Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 4. Sitzung / Seite 44

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11.41

Abgeordneter Dr. Gerhart Bruckmann (ÖVP): Herr Präsident! Hohes Haus! Es ist nicht ohne Emotion, dass ich nach fünfjähriger Abwesenheit nun wieder von dieser Stelle aus sprechen darf, also heute quasi zu meiner zweiten Jungfernrede ansetze. Ich versage mir tief schürfende Analysen, ob vielleicht ein Unterschied zwischen Politik und Realität darin besteht, dass es in der Politik offenbar eine zweite Jungfernschaft geben kann. (Demonstrativer Beifall der Abgeordneten Mag. Schweitzer und Fischl. ) Ich versage mir dies schon deshalb, weil ich mich als an Jahren ältester Abgeordneter ja in diesem Fall selbst als "alte Jungfer" bezeichnen müsste. (Heiterkeit bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! In gewisser Hinsicht geht mein heutiger Auftritt aber doch in die Parlamentsgeschichte ein: Es ist dies das erste Mal, dass ein explizit von einer Seniorenorganisation nominierter Abgeordneter ins Hohe Haus Einzug gehalten hat. – Daher bitte ich, über den eigentlichen Tagesordnungspunkt hinaus, einige wenige grundsätzliche Bemerkungen voranstellen zu dürfen.

Unsere Generation ist Zeuge der größten demographischen Veränderung der gesamten Menschheitsgeschichte. Zu allen Zeiten und in allen Kulturen stand einer ersten Generation, den Kindern, und einer zweiten Generation, nämlich den erwerbsfähigen Erwachsenen, eine sehr schmale Schicht von aus dem Erwerbsleben ausgeschiedenen und im Wesentlichen bereits fast zur Gänze betreuungsbedürftig gewordenen Alten gegenüber. Diese Altersgruppe gibt es nach wie vor, nur ist sie von einer dritten zu einer vierten Altersstufe geworden. Die umwälzende Neuerung, die wir in unserer Generation erleben, besteht darin, dass zwischen der zweiten und der – nunmehrigen – vierten Generation eine neue dritte Altersstufe entstanden ist, eine immer breiter werdende Schicht von Mitbürgern, die zwar schon aus dem aktiven Erwerbsleben ausgeschieden sind, die aber noch mit beiden Beinen voll im Leben stehen und auch wichtige gesellschaftliche Leistungen erbringen, denn vielfach obliegt dieser Schicht die Betreuung oder zumindest Mitbetreuung von Enkelkindern auf der einen Seite und von Angehörigen der vierten Generation auf der anderen Seite.

Meine Damen und Herren! Heute schon ist ein Drittel der Wähler über 60 Jahre alt! Und dieser Anteil wird sich in den nächsten Jahren zweifellos weiter erhöhen. Nun gibt es zwei Wege, wie sich die traditionellen politischen Parteien in einer westlichen Demokratie dieser Entwicklung gegenüber verhalten können. Der eine Weg besteht darin, sie zu ignorieren. Dies muss notgedrungen früher oder später zum Entstehen "grauer" Parteien führen und damit zu einer Polarisierung "alt" gegen "jung", was größte soziale Spannungen hervorrufen muss.

Der andere Weg – und zu diesem bekenne ich mich aus voller Überzeugung und ganzem Herzen – besteht darin, dieser neuen Gesellschaftsschicht innerhalb der bestehenden Parteien auch in der aktiven Politik, und nicht nur als Wähler, entsprechende Mitwirkungsmöglichkeiten einzuräumen und damit die intergenerative Zusammenarbeit zu internalisieren.

Der Österreichische Seniorenbund, für den ich hier stehe, bekennt sich zu dieser Sichtweise. Für uns ist Seniorenpolitik nicht nur ein Teil der Sozialpolitik, vergleichbar der Behindertenpolitik, sondern Teil der Familienpolitik. Unserer festen Überzeugung nach können die sozialen Herausforderungen von heute und morgen nur im Miteinander der Generationen gelöst werden! (Beifall bei der ÖVP.)

Damit aber bedeutet Seniorenpolitik nicht nur eine Politik für die Senioren von heute, sondern auch eine solche für die Senioren von morgen und übermorgen. Und damit komme ich unmittelbar zum Inhalt des Tagesordnungspunktes. Unser österreichisches Pensionsversicherungssystem beruht bekanntlich auf dem Umlageverfahren, das heißt, dass jeder Schilling, den ein Pensionist erhält, gleichzeitig von einem Aktiven entrichtet werden muss, entweder über Beiträge oder indirekt aus allgemeinen Steuermitteln.

Kollegen Haupt, der mich vorhin persönlich apostrophiert hat – ich weiß nicht, ob er jetzt gerade anwesend ist –, sei daher auch persönlich geantwortet. Ihm sei gesagt, dass diese Erhöhung 1,1 Prozent des Pensionsvolumens kostet, und wenn jemand Nikolo spielen möchte oder


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