Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 83. Sitzung / Seite 24

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beginnen und sagen: Dieses Programm darf in dieser Form nicht beschlossen werden, wir wehren uns dagegen, dass 17 Milliarden Schilling für den Weiterbestand der Atomwirtschaft in Europa verwendet werden – oder werden Sie, wie Sie das auch bisher schon getan haben, den Kopf einziehen, sich dort vielleicht ein bisschen verbal kritisch dazu äußern, aber das war’s dann?!

Werden Sie gegen dieses Programm, werden Sie gegen diese 500 Millionen Schilling österreichischen Steuergeldes ein Veto einlegen: ja oder nein? (Abg. Ing. Westenthaler: Jetzt tun Sie sich schon sehr schwer!) Das wäre ein vernünftigerer Zugang, als unsere Nachbarn zu erpressen, Herr Westenthaler!

Ich sage Ihnen auch gerne noch zwei Sätze zu Temelín: Ich wünsche, ja ich erwarte mir von der österreichischen Bundesregierung, ich erwarte mir von ÖVP und FPÖ, dass Sie eine Atompolitik machen, die diesen Namen auch verdient – und dass Sie nicht nur im Inland PR machen, ein Volksbegehren initiieren, dessen Sinn sehr, sehr zweifelhaft ist, das kontraproduktiv ist, sondern dass Sie dort, wo die Entscheidungen getroffen werden, dass Sie dort, wo wirklich die Weichenstellungen fallen, endlich einmal vernünftige Politik machen – und nicht nur im Inland Werbung für Ihre Parteien, also parteitaktische Spiele spielen. Das ist ein ernst zu nehmender Vorschlag, und das sollten Sie durchaus einmal aufgreifen! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Abschließend: Für mich war es wirklich erschreckend, zu sehen, wie das auseinander klafft: auf der einen Seite dieser unglaubliche verbale Temelín-Widerstand; man überbietet sich gegenseitig in der Radikalität der Worte, auf der anderen Seite jedoch diese Sündenfälle österreichischer Atompolitik zu erleben – egal, ob das die Einkäufe von Atomkonzernen in Kärnten bei Landeshauptmann Haider waren, der das zugelassen hat, ob das in der Steiermark ist oder ob das der ständige Widerstand dagegen ist, dass Alternativenergien, dass Ökostrom gefördert werden. Diese ganze Palette zu sehen, dass keine vernünftige Energiepolitik gemacht, sondern nur gezetert und geschrien wird, stimmt mich mehr als nachdenklich.

Aber die österreichische Öffentlichkeit wird sich schon ihr eigenes Bild von dieser doppelbödigen, von dieser heuchlerischen Anti-Atompolitik machen! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Ing. Westenthaler: Das fängt schon gut an, Herr Präsident, mit solchen Worten! "Heuchlerisch" ist sehr an der Grenze!)

9.15

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Glawischnig, Abgeordneter Westenthaler hat Recht: "Heuchlerisch" ist sehr an der Grenze! – Fangen wir doch diese Debatte nicht gleich so an! Denken Sie an die österreichische Öffentlichkeit, die uns auch bei dieser Debatte auf den Mund schaut! Ich bitte, diese Mahnung zu berücksichtigen. Und das gilt natürlich für alle Rednerinnen und Redner aller Fraktionen.

Nun gelangt der Herr Bundeskanzler zur Abgabe einer Stellungnahme zu Wort. Diese soll nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung 10 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

9.16

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hohes Haus! Herzlich willkommen (in Richtung Galerie) die rumänische Delegation! – Ich glaube, dass die Aktuelle Stunde der Grünen ein sehr gutes Beispiel dafür ist, wie man, eigentlich sehr geschickt, aber nicht der Wahrheit entsprechend, zwei Dinge miteinander vermischt: nämlich das berechtigte Engagement gegen das AKW Temelín und ein Atomforschungsprogramm, das innerhalb des EURATOM-Vertrages abgewickelt wird.

Ganz präzise, weil ja viele hunderttausend Österreicher jetzt zusehen: Mit Temelín hat das überhaupt nichts zu tun! Kein Schilling aus dem EURATOM-, aus dem Forschungsprogramm, geht nach Temelín! Frau Abgeordnete, Sie haben genau den gegenteiligen Eindruck zu erwecken versucht, und das finde ich persönlich unfair, denn das entspricht nicht der Wahrheit! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Zwischenruf bei den Grünen.)


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