Abweichende persönliche Stellungnahme

gemäß § 42 Abs. 5 GOG

der Abgeordneten Theresia Haidlmayr

zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundessozialamtsgesetz und ein Bundesberufungskommissionsgesetz erlassen sowie das Kriegsopferversorgungsgesetz 1957, das Heeresversorgungsgesetz, das Impfschadengesetz, das Verbrechensopfergesetz, das Behinderteneinstellungsgesetz, das Bundesbehindertengesetz und das Bundespflegegeldgesetz geändert werden (Bundessozialämterreformgesetz – BSRG)

Aus 3 Gründen lehnen die Grünen das Bundessozialämterreformgesetz ab:

Übernahme der sozialen Rehabilitation durch die Länder:

Hier droht die Gefahr einer finanziellen Verschlechterung für den betroffenen Personenkreis.

Es ist absehbar, dass die Übernahme der sozialen Rehabilitation (z.B. Wohnraumadaptierungen ) durch die Länder nach den Sozialhilferichtsätzen und abhängig von Einkommen und Vermögen der behinderten Menschen erfolgen wird.

Die Qualität der sozialen Rehabilitation ist somit gefährdet.

Optimale soziale Rehabilitation ist jedoch eine der Grundvoraussetzungen für eine bestmögliche berufliche Rehabilitation. Die Trennung dieser beiden Bereiche kann keine effiziente und den Bedürfnissen der betroffenen Menschen angepasste Rehabilitation gewährleisten.

Wir fordern ein einheitliches Rehabilitationskonzept, wonach medizinische, soziale und berufliche Rehabilitation, unabhängig von Ursache und Scheregrad der Behinderung sowie dem Alter des/der Behinderten allen betroffenen Menschen in gleichem Ausmaß gewährt wird.

Entfall der Werkprämie im Behinderteneinstellungsgesetz

Der Entfall der Werkprämie für Firmen, die Aufträge an integrative Betriebe vergeben, könnte für einige dieser Betriebe das „Aus“ bedeuten.

Der Prämienentfall betrifft aber nicht nur integrative Betriebe, sondern auch andere, sehr innovative Betriebe, die in den letzten 10 – 15 Jahren entstanden sind, und die behinderte Menschen beschäftigen (z.B. „Housemasters“ – erledigen Dienstleistungen für ländliche Gemeinden, Ökotech – produzieren Kollektoren, Rehadruck  - Druckerei mit körperbehinderten Druckern, usw.).

Die in Aussicht gestellten ersatzweisen Förderungen erzeugen sicherlich nicht weniger administrativen Aufwand. Dieser wurde als Argument für den Prämienentfall genannt. Es müssen Behindertenausschüsse gebildet werden, die nach bisher nicht feststehenden Kriterien entscheiden, welche Betriebe Förderungen erhalten und welche nicht. Es ist nicht einzusehen, warum ein gut funktionierendes System, welches eine positive Diskriminierung für Betriebe, welche mehrheitlich behinderte Menschen beschäftigen, abgeschafft werden soll.

Wir sind allerdings dafür, dass in Zukunft Firmen die Werkprämie nur dann bekommen, wenn sie selbst die Behinderteneinstellungspflicht erfüllen. 

Verwendung des  Pflegegeldes für die Familienhospizkarenz:

Jene Personen, die Familienhospizkarenz in Anspruch nehmen wollen, um jemand in der letzten Lebensphase zu begleiten, sollen ihren Verdienstausfall durch einen Vorschuss des Pflegegeldes abgegolten bekommen.

Das Pflegegeld kann jedoch allein von der Höhe in den wenigsten Fällen einen Verdienstausfall kompensieren, nämlich deshalb, da gerade in der letzten Phase des Lebens der tatsächliche Hilfe- Pflege und Betreuungsaufwand steigt.

Eine automatische Erhöhung des Pflegegeldes auf Stufe 3 bzw. 4  wird durch den Mehranspruch an ambulanten Diensten bereits ausgeschöpft.

Für Personen, die Familienhospizkarenz in Anspruch nehmen, bleibt deshalb trotz Erhöhung der Pflegestufe nichts mehr übrig.

Außerdem ist das Pflegegeld von der Widmung her nicht für Sterbebegleitung gedacht, sondern für Hilfe, Pflege und Assistenzleistungen.

Es müsste also die Person, die Familienhospizkarenz in Anspruch nimmt, auch die Pflege, die vorher von sozialen Diensten oder anderen Personen geleistet wurde, voll übernehmen.

Der Anspruch auf Familienhospizkarenz ist jedoch unabhängig von einer etwaigen Pflegeleistung zu gewähren, denn die Karenz ist auch für die Begleitung eines schwerkranken Angehörigen/Partners gedacht, den man nicht selbst pflegt.

Wenn sich die/der Sterbende im Krankenhaus oder in einem Hospiz befindet, was häufig der Fall ist, kann das Pflegegeld gar nicht für die Familienhospizkarenz verwendet werden.

Wir halten diese Regelung aus den genannten Gründen für einen völlig falschen Ansatz und lehnen die geplante Änderung des Bundespflegegeldgesetzes ab.

Um Personen, die Pflegehospizkarenz in Anspruch nehmen, auch wirklich eine finanzielle Grundlage zu geben, ist eine Finanzierung aus dem Familienlastenausgleichsfonds sicherzustellen. Wie beim Kindergeld sollten auch bei der Familienhospizkarenz die Menschen, die diese Aufgabe übernehmen wollen, im Vorhinein die Höhe der finanziellen Unterstützung wissen, sowie einen Rechtsanspruch darauf haben.