleich hinkt, denn eine Pension ist, bitte, eine Versicherungsleistung und soll den Lebensstandard sichern. Das Pflegegeld dagegen ist eine Pauschalabgeltung bei Pflegebedürftigkeit, und die Einstufung – das ist mir ganz klar – kann hier nur eine ganz minimale Regelung ermöglichen. Es ist aber doch so, daß man einen Leidenszustand, wie er in solchen Fällen vorliegt, sicher niemals mit Geld aufwiegen kann. Trotzdem wird man von Jahr zu Jahr bei den Budgetverhandlungen feststellen müssen, ob eine Valorisierung möglich ist. Man kann sie aber nicht festschreiben.

Es darf auch nicht vergessen werden, meine Damen und Herren, daß durch den bei der letzten Novelle zum Bundespflegegeldgesetz verbesserten Zugang zur Stufe 4 zirka 16 000 Begünstigte jeweils knapp 3 000 S monatlich mehr bekommen. Es ist also nicht so, daß sich im Bereich des Bundespflegegeldgesetzes nichts getan hat. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Pumberger: Es hat sich schon etwas getan: Verschlechtert hat sich die Situation!)

21.30

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Gatterer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

21.30

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich glaube, alle Abgeordneten sind stetig bemüht, Verbesserungen für behinderte und ältere Menschen zu erreichen. Die Einführung des Bundespflegegeldes war ein wesentlicher Schritt dazu und, wie Kollegin Reitsamer vorhin gesagt hat und wie wir alle in diesem Hause wissen, haben wir fast jedes Jahr Besserstellungen im Bereich des Pflegegeldes erreicht. Die letzte betraf eben die Einstufung 4, wodurch nun wirklich 16 000 Menschen wesentlich mehr erhalten. Wir haben das Klagsrecht geschaffen, wir haben die Mitversicherung der Angehörigen eingeführt. Wir haben wirklich jedes Jahr, so können wir sagen, eine Verbesserung erreicht.

Ich glaube, daß die Valorisierung ein Wunsch von vielen ist, über den wir reden sollten. Auch im Namen der ÖVP möchte ich das gerne sagen. Wir sollten darüber reden, wir sollten uns darüber Gedanken machen. Sie haben einen wesentlichen Punkt insofern angesprochen, als Sie gesagt haben, daß – Gott sei Dank! – die Inflationsrate in den letzten Jahren sehr niedrig war, sodaß sie sich nicht im schmerzhaften Bereich ausgewirkt hat.

Unser Ansatz muß darin liegen, daß wir Gespräche führen, wobei wir das Budget und den Budgetrahmen aber nicht aus den Augen verlieren dürfen. Wir müssen schauen, wie eine solche Valorisierung finanzierbar ist. Natürlich müssen wir auch Gespräche mit den Ländern führen, denn es wird nicht reichen, daß wir nur auf Bundesebene eine Valorisierung anstreben, sondern wir müssen in diese Frage die Länder einbinden.

Ich glaube, wenn wir das im Auge behalten, wenn wir uns Gedanken darüber machen, wie wir es finanzieren können, dann ist die Gesprächsbereitschaft über die Möglichkeit einer solchen Valorisierung sicherlich auch von seiten der ÖVP gegeben. (Beifall bei der ÖVP.)

21.32

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Fischl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

21.32

Abgeordneter Harald Fischl (Freiheitliche): Herr Präsident! Hohes Haus! Geschätzte Damen und Herren! Frau Kollegin Gatterer, als jemand, der mit dieser Materie auch beruflich unmittelbar befaßt ist (Abg. Gaugg: Die Gatterer hat nichts damit zu tun!), muß ich Ihnen schon ein bißchen widersprechen, wenn Sie davon reden, daß es darum geht, die Valorisierung so vorzunehmen, daß man die Inflation abgilt. Es geht darum, eine Anpassung des Pflegegeldes dahin gehend vorzunehmen, daß man den immer steigenden Tarifleistungen der sozialen Dienste und auch der Heimbetreiber gerecht werden kann (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Gatterer: Das steht aber nicht in Ihrem Antrag!), denn die Grundsatzphilosophie des Pflegegeldes, Frau Kollegin Gatterer, war, daß sich der Anspruchsbedürftige diese Leistung überhaupt noch leisten, das heißt auch erkaufen kann. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Gatterer: Das steht nicht in Ihrem Antrag! Da müssen Sie Ihren Antrag ändern!)

Erkaufen aber kann ich mir etwas nur dann, wenn ich die Werthaltigkeit des Geldes für das, was ich kaufen will, auch erhalten habe, Frau Kollegin Gatterer. Aber Sie kommen ja von der ÖVP, und ihr habt von Wirtschaft keine Ahnung! (Abg. Gatterer: Da müssen Sie Ihren Antrag ändern! Im Antrag heißt es: Valorisierung des Pflegegeldes!)

Hohes Haus! Als Betreiber einer Altenpflegeeinrichtung bin ich sehr froh, daß dieser Antrag von Frau Kollegin Partik-Pablé hier zur ersten Lesung eingebracht wurde und dann auch dem Ausschuß zugewiesen wird, denn ich bin der Meinung, diese erste Lesung und die nachfolgende Behandlung des Antrages im Ausschuß geben dem Parlament eine Gelegenheit zur globalen Diskussion über die Pflegevorsorge überhaupt.

