Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 24. Sitzung / Seite 94

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15.01

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir haben bereits in der vergangenen Legislaturperiode einige Male über die Notwendigkeit, staatliches Handeln in allen Bereichen, also auch im Bereich der geheimen Staatsdienste rechtsstaatlich zu regeln und zu kontrollieren, diskutiert. Im Prinzip sind die Grünen immer dafür eingetreten, dass es keinen Bereich staatlicher Tätigkeit geben kann und darf, der sich rechtsstaatlichen Kontrollmechanismen entzieht.

Jetzt liegt für den Bereich der Befugnisse des Militärs, insbesondere der Heeresdienste, eine Regierungsvorlage vor, die nichts Gutes verheißt, die unserer Überzeugung nach die Grenzen des Rechtsstaates sprengt und eine Attacke auf den Rechtsstaat und die BürgerInnen darstellt. Es wird nach Beantwortung der konkret gestellten Fragen auch abzuhandeln sein, mit welchen Personen und wie heute schon konkret die Wahrnehmung jener Befugnisse aussieht, die mit dieser Regierungsvorlage jetzt schwarz auf weiß geregelt werden sollen.

Es gibt gerade dort, wo es um gefährliches, möglicherweise verbotenes, inkriminiertes Handeln geht, ein zentrales Prinzip der Rechtsstaatlichkeit, es heißt: Die Normunterworfenen müssen im Vorhinein wissen und erkennen können, was man in diesem Staat nicht tun darf, was daher potentiell Strafe nach sich zieht, was eventuell zu einem staatlichen Unwert-Urteil führen kann.

Das ist das zentrale Prinzip der Rechtsstaatlichkeit! Diejenigen, die sich möglicherweise mit dem Rechtsstaat anlegen, müssen wissen, was verboten ist, und die Allgemeinheit muss Information darüber haben – Generalprävention wird das genannt –, wo die Grenzen der individuellen Freiheit liegen. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Dr. Jarolim. )

Dieses Prinzip wird unserer Überzeugung nach mit dieser Vorlage mehrfach durchbrochen, denn was genau verbotene, gefährliche, verwerfliche Handlungen sind, ist darin nicht wirklich zu erkennen, ebenso wenig, wer diejenigen sind, die die Gefährlichkeit einschätzen, nach welchen Prinzipien, Grundlagen, Leitlinien oder auch Ideologien sie die Gefährlichkeit einschätzen, und wer demnach mit Observierung, Bespitzelung und Kontrolle zu rechnen hat.

Bleiben wir einmal bei der ersten Frage: Wer sind jene, die gefährlich sein können, und wie erfahren sie davon – zumindest im Nachhinein –, dass man sie für gefährlich gehalten hat?

Wir wissen nur aus Splittern der Vergangenheit, was die Heeresdienste bisher gemacht haben. Es gibt etwa Akten über "Mütter gegen Atomgefahren". Ich frage Sie in aller Form, Herr Bundesminister: Halten Sie es für eine gefährliche Tätigkeit, wenn Frauen, wenn Mütter versuchen, die Gefahren grenznaher Atomkraftwerke zu bannen, mit Unterschriftenlisten, mit Petitionen versuchen, eine tödliche Gefahr zu bannen, unseren Kindern ein Schicksal wie jenes der Kinder von Tschernobyl zu ersparen? Ist das die Gefährlichkeit? (Zwischenruf des Abg. Öllinger. )

Die Existenz zumindest eines Aktes, nämlich des Aktes über die ehemalige grüne Abgeordnete Frau Mag. Pollet-Kammerlander wurde zugegeben, das ist eingestanden, und von einigen anderen Akten wissen wir. Herr Minister! Sie haben selbst früher als Abgeordneter beklagt, dass es da keine Kontrolle gäbe, dass das nur Alibi-Kontrollen seien. Ich frage Sie nun: Wie halten Sie es jetzt als Minister? Sind die "Mütter gegen Atomgefahren" oder einzelne Abgeordnete dieses Hauses nach wie vor gefährlich?

Und warum gehen Sie mit diesem Entwurf noch weiter, wenn in § 20 des Entwurfes – und zwar zwingend! – festgelegt wird, dass Personen, Zeitschriften, AutorInnen zu überwachen sind, die sich "kritisch beziehungsweise teilweise negativ mit dem Bundesheer auseinandersetzen"? – Kritische Auseinandersetzung mit einem Sachverhalt ist der Beruf, die Aufgabe von Journalisten und Journalistinnen, und diese müssen dann überwacht werden, weil sie ihren Beruf ausüben? (Beifall bei den Grünen.)

Es steht etwa auch die immerwährende Neutralität Österreichs im Verfassungsrang, und es gab sogar Minister, die sich nicht nur kritisch damit auseinander gesetzt haben, sondern die Grenzen dieses Neutralitätsgesetzes genau genommen überschritten haben, etwa durch Waffenverkäufe. Ich frage: Sind die nicht viel gefährlicher? Was sind denn das für Maßstäbe, sich "kri


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