Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 66. Sitzung / Seite 7

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Was heißt das, geschätzte Damen und Herren? – Die Wendepolitik wurde auch in der Bildung vollzogen. "Speed kills" hält Einzug an den Schulen. Wohin das führt oder führen kann, wissen wir sehr deutlich aus Erfahrungen in anderen Ländern. Das öffentliche Bildungswesen in Großbritannien leidet heute noch an der von Margaret Thatcher damals betriebenen Aushungerungspolitik der öffentlichen Schulen. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Brosz.  – Abg. Dr. Brinek: Jetzt gibt es aber schon einige Zeit Tony Blair!)  – Ja, aber der Rückschlag, Frau Kollegin Brinek, war so dramatisch, dass selbst Blair mit seinen Bildungsoffensiven den Stand der Zeit vor Margaret Thatcher nicht herstellen konnte. (Beifall bei der SPÖ. – Neuerlicher Zwischenruf der Abg. Dr. Brinek. ) Glauben Sie mir, ich war, bevor Margaret Thatcher an die Regierung kam, in England und habe mir in meiner damaligen Funktion das englische Bildungswesen angesehen. Es war wirklich beglückend, wie dort mit Kindern gearbeitet wurde.

Meine Damen und Herren! Eine abermals sehr deutliche Antwort auf Ihre – ich würde sagen – unsoziale Rasenmähersparpolitik haben Ihnen ja wohl die Wiener Wählerinnen und Wähler gegeben. Ihre ideenlosen Sparmaßnahmen im Bildungsbereich haben das Wahlergebnis sicherlich nicht unwesentlich beeinflusst, und weitere Denkzettel werden folgen. Glauben Sie mir eines: Die Betroffenen werden das nicht so hinnehmen und sich das nicht gefallen lassen. Ich darf Sie nur an die Reaktionen der Vorarlberger Lehrerinnen und Lehrer erinnern. Auch die Eltern der Schüler, die unlängst im Fernsehen zu sehen waren, haben eine überaus deutliche Sprache gesprochen. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Sie schrecken auch nicht davor zurück, eine Studentensteuer einzuführen. Mit Ihrem Slogan "Speed kills" haben Sie den Weg der Chancengerechtigkeit für alle, den die SPÖ jahrzehntelang geprägt hat, einfach abrupt verlassen. Mit Ihrer "LehrerInnen raus!"-Politik setzen Sie den guten Ruf der österreichischen Schule willkürlich aufs Spiel. Allein ab dem kommenden Schuljahr 2001/2002 wird es im Pflichtschulbereich 2 118 Planstellen weniger geben. Dazu kommen 1 300 Planstellen an allgemeinbildenden und berufsbildenden höheren Schulen, die es weniger geben wird. Das sind nur Planstellen. Es wird sich in Summe um mindestens 5 000 bis 6 000 Lehrerinnen und Lehrer handeln. Und das ist erst der Anfang, denn wir alle wissen ganz genau, dass der Finanzausgleich mit seinen Folgen noch Weiteres nach sich ziehen wird.

Sie haben sich vollkommen der Nullen-Erotik und dem Zahlendiktat der Vizekanzlerin und des Finanzministers unterworfen. Sie, sehr geehrte Frau Bundesminister, sind nicht mehr in der Lage, eine eigenständige Bildungspolitik zu betreiben. Sie schieben ja auch permanent jegliche Verantwortung von sich weg: Das Bildungsdesaster haben andere verschuldet! (Abg. Mag. Schweitzer: So ist es, Dieter!)  – Und das, meine Damen und Herren, ist keine verantwortungsbewusste Bildungspolitik, wenn sich die Frau Bildungsministerin nicht mehr für Bildung zuständig fühlt beziehungsweise nicht mehr dafür verantwortlich sein will.

Die Ankündigungen des Herrn Bundeskanzlers in der Regierungserklärung, die Inhalte des Regierungsprogramms, aber auch die Inhalte Ihrer vielen Sonntagsreden von der so genannten Bildungsoffensive, von der Qualitätsoffensive, von der Fremdsprachenoffensive, von der Technologieoffensive, ja von der Schwerpunktsetzung im Bereich der Weiterbildung und der Erwachsenenbildung sind in Wirklichkeit heute bereits Makulatur. Wie sieht denn die Praxis aus? – Die berufsbildenden höheren Schulen sind hoffnungslos überfüllt. Das wird ignoriert. Es gibt keine zusätzlichen Lehrerinnen und Lehrer, keine zusätzlichen Werteinheiten, keine zusätzlichen Schulplätze, keinen zusätzlichen Schulraum, keine Ausstattung für diese Schulen, keine Investitionen in die notwendige Fremdsprachenoffensive – weder an den Schulen, noch im Bereich der Lehrerfort- und -weiterbildung. Die "Technologie-Milliarde" tröpfelt nur langsam herein; bis jetzt ist das viel zu wenig.

Sie setzen auch keine Initiativen für Ausbildungsplätze von Jugendlichen, die keine Lehrplätze finden. Wir werden im Herbst 1 200 praxisorientierte Ausbildungsplätze brauchen. Sie setzen weiters keinerlei zusätzliche Initiativen für das Nachholen von Bildungsabschlüssen, sei es in der Hauptschule, sei es in der Berufsschule oder im Bereich der Berufsreifeprüfung.

Sehr geehrte Frau Bundesminister! Das alles scheint Sie nicht zu interessieren. Sie ignorieren alle Meinungen von Bildungsexperten, die unisono feststellen, dass es auf Grund der ideenlosen


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