Es gibt hinlänglich Studien, sehr gute Studien, die zur Erkenntnis geführt haben, daß unsere Gesellschaft dem finanziellen Leistungsdruck, der durch die Pflegevorsorge auf die Gesellschaft einwirkt, früher oder später nicht mehr gerecht werden kann. Sie alle, die sich damit beschäftigen, wissen, daß wir momentan etwa 320 000 Pflegefälle mit Pflegegeld in den Stufen 1 bis 7 versehen, wovon aber etwa 80 Prozent der Anspruchsbezieher sich gegenwärtig in der Pflegestufe 2 befinden. Pflegestufe 2 heißt: relativ geringer Pflegebedarf, geringer Pflegeaufwand, der ohne weiteres zu Hause zu bewerkstelligen ist und nicht etwa einer stationären Pflege wie beispielsweise in einem Pflegeheim oder im Spital bedarf.

Was heißt das aber in ein paar Jahren, wenn sich heute etwa 260 000 Österreicherinnen und Österreicher in der Pflegestufe 2 befinden? – Das heißt in ein paar Jahren, daß ganz einfach durch die Fortschreitung der Morbidität, der Krankheit früher oder später mit höheren Pflegegeldansprüchen zu rechnen sein wird, aber nicht nur das: Es heißt auch, daß wir über entsprechende Einrichtungen, entsprechendes Personal, Qualitätspersonal verfügen müssen, um die Pflege überhaupt realisieren zu können.

Hier schließe ich mich durchaus beispielsweise auch der Ansicht von Frau Exkollegin Ederer an, die schon seinerzeit in Saalfelden – Frau Reitsamer weiß es – gemeint hat, wir müssen das Pflegegeld überhaupt splitten. Das war ja seinerzeit bei der Gesetzwerdung auch eine Theorie der ÖVP, daß man gesagt hat, unterteilen wir das Pflegegeld oder zahlen wir es in Form eines Pflegeschecks aus, sodaß sich der Pflegefall, der die Leistung wirklich in Anspruch nimmt, diese Leistung bei einer qualifizierten Einrichtung auch kaufen kann. Frau Kollegin Ederer beispielsweise hat seinerzeit in Saalfelden bei eurer Klubklausur – ich zitiere hier aus der "Kleinen Zeitung" – gemeint, man möchte damit verhindern, daß Schwarzarbeit erkauft wird.

Ich bin zwar nicht ganz bei dieser Theorie, aber prinzipiell sage ich als Praktiker, daß es sehr wohl so ist, daß sehr häufig Menschen zu Hause gepflegt werden – beispielsweise jemand, der in Pflegestufe 4 eingestuft ist oder auch ein Schwerstpflegefall –, die zu Hause eigentlich gar nicht mehr gepflegt werden können und bei denen unter Umständen durch die Pflege zu Hause grober Schaden angerichtet wird, weil Laien diese Pflege vornehmen. Es kann nicht im Sinne des Gesetzgebers sein, Kapitalbeträge zu realisieren, um letztlich dann mit diesen Kapitalbeträgen sozusagen eine Schattenwirtschaft aufzuziehen, die gar nicht die fachlichen Voraussetzungen hat, um Pflege überhaupt realisieren zu können.

Hohes Haus! Ich richte deswegen einen Appell an Sie: Wenn dieser Antrag im Sozialausschuß behandelt wird, dann nützen Sie bitte die Chance, die Pflegevorsorge insgesamt – alle Chancen, die darin liegen, aber auch alle Risiken, die damit verbunden sind – global zu diskutieren, um dann vielleicht zu einem neuen, zeitgemäßen System, das sich beispielsweise an dem in Deutschland praktizierten System orientieren könnte, zu gelangen (Abg. Gatterer: Die haben ja eine viel schlechtere Lösung als Österreich!) und damit letztlich das zu tun, worin unser Auftrag besteht: für unsere Österreicherinnen und Österreicher beste Rahmenbedingungen zu schaffen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.36

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Dr. Kier. – Bitte, Herr Abgeordneter.

21.37

Abgeordneter Dr. Volker Kier (Liberales Forum): Herr Präsident! Hohes Haus! Diese erste Lesung ist deshalb wichtig, weil dabei schon an dieser Stelle ein paar Sachen ausdifferenziert werden können. Ich meine, daß dieser Antrag möglichst rasch in die Ausschußbehandlung genommen werden sollte, weil es in der Argumentation ein paar Ungereimtheiten gibt.

Sosehr Kollegin Reitsamer darin recht hat, daß es sich bei Pensionen und ihrer Dynamisierung um Versicherungsleistungen handelt, so wenig kann ich verstehen, warum beim Pflegegeld nicht zumindest die Werthaltigkeit dieses Pflegegeldes ein Thema sein sollte. Denn das Pflegegeld wird ja nicht gewährt, um damit in irgendeiner Weise Jux und Tollerei zu treiben, sondern es hat die Funktion, es den betroffenen Personen zu ermöglichen, sich mit diesem Pflegegeld Leistungen zuzukaufen.

Es wäre nun ja wirklich mehr als zynisch, zu unterstellen, daß sich diese Leistungen, die zugekauft werden müssen, seit der Einführung des Pflegegeldes nicht nennenswert verteuert hätten. Insbesondere gilt dies für die höheren Pflegestufen, und zwar insofern, als sich die Betroffenen Assistenzleistungen einkaufen, die teilweise im Rahmen geringfügiger Beschäftigungen erbracht werden. Und dadurch, daß von einem Pflegebedürftigen manchmal mehr als ein geringfügig Beschäftigter benötigt wird, haben sich die im Zuge der Werkvertragsregelung wirksam gewordenen Sozialversicherungsbestimmungen massiv verteuernd ausgewirkt.

Allein das wäre schon ein Grund, intensiv über eine Anpassung nachzudenken. Ob das dann gerade eine Automatik sein muß oder nicht, könnten wir im Ausschuß diskutieren. – Danke schön. (Beifall beim Liberalen Forum.)

