Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 74. Sitzung / Seite 215

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Es gibt nun zwei Möglichkeiten, diesen Schritt durchzuführen: Einer besteht darin, dass das Vermögen der Anstalten des öffentlichen Rechtes in Form einer Sacheinlage in eine Kapitalgesellschaft eingebracht wird. Wenn dies geschieht, entsteht eine Fülle von Problemen. Die rechtliche Hülle der Anstalt bleibt bestehen. Für die Vertragspartner, Mitarbeiter und Gläubiger gibt es viele rechtliche Unsicherheiten, die das Wirtschaftsleben gefährden und die auch rechtliche Auseinandersetzungen hervorrufen, die überhaupt unterbleiben könnte.

Unterbleiben könnten sie bei der direkten Umwandlung einer Anstalt des öffentlichen Rechtes in eine privatrechtliche Gesellschaftsform. Gerade für diese wirtschaftlich und rechtlich richtige Form der Umwandlung, wenn privatisiert wird, wenn strukturiert wird, gibt es keine ausreichende rechtliche Grundlage. Das darf man nicht übersehen. Das, was jetzt geschehen soll, ist die Schaffung einer ausreichenden rechtlichen Grundlage.

Bitte, Frau Dr. Moser, gehen Sie nicht davon aus, dass der Staat auch besser kontrolliert, als dies in der Privatwirtschaft erfolgt. Es ist nicht so. In der Privatwirtschaft gibt es in den Kapitalgesellschaften ausreichende und historisch gewachsene Kontrollorgane, insbesondere die Aufsichtsräte mit Haftungsvorschriften, auch Durchgriffsmöglichkeiten, also ein System der Kontrolle und der Überwachung, das genau für diese wirtschaftliche Tätigkeit erforderlich ist. Der Staat aber ist auf wirtschaftliche Tätigkeiten nicht wirklich eingerichtet.

Es ist daher, glaube ich, nicht ganz verständlich, wenn dem Entschließungsantrag die Zustimmung versagt wird, weil es notwendig ist, dass man für die jeweilige Form der wirtschaftlichen Betätigung als Rechtsstaat und als Rechtsordnung immer eine richtige Rechtsform zur Verfügung stellt. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

22.23

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Heinzl. – Bitte.

22.24

Abgeordneter Anton Heinzl (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Dem Abgeordneten Kößl zur Information: Herr Abgeordneter, die Wiener Stadtwerke befinden sich weiterhin im hundertprozentigen Eigentum der Stadt Wien und sind somit nicht privatisiert. Das nur zu Ihrer Information.

Sehr geehrte Damen und Herren! Wir debattieren heute auch einen Antrag betreffend gesellschaftsrechtliche Bestimmungen zur Erleichterung von Ausgliederungen im Bereich der Länder und Gemeinden. Ihre Ideologie, meine Damen und Herren von der rechten Seite dieses Hauses, liegt wieder einmal ganz offen da: Sie enteignen die österreichische Bevölkerung nach Strich und Faden. Sie kündigen in diesem vorliegenden Antrag an, dass weitere Ausgliederungen und Privatisierungsschritte auch in Zukunft geplant sind. Das ist bei Ihnen eigentlich eine gefährliche Drohung.

Sie nehmen der österreichischen Bevölkerung ihr Eigentum weg und lassen es Ihren Freunden zukommen – das ist hinlänglich bekannt. Die größte Arroganz in der gesamten Angelegenheit ist, dass Sie ein paar privaten Eigentümern den Nutzen der Unternehmungen zukommen lassen wollen, eventuelle Haftungen sollen aber die Steuerzahler übernehmen. Der Staat soll nichts mehr davon haben, aber er soll schön zahlen, wenn der private Eigentümer, durch welche Gründe auch immer, in eine schwierige Situation kommt.

Abgeordnete Mikl-Leitner und Kollegen schreiben in der Erläuterung zum Antrag: "Die Überführung der wirtschaftlichen Aktivitäten der öffentlichen Hand in Rechtsformen des Privatrechts hat sich bewährt."

Wenn Sie ehrlich wären, müsste dieser Satz eigentlich lauten: Die Überführung der wirtschaftlichen Aktivitäten der öffentlichen Hand in Rechtsformen des Privatrechts hat sich für die schwarz-blaue Seilschaft bewährt. – Sie nehmen es den Armen und geben es den Reichen. Ich frage Sie: Wo bleibt das Christliche, wo bleibt das Soziale in Ihrem Handeln, meine Damen und Herren von der Kanzlerpartei?


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