Stenographisches Protokoll

89. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

 

XXI. Gesetzgebungsperiode

 

Donnerstag, 13. Dezember 2001

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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Stenographisches Protokoll

89. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXI. Gesetzgebungsperiode Donnerstag, 13. Dezember 200


Nationalrat, XXI.GP
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89. Sitzung / Seite 2

1

Dauer der Sitzung

Donnerstag, 13. Dezember 2001: 14.06 – 21.19 Uhr

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Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Ausbildung, Tätigkeiten und Beruf der Sanitäter erlassen wird und das Bundesgesetz über die Regelung des medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sanitätshilfsdienste, das Ausbildungsvorbehaltsgesetz und das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz geändert werden

2. Punkt: Bericht und Antrag betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das ASVG geändert wird

3. Punkt: Bericht über das Stenographische Protokoll der parlamentarischen Enquete (III-106 d. B.) zum Thema "Solidarität mit unseren Sterbenden – Aspekte einer humanen Sterbebegleitung in Österreich"

4. Punkt: Bundesgesetz über den Zugang zu klassifizierten Informationen und deren sichere Verwendung (Informationssicherheitsgesetz), InfoSiG

5. Punkt: Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta)

6. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Rezeptpflichtgesetz, das Apothekengesetz, das Medizinproduktegesetz und das Arzneibuchgesetz geändert werden

7. Punkt: Bericht und Antrag betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem ein Bundesgesetz über die Anwendung von Arzneimitteln bei Lebensmittel liefernden Tieren (Tierarzneimittelkontrollgesetz – TAKG) sowie ein Bundesgesetz über die Einfuhr von Arzneiwaren (Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002) erlassen werden und mit dem das Tierärztegesetz geändert wird

8. Punkt: Bericht über den Antrag 506/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Studien über den Einsatz von "Erwachsenenmedikamenten" in der Kinderheilkunde

9. Punkt: Bericht über den Antrag 507/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserungen bei der Zulassung von Arzneimittelspezialitäten für Kinder und Jugendliche

10. Punkt: Bericht über den Antrag 508/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prüfung bei der Neuzulassung von Arzneimittel für Kinder und Jugendliche

11. Punkt: Bericht über den Antrag 577/A der Abgeordneten Hermann Böhacker, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird

12. Punkt: Ersuchen des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien (15 U 571/01x) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung der Abgeordneten zum Nationalrat Ridi Steibl

13. Punkt: Ersuchen des Landesgerichtes St. Pölten (32 Hv 1033/01s) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung der Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johanna Mikl-Leitner

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Inhalt

Personalien

Verhinderungen 11

Ordnungsruf 102

Geschäftsbehandlung

Einwendungen der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic gegen die Tagesordnung gemäß § 50 der Geschäftsordnung 11

Wortmeldung des Abgeordneten Dr. Andreas Khol in Bezug auf die Einwendungen der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic 12

Durchführung einer Debatte gemäß § 50 Abs. 1 der Geschäftsordnung 12

Redner:

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 12

Mag. Karl Schweitzer 13

Mag. Johann Maier 14

Georg Schwarzenberger 15

Manfred Lackner 16

Dr. Gabriela Moser 17

Einwendungen finden keine Mehrheit 18

Absehen von der 24-stündigen Frist für das Aufliegen der schriftlichen Ausschussberichte 947, 945 und 946 d. B. gemäß § 44 (2) der Geschäftsordnung 18

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 2870/AB gemäß § 92 Abs. 1 der Geschäftsordnung 19

Wortmeldungen in Bezug auf das gestellte Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 2870/AB:

Dr. Andreas Khol 19

Karl Öllinger 19

Ing. Peter Westenthaler 20

Dr. Josef Cap 20

Unterbrechungen der Sitzung 20, 26


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Mitteilung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer betreffend Zurückziehung des gestellten Verlangens auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 2870/AB 20

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung 21

Wortmeldung des Abgeordneten Karl Öllinger im Zusammenhang mit dem von Abgeordnetem Dr. Alois Pumberger in der gemeinsamen Debatte über die Tagesordnungspunkte 1 und 2 eingebrachten Abänderungsantrag 26

Mitteilung des Präsidenten Dr. Heinz Fischer betreffend Zulässigkeit des oben erwähnten Abänderungsantrages 26

Antrag der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim und Genossen auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses zur Untersuchung folgender Gegenstände:

Aufklärung der Vorwürfe bezüglich der Weitergabe von Polizeidaten an Dritte und des Vorwurfes einer systematischen Bespitzelung durch Angehörige des Sicherheitsapparates,

Aufklärung der Vorwürfe bezüglich der Verschleppung der gegenständlichen Verfahren durch die Staatsanwaltschaft oder andere und Aufklärung aller damit in Zusammenhang stehenden Weisungen und sonstigen Rechtsakte,

Aufklärung der Vorwürfe im Zusammenhang mit der Einstellung von Verfahren ohne vorherige Einvernahme des "Quasi-Kronzeugen" Kleindienst und der Umstände, die die rechtzeitige Einvernahme verhinderten,

Untersuchung der rechtlichen und politischen Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit diesen Sachverhalten,

gemäß § 33 Abs.1 der Geschäftsordnung 114

Bekanntgabe 28

Ablehnung des Antrages 115

Wortmeldung des Abgeordneten Peter Schieder im Zusammenhang mit den Ausführungen des Bundesministers Mag. Herbert Haupt in der gemeinsamen Debatte über die Tagesordnungspunkte 1 und 2 34

Antrag der Abgeordneten MMag. Dr. Madeleine Petrovic und Genossen, den Bericht und Antrag des Gesundheitsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem ein Bundesgesetz über die Anwendung von Arzneimitteln bei Lebensmittel liefernden Tieren (Tierarzneimittelkontrollgesetz – TAKG) sowie ein Bundesgesetz über die Einfuhr von Arzneiwaren (Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002) erlassen werden und mit dem das Tierärztegesetz geändert wird (935 d. B.), gemäß § 53 Abs. 6 Z. 2 der Geschäftsordnung an den Gesundheitsausschuss rückzuverweisen – Ablehnung 109, 110

Bundesregierung

Vertretungsschreiben 11

Ausschüsse

Zuweisungen 18


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Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (872 d. B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Ausbildung, Tätigkeiten und Beruf der Sanitäter erlassen wird und das Bundesgesetz über die Regelung des medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sanitätshilfsdienste, das Ausbildungsvorbehaltsgesetz und das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz geändert werden (930 d. B.) 21

2. Punkt: Bericht und Antrag des Gesundheitsausschusses betreffend
den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das ASVG geändert wird (931 d. B.) 21

Redner:

Dr. Günther Kräuter 21, 47

Dr. Alois Pumberger 23

Dr. Kurt Grünewald 27

Dr. Erwin Rasinger 28

Dr. Günther Kräuter (tatsächliche Berichtigung) 30

Bundesminister Mag. Herbert Haupt 30, 33

Doris Bures 31

Mag. Beate Hartinger 34

Helmut Dietachmayr (tatsächliche Berichtigung) 35

Anna Huber 35

Dr. Christof Zernatto 36

Manfred Lackner 37

Dr. Brigitte Povysil 39

Heidrun Silhavy 40

Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck 42

Jutta Wochesländer 42

Karl Öllinger 43

Arnold Grabner 45

Mag. Karl Schweitzer 46

Karlheinz Kopf 47

Entschließungsantrag der Abgeordneten Doris Bures und Genossen betreffend Anpassung der Pensionen zumindest mit der Inflationsrate – Ablehnung 32, 48

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy und Genossen betreffend Heizkostenzuschuss für Personen mit einem Haushaltseinkommen unter 12 000 S – Ablehnung 41, 48

Annahme der beiden Gesetzentwürfe 47

3. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über das Stenographische Protokoll der parlamentarischen Enquete (III-106 d. B.) zum Thema "Solidarität mit unseren Sterbenden – Aspekte einer humanen Sterbebegleitung in Österreich" (933 d. B.) 49

Redner:

Manfred Lackner 49

Dr. Alois Pumberger 50

Ridi Steibl 51

Dr. Kurt Grünewald 53

Heidrun Silhavy 55

Mag. Beate Hartinger 56


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Edeltraud Gatterer 5
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7

Theresia Haidlmayr 59

Renate Csörgits 60

Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck 6


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1

Mag. Karin Hakl 62

Evelyn Freigaßner 63

Dr. Kurt Grünewald (tatsächliche Berichtigung) 64

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 933 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Maßnahmen nach den Erkenntnissen der parlamentarischen Enquete "Solidarität mit unseren Sterbenden – Aspekte einer humanen Sterbebegleitung in Österreich" vom 29.5.2001 (E 115) 64

4. Punkt: Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (753 d. B.): Bundesgesetz über den Zugang zu klassifizierten Informationen und deren sichere Verwendung (Informationssicherheitsgesetz), InfoSiG (941 d. B.) 64

Redner:

Peter Schieder 64

Dr. Gerhard Kurzmann 65

Dr. Peter Pilz 66

Ing. Hermann Schultes 69

Bundesministerin Dr. Benita Ferrero-Waldner 70

Dr. Peter Pilz (tatsächliche Berichtigung) 72

Mag. Walter Posch 72

Wolfgang Jung 74

Mag. Ulrike Lunacek 75

Wolfgang Großruck 76

Dr. Johannes Jarolim 78

Erwin Hornek 79

Annahme 80

5. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (763 d. B.): Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta) (932 d. B.) 81

Berichterstatter: Karl Donabauer 81

Redner:

Ing. Erwin Kaipel 81

Ing. Kurt Scheuch 82

Mag. Johanna Mikl-Leitner 83

Dr. Kurt Grünewald 83

Renate Csörgits 85

Dr. Brigitte Povysil 85

Staatssekretär Dr. Reinhart Waneck 86

Genehmigung 86

Gemeinsame Beratung über

6. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (777 d. B.): Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Rezeptpflichtgesetz, das Apothekengesetz, das Medizinproduktegesetz und das Arzneibuchgesetz geändert werden (934 d. B.) 86

7. Punkt: Bericht und Antrag des Gesundheitsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem ein Bundesgesetz über die Anwendung von Arzneimitteln bei Lebensmittel liefernden Tieren (Tierarzneimittelkontrollgesetz – TAKG) sowie ein Bundesgesetz über die Einfuhr von Arzneiwaren (Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002) erlassen werden und mit dem das Tierärztegesetz geändert wird (935 d. B.) 87

8. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 506/A (E) der Abgeordneten


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Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Studien über den Einsatz von "Erwachsenenmedikamenten" in der Kinderheilkunde (936 d. B.) 87

9. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 507/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserungen bei der Zulassung von Arzneimittelspezialitäten für Kinder und Jugendliche (937 d. B.) 87

10. Punkt: Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 508/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prüfung bei der Neuzulassung von Arzneimittel für Kinder und Jugendliche (938 d. B.) 87

Redner:

Mag. Johann Maier 87

Roland Zellot 89

Dr. Gabriela Moser 89

Karl Donabauer 92

Anna Huber 94

Jutta Wochesländer 95

Dr. Kurt Grünewald 96

Nikolaus Prinz 98

Marianne Hagenhofer 99

Anna Elisabeth Achatz 99

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber 100

Bundesminister Mag. Herbert Haupt 102, 109

Mag. Beate Hartinger 104

Mag. Ulrike Sima 104

Ing. Kurt Scheuch 105

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (tatsächliche Berichtigung) 106

Manfred Lackner 106

Dr. Alois Pumberger 107

Ing. Erwin Kaipel 108

MMag. Dr. Madeleine Petrovic 109

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen betreffend Vorlage eines Anti-Doping-Gesetzes – Ablehnung 88, 111

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen betreffend BSE-Vorsorgemaßnahmen in Österreich – Ablehnung 101, 111

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 934 und 935 d. B. 110

Kenntnisnahme der drei Ausschussberichte 936, 937 und 938 d. B. 111

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 938 d. B. beigedruckten Entschließung betreffend Arzneimittel für Kinder und Jugendliche (E 116) 112

11. Punkt: Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 577/A der Abgeordneten Hermann Böhacker, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird (947 d. B.) 112

Annahme 112

12. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien (15 U 571/01x) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung der Abgeordneten zum Nationalrat Ridi Steibl (945 d. B.) 112

Annahme des Ausschussantrages 112

13. Punkt: Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes St. Pölten (32 Hv 1033/01s) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung der Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johanna Mikl-Leitner (946 d. B.) 113

Ablehnung des Ausschussantrages (Auszählung der Stimmen) 113

Eingebracht wurden

Regierungsvorlage 19

771: Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Kirgisischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll

Anträge der Abgeordneten

Dr. Alois Pumberger, Dr. Erwin Rasinger und Genossen betreffend ein Bundesgesetz über die Einrichtung eines Fonds zur Finanzierung privater Krankenanstalten (Privatkrankenanstalten-Finanzierungsfondsgesetz – PRIKRAF-G) (578/A)

Dr. Gertrude Brinek, Dr. Martin Graf, DDr. Erwin Niederwieser, Dr. Kurt Grünewald und Genossen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Universitäts-Studiengesetz geändert wird (579/A)

Karlheinz Kopf, Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann und Genossen betreffend eine Änderung des Elektrizitätswirtschafts- und -organisationsgesetzes (ElWOG) zur Unterbindung ungerechtfertigt hoher Zuschläge für Strom aus Kraft-Wärme-Kopplung Anlagen (580/A) (E)

Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber und Genossen betreffend BSE-Untersuchungen in Österreich (581/A) (E)

Mag. Walter Posch und Genossen betreffend den internationalen Schutz der Menschenrechte (582/A) (E)

Manfred Lackner und Genossen betreffend Schaffung einer eindeutigen Rechtsgrundlage für die PatientInnenentschädigung nach Behandlungsfehlern (583/A) (E)

Manfred Lackner und Genossen betreffend die Dokumentation und Auswertung von Schlichtungsstellenentscheidungen im Zusammenhang mit behaupteten Behandlungsfehlern im Gesundheitsbericht (584/A) (E)

Manfred Lackner und Genossen betreffend Studien über den Einsatz von "Erwachsenenmedikamenten" in der Kinderheilkunde (585/A) (E)

Manfred Lackner und Genossen betreffend Prüfung bei der Neuzulassung von Arzneimittel für Kinder und Jugendliche (586/A) (E)

Manfred Lackner und Genossen betreffend Verbesserungen bei der Zulassung von Arzneimittelspezialitäten für Kinder und Jugendliche (587/A) (E)

Dr. Eva Glawischnig und Genossen betreffend Position Österreichs bei den zukünftigen Vertragsstaatenkonferenzen des Internationalen Übereinkommens zur Regelung des Walfanges (588/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Dr. Josef Cap und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Vorruhestandsmodell (3212/J)

Mag. Andrea Kuntzl und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend Gefährdung des Sicherheitsbedürfnisses der Neubauer BürgerInnen (3213/J)

Dr. Peter Wittmann und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend die Schließung der Betriebskrankenkasse Semperit (3214/J)

Dr. Evelin Lichtenberger und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend unzureichende Berücksichtigung der berechtigten Anliegen behinderter (und nichtbehinderter) Menschen in aktuellen Entscheidungsprozessen im Verkehrsbereich (3215/J)

Heidrun Silhavy und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Bekämpfung der illegalen Beschäftigung (Schwarzunternehmertum) (3216/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend "Umbau Bahnhof Salzburg" (3217/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundeskanzler betreffend "Verwaltungsstrafverfahren und Strafrahmen" (3218/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend "Kraftfahrzeugüberprüfung, Verwaltungsreform und Konsumentenschutz" (3219/J)

Dr. Johannes Jarolim und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend Verzögerung der Auslieferungshaft eines rechtskräftig verurteilten Mörders (3220/J)

Ridi Steibl und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend beitragspflichtige Mitversicherte in der Steiermark (3221/J)

Karl Öllinger und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Invaliditätspension – Probelauf Invalidität und Rehabilitation (3222/J)

Dr. Evelin Lichtenberger, Gerhard Reheis und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Umsetzung der einstimmigen Nationalratsentschließung von 1. März 2001 zur Ratifizierung der Protokolle der Alpenkonvention (3223/J)

Dr. Evelin Lichtenberger, Gerhard Reheis und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Umsetzung der einstimmigen Nationalratsentschließung von 1. März 2001 zur Ratifizierung der Protokolle der Alpenkonvention (3224/J)


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Mag. Christine Lapp und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend Koordinierung der Aktionen für das Internationale Jahr der Behinderten (3225/J)

Dr. Günther Kräuter und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Unvereinbarkeit eines Mitgliedes des Aufsichtsrates der ASFINAG (3226/J)

Dr. Günther Kräuter und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Unvereinbarkeit eines Mitgliedes des Aufsichtsrates der ASFINAG (3227/J)

Beate Schasching und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Sportunterricht in Schulen (3228/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend "Verwaltungsstrafverfahren und Strafrahmen" (3229/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend "Verwaltungsstrafverfahren und Strafrahmen" (3230/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend "Verwaltungsstrafverfahren und Strafrahmen" (3231/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Inneres betreffend "Verwaltungsstrafverfahren und Strafrahmen" (3232/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Justiz betreffend "Verwaltungsstrafverfahren und Strafrahmen" (3233/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Landesverteidigung betreffend "Verwaltungsstrafverfahren und Strafrahmen" (3234/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend "Verwaltungsstrafverfahren und Strafrahmen" (3235/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für öffentliche Leistung und Sport betreffend "Verwaltungsstrafverfahren und Strafrahmen" (3236/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen betreffend "Verwaltungsstrafverfahren und Strafrahmen" (3237/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend "Verwaltungsstrafverfahren und Strafrahmen" (3238/J)

Mag. Johann Maier und Genossen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend "Verwaltungsstrafverfahren und Strafrahmen" (3239/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend "Fusionspläne Alpenstraßengesellschaft" (3240/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an den Bundesminister für Finanzen betreffend "Fusionspläne Alpenstraßengesellschaft" (3241/J)

DDr. Erwin Niederwieser und Genossen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Einklagbarkeit des universitären Leistungsangebots (3242/J)


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Karl Dobnigg und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend B 115 – Umfahrung Vordernberg (3243/J)

Mag. Barbara Prammer und Genossen an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend nachhaltige Verzögerungen beim Projekt "Untertunnelung der Mühlkreisautobahn A 7 im Bereich Bindermichel" durch fehlende Genehmigungen des BMVIT (3244/J)

*****

Wolfgang Jung und Genossen an den Präsidenten des Nationalrates betreffend WEU-Jahrestagung (22/JPR)

Anfragebeantwortungen

des Bundeskanzlers auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2917/AB zu 2913/J)

des Bundesministers für Landesverteidigung auf die Anfrage der Abgeordneten Mag. Johann Maier und Genossen (2918/AB zu 2941/J)


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Beginn der Sitzung: 14.06 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Heinz Fischer, Zweiter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn, Dritter Präsident Dr. Werner Fasslabend.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich darf Sie bitten, die Plätze einzunehmen, und ich eröffne die 89. Sitzung des Nationalrates, die für heute, 14 Uhr, einberufen wurde.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Nürnberger, Dr. Gusenbauer, Mag. Mainoni, Ortlieb, Lexer, Mag. Stoisits und Dr. Van der Bellen.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Herr Bundeskanzler hat mir schriftlich mitgeteilt, dass er heute Nachmittag in Brüssel ist.

*****

Für diese Sitzung hat das Bundeskanzleramt über Entschließung des Herrn Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Herr Landesverteidigungsminister Scheibner wird durch Herrn Bundesminister Dr. Böhmdorfer vertreten.

Einwendungen gegen die Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. – Bitte.

14.07

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich beantrage die Absetzung des Tagesordnungspunktes 7 betreffend ein Tierarzneimittelkontrollgesetz sowie ein Bundesgesetz über die Einfuhr von Arzneiwaren, Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002, von der Tagesordnung, da zwischenzeitlich Umstände eingetreten sind, die die Selbstmedikation von Tieren durch Landwirte noch mehr verwerflich erscheinen lassen, als das schon bei den Ausschussberatungen der Fall war.

Insbesondere ist Ende letzter Woche der erste BSE-Fall in Österreich bekannt geworden, und es ist zu befürchten, dass das Vertrauen der Konsumentinnen und Konsumenten weiter erschüttert wird, wenn jetzt in dieser Art und Weise, in dieser Parforce-Tour die dazu vorliegenden Gesetzesmaterien heute hier durchgezogen werden.

Wir wollen daher, dass in diesem Zusammenhang eine Nachdenkpause eingelegt wird und man sich zumindest bis zu einer der nächsten Plenarsitzungen Zeit nimmt, um hierüber noch einmal in Beratungen einzutreten.

Daher unser Antrag heute, den Punkt 7 von der Tagesordnung abzusetzen und über diesen unseren Antrag eine Debatte hier im Hohen Haus durchzuführen. (Abg. Großruck: Wie geht das: eine "Selbstmedikation von Tieren"?)


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14.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsbehandlung zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Dr. Khol. – Bitte.

14.09

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zu diesem Antrag nur festhalten, dass wir in der Präsidialkonferenz über die Vorgangsweise an diesem heutigen Nachmittag Einvernehmen, Konsens erzielt haben. Ich betone: Diese Tagesordnung wurde im Konsens festgelegt!

Das, was Frau Petrovic jetzt macht, nämlich die clausula rebus sic stantibus in Anwendung zu bringen, das heißt also, so zu tun, als hätten sich die Umstände geändert und gelte daher dieser Konsens nicht mehr, ist in Geschäftsordnungsangelegenheiten und in Angelegenheiten der Präsidialkonferenz ein in meiner bisherigen 18-jährigen Parlamentserfahrung einmaliger Vorgang – und lässt tief blicken.

Ich bin gegen diesen Antrag.

14.10

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Nach den Bestimmungen des § 50 der Geschäftsordnung ist es erstens so, dass, wenn der Präsident den Einwendungen nicht beitritt, der Nationalrat darüber zu entscheiden hat.

Ich trete diesen Einwendungen nicht bei; daher liegt die Entscheidung beim Nationalrat.

Zweitens: Wenn eine Debatte verlangt wird, ist eine Debatte zu führen. Der Präsident kann dabei die Redezeit auf 5 Minuten beschränken. – Von dieser Möglichkeit mache ich Gebrauch.

Weiters kann der Präsident die Zahl der Redner auf drei beschränken. – Ich würde vorschlagen – damit wir uns da ein bisschen aufeinander zu bewegen –, im Konsens zwei Redner zu beschließen. Ist das akzeptabel? – Danke.

Dann gehe ich so vor und nehme an, dass die erste Wortmeldung dazu von Frau Abgeordneter Dr. Petrovic kommt. – Bitte. (Abg. Großruck: Pacta sunt servanda!)

14.11

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! In diesem Jahr war die Öffentlichkeit durchaus erschüttert, und zwar durch öffentlich breit diskutierte Fälle von Arzneimittelmissbrauch im Zusammenhang mit Tieren. (Abg. Böhacker: Das ist eine inhaltliche Debatte – und keine Geschäftsordnungsdebatte!) Ich weiß, dass Sie das sehr ungern hören, denn früher haben Sie eine ganz andere Linie vertreten! Und deswegen werden Sie das jetzt sehr wohl hören, meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien! (Beifall bei den Grünen.)

Damals wurde uns in Aussicht gestellt, dass Gesetzeslücken in diesem Zusammenhang geschlossen werden. Wir haben auch wirklich gehofft – gerade bei diesem Bundesminister! –, dass das geschehen wird. – In den Gesetzesberatungen waren wir aber ziemlich enttäuscht und schockiert, dass das offenbar nicht gelingt beziehungsweise dass sich da eine Lobby sehr stark durchgesetzt hat und daher nach diesem Gesetz die Möglichkeit besteht, dass Laien medizinische Eingriffe an Tieren vornehmen, so zum Beispiel Impfungen verabreichen, einen Vorrat an Arzneimitteln anlegen und diese auch geben. – Das heißt, das, was im Zuge dieses Skandals aufgedeckt wurde, soll jetzt erlaubt werden. (Widerspruch bei der ÖVP.)

Herr Bundesminister Haupt hat im Ausschuss gemeint, er könne ja mit Verordnung eine Beschränkung festlegen. – So aber, wie diese Lobbys bisher vorgegangen sind, wird es, glaube ich, nicht zu einer Beschränkung kommen, sondern es wird, was auch die Tierärztekammer befürchtet, eine breite Öffnung für völlig dubiose Machenschaften letztlich zu Lasten der Konsumentinnen und Konsumenten sowie der Tiere geben. (Beifall bei den Grünen.)

Meine Damen und Herren von den Koalitionsparteien, ich weiß, dass Sie darüber nicht gerne reden, und Sie haben ja auch gestern eine eigenständige Erklärung von Herrn Bundesminister Haupt zur BSE-Thematik in die Debatte über die Wirtschaftslage geradezu hineingeschmuggelt und damit diesem Haus die Möglichkeit einer gesonderten Debatte genommen.


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Ich habe Ihnen aber damals schon gesagt: Sie kommen an einer solchen Debatte nicht vorbei, denn natürlich besteht ein Zusammenhang zwischen diesen Materien, wie ja auch die Tierärztekammer sagt, die sich heftig dafür einsetzt, dass dieser Tagesordnungspunkt nicht in dieser Art und Weise erledigt wird, weil eben genau die Befürchtung besteht, dass sich einerseits die Pharma-Lobby, andererseits die Lobby der Tierfabriksbesitzer durchsetzt und dass Tierärztinnen und Tierärzte viel zu spät geholt werden, sodass dann schwere Erkrankungen – wie zum Beispiel BSE oder andere schwere Krankheiten – nicht beziehungsweise viel zu spät erkannt werden, wodurch in der Folge ein immer intensiverer Medikamenteneinsatz notwendig wird – und das letztlich zu Lasten der Tiere, zu Lasten der Konsumentinnen und Konsumenten und damit zu Lasten des Vertrauens der Märkte. (Beifall bei den Grünen. – Zwischenruf bei der ÖVP.)

Wir haben ja bereits gehört, dass von anderen Staaten österreichische Produkte mit einem Importstopp belegt werden – und ich meine daher, dass dieses Gesetz jetzt, zu dieser Zeit, eine weitere Erschütterung des Vertrauens der Märkte zur Folge hätte. Das ist doch das Falscheste, was man überhaupt tun kann!

Nach dem Arzneimittelskandal jetzt noch ein Lobby-Gesetz, eine Nicht-Debatte im Parlament über die BSE-Causa – und das so durchziehen, dazu kann man nur sagen: Mehr brauchen Sie nicht zu tun, um die noch einigermaßen funktionierenden Märkte nachhaltig zu erschüttern!

Daher unser dringender Appell: Gönnen wir uns diese Nachdenkpause! Nehmen Sie diese Gesetzesmaterie von der Tagesordnung!