21.38

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Haidlmayr. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.39

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Reitsamer! Ich habe von Ihnen nichts anderes erwartet, als daß Sie sich wieder und wieder gegen die Leistungen des Pflegegeldes stellen (Abg. Reitsamer: Das habe ich ja nicht gemacht!) und daß Sie nach wie vor nicht kapiert haben – und das finde ich so traurig (Abg. Schwemlein: Wer hat das Bundespflegegeld überhaupt gemacht? Habt ihr es gemacht, oder haben wir es gemacht?) –, daß das derzeitige Pflegegeld bei weitem nicht ausreicht, um sich adäquate Hilfe, Assistenz und Betreuung leisten zu können. (Beifall bei den Grünen.)

Frau Reitsamer! Ihre Pensionisten würden sich schön bedanken, wenn sie seit vier Jahren keine Valosierung der Pensionen mehr bekommen hätten (Abg. Reitsamer: Ich habe Ihnen gerade erklärt, was der Unterschied ist!), aber wir behinderten Menschen sollen lautlos zur Kenntnis nehmen, daß es für uns keine Valorisierung gegeben hat. Sie haben vergessen, daß wir de facto bereits mehr als 10 Prozent weniger an Pflegegeld haben als noch vor vier Jahren, weil es eben nicht angepaßt worden ist. Die Umstufungen in Stufe 3 und 4, Frau Reitsamer, werden Menschen in der Pflegegeldstufe 1, 2 und 3 herzlich wenig bringen – da können Sie sicher sein –, und das wird auch Menschen in der Stufe 7 herzlich wenig bringen.

Seien Sie doch bereit, endlich einzusehen, daß die derzeitige Lösung des Pflegegeldes zwar ein guter Ansatz ist (Abg. Reitsamer: Aber der Grundansatz kommt von uns!), daß die Betroffenen aber bei weitem nicht jenen Betrag bekommen, den sie tatsächlich brauchen.

Noch etwas, Frau Reitsamer – und damit komme ich wieder zu Ihnen –: Sorgen Sie dafür – und speziell in Salzburg –, daß die Stundensätze endlich heruntergehen und daß man nicht für das Sockenanziehen oder für das Kopfwaschen bis zu 270 S pro Stunde bezahlen muß und obendrein noch die Fahrtkosten. (Abg. Reitsamer: Sie wissen ja nicht, wovon Sie reden!) Sorgen Sie sich darum und treachten Sie danach, daß die Preise so gestaltet werden, daß sich die Betroffenen das auch wirklich leisten können. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Reitsamer: Sie haben keine Ahnung! Keine Ahnung!)

21.41

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt dazu keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 1068/A dem Ausschuß für Arbeit und Soziales zu.

27. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arbeitsmarktservicegesetz 1994 geändert wird (1039/A)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir gelangen zum 27. Punkt der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein. Als Erstrednerin und Antragstellerin ist Frau Dr. Petrovic zu Wort gemeldet. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

21.42

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich hätte eigentlich gehofft, daß ein derartiger Gesetzesantrag betreffend eine Änderung des Arbeitsmarktservicegesetzes nicht notwendig wäre. Leider ist dem nicht so.

Das AMS, ein neugeschaffenes Gremium, das erst seit wenigen Jahren die frühere Arbeitsmarktverwaltung abgelöst hat, das heißt, ein Gremium, das in den neunziger Jahren geschaffen worden ist, hat einen skandalös niedrigen Frauenanteil in den leitenden Positionen. Die politischen Parteien, die Sozialpartnerschaft, die Gewerkschaft, die Arbeiterkammern, die Wirtschaftskammern: sie sind es, die diese Funktionen bestellen. Ich richte daher insbesondere an die Sozialdemokratie, die sich an sich ja programmatisch zum Gleichstellungsanliegen bekennt und sich darauf versteht, die Frage: Wieso dulden Sie es, daß jene Einrichtung, die für die Arbeitsmarktfragen aller Österreicherinnen und Österreicher zuständig ist, einen derart skandalös niedrigen Frauenanteil hat? Ist es wirklich notwendig, daß wir hier per Gesetz agieren müssen? – Ich fürchte ja.

Ich sage Ihnen, wie es mit den Frauen in leitenden Funktionen wirklich aussieht: Der Vorstand besteht aus zwei Männern – in Österreich selbstverständlich ein roter, ein schwarzer. Von den neun Landesgeschäftsführern und den neun Stellvertretern, also 18 Personen, sind – Sie dürfen raten – 17 Männer und eine Frau in stellvertretender Position in Wien. Das heißt, wir haben schon 20 Leitungsfunktionen, davon nur eine Frau als Stellvertreterin, das sind 5 Prozent. Das heißt, auch Gewerkschaft und Arbeiterkammer haben keinen entsprechenden Anteil von Frauen in das AMS geschickt. Beim Verwaltungsrat ist es eine Nuance besser: Von den 18 Mitgliedern sind "nur" – unter Anführungszeichen – 15 Männer und 3 Frauen. Das heißt, daß von den insgesamt 38 Führungspositionen ganze 4 mit Frauen besetzt sind, und das sind überwiegend Stellvertreterinnen und keine Amtsinhaberinnen.

So sieht die Situation aus, und ich bin überzeugt davon, daß genau aus diesem Grunde der völlig ungleichen Besetzung – mit Duldung der Sozialdemokratie – das AMS auch im Bereich der Frauenförderungsmaßnahmen wirklich nicht befriedigend funktioniert.

