Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 8. Sitzung / Seite 72

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gemacht, wo wir stehen. – Zitatende. Ja, meine Damen und Herren, damit haben Sie sich auch ganz klar entlarvt. (Abg. Gaál: Machen Sie es sich nicht zu leicht!)

Wir werden auch nicht zulassen, dass uns eine sozialdemokratisch regierte EU-Mehrheit vorschreibt, was wir unter "europäischer Wertegemeinschaft" zu verstehen haben! (Beifall bei der ÖVP.) Eine exklusiv sozialdemokratische Wertegemeinschaft jedenfalls werden wir nicht mittragen. (Beifall bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Wir wollen nicht – so wie es eine Zeitung geschrieben hat – nach dem rosaroten oder grün-roten Katechismus leben, sondern als Christdemokraten wollen wir am ehesten schon nach einem christ-katholischen Katechismus leben. (Lebhafte Zwischenrufe bei der SPÖ.) Aber wir wollen, meine Damen und Herren, diesen Katechismus niemandem anderen aufzwingen – schon gar nicht einem anderen Land! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir treten für die pluralistische Mehrparteiendemokratie ein (Abg. Schieder: Anfangen!), für eine pluralistische Mehrparteiendemokratie, in der das ganze Parteienspektrum Platz haben muss, meine Damen und Herren.

Deshalb ist die EU für uns weder eine Sozialistische Internationale noch eine Organisation zur Rettung des christlichen Abendlandes, sondern ein Staatenbund, der sich zur pluralistischen Demokratie, zur Durchsetzung der Grund- und Freiheitsrechte, zur Charta der Vereinten Nationen und zu den Gründungsverträgen der EU bekennt und in dem alle Weltanschauungen Platz finden müssen, die sich zu Demokratie und zu Grund- und Menschenrechten bekennen, in dem alle diese Parteien auch die Möglichkeit haben müssen, Koalitionen zu bilden und Regierungen zu stellen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Die Zweite Republik ...

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Herr Abgeordneter, bitte um Ihren Schlusssatz!

Abgeordneter Mag. Helmut Kukacka (fortsetzend): Die Zweite Republik hat sich seit ihrer Gründung zu diesen Werten nicht nur immer wieder bekannt, sondern diese Zweite Republik hat diese Werte auch immer wieder gelebt. Wir brauchen diesbezüglich von niemandem Nachhilfeunterricht – nicht von der Sozialistischen Internationale und auch nicht von der Europäischen Union! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.51

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundeskanzler. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

17.51

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hohes Haus! Zum Dialog dieses Hauses gehört es, dass ich auch noch einmal versuche, auf einige Punkte einzugehen, die angesprochen worden sind.

Mich haben – ich sage das sehr offen – die Ausführungen von Frau Abgeordneter Dr. Pittermann sehr betroffen gemacht, denn ich lege großen Wert darauf – und ich glaube, dass auch Kollege Haupt gut darauf eingegangen ist –, dass man schon die Möglichkeit ergreift und sie einander auch glaubt, dass es die Chance gibt, einen gemeinsamen Wertekanon zu finden und zu definieren. Das muss möglich sein. Bei aller politischen Verschiedenheit: Es muss möglich sein, dass sich dieses Haus, das aus demokratisch gewählten und demokratischen Parteien besteht, auf einen gemeinsamen Wertekanon versteht, der da lautet: Ja zur Demokratie, ja zur Toleranz, ein klares Nein zu Antisemitismus, ein Ja zur Aufarbeitung der Geschichte – egal, ob Holocaust, ob NS-Vergangenheit, Zwangsarbeit und so weiter. Und Sie werden sehen, Frau Abgeordnete, dass ich morgen in der Regierungserklärung auch ganz bewusst darauf eingehen werde.

Ich glaube nicht, dass man leichtfertig – und das hat mich betroffen gemacht – die Geschichte immer wieder aufwärmen soll. (Abg. Dr. Pittermann: O ja! Niemals vergessen!) Man soll sie nie vergessen, und man muss vor allem den Opfern ein viel höheres Maß an Erregung und an Be


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