Wie gesagt: Kompetente Stimmen von Tierärztinnen und Tierärzte verlangen das; die interessierte Öffentlichkeit gleichfalls. Vor diesem Hause befinden sich Tierschutzorganisationen, die noch einmal an Sie appellieren – und das in netter und freundlicher Art –, dies nicht zu tun.

Daher stellen wir den Antrag, diesen Tagesordnungspunkt 7 abzusetzen und noch einmal eine Nachdenkpause einzulegen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

14.16

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Er hat das Wort.

14.17

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde mich auf das konzentrieren, was Gegenstand einer Einwendungsdebatte sein soll.

Frau Kollegin Petrovic, diese Gesetzesmaterie, die heute hier diskutiert werden soll, stellt – so weit habe ich mich bei Tierärzten, die sich damit tatsächlich auskennen, kundig gemacht – einen Fortschritt dar. (Widerspruch bei den Grünen.)

Prophylaktische Impfungen machen durchaus Sinn, sind im Interesse des Tierschutzes, sind im Interesse des Konsumentenschutzes. – Das dazu.

Zur Gesetzesmaterie selbst, die hier heute diskutiert werden soll: Über diese gab es ein ganz normales Begutachtungsverfahren, Frau Kollegin Petrovic. Diese Vorlage wurde, nachdem darüber eine ausführliche Diskussion im Ausschuss, und zwar am 8. November, stattgefunden hat, vertagt, und zwar deshalb, weil es noch einige Nachfragen gegeben hat. – Dann gab es darüber eine zweite Diskussionsrunde und somit eine breite parlamentarische Behandlung in den Ausschüssen, und zwar am 6. Dezember dieses Jahres.

Auch Ihre Fraktion, Frau Kollegein Petrovic, war offensichtlich mit der Behandlung so weit zufrieden, dass Sie keinen weiteren Vertagungsantrag gestellt haben.

Weiters: Auch der Vertreter der Grünen in der Präsidiale hat einer Beschlussfassung zu dieser heutigen Tagesordnung zugestimmt. Es waren also auch die Grünen mit der Diskussion und


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der Beschlussfassung dieses Gesetzes im Zuge der heutigen Tagesordnung voll einverstanden. (Zwischenruf bei den Grünen.)

Somit gibt es auch von Ihrer Seite an und für sich keinen Grund, diesen Vertagungsantrag hier und heute zu stellen – und deshalb werden wir diesem Antrag auch nicht zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.18

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. Er hat das Wort.

14.18

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die sozialdemokratische Fraktion unterstützt vollinhaltlich den Antrag der grünen Fraktion; und ich möchte das im Detail begründen.

Vorher kurz zu den Ausführungen des Kollegen Schweitzer. Kollege Schweitzer, es stimmt: Zum Tierarzneimittelkontrollgesetz und zum Arzneiwareneinfuhrgesetz hat es eine Begutachtung gegeben, nur: Diese Vorlage ist so verrissen worden, sodass maßgebliche Bestimmungen, die im ursprünglichen Text noch enthalten waren, herausgenommen werden mussten. Juristen sprachen von Systemwidrigkeiten, insbesondere in Bezug auf die Strafbestimmungen.

Was passierte dann? – Dann kam keine Regierungsvorlage, sondern es wurde, und zwar überfallsartig, im Gesundheitsausschuss ein Antrag eingebracht – und dann sollten Ihrer Ansicht nach all diese Probleme in einer kurzen Debatte gelöst werden.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Koalitionsparteien, das ist doch nicht möglich! Und daher lehnen wir SozialdemokratInnen die Vorlage, die heute noch diskutiert werden wird, ab. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht beim Tierarzneimittelkontrollgesetz um den Versuch, kriminelle Machenschaften, illegale Importe in den Griff zu bekommen. Es geht um Rinder- und Schweinedoping in der übelsten Form.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! Nehmen Sie zur Kenntnis: Im Juni 2000 haben Sie unsere Vorstellungen zur Bekämpfung des Arzneimittelmissbrauchs in der Landwirtschaft abgelehnt! Ich habe Ihnen damals von dieser Stelle aus erklärt, dass das letzte Wort in dieser Angelegenheit noch nicht gesprochen ist. Und ich wiederhole heute, meine sehr verehrten Damen und Herren aus der Landwirtschaft: Das letzte Wort ist diesbezüglich noch nicht gesprochen! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Sie haben überfallsartig einen Antrag eingebracht, den Sie vorher nicht mit den Tierärzten abgesprochen haben. Es hat keine öffentliche Diskussion darüber gegeben, und Sie sind auf unsere Kritikpunkte in keiner Weise eingegangen.

Nun gibt es den ersten BSE-Fall. Und es besteht ein unmittelbarer Zusammenhang damit, insbesondere in der mittelbaren Bundesverwaltung, denn gerade da werden die Defizite der Kontrolle im agrarischen Bereich deutlich.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! Stimmen Sie mit uns, um diesen Punkt von der Tagesordnung abzusetzen, damit wir eine gemeinsame Linie einschlagen können – zum Schutz der österreichischen Konsumenten, aber auch zum Schutz der österreichischen Bauern! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Können Sie sich noch daran erinnern, worum es eigentlich ging? – Es ging um Maßnahmen gegen Autobahntierärzte. Es ging darum, den Besitz von illegalen Arzneimitteln unter Strafe zu stellen. Es ging aber auch darum, die Frage der Antibiotikaresistenz zu klären – ich zitiere aus den "Salzburger Nachrichten": Antibiotika wirken immer weniger! – Ich frage Sie von den Regie


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rungsparteien: Wann wurde die Frage der Antibiotikaresistenz umfassend in einem Ausschuss diskutiert? Auch dieser Diskussion haben Sie sich entzogen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Können Sie sich noch an die Problematik bezüglich der Tierärzte im Schweinemastskandal erinnern? Auf der einen Seite sind sie als Amtstierärzte tätig, auf der anderen Seite haben sie eine private Ordination – im selben Bezirk! 48 Tierärzte in Österreich haben im selben Bezirk, in dem sie als Amtstierärzte tätig sind, zugleich ihre Privatordination.

Meine sehr verehrten Damen und Herren von den Regierungsparteien! Hier liegt eine Interessenkollision vor. Sie haben jedoch die Möglichkeit nicht genutzt, durch eine Änderung des Tierärztegesetzes diesen Missstand zu beseitigen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Können Sie sich noch erinnern ...?

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Maier! Bitte jetzt nicht in die inhaltliche Debatte einzusteigen! Es geht um die Frage der Tagesordnung!

Abgeordneter Mag. Johann Maier (fortsetzend): Es geht um die Frage der Tagesordnung (Abg. Mag. Schweitzer: Also mach es kurz – und setzen!), nur: Ich glaube, wenn man die Frage der Tagesordnung diskutiert, dann muss auch darüber diskutiert werden können, Herr Präsident, um welche Probleme es geht. (Abg. Mag. Schweitzer: Nein! Das ist keine inhaltliche Debatte!) Und diesbezüglich gibt es neue Aspekte, über die wir auch diskutieren müssen, weil diese eine Änderung der Tagesordnung notwendig machen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir laden Sie ein, mit uns gemeinsam dafür zu stimmen, diesen Punkt von der Tagesordnung abzusetzen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Mag. Schweitzer: Jacky, setzen!)

14.24

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Schwarzenberger. – Bitte. (Abg. Mag. Kogler: Aber auch zur Sache!)

14.24

Abgeordneter Georg Schwarzenberger (ÖVP): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Am 6. Dezember wurden das Tierarzneimittelkontrollgesetz und das Arzneiwareneinfuhrgesetz im Gesundheitsausschuss behandelt und beschlossen. In der Präsidiale wurde die Tagesordnung für heute einstimmig, also auch mit den Stimmen der SPÖ und jenen der Grünen, festgesetzt.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Es besteht wirklich kein Zusammenhang zwischen dem Tierarzneimittelkontrollgesetz und dem BSE-Fall im Waldviertel! (Abg. Öllinger: Na selbstverständlich!) BSE ist bekanntlich eine Prionenkrankheit, die derzeit mit keinem Medikament behandelbar ist. Deshalb kann nicht der Missbrauch von Medikamenten zu dieser Krankheit führen. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Veterinärkontrolle! Um die geht es!)

Zudem wurden, meine sehr geschätzten Damen und Herren, die Maßnahmen gegen BSE gestern ausführlich diskutiert. (Widerspruch bei der SPÖ und den Grünen.) Wir haben diesbezüglich strenge Regelungen. (Abg. Gradwohl: Ja wo denn, Herr Schwarzenberger?! In anderen Parlamenten vielleicht, aber nicht hier! – Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.) Es werden sämtliche Rinder, die über 30 Monate alt sind, kontrolliert, jedes einzelne Rind wird kontrolliert. Wir verbrennen die gefährlichen Bestandteile wie etwa Hirn, Rückenmark et cetera. Wir haben ein totales Verbot der Verfütterung von Tiermehl – alles Maßnahmen zum Schutz vor BSE!

Für das Schüren von Emotionen in dieser Angelegenheit ist der Preis zu hoch! Wir haben heuer im Frühjahr bereits erlebt, welche Schäden die Arbeiter in der Fleischwirtschaft, aber auch die Bauern dadurch erleiden. (Abg. Dr. Petrovic: Sie gefährden die Arbeitsplätze!) Ich erinnere den Vertreter der Arbeiterkammer Salzburg daran, dass Sie nachher, wenn Arbeitsplätze gefährdet


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sind (Abg. Dr. Petrovic: Sie gefährden die Arbeitsplätze!), nach Arbeitsstiftungen rufen, um für die Arbeiter die sozialen Härten zu mildern.

Dies soll also nicht zum Anlass genommen werden, Arbeiter und Bauern zum zweiten Mal zu schädigen. (Abg. Dr. Petrovic: Sie gefährden die Arbeitsplätze!) Wir sind dafür, dass die Tagesordnung, so wie in der Präsidiale einstimmig beschlossen – denn eine Zustimmung in der Präsidiale sollte wenige Tage später im Plenum noch halten –, umgesetzt wird. (Abg. Öllinger: Das glaube ich Ihnen! – Abg. Dr. Petrovic: Das Antibiotika-Schnitzerl in ...!)

Deshalb werden wir einer Absetzung dieses Tagesordnungspunktes nicht die Zustimmung geben. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

14.26


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lackner. – Bitte.

14.27

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Als Gesundheitssprecher meiner Partei appelliere ich an Sie, den Einwänden, die bisher vorgebracht wurden, näherzutreten und diesen Punkt von der Tagesordnung zu nehmen.

Herr Kollege Schwarzenberger! Sie haben in Ihren heutigen Ausführungen nicht ganz die Wahrheit gesagt. Sie haben nämlich diesen Entwurf für ein Tierarzneimittelkontrollgesetz mittels eines Antrages gemäß § 27 der Geschäftsordnung überfallsartig auf die Tagesordnung des Gesundheitsausschusses gesetzt (Abg. Schwarzenberger: Aber es ist behandelt worden!), weil Sie, Herr Kollege Schwarzenberger, eine breite Diskussion über dieses Gesetz befürchtet haben. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Es gab im Vorfeld massivste Einwände gegen dieses Tierarzneimittelkontrollgesetz. Und weil Sie befürchtet haben, dass diese Einwände im Ausschuss intensiv behandelt werden, haben Sie das überfallsartig gemacht. Wenn Sie in Anbetracht des ersten BSE-Falles nur einen Funken Anstand hätten (Abg. Mag. Schweitzer: Na, na, na! Manfred! – Zwischenrufe bei Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Schwarzenberger: Wer Anstand hat, der hält sich an Vereinbarungen!), würden Sie, Herr Kollege Schwarzenberger, dafür eintreten, diesen Tagesordnungspunkt von der Tagesordnung zu nehmen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Mag. Schweitzer: Dabei habe ich gerade gesagt, was du für ein super Bursch bist!)

Herr Kollege Schweitzer, mit diesem Tierarzneimittelkontrollgesetz wird der Landwirt quasi zum Tierarzt bestellt – und die Folgen, die Konsequenzen daraus sind absehbar. (Abg. Dr. Pumberger: Du warst im Ausschuss stumm! Keine einzige Wortmeldung im Ausschuss!)

Herr Kollege Pumberger! Wenn selbst die Landeskammer der Tierärzte Kärntens – also im Heimatland Ihres "großen Vorsitzenden" – massive Einwände gegen dieses Gesetz vorgebracht hat, dann kann ich ja nicht sehr weit daneben liegen. Es stimmt also offensichtlich, dass dieses Gesetz die Befürchtungen, die wir hegen, noch bei weitem übertreffen wird. (Abg. Dr. Pumberger: Auf der Rednerliste im Ausschuss warst du nicht drauf! Du warst stumm im Ausschuss!)

Meine Damen und Herren ! Ich sage Ihnen als Gesundheitssprecher: Es ist heute schon absehbar, dass es in Österreich keine Lebensmittelsicherheitsgarantie für österreichische Produkte geben wird, dass die Folgen im Bereich der Ökologie für Boden und Wasser nicht mehr abschätzbar sein werden (Abg. Mag. Schweitzer: Einwendungsdebatte!) und – was für mich als Gesundheitssprecher besonders wichtig ist – der Anstieg der Antibiotikaresistenzen durch diesen unkontrollierten Medikamentengebrauch mehr oder weniger auf der Tagesordnung stehen wird.

Meine Damen und Herren! Fassen Sie sich ein Herz und nehmen Sie diesen Punkt von der Tagesordnung! – Ich danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

14.30


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

14.30

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Meine Damen und Herren! Es gibt drei klare, formale Gründe dafür, warum dieser Tagesordnungspunkt heute nicht verhandelt werden darf. Und es gibt natürlich auch viele inhaltliche Gründe.

Nur zu den formalen Gründen, Herr Minister: Im Dezember des vorigen Jahres gab es den Schweinemastskandal. Sie haben damals ein strenges Tierarzneimitteltransportgesetz versprochen. Im August dieses Jahres haben Sie dann einen Entwurf für ein entsprechendes Gesetz zur Begutachtung ausgeschickt. Diese Begutachtung lief bis Oktober, aber danach kam nicht das, was nach Begutachtungen, nach Stellungnahmen üblich ist, nämlich eine Regierungsvorlage, sondern es kam ein Antrag in Gesetzesform über Nacht in den Gesundheitsausschuss. Wir haben gegen diese Vorgangsweise schon in der Sitzung des Gesundheitsausschusses am 6. Dezember massiv durch eine Einwendung protestiert. Es war also nicht so, dass wir das im Gesundheitsausschuss hingenommen haben! (Beifall bei den Grünen.)

Im Gegenteil: Wir haben damals sowohl unsere Bedenken formaler Natur als auch unsere Bedenken inhaltlicher Natur ganz klar auf den Tisch gelegt, und Sie wussten darum!

Es gibt aber noch einen zweiten sehr wesentlichen Grund dagegen. Es hat sich nämlich innerhalb dieser kurzen Zeit, in der wir im Besitz Ihres Gesetzesvorschlages in Form dieses Antrages sind, herausgestellt, dass Ihr Entwurf, Ihr Antrag wahrscheinlich nicht EU-konform ist, da in dieser Sache die EU-Richtlinie 90/167/EWG gilt, welche den Einsatz von Arzneimitteln in Futtermischungen regelt.

Sie aber sehen in Ihrem Gesetzentwurf vor, dass der Betriebsinhaber, sprich der Landwirt, nach eigenen, vom Tierarzt empfohlenen Mischverhältnissen die Arzneimittel jedes Mal selbst ins Futter mischen kann. (Abg. Großruck: Für wie blöd halten Sie uns denn?) Ich habe mir die Kontrollberichte der EU-Kommission beschafft, die sowohl in Österreich als auch in Deutschland unterwegs war, um die jeweiligen Maßnahmen in Verfolgung des Schweinemastskandals zu kontrollieren. In beiden Fällen, sowohl im Bericht über Österreich als auch in jenem über Deutschland, wurde immer wieder darauf hingewiesen, dass diese Richtlinie 90/167/EWG nicht adäquat umgesetzt ist. (Beifall bei den Grünen.)

Insofern bestehen nicht nur formale und inhaltliche Gründe, diesen Gesetzentwurf von der Tagesordnung zu nehmen, sondern es gibt auch einen wichtigen legistischen, ich könnte sogar sagen: europapolitischen Grund.

Noch zu einem Aspekt formaler Natur: Ihre Vorlage widerspricht, wie Experten verschiedenster Provenienz sagen, auch dem Tierseuchengesetz, denn in diesem ist vorgesehen, dass zum Zwecke der Seuchenvermeidung Impfungen nur von Fachkräften, also von Tierärzten, vom Veterinär vorgenommen werden sollen. Sie aber legen das Impfen nun auch in die Hände der Betriebsinhaber. (Abg. Schwarzenberger: Aber nicht bei Seuchen!)

Kollege Schweitzer! Sie kennen sich in dieser Materie zwar nicht aus, aber Sie kennen sich in der Schule aus. (Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.) Ich habe von einem Experten folgenden Vergleich gehört: Wenn wir in der Schule so vorgingen, wie der Herr Minister plant, im Bereich der Tierzucht vorzugehen, dann müssten und dürften die Schulwarte und Lehrer die Schüler impfen und ihnen im Jausenbrot auch Antibiotika verabreichen. (Abg. Achatz: So ein Blödsinn!)  – Das ist bitte ein Vergleich, der von Expertenebene stammt! Das ist nicht auf meinem Mist gewachsen, sondern es haben mir Tierärzte – Experten! – gesagt, dass dieser Vergleich sehr wohl gerechtfertigt ist. (Beifall bei den Grünen.)

Ich halte diesen inhaltlichen Hinweis neben den drei formalen Gründen für gewichtig genug, um dieses Gesetz, diesen Ihren Antrag in Tagesordnungspunkt 7 von der heutigen Tagesordnung zu nehmen. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich schließe die Debatte über die Einwendungen gegen die Tagesordnung.

Wir kommen zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die den Einwendungen der Frau Abgeordneten Dr. Petrovic Rechnung tragen wollen, das heißt, die dafür eintreten, dass der 7. Punkt der Tagesordnung betreffend das Tierarzneimittelkontrollgesetz von der Tagesordnung abgesetzt wird, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit, also abgelehnt.

Das bedeutet, dass es bei der ausgegebenen Tagesordnung bleibt.

Absehen von der 24-stündigen Aufliegefrist

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich setze fort in der Vorbereitung der Sitzung beziehungsweise des Eingangs in die Tagesordnung und stelle fest, dass, um die Punkte 11, 12 und 13 der heutigen Tagesordnung in Verhandlung nehmen zu können, nach § 44 Abs. 2 der Geschäftsordnung von der 24-stündigen Aufliegefrist Abstand genommen werden muss.

Bei diesen beiden Vorlagen handelt es sich um den Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 577/A der Abgeordneten Böhacker, Dr. Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen betreffend Versicherungsaufsichtsgesetz sowie über die Berichte des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung der Frau Abgeordneten Ridi Steibl und über das Ersuchen des Landesgerichtes St. Pölten um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung der Frau Abgeordneten Mag. Johanna Mikl-Leitner.

Wir benötigen dafür eine Zweidrittelmehrheit.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Vorschlag auf Verzicht auf die 24-stündige Aufliegefrist zustimmen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, das ist einstimmig angenommen.

Wir werden daher so vorgehen.

Einlauf und Zuweisungen

Präsident Dr. Heinz Fischer: Hinsichtlich der eingelangten Verhandlungsgegenstände und deren Zuweisungen verweise ich auf eine schriftliche Mitteilung, die im Sitzungssaal verteilt wurde.

Die schriftliche Mitteilung hat folgenden Wortlaut:

A) Eingelangte Verhandlungsgegenstände:

Anfragebeantwortungen: 2917/AB und 2918/AB.

B) Zuweisungen in dieser Sitzung:

zur Vorberatung:

Ausschuss für Arbeit und Soziales:

Bundesgesetz, mit dem das Kriegsgefangenenentschädigungsgesetz geändert wird (944 der Beilagen);


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Finanzausschuss:

Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Kirgisischen Republik zur Vermeidung der Doppelbesteuerung und zur Verhinderung der Steuerumgehung auf dem Gebiete der Steuern vom Einkommen und vom Vermögen samt Protokoll (771 der Beilagen).

*****

Verlangen auf Durchführung einer kurzen Debatte über die Anfragebeantwortung 2870/AB

Präsident Dr. Heinz Fischer: Vor Eingang in die Tagesordnung teile ich weiters mit, dass mir das Verlangen vorliegt, eine Kurzdebatte über die Beantwortung 2870/AB durch den Herrn Sozialminister zu der Anfrage 2897/J der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser und Genossen (Zwischenrufe bei der ÖVP und den Freiheitlichen – Abg. Dr. Khol: Zur Geschäftsbehandlung!) betreffend Kritik an der österreichischen Umsetzung der EU-Bestimmungen zum Schutz vor BSE abzuhalten. (Abg. Kiss: Das ist immer derselbe Käse! Eine ausgesprochene Schweinerei ist das! Wofür gibt es überhaupt eine Präsidiale?)

Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Khol zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm dieses.

14.37

Abgeordneter Dr. Andreas Khol (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben im Hinblick auf die außerordentliche Gestaltung des heutigen Tages, an dem Präsident Anton Benya verabschiedet wurde, einer Tagesordnung unter besonderen Umständen zugestimmt. Der Vereinbarung zufolge sollte die Sitzung um 14 Uhr beginnen, und alle Klubobleute haben sich in der Präsidialkonferenz dazu verpflichtet, weder Dringliche Anfragen noch sonstige Sonderaktionen durchzuführen. – Das ist nun aber eine solche Sonderaktion.

Herr Präsident! Ich weiß sehr gut, dass Sie keine andere Möglichkeit haben, als das zuzulassen, weil derartige Präsidialvereinbarungen nicht einklagbar sind und jeder sein Recht auf solche Verlangen behält. Allerdings beantrage ich eine kurze Stehpräsidiale, damit die Klubobleute mit Ihnen diesbezüglich eine Aussprache abhalten können, weil ich immer der Meinung war, dass in diesem Hause Gentlemen sitzen, die ein Gentlemen’s Agreement einhalten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

14.38

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ebenfalls zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

14.39

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Klubobmann Khol hat soeben etwas als Ergebnis der Präsidiale dargestellt, was in der Präsidiale so nicht vereinbart wurde. (Abg. Dr. Mitterlehner  – in Richtung Grüne –: Zeitdiebe!)

Er herrschte, soweit ich mich erinnern kann (Rufe bei den Freiheitlichen: Aha!), in der Präsidiale Übereinstimmung darüber, dass keine der Fraktionen am Donnerstag von ihrem Recht auf eine Dringliche Anfrage oder einen Dringlichen Antrag Gebrauch machen wird (Zwischenruf des Abg. Haigermoser ), weil das mit dem Ablauf dieses Tages wahrscheinlich nicht in Übereinstimmung zu bringen sei (Abg. Kiss  – in Richtung Grüne –: Ihr seid miese Charakter, wirklich miese Charakter!) und es außerdem unklug wäre, am Donnerstag eine Dringliche Anfrage oder einen Dringlichen Antrag einzubringen.


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Es hat keine Debatte in der Präsidiale darüber gegeben, ob sonstige Instrumente eingesetzt werden können oder sollen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Fekter  – in Richtung Grüne –: Keine Handschlagqualität!)

14.39

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsbehandlung: Herr Abgeordneter Ing. Westenthaler. – Bitte.

14.40

Abgeordneter Ing. Peter Westenthaler (Freiheitliche) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Hohes Haus! Auch ich möchte meine Verwunderung und jene meiner Fraktion zum Ausdruck bringen, denn selbstverständlich haben wir in der Präsidialsitzung ein derartiges Gentlemen’s Agreement, wie es in der Präsidiale üblich ist, vereinbart. Das wird sicherlich auch Kollege Cap bestätigen können.

Es ist schon bezeichnend, wenn sich derjenige, der in dieser Präsidiale war und auch diese Vereinbarung getroffen hat, nicht mehr an ein solches Gentlemen’s Agreement erinnern kann. Wer sich nicht an Übereinkommen erinnern kann, ist von vornherein unglaubwürdig.

Ich finde es wirklich traurig, dass sich die Fraktion der Grünen einfach nicht an Vereinbarungen, die in der Präsidiale getroffen wurden, hält. Aber das ist auch bezeichnend. Sie sollten sich dafür genieren. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.40

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Dr. Cap, wollen Sie noch das Wort, oder machen wir gleich die Stehpräsidiale? – Bitte, Herr Abgeordneter Cap, zur Geschäftsbehandlung.

14.40

Abgeordneter Dr. Josef Cap (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Ich möchte nur sagen: Es verdient die starken Worte nicht. Aber es stimmt: Wir haben uns in der Präsidiale darauf verständigt, dass wir im Sinne des heutigen Tages hier keine Sonderaktionen der besonderen Art starten; ganz sicher jedenfalls, was die Dringliche betrifft.

Ich würde ersuchen, dass wir das mit einer normalen Wortwahl aufarbeiten und nicht mit Ausdrücken wie "genieren" und ähnlichen Attacken. Ich finde, das ist fehl am Platz. Aber im Prinzip ist es so, dass es diese Einigung in der Präsidiale gegeben hat. (Demonstrativer Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

14.41

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich unterbreche kurz die Sitzung und bitte die Mitglieder der Präsidiale, einschließlich des Kollegen Dr. Fasslabend, zu mir zu kommen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 14.41 Uhr unterbrochen und um 14.47 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Wir haben uns über diesen Sachverhalt ausgesprochen. Es ist nicht exakt feststellbar, ob auf der einen oder anderen Seite ein Missverständnis über den Gesprächsverlauf vorliegt. Ich habe mir aber erlaubt, gerade am heutigen Tage, an die grüne Fraktion die ehrliche Bitte zu richten, auf diese Aktion zu verzichten, damit wir alle guten Gewissens sagen können, irgendeine Vereinbarung, wenn sie zustande gekommen ist, wird auf keinen Fall nicht eingehalten.

Ich bedanke mich bei der grünen Fraktion dafür, dass wir da einen Konsens gefunden haben. Es gilt damit dieses Verlangen auf Durchführung einer Kurzdebatte im Einvernehmen mit allen Teilnehmern an diesem Gespräch als zurückgezogen. (Beifall bei Abgeordneten der SPÖ.) –


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Der Applaus war sicher gut gemeint, aber selbst darauf wollen wir heute im Konsens verzichten. (Heiterkeit.)

Behandlung der Tagesordnung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Es liegt mir der Vorschlag vor, die Debatte über die Punkte 1 und 2 sowie 6 bis 10 der Tagesordnung zusammenzufassen. – Dagegen liegt kein Einwand vor. Wir werden daher so vorgehen.

Redezeitbeschränkung

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gehen nunmehr in die Tagesordnung ein.

In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über die Dauer der Debatten erzielt wie folgt: Es wurde eine Tagesblockzeit von 6 "Wiener Stunden" vereinbart, aus der sich folgende Redezeiten ergeben: SPÖ 117 Minuten, Freiheitliche und ÖVP je 87 Minuten, Grüne 69 Minuten.

