Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 76. Sitzung / Seite 81

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13.20

Abgeordnete Sophie Bauer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ob Sie es zugeben wollen oder nicht: Mit den Abänderungsanträgen zur 58. ASVG-Novelle nutzen Sie als Regierungsparteien Ihre Mehrheiten im Parlament und ändern Gesetze zu Ihren Gunsten. (Abg. Dr. Khol: Zu Gunsten der Bevölkerung!) Dieses Vorgehen ist demokratiepolitisch unerträglich und auch verfassungsrechtlich fragwürdig. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Schwarzenberger: Die Mehrheit im Parlament bestimmt nun einmal!)

Sie missachten eine demokratische Wahlentscheidung der Versicherten bei den Arbeiterkammerwahlen. Sie wollen ein bestelltes Management, das Ihren Forderungen und Wünschen entspricht. (Abg. Haigermoser: Da haben Sie behauptet, Sie schreiben Ihre Reden selbst! Wir glauben es auch!) Die vorgesehene Unvereinbarkeitsregelung führt systematisch zu einem Ausschluss von VersichertenvertreterInnen und Vertretern der Gewerkschaften und der Arbeiterkammern. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Haigermoser. )

Meine Damen und Herren von der Regierung! Wir haben in Österreich ein gut funktionierendes Sozialversicherungssystem, um das uns viele Staaten beneiden. In Ihrem Machtrausch, Herr Abgeordneter Haigermoser (Abg. Haigermoser: Ich habe einen "Machtrausch"? Wo bemerken Sie meinen "Machtrausch"?), wollen Sie dieses hervorragende Sozialversicherungssystem verändern, indem Sie die Versicherungspflicht in eine Pflichtversicherung umwandeln, obwohl wir Ihnen im Ausschuss für Arbeit und Soziales in stundenlangen Wortmeldungen die Verschlechterungen dieser Abänderungen dargelegt haben. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen und der ÖVP.) Sie setzen ohne Dialog Ihre Vorhaben um, treten damit die demokratischen Prinzipien mit Füßen. Nicht umsonst sitzt Bundeskanzler Schüssel im Metternich-Zimmer. (Abg. Haigermoser: Wo sitzt er? Bitte noch einmal! – Abg. Dr. Khol: Wer war der Metternich? – Abg. Schwarzenberger: Das weiß sie doch gar nicht!)

Meine Damen und Herren! Mit diesen Abänderungen entsteht nämlich eine Zwei-Klassen-Medizin, wo sich nur die Wohlhabenden eine adäquate medizinische Versorgung leisten können, aber die sozial Schwächeren, chronisch Kranke, kinderreiche Familien, Menschen mit geringem Einkommen und Ältere bleiben auf der Strecke.

Meine Damen und Herren, insbesondere von der ÖVP! Ich weiß, dass Sie bei Ihrer Klubtagung in Alpbach festgestellt haben, wie wichtig die Versicherungspflicht ist. Sie waren sich einig, dass die Beibehaltung der Versicherungspflicht gegenüber allen anderen Versicherungsformen das Wichtigste ist. Sie wissen auch, dass dieses Modell bisher für die Bürgerinnen und Bürger das erfolgreichste war.

Aber, meine Damen und Herren von der Regierung, Sie wissen anscheinend nicht, dass es Menschen gibt, die bei einer Vollbeschäftigung 12 500 S verdienen, das sind nicht einmal ganz 9 000 S Nettoeinkommen. Wie sollen sich diese Menschen eine Versicherung aussuchen können, um für ihre Gesundheit Vorsorge zu treffen? Schon gar nicht geht das, wenn das ein Risikopatient ist. Wie sollen sich Menschen mit einem niedrigen Einkommen, die von Ihren gesetzlichen Maßnahmen betroffen sind, überhaupt noch etwas leisten können?

Wo bleibt hier das christliche Verständnis von Abgeordnetem Khol? (Beifall bei der SPÖ.) Was werden Sie, meine Damen und Herren von der ÖVP, noch alles mittragen und verändern, nur damit der Kanzler gesichert bleibt?

Meine Damen und Herren! Der Machtrausch, mit dem Sie jetzt arbeiten, wird für Sie nicht erfolgreich sein. Deshalb: Nehmen Sie Abstand von diesen Abänderungsanträgen, und gefährden Sie den sozialen Frieden in unserem Land nicht! (Beifall bei der SPÖ.)

13.24

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Tancsits zu Wort gemeldet. – Bitte.


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