Ich bin sehr froh, daß es zusätzliches Geld für die Lehrlingsförderung gab. Das war schon okay. Dort soll man zwar auch kontrollieren, welche Firmen und wer das bekommt, in welche Kanäle das fließt, wie hoch der Verwaltungsanteil ist und wieviel Geld wirklich den Betroffenen zugute kommt. Aber grundsätzlich ist es richtig, für die Lehrlinge etwas zu tun. Eines allerdings wird dabei immer verschwiegen: Diese Bundesregierung hat das Geld für die Lehrlingsinitiative den Frauenprojekten weggenommen. Und das finde ich skandalös! (Abg. Steibl: Das stimmt überhaupt nicht!) Das kann nicht geduldet werden.

Es sind gerade im Bereich der Frauenmotivationskurse wesentliche Einsparungen vorgenommen worden. Es nützt nichts, zu beteuern, wie wichtig es ist, daß Beruf und Familie vereinbar sein müssen, wenn man dann in der Praxis die konkreten Maßnahmen einfach nicht setzt. Wir wissen alle – vor allem die Frauen wissen es –, wie hart und wie schwer es ist, nach einer kinderbedingten Berufspause wieder voll, und zwar auch auf der entsprechenden hierarchischen Ebene, einzusteigen. Das geht in der Regel nicht ohne Förderungen. Wenn aber im AMS, wie gesagt, von 38 Führungspositionen 34 männlich besetzt sind, dann fehlt diese weibliche Perspektive.

Ich ersuche Sie, vor allem auch die KollegInnen in den Regierungsparteien, daher: Machen Sie sich dafür stark, daß wir dieses Gesetz im Sinne einer Frauenquotenregelung für das AMS noch vor dem Sommer, noch in dieser Legislaturperiode beschließen können! (Beifall bei den Grünen.)

21.47

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. Rede-zeit: 5 Minuten. – Bitte, Frau Abgeordnete.

21.47

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Frau Kollegin Petrovic, da Sie sagen, das AMS hat einen skandalös niedrigen Frauenanteil: Zeigen oder nennen Sie mir einmal Firmen in Österreich, und zwar Dienstleistungsunternehmen, deren Beschäftigtenpotential sich zu rund 60 Prozent aus Frauen zusammensetzt! (Abg. Öllinger: Das ist ein "Argument"! Das ist ja furchtbar!) Nein, nein, Herr Kollege Öllinger! Nein, nein! Lassen Sie einmal die Kuh im Stall, denn 60 Prozent Frauenanteil bei einer Behörde, bei einem Dienstleistungsunternehmen, das muß erst einmal nachgewiesen werden! (Beifall bei der SPÖ.)

Zum zweiten: Sie sagen, das AMS beziehungsweise die Arbeitsmarktverwaltung wurde ausgegliedert. Das stimmt zwar, das war aber eine Änderung der Organisation und nicht eine Änderung des Personals, Frau Kollegin Petrovic! Es ist ja dasselbe Personal mitgegangen. (Abg. Öllinger: In den Schulen, in den Spitälern: Lauter weibliche Bedienstete, aber keine Direktorinnen! Das ist eine schwache Sache!) Hier müssen Sie also auch einmal ehrlich argumentieren.

Ich möchte Ihnen aber schon noch sagen, daß es nicht so ist, daß das AMS nichts macht. Das AMS bemüht sich sehr und folgt auch den Forderungen der Sozialministerin (Abg. Dr. Petrovic: Das ist tragisch, wenn Frauendiskriminierung ...!) und auch der Frauenministerin im Sinne (Abg. Dr. Petrovic: Wahrscheinlich 100 Prozent weibliche Bedienerinnen!) einer Gleichstellung von Frauen und im Sinne einer Erhöhung der Erwerbstätigkeit von Frauen. (Abg. Dr. Petrovic: Wahrscheinlich 100 Prozent Frauen bei den Bedienerinnen, aber null Prozent im Vorstand!)

Nehmen Sie das bitte anhand einiger Beispiele zur Kenntnis: Es ist im Bereich von Managing Equality sehr wohl Auftrag und Leitbild des AMS, auf die unterschiedlichen Befindlichkeiten der Frauen (Abg. Dr. Petrovic: Aber warum kommen sie dann nicht in die Leitungsfunktionen?), auf Vereinbarkeit von Familie und Beruf entsprechend Rücksicht zu nehmen und diese entsprechend wahrzunehmen, zum Beispiel durch Programme für den Wiedereinstieg nach der Karenz. Es ist aber auch – und das dürfen Sie auch nicht übersehen – eine steigende Akzeptanz der Teilzeitarbeit festzustellen, das heißt, daß Frauen, sofern sie sich zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf vermehrt Teilzeitarbeit wünschen, eine solche auch annehmen können und daß es vermehrt Modelle von Arbeitszeitflexibilisierung gibt. All das wollen Sie nicht zur Kenntnis nehmen.

Weiters ist im Zusammenhang mit den Maßnahmen der Frauenförderpläne auch anzuführen, daß es einen Nachwuchsführungskräftepool gibt, durch den junge Mitarbeiterinnen speziell dazu motiviert werden, auch leitende Funktionen anzunehmen, sich auch leitenden Positionen zu stellen. Denn auch das ist nicht immer gerade leicht, Frauen davon zu überzeugen.

Außerdem kommen wir – vielleicht hat sich das auch noch nicht herumgesprochen – den Frauen im Auftrag von Managing Equality insofern entgegen, daß sie, wenn sie über das AMS in ein Dienstverhältnis einsteigen, um Familie und Beruf besser vereinbaren zu können, die Ausbildung auch in Form von Telelearning absolvieren können.

Offenbar passen Sie nicht auf, wenn Ihnen Wahrheiten gesagt werden. Zeigen Sie mir einmal einen Betrieb, speziell in der Privatwirtschaft, der dieses Angebot an Frauen macht! Frau Kollegin Petrovic! Für Sie ist das anscheinend lustig! Sie beschäftigen sich aber mit einem ganz anderen Thema als dem, zu dem ich Ihnen jetzt Antworten gebe!