Darüber hat der Nationalrat zu befinden.

Gibt es dagegen Einwendungen? – Das ist nicht der Fall. Dann gilt dies als einstimmig so beschlossen.

1. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (872 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Ausbildung, Tätigkeiten und Beruf der Sanitäter erlassen wird und das Bundesgesetz über die Regelung des medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sanitätshilfsdienste, das Ausbildungsvorbehaltsgesetz und das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz geändert werden (930 der Beilagen)

2. Punkt

Bericht und Antrag des Gesundheitsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das ASVG geändert wird (931 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zu den Punkten 1 und 2 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Ein Wunsch nach Berichterstattung liegt nicht vor, daher gehen wir sogleich in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. Er hat eine freiwillige Redezeit von 8 Minuten vorgeschlagen und ist ermächtigt, auch eine kürzere Rede zu halten. – Bitte.

14.50

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Beim Tagesordnungspunkt 1 verhält es sich eigentlich genau umgekehrt zum Tagesordnungspunkt 7: Da wäre nicht das Absetzen richtig, sondern in Wirklichkeit schon seit Jahren die Aufnahme dieses Tagesordnungspunktes. Die ÖVP hat das aber jahrelang verhindert, und daher wird meine Rede einigermaßen kritisch ausfallen, obwohl die SPÖ diesem Sanitätergesetz zustimmen wird. (Abg. Mag. Schweitzer: Na schau!)

Meine Damen und Herren! Es muss einiges gesagt und einiges in Erinnerung gerufen werden. – Grundsätzlich: Wer ist nicht für eine Reform, wenn es um die Ausbildung und Tätigkeiten von Rettungsleuten, von Sanitätern geht, zumal es ja eine sprunghafte Entwicklung der Notfall- und Katastrophenmedizin gibt? Natürlich spielt die Qualifikation des Personals eine ganz besonders entscheidende Rolle, und es ist allgemein seit Jahren bekannt, dass der


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Gesetzesstand inhaltlich und fachlich nicht mehr den aktuellen Anforderungen gerecht wird. So hat es einen einstimmigen Beschluss im Gesundheitsausschuss gegeben.

Auch die Medien beschäftigen sich natürlich sehr intensiv mit solchen Themen, und es heißt (einen Zeitungsartikel in die Höhe haltend) hier:

"Einigung zum Sanitätergesetz steht unmittelbar bevor", "Ehrenamtlichkeit durch neue Ausbildungsvorschriften nicht gefährdet".

Das, meine Damen und Herren, ist keine große Schlagzeile von gestern, von voriger Woche, von vorigem Monat, nein, sondern vom 21. Februar 1999. Ich wiederhole: "Einigung zum Sanitätergesetz steht unmittelbar bevor", "Ehrenamtlichkeit durch neue Ausbildungsvorschriften nicht gefährdet".

Meine Damen und Herren! Was ist denn seit Februar 1999 geschehen? (Zwischenruf bei den Freiheitlichen.) Warum geschieht erst heute etwas? – Der Gesetzestext ist ja praktisch unverändert, es gibt marginale Kürzungen bei der theoretischen Ausbildung für Sanitäter.

Meine Damen und Herren! Im Februar 1999 hat der Wahlkampf begonnen, und die ÖVP, insbesondere Klubobmann Khol, hat die Bürgergesellschaft, die Ehrenamtlichkeit proklamiert. Das ausgereifte Sanitätergesetz war zu diesem Zeitpunkt eigentlich ein gutes Vehikel. Um die Ehrenamtlichkeit zu thematisieren, hat man dieses Bild gebraucht. Es wurden in der Öffentlichkeit die irrsten Dinge verbreitet, nämlich dass Hunderte Millionen an Mehrkosten notwendig sind (Abg. Dr. Jarolim: Unglaublich!) und die Ehrenamtlichkeit in Österreich zusammenbrechen wird.

Ich habe den Beweis dafür, meine Damen und Herren, dass es wieder einmal Landeshauptmann Pröll vorbehalten war (Abg. Dr. Rasinger: Wien hat den letzten ...!), von 190 Millionen Schilling Mehrkosten in Niederösterreich zu sprechen. Tatsächlich – und das ist der Beweis, Kollege Rasinger –: 6 Millionen Schilling Mehrkosten in Niederösterreich, und zwar bei einem praktisch unveränderten Gesetzentwurf. Das ist ja der Beweis für ideologisch gefärbte Panikmache und parteipolitisch motiviertes Verhindern des Sanitätergesetzes im Jahr 1999. (Abg. Edlinger: Wie war das?)

Meine Damen und Herren! Zur Bürgergesellschaft – ich habe den Schüssel-Plan des ÖVP-Klubs vom 5. Mai 1999 vor mir –: Wir, die ÖVP, wollen Subsidiarität und Solidarität neu durchsetzen. – Subsidiarität, meine Damen und Herren? Postämter, Bezirksgerichte und Gendarmerieposten lassen grüßen.

Weiter heißt es: Die ÖVP fördert das Ehrenamt. – Das Einzige, das zustande gekommen ist, ist ein Gesetz für Orden.

Und: Die ÖVP gestaltet Gemeinden und Länder bürgernah. – Bürgernah, meine Damen und Herren? (Abg. Dr. Jarolim: Das ist ja lächerlich!) Das Einzige, was bürgernah geworden ist, sind die Steinbrüche und Schottergruben, wo sich die Schutzzonen von 300 auf 100 Meter reduziert haben. Das ist das Einzige, was bürgernah ist! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Mag. Kogler: Bravo! – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Was, meine Damen und Herren, ist nun der Preis dieser gescheiterten Ideologie im Rettungswesen? – Bis heute befinden sich hauptberufliche Retter im Status eines Hilfsarbeiters. – Auch Sie, Kollegin Steibl, haben hier eine Verantwortung. Bis heute werden die Rettungsorganisationen vertröstet. Lebensretter stehen bis heute beim Retten mit einem Fuß im Gerichtssaal.

Ich zitiere "Die Presse" vom 10. Dezember 2001: Beim Österreichischen Roten Kreuz "dementiert man natürlich ,illegale‘ Vorgangsweisen der Sanitäter, gesteht aber ein, daß es damit ,ein massives Problem‘ gegeben hätte."

Weiters heißt es: "Bis zu 4 000 Menschen würden jährlich in Österreich sterben, weil die Rettungssanitäter zu wenig ausgebildet seien."


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Meine Damen und Herren! Was ist von dieser Bürgergesellschaft von 1999 übrig geblieben? (Zwischenrufe bei der SPÖ.)  – Orden, Orden, das ist das Einzige, und empörte Bürger und wütende Bürgermeister, die sich den Kahlschlag in den Regionen, der Infrastruktur nicht bieten lassen.

Wir wollen Solidarität und Subsidiarität neu durchsetzen, hat die ÖVP gesagt. Unter "Subsidiarität" verstehen Sie das Zusperren von Versorgungseinrichtungen (Zwischenruf des Abg. Miedl ) und unter "Solidarität" die Belastung von Kranken, sozial Schwachen und Unfallopfern. (Beifall bei der SPÖ.)

Die SPÖ wird dem Sanitätergesetz zustimmen, aber Ihre Art der Bürgergesellschaft massiv ablehnen!

Meine Damen und Herren! Es gibt noch einen Grund dafür, dass dieser Beschluss erst heute, nach der Hälfte der Legislaturperiode, möglich ist: Ich denke, dass in den Ministerien die Konzentration zu den Themen im Gesundheitsbereich fehlt. Es gibt im Gesundheitsressort einen Kabinettschef, der nebenbei eine private Praxis betreibt.

Dr. Hrabcik hat eine Hals-, Nasen- und Ohrenfacharztpraxis – bitte, das ist der Kabinettschef im Gesundheitsministerium! (Abg. Dr. Rasinger: Du, das ist das Rettungssanitätergesetz! Das ist eine Themenverfehlung! Kräuter, Themenverfehlung! Nicht genügend!)  –, und wenn man dort anruft, erfährt man, Kollege Rasinger, dass am Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag von 15.30 Uhr bis 18.30 Uhr sowie Mittwoch und Samstag nach Anmeldung Ordination ist. In dringenden Fällen ist Dr. Hrabcik auch außerhalb der Ordinationszeiten erreichbar. (Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Und dieser Mann ist zugleich der Kabinettschef im Gesundheitsressort?! – Kollege Rasinger, wie kann man das als Gesundheitssprecher einer Parlamentspartei aushalten? (Abg. Dr. Khol: Herr Präsident! Zur Sache! – Weitere Zwischenrufe.)

In dringenden Fällen, meine Damen und Herren, ist Dr. Hrabcik jederzeit für Patienten erreichbar. (Abg. Ing. Westenthaler: Hier geht es nicht um den Kollegen Hrabcik!) Wissen Sie, Kollege Westenthaler, was ein dringender Fall wäre? – Wenn man sich einmal um die bedauernswerten Krebspatienten Österreichs, die von einem Schilddrüsenkarzinom betroffen sind, kümmern würde (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim ) und für sie endlich eine Thyrogen-Behandlung organisieren und finanzieren würde! Seit Jahren werden diese Patienten im Kreis geschickt. (Abg. Ing. Westenthaler: Letztklassig! Abgang! Setzen!)

Auch Sie, Herr Westenthaler, tragen in dieser Angelegenheit Verantwortung. Ich verlange, Herr Minister, eine Stellungnahme dazu, wie Sie mit diesen Krebspatienten umgehen. (Abg. Ing. Westenthaler: Setzen Sie sich in die letzte Reihe und seien Sie ruhig! Setzen Sie sich nieder!)

Insgesamt und zusammenfassend, Herr Westenthaler und Herr Khol (Abg. Ing. Westenthaler: Der redet die ganze Rede am Thema vorbei!): erstens ein Ja zum Sanitätergesetz, aber ein Nein zu nebenberuflichen Kabinettschefs dieser Bundesregierung; und zweitens zur Bürgergesellschaft des Herrn Khol schon überhaupt ein Nein! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald.  – Abg. Ing. Westenthaler: Setz dich nieder und sei ruhig!)

14.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. Wunschgemäß stelle ich die Uhr auf 6 Minuten.

14.58

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Ich möchte gleich zur Sache kommen. Wir kommen heute endlich zur Beschlussfassung des von den freiwilligen Rettungsorganisationen, von den staatlich anerkannten Rettungsorganisationen lang ersehnten und verlangten Sanitätergesetzes. Das ist wichtig, und darauf möchte ich gleich eingehen.


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Sehr geehrte Damen und Herren! Wie wichtig solch ein Notfallsanitätergesetz ist, haben wir jetzt gesehen: Kräuter vergisst, wer das Gesetz seit Jahren blockiert hat: Es war die SPÖ – ich komme noch darauf zurück.

Petrovic urgiert im Tierarzneimittelkontrollgesetz die Selbstmedikation von Tieren. – Das ist mir bisher nur von den Menschen bekannt.

Frau Kollegin Moser fordert von Herrn Bundesminister Haupt überhaupt ein "Tierarzneimitteltransportgesetz" ein – ein Gesetz, das den Tierarzneimitteltransport regelt. Das ist mir auch völlig neu.

Sehr geehrte Damen und Herren! An diesen drei Beispielen sehen wir, wie wichtig die Ausbildung des Notfallsanitäters ist, und deshalb werden wir dieses Gesetz heute beschließen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Die UNO hat das Jahr 2001 als das "Jahr der Freiwilligen" proklamiert, und um diese geht es bei diesem Gesetz in erster Linie. Das Sanitätergesetz sieht Regelungen für die Freiwilligen und vor allem hinsichtlich der Ehrenamtlichkeit bei den Rettungstransportdiensten vor. Jetzt ist es nach langem Kampf gelungen, dass die Ehrenamtlichkeit, die Freiwilligkeit nicht gefährdet ist.

Natürlich können wir die Qualität hochschrauben, und es ist auch sehr wichtig, dass die Qualität verbessert wird – das ist auch mit der Verbesserung der Ausbildung in diesem Gesetz vorgesehen –, weil sich die Notfall- und Katastrophenmedizin in den vergangenen Jahren derart geändert hat, modernisiert und verbessert wurde, dass der Ersthelfer am Unfallort viel mehr können muss, als das früher der Fall war. Die entscheidenden Notfallmaßnahmen müssen schon vor Ort, an der Unfallstelle, gesetzt werden.

Daher ist dieses Ausbildungssystem sehr wichtig, das Modulsystem, in dem wir alles Mögliche anbieten: dass der Notfallsanitäter auch Infusionen zubereiten und anhängen kann, dass er beatmen und intubieren kann, dass es auch ein Modell gibt, wenn er Berufssanitäter werden möchte, dass alle zwei Jahre rezertifiziert werden muss – es muss geprüft werden, ob der Sanitäter seine Fähigkeiten überhaupt noch hat, und es muss nachgeschult werden. Im Gesetz gibt es auch eine Verpflichtung zur Fort- und Weiterbildung für Sanitäter, die dem modernen Gesundheitswesen entsprechen sollen, damit die Patienten, die Österreicherinnen und Österreicher und jeder andere, der in Österreich zu Schaden kommt, darauf vertrauen können, dass ihnen ein gut ausgebildeter Sanitäter zur ersten Hilfe eilt. (Beifall bei den Freiheitlichen sowie des Abg. Dr. Zernatto. )

Ich sage Ihnen, wer das Gesetz verzögert hat. Vor einem Jahr gab es schon Konsens, wir hätten das Gesetz demnach bereits vor mindestens einem Jahr beschließen können. (Zwischenruf der Abg. Dr. Moser. ) Aber da gibt es die SPÖ Wien und ihre Gesundheitsstadträtin Pittermann, die sich mit ihrem Vorgänger, dem ehemaligen Gesundheitsstadtrat Rieder, sehr schwer tut. Dieser hat, obwohl es in Wien ein Budget in der Höhe von 30 Milliarden Schilling für den Bereich Gesundheit gibt, wegen 7 Millionen Schilling (Abg. Dr. Rasinger: Vier waren es!), also wegen nur 4 Millionen Schilling – Kollege Rasinger weiß es, weil er Wiener ist –, wegen 4 Millionen Schilling, die die Stadt Wien hätte leisten müssen, damit die Versorgung der Patienten im Notfall verbessert wird, dieses Vorhaben aufgegeben. Der Grund dafür war, dass die SPÖ dieser Bundesregierung den Erfolg dieses Sanitätergesetzes, das so wichtig ist, nicht gegönnt hat. Das ist zutiefst zu verurteilen! Stadtrat Rieder ist hier wirklich unserer vehementen Kritik ausgesetzt. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Er hat damit das Leben Hunderter Menschen gefährdet, direkt gefährdet, weil die Ausbildung der Notfallsanitäter um ein Jahr verzögert wurde. Wenn Sie die Zeitungen lesen, dann wissen Sie ganz genau, was in einem Jahr alles passiert.

Ich sage Ihnen außerdem, meine sehr verehrten Damen und Herren, wie wichtig es ist, dass die Notfallsanitäter auch rechtlich abgesichert sind. In diesem Gesetz steht, dass die Ehrenamtlichen auch den Schutz der gesetzlichen Unfallversicherung genießen können. Das ist sehr wichtig, das haben wir gleich in dieses Gesetz hineingepackt.


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Wichtig ist auch, dass auch die Pensionsregelung der Rettungssanitäter inkludiert wird. Und weil hier Änderungen vorgesehen sind, muss das natürlich im ASVG entsprechend geregelt werden.

Damit es in Hinkunft zu keinen Auslegungsschwierigkeiten betreffend Pensionsrechte der Sanitäter kommt und Aufwendungen für Einmalzahlungen nicht falsch interpretiert werden und auch die Entwicklung der Pensionen allgemein, im speziellen Fall vor allem aber für die Sanitäter gerechtfertigt und gewährleistet ist, bringe ich folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Pumberger, Dr. Feurstein und Kollegen betreffend den Bericht und Antrag des Gesundheitsausschusses betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz geändert wird (931 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Die oben bezeichnete Vorlage wird wie folgt geändert:

1. Z 1 lautet wie folgt:

Im § 108f Abs. 4 wird vor dem letzten Satz folgender Satz eingefügt:

"Werden in einem Jahr die Pensionen nicht ausschließlich mit dem Anpassungsfaktor erhöht, so ist für die Vervielfachung der Anpassungsfaktormesszahl jener Faktor heranzuziehen, der der durchschnittlichen Pensionsanpassung in diesem Jahr entspricht." (Abg. Öllinger: Das ist doch unglaublich! Das ist Ihre Art!)

2. Die bisherige Z "1" und "2" erhalten die Bezeichnung Z "2" und "3".

3. Nach Z 3 werden folgende Z 4 und 5 angefügt:

4. § 299a Abs. 3 erster und zweiter Satz lauten:

"Der Wertausgleich ist eine Einmalzahlung zur Pension aus der Pensionsversicherung, die nach sozialen Gesichtspunkten in unterschiedlicher Höhe festgesetzt werden kann. Die Gesamtaufwendungen für den Wertausgleich dürfen höchstens die Differenz zwischen den Kosten der Pensionserhöhung mit dem Anpassungsfaktor und den angenommenen Kosten der Pensionserhöhung entsprechend der Erhöhung der Verbraucherpreise (Abs. 2) betragen." (Abg. Silhavy: Das ist Ihr Demokratieverständnis!)

5. Dem § 588 Abs. 4 wird folgender Satz angefügt:

"Zur Vervielfachung der letzten Anpassungsfaktormesszahl nach § 108f Abs. 4 ist für das Jahr 2000 anstelle des Anpassungsfaktors der Faktor 1,011 heranzuziehen."

*****

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie sehen, dass der Gesundheitsminister, der zugleich auch Sozialminister ist, nicht nur für die Pensionen der Sanitäter rechtzeitig vorsorgt, sondern auch mit diesem Abänderungsantrag, den wir heute beschließen werden – mehrheitlich, im besten Falle einstimmig –, dafür vorsorgt, dass rechtzeitig die richtigen Schritte ergriffen werden, um Pensionsrechte sicherzustellen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

In diesem Sinne bedanke ich mich noch einmal. Wir wissen, dass allein das Österreichische Rote Kreuz 30 000 ehrenamtliche Sanitäter hat – 30 000! Ich bedanke mich von dieser Stelle aus dafür, dass so viele Menschen in Österreich bereit sind, ohne einen Schilling zu verlangen, unter vielen Entbehrungen und mit viel Risiko, welches sie auf sich nehmen müssen, freiwillig,


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ehrenamtlich den Dienst am Nächsten zu leisten. Ich bedanke mich ganz, ganz herzlich. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.06

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsbehandlung hat sich Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. – Bitte.

15.06

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Hohes Haus! Mit diesem Abänderungsantrag der Regierungsparteien erleben wir, was es bedeutet, wenn eine Oppositionspartei bereit ist, eine Konzession zu machen und von ihrem Recht nicht Gebrauch zu machen, so wie wir das vorher getan haben. Herr Präsident! Ich ersuche Sie, diese Situation durch eine Stehpräsidiale prüfen zu lassen.

Die Regierungsparteien haben erst mittels eines GOG-Antrages im Ausschuss, also über eine Änderung erreicht, dass über das Thema ASVG überhaupt eine Debatte im Ausschuss stattgefunden hat und dieses als GOG-Antrag hinzugefügt wurde. Im Ausschuss selbst war klar, dass damit kein Pensionsanpassungsantrag, wie er jetzt von Kollegem Pumberger vorgelegt wurde, gemeint ist und verbunden wird.

Kollege Pumberger legt uns hier über diesen GOG-Antrag, der im Ausschuss beschlossen und entschieden wurde, einen Abänderungsantrag vor, der massiv in das bestehende Pensionsrecht eingreift und im Rahmen einer Debatte über das Sanitätergesetz mit entschieden werden soll.

Wir erleben hier zum zweiten Mal den Missbrauch eines parlamentarischen Instruments. Wir sollten hier über das Sanitätergesetz diskutieren, müssen aber jetzt als Opposition über die Pensionsanpassung diskutieren. Ich halte diesen Vorgang für unglaublich und geradezu einen Missbrauch eines Rechtes, das das Parlament natürlich hat und haben soll, aber in einem Zusammenhang, von dem die Präsidiale – genau die Präsidiale, von der wir gesprochen haben – das letzte Mal der Meinung war, dass die Anträge, die mittels GOG eingebracht werden, auch geprüft werden sollen. Hier hat sich nämlich eine Praxis entwickelt, die es möglicherweise notwendig macht, dass im Rahmen einer sauberen Prüfung von Seiten des Parlaments, einer juristischen Prüfung, entschieden werden muss, wie diese Praxis, mittels GOG-Anträgen hier Abänderungen einzufügen, weitergeführt werden soll.

Ich halte es nicht für tragbar, dass hier – nach dem, was gestern stattgefunden hat, als im Rahmen einer Debatte über Konjunktur und Beschäftigung eine BSE-Debatte eingefügt wurde – im Rahmen eines Sanitätergesetzes und ohne Debatte im Ausschuss die Pensionsanpassung diskutiert und entschieden werden soll.

15.09

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Sie wissen, dass ich normalerweise versuche, Sitzungen nicht zu häufig zu unterbrechen, sondern die Entscheidungen selbst zu treffen. Nachdem ich aber vor ein paar Minuten einem Ersuchen um Unterbrechung stattgegeben habe, möchte ich jetzt nicht den Anschein von unterschiedlichen Maßstäben erwecken.

Ich unterbreche kurz die Sitzung und bitte noch einmal die vier Fraktionsvertreter plus im Saal anwesende Präsidenten, zu mir zu kommen.

Die Sitzung ist unterbrochen.

(Die Sitzung wird um 15.09 Uhr unterbrochen und um 15.16 Uhr wieder aufgenommen. )

Präsident Dr. Heinz Fischer: Meine Damen und Herren! Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf.

Ich will die Komplexität des Themas, nämlich die Frage, inwieweit ein solcher Abänderungsantrag zu einem § 37-Antrag eine ordnungsgemäße Vorbereitung auf eine wichtige Materie ermöglicht, nun nicht im Einzelnen darlegen. Kollege Öllinger hat darum gebeten, dass dieser An


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trag zurückgezogen werden möge. Die Regierungsparteien haben festgestellt, dass ihnen dies zum gegenwärtigen Zeitpunkt, da das Jahr zu Ende geht und sie eine Entscheidung bis Ende des Jahres anstreben müssen, nicht möglich ist. In formeller Hinsicht erkläre ich daher diesen Antrag für zulässig. Er ist auch ausreichend unterstützt. (Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger. )

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte. (Abg. Mag. Trattner  – in Richtung Grüne –: Wieso seid ihr gegen Pensionserhöhungen?)

15.18

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich möchte auch die Gäste des Roten Kreuzes begrüßen. Ich weiß nicht, ob die ehrenamtlichen Helfer, denen wir sehr viel zu verdanken haben, denen die Patienten sehr viel zu verdanken haben, wissen, worum es tatsächlich geht.

Kollege Pumberger, Sie haben gesagt, sie werden alle zwei Jahre überprüft. (Abg. Wochesländer: Wir haben überhaupt nichts gegen Ehrenamtliche!) Ärzte werden das jedoch nicht – das haben Sie vergessen zu sagen. (Abg. Wochesländer: Das ist ein bisschen ein anderes Studium!) So gesehen ist das Gesetz sehr gut und seine Qualität, verglichen mit anderen – wir sind ja beide Gesundheitssprecher –, sogar noch besser. Das gebe ich zu.

Aber haben Sie auch mitbekommen, dass diese Ihre Ehrenamtlichkeit massiv missbraucht wurde? – Kollege Pumberger hat Ihnen erklärt, wer hier im Haus die Guten und wer die Schlechten, wer die Gesunden und wer die Kranken sind. Er will das ASVG und die Anpassung der Pensionen, wodurch sie nun nach unten reguliert und alle Pensionisten weniger Geld bekommen werden, mit diesem Gesetz auf Ihre Kosten beschließen lassen. Ich finde das diesem Gesetz im Prinzip äußerst unwürdig, und das hat mit Gesundheit, wie Sie erwähnt haben, relativ wenig zu tun. Wer also einen Notfallsanitäter in seinen Handlungsweisen braucht, diese Antwort überlasse ich den Besuchern auf der Galerie. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Es ist ganz klar, dass der Fortschritt in der Medizin natürlich vor der Katastrophenmedizin und vor der Notfallmedizin nicht Halt gemacht hat, dass die bisherigen Standards und das bisherige Ausbildungssystem diesem angepasst werden mussten. Da gibt es überhaupt keinen Zweifel. Vieles passiert jetzt schon am Ort des akuten Geschehens, bevor PatientInnen im Krankenhaus sind. Diese Minuten oder Stunden, bis die PatientInnen im Krankenhaus eintreffen, sind oft von lebensnotwendiger, lebensrettender Bedeutung, in denen oft verhindert werden kann, dass schwere, dauerhafte Schäden entstehen. Das ist keine Frage.

Die bisherigen Regelungen gehören also geändert. Warum hat das so lange gedauert? Warum war das nicht so einfach? – Weil unterschiedlichste Interessenlagen vorhanden waren! Es gab wohl Eifersüchteleien von anderen Berufsgruppen, die begradigt und ausgeräumt werden mussten.

Ich glaube, das Ministerium und die dort tätigen Beamten haben wirklich alle Kraft und alles Verhandlungsgeschick gebraucht, um nun diesen Schritt zu gehen, wobei man schon sagen muss, dass die Erstentwürfe für die Qualitätssicherung für die Betroffenen und für alle anderen wahrscheinlich noch besser gewesen wären. Es war aber nicht mehr drinnen, und als ersten Schritt muss man das gelten lassen. – Wir werden dem zustimmen.

Die Probleme liegen darin, dass Ehrenamtlichkeit natürlich auch die Frage beinhaltet, was man Ehrenamtlichen in dieser Republik noch zumuten kann. Wie viel Zeit können sie noch in Ausbildung, Qualitätssicherung, Weiterbildungsmaßnahmen und Fortbildungsmaßnahmen investieren? – Diesen Spagat zwischen Qualitätssicherung und Zumutbarkeit zu machen, das gelingt fraglos nicht leicht.

Ich muss jetzt aber auch kritisch anmerken, dass diese Ehrenamtlichkeit zwar für die Patienten extrem positiv ist – das ist den Ehrenamtlichen hoch anzurechnen –, sie hat jedoch natürlich


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auch positive Seiten für den Arbeitgeber und für den Finanzreferenten des Roten Kreuzes, das ja – ich sage das etwas ungeschützt; ich bitte, mir das zu verzeihen – nicht unbedingt die ärmste Organisation in Österreich ist. Man musste also darauf aufpassen, dass das, was sie leisten, auch honoriert wird, dass ihnen etwas zusteht und nicht nur ein Almosen gegeben wird. (Beifall bei den Grünen.)

