Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 36. Sitzung / Seite 124

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Meine Damen und Herren der Regierungsparteien! Überdenken Sie daher Ihren Kahlschlag des Bildungswesens! Österreichs Jugend und Österreichs Wirtschaft werden es Ihnen danken. – Danke sehr. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

16.12

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich der Herr Bundeskanzler. Redezeit 10 Minuten. – Bitte.

16.13

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hohes Haus! Ich bin einige Male angesprochen worden, und ich habe mir auch gedacht, dass es genauso laufen wird, obwohl Abgeordneter Einem und Frau Abgeordnete Kuntzl, die eigentlich die Begründer und Erstredner bei dieser Dringlichen Anfrage gewesen sind, gar nicht mehr im Saal sind. Ich hätte mir eigentlich gedacht, dass wir einen parlamentarischen Dialog führen und dass wir Argumente miteinander austauschen. (Beifall bei der ÖVP.)

Erster Punkt: Es ist einfach nicht richtig – und ich möchte das mit Entschiedenheit zurückweisen –, dass ich gesagt hätte, Bildungspolitik sei ein "Mickymaus-Thema". Im Gegenteil: Für uns ist Bildungspolitik eines der wichtigsten Themen überhaupt, und mich stört, offen gestanden, dass man ständig von "Humankapital" redet. Es geht um Menschen – und um nichts anderes, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zweiter Punkt: Ein wenig würde ich schon auch darum bitten, dass wir in der Wortwahl bei der Mitte des Weges bleiben. (Abg. Dr. Antoni: Ich habe zitiert!) Es ist nicht wahr, dass jetzt auf einmal der Standort Österreich "in Gefahr" gerät, dass ein "Mord am Bildungssystem" geschieht, dass es zu einem "Skandal" kommt, dass "kaputtgespart" wird, dass ins "Gesicht gelogen wird" und so weiter.

Darf ich einmal, was mich betrifft, die angebliche Lüge entlarven. Ich bin nämlich derjenige, der immer gesagt hat, man wird für die Zukunft über Themen wie Studienbeiträge reden müssen. Jeder, der hier im Hause sitzt, weiß das. Ich habe das auch einige Male bei Verhandlungen eingebracht, wir haben auch in der Koalitionsvereinbarung, die nicht verwirklicht wurde, den Weg für solche Studienbeiträge für spezifische Lehrgänge – das waren schwierige Verhandlungen – festgehalten.

Es ist wahr, dass von Ihrer Seite massiv die Abschaffung der Familienbeihilfe für Studenten thematisiert wurde. Das soll auch einmal gesagt werden. Für die Studenten ist es völlig gleichgültig, ob sie pro Jahr 30 000 S oder über 30 000 S durch die Streichung der Familienbeihilfe verlieren und dafür der angeblich freie Hochschulzugang ohne Numerus clausus – der bleibt sowieso – gewahrt bleibt, ebenso die Schimäre, dass Studieren nichts kostet, was natürlich nicht wahr ist. Die Gesellschaft investiert in jeden Studenten, und richtigerweise investiert sie in jeden Studenten, Herr Professor, zwischen 100 000 S und 250 000 S, je nachdem. Es gibt sehr unterschiedliche Studienrichtungen, es kommt darauf an, ob Laborplätze oder nicht Laborplätze, und darauf, ob man die Karteileichen hereinrechnet oder nicht. Pro Student investiert die Gesellschaft 100 000 S bis 200 000, 250 000 S.

Was habe ich nun wirklich bei dieser Diskussion mit Schülern, die ja einige Male zitiert wurde, gesagt – heute übrigens nachzulesen im "Standard" –: Ich bin ein Ökonom. Alle Ökonomen halten stärkere Gebührenfinanzierung öffentlicher Leistungen für richtig. Das muss nicht kostendeckend sein, also etwa 10 000 S pro Student und Jahr. Die Diskussion wird dennoch kommen, sie wird aber von den Unis zu führen sein. Politisch haben wir Studiengebühren alleine nicht vor.

Die Rektoren haben uns dann gesagt, da muss die Politik entscheiden. Jetzt entscheidet die Politik. Das jetzt als einen Richtungswechsel darzustellen, ist einfach nicht korrekt. Ich sage das hier sehr offen. Ehrlicher und offener kann man eine solche Frage gar nicht diskutieren, und ich stehe dazu. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Das Argument der Frau Bildungsminister ist ja bestechend. Wenn es heute für Kindergärten einen Kostenbeitrag pro Monat zwischen 1 000 S und 3 000 S in manchen sozialdemokratisch


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