Ich möchte Ihnen jetzt zumindest noch zwei Zahlen nennen: Es gibt auch im Bereich der Frauenförderung zweijährliche Zielvorgaben zur Erhöhung des Frauenanteils in Führungskräftepositionen. 1997 waren es 27 Prozent, und das Ziel für 1999 sind 31 Prozent. Der Ist-Stand zum 31.3.1999 beträgt bereits 30 Prozent.

Nur so viel zur Richtigstellung. Das AMS ist sehr wohl bemüht, den Frauenanteil weiterhin zu heben. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

21.52

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Steibl. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

21.52

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Wir von der ÖVP sind der Meinung, daß mit einer gesetzlichen Zwangsquotenregelung sicherlich nicht der richtige Weg eingeschlagen wird, den wir brauchen. Ich glaube nämlich, daß die Arbeit vor Ort wichtig ist. Qualität, wie wir sie wirklich brauchen, wird nicht, wie Sie meinen, allein deswegen so schnell gehoben, daß dort jetzt 50 Prozent Frauen sitzen. Qualität ist nötig für die Vermittlung, Qualität ist nötig für aktive Arbeitsmarktpolitik – insbesondere für Frauen. (Beifall bei der ÖVP.)

Wenn Kollegin Petrovic kritisiert, daß die Lehrlingsprojekte wichtiger waren als die Frauenprojekte, dann glaube ich, daß sie ein Stückchen zu weit geht! Wir wissen, wie wichtig für die jungen Menschen – und darunter sind auch Frauen und Mädchen – diese Beschäftigungsmaßnahmen sind. Wir wissen, daß es sehr viele Wiedereinstiegskurse gibt, und deshalb muß man besonders auf die Qualität Wert legen. Man muß einmal checken, ob das etwas bringt, Menschen sechs Monate zu schulen, wenn es dann keine Arbeit für sie gibt. Man muß überprüfen, wie man vorgeht.

Ich glaube, daß man es sich manchmal zu leicht macht, wenn man einen Antrag stellt und sich dann über etwas lustig macht, wenn dieser Antrag nicht über die Bühne geht. Ich bitte darum, daß wir ernsthaft an diese Sache herangehen! Daß es eine Quotenregelung geben soll, ist klar, aber nur dann, wenn sie sinnvoll ist und wenn sie Qualität mit sich bringt. Zuerst beginnt man unten, und dann arbeitet man nach oben! (Beifall bei der ÖVP.)

21.54

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Jetzt gelangt noch Herr Abgeordneter Gaugg zu Wort. Gewünschte Redezeit: 3 Minuten. – Bitte.

21.54

Abgeordneter Reinhart Gaugg (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Geschätzte Da-men und Herren Abgeordnete! Die Intention des Antrags selbst wird verstanden, das Problem beginnt bei der Quote. Wovon soll diese berechnet werden? Wenn wir hören, daß beim Arbeitsmarktservice 60 Prozent der Beschäftigten Frauen sind, dann ist die Quote nach Ihren Vorstellungen bereits erfüllt. (Abg. Dr. Petrovic: Nein, nein, nein! )

Wenn es darum geht, die Hierarchien und die sogenannte Männerdominanz in den leitenden Positionen zu beurteilen, dann muß man doch etwas zurückblicken. Denn in den sechziger, siebziger und auch achtziger Jahren haben viele Frauen hinsichtlich der Frage der Ausbildung für qualifizierte Berufe den Schwerpunkt auf Familie und Kinder gelegt und waren deshalb vielfach in ihrer beruflichen Karriere gehemmt. (Neuerliche Zwischenrufe der Abg. Dr. Petrovic.)

Liebe gnädige Frau Dr. Petrovic! Glauben Sie wirklich, daß es das Problem der arbeitenden Frauen in Österreich ist, ob sie Sektionschefin oder Direktorin eines Arbeitsamtes in den Ländern sind? Geht es nicht viel eher darum, daß die hohe Beschäftigungslosigkeit der Frauen im Mittelpunkt der Diskussion stehen sollte? Sie können qualifizierte Arbeit nicht durch Quoten regeln! Was machen Sie für den Fall, daß eine Funktion ausgeschrieben ist und Sie keine geeignete Frau finden? Lassen Sie die Stelle dann unbesetzt? Was wollen Sie? (Abg. Dr. Petrovic: Glauben Sie, daß die Quotenmänner qualifizierter sind?)

Dieses Hinschreiben von Quoten kann nur ein kleiner Teil im Hinblick auf Beschäftigung sein. Wesentlichere Punkte sind eine Angleichung der Einkommen zwischen Männern und Frauen. Das ist ein viel ehrlicheres Anliegen! (Beifall bei den Freiheitlichen.) Man sollte einmal dazu übergehen, jenen Punkt in Angriff zu nehmen, der seit Jahren gefordert wird und der leichter umzusetzen ist, nämlich gleiche Entlohnung für gleiche Tätigkeit. Da rührt sich im öffentlichen Dienst jedoch überhaupt nichts, und ich stimme Ihnen zu, daß gerade der öffentliche Dienst kein Vorreiter in der Frage der Führungspositionen bei Frauen ist. Das erleben wir in allen Bereichen.

Aber es gibt Beispiele, daß man krampfhaft versucht hat, Quotenregelungen oder Quoten einzuführen, siehe Bundesheer. Mit viel Aufwand und viel medialer Begleitmusik wurde vor einiger Zeit die Möglichkeit eröffnet, daß Frauen zum Bundesheer gehen. Das Projekt kann man heute bereits als gescheitert betrachten.