Man muss allerdings bei aller Zustimmung zu diesem positiven ersten Schritt auch sagen, dass man mit dieser Vorlage in der derzeitigen Situation bezüglich der Qualitätssicherung im europäischen Vergleich eher im unteren Drittel liegt. Man muss auch hinzufügen, dass die Verwertbarkeit der Ausbildung und die Möglichkeiten zu einem Umstieg, zur Anrechnung für andere Berufe und zu einem Aufstieg meiner Meinung nach noch etwas zu dünn geraten sind. Da hoffe ich sehr auf den zweiten Schritt.

Meiner Ansicht nach wurde auch nicht genügend zwischen einer reinen Tätigkeit im Transportwesen und der Anwendung von notfallmedizinischen Maßnahmen differenziert. Der Einsatz von Arzneimitteln ist auch etwas vage definiert, und auch der Datenschutz ist ein Problem: Es heißt, die Verschwiegenheitspflicht werde gegenüber sonstigen Kostenträgern aufgehoben. – Wer sind die? Ich glaube, da sollte man aufpassen.

Dass man im Vorfeld diskutiert hat, ob auch Frauen und Männer zugelassen werden, die ihre Pflichtschulzeit nicht vollständig absolviert haben, zeigt schon, welche Lobbys teilweise auch gegen Ihren Berufsstand argumentiert haben. Man sollte hier vorsichtig sein.

100 Stunden Theorie klingt viel. Das sind aber insgesamt zweieinhalb Wochen für die Ausbildung eines – unter Anführungszeichen – "normalen" Sanitäters oder einer "normalen" Sanitäterin. Das ergibt siebeneinhalb Stunden pro Fach – 13 Fachgebiete werden im ersten Modul gelehrt.

Wie auch immer: Ich wünsche Ihnen mit diesem Gesetz – wie ich glaube, zu Recht – viel Erfolg. Beachten Sie aber bitte gemeinsam mit uns, dass in Ihrem Interesse und im Interesse der Patienten und Patientinnen noch ein zweiter Schritt folgen soll! Wir werden aufpassen, und ich hoffe, dass dann nicht wieder die Pensionen für alle ASVG-Pflichtigen für Ihr Gesetz nach unten reguliert werden müssen. – Vielen Dank. (Beifall bei den Grünen.)

15.24

Ankündigung eines Antrages auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, gebe ich bekannt, dass Herr Abgeordneter Dr. Jarolim gemäß § 33 Abs. 1 der Geschäftsordnung beantragt hat, einen Untersuchungsausschuss einzusetzen, und zwar zur Aufklärung der Vorwürfe bezüglich Weitergabe von Polizeidaten an Dritte, zur Aufklärung der Vorwürfe betreffend Verschleppung des gegenständlichen Verfahrens, zur Aufklärung der Vorwürfe im Zusammenhang mit der Einstellung bestimmter Verfahren und zur Untersuchung der rechtlichen und politischen Verantwortlichkeiten.

Die Durchführung einer Debatte hierüber wurde nicht beantragt. Gemäß § 33 Abs. 2 der Geschäftsordnung werde ich über diesen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses nach Erledigung der heutigen Tagesordnung abstimmen lassen. Ich bitte um Kenntnisnahme.

*****

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Rasinger. – Bitte.

15.25

Abgeordneter Dr. Erwin Rasinger (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Jeder Einzelne von uns kann plötzlich ein Notfallopfer werden. Vor wenigen Monaten ist der Salzburger Landtagspräsident Dr. Schreiner mitten


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in einer Sitzung zusammengebrochen. Wir alle wissen, wie das ausgegangen ist: Er ist leider gestorben.

Wir reden heute über ein Gesetz, das in entscheidenden Minuten – und da geht es um Minuten! – Tod oder Folgeschäden verhindern soll. Herr Abgeordneter Kräuter! Ich finde es daher überhaupt nicht angebracht, dass Sie hier plötzlich eine Diskussion über einen Kabinettschef beginnen (Abg. Dr. Kräuter: Das ist aber wichtig!), während wir heute gemeinsam – auch mit Ihnen – ein Gesetz beschließen, dessen Vorbereitung vor 40 Jahren begonnen hat.

Ich stehe hier nicht an, Frau Ministerin Hostasch und Herrn Minister Löschnak für ihre Vorarbeiten zu danken. Wir waren vor zwei Jahren fast fertig, ich habe mit Ministerin Hostasch verhandelt. (Abg. Dr. Pumberger: Kindesweglegung!  – Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Aber Sie betreiben Geschichtsfälschung: Wissen Sie, wer den Einwand als Letzter zurückgezogen hat, Herr Abgeordneter Kräuter? Wissen Sie das? Sie hören nicht zu! Es war die Stadt Wien – wegen 4 Millionen Schilling! Es war die Stadt Wien! Aber Sie tun so, als ob die ÖVP der große Verhinderer gewesen wäre.

Zweitens machen Sie sich über das Ehrenamt lustig. – Jawohl, wir sind stolz darauf, dass hier auch Ehrenamtliche wesentlich mitarbeiten! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.) Ich sage nicht: nur Ehrenamtliche, denn wir sind dankbar dafür, dass wir auch sehr gute Hauptamtliche haben. Aber ohne die Ehrenamtlichen wäre das österreichische Rettungs- und Sanitätswesen nicht zu führen. (Abg. Silhavy: Es hat auch niemand das Ehrenamt lächerlich gemacht, aber die Ordensverleihung!)

Herr Abgeordneter Kräuter! Es nützt das beste Gesetz nichts, wenn es dann niemanden gibt, der im Rettungswagen mitfährt – 365 Tage im Jahr, 24 Stunden am Tag, unter schwierigsten Bedingungen. Das haben Sie nämlich vor lauter Zorn darüber, dass die ÖVP für das Ehrenamt eintritt, vergessen. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.  – Abg. Haidlmayr: Was ist mit den Zivildienern?)

Dieses Rettungssanitätergesetz bringt uns insgesamt an die Weltspitze. Es ist das Schlussstück in einer langen Reihe von richtigen Entscheidungen. Schon unter Löschnak wurde das Notarztsystem in Österreich wesentlich erweitert. Es wurde das Notarztwagensystem auch flächendeckend angedacht und eingeführt. Herr Abgeordneter Kräuter! Dafür sind wir ihm heute dankbar. Wenn Sie sich mit der Geschichte beschäftigt hätten, hätten Sie den Minister Ihrer Partei ja erwähnen können.

Ich bin auch dankbar dafür, dass damals unter Löschnak in Österreich das Notarzthubschraubersystem eingeführt wurde. Es ist auch allen zu danken, die die hervorragende unfallchirurgische Betreuung in den Spitälern begonnen und auf dieses hohe Niveau gebracht haben. Hier ist Dank angebracht, weil wir nur durch diese Entscheidungen heute – zehn oder 20 Jahre später – beruhigt sagen können, wir haben ein Weltklassesystem. Dieses heute zu beschließende Gesetz wird uns in einem wichtigen Bereich weiterhelfen.

Insgesamt brauchen wir uns überhaupt nicht zu genieren. Notfallarbeit ist Teamarbeit. Darum stört es mich als Arzt überhaupt nicht, dass Notfallsanitäter nach einer Ausbildung zusätzliche Kompetenzen im Bereich der Infusionslegung, der Medikamentengabe, der Defibrillation, der Beatmung oder der Intubation bekommen. Jeder, der weiß, was ein Notfall bedeutet, weiß, dass bei einem Notfall ohne Teamarbeit überhaupt nichts geht. Da geht es nicht um Kompetenzstreitigkeiten, sondern um drei Minuten, die über das Leben eines jeden Einzelnen entscheiden.

Ich glaube daher, dass wir auf dieses Gesetz stolz sein können. Es ist aus meiner Sicht ein egoistisches Gesetz, weil es uns und wahrscheinlich auch Tausenden Österreichern hilft. Dieses Gesetz wird mit Sicherheit Menschenleben retten. Wir von der ÖVP sind jedenfalls sehr stolz auf und sehr dankbar für die großartige Hilfe, die im österreichischen Rettungswesen – vor allem unter schwierigsten Bedingungen – von allen geleistet wird. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

15.30


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Es liegt ein Wunsch auf tatsächliche Berichtigung vor. Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. – Bitte.

15.30

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Mein Vorredner, Herr Kollege Rasinger, hat behauptet, ich hätte in meiner Rede das Ehrenamt lächerlich gemacht. (Ruf bei der ÖVP: Bei der SPÖ nicht das erste Mal!)

Meine Damen und Herren! Wahr ist vielmehr: Ich habe gesagt, der Preis für die gescheiterte Ideologie der Bürgergesellschaft im Rettungswesen ist, dass bis heute hauptberufliche Retter im Status von Hilfsarbeitern stehen, dass die Rettungsorganisationen bis heute vertröstet wurden und dass Lebensretter beim Retten bis heute mit einem Fuß im Gerichtssaal stehen. (Abg. Dr. Ofner: Das ist keine Berichtigung! Geh bitte! – Abg. Mag. Kukacka: Das ist keine tatsächliche Berichtigung!) Das habe ich gesagt, und die ÖVP ist dafür verantwortlich. (Beifall bei der SPÖ.)

15.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich darf nunmehr den Herrn Minister bitten, das Wort zu ergreifen.

15.31

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, dass mit der heutigen Beschlussfassung unter das Rettungssanitätergesetz und unter eine mehrjährige Debatte, die meiner Meinung nach zu einem guten Kompromiss geführt hat, ein Schlussstrich gezogen wird. Ich gebe allen Vorrednern Recht, die gemeint haben, dass das österreichische Rettungswesen – egal, welche Organisation – nur möglich ist, weil wir Ehrenamtlichkeit und Professionalität unter einem Dach vereinen und keinen Gegensatz zwischen Ehrenamtlichen und Hauptberuflichen schaffen.

Ich darf auch darum bitten, das Augenmaß insofern zu wahren, als sich die Verhandlungen eigentlich schon seit mehr als einem Jahr in einer Umbruchphase befunden haben, die Umsetzung aber auf Grund des Einspruches von zwei Bundesländern nach dem Konsultationsmechanismus bis zum heutigen Tag verschoben wurde. Herr Kollege Dr. Kräuter! Ich bitte Sie, nicht zu übersehen, dass das letzte Bundesland, das seinen Vorbehalt auf Grund des Konsultationsmechanismus zurückgezogen hat, kein anderes als Wien war. (Abg. Huber: Und davor die Steiermark!)  – Die Steiermark hat ihren Vorbehalt schon drei Monate vorher zurückgezogen, das Bundesland Wien war das letzte.

Ich bin Bürgermeister Häupl sehr dankbar dafür, dass er anlässlich der Eröffnung des renovierten Rettungsgebäudes der Wiener Rettungsgesellschaft diesen Vorbehalt des Landes Wien zurückgezogen und damit den Weg dafür frei gemacht hat, damit dieses Gesetz heute hier im Nationalrat verabschiedet werden kann.

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, dass hier eine sinnvolle Symbiose aus dem, was jemand ausführen darf, der den Sanitätsberuf erlernt hat, und dem, was ausschließlich akademisch ausgebildeten Ärzten vorbehalten ist, entstanden ist.

Es besteht eine klare Trennung zwischen Studium und sonstiger Ausbildung, die wir dann unter Tagesordnungspunkt 7 zweifelsohne unter heftigerer Begleitmusik diskutieren werden als nun unter Tagesordnungspunkt 1, bei dem weitgehendes Einvernehmen besteht.

Es ist meiner Meinung nach aber trotzdem unübersehbar, dass man bereit ist, Kompetenzen, die ursprünglich Menschen mit akademischer Ausbildung vorbehalten waren, nunmehr auch Menschen mit nicht-akademischer Ausbildung nach entsprechender Schulung und bei entsprechender Qualifikation zu überlassen, damit sie helfen und in der Öffentlichkeit wirksam werden können.


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Ich möchte mich auch ausdrücklich bei jemandem bedanken, der nicht im Plenum, aber immerhin auf der Besuchergalerie des Nationalrates sitzt, nämlich bei Herrn Universitätsprofessor Dr. Petutschnig, der dieses Gesetz über Monate und Jahre hindurch begleitet hat und dem ich auch herzlich dafür danken möchte, dass er bei sich in Graz schon mit der Ausbildung nach dem neuen Gesetz begann, während wir hier im Nationalrat noch darüber diskutiert haben, wann dieses Gesetz endlich zustande kommt. – Ein herzliches Dankeschön! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Ich glaube, wir haben damit einen Schlussstrich unter eine Debatte gezogen, die trotz der alten österreichischen Mentalität, dass jeder Berufsstand seinen eigenen Besitzstand bis zuletzt verteidigt und sachliche Argumente nur schwer Eingang finden, in eine sachliche und ordnungsgemäße Debatte übergeführt und schließlich erledigt wurde. Ich wünsche mir eine ebenso sachliche Debatte auch bei den anderen Tagesordnungspunkten des heutigen Tages. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.35

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Bures. – Bitte.

15.35

Abgeordnete Doris Bures (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Bundesminister, ich danke Ihnen für Ihre sachlichen Ausführungen zum Sanitätergesetz, das ja auch auf der Tagesordnung steht. Es wundert mich aber, dass Sie nicht zu dem Antrag, den Kollege Pumberger eingebracht hat, Stellung genommen haben – aber vielleicht haben Ihnen dazu die Worte gefehlt –, dazu nämlich, dass Sie einen Teilaspekt einer ASVG-Novelle dazu benutzen, den Pensionisten in Zukunft wieder 1,6 Milliarden Schilling wegzunehmen.

Sie haben heute keine sachlichen Worte dazu gefunden, wie Sie eigentlich begründen, dass Sie zwei Millionen Pensionisten in diesem Land, die ohnedies durch Ihre Politik massiv belastet werden, en passant – am Rande einer Diskussion zum Sanitätergesetz – schlicht und einfach wieder 1,6 Milliarden Schilling wegkürzen, die Sie dann als "Übergenuss" für die Folgejahre ausweisen. Herr Bundesminister! Das, was hier stattfindet, ist ein Skandal! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.  – Zwischenruf des Abg. Dr. Pumberger. )

Ich weiß nicht, ob Sie die Einkommensentwicklung der österreichischen Pensionistinnen und Pensionisten wirklich kennen. Sie haben massive Kaufkraftverluste zu erleiden. Es sind gerade die älteren Menschen in unserem Land, die von Ihrer unsozialen Belastungspolitik betroffen sind, und zwar im Bereich der Pensionsversicherung. Heute setzen Sie diesen Kurs der Pensionskürzungen, die Sie vorhaben, fort und verschärfen ihn in Wirklichkeit sogar.

Im Bereich der Pensionsversicherung haben Sie den Pensionisten in den letzten zwei Jahren de facto ein Volumen von 53 Milliarden Schilling weggenommen. Das waren Leistungen, die für die Senioren in Österreich wichtig sind und die sie auch brauchen. Es gibt massive Verschlechterungen bei den Pensionen; ich denke zum Beispiel an die Abschaffung der vorzeitigen Alterspension bei verminderter Erwerbstätigkeit. Es sind viele Menschen, die durch Ihre Maßnahmen in die Arbeitslosigkeit getrieben werden. Herr Bundesminister! Wenn ich an die Verschärfung bei den Abschlägen bei vorzeitiger Alterspension denke – das ist eine massive Pensionskürzung für viele –, wenn ich an die Reduktion der Witwen- und Witwerpension denke, wenn ich an die Verschlechterung bei der Invaliditätspension denke, dann muss ich sagen, dass Sie die ältere Generation durch Ihre unsozialen Maßnahmen massiv getroffen haben, zu denen Sie hier heute keine sachlichen Worte finden! (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Aber es ist dieser Schröpfkurs der Bundesregierung, der eben kein Ende findet und der selbst beim Sanitätergesetz fortgesetzt wird, und es sind auch die Kürzungen im Gesundheitsbereich. Gerade ältere Menschen brauchen das Gesundheitssystem in einem besonderen Ausmaß. Was haben Sie in diesem Bereich gemacht? – Sie diskutieren immer mehr über Selbstbehalte und darüber, dass gerade jene, die älter und krank sind, von Ihnen zur Kassa gebeten werden.


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89. Sitzung / Seite 32

Sie haben die Rezeptgebühren massiv erhöht. Sie haben die Spitalskostenbeiträge massiv erhöht. Sie haben völlig unsinnige Maßnahmen wie die unsoziale Ambulanzgebühr eingeführt. Herr Bundesminister! Ich frage mich: Wie können Sie den Senioren überhaupt noch gegenübertreten? Oder schalten Sie um die Steuergelder der Senioren nur noch Inserate und verbreiten falsche Informationen? (Beifall bei der SPÖ.)

Aber Ihre Belastungspolitik hat natürlich auch andere Auswirkungen: Nicht nur, dass es gerade ältere Menschen tagtäglich in ihrer Geldbörse spüren, es wird durch diese Belastungsschübe natürlich auch die Inflation in die Höhe getrieben. (Abg. Dr. Rasinger: Rettungssanitätergesetz!  – Abg. Dr. Pumberger: Pensionserhöhung 1997: Null Schilling!)  – Ich weiß, dass das ein unangenehmes Thema ist. Den Rentnern das Geld aus der Tasche zu ziehen ist eine unangenehme Sache, aber Sie haben das zu verantworten! Und das Antreiben der Inflation führt natürlich dazu, dass die Kaufkraft eine viel geringere ist. (Abg. Dr. Rasinger: Wir reden über das Rettungssanitätergesetz!)

Herr Pumberger, Sie haben kein Problem! Sie werden die Weihnachtsgeschenke für Ihre Familie schon bekommen, Herr Rasinger, und sich das auch leisten können. (Abg. Dr. Rasinger: Ich bin der Rasinger!  – Abg. Dr. Pumberger  – auf Abg. Dr. Rasinger weisend  –: Das ist der Rasinger!) Aber wissen Sie, dass viele Senioren tatsächlich Schwierigkeiten haben, zum Beispiel – wenn es so kalt ist wie heute – die Heizkosten zu bezahlen? Sie sind auch nicht in der Lage, einen bundeseinheitlichen Heizkostenzuschuss einzuführen. Die Menschen würden es brauchen, denn Sie belasten diese Menschen. (Beifall bei der SPÖ.)

Die durchschnittliche Pension von Frauen beträgt 9 240 S, Herr Dr. Rasinger! Leben Sie einmal einen Monat von 9 240 S! Und da kürzen Sie permanent die Pensionen – auch heute haben Sie das vor. Das ist eine unsoziale und herzlose Politik, die Sie betreiben! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Rasinger: Sie sind auf der falschen Hochzeit!)

Herr Bundesminister! Für uns Sozialdemokraten kommen dieser Belastungskurs und dieser Rentenkürzungskurs nicht in Frage, und wir werden auch nicht tatenlos zusehen, dass Sie hier massive Pensionskürzungen vornehmen. Wir fordern Sie daher auf, die Pensionen zumindest so anzupassen, dass die Inflation abgegolten wird. Das ist noch keine Pensionserhöhung, das ist eine Inflationsabgeltung. Ich denke, dass es sich die Pensionistinnen und Pensionisten in Österreich, die dieses Land aufgebaut haben, auch verdient haben, dass mit ihnen fair umgegangen wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Es geht nur um einen fairen Umgang mit der älteren Generation, und daher bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Doris Bures und GenossInnen betreffend Anpassung der Pensionen zumindest mit der Inflationsrate

"Der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen wird aufgefordert, eine Regierungsvorlage zu erarbeiten und so rasch wie möglich dem Nationalrat vorzulegen, die festlegt, dass die Pensionen für das Jahr 2002 zumindest mit der Inflationsrate für den Zeitraum 1. August 2000 bis 31. Juli 2001, also 2,9 Prozent, erhöht werden."

*****

Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren der Bundesregierung! Gehen Sie einmal fair mit der älteren Generation um und stimmen Sie zu! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)


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89. Sitzung / Seite 33

15.42

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag der Frau Abgeordneten Bures betreffend Anpassung der Pensionen zumindest mit der Inflationsrate ist genügend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Haupt. – Bitte.

15.42

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Kollegin Bures, wie Sie wissen, habe ich zu diesem Thema, das auch Thema des Abänderungsantrages ist, auf Grund einer Dringlichen Anfrage eine mehrstündige Debatte im Bundesrat geführt – um einmal das klarzustellen. (Abg. Huber: Sind wir im Bundesrat?)

Zum Zweiten wissen Sie, dass die Pensionsanpassung des Jahres 2000 zwischen 0,6 und 2,5 Prozent betragen hat und im Gutachten für die Pensionsanpassung des Jahres 2001 bereits mit 1,1 Prozent enthalten war. Diese Vorgangsweise der damaligen Kommission zur Pensionsanpassung wurde von allen Pensionistenverbänden mitgetragen.

Für die Pensionsanpassung 2002 ist im Gutachten das Jahr 2000 mit der geglätteten Pensionsanpassung von 1,1 Prozent enthalten und für die Berechnungen der Pensionsanpassung zugrunde gelegt.

Nunmehr haben sich auf Grund eines Rechtsstreites, der im März dieses Jahres über diesen Punkt geführt worden ist, die Pensionistenverbände dieser seinerzeit auch von ihnen vertretenen Meinung, dass die Pensionsanpassung des Jahres 2000 mit 1,1 Prozent zugrunde zu legen ist, nicht mehr angeschlossen.

Ich bin daher daran interessiert, für die ältere Generation hinsichtlich des wichtigen Instruments der Pensionsanpassung eine auch überprüfbare Rechtsgrundlage zu schaffen, die auch bei allen österreichischen Gerichten – wie in einem Rechtsstaat üblich – die Basis für Anfechtungen et cetera sein wird.

Sie wissen ganz genau, Frau Kollegin Bures – und Ihr Fraktionsführer im Bundesrat hat das ja auch ausgeführt –, dass das derzeitige Gutachten und die Pensionsanpassung auf Grund eines Bescheides des Ministeriums in der heutigen Situation des Rechtsstaates nicht oder nur über Umwege geeignet wäre, vor dem Verfassungsgerichtshof einer Klärung zugeführt zu werden, weil die Pensionsanpassung 2000 mit den 1,1 Prozent im Gutachten nicht Gegenstand des Rechtsgutachtens insgesamt und schon gar nicht Gegenstand des Bescheides ist, sondern nur eines Teilbereiches des Rechtsgutachtens.

Ich glaube daher, dass durch diesen Abänderungsantrag eine klare Rechtsbasis geschaffen wird, die auch den Zugang zu allen Möglichkeiten des Rechtsstaates bietet, damit die Pensionisten, die ältere Generation, die Sie apostrophiert haben, eine Rechtsgrundlage haben, die für sie beruhigend ist.

Und ich sage noch etwas in aller Klarheit dazu, Frau Kollegin Bures: Die 1,1 Prozent Anpassung des Jahres 2000 bedeuten für alle, die jetzt im aktiven Erwerbsleben stehen, also für alle, die nach dem Generationenvertrag heute die Pensionen zahlen, hinsichtlich der Pensionen, die sie einmal bekommen werden, eine deutliche Besserstellung. – So weit, so gut.

Ich glaube daher, dass der entsprechende Antrag aus rechtsstaatlicher Sicht – und auch aus Sicht der Gutachten – eine Klarstellung bringt, die dringend notwendig ist, um der älteren Generation auch mehr Sicherheit zu geben.

Noch etwas, Frau Kollegin Bures: Die derzeitige Pensionsanpassung für das Jahr 2000, wie sie im Verordnungsweg erfolgt ist, wird allen jenen, die es dringend brauchen – und das sind sehr viele aus der Gründungsgeneration –, allen mit Mindestpensionen eine volle Inflationsabgeltung von 2,9 Prozent bringen. Sie wird 84,5 Prozent der Pensionisten eine Pensionsanpassung bringen, die im Bereich von bis zu 1,6 Prozent liegt. Ich glaube daher, dass wir gerade mit dieser Pensionsanpassung das Ziel umgesetzt haben, das auch Ihre Fraktion – und sogar Kollege Blecha! – in der Öffentlichkeit immer formuliert hat, nämlich die untersten und die geringsten Einkommen besonders zu berücksichtigen.

Ich darf Sie auch darauf hinweisen, dass die Ausgleichszulagenbezieher zur Gänze die volle Inflationsabgeltung von 2,9 Prozent bekommen, was nicht nur gut so ist, sondern auch


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89. Sitzung / Seite 34

lebensnotwendig für sehr viele dieser Damen und Herren! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Schieder: Zur Geschäftsordnung!)

15.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Geschäftsordnung hat sich Herr Abgeordneter Schieder zu Wort gemeldet. – Bitte.

15.46

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ) (zur Geschäftsbehandlung): Herr Präsident! Ich weiß schon, dass es in einer normalen Debatte ohne den Einsatz anderer parlamentarischer Instrumente nicht möglich ist, von einem Minister eine bestimmte Antwort zu erhalten, und er hat ja auf manche Punkte geantwortet. Aber dass er in dieser Beantwortung auf Punkte nicht antwortet mit dem Verweis, dazu habe er schon im Bundesrat geantwortet und das müssten die Abgeordneten wissen, das ist, bitte, eine Vorgangsweise, die nicht akzeptabel ist! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Abg. Mag. Trattner: Diese Wortmeldung ist doch Ihrer nicht würdig, Herr Schieder! Seien Sie mir nicht böse!)

15.47

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ein Antrag wurde nicht gestellt.

Ich erteile das Wort Frau Abgeordneter Mag. Hartinger. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

15.47

Abgeordnete Mag. Beate Hartinger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Liebe Frau Kollegin Bures, wer hier herzlose Politik betrieben hat, das waren Sie, das war Ihre Fraktion! Schauen Sie sich die Pensionserhöhungen an: 1996 betrug die Pensionserhöhung null, 1997 betrug die Pensionserhöhung null, 1998 waren es 1,3 Prozent und 1999 1,5 Prozent! Unsere Regierung hat jetzt vor allem für die sozial Schwachen und die Durchschnittspensionsbezieher die Pensionen im Rahmen der Inflationsrate erhöht – das, was Ihr Seniorensprecher fordert. (Beifall bei den Freiheitlichen.) Und das sind 54 Prozent der Pensionen – vielleicht wissen Sie das nicht, Frau Kollegin.

Und nur ein Sidestep zum Kollegen Kräuter: Wenn Sie sagen, dass die Patienten im Kreis geschickt werden, dann wenden Sie sich bitte an "unseren" Landesrat in der Steiermark, an Landesrat Dörflinger von Ihrer Fraktion! Beschweren Sie sich dort, nicht hier! (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Aber jetzt möchte ich zur Sache kommen: zum Sanitätergesetz. Meine Damen und Herren! Es freut mich außerordentlich, dass wir auch hier zur Sicherheit in Österreich beitragen. Wir hatten gestern eine große Diskussion über die Sicherheit und heute über das Sanitätergesetz. Meine Damen und Herren! Ein funktionierendes Rettungswesen gehört zum persönlichen Sicherheitsgefühl in einem Land. Die Menschen in Österreich erwarten zu Recht, dass sie, wenn sie Hilfe benötigen, diese auch rechtzeitig bekommen. Für einen Notfallpatienten ist zuerst die aktive Laienhilfe überlebenswichtig – und da ist jeder von uns gefordert –, und das rasche Eintreffen des Rettungsdienstes ist dabei die zweite Erwartung des Notfallpatienten.

