1195 der Beilagen zu den Stenographischen Protokollen des Nationalrates XXI. GP

Ausgedruckt am 8. 7. 2002

Bericht

des Ausschusses für Arbeit und Soziales


über die Regierungsvorlage (1180 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeit­gesetz, das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz und das Bäckereiarbeiter/innengesetz 1996 geändert werden und das Bundesgesetz über die Nachtarbeit der Frauen aufgehoben wird (EU-Nachtarbeits-Anpassungsgesetz)

und

über den Antrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Abmildung der schädlichen Folgen der Nachtarbeit [460/A(E)]

und

über den Antrag der Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Schaffung eines modernen Nachtarbeitsgesetzes [571/A(E)]

Die im EU-Beitrittsvertrag festgelegte Übergangsfrist hinsichtlich der Weitergeltung des Frauen-Nacht­arbeitsverbotes ist bereits am 31. Dezember 2001 abgelaufen. Es ist daher die österreichische Rechtslage in Bezug auf die Nachtarbeit noch nicht EU-konform.

Ziel der gegenständlichen Regierungsvorlage ist daher eine geschlechtsneutrale Regelung der Nachtarbeit in Erfüllung der Gleichbehandlungs-Richtlinie der EU. Weiters soll die Arbeitszeit-Richtlinie in Bezug auf Nachtarbeit umgesetzt werden. In Konkretisierung dieser Ziele enthält die Regierungsvorlage:

      Definitionen der Begriffe „Nacht“, „Nachtarbeitnehmer/in“ und „Nachtschwerarbeiter/in“.

      Beschränkung der durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit einschließlich der Überstunden an Nachtarbeitstagen für Nachtschwerarbeiter/innen.

      Zulassung längerer Arbeitszeiten für Nachtarbeitnehmer/innen in den Fällen der Arbeitsbereitschaft und für Nachtschwerarbeiter/innen samt Normierung dafür gebührender zusätzlicher Ruhezeiten, gestaffelt nach dem Ausmaß der Überschreitung.

      Rechtsanspruch für Nachtarbeitnehmer/innen auf regelmäßige unentgeltliche Untersuchung des Gesundheitszustands.

      Recht auf Versetzung auf einen Tagesarbeitsplatz bei gesundheitlichen Schwierigkeiten und vorübergehend bei Betreuungspflichten gegenüber Kindern bis zu zwölf Jahren.

      Aufhebung des Frauen–Nachtarbeitsgesetzes.

Hinsichtlich der finanziellen Auswirkungen wird im Vorblatt der Regierungsvorlage darauf hingewiesen, dass keine finanziellen Azswirkungen bestehen.

Die Abgeordneten Heidrun Silhavy, Mag. Barbara Prammer, Kolleginnen und Kollegen haben den Entschließungsantrag 460/A(E) am 7. Juni 2001 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Das bisher dem Frauennachtarbeitsgesetz zugrunde liegende Frauennachtarbeitsverbot ist EU-rechtlich nicht haltbar: Der Grundsatz der Gleichbehandlung der Geschlechter im Arbeitsleben verbietet nach der Judikatur des EuGH ein nur auf ein Geschlecht bezogenes Nachtarbeitsverbot.

Im Zusammenhang mit dem Beitritt zum EWR hat Österreich für das Frauennachtarbeitsgesetz eine  Übergangsfrist eingeräumt bekommen, die am 31. Dezember 2001 ausläuft. Ab 1. Jänner 2002 ist eine differenzierende Nachtarbeitsregelung nicht mehr zulässig.

Die arbeitsmedizinische Wissenschaft verfügt mittlerweile über die gesicherte Erkenntnis, dass Nacht­arbeit langfristig schwere gesundheitliche Schäden auslösen kann und die durchschnittliche Lebenser­wartung von NachtarbeiterInnen dementsprechend kürzer ist. Es ist daher an die Stelle des bisherigen Frauennachtarbeitsverbots eine gesetzliche Regelung zu setzen, welche die schädlichen Folgen der Nacht­arbeit für Arbeitnehmer beiderlei Geschlechts abmildert. Dies ist auch im Hinblick auf die längst über­fällige Umsetzung der Bestimmungen zur Nachtarbeit der EU-Arbeitszeitrichtlinie erforderlich.“

Die Abgeordneten Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen haben den Entschließungsantrag 571/A(E) am 12. Dezemnber 2001 im Nationalrat eingebracht und wie folgt begründet:

„Bereits im Jahr 1997 stellte die damalige Sozialministerin Hostasch im Nationalrat fest, dass ,Nachtarbeit und vor allem wechselnde Arbeitszeit eine besondere Belastung für die Gesundheit darstellen, das familiäre Zusammenleben erschweren und die Teilnahme am gesellschaftlichen Leben behindern.‘ Auf Grund einer EU- Richtlinie sei es notwendig, bis zum Jahr 2001 eine geschlechtsneutrale Regelung für Nachtarbeit zu finden.

