Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 24. Sitzung / Seite 46

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dazu brauchen wir mehr Unterstützung für Lehrer und Lehrerinnen und auch entsprechende Ausbildungsmöglichkeiten.

Wenn es dann heißt: Autonomie, jede Schule kann das machen!, dann denke ich, das ist unfair. Man muss da sehr aufpassen, denn Autonomie ist nicht gleich Mangelverwaltung.

Frau Ministerin! Sie als Unterrichtsministerin müssen eine moderne Pädagogik möglich machen. Sie sind dafür verantwortlich, und ich denke, das Recht auf entsprechende Ausbildung für jeden und jede muss der zentrale Punkt in unserer Gesellschaft bleiben. Dafür trete ich ein, und dafür tritt die SPÖ ein! – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

11.42

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Leiner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

11.43

Abgeordneter Dr. Günther Leiner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich im Rahmen dieser Debatte einige kritische Gedanken über unsere medizinischen Fakultäten zum Ausdruck bringen.

Die Qualität der Lehre in der Medizin wird von den meisten Lehrern heute noch als außer Diskussion stehend betrachtet, von den Studenten als inexistent oder zumindest deutlich verbesserungswürdig und von der Öffentlichkeit, wenn überhaupt, nur anhand der ärztlichen Erfolge oder Misserfolge beurteilt.

Dies gilt nicht nur in Österreich, aber Konsequenzen wurden bisher eigentlich nur im Ausland gezogen, nicht in Österreich. Thure von Uexküll hat auf dem Symposion "Qualität der Lehre in der Medizin" auf den Paradigmenwechsel im Medizinstudium hingewiesen, als das Philosophikum abgeschafft und das Physikum eingeführt wurde.

Heute stehen wir wieder an einem Wendepunkt, an dem wir erkennen müssen, dass dies ein Fehler war und dass wir von der rein naturwissenschaftlich orientierten Ausbildung mit der Anhäufung von Einzel- und Faktenwissen wieder hin zu einer am Menschen und an seiner Umwelt, seinem sozialen Umfeld und seiner Psyche orientierten und zu einer ganzheitsmedizinischen Betrachtung und Verknüpfung in der lehrenden Ausbildung kommen müssen. Das bedeutet aber, dass wir das Philosophikum und eine Pflegewissenschaft mit einbauen müssen.

Qualitätsmanagement in der Lehre beginnt beim Kopf. Als sicher nicht repräsentativ, aber abschreckend ehrlich sei hier ein Ausspruch eines Wissenschaftlers und hoch angesehenen Hochschullehrers der Innsbrucker Fakultät angeführt, der auf dem Weg zur Vorlesung sagte, er gehe in den Saal der toten Augen. (Abg. Dr. Khol: Das könnte auch manchmal auf das Parlament zutreffen!)  – Wenn man so in den Saal hineinschaut, ja. (Abg. Kiss: Der Saal der müden Augen!)

Qualitätsmanagement ist ein dynamischer Prozess, der auf verschiedenen Ebenen abläuft. Und es ist enorm wichtig, dass die Studenten gleichwertig mit den Professoren und Dozenten in diesen Prozess mit eingebaut werden! In Österreich ist dieser Prozess angelaufen, und ich hoffe, dass er die richtige Richtung einschlägt.

Ich möchte kurz einige massive Mängel in der medizinischen Ausbildung an unserer Universität zusammenfassen.

Erstens: Es bestehen heute noch Strukturen einer Elite-Universität der Jahrhundertwende, die für die derzeit bestehende Massenuniversität keineswegs mehr geeignet sind.

Zweitens: Das Studium ist gekennzeichnet von einer unerhörten Detailüberfrachtung – bei fehlendem Koordinations- und Überblickswissen und fehlender Hinführung zu selbständiger Arbeit und selbständigem Denken.


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