Das Netz der Rettungsdienste ist dicht geknüpft, und Hilfsfristen der WHO von 15 bis 20 Minuten können immerhin für 80 Prozent der Betroffenen in Österreich eingehalten werden – in Schweden für 85 Prozent. Aber wir sind auf dem richtigen Weg.

Als dritten Punkt erwartet sich der Patient eine qualifizierte Betreuung, die durch den hohen Ausbildungsstand und durch das Engagement und jetzt auch durch dieses Gesetz gewährleistet ist. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Die Notfallkompetenz, die der Sanitäter durch diese gesetzliche Regelung, lebensrettende Maßnahmen wie Intubation und Defibrillation durchzuführen, erhält, ersetzt keinen Notarzt; das möchte ich auch einmal festhalten. Diese dienen rein der Stabilisierung. Aber wo braucht man lebensrettende Maßnahmen?


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89. Sitzung / Seite 35

Nur ein paar Zahlen: 9 000 Herzinfarkte pro Jahr; 50 Prozent sterben innerhalb der ersten 15 Minuten. 20 000 Schlaganfälle pro Jahr; 20 Prozent sterben, 40 Prozent bleiben behindert. Alle acht Stunden stirbt ein Österreicher auf der Straße. Die ersten Minuten sind entscheidend, das werden mir viele von Ihnen bestätigen, vor allem Herr Professor Petutschnig. Und nach einer Dreiviertelstunde stirbt jedes dritte Unfallopfer.

Abgesehen von der Lebensqualität für den Einzelnen bei rechtzeitiger Hilfe ist die Versorgung in den Spitälern für gut und qualifiziert erstversorgte Patienten auch viel leichter und so könnte sich die Verweildauer und könnten sich damit die Pflegetage um 10 Prozent reduzieren. Vielleicht sollten wir das auch einmal bedenken.

Meine Damen und Herren! Oft wird bei notwendigen Maßnahmen erklärt, warum etwas nicht geht, warum etwas nicht umsetzbar ist. Da gibt es Ausreden wie: Das ist ein Landesgesetz, das ist ein Bundesgesetz, da sind wir nicht zuständig, da ist dieser oder jener dafür verantwortlich, warum etwas nicht passiert.

Meine Damen und Herren! Auch dieses Gesetz beweist: Steter Tropfen höhlt den Stein, wo immer der Stein auch sein mag. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

15.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dietachmayr zu Wort gemeldet. Bitte, die Redezeit von 2 Minuten und die Geschäftsordnung zu beachten!

15.52

Abgeordneter Helmut Dietachmayr (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Hartinger hat soeben gemeint, die Pensionen seien in den vergangenen Jahren nicht in dem Ausmaß erhöht worden und 1996 gar nicht.

Ich muss sie tatsächlich berichtigen; ich habe hier die genauen Zahlen: Die Pensionen wurden von 1995 bis zum Jahr 2000 um 10,29 Prozent erhöht, während der Verbraucherpreisindex im gleichen Zeitraum nur um 9,2 Prozent gestiegen ist. (Abg. Dr. Ofner: Jedes Jahr nennen! – Abg. Mag. Trattner: Was war 1996 und was 1997?) Es wurde also eine tatsächliche Erhöhung der Pensionen erreicht, und es muss auch einen Übergenuss gegeben haben, sonst würden Sie nicht mit der heute zu beschließenden Maßnahme diesen Übergenuss rückverrechnen, meine Damen und Herren. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

15.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Mir liegt als nächste Wortmeldung jene der Frau Abgeordneten Huber vor. – Bitte. (Abg. Leikam  – in Richtung der sich zum Rednerpult begebenden Abg. Huber –: Anna, red keinen Blödsinn!)

15.53

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich bin eigentlich sehr froh darüber, dass nach den jahrelangen Verhandlungen Konsens, allerdings auf Basis des kleinsten gemeinsamen Nenners, für das Sanitätergesetz gefunden worden ist. (Rufe bei den Freiheitlichen und Gegenrufe bei der SPÖ.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Frau Abgeordnete Huber! Ich muss zuerst den Abgeordneten Leikam beruhigen. (Abg. Mag. Trattner: Er hat eh nichts gemacht, der Leikam!) Er ist nunmehr beruhigt. – Jetzt bitte ich Sie, mit Ihrer Rede fortzusetzen!

Abgeordnete Anna Huber (fortsetzend): Trotzdem, denke ich, war es ein Schritt in die richtige Richtung, ich bin aber überzeugt davon, dass weitere folgen müssen.

Es ist unbestritten, dass eine bessere Ausbildung und damit auch mehr Qualität und mehr Kompetenzen bei der Erstversorgung – das ist schon mehrfach angesprochen worden – es den Rettungskräften ermöglicht, rasch und professionell zu helfen und damit Leben zu retten.


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89. Sitzung / Seite 36

Weil eine sehr wesentliche Säule unseres Rettungswesens die zirka 41 000 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer sind, möchte ich an dieser Stelle diesen Menschen einmal herzlichen Dank sagen. (Beifall bei der SPÖ.) Es ist zwar nur ein schlichtes Danke, es ist aber ein Danke für Menschen, die bereit sind, tagaus, tagein für andere da zu sein. Und es ist eben nicht selbstverständlich, die eigene Freizeit, manchmal sogar die eigene Sicherheit oder die eigene Gesundheit einzusetzen, ganz egal, ob jene, die Hilfe brauchen, schwarz oder weiß, jung oder alt, arm oder reich sind.

Ich denke mir, unsere Gesellschaft könnte mehr Menschen brauchen, denen der Nächste nicht gleichgültig ist, Menschen, die auch ein Auge für die Not des anderen haben und die bereit sind, zu helfen. Das ist ganz einfach nicht hoch genug einzuschätzen.

Ich bitte – weil ich hier oben auf der Galerie die Vertreterinnen und Vertreter des Arbeiter-Samariter-Bundes und des Roten Kreuzes sehe –, diesen Dank der sozialdemokratischen Fraktion auch an alle Helferinnen und Helfer weiterzugeben. (Beifall bei der SPÖ.)

Es ist schon angeklungen, dass im derzeitigen System des Rettungswesens hauptamtliche Sanitäter noch Hilfsarbeiter sind und die Lebensretter mit einem Fuß im Gefängnis stehen, wenn sie Leben retten. Dieses Gesetz bringt Abhilfe, und ich bin sehr froh darüber, dass es zustande kommt, denn oft ist eben ein Rettungssanitäter zur Stelle, aber kein Notarzt. Oft geht es um Minuten, in denen die notwendigen lebensrettenden Maßnahmen gesetzt werden müssen, um den Betroffenen wieder ins Leben zurückzuholen.

Deshalb ist die Ausweitung der Kompetenzen der Retter wichtig. Dazu braucht es aber die notwendige fachliche Weiterbildung, und zwar sowohl theoretisch als auch praktisch.

Es stellt sich natürlich die Frage, wie viel an zusätzlicher Ausbildung, wie viel an zusätzlicher Zeit diesen ehrenamtlichen Rettern noch zumutbar ist? Ich denke, dass mit diesem Gesetz dieses Spannungsfeld zwischen einerseits der Zumutbarkeit und andererseits der Qualität der Hilfe doch aufzulösen versucht wurde. Allerdings finde ich es außerordentlich bedauerlich, dass wir jetzt ein neues Gesetz machen, einen neuen Beruf schaffen, aber dass es nicht einmal einen Berufsschutz für diesen Beruf gibt. Ich meine, das ist auch ein Schritt, der in einer kommenden Novellierung zu berücksichtigen ist.

Das Rote Kreuz hat in der Begutachtung geschrieben, den vergleichsweise geringen Kosten stehe ein hoher medizinischer, menschlicher und auch finanzieller Nutzen gegenüber. – Deshalb dürfen die weiteren Verbesserungsschritte des Gesetzes nicht am Geld scheitern! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

15.57

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Zernatto. Er hat das Wort. (Abg. Leikam: Die Sendung des Landeshauptmannes!)

15.58

Abgeordneter Dr. Christof Zernatto (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es folgt, lieber Toni, nicht die Sendung des Landeshauptmannes, sondern eine Rede des Abgeordneten Zernatto, der eigentlich gemeint hat, als er diesen Tagesordnungspunkt sah, dass die Dramaturgie der Diskussion zu diesem Tagesordnungspunkt vorgezeichnet sei, dass es darum gehen würde, einen gemeinsam gefundenen Weg, einen gemeinsamen Entschluss hier entsprechend zu argumentieren und das zu tun, was auch die Frau Kollegin jetzt gerade getan hat, nämlich jenen zu danken, die letztlich Adressaten dieses Gesetzes sind. (Abg. Dr. Kräuter: Pensionskürzungen!)

Herr Dr. Kräuter, weil Sie sich wieder mit einem Zwischenruf gemeldet haben: Ohne dass es irgendwelche Anträge gab, waren Sie derjenige, der seinen Auftritt dazu benutzt hat, hier Gift und Galle in alle Richtungen zu spucken, anstatt die Worte zu finden, die Ihre Kollegin sehr wohl gefunden hat. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Steibl: Aber im Ausschuss hat er sich nicht gemeldet! Da hat er geschwiegen!)


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89. Sitzung / Seite 37

Diese Bürgergesellschaft, die Sie heute hier in für mich nicht ganz nachvollziehbaren Worten dargestellt haben, ist etwas außerordentlich Wesentliches. Ihre Kollegin hat zu Recht darauf hingewiesen, wie viel gerade von den Freiwilligen hier an Arbeitsleistung, an Einsatzbereitschaft, an Verzicht geleistet wird. Ich freue mich, dass das auch im Bereich der Sozialdemokratischen Partei so anerkannt wird. Letztlich ist es auch kein Zufall, dass dieses Jahr 2001 das "Jahr der Freiwilligen" ist, und hier geht es nicht um Orden, Herr Dr. Kräuter, sondern es geht um Anerkennung jenen gegenüber, die bereit sind, sich für die Allgemeinheit einzusetzen. Es geht darum, ihnen zu zeigen, dass die Gesellschaft sehr wohl bemerkt, wenn jemand bereit ist, über seine Verpflichtungen hinaus Einsatz zu erbringen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte hier jetzt gar nicht in die Details eingehen. Was hier gesagt wurde, ist richtig, nämlich dass vielfach schon bisher gerade Angehörige der Rettungsdienste teilweise über ihre rechtlichen Kompetenzen hinaus tätig geworden sind, und zwar auf eigenes Risiko, um Menschenleben zu retten. Und ich möchte hier auch ein ganz persönliches Danke dafür sagen, denn ich werde Ihnen jetzt – und das wird manchem seine parteipolitische Polemik auf den Lippen ersterben lassen – eine kleine, ganz persönliche Geschichte erzählen:

Es ist ungefähr zehn Jahre her, da war ich mit meiner Frau in Italien auf Schiurlaub. Ein Raser hat sie auf der Piste niedergestoßen und sie ist mit Serienrippenbrüchen, mit einer Wirbelverletzung und vielen anderen Verletzungen, die letztlich einen Aufenthalt auf der Intensivstation von über einer Woche notwendig gemacht haben, liegen geblieben. Es war sehr schnell ein sehr junger, sehr ambitionierter, aber offensichtlich inkompetenter Bergretter zur Stelle, der meine Frau mit diesen Verletzungen mit einem Akja über eine Buckelpiste 12 Kilometer ins Tal führen wollte.

Ich sage heute deshalb danke, weil durch Zufall – und ich weiß nicht, ob es ein ehrenamtlicher Freiwilliger oder ein hauptamtlicher Mitarbeiter des Roten Kreuzes, des Österreichischen Roten Kreuzes war – jemand vorbeigekommen ist und veranlasst hat, dass die Intervention, die geplant war, nicht stattgefunden hat, sondern dass es zur richtigen Lagerung meiner Frau kam. Er hat auch die Nummer des Hubschraubers gehabt und veranlasst, dass meine Frau in kürzester Zeit die bestmögliche Versorgung erhalten hat.

Das ist es, meine Damen und Herren, was letztlich die Bevölkerung interessiert, nicht eine aus meiner Sicht völlig unangebrachte parteipolitische Polemik in diesem Zusammenhang. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Daher möchte ich jetzt sozusagen wieder in jene Dramaturgie zurückfinden, die aus meiner Sicht angebracht ist, und ihnen allen, den Hauptamtlichen, den ungefähr 40 000 freiwilligen Helfern in unserem Lande, die 12 Millionen Arbeitsstunden pro Jahr erbringen und – das, damit auch die Betriebswirte hier auf ihre Rechnung kommen – dem Steuerzahler etwa 3,2 Milliarden Schilling ersparen, ein herzliches Dankeschön sagen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

16.03

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lackner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

16.03

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Kollege Zernatto, es ist schon ein bisschen eigenartig: Sie haben da doch ein paar Erinnerungslücken. Sie waren, soviel ich weiß, zu diesem Zeitpunkt, 1999, Landeshauptmann in Kärnten, und soviel ich weiß, haben auch damals die Landeshauptleute der ÖVP nicht unwesentlich dazu beigetragen, die Beschlussfassung dieses Gesetzes, zu der es heute hier kommt, und zwar einstimmig, zu verhindern. Nur so viel als Einstieg in meine Rede, sehr geehrter Herr Kollege Zernatto, damit sich Ihre Erinnerungslücken wieder schließen. (Beifall bei der SPÖ.)


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89. Sitzung / Seite 38

Aber wie bereits festgestellt, Herr Kollege Zernatto, es wird nach längerer Vorbereitungszeit, um das vornehm zu formulieren, dieses nicht unwichtige Gesetz im Interesse der Rettungsorganisationen und der dort Tätigen heute beschlossen – natürlich auch mit den Stimmen der Oppositionsparteien, weil ich überzeugt davon bin, dass das der erste Schritt in die richtige Richtung ist.

Meine Damen und Herren! Allerdings – und das sollte nicht unerwähnt bleiben – kenne ich auch die lange Geschichte der Entstehung dieses Rettungssanitätergesetzes sehr gut, denn auch ich war sehr lange damit befasst. Leider haben wir es nicht mehr zustande gebracht, und Sie wissen genau, warum wir dieses Gesetz erst heute beschließen.

Sie haben nunmehr eine etwas leicht nach unten nivellierte Version unserer Gesetzesvorlage heute hier zur Beschlussfassung vorgelegt, der wir natürlich gerne folgen, ohne in Jubel auszubrechen, Frau Kollegin Povysil, weil natürlich – und das wissen Sie als Ärztin nur zu genau – viele Bereiche noch offen sind. Auf einige davon möchte ich heute doch noch verweisen.

Es gibt – und Herr Kollege Grünewald hat es bereits angedeutet – bei der Verabreichung der Medikamente wahrscheinlich noch Probleme. Da ist noch einiges zu klären. Und es läuft das Sanitätergesetz durch seine fehlende Durchlässigkeit nach oben in der Ausbildung innerhalb der Gesundheitsberufe Gefahr, ein Sackgassenberuf zu werden, da die Ausbildungsinhalte natürlich extrem tätigkeitsspezifische Bezüge aufweisen.

Ich könnte noch einige andere Beispiele bringen. Ich hoffe, dass Sie so einsichtig sein werden, mit uns gemeinsam an diesem Gesetz zu arbeiten, um es um jene Dinge zu erweitern, die eigentlich im Interesse jener, die gerettet werden sollen, also der Patientinnen und Patienten, noch in dieses Gesetz mit eingearbeitet werden sollten.

Herr Kollege Pumberger, ein paar kleine Repliken auf Ihre Rede seien mir doch gestattet. Ich darf Sie erinnern: Sie waren einer derjenigen, die im Jahr 1999 hier ... – oder Frau Kollegin Povysil war es, die diesen Antrag eingebracht hat, und zwar einen Entschließungsantrag auf der Basis unseres Gesetzes. Da haben Sie noch etwas mehr wollen. Ich verstehe das. Sie sind jetzt in der Regierung, und da haben Sie leichte Abstriche machen müssen, weil Sie das erste Mal erkennen mussten, dass die Bäume nicht in den Himmel wachsen. Wir waren damals schon damit konfrontiert, und Sie sind es heute. – Das nur, damit die Kirche im Dorf bleibt, Herr Kollege. (Abg. Dr. Pumberger: Ein Selbständiger Antrag war das! Sie haben Ihren eigenen Antrag abgelehnt!)

Wir haben ihn damals genau so abgelehnt, wie Sie ihn jetzt ablehnen müssten und wir einen anderen einbringen müssen, weil Sie mit der ÖVP in der Koalition sind. Ich glaube, das muss ich jetzt nicht besonders erwähnen. (Beifall bei der SPÖ.) Diese kleinen Spielchen sind nicht so gut.

Im Übrigen, Herr Dr. Pumberger, weil Sie ja auch die Ehrenamtlichkeit erwähnten, die durch unseren Gesetzentwurf in Gefahr gewesen wäre. Ich darf Ihnen da etwas sehr Nettes zitieren – das kommt vom Österreichischen Roten Kreuz, nicht von mir, weil sonst könnte man sagen, ich würde da das Parlament ein bisserl beschwindeln; in diesem Schreiben, das an Hofrat Dr. Häusler geht, wird vom Roten Kreuz zu unserem Entwurf Stellung bezogen, und da steht –:

"Zu diesem Entwurf, sollte er so bleiben, können wir unsere Zustimmung geben und auch die Zusicherung, daß die Ausbildung des Rettungssanitäters für die Freiwilligen zumutbar ist und damit keine spürbaren Kostenerhöhungen verbunden sind." – Zitatende.

Also, es war damals schon ... (Abg. Dr. Pumberger: Warum haben Sie ihn dann abgelehnt?) Nicht wir! Ich habe vorhin ja erwähnt, die ÖVP-Landeshauptleute haben das ständig verhindert, weil sie einfach nicht wollten, dass wir dieses Gesetz noch beschließen.

Ich will mich jetzt nicht mehr länger bei der Geschichtsforschung aufhalten. Ich freue mich, dass dieses Gesetz auf dem Tisch liegt. Wir werden diesem Gesetz natürlich sehr gerne zustimmen.


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89. Sitzung / Seite 39

Abschließend, meine Damen und Herren, möchte ich mich noch bei den Rettungsorganisationen – Arbeitersamariterbund, Österreichisches Rotes Kreuz – recht herzlich bedanken, bei den dort Tätigen, bei den Zivildienstleistenden und natürlich auch bei den ehrenamtlich Täti-gen – damit Sie auch Ihre Freude haben, Herr Dr. Pumberger –, weil sie bisher wirklich großartige Leistungen vollbracht haben, auch mit einem Gesetz, das noch nicht so vorzüglich war wie das, das Sie jetzt beschließen werden. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

16.09

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Povysil zu Wort gemeldet. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

16.09

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! In der Sendung "Report" des ORF am 16. Mai 2000 wurden mehrere Notfallssituationen beschrieben, und dies wurde dann in Auszügen unter dem Titel "Hilflose Helfer" ins Internet gestellt.

Ein Beispiel: Im Jänner 1995 ein schwerer Autobusunfall auf der West Autobahn, sechs Tote, 20 zum Teil schwer Verletzte. Es kam zu Kapazitäts- und Kommunikationsproblemen. Der zuständige Unfallchirurg sagte, zwei Stunden sind in Mitteleuropa für fünf Schwerverletzte einfach zu viel.

Dazu sagt der Präsident des Niederösterreichischen Roten Kreuzes: Die Umstrukturierung ist im Gang. Aber wir wollen keinen Gewaltakt setzen, sondern Überzeugungsarbeit leisten, sonst hätte das zur Folge, dass Freiwillige aufhören, als Freiwillige mitzuarbeiten.

Oder August 1997: Der ORF ist dabei, als Sanitäter in Bad Aussee einen Herzinfarktpatienten ins Spital bringen. Die Sanitäter durften damals laut Gesetz die dringend benötigten lebensrettenden Maßnahmen nicht vornehmen. Der zuständige Unfallchirurg sagt: Schief läuft viel, handeln dürfen sie wenig bis gar nicht. Der Präsident des niederösterreichischen Roten Kreuzes sagt: Das ist eine Frage, die gesetzlich geregelt werden muss.

Hier ist das Sanitätergesetz, meine Damen und Herren! – Herr Kollege Lackner! Ich weiß nicht, ob er jetzt da ist, ich sehe ihn nicht. (Rufe bei der SPÖ: Hier, da!) Sie wissen, dass wir 1999 den Ministerialentwurf als Selbständigen Antrag eingebracht haben. Sie hätten zustimmen können, dann hätten wir es 1999 gehabt. Wir haben es versucht. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Abg. Leikam: Die ÖVP hat 13 Jahre alles verhindert!)

Eines war wichtig bei diesem Gesetz, und es war – Sie wissen es – ein zäher Kampf mit allen Organisationen: Es war einerseits wichtig, die Ehrenamtlichkeit als wichtiges Prinzip unserer Gesellschaft nicht zu gefährden, andererseits aber den Qualitätsanspruch einer modernen und zunehmenden Notfalls- und Katastrophenmedizin mit einzubeziehen. Dazu war es notwendig, ein ganz klares Berufsbild und Tätigkeitsbild des Sanitäters zu entwerfen, den Tätigkeitsbereich – und das ist auch ganz wichtig – des Rettungssanitäters, des Notfallssanitäters und den Bereich der Notfallskompetenzen klar zu definieren und ein dazu mögliches aufbauendes Ausbildungssystem zu schaffen.

Meine Damen und Herren! Es gibt eine Zeitschrift, die "Ambulanzservice" heißt und von Herrn Riener herausgebracht wird. Er stellt in dieser Zeitschrift die Frage: "Sanitätergesetz – gibt es das jemals?" Er schreibt:

Im Herbst 2001 wird es beschlossen, so hieß es auch noch nach dem Regierungswechsel. Inzwischen ist es aber verdächtig still geworden. Man hört nur mehr, dass man bei künftigen Gesetzen alles besonders gut machen möchte, besonders wenn an einem – man höre! – Gesetzerl schon mehrere Jahre geschmiedet wird.

Meine Damen und Herren! Das ist kein Gesetzerl. Das war ein wirklich zäher Kampf aller, um dieses Gesetz im Sinne der Patienten und im Sinne der handelnden Personen aus den


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Gesundheitsberufen zustande zu bringen. Es ist Weihnachten, das Gesetz ist fertig, und diese Bundesregierung hat es fertig gemacht. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.13

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Silhavy. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

16.13

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Wir behandeln hier eine Materie – meine Vorrednerin hat es schon zum Ausdruck gebracht –, mit der wir uns in diesem Haus schon seit mehreren Jahren auseinander setzen. Es hat dazu schon Vorstellungen gegeben, die leider nicht früher realisierbar waren, weil sie dank eines Partners einer Koalitionsregierung, mit dem Sie von der FPÖ jetzt auch in der Regierung sind, nicht umsetzbar waren.

Aber was mich traurig stimmt, ist, dass wir heute bei solch einer wesentlichen gesetzlichen Grundlage noch über eine ganz andere Materie diskutieren müssen. Das Rettungswesen unterlag in den letzten Jahren und Jahrzehnten einem rasanten Wandel, wie wir alle wissen, insbesondere bei Katastrophen- und Notfällen. Ich verweise auf den Beitrag unserer Kollegin Huber, die die Bedeutung der ehrenamtlich tätigen Menschen auf diesem Gebiet betont hat, aber auch ein bisschen die Abgrenzungsproblematik zu den hauptamtlich Beschäftigten auf dieser Ebene hervorgehoben hat. Ich denke, das gilt in Zukunft insbesondere auch für die weitere Entwicklung einer vernünftigen, transparenten und nach oben hin durchlässigen Modulausbildung. Ich hoffe, dass wir auch da weitere Gespräche führen können.

Was ich aber schon bedaure, ist, dass es bei einem Antrag, bei dem wir doch eine weitgehende Übereinstimmung finden, und bei einer Gesetzesmaterie, die wir hier gemeinsam beschließen wollen, die Regierungsfraktionen nicht verabsäumt haben, einen Geschäftsordnungstrick anzuwenden, indem sie im Gesundheitsausschuss eine Unfallversicherung beschlossen haben, bei der sie Folgendes gemacht haben: Heute ist jemand, wenn er einen Unfall hatte, unfallversichert, wenn er einen Notarzt, einen Arzt, eine Hebamme ruft. In Zukunft wird man auch unfallversichert sein, wenn man einen Sanitäter ruft. Man hat also nicht jemanden, der zum Telefon greift und Hilfe ruft, unter Unfallschutz gestellt, sondern es nur um diese Gruppe erweitert. Wie wir alle wissen, ist das ein fadenscheiniger Vorwand.

Dass dieser Vorwand fadenscheinig war, ist heute zum Tragen gekommen. Herr Dr. Pumberger hat es heute hier vollzogen. Er will – so sehen wir es – eine Rechtsgrundlage beugen, wodurch den Pensionistinnen und Pensionisten 1,6 Milliarden Schilling weggenommen werden.

Herr Staatssekretär! Es ist bedauerlich, dass diese Bundesregierung auf solche Art und Weise mit wesentlichen und wichtigen Materien, die ganze Gruppen von Menschen maßgeblich betreffen, umgeht.

Sie haben heute bei der Geschäftsordnungseinwendungsdebatte von Handschlagqualität, von Vertrauen, von ausgemachtem Verhalten gesprochen. Was ist mit ausgemachtem Verhalten? – Sie bringen gestern offiziell einen Antrag ein, der dem Sozialausschuss zugewiesen wird, und bringen heute in zweiter Lesung mit einem fadenscheinigen "Anker" diesen Antrag ein, um das, was Sie wider das Gesetz beschlossen haben, zu reformieren und richtig zu stellen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine Damen und Herren! Sie müssten sich selbst überlegen, ob das ein richtiger Umgang mit der Demokratie ist, ob das ein richtiger Umgang mit dem Parlamentarismus ist. Wenn Sie so weiterarbeiten, dann stellen Sie den Parlamentarismus und die Qualität dieses Hauses mehr als nur in Frage – aber vielleicht will das sogar eine dieser beiden Koalitionsparteien. (Beifall bei den Grünen. – Ruf: Ein starkes Stück!)

Ein starkes Stück ist Ihre Vorgangsweise. (Abg. Jung: Das ist eine undemokratische und ungesetzliche Vorgangsweise ...!) Ihre Vorgangsweise ist skandalös! Die Art, wie Sie hier in diesem


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Haus vorgehen, wie Sie versuchen, wichtige Bestimmungen in überfallsartiger Weise in zweiter Lesung einzubringen, ist skandalös! Das ist ein Skandal, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Jung: Was Sie sagen, ist ein Skandal!)