Am 31. Dezember 2001 endet jene Frist, die Österreich seitens der Europäischen Union gesetzt wurde, um das Nachtarbeitsgesetz EU-Standards anzupassen. Weder die frühere SPÖ/ÖVP-Regierung noch die gegenwärtige FPÖ/ÖVP-Regierung waren in der Lage, einen entsprechenden Gesetzesvorschlag auszuarbeiten.

Etwa jede/r zehnte Erwerbstätige arbeitet regelmäßig in der Nacht. Zahlreiche Untersuchungen belegen, wie sehr sich die Nachtarbeit auf die Gesundheit, aber auch auf soziale Beziehungen auswirkt.

Diese Untersuchungen haben ergeben:

      Es gibt keinen Gewöhnungseffekt bei Nachtarbeit. Auch wenn es subjektiv so empfunden wird, treten nach einer bestimmten Zeit bei allen NachtarbeiterInnen gesundheitliche Probleme auf.

      Nahezu alle NachtarbeiterInnen leiden unter Gastritis. Ess- und Verdauungsstörungen können durch die unregelmäßige Nahrungsaufnahme und vermehrten Alkohol- und Tabakkonsum auftreten.

      Schlafstörungen treten gehäuft auf, insbesondere bei Umstellung auf veränderte Arbeitsrhythmen.

      In der Nacht muss der Körper bei gleicher Tätigkeit 160% der Arbeitsleistung bringen.

      Das Brustkrebsrisiko ist bei Nachtarbeiterinnen höher als bei Nicht-Nachtarbeiterinnen.

      Medikamentenwirkung verändert sich (sowohl stärkere als auch geringere Wirkungen treten auf).

      Reaktionszeiten sind wesentlich erhöht (und damit auch die Unfallgefahr).

      Die meisten NachtarbeiterInnen sind nach 15 bis 20 Jahren chronisch krank.

Es ist daher aus medizinischer und sozialpolitischer Sicht unerlässlich, jene Rahmenbedingungen festzulegen, unter denen Nachtarbeit geleistet werden kann.

Es ist darüber hinaus unabdingbar, ein Nachtarbeitsgesetz zu schaffen, das geschlechtsneutral formuliert und rechtlich unanfechtbar ist.“

Der Ausschuss für Arbeit und Soziales hat die gegenständliche Regierungsvorlage 1180 der Beilagen und die Entschließungsanträge 460/A(E) und 571/A(E) in seiner Sitzung am 25. Juni 2002 in Verhandlung genommen.

Als Verhandlungsgrundlage wurde die Regierungsvorlage verwendet.

Berichterstatterin im Ausschuss war die Abgeordnete Ridi Steibl.

An der Debatte beteiligten sich die Abgeordneten Heidrun Silhavy, Ridi Steibl, Karl Öllinger, Franz Riepl, Dr. Reinhold Mitterlehner, Sigisbert Dolinschek, Mag. Barbara Prammer, Sophie Bauer, Dr. Alois Pumberger, Josef Horn, Edith Haller sowie der Bundesminister für Arbeit und Wirtschaft Dr. Martin Bartenstein.

Von der Abgeordneten Heidrun Silhavy wurde ein Abänderungsantrag betreffend § 21 Abs. 1 und 2 Arbeitszeitgesetz eingebracht.

Bei der Abstimmung wurde die Regierungsvorlage mit Stimmenmehrheit angenommen. Der oberwähnte Abänderungantrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy fand keine Mehrheit.

Durch die Annahme des diesem Ausschussbericht angeschlossenen Gesetzentwurfes gelten die Entschließungsanträge 460/A(E) und 571/A(E) als miterledigt.

Als Ergebnis seiner Beratung stellt der Ausschuss für Arbeit und Soziales somit den Antrag, der Nationalrat wolle dem von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf (1180 der Beilagen) die verfassungsmäßige Zustimmung erteilen.

Wien, 2002 06 25

                                      Ridi Steibl                                                                  Helmut Dietachmayr

                                 Berichterstatterin                                                                          Obmann