Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 54. Sitzung / Seite 62

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Meine Damen und Herren! Auch ein Unternehmen könnte nicht so handeln, denn ein Unternehmen wird aus sehr gutem Grund Reserven anlegen; beispielsweise dafür, allfälligen Schadensfällen vorzubeugen, beispielsweise dafür, künftig zu erwartende Kosten abzudecken. Genau aus diesem Grund wurden im Rahmen der Bundesverwaltung, im Rahmen des Bundesbudgets Fonds geschaffen, um so quasi in den fetten Jahren Vorsorge für die mageren Jahre treffen zu können. Genau dann, wenn die Beschäftigungsquote hoch ist – und dieses österreichische Beschäftigungswunder muss man sich im Detail anschauen, wie viele dieser neuen Jobs denn noch wirklich existenzsichernd sind –, sollte die Möglichkeit geschaffen werden, arbeitsmarktpolitische Investitionen dann zu tätigen, wenn es vielleicht notwendig ist, öffentlich gegenzusteuern. Und genau diese Möglichkeit rauben Sie für die Zukunft! (Beifall bei den Grünen.)

Es wurde ziemlich viel über das Kinderbetreuungsgeld gesprochen. Frau Abgeordnete Steibl hat vorhin leidenschaftlich dafür Stellung genommen, aber ich würde Sie doch ersuchen, ein paar simple Fragen zu beantworten. Sie haben gesagt, es gehe um Wahlfreiheit. Ich behaupte: Das ist nicht der Fall! Wenn es wirklich so ist, dass jede Betreuungsperson, jede Frau, jeder Mann, entscheiden können soll, ob er/sie das Geld entweder für die häusliche Kinderbetreuung oder zur Finanzierung eines Kindergartenplatzes, eines Krippenplatzes, einer Tagesmutter, eines Tagesvaters einsetzt, dann muss ich fragen: Wieso ist es aber so, dass dieses Geld etwa im Fall von Zwillings- oder Mehrlingsgeburten oder dann, wenn Kinder knapp hintereinander folgen, ein- und nur einmal zustehen soll? Das werden Sie der Öffentlichkeit erklären müssen. Glauben Sie, Sie bekommen einen so hohen Extrarabatt, dass für das zweite Kind im Kindergarten null Schilling zu zahlen sind? Oder denken Sie – Sie, die Sie diese "Kinderbetreuungsmilliarde" auf null gesetzt haben – nicht in Wahrheit daran: Die wird ohnehin zu Hause bleiben!? Das steckt doch in Wahrheit dahinter!

Oder besteht nicht auch ein Zusammenhang mit der Ladenöffnungs- oder Ladenschlussdebatte? Sie werden jetzt – Herr Bundesminister Bartenstein hat sich diesbezüglich ja sehr eindeutig geäußert – für eine Zuverdienstgrenze eintreten. Ich frage Sie, warum. Dort, wo es um Zahlungen aus demselben Fonds, dem Familienlastenausgleichsfonds, geht, die im Wesentlichen Unterhaltspflichtige, und das sind in stärkerem Ausmaß Männer, entlasten, dort, wo es um die Familienbeihilfe geht, weiß ich von keiner Einkommensabhängigkeit, aber dort, wo es zu über 90 Prozent um Frauen geht, da ist das ganz klar, da ist der Herr Finanzminister, da ist der Herr Wirtschaftsminister selbstverständlich für eine Zuverdienstgrenze.

Dadurch wird ganz klar erreicht, dass gerade jene Frauen, die Sie so gerne in Ihren Werbebroschüren anführen, nämlich die qualifizierten Frauen, die tatsächlich sagen: Ich will meinen Beruf und mein Familienleben miteinander vereinbaren!, nichts bekommen werden, obwohl für deren Lohnsumme etwas einbezahlt wird. Eine Zuverdienstgrenze von 15 000 S schlägt Herr Minister Bartenstein vor. Zeigen Sie mir eine qualifizierte Frau, die diesen Betrag nicht verdient! Weshalb, aus welchem Grund soll es bei den Frauen eine Einkommensgrenze geben, die bei einer Leistung, die in stärkerem Ausmaß Männer entlastet, nicht vorgesehen ist? Wie können denn die ÖVP-Frauen einem solchen System zustimmen? Oder haben Sie de facto wirklich dieses gesellschaftspolitische Ideal von Heim und Herd im Kopf und sehen den einmaligen Ausstieg als immerwährenden Ausstieg?

Meine Damen und Herren! Was intendiert ist, ist klar. Es werden im Zuge der stärkeren Liberalisierung immer schlechtere Jobs angeboten, nicht begehrte Jobs, sondern etwa Jobs im Handel, Arbeit auf Abruf, Arbeit in den Abendstunden. Die soziale Infrastruktur hat nicht Schritt gehalten. Und das ist genau die Funktion, die Sie den Frauen zumessen: Sie sollen schon ein bisserl dazu verdienen können, für den Urlaub oder für den Kredit fürs Auto, bloß: gleiche Teilhabe, gleiche Rechte, Gleichstellung – genau das wird mit dieser Art der Regelung verhindert. Und das nenne ich nicht Sparen, sondern das ist eigentlich der böseste Eingriff in die Zukunft eines modernen Landes. (Beifall bei den Grünen.)

17.48

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner hat sich Herr Abgeordneter Nürnberger zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte. (Abg. Nürnberger  – auf dem Weg zum Rednerpult –: Oder 7!)  – Sie haben 7, richtig.


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