Skandalös ist höchstens Ihre Vorgangsweise, die Art, wie Sie mit diesem Haus und der Geschäftsordnung dieses Hauses umgehen, meine Damen und Herren von der FPÖ! (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Böhacker: Da werde ich das Protokoll sehr genau nachlesen!)

Aus diesem Grund, weil Sie den Pensionistinnen und Pensionisten auf diese Art und Weise Geld wegnehmen wollen (Abg. Böhacker: Nehmen Sie das zurück! Das ist eine unerhörte Unterstellung!) – wir werden wahrscheinlich mit unserem Antrag auf Erhöhung um 2,9 Prozent, um die Inflation abzugelten, keine Mehrheit in diesem Haus finden (Ruf bei den Freiheitlichen: Gott sei Dank!), obwohl es heute eiskalt ist und das ein Antrag für Menschen mit geringsten Einkommen ist –, bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Heidrun Silhavy und GenossInnen betreffend Heizkostenzuschuss für Personen mit einem Haushaltseinkommen unter 12 000 ATS

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat bis 31. Dezember 2001 eine Regierungsvorlage zuzuleiten, damit BezieherInnen von Leistungen aus dem Arbeitslosenversicherungsgesetz, dem Karenzgeldgesetz, dem Kinderbetreuungsgeldgesetz, dem Sonderunterstützungsgesetz, dem Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz, dem Gewerblichen Sozialversiche-rungsgesetz, dem Bauern-Sozialversicherungsgesetz, dem Opferfürsorgegesetz, dem Heeresversorgungsgesetz, dem Impfschadengesetz und dem Kriegsopferversorgungsgesetz 1957,die ein Haushaltseinkommen von unter 12 000 ATS netto im Monat haben, so rasch wie möglich von der Sozialversicherung, dem Arbeitsmarktservice beziehungsweise dem Bund ein Heizkostenzuschuss, durch eine Einmalzahlung von 1 500 ATS ausgezahlt werden kann, um die Mehrkosten für die Monate Oktober 2001, November 2001 und Dezember 2001 abzudecken.

Die Bundesregierung wird weiters aufgefordert, in der Regierungsvorlage vorzusehen, für den Rest der Heizperiode (Jänner 2002, Februar 2002, März 2002 und April 2002) einen zusätzlichen Betrag von 500 ATS (36,35 €) pro Monat für die definierte Personengruppe auszuzahlen.

Die Bundesregierung wird weiters aufgefordert, an die Länder heranzutreten, damit in den Sozialhilfegesetzen der Bundesländer gleichwertige Regelungen auf landesgesetzlicher Ebene geschaffen und die erhöhten Mittel ausgezahlt werden. Die finanzielle Bedeckung der zusätzlichen Kosten für die Bundesländer werden durch Überweisungen aus dem Bundesbudget abgedeckt."

*****

(Abg. Mag. Schweitzer: Wenn sie etwas sagt, nehmt es nicht ernst! Gar nicht ernst nehmen!)

Meine Damen und Herren! Das betrifft Haushalte mit 12 000 S Einkommen. Wir reden hier von Menschen, von Menschenleben und von der Sorge der Menschen. Ich ersuche Sie: Denken Sie an die Menschen, die die geringsten Einkommen in diesem Land, in diesem Staat haben! Ich würde Ihnen empfehlen, treten Sie unserer Entschließung bei! – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Schweitzer: Ordnungsruf – oder nicht ernst nehmen!)


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16.19

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Silhavy und Genossinnen und Genossen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Staatssekretär Dr. Waneck. – Bitte. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von SPÖ und Freiheitlichen. – Abg. Dietachmayr  – in Richtung Freiheitliche –: Haben Sie etwas getrunken? – Abg. Böhacker: Dietachmayr! ... getrunken! Das ist unglaublich!)

16.19

Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Reinhart Waneck: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Abänderungsantrag gemäß ASVG nur zwei Sätze sagen. Einerseits werden damit für Pensionisten, die Ansprüche darauf haben, Interpretationsunklarheiten beseitigt. (Abg. Silhavy: 1,6 Milliarden weniger!) Diese Unklarheiten stammen aus dem Jahre 1999. Zum Zweiten wird durch diesen Abänderungsantrag der Verhandlungsspielraum für die Pensionsverhandlungen im Sinne der Pensionisten vergrößert. Bisher war nur entweder alles oder nichts möglich. Wir haben heute gehört, dass es drei Jahre lang nichts gegeben hat. Das wird es in Zukunft, solange diese Regierung im Amt ist, nicht mehr geben. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Zu den ersten Ausführungen des Abgeordneten Dr. Kräuter möchte ich sagen: Ich gebe ihm bei den Punkten, die er angeschnitten hat, völlig Recht. Es geht nicht an, dass zum Beispiel, wie beim Visodyne-Skandal oder beim Dialyse-Skandal, Patienten in der Nacht quer durch die Bundesländer kutschiert werden. Ich kann diese Liste noch um Visadron erweitern, indem man in Kauf nimmt, dass in Österreich ein Mensch pro Tag erblindet, weil die Therapie nicht gesichert ist. Es war nur der falsche Zeitpunkt, der falsche Tag, an dem das zu behandeln gewesen wäre. Wir haben nämlich im Juli über den Hauptverband gesprochen. Das sind Dinge, die den alten Hauptverband betroffen haben, da war es nicht möglich, die entsprechenden Regelungen zu treffen, die zu diesen Skandalen geführt haben. Ich bin überzeugt, dass das jetzt mit dem neuen Hauptverband in Zukunft möglich und in Kürze geregelt sein wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Dr. Kräuter: Was werden Sie tun?)

Lassen Sie mich aber etwas zum Sanitätergesetz sagen. Man soll sich auch über Dinge freuen, wenn es dazu Anlass gibt. Das Sanitätergesetz ist ein solcher Anlass. Sie wissen, dass Österreich noch eine Insel der Glückseligen ist, weil wir mit einer ungeheuren Zahl von Menschen, die sich freiwillig für ehrenamtliche Tätigkeiten zur Verfügung stellen, gesegnet sind. Es sind laut einer internationalen Statistik über 60 Prozent der Menschen in diesem Land, die in freiwilligen Organisationen tätig sind. Wenn wir in das ehemalige Sozialland Schweden schauen, dann sehen wir, dass sich dort nur mehr 36 Prozent auf diese Weise betätigen, und in unserem Nachbarland sind es gar nur mehr 18 Prozent. Ich weiß nicht, ob das mit der jetzigen Regierung dort etwas zu tun hat. (Abg. Huber: Das ist sehr witzig!)

Aber das Wesentliche ist, so glaube ich, dass wichtige Gesetze im Gesundheitswesen, die alle Österreicher betreffen, auch gemeinsam beschlossen werden.

Ich darf daran erinnern, dass das Zustandekommen dieses Gesetzes einer Abgeordneten dieses Hauses zu verdanken ist, nämlich Frau Primaria Dr. Elisabeth Pittermann, die es durch ihre Unterschrift im Namen des österreichischen Samariterbundes ermöglicht hat, dass Wien als letztes Land seinen Einspruch zu diesem Gesetz zurückgezogen hat. Auch ihr möchte ich auf diesem Wege dafür danken, dass dieses Gesetz heute hier beschlossen werden kann. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

16.23

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Wochesländer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

16.23

Abgeordnete Jutta Wochesländer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich darf gleich mit einem Nachtrag beginnen, der wieder Stürme auslösen wird. Skandal heißt für mich: dein Name, deine Personifizierung, dein Synonym – Heidrun Silhavy. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Da ich aber nicht so wie Sie von der SPÖ ständig vom Thema abschweifen möchte, möchte ich gleich zum Sanitätergesetz kommen. Meine Damen und Herren! Es ist eigentlich unglaublich, es ist unvorstellbar, dass es bis zum heutigen Tag gedauert hat, dass Menschen, die sich freiwillig und unentgeltlich der Hilfeleistung verschrieben haben, diese nicht leisten konnten, weil das richtige Gesetz dazu gefehlt hat. Das ist Ihr Verschulden, meine Damen und Herren der


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SPÖ, weil Sie dieses Gesetz so lange nicht beschlossen haben, obwohl Sie die Möglichkeit dazu gehabt hätten. (Beifall bei den Freiheitlichen.)

Mehr noch: Diese Menschen, die sich, wie gesagt, freiwillig dieser Hilfeleistung verschrieben haben, laufen sogar Gefahr, dass sie dabei ins Kriminal geraten, wenn sie nur die kleinste medizintechnische Arbeit machen oder Hilfestellung geben. Das ist eine furchtbare Sache.

Meine Damen und Herren von der Opposition! Ich weiß natürlich, dass Sie in den Jahren davor versucht haben, bei diesem Sanitätsgesetz Veränderungen herbeizuführen. Nur frage ich mich: Warum haben Sie das Ganze so lasch gehandhabt? – Es müsste doch in einer Koalition möglich sein – so wie es den Freiheitlichen gelungen ist –, einen Konsens zu erreichen und diese Thematik zur Abstimmung zu bringen. Das hat mir bei Ihnen gefehlt.

Die Wichtigkeit der Erstversorgung und der Stabilisierung sind unbestritten, und die medizinisch-technischen Mittel sind entsprechend gut und gut anwendbar. Ich muss Ihnen aber ehrlich gestanden sagen, ich habe den Konflikt selbst erlebt. Bei einer Krankentransportfahrt wurde mir zwischen zwei Orten, durch die transportiert wurde, sehr schlecht, es ist mir sehr schlecht gegangen. Und als ich gesagt habe: Könnt ihr mir nicht helfen?, haben die Sanitäter gemeint: Wir dürfen nicht, wir müssen schauen, dass wir zum nächsten Krankenhaus kommen. Das ist nicht sehr angenehm.  – Für mich ist dieses Gesetz eine sehr gute und vor allem eine sehr wichtige Sache. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich darf noch einmal festhalten: Mit uns Freiheitlichen wird dieses Manko der möglichen Hilfeleistung behoben, wobei jedoch eine entsprechende Ausbildung gegeben sein muss. Für mich heißt das Postulat schon: eigenständige medizinisch-wissenschaftliche Hilfeleistung durch Sanitäter und Sanitäterinnen, aber nur auf Basis fundierter Grundausbildung und ständiger Weiterbildung. Das muss sein, denn sonst könnte es wirklich zu Schwierigkeiten kommen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Grundsätzlich wird das Ausbildungsangebot in Modulform erfolgen, und die Kompetenzerlangung wird sich auch variabel darstellen, und zwar vom Rettungssanitäter bis hin zum Notfallssanitäter mit besonderen Kompetenzen wie zum Beispiel Medikamentenverabreichung, Injektionen und Infusionen und Maßnahmen auf dem Sektor der Beatmung und der Intubation und anderer Dinge.

Dieses Gesetz wird daher, wie schon gesagt, die Erstversorgung von Patienten entscheidend verbessern.

Es ist auch zu betonen, dass die medizinischen Leistungen der Ärzteschaft, im Speziellen der Notärzte, keinesfalls geschmälert oder weniger in Anspruch genommen werden sollen, sondern dass diese nach wie vor wichtig sind. Es ist aber klar, dass Menschen, die der Hilfe bedürfen, jetzt nicht mehr auf Hilfe warten müssen, nur weil der Arzt nicht da ist, wohl aber der Sanitäter, der eine fundierte Ausbildung hat.

In diesem Sinne kann ich nur sagen: ein Danke dem Gesundheitsressort dieser Bundesregierung, bei dem nun endlich Gesundheit und nicht Parteipolitik im Vordergrund steht. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.27

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. Die Redezeit ist wunschgemäß auf 4 Minuten eingestellt. – Bitte.

16.27

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Werter Herr Staats-sekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir müssen im Rahmen des Sanitätergesetzes einen Antrag diskutieren (Abg. Dr. Pumberger: Dürfen!), obwohl wir ihn nicht diskutieren wollen. Wir hatten auch nicht die Absicht, ihn zu diskutieren, zumindest wenn man Abgeordnetem Westenthaler noch ein Wort glauben darf. (Abg. Edlinger: Überall, wo der dabei ist, kann es kein Gentleman’s Agreement geben!) Als ich in der Präsidiale darüber gesprochen


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habe, dass im Rahmen des Gesundheitsausschusses dieser Antrag, den Sie heute eingebracht haben, kommen wird, hat er gesagt: Woher wissen Sie das? Der kommt doch gar nicht! – Das ist die Art von Vertrauen und Vereinbarung, auf die Herr Khol so großen Wert legt.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Wir haben heute auf ein Recht verzichtet, nämlich auf das Recht, eine Anfragebesprechung durchzuführen. Das, was wir gestern und heute von Ihnen erlebt haben, war ein Missbrauch der Geschäftsordnung vom Anfang bis zum Ende! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Dieser Missbrauch ist in dieser Form nicht akzeptabel. Sie, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, werden dafür die Konsequenzen zu tragen haben. Wenn Minister Haupt heute bei der Debatte nicht einmal anwesend ist und dem Plenum nur erklärt: Ich brauche nichts weiter dazusagen, weil ich mich dem Bundesrat zu dieser Frage schon erklärt habe!, wenn dieser Minister Haupt und die Regierungsparteien im Sozialausschuss nicht bereit sind, über diesen Antrag zu diskutieren, wenn Sie nicht bereit sind, im Gesundheitsausschuss darüber zu diskutieren, und wenn Sie gestern einen Selbständigen Antrag einbringen und diesen dem Sozialausschuss zuweisen lassen und ihn trotzdem heute abstimmen lassen, dann ist das zwar noch immer formal korrekt, aber das verstehen wir unter Missbrauch der Geschäftsordnung, Herr Dr. Khol! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Herr Dr. Khol, wie Sie wissen, hat Minister Haupt im Rahmen der gestrigen Erklärung des Bundeskanzlers und der Vizekanzlerin eine eigenständige Erklärung zum Thema BSE abgegeben, obwohl er vorher auf das dringliche Ersuchen der grünen Fraktion, eine eigenständige Erklärung zum Thema BSE abzugeben, geantwortet hat: Nein, dazu sehe ich mich nicht in der Lage. Wenn daher das Plenum zu seiner eigenständigen Erklärung nicht diskutieren kann, wenn sich dann in einer Anfragebesprechung Bundesminister Haupt als Letzter entgegen einer Vereinbarung in der Präsidiale – da gibt es nämlich eine Vereinbarung – trotzdem noch zu Wort meldet, obwohl kein Abgeordneter die Möglichkeit hat zu antworten, dann ist das Missbrauch, und Sie von den Regierungsparteien werden dafür die Konsequenzen zu tragen haben.

Sie haben zwar die Mehrheit, aber Gott sei Dank gibt es auch noch eine Geschäftsordnung. Und wir, meine Damen und Herren, das sage ich Ihnen auch, wissen auch von der Geschäftsordnung Gebrauch zu machen. (Abg. Haigermoser: Die Geschäftsordnung halten wir ein!) Sie brauchen ganz sicher nicht mehr mit einem Entgegenkommen der Grünen zu rechnen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Haigermoser: Hören Sie auf mit Ihren Drohgebärden! Was sollen diese Drohgebärden?)

Meine Damen und Herren! Zum Thema: Das, was Sie hier im Rahmen und in Form eines Abänderungsantrages vorlegen, heißt nichts anderes, als dass Sie rückwirkend – und zwar mit einer Rückwirkung von zwei Jahren – in die Pensionserhöhungen eingreifen. Sie greifen so ein, dass es vermutlich verfassungswidrig ist. Auch das wissen Sie! (Beifall bei den Grünen.)

Darum wollen Sie nicht diskutieren, und darum ist der Herr Bundesminister bei der Debatte gar nicht anwesend. Er entzieht sich dieser! Sie, meine Damen und Herren, sagen dann noch dazu: Wir erhöhen die Sätze für die AusgleichszulagenbezieherInnen um die Inflationsrate, sie erhalten 2,9 Prozent! Sie vergessen aber, meine Damen und Herren von den Regierungsparteien, dass die AusgleichszulagenbezieherInnen im nächsten Jahr – und das wüsste der Herr Bundesminister – trotz dieser Erhöhung unter der Armutsgrenze liegen werden. Was sagen Sie denn dazu, dass diese Menschen trotz der Erhöhungen, die Sie jetzt gewähren – Sie stellen sich stolz hin und sagen: Das ist mehr, als wir eigentlich zu geben bereit waren! –, armutsgefährdet sind? (Abg. Dr. Ofner: Haben Sie zum Sanitätergesetz auch etwas zu sagen? – Abg. Neudeck: Herr Kollege! Das ist eine alte Rede!)

Das ist die Realität, meine Damen und Herren! Und darum gibt es nicht nur keine Zustimmung, sondern Sie müssen sich auch darauf gefasst machen, dass sich genau mit diesem Antrag, den Sie jetzt abstimmen, der Verfassungsgerichtshof beschäftigen wird müssen. (Abg. Dr. Ofner: Ich fange mich sofort zu fürchten an!) Das, was Sie hier offensichtlich versuchen, nämlich verfassungswidrig und ohne Debatte – Sie haben die Debatte zu diesem Punkt nicht gerne –


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diesen Antrag durch das Plenum zu peitschen, wird die Öffentlichkeit und auch die Gerichte beschäftigen, und es wird nicht hingenommen werden. Das sei Ihnen dazu erklärt. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.32

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Grabner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

16.33

Abgeordneter Arnold Grabner (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz ist von Wichtigkeit für die ehrenamtlich Tätigen. Genauso wie im Sport das Gold des Sportes die ehrenamtlichen Funktionäre sind, genau so ist es auch hier der Fall.

Herr Präsident, ich bitte um Entschuldigung, wenn ich ein bisschen vom Thema abweiche, aber nach über 20 Jahren im Parlament werde ich ausscheiden. (Abg. Dr. Khol: Nein! Nein! – Abg. Neudeck: Da stimmen wir dagegen!) Ich möchte hier sagen – dafür geniere ich mich nicht –, dass ich einer sehr armen Familie entstamme, dass ich gelernter Mechaniker bin und viele Abendkurse gemacht habe.

Zwei Belange der Politik haben jedoch trotz aller Veränderungen, trotz des Zeitwandels und wechselnder Koalitionen meinen politischen Weg begleitet: Das waren zum einen die Interessen der Bevölkerung meines Bezirkes, denen ich mich stets verpflichtet fühlte und die ich nach bestem Wissen und Gewissen vertreten habe. (Allgemeiner Beifall.)

"Dem Wohl der Menschen verpflichtet" war stets mein Leitgedanke, da oft nur zu leicht die Nöte und Sorgen der so genannten kleinen Leute in der Politik vergessen werden. Jedem Menschen eine gerechte Chance zu geben, ihn zu fördern und ihm Ressourcen beizustellen, damit er sich entfalten und entwickeln kann, ist leider keine Selbstverständlichkeit.

Zum Zweiten waren die Belange des Sportes in Österreich Zentrum meiner politischen Gedanken und Handlungen. Ich habe stets versucht, dem Sport jenen Stellenwert zu verschaffen, der ihm gebührt. Sport gibt Motivation. Er ist Vorbild, eröffnet Horizonte und ist durch das Siegen, aber auch durch das Verlieren Sinnbild des Lebens. Daher ist in meinen Augen dem Sport stets eine zentrale gesellschaftspolitische Rolle zugekommen, die von vielen nicht erkannt oder akzeptiert werden wollte.

Aber gerade mir als Sportsprecher meiner Partei ist die Rolle zugeteilt gewesen, mich dafür einzusetzen. Sport hat auch im Hohen Haus vor 20 Jahren fast keine Anerkennung gehabt. Und seit 20 Jahren bin ich Sportsprecher. Viele Freunde meiner eigenen Fraktion haben gelächelt, wenn ich über die Forderungen des Sportes gesprochen habe. (Abg. Dr. Khol: Da hast du immer Beifall erhalten!) Aber auch in den anderen Fraktionen war es nicht anders. Aber jetzt ist es anders geworden. In jeder Partei gibt es einen Sportsprecher. Wenn auch der Sport entsprechend dem Standpunkt, den jede Partei einnimmt, unterschiedlich behandelt wird, muss doch gesagt werden, dass er behandelt wird, und ich darf sagen, das war auch ein wenig mein Erfolg. (Allgemeiner Beifall.)

Herr Klubobmann Khol! Es war ein hartes Ringen, einen eigenen Sportausschuss oder einen Unterausschuss in diesem Haus zu installieren. Der Sport sollte nicht mehr nur ein Anhängsel der Kultur oder der Gesundheit sein, vielmehr ist er ein gleichgestellter Partner, der nach langen Jahren der Arbeit die Kontakte zu Kultur, Kunst und sozialem Engagement pflegt und auch ein wichtiger wirtschaftlicher Aspekt geworden ist.

Viele wertvolle Arbeitsplätze hängen vom Sportgeschehen in Österreich ab. Das, so glaube ich, ist sehr wichtig. Ein Erfolg dieser 20 Jahre – ich habe es bereits erwähnt – ist die größere Unterstützung der ehrenamtlichen Funktionäre. Wenn man im Sport die ehrenamtliche Arbeit nur mit 100 S pro Stunde bezahlen müsste, wären das viele Milliarden Schilling – so wie im Sanitätsbereich.


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Weitere Erfolge sind: das Sportförderungsgesetz, die finanzielle Absicherung des Sportes bis zum nächsten Jahr – ich hoffe, auch in Zukunft –, die finanzielle Absicherung der Sportler, die Zeltfeste – darüber haben vier sehr viele Stunden verhandelt –, das Sportplatzschutzgesetz, die Zur-Verfügung-Stellung der Sportstätten des Bundes für alle Vereine, die Werbeabgabe – diese ist uns erst vor kurzem gemeinsam gelungen. Viele internationale Sportveranstaltungen sind in Österreich durchgeführt worden.

Nicht alles ist uns gelungen. Abgeordneter Schweitzer schaut so. Die tägliche Sportstunde für alle Schultypen ist uns nicht gelungen, aber die Zusammenarbeit mit den Dach- und Fachverbänden und mit dem Olympischen Comité, mit der BSO war sehr gut.

Meine Damen und Herren! Ich bin stolz darauf, bei vielen Weltmeisterschaften, Europameisterschaften, Weltcupveranstaltungen und Olympischen Spielen dabei gewesen zu sein. Ich habe viele Kontakte mit Sportlern, Funktionären und Sponsoren gehabt. Ich bin immer auf eigene Kosten gefahren und werde dies auch in Zukunft tun. (Allgemeiner Beifall.)

So möchte ich an meine Nachfolger, an euch alle appellieren, die Bedeutung des Sportes noch weiter auszubauen. Es geht dabei um den Spitzensport, den Freizeitsport, den Behindertensport und den freien Verbandssport. "Sport für jeden und jede" sei die Devise! Es wird diesem Lande und seinen Menschen zum Vorteil gereichen. Außerdem ist die Sportpolitik ein erfreuliches menschliches und spannendes Arbeitsgebiet. Nur im Sport ist die Jugend zu Hause.

Ich wünsche meinen Nachfolgern viel Erfolg und Freude bei der Arbeit. Weiters möchte ich zum Abschluss meinen Kollegen, den Sportlerinnen und Sportlern und allen meinen Weggefährtinnen und Weggefährten herzlichst ein Dankeschön sagen für eine schöne und erfüllte Zeit und eine gute Zusammenarbeit. War man auch oft nicht immer einer Meinung, so wurden doch viele Freundschaften gewonnen und gepflegt. Danke schön. Ich habe in allen Fraktionen Freunde gewonnen. Und eines werde ich noch tun: Ich werde den FC Nationalrat bis zum Mai als Non-Playing-Capitain begleiten, weil das 30. Turnier in Österreich stattfindet.

Auch an Sie alle, meine Damen und Herren, sage ich ein Danke und wünsche Ihnen alles Gute. Bedenken Sie, die Demokratie ist ein hohes, aber sehr zerbrechliches Gut. Achten Sie darauf! Das Parlament ist der Brennpunkt der österreichischen Demokratie, daher ruht viel Verantwortung auf Ihren Schultern, mit der nicht leichtfertig umgegangen werden darf.

Ihnen und Ihren Familien wünsche ich alles Gute und viel Gesundheit, und – verzeihen Sie – zum Abschluss wünsche ich meiner Partei in Zukunft viel Erfolg. Es verabschiedet sich von Ihnen Noldi Grabner. (Lang anhaltender allgemeiner Beifall.)

16.40

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Schweitzer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

16.40

Abgeordneter Mag. Karl Schweitzer (Freiheitliche): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich weiß, es ist nicht üblich, dass nach einer Abschiedsrede noch etwas gesagt wird. Verzeihen Sie, Herr Präsident, wenn ich nicht zur Tagesordnung spreche, aber mit unserem Noldi Grabner verlässt in vielerlei Hinsicht ein gewichtiger Kollege dieses Haus. Die Betonung liegt tatsächlich auf "gewichtig", weil unser Noldi etwas in diesem Haus getan hat, was ihn besonders auszeichnet und was – wie ich mir wünsche – auch in Zukunft weiter gepflegt werden soll: Der Noldi hat über den Weg des Sports als "Non-playing-Captain" des FC Nationalrat Verbindungen zwischen den einzelnen Fraktionen hergestellt, die sehr, sehr freundschaftlich waren und sind.

Dass das hier und jetzt erwähnt wird, ist, glaube ich, ganz wichtig: Seine Tätigkeit als "Non-playing-Captain" hat Freundschaften zwischen den einzelnen Fraktionen entstehen lassen, die auch über den Sport hinaus Bedeutung gewonnen haben. In dieser Hinsicht ist er ein Vorbild, und dieses Vorbild empfehle ich uns allen zur Nachahmung. – Danke, Noldi, für diese Verbin


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dungen! (Allgemeiner Beifall. – Abg. Mag. Schweitzer verabschiedet sich persönlich von Abg. Grabner per Handschlag.)

16.42

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Kopf. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 1 Minute. – Bitte.

16.43

Abgeordneter Karlheinz Kopf (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Lieber Noldi, es sei mir so wie meinem Kollegen Karl Schweitzer gestattet – es ist mir ein ebensolches Bedürfnis wie unserem Karl –, dir am Ende deiner so langen politischen Laufbahn einfach nur noch danke zu sagen.

Danke, Noldi, für deine sportpolitische Tätigkeit! Du hast in deinen 20 Jahren als Sportsprecher politisch für den Sport sehr, sehr viel bewegt. Danke dafür im Namen aller Sporttreibenden, der Verbände, der Vereine, der Funktionäre, der Sportler, die dir immer ein ganz besonderes Anliegen waren!

Aber ich möchte dir am Ende deiner politischen Laufbahn auch als dein Freund danke sagen; ich glaube, ich darf mich als solcher bezeichnen. Du warst trotz der Gegensätzlichkeit und der Unterschiedlichkeit zwischen den Fraktionen immer ein fairer Partner, immer ein fairer Gesprächspartner, und dafür sage ich dir recht herzlichen Dank in meinem eigenen Namen, aber auch im Namen der ÖVP-Fraktion.