Daher meine ich, daß wir von alten Denkmustern weggehen müssen, ebenso wie Sie von den Quoten weggehen müssen. Es ist viel vernünftiger, die Qualifikation in den Vordergrund zu stellen – unabhängig vom Geschlecht! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

21.56

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Da keine Wortmeldung mehr dazu vorliegt, schließe ich die Debatte.

Ich weise den Antrag 1039/A dem Gleichbehandlungsausschuß zu.

28. Punkt

Erste Lesung: Antrag der Abgeordneten Mag. Karl Schweitzer und Genossen betreffend ein Bundesgesetz zur integrativen Prüfung der Auswirkungen von Vorhaben auf die Umwelt (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz, UVP-G), durch das das bisherige Bundesgesetz über die Prüfung der Umweltverträglichkeit und die Bürgerbeteiligung (Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz – UVP-G), BGBl. Nr. 697/1993, geändert durch BGBl. Nr. 773/1996, ersetzt wird (1057/A)

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Wir kommen jetzt noch zum Punkt 28 der Tagesordnung.

Wir gehen in die Debatte ein. Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Herr Abgeordneter, Ihrem Klub steht noch eine Restredezeit von 4 Minuten zur Verfügung. – Bitte.

21.57

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herrn! Die österreichische Bundesregierung hätte mit Stichtag 14. März ein EU-konformes Gesetz zur Umweltverträglichkeitsprüfung vorlegen müssen. Wie es den Anschein hat, wird auch der für den 10. Juni festgesetzte Termin für einen Umweltausschuß nicht wahrgenommen werden können, zumindest was die Behandlung dieses notwendigen Regierungsvorhabens betrifft, weil es zu keiner Einigung zwischen den beiden Regierungsparteien gekommen ist.

Das ist der Stand der Informationen, die mir vorliegen, und ich glaube auch, daß es sich so verhält, weil vor allem die Sozialpartner nicht bereit sind, dem zuzustimmen, was seitens des Ministeriums vorgelegt wurde, beziehungsweise auch die Umweltorganisationen mit dem, was vorgelegt wurde, keine allzu große Freude haben.

Aus diesem Grunde haben wir Freiheitliche einen eigenen Entwurf vorgelegt. Dieser Entwurf beinhaltet als wesentlichen Punkt eine von allen gewünschte Verwaltungsvereinfachung, nämlich daß die Gewerbebehörde gleichzeitig UVP-Behörde ist. Das bedeutet wiederum, daß diese Behörde die Einreichbehörde für alle anlagenbezogenen Verfahren ist. Dazu gibt es festgesetzte Fristenläufe, die generell zur Verkürzung der Fristen führen, die heute noch relativ lang sind und Vorhaben, die relativ rasch umgesetzt werden sollten, hinauszögern. Zudem gibt es eine klar umrissene Liste UVP-pflichtiger Verfahren. Die Zuständigkeit liegt ausschließlich beim Umweltminister, der Vollzug liegt bei den Landeshauptleuten.

Mit Erlassung eines positiven Bescheides gehen, wenn es nach unserem Vorschlag geht, die Durchführungskompetenzen an die Materienbehörden über. Die Bürgerbeteiligung ist so geregelt, daß jedermann Einsichtsrecht und Stellungnahmerecht hat, daß Bürgerinitiativen ein erweitertes Anhörungsrecht haben und diese gegenüber den Behörden durch ihre vereinsrechtlich legitimierten Vertreter, zum Beispiel Umweltanwälte, repräsentiert werden.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist, wie ich meine, ein Antrag, der durchaus dem entspricht, was einerseits von der EU und andererseits von der Wirtschaft gefordert wird, aber auch dem entspricht, was sich Umweltorganisationen vorstellen. Es würde uns Freiheitlichen natürlich große Freude machen, wenn sich dieser Antrag zumindest teilweise in der Arbeit der Re-gierung wiederfände, sollte diese endlich einmal in der Lage sein, einen entsprechenden Entwurf vorzulegen. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

22.00

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl. Ing. Kummerer. Redezeit: 5 Minuten. – Bitte.

22.00

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich werde mich in der gebotenen Kürze zu diesem komplexen Thema äußern.

Karl! Ich akzeptiere sehr wohl die Mühe und Arbeit, die du dir gemacht hast, nicht nur damit, daß du 1993 einen kompletten Gesetzestext vorgelegt hast, sondern auch jetzt wieder mit der Einarbeitung der EU-Richtlinie! Du hast auch recht, daß Österreich mit der Umsetzung der UVP-Änderungsrichtlinie seit dem 14. März säumig ist, du hast aber nicht recht, wenn du daraus schließt, daß nichts geschehen ist, denn die Regierungsparteien waren in dieser Zeit sehr wohl tätig, und ich darf dich daran erinnern, daß es bereits vor zwei Jahren einen Entwurf zur Änderung des UVP-Gesetzes gegeben hat.

Bei der Begutachtung dieses Entwurfes sind zahlreiche Änderungswünsche eingegangen, die dann aufgearbeitet wurden. Die Diskussion ist fortgeschritten. Wir stehen heute in einer Diskussionsphase, in der wir uns darüber unterhalten, ob es eine UVP im Wasserrecht geben soll und ob es eine UVP im Betriebsanlagenrecht geben soll, und zwar mit der herrlich schönen Bezeichnung UGBA, die ein Zungenbrecher für jeden ist. Es gibt auch eine weitere Novelle zum UVP-Gesetz selbst, die Anfang Mai in Begutachtung gegangen ist.

Für uns sollen diese Novellen auf die Notwendigkeiten abgestimmt und griffig sein. Viele Ziele, die du genannt hast, ergeben sich praktisch aus den Vorgaben der EU. Schon deshalb ist es für uns notwendig, daß wir diese UVP als integratives Mittel sehen, um ein Verfahren abwickeln zu können.

Ich gehe völlig mit dir konform, daß wir uns bemühen müssen, eine Verfahrensbeschleunigung zu erreichen, und wir müssen uns bemühen, auch hier eine Unterstützung zur Verfahrensverwirklichung durchzusetzen. Dein gegenständlicher Antrag wird in den Ausschußberatungen sicherlich in diesem Sinn Beachtung finden! (Beifall bei der SPÖ.)

22.03

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Abgeordneter Kopf. Gewünschte Rede-zeit: 5 Minuten. – Bitte.

22.03

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Lieber Kollege Schweitzer! In der Zielformulierung deines Gesetzesantrages heißt es, daß im Vergleich zur derzeit bestehenden Situation wesentlich kürzere und konkret definierte Laufzeiten und damit möglichst frühe Entscheidungszeitpunkte im anlagenbezogenen Genehmigungsverfahren geschaffen werden sollen. Bei einer erster Durchsicht deines Antrages, aber auch gemäß Beurteilung von Experten, die damit befaßt wurden und die genau zum gegenteiligen Schluß kom-men, ist festzustellen, daß der vorliegende Entwurf diesen im Gesetzesentwurf formulierten Forderungen nach Vereinfachung und Beschleunigung widerspricht.

Abgesehen davon, daß er nicht EU-konform ist und die Umsetzung der Richtlinien in manchen Fällen nicht vollzieht, ist er überaus bürokratisch und nach Einschätzung von Vollzugsbeamten in der Praxis in dieser Form kaum vollziehbar. (Abg. Mag. Schweitzer: Warum ist er nicht EU-konform?) Das Resultat einer Beschlußfassung deines Antrages wären, wie mir diese Vollzugsbeamten sagen, längere Verfahrensdauern. Vor allem die Einzelfallprüfungen für praktisch jedes Vorhaben sind vom Verwaltungsaufwand her einfach nicht zu bewältigen.

Ich glaube also, daß wir, wenn dein Antrag Gegenstand der Beratungen im Ausschuß sein soll, noch einiges zu tun haben werden, um das so hinzubringen, daß es dem Ziel der Verwaltungsvereinfachung und Verkürzung der Verfahren gerecht wird. Da verspreche ich mir von der Regierungsvorlage wesentlich mehr als von dem, was von dir hier eingebracht worden ist. (Beifall bei der ÖVP.)

22.05

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Barmüller. – Bitte.

22.05

Abgeordneter Mag. Thomas Barmüller (Liberales Forum): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn Abgeordneter Kummerer sagt, daß Österreich säumig bei der Umsetzung der UVP-Richtlinien ist, so sage ich: Das stimmt nicht! Nicht Österreich ist säumig, die Bundesregierung ist säumig, die Koalitionsparteien sind säumig, aber nicht Österreich. (Beifall beim Liberalen Forum und bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Es stimmt schon, daß insbesondere die Novellen, die gemacht werden, abgestimmt werden müssen. Ich habe aber den Eindruck, daß auch hier wieder etwas zu Tode konsensualisiert werden soll, und ich glaube, daß das gerade im Rahmen der UVP der völlig falsche Weg ist. Ich erinnere etwa an den auch von den Regierungsfraktionen zur Kenntnis genommenen Bericht des Umweltrates, in dem es unter anderem heißt, daß die UVP-Prüfung nicht nur angepaßt, sondern auch auf Konzepte, Pläne und Programme ausgeweitet werden muß. Insbesondere wurde gesagt, daß viele Fragen, die in den einzelnen UVP-Prüfungen auftreten und immer wieder neu diskutiert werden, im Einzelverfahren gar nicht mehr auftauchen würden, wenn es eine Begutachtung von Plänen und Programmen und Politiken gäbe.

Das heißt, hier wird von seiten der Bundesregierung auch aus einem gewissen Reflex heraus, daß Umweltschutz heute eher als Behinderung denn als Chance empfunden wird, ein wichtiges Vorhaben weiter verschleppt, weil man nicht in der Lage ist, das, was an Verwaltungsprozessen vorhanden ist, so zu organisieren, daß es auch wirklich funktioniert. Man hat auch nicht den Mut, einzugestehen, daß es nicht unmittelbar an den gesetzlichen Grundlagen des heutigen UVP-Gesetzes scheitert, sondern oftmals einfach an der ungenügenden Vollziehung.

Dazu gibt es innerhalb der ÖVP ein sehr prominentes Beispiel. Es ist nämlich niemand anderer als Landesrat Leitl, der klargelegt hat, daß durch Verwaltungsorganisation sehr viel an Verfahrensdauer eingespart werden kann und Genehmigungen innerhalb einer akzeptablen Frist gemacht werden können.

Meine Damen und Herren! Der Vorschlag, der von Herrn Abgeordnetem Schweitzer vorgestellt worden ist, sollte am 10. Juni im Umweltausschuß mit zur Beratung stehen. Es gibt keinen Grund, daß man nicht auch in dieser Regierungsperiode und in dieser Legislaturperiode noch versucht, einen wesentlichen Schritt weiterzukommen, denn sonst liegt das ganze Gesetz mindestens bis zum Sommer nächsten Jahres. Das wäre gerade bei dieser Materie eine echte Fehlentscheidung, denn wir halten diese Materie für umsetzungsfähig. Wir meinen, Herr Abgeordneter Kopf, daß auch der Umweltausschuß hiezu einen wesentlichen Beitrag leisten kann und ihn am 10. Juni noch leisten sollte!. (Beifall beim Liberalen Forum.)

22.08

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt noch eine Wortmeldung von Frau Abgeordneter Ing. Langthaler vor. Ihre Redezeit beträgt noch 4 Minuten. – Bitte.

22.08

Abgeordnete Ing. Monika Langthaler (Grüne): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wurde vom Antragsteller und auch von Kollegen Kummerer von der SPÖ auf einen Aspekt hingewiesen, den ich für eine Mär halte. Es wurde nämlich in der ganzen Debatte immer wieder gesagt, daß es um die Frage der Verkürzung der Verfahren und der Fristen geht.

Dazu möchte ich sagen: Es liegt nicht im Interesse von Umweltschützern und von Bürgerinitiativen – so wird es allerdings meistens dargestellt –, daß Verfahren in die Länge gezogen werden. Es gibt auch von Umweltschützern und von Anrainern ein Interesse, wenn es ein Projekt gibt, das UVP-pflichtig ist, daß es ein konzentriertes Verfahren gibt. Wir haben immer gesagt, daß wir dann für Verfahrenskonzentration und Entscheidungskonzentration sind, wenn es auch eine Konzentration der Kontrolle gibt.

Ich halte das reine Schielen darauf, ob ein Verfahren jetzt 18 Monate oder statt 18 Monaten nur 12 Monate dauert, für falsch. Die 18 Monate für die UVP sind eine vernünftige Zeitspanne. Ich meine, daß das nicht im Mittelpunkt und im Vordergrund der Debatte über die UVP-Novelle stehen müßte. Aus meiner Sicht müßte im Mittelpunkt eine Evaluierung der bisherigen Erfahrungen im Rahmen der UVP stehen. Denn es hat sich im UVP-Bericht gezeigt, daß der Grund dafür, daß nur fünf oder sechs Verfahren abgeschlossen worden sind, nicht der ist, daß das Verfahren zu kompliziert ist, sondern daß die Anlagenlisten so weit gefaßt sind, daß sehr wenige Projekte überhaupt UVP-pflichtig sind.

Die EU-Richtlinie bewirkt in einigen Fällen, daß die Anlagenlisten strenger und mehr Anlagentypen UVP-pflichtig werden. Das ist einer der Gründe, warum ich zutiefst bedaure, daß die österreichische Bundesregierung bei der Umsetzung säumig ist.

Aus Sicht der Grünen ist ein Punkt hinsichtlich EU-Novelle wichtig, nämlich daß man endlich versucht, den Gedanken einer Konzept-UVP in die Beratungen mit einzubringen. Dies ist ein Punkt, der mir auch beim Antrag der Freiheitlichen wirklich fehlt. Die Konzept-UVP ist der logische erste Schritt, wenn man sich mit einem Projekt interdisziplinär in den verschiedenen Materiengesetzen beschäftigt.

In Holland gibt es damit Erfahrungen. Wir wissen, daß die EU-Kommission seit vielen Jahren auch immer Richtlinienentwürfe präsentiert. Man könnte jetzt schon in einer Novelle etwas, was sicherlich in zwei bis drei Jahren sowieso von seiten der EU kommt, vorwegnehmen und endlich Abfallpläne und Energiepläne nicht nur erstellen, sondern sie auch wirklich konkret einer Konzept-UVP unterziehen und dann auf Basis dieser Konzepte die verschiedenen Anlagentypen in der konkreten Projekt-UVP entsprechend abwickeln.

Insgesamt glaube ich, daß das geltende UVP-Gesetz in vielen Bereichen weit besser ist als sein Ruf. Was aus unserer Sicht jedenfalls aber ausgebaut und vereinfacht werden muß, ist die Frage der Bürgerbeteiligung. Da gibt es einige Punkte im Freiheitlichen Antrag, die sicherlich interessant sind, obwohl manches aus meiner Sicht nicht weitgehend genug ist. Denn die Möglichkeit der Einsichtnahme in die Unterlagen beispielsweise ist noch keine echte Bürgerbeteiligung, wie sie sich viele Bürgerinitiativen und auch Umweltorganisationen von einer Novelle erwarten.

Insgesamt hätte ich jedenfalls gehofft, daß wir das schon am 10. Juni 1999 debattieren können, natürlich einschließlich des Antrages der Freiheitlichen. Ich würde es bedauern, wenn das nicht am 10. Juni 1999 käme. Wir wissen, daß es nicht mehr sehr viele Möglichkeiten gibt, daß das noch in dieser Legislaturperiode beschlossen wird. Wenn das nicht im Juni stattfindet, gibt es nur mehr den Julitermin. Ich hoffe, daß die Umweltabgeordneten der beiden großen Parteien ein Interesse haben, daß wir die UVP-Novelle noch in dieser Gesetzgebungsperiode beschließen! – Danke. (Beifall bei den Grünen und beim Liberalen Forum.)

22.11

Präsident Dr. Heinrich Neisser: Es liegt keine Wortmeldung mehr vor. Die Debatte ist geschlossen.

Ich weise den Antrag 1057/A dem Umweltausschuß zu.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

Einlauf

Präsident Dr. Heinrich Neisser: In der heutigen Sitzung wurden die Selbständigen Anträge 1098/A bis 1106/A eingebracht.

Ferner sind die Anfragen 6304/J bis 6356/J eingelangt.

Schließlich wurden Anfragen der Abgeordneten Mag. Doris Kammerlander, 53/JPR, Dr. Gabriela Moser, 54/JPR, und des Mag. Herbert Haupt, 55/JPR, an den Präsidenten des Nationalrates eingebracht.

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Die nächste Sitzung betrifft geschäftsordnungsmäßige Mitteilungen und Zuweisungen, und ich berufe diese sofort im Anschluß an diese Sitzung, und zwar für 22.12 Uhr ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung: 22.12 Uhr