Ich wünsche dir alles, alles Gute für deine weitere Zukunft. Ich weiß, wir werden einander auf der sportlichen Bühne immer wieder begegnen, bei Veranstaltungen, bei Diskussionen und so weiter, und ich muss sagen, ich freue mich schon darauf. Ich wünsche dir und deiner Familie für die Zukunft alles, alles Gute. – Danke dir nochmals! (Allgemeiner Beifall. – Abg. Kopf verabschiedet sich persönlich von Abg. Grabner per Handschlag.)

16.44

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Weiters zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Kräuter. Die Uhr ist wunschgemäß auf 1 Minute eingestellt. – Bitte.

16.45

Abgeordneter Dr. Günther Kräuter (SPÖ): Lieber Noldi Grabner! Ich darf mich bei dir namens der sozialdemokratischen Parlamentsfraktion und auch im Namen des FC Nationalrat herzlich für deine großartigen Leistungen bedanken. Du bist und bleibst ein politischer Mensch, der das Herz am rechten Fleck hat, das immer für den Sport geschlagen hat und weiter schlagen wird.

Eines möchte ich dir sagen: Beim Turnier im nächsten Jahr in Vorarlberg wird erstmals auch die grüne Fraktion dabei sein. Es wird ein Turnier, bei dem alle vier Parlamentsparteien in der Mannschaft des FC Nationalrates vertreten sein werden, und ich garantiere dir, wir werden bei dem für dich letzten Turnier mit einem rauschenden Erfolg den Sieg davontragen. – Alles Gute! (Allgemeiner Beifall. – Abg. Dr. Kräuter verabschiedet sich persönlich von Abg. Grabner per Handschlag.)

16.46

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin ein Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir gelangen nun zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über Ausbildung, Tätigkeiten und Beruf der Sanitäter erlassen wird und das Bundesgesetz über die Regelung des medizinisch-technischen Fachdienstes und der Sanitätshilfsdienste, das Ausbildungsvorbehaltsgesetz und das Krankenanstalten-Arbeitszeitgesetz geändert werden, samt Titel und Eingang in 872 der Beilagen.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Es ist dies ebenfalls einstimmig angenommen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das ASVG geändert wird, in 931 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Pumberger, Dr. Feurstein, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein vom Abgeordneten Öllinger gestelltes Verlangen auf getrennte Abstimmung vor.

Ich werde daher zunächst über die vom Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag sowie vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Pumberger, Dr. Feurstein, Kolleginnen und Kollegen haben einen zusätzlichen Abänderungsantrag eingebracht, der die Einfügung neuer Ziffern 1, 4 und 5 sowie die dadurch bedingten Änderungen der Ziffernbezeichnungen zum Inhalt hat.

Bei Zustimmung bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Bures, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anpassung der Pensionen zumindest mit der Inflationsrate.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein entsprechendes Zeichen. (Abg. Dr. Bruckmann erhebt sich von seinem Platz. – Heiterkeit und Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)  – Es ist dies die Minderheit und damit abgelehnt.

Wir gelangen jetzt zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abgeordneten Silhavy, Kolleginnen und Kollegen betreffend Heizkostenzuschuss für Personen mit einem Haushaltseinkommen unter 12 000 S.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies die Minderheit und damit abgelehnt.


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3. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über das Stenographische Protokoll der parlamentarischen Enquete (III-106 der Beilagen) zum Thema "Solidarität mit unseren Sterbenden – Aspekte einer humanen Sterbebegleitung in Österreich" (933 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zum 3. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Lackner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

16.49

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Geschätzte Damen und Herren! Es ist vollbracht! Ein Vier-Parteien-Antrag zum Thema Sterbebegleitung und Hospizbewegung in Österreich als Ergebnis der parlamentarischen Enquete "Solidarität mit unseren Sterbenden – Aspekte einer humanen Sterbebegleitung" wird heute beschlossen und bekräftigt damit auch die ablehnende Haltung des österreichischen Parlaments gegenüber aktiver Sterbehilfe. Und das ist gut so, meine Damen und Herren! (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das Ergebnis dieses Entschließungsantrages kann sich durchaus sehen lassen. Im Zusammenwirken mit allen vier Parteien wird der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen ersucht, gemeinsam mit den Gebietskörperschaften und dem Hauptverband einen österreichweiten Hospizplan sowohl für den stationären als auch für den ambulanten Bereich auszuarbeiten.

Der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen wird ersucht, die im österreichischen Krankenanstaltenplan bereits vorgesehenen palliativmedizinischen Einheiten in den Krankenanstalten so rasch wie möglich nach einem mit allen Verantwortlichen abgestimmten Stufenplan einzurichten.

Es wird außerdem ein deutlicher Schwerpunkt auf die Ausbildung gelegt werden. So sollen zum Beispiel für alle in der Betreuung Schwerstkranker und sterbender Menschen tätigen Berufsgruppen bundeseinheitliche Standards interdisziplinärer Fortbildungsmaßnahmen forciert werden. Zusätzlich werden auch Möglichkeiten zur Weiterbildung im Bereich der gehobenen Gesundheits- und Krankenpflegedienste geschaffen.

Meine Damen und Herren! Erfreulich ist aber auch, dass der Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit ersucht wird, ein Modell zur Verwirklichung der Karenz zur Sterbebegleitung zu entwickeln und diese auch arbeitsrechtlich abzusichern. Ebenso erfreulich ist es, dass der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen ersucht wird, diese Sterbekarenz sozialrechtlich abzusichern.

Meine Damen und Herren! Dieses durchaus erfreuliche Ergebnis könnte allerdings schon sehr bald getrübt werden, wenn eine in der "Kleinen Zeitung" lancierte Nachricht Wirklichkeit wird, wonach es offensichtlich bei den Koalitionspartnern Probleme bezüglich der finanziellen Absicherung der Sterbekarenz geben soll.

Meine Damen und Herren! Ich denke, Sie sollten nicht den Versuch unternehmen, diese Entschließung, die wir heute gemeinsam als Vier-Parteien-Antrag beschließen werden, zu verlassen oder zu unterlaufen.

Noch etwas, meine Damen und Herren: In aller Bescheidenheit möchte ich Sie auch daran erinnern, dass es die Opposition in diesem Haus war, die als Motor für diesen Vier-Parteien-Antrag zu gelten hat. Herr Kollege Rasinger! Ich möchte Ihnen jetzt einen "echten Rasinger" präsentieren (der Redner hält eine herausgerissene Seite der Zeitschrift "FORMAT" in die Höhe), einen "echten Rasinger" deshalb, weil die Botschaft mit der Wirklichkeit nicht so ganz in


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Einklang zu bringen ist. Lieber Kollege Rasinger! Wenn wir uns zu diesem Vier-Parteien-Antrag bekennen, dann solltest auch du dich dazu bekennen und nicht den Versuch unternehmen, dies allein auf deine Fahnen zu heften! (Abg. Dr. Rasinger: Habe ich je etwas anderes gesagt?!)

Ich bekenne mich zu diesem Vier-Parteien-Antrag, weil er mir wichtig ist, weil die Thematik so wichtig ist, und daher werde ich auch immer von einem Vier-Parteien-Antrag sprechen. Es freut mich auch, dass wir Ihre Skepsis, Kollege Pumberger, beseitigen konnten und doch noch zu einer Vier-Parteien-Lösung gekommen sind. (Abg. Dr. Rasinger: Habe ich je etwas anderes gesagt?!)  – In diesem Artikel steht, dass du der Motor warst, sonst gar nichts, aber das ist nicht ganz richtig. Ich möchte jetzt in Anbetracht dessen, dass wir einen Vier-Parteien-Antrag beschließen, nicht noch einmal die ganze Geschichte aufrollen, Kollege Rasinger, aber ich kann das natürlich machen, wenn du das willst.

Fest steht, Kollege Rasinger – ich will jetzt nicht weiter ausholen –: Wir werden sehr genau evaluieren, was mit dieser Entschließung passieren wird. Wir werden sehr genau beobachten, ob Sie diese Entschließung auf Punkt und Beistrich erfüllen werden, und wir werden sehr genau beobachten, Herr Kollege Pumberger, ob diese Entschließung nicht wieder an irgendwelchen budgetären Floskeln und Notwendigkeiten hängen bleiben wird. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Zum Abschluss möchte ich auch noch meinen Dank an die Hospizbewegung und an die Caritas richten, weil sie es waren, die schlussendlich – sozusagen mit geistlicher Unterstützung – dieses Werk zu Ende gebracht haben. – Ich danke Ihnen recht herzlich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

16.55

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

16.55

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Lackner, der Motor für diesen Vier-Parteien-Antrag war die parlamentarische Enquete am 29. Mai 2001 – und sonst gar nichts! (Abg. Dr. Lichtenberger: Kleinlich! Kleinlich! Kleinlich!) Diese Enquete, besetzt mit einer hochrangigen Expertenrunde, war sehr erfolgreich. Sie hat eine Einhelligkeit auch innerhalb der vier Parlamentsparteien zutage treten lassen, die mich, der ich damals die Ehre hatte, den Vorsitz zu führen, hoffen ließ, dass es in dieser Angelegenheit zu einer All-Parteien-Einigung kommen wird.

Dieser Motor wurde durch die von uns geführten monatelangen Verhandlungen mit vier Zylindern ausgestattet, und diese vier Zylinder repräsentieren die vier Parteien, und alle vier Parteien – da möchte ich niemanden streichen oder zurückdrängen – haben diesen Entschließungsantrag gemeinsam eingebracht. Das ist nicht selbstverständlich in diesem Hohen Haus, und daher ist es besonders hervorzustreichen und zu begrüßen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Gerade jetzt vor dem Fest Christi Geburt sprechen wir ein Tabuthema an, nämlich das Sterben. 85 000 Menschen pro Jahr stehen vor dieser Tatsache, auch wir eines Tages, und zwei Drittel dieser Menschen sterben in Spitälern. 81 Prozent aller Österreicherinnen und Österreicher, die pro Jahr sterben, wollen zu Hause sterben, im Kreise ihrer Verwandten, Vertrauten, in der vertrauten Umgebung. Aber nicht einmal zu einem Drittel wird diesem letzten Wunsch von diesen 81 Prozent, zu Hause zu sterben, Rechnung getragen.

Dieser Entschließungsantrag, der Sukkus aus der Enquete, die wir im Mai dieses Jahres durchführten, hat das alles zum Inhalt:

Wir sprechen uns ganz klar gegen die aktive Sterbehilfe aus – einen Ausrutscher gab es in der Zwischenzeit, nämlich Professor Van der Bellen, aber er ist wieder, vielleicht von Ihnen, Herr


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Dr. Grünewald, oder von Frau Kollegin Haidlmayr, zur Räson gebracht worden; seither habe ich nichts mehr von ihm in dieser Causa gehört; auch sonst nicht viel.

Wir sprechen uns klar dafür aus, dass wir das österreichische Hospizwesen forcieren und ausbauen – ein Wunsch aller vier Parlamentsparteien –, dass wir die Palliativbetten analog dem österreichischen Krankenanstaltenplan ausbauen, forcieren, gemeinsam mit den Ländern die Finanzierung regeln, das Sterben in vertrauter häuslicher Umgebung in Form von ambulanten und mobilen Hospizeinrichtungen, die wir ausbauen müssen, fördern, auch für jene Berufsgruppen, die zu dieser Sterbebegleitung benötigt werden, Fortbildungsmöglichkeiten schaffen, Möglichkeiten zur Weiterbildung, und auch die Palliativpflege ausbauen.

Und last but not least ist es ganz wichtig, auch über Patientenverfügungen zu reden – das ist auch in dem Entschließungsantrag enthalten –, und die arbeitsrechtliche und sozialrechtliche Absicherung bei der so genannten Sterbekarenz muss gewährleistet werden. Diese wird bereits mit 1. Jänner 2003 Gesetz sein, und das ist ein wesentlicher Faktor.

Eine Fabriksarbeiterin, deren Mutter schwerstkrank, sterbend zu Hause liegt, konnte bisher nicht freigestellt werden, sondern musste in den letzten Wochen, in denen die Mutter im Sterben lag, arbeiten. Hier soll Abhilfe geschaffen werden. Die Sterbekarenz soll dafür sorgen, dass es in Zukunft möglich ist, dass sie zu Hause bleibt.

Auch ein entsprechender Lehrstuhl muss geschaffen werden.

Einen Monat bevor die Enquete bei uns stattfand, hat der Niederländische Senat in Artikel 293 des holländischen Strafgesetzbuches beschlossen:

"1. Wer einen anderen Menschen auf dessen ausdrückliches und ernsthaftes Verlangen hin tötet, wird mit Gefängnisstrafe bis zu zwölf Jahren ... bestraft.

2. Die im ersten Absatz bezeichnete Tat" – nämlich das Töten eines Menschen – "ist nicht strafbar, wenn sie von einem Arzt begangen worden ist, der dabei die Sorgfaltskriterien ... erfüllt und den kommunalen Leichenbeschauer ... informiert hat."

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Solch ein Gesetz wurde in einem EU-Mitgliedsland mit Mehrheit beschlossen! Der Arzt hat die Lizenz zum Töten erteilt bekommen, rechtlich abgesichert. Er braucht nur den Leichenbeschauer zu verständigen und Sorgfaltskriterien zu erfüllen. – Davon nimmt unser Haus geschlossen Abstand. Die Enquete war erfolgreich, und ich hoffe, dass auch der Entschließungsantrag in seiner Umsetzung erfolgreich sein wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.00

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Steibl. Ihre Redezeit ist wunschgemäß auf 10 Minuten eingestellt. – Bitte.

17.01

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Gestatten Sie mir, bevor ich meine eigentliche Rede halte, ein paar Worte zu den Ausführungen meiner Vorredner.

Wenn es darum geht, die Vaterschaft für ein Kind festzustellen, so muss ich sagen, es gehören auch Mütter dazu. Und gerade die Frauen von der ÖVP-Fraktion, insbesondere Kollegin Edeltraud Gatterer, waren diejenigen, die schon vor fünf Jahren dieses Thema aufbereitet haben, dieses Thema eingebracht haben. Wir sind dankbar dafür, dass es jetzt, in der Zeit dieser Regierung, gelungen ist, mit Bundesminister Bartenstein und Bundesminister Haupt diese Thematik so weit zu bringen, dass sie nun endgültig "geboren" wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Werte Kolleginnen und Kollegen! Wenn wir heute im Hohen Haus über Aspekte einer humanen Sterbebegleitung in Österreich reden, so setzen wir damit ein Zeichen. Wir zeigen uns soli


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darisch mit unseren Kranken und Sterbenden. Wir machen den Umgang mit diesem sensiblen Thema zu einer gesellschaftlich relevanten Materie.

An dieser Stelle möchte ich im Namen der ÖVP-Fraktion einen Dank aussprechen, einen Dank an Kardinal Dr. Franz König und einen Dank an Caritasdirektor Dr. Michael Landau, die gemeinsam diese Initiative für die Hospizidee ergriffen und sozusagen als Mahnung an die Politik ein parteien- und kirchenübergreifendes Bündnis für Menschenwürde vorgeschlagen haben.

Ich möchte aber auch Mag. Hildegard Teuschl danke sagen – die heute diese Diskussion hier auf der Galerie verfolgt –, der Vorsitzenden des Dachverbandes Hospiz Österreich, die uns allen mit ihrem Fachwissen stets tatkräftig zur Seite gestanden ist. Sie hat auch diesen Entschließungsantrag gemeinsam mit unserem Gesundheitssprecher Dr. Rasinger vorbereitet. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte auch noch anmerken, weil gerade der heutige Tag meiner Meinung nach sehr geladen war, dass Dr. Rasinger zum Beispiel im Ausschuss erwähnt hat: Selten habe ich in einer Sache wie dieser ein so konstruktives Klima erlebt. Die Diskussion verlief sachlich und fruchtbringend. Alle Fraktionen unseres Hohen Hauses haben sich entschieden gegen ein aktives Sterbehilfemodell à la Niederlande ausgesprochen. – Zitatende.

Für diese Entscheidung verdienen wir alle, glaube ich, und auch Österreich ein Dankeschön.

Ich glaube, dass gerade das ein wichtiges Thema ist, denn "aus dieser Welt scheiden" geht uns alle an. Wir wollen die letzte Lebensphase eines lieben Mitmenschen und die damit verbundenen Sorgen nicht nur den Medizinern, den Philosophen, dem Pflegepersonal, den Kirchen und den Politikern überlassen – das ist ein Thema der Gesellschaft, ein Thema der Familien! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie der Abg. Haidlmayr. )

Wir sagen auch nein zur aktiven Sterbehilfe, meine Damen und Herren, denn wir respektieren ethische Grenzen. Menschen sollen an der Hand eines anderen vom Leben Abschied nehmen, nicht durch die Hand eines anderen. Gerade das ist jetzt auch in diesem Entschließungsantrag festgeschrieben.

Außerdem sollte man festhalten, dass Österreicherinnen und Österreicher keine aktive Sterbehilfe wollen. Laut einer Umfrage der Ärztekammer sprechen sich 33 Prozent der Bevölkerung entschieden dagegen aus. 24 Prozent befürworten diese Vorgangsweise, auf eigenen Wunsch aus dem Leben zu scheiden, und 31 Prozent sind unentschlossen. Und gerade diese unentschlossene Gruppe bedarf unserer Zuwendung, um ihr aufzuzeigen, wie wichtig dieses Thema ist, wie wichtig es ist, Solidarität zwischen den Generationen gerade für diese Generation zu stärken, um menschenswertes Leben zuzulassen. 81 Prozent der Menschen sagen, sie möchten zu Hause in vertrauter Umgebung aus diesem Leben scheiden dürfen.

Ich möchte auch sagen, dass es laut Statistik weit über 90 Prozent der Frauen sind, die die Pflegearbeit zu Hause übernehmen; meistens neben dem Beruf oder auch in einer anderen Lebenssituation. Das birgt immens viel Belastung in sich. Man sollte nicht vergessen, dass gerade in der heutigen Zeit diesen Frauen nicht nur viel Verantwortung aufgelastet wird, sondern auch viel Bürde, die zu tragen aber auch etwas Besonderes ist, und dass wir sie daher unterstützen müssen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie der Abg. Haidlmayr. )

Deswegen ist die Integration der Hospizgrundsätze und der Hospizarbeit in das gesamte Gesundheits- und Sozialwesen Österreichs unerlässlich. Sterbende Menschen aller Altersgruppen müssen bestmögliche palliative Vorsorge erhalten, und auch die Finanzierung darf kein Hindernis darstellen. Unbestritten ist es eine zentrale Aufgabe der öffentlichen Hand, für eine ausreichende professionelle palliative Versorgung Sorge zu tragen. Es wird aber auch an der Gesellschaft liegen, die unentgeltliche, ehrenamtliche Arbeit im Hospizbereich stärker anzuerkennen und zu fördern.


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Ich arbeite seit zehn Jahren als Familienreferentin in der Steiermark, und ich weiß, wie mühselig es bei uns in der Steiermark zum Beispiel war, diese Schiene aufzubauen. Heute schlägt dieser Hospizbewegung eine riesige Welle an Unterstützung entgegen, und ich sage danke im Namen auch unserer Fraktion allen Ehrenamtlichen, die diese Arbeit in der Hospizbewegung, aber auch innerhalb der Familie tragen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Ich möchte noch etwas anmerken – das wird in diesem Entschließungsantrag eher kurz angerissen, ist aber ein ganz, ganz wichtiger Aspekt –, nämlich die Möglichkeit der Karenz zur Begleitung von sterbenden Angehörigen. Wir wissen, dass die Benennung noch nicht "glücklich" erfolgt ist, wenn man dieses Wort in diesem Zusammenhang überhaupt in den Mund nehmen kann. Ich denke hier vielleicht in Richtung Pflegekarenz, so wie das Dr. Bartenstein in Zusammenarbeit mit kompetenten Fachexperten und -expertinnen vorbereitet hat; vorbereitet hat auch in Bezug auf den arbeitsrechtlichen Bereich, denn hier geht es ganz konkret um die arbeitsrechtliche Absicherung.

Ich möchte daher auch der Wirtschaft meinen Dank aussprechen. Ich durfte bei diesen arbeitsrechtlichen Vorverhandlungen dabei sein, und ich kann sagen, es gibt in diesem Bereich großes Entgegenkommen; das muss man wissen. Ich sage danke, dass es möglich sein wird, drei beziehungsweise sechs Monate in Karenz zu gehen, jederzeit wieder zurückzukommen und die sozialrechtlichen, pensionsrechtlichen, arbeitsrechtlichen Absicherungen zu haben. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Pflegende Angehörige bedürfen, wie schon erwähnt, der bestmöglichen Unterstützung von unserer Seite. Zu über 90 Prozent sind es Frauen, die diese Arbeit machen. Es soll nun auch in Österreich endlich Wirklichkeit werden, dass nicht nur Eltern ihre Kinder in das Leben begleiten, sondern auch Kinder ihre Eltern aus dem Leben begleiten können. – Dies sind Worte von Caritasdirektor Landau, und mit diesen möchte ich schließen. Ich hoffe, dass dies wirklich ein Vier-Parteien-Antrag mit Zustimmung von allen sein wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen sowie der Abg. Haidlmayr. )

17.09

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 7 Minuten. – Bitte.

17.10

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Geschätzte und liebe Vertreter der Caritas! Ich habe mich im Parlament selten so gefreut wie in den letzten Stunden der Verhandlungen und nach Abschluss dieser Verhandlungen. Da das wahrscheinlich die Minderheit interessiert, wann ich mich freue und wann nicht, möchte ich ein bisschen in die Geschichte zurückgehen und daran erinnern, wie diese Einigung zustande gekommen ist. Ich glaube, wir alle, alle Vertreter der vier Parteien, könnten daraus für die Zukunft etwas lernen und sollten uns bewusst werden, dass das kein einmaliges Ereignis bleiben muss oder bleiben soll.

Ich habe das Gefühl, dass es vielen in diesem Parlament – Sie werden vielleicht sagen, es steht mir nicht zu, das zu sagen – diese Eile, Hektik und teilweise sture Treue gewissen Klubs und Verordnungen gegenüber erschwert, zentralen Fragen des Lebens einfach ins Auge zu schauen. Und zu diesen zentralen Fragen gehört das Sterben.

Kollege Rasinger – so steht es im "profil" – hat gemeint: Das Leben fängt mit einer sanften Geburt an und soll auch sanft enden! – Ich meine, nichts ist so gewiss wie die Geburt – die liegt zurück, unterschiedlich weit –, aber genauso sicher ist der Tod, und wie weit der vor uns liegt, weiß niemand von uns. Nur, der ist nicht immer sanft, das sage ich Ihnen in aller Härte. Der Tod ist nicht immer sanft, der Tod ist grausam, der findet selten dort statt, wo es die Leute wünschen, zumeist dort, wo man nicht vorbereitet ist, wo die Räumlichkeiten nicht vorhanden sind, auf der Straße, auf der Toilette, im Schnee, und das ist nicht lustig. Das ist nicht lustig für die, die zuschauen, und nicht lustig für die, die es erleben. Daher ist es natürlich leichter, sich darauf zu einigen, was man nicht will, sprich dieses niederländische Modell zu übernehmen. Das ging schnell. Aber dann, als es um die Kernfrage gegangen ist: Wie helfe ich diesen Menschen


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89. Sitzung / Seite 54

wirklich? Welche Konsequenzen sind daraus zu ziehen? Und was kostet das?, ist es schwieriger geworden, das will ich nicht leugnen.

Ich habe selten so oft wie in dieser Enquete und teilweise nachher den von mir wirklich äußerst geschätzten Kardinal König zitiert gehört, selten so oft die Kirche und die Religion zitiert gehört. Ich hätte mir von einigen jener, die Kardinal König und die Religion immer wieder zitiert haben, so sehnsüchtig erwartet, so etwas von dieser Toleranz des Kardinals, so etwas vom Humanismus einer Religion auch in anderen Reden zu hören, aber das war nicht immer der Fall. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Der Titel der Enquete "Solidarität mit unseren Sterbenden" hat mich schon zu Überlegungen angeregt. Was heißt "unsere Sterbende"? Dies ist sehr ambivalent und kann auch – ich möchte da nicht überkritisch sein – verdächtig sein. "Unsere" kann heißen, wir sind solidarisch. "Unsere" kann aber auch heißen, wir betrachten die Sterbenden als unseren Besitz, wir bevormunden sie, wir wissen, was sie brauchen. Das wäre, glaube ich, weniger gut, weil Sterbende nicht unbedingt einer Partei angehören und sich auch nicht von Rezeptbüchern der Moral beeinflussen lassen bei dem, was sie sich wünschen und was sie brauchen.

Mir fällt schon der Abschied von Lebenden oft schwer genug, und umso schwerer ist der Abschied von Sterbenden, denn dieser kann, wenn man jetzt nicht gerade tief gläubig ist, ein endgültiger sein. Die Garantie, dass es nicht so ist, ist vage und wird von jedem unterschiedlich wahrgenommen. Deswegen ist dieses Thema so wichtig.

Ich bin oft im Kreis gerannt, um diesen Vier-Parteien-Antrag durchzubringen, und da erlebt man auch einige Sachen, die ich nicht alle wieder erleben möchte. Da aber meine Freude überwiegt, werde ich das auch nicht weiter erwähnen.

Ich möchte aber schon sagen, die wichtigsten Punkte waren die Fragen: Sollen Wohlhabende, die es verstehen, sich schon das Leben angenehmer zu gestalten, auch die sein, die sich ein angenehmeres und humaneres Sterben leisten können? – Ich glaube nicht. Sollen Betreiber von Hospizen es notwendig haben, Bettelbriefe zu schreiben, Erlagscheine auszuschicken? Soll es nur von der Zivilgesellschaft abhängen, wie professionell Leute beim Sterben begleitet werden, oder ist das unser aller Anliegen? Sind wir der Überzeugung, dass das Sterben in Gesundheit stattfinden soll, oder betrachten wir es als den Endpunkt einer Erkrankung, für die der Staat genauso aufzukommen hat wie für andere Erkrankungen und wo die Sozialversicherung mit politischer Unterstützung in die Pflicht genommen werden soll? (Beifall bei den Grünen.)

Bei manchen Diskussionen ist es mir schon oft so vorgekommen, dass der Tod gelegentlich gütiger, milder und weniger grausam ist als manche, die so salopp über den Tod Fremder, von oben herab, relativ schnell und leichtfertig sprechen und ihre Vorstellungen dazu einbringen, die politisch nicht dazu gedient haben, sich zu einigen.

Wenn man sich vor Augen führt, dass 14 Prozent aller Patienten in Pflegeheimen im ersten Monat sterben und 46 Prozent bereits nach einem halben Jahr, dann ist das erschreckend. Das heißt zwar nicht, dass der Tod eine Sache des Alters ist, keineswegs, aber es heißt, dass alte Menschen unserer besonderen Solidarität bedürfen, dass sich das Sterben in Zukunft nicht nur in palliativmedizinischen Betten in Spitälern abspielen darf, dass Hospize auch keine Ghettos sein dürfen, dass das Sterben zu Hause, die ambulante Betreuung und möglichst viele flexible Modelle gefördert werden müssen.

Ich möchte mich auch bedanken, aber vorher noch einiges sagen. Die LKF-Bepunktung, die man gemacht hat, damit Palliativbetten errichtet werden und es eine Zustimmung der Länder gibt, schaut so aus, dass die ersten zwölf Tage – und das klingt jetzt sehr nüchtern und politisch – mit über 3 500 Punkten bewertet werden, sozusagen – unter Gänsefüßchen gesetzt – "attraktiv" für den Träger sind. Nach zwölf Tagen sinkt bis zum 24. Tag diese Bepunktung bis auf 50 Prozent. Das heißt – und das ist meine Kritik –: Je früher dort einer stirbt, desto güns


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tiger – und da lasse ich die Anführungszeichen weg – ist es für den Träger. Das ist etwas, was hier noch korrigiert werden muss. (Beifall bei den Grünen.)

"Entschließung" ist hier mit dem Wort "Antrag" verknüpft. "Entschließung" ist ja schön, "Antrag" aber heißt, dass es jetzt des Wohlwollens der Ministerien und der Politik bedarf. Wir haben vereinbart, dass wir alle gemeinsam sehr genau darauf schauen werden, dass sich das, was in dieser Entschließung steht und wir als Antrag formuliert haben, auch in der Wirklichkeit abspielen wird.

Ich möchte – und das zeigt, dass mir die Gemeinsamkeit sehr viel wert ist; das kommt bei den Grünen nicht alltäglich vor – mich nicht nur bedanken bei der Caritas und meinem Kollegen Lackner und auch seinem Referenten, der mich oft mit dem Realitätsprinzip konfrontiert hat, wenn mein Idealismus dahingeflogen ist, was wichtig war. Ich möchte mich auch bedanken bei Waneck und Haupt, die mir ganz wesentlich in letzter Sekunde die Augen geöffnet haben, dass es nicht stimmt, zu glauben, darüber keine Einigung erzielen zu können, und klargemacht haben, dass sie dafür sind, dass arbeits- und sozialrechtliche Absicherungen stattfinden, wo man uns bis zum Schluss im Glauben ließ, das sei nicht gemeinsam durchzubringen. Dafür auch ein herzliches Danke. Aber trotzdem: Wir scheiden nicht in Frieden, sondern wir gehen weiter in Frieden. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ, der ÖVP und der Freiheitlichen.)

17.18

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Silhavy. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.19

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich möchte gleich dort anknüpfen, wo mein Vorredner aufgehört hat. Sie wissen ja, dass es für uns unumgänglich war, dass, wenn man eine Art Sterbekarenz – wie immer das Wort jetzt heißt – einführt, diese für alle leistbar sein muss und nicht nur für jene leistbar ist, die sich eine Freistellung auf eigene Gefahr, ohne sozialversichert zu sein, leisten können.

Liebe Kollegin Steibl! Wir sind hier bei einem sehr sensiblen Thema, das wir, glaube ich, alle nicht nur mit Verstand, sondern eher auch mit Gefühl zu behandeln versuchen. Aber ich möchte dich schon darauf aufmerksam machen, dass unser Kollege Lackner am 5. Juli dieses Jahres einen Entschließungsantrag eingebracht hat, der letzten Endes Grundlage für unseren gemeinsamen Entschließungsantrag war. Ich glaube, dass es dadurch möglich war, ein gewisses Tempo in der ernsthaften Behandlung dieses Themas hier in diesem Hohen Haus zu erreichen.

Wir haben bis zum Schluss – Herr Kollege Grünewald hat es in sehr höflicher Form hier nur angedeutet –, nämlich bis unmittelbar vor dem Ausschuss, darum gerungen, einen Vier-Parteien-Antrag zustande zu bringen. Es war nicht zuletzt auch der Initiative und der Aktivität von Frau Teuschl und Direktor Landau zu verdanken, auch mit jener Partei, die sich offensichtlich am meisten dagegen gesträubt hat, nämlich gegen diese arbeits- und sozialrechtliche Absicherung, letzten Endes noch zu einem gewissen Konsens zu kommen. (Abg. Steibl: Der Herr Bundesminister Bartenstein arbeitet schon sehr lange mit dem Caritas-Direktor Landau zusammen!)

Liebe Kollegin Steibl, du brauchst dich ja nicht aufzuregen! Du warst offensichtlich, ja du warst ganz sicher nicht bei den Verhandlungen dabei, die wir am Schluss geführt haben (Abg. Steibl: Ich war dabei! Du warst nicht dabei!), nämlich fünf Minuten bevor der Gesundheitsausschuss begonnen hat. Da hättest du gesehen, wie dein Kollege Rasinger sich dabei verhalten hat. Ich will dich da jetzt nicht aufregen, aber offensichtlich ist deine Aufregung auf das schlechte Gewissen zurückzuführen, das du damit verbergen willst.

Wir haben es zum Schluss aber dennoch geschafft, wenn auch in letzter Minute, diesen Vier-Parteien-Antrag zustande zu bringen.


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Ich persönlich forciere das Modell der Pflegefreistellung und eine Ausweitung dieses Modells, weil es alle unsere Anforderungen abdecken würde, nämlich sowohl die sozial- als auch die arbeitsrechtliche Anforderung, aber auch die Frage der Finanzierung lösen würde. Der Zeitung ist zu entnehmen, dass die Entgeltfrage offensichtlich noch nicht geklärt ist. Das ist aber letzten Endes ausschlaggebend dafür, ob die Menschen diese Freistellung oder Karenzierung, wie immer es heißt, tatsächlich in Anspruch nehmen können. Das ist der wesentliche Punkt, an dem sich offensichtlich die Geister geschieden haben.

Ich hoffe, dass der Entschließungsantrag in unserem Sinn umgesetzt wird. Wir brauchen uns heute bei noch niemandem zu bedanken. Heute können wir uns bei uns selbst bedanken, dass wir zu diesem Vier-Parteien-Antrag gekommen sind, aber umgesetzt ist er noch nicht, und die Frage ist, wie dieser Vier-Parteien-Antrag umgesetzt wird. Das ist der wesentliche Punkt. Uns geht es da auch gerade um diese Möglichkeit, wenn man berufstätig ist, für eine gewisse Zeit den Beruf ganz oder teilweise, nämlich durch Teilkarenzierung, stundenweise, aufzugeben, um mit einem Menschen, der einem lieb ist, einfach noch einmal eine Zeit zusammen zu sein, ihn zu betreuen, wenn klar ist, dass er bald aus dem Leben scheiden muss. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Das Thema ist damit aber nicht beendet. Wovon reden wir denn? – Wir reden von Fällen, in denen wir als Menschen die Chance haben, voneinander Abschied zu nehmen, wo wir das Loslassen lernen können, wo uns die Möglichkeit eingeräumt wird, mit Menschen, bei denen klar ist, dass sich ihr Leben dem Ende zuneigt, noch einmal zusammen zu sein. Wir haben ja heute beim vorigen Tagesordnungspunkt schon über Notfälle, über Katastrophen gesprochen. Und wir müssen in diesem Bereich sicherlich noch weiter arbeiten und schauen, wie wir den Überlebenden, den Angehörigen das Umgehen mit dieser Situation erleichtern können.

Ich möchte mich dem Dank anschließen, möchte aber doch darauf hinweisen, dass natürlich die Umsetzung das Wesentliche ist, das, was die Menschen dann tatsächlich aus diesem Antrag für sich selbst, für ihre Lebenssituation mitnehmen können. Und ich hoffe sehr darauf, Herr Staatssekretär – der Herr Bundesminister ist leider nicht mehr da –, dass es möglich sein wird, diese Pflegekarenz, Sterbekarenz, wie immer es dann heißen mag, so in Anspruch zu nehmen, dass es sich die Menschen unabhängig von ihrer Einkommenssituation leisten können, Menschen, die ihnen lieb sind, die ihnen nahe stehen, in den letzten, schwersten Stunden zu begleiten. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

17.24

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Hartinger. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

17.24

Abgeordnete Mag. Beate Hartinger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Liebe Frau Kollegin Silhavy, ich finde es wirklich müßig, zu sagen, wer jetzt der Erfinder oder die Mutter, der Vater einer Idee ist. (Abg. Dr. Lichtenberger: Aber angefangen hat wer anderer damit! – Zwischenruf der Abg. Silhavy. ) Ich finde es prinzipiell müßig, denn in der vergangenen Legislaturperiode war es meine Fraktion, die diesbezüglich etwas gemacht hat. Und wenn Sie sagen, es gibt gewisse Dinge noch nirgends, Palliativstationen etwa, dann schauen Sie einmal in unser gemeinsames Bundesland! Da war es meine Initiative. Es ist egal, wer den Anstoß gibt, es ist wichtig, dass auf diesem Gebiet etwas passiert. Ich hoffe, da sind wir uns alle einig. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Durch den steigenden Wohlstand und die Fortschritte in der Medizin können sich immer mehr Menschen – Gott sei Dank, sage ich – über eine deutlich gestiegene Lebenserwartung freuen. Während 1960 die durchschnittliche Lebenserwartung bei Männern 65 und bei Frauen 72 Jahre betrug, lag sie im Jahre 1999 bei 75 und 81 – mit steigender Tendenz.

Mit zunehmendem Alter erhöhen sich aber auch Wahrscheinlichkeit und Dauer einer potenziellen Pflegebedürftigkeit, aus Krankheitsgründen, aus Gründen der Morbidität oder auf Grund von altersbedingten Behinderungen.


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Das Sterben verschiebt sich also immer weiter ins hohe Alter. Rund 60 Prozent der Todesfälle betreffen Menschen über 75 Jahre. Zugleich wird es präsenter in Form von langen Krankheiten, wie beispielsweise Alzheimer oder Parkinson, zunehmend leider Gottes auch bei jüngeren Menschen, Krebserkrankungen, meist verbunden mit intensiver Pflegebedürftigkeit.

Krankheit, Sterben und Tod sind in unserer Gesellschaft, wie wir alle wissen, weitgehend tabuisiert. Das ist wohl weniger eine Folge stets beschworener zunehmender Kälte als das Ergebnis von weitreichenden Veränderungen in der gesellschaftlichen Grundstruktur, vor allem auch in der familiären.

Das System Krankenhaus und der Glaube an die Allmacht des medizinischen Fortschrittes verstärken die Konzentration auf die medizin-technischen Möglichkeiten, auf das Heilen, manchmal fast um jeden Preis. Tendenziell wird der technischen Hochleistungsmedizin mehr anvertraut als der menschlichen Hochleistung, und das vor allem im Umgang mit sterbenskranken Menschen.

Gerade bei Krebserkrankungen sowie bei fortschreitendem Abbau und Verfall der körperlichen Funktionen oder beim Auftreten von Mehrfacherkrankungen kommt der Punkt, an dem der klassische Heilungsanspruch in den Hintergrund tritt und Palliativmedizin normalerweise in den Vordergrund zu treten hätte. Auch dafür hat das heutige Gesundheitssystem aus meiner Sicht noch viel zu wenig anzubieten. Lindernde Palliativbetreuung und die Begleitung von Sterbenden mit der gleichen Intensität und Qualität wie die kurativen Therapien sind zu gewährleisten – und vielleicht noch mehr zu gewährleisten.

Mit gleicher Energie und Sorge, wie sie in der kurativen Medizin angewandt werden, brauchen die Sterbenden und ihr soziales Umfeld eine andere Art von Betreuung, eine vernetzte Art von Betreuung, sowohl im stationären als auch im ambulanten Bereich.

Es wird leider oft zu viel weitertherapiert, obwohl der Therapieerfolg in keinem Verhältnis zum Gewinn der Lebensqualität steht. Die moderne Medizin ermöglicht in diesen Fällen zwar eine Verlängerung des Überlebens, aber nicht des Lebens. Es fehlt eine Haltung, die die Grenzen medizinischer Handlungsmöglichkeiten und die Endlichkeit des Lebens akzeptiert.

Unser gemeinsamer Antrag, meine Damen und Herren, ist zumindest ein Schritt in die richtige Richtung. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

17.28

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Gatterer. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

17.28

Abgeordnete Edeltraud Gatterer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Mitten im Leben sind wir vom Tod umfangen, und trotzdem ist das Thema von Tod und Sterben eines der letzten Tabuthemen, die wir haben, vor allem ist es mit Angst und Verdrängung verbunden, und das, obwohl jährlich mindestens 85 000 Menschen in Österreich sterben. Wenn man Familie und Angehörige dazurechnet, sind zirka 400 000 Menschen pro Jahr mit Sterben, Tod und Trauer konfrontiert.

Wir müssen auch sagen, dass es in der Politik zu wenig aktive Schritte gab, um sich mit diesem Thema auseinander zu setzen, und deswegen ist dieser Vier-Parteien-Antrag wirklich ein wichtiger und guter Ansatz. Ich bin sehr froh darüber. Die Politik ist verpflichtet, sich um die vorletzten und auch letzten Dinge des Lebens mehr zu kümmern, sie zu regeln und zu erleichtern. Ziel muss es sein, dem Sterbenden und seinen Angehörigen in der letzten Phase medizinische, soziale, psychologische und spirituelle Hilfe und Unterstützung zu geben und sie zu betreuen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dass es zu diesem Vier-Parteien-Antrag gekommen ist, ist nicht nur Verdienst von vielen Mandataren und Mandatarinnen des Hauses, sondern auch von vielen MitarbeiterInnen – eine davon sitzt auf der Galerie: Frau Hildegard Teuschl – und natürlich von den Gesundheits


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sprechern. Ich möchte noch Roman Kunyik erwähnen, der hier wirklich unermüdlich gearbeitet hat. Ich bin sehr froh, dass wir in diese Richtung Schritte setzen, und ich bin auch sehr froh darüber, dass es erstmals hier einen Beschluss gibt, mit dem sich alle vier Parteien gegen die aktive Sterbehilfe, gegen Euthanasie aussprechen.

Wir haben uns dazu bekannt: begleiten statt töten, und es wurde auch in der Enquete, die heute schon einige Male erwähnt wurde, gesagt: Ziel ist es, an der Hand eines anderen Menschen aus dem Leben zu scheiden, und nicht, durch die Hand eines anderen Menschen zu sterben.

Ich bin sehr froh darüber, dass es hier diesen Grundkonsens gibt, muss allerdings sagen, ich erwarte mir, dass dieser Grundkonsens, den wir heute finden, auch international getragen wird, denn diese Fragen werden uns auch in Europa weiter beschäftigen.

Wir haben Grundkonsens darüber erreicht, dass nicht nur junge, gesunde, schöne und glückliche Menschen, sondern ebenso alte, kranke, gebrechliche und sterbende Menschen ihren fixen Platz in der Gesellschaft haben. Wir müssen alle Anstrengungen unternehmen, um die Ängste im Zusammenhang mit dem Sterben zu reduzieren, aber auch, um das Leben in seiner Würde und in seinem Wert unantastbar zu lassen. Alles andere kommt einer Kapitulation unserer Gesellschaft vor den Herausforderungen des Lebens und des Sterbens gleich, denn die praktische Erfahrung zeigt, dass dort, wo man unter Hinweis auf Autonomie Tötung zulässt, sehr bald ohne Zustimmung getötet wird, und das, was wie Autonomie und Freiheit des Einzelnen anmutet, was ein vermeintliches Recht sein sollte, sehr schnell zur Pflicht für viele wird und in Wirklichkeit nichts anderes ist als eine Aushöhlung der elementarsten Rechte des Menschen, des Schutzes des Lebens und des Schutzes seiner Würde.

Ich glaube, wir sind hier wirklich aufgefordert – ich möchte das noch einmal wiederholen, weil mir das sehr wichtig ist –, nachdem sich hier alle vier Parteien geeinigt haben, gegen Euthanasie und gegen aktive Sterbehilfe zu sein, dafür zu sorgen, dass all jene Abgeordneten, die international tätig sind, die Verpflichtung wahrnehmen, auch in Europa dafür zu kämpfen.

Man kann nicht auf der einen Seite gegen aktive Sterbehilfe sein und auf der anderen Seite den Menschen in Österreich nichts anbieten. Deswegen ist dieser Entschließungsantrag absolut wichtig. Wir haben in Österreich in diesem Bereich Schwachstellen, wir haben Mängel, und wir müssen uns dazu bekennen und hier aktiv werden. Sicher muss die Palliativmedizin ausgebaut werden, und wir brauchen Support-Teams, die zu den Patienten nach Hause kommen können und in der Palliativmedizin ausgebildet sind. Ich möchte hier Professor Virt erwähnen, der sagt: Palliativmedizin ist nicht die teuerste, wohl aber die menschlichste Form der Medizin. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Wir brauchen einen Ausbau der Hospizbewegung, sowohl, wie es meine Vorrednerin gesagt hat, stationär als auch extramural. Es zeigt sich – ich habe viele Hospize besucht –, dass Menschen, die gut umsorgt sind und gut betreut werden, die keine Schmerzen haben, den Wunsch nach aktiver Sterbehilfe überhaupt nicht äußern. Aus vielen Diskussionen weiß ich auch, dass gerade dieser Wunsch oft ein Schrei ist: Lasst mich nicht allein! Ich brauche Nähe, ich brauche Zuwendung, ich brauche Menschen, die mit mir sprechen! Die letzten Wünsche der Sterbenden sind Wünsche wie: Ich möchte schmerzfrei sein. Ich möchte nicht alleingelassen werden, und ich möchte im Kreise meiner Familie sein.

Mit diesem Entschließungsantrag, der den Ausbau der Palliativmedizin, die finanzielle Absicherung, den Ausbau der Hospizbewegung und die Schaffung der Möglichkeit der Pflegekarenz oder Sterbebegleitung für Angehörige zum Inhalt hat, haben wir schon sehr viel getan. Wir müssen jetzt schauen, dass Bund, Länder, Gemeinden und Versicherungsträger hier wirklich zusammenarbeiten und rasch weitere Schritte setzen.

Ich bin auch dafür, dass wir Mittel für die Sterbeforschung bereitstellen, denn wir befassen uns sehr viel mit dem Beginn des Lebens, mit In-vitro-Fertilisation, mit allen möglichen Dingen – aber was passiert am Schluss des Lebens? Es gibt ganz wenige Menschen, die sich in der Forschung damit beschäftigen. Ich möchte hier eine große Frau zitieren, die ein Buch mit dem


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Titel "Der Tod – das letzte Stadium des Wachstums" geschrieben hat. Über dieses Stadium wissen wir noch viel zu wenig. Ich glaube, da gibt es Handlungsbedarf.

Für mich ist aber auch wichtig, dass die Patientenrechte gestärkt werden. Es haben einige Vorrednerinnen, vor allem Frau Mag. Hartinger, schon darauf Bezug genommen. Viele Menschen fürchten sich, dass ihr Leben gegen ihren Willen durch die so genannte Apparate- und Gerätemedizin verlängert wird, wo der Mensch nur mehr ein Teil in diesem Ablauf ist. Es gibt heute Fortschritte der Medizin, es gibt eine Verbesserung der medizinischen Methoden, eine Entwicklung von Wiederbelebungsmaßnahmen, die den Zeitpunkt des Todes nur hinauszögern, manchmal auch gegen den Willen des Patienten, und damit die Lebensqualität der Sterbenden vernachlässigen, die Bedürfnisse und Wünsche der Patienten, aber auch des Pflegepersonals, der Ärzte und der Angehörigen nicht berücksichtigen oder gar ignorieren und Einsamkeit und Leiden der Patienten im Grunde nur verlängern.

Ich glaube, es ist notwendig, dass man sich wirklich schnell Gedanken darüber macht, wie eine Patientenverfügung ausschauen soll und welchen Rechtscharakter sie hat. Auch da muss es eine Stärkung der Patientenrechte geben.

Ich möchte es auch nicht verabsäumen, allen zu danken, die mitgearbeitet und mitgewirkt haben, dass es zu dieser Entschließung kommt, auch den unzähligen Menschen, die heute schon im Bereich der Hospize haupt- und ehrenamtlich arbeiten, die Palliativmedizin machen, den Helfern und Seelsorgern, die täglich zeigen, dass es humane Wege gibt, mit den Ängsten von Menschen vor Schmerzen, Einsamkeit, Leiden und Sterben umzugehen und diesen Ängsten zu begegnen.

Ich bedanke mich noch einmal dafür, dass dieser Vier-Parteien-Antrag zustande kommt, und bin überzeugt, dass er ein ganz wichtiger und großer Schritt ist, um das Leben bis zuletzt in seiner Würde und in seinem Wert unangetastet zu lassen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

17.36

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Haidlmayr. Ihre Redezeit beträgt wunschgemäß 5 Minuten. – Bitte.

17.37

Abgeordnete Theresia Haidlmayr (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auch ich bin sehr froh darüber, dass es diesen Vier-Parteien-Antrag gibt, denn ich denke, es ist ein Schritt dahin, dass wir das Ziel erreichen können, dass niemand mehr Angst vor dem Sterben hat, weil er allein ist, weil er unter Schmerzen leidet, weil er in sozialen Verhältnissen leben muss, die für ihn unerträglich sind, und dass jeder wirklich in Würde sterben kann, was bedeutet, dass der Betreffende nicht allein sein muss und dass es nicht unter Schmerzen geschehen muss.

Herr Staatssekretär! Ich möchte einen Punkt dieses Entschließungsantrages erwähnen, weil ich glaube, dass gerade die palliative Betreuung ein Thema ist, das nicht nur für Sterbende ganz wichtig ist, sondern auch für sehr viele lebende Menschen, die sich zwischenzeitlich in ihrem Leben in einer Akutphase befinden und deshalb ganz wesentlich auf Palliativmedizin, auf schmerzlindernde Mittel angewiesen sind.

Herr Staatssekretär Waneck, Sie wissen das natürlich viel genauer als ich, denn Sie sind Internist und haben in diesem Bereich sehr viel mehr Erfahrung als ich, aber ich kann Ihnen aus meinem Leben und meiner Erfahrung sagen, dass es speziell für Personen, die an hohen Querschnittlähmungen leiden, für krebskranke Menschen, für Spastiker, für HIV-positive Menschen, für an AIDS erkrankte Menschen in Zukunft ganz wichtig ist, dass der Bereich der Palliativmedizin und der Schmerzlinderung mit entsprechenden Medikamenten verstärkt angegangen und die Scheu vor schmerzlindernden Mitteln in Österreich abgebaut wird und dass man der Realität ins Auge sieht – im Interesse der Menschen, die auf Medikamente angewiesen sind, die zur Schmerzlinderung beitragen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)


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Ich meine, dass gerade dieser Entschließungsantrag der Ansatz dafür sein kann und, wie ich hoffe, auch sein wird, dass man dieses Thema offen und ordentlich diskutiert und nicht nur daran denkt, die Palliativmedizin nur im Sterbeprozess einzusetzen, sondern auch für noch im Leben stehende Menschen, um ihnen in einer schwierigen Situation zu helfen, diese zu überbrücken.

Ich glaube, dass sich der Akutbettenbereich in den Palliativstationen nicht nur auf sterbende Menschen beschränken darf, sondern Anspruch auf Palliativmedizin und auf Akutbetten im Palliativbereich sollten auch jene haben, die ich vorher erwähnt habe, um ihnen ein Stück ihres Lebens zu erleichtern, damit sie dann wieder in der Gesellschaft leben und gut leben können. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Sehr froh bin ich auch darüber, dass es möglich geworden ist, jenen Personen eine sozialversicherungsrechtliche Absicherung zu geben, die die Betreuung von Sterbenden übernehmen, weil ich glaube – ich weiß das zum Teil auch aus meiner eigenen Erfahrung als Leiterin eines ambulanten Betreuungsdienstes –, dass gerade diese Arbeit mit Angehörigen, mit Sterbenden, mit dem gesamten sozialen Umfeld eine außerordentlich schwierige Arbeit ist, die sehr viel an Persönlichkeit abverlangt. Man braucht auch viel an Begleitung und Betreuung für die Helfenden, und all das muss sichergestellt werden, das darf nicht nur dem ehrenamtlichen Bereich überlassen werden, sondern ich glaube, dass es notwendig ist, das zu professionalisieren und entsprechende Berufe von Personen, die Sterbebegleitung leisten und die Familie betreuen, wirklich anzuerkennen.

Das sind natürlich Gedanken, die in die Zukunft weisen und in diesem Antrag noch nicht fixiert sind. Aber ich sehe diesen Antrag als Diskussionsgrundlage dafür, diesen Lebensabschnitt anzugehen und das Thema wirklich vielfältig und breit zu diskutieren: Wie kann man Menschen, die in schwierigen Lebensphasen sind, ihre Situation erleichtern?

Wenn wir diesbezüglich alle zusammenhelfen, bin ich wirklich guten Mutes, dass da auch in nächster Zeit einiges weitergehen kann. Es muss nicht mehr das Schicksal des Einzelnen sein, in welcher Lebensphase er wie betreut wird und wie es ihm geht, sondern das liegt in der Verantwortung von uns allen, und diese Verantwortung müssen wir ganz einfach übernehmen. (Beifall bei den Grünen.)

17.42

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Csörgits. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 5 Minuten. – Bitte.

17.42

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Auch ich bin sehr erfreut darüber, dass es hier möglich war, eine Vier-Parteien-Einigung zu finden. Das ist ein sehr wichtiger, aber auch, wie schon gesagt worden ist, ein sehr sensibler Bereich, und daher bin ich froh, dass das gelungen ist, denn sterbende Menschen dürfen wir nicht allein lassen, und hier gibt es sehr viele gute Ansatzpunkte. Ich möchte nur auf zwei davon eingehen.

Eine flächendeckende Versorgung mit Hospizeinrichtungen – stationär, ambulant, aber auch mobil – muss ein Ziel sein. Es muss aber auch ein Ziel sein, dass jenen Menschen, die dort tätig sind, eine entsprechende Unterstützung gegeben wird, sei es mit einer bundesweiten einheitlichen Ausbildung, sei es aber auch im Bereich der sehr starken psychischen Belastung, der diese Kolleginnen und Kollegen oder die Angehörigen, die dort pflegen, ausgesetzt sind.

Ich glaube aber auch, dass wir die Angehörigen nicht alleine lassen sollten. Daher bin ich sehr froh darüber, dass in dieser Einigung auch der Pflegekarenzurlaub beinhaltet ist und dass Bundesminister Haupt und Bundesminister Bartenstein einen Entwurf für eine Pflegekarenz ausarbeiten, die den nahen Angehörigen die Möglichkeit geben soll, eine gewisse Zeit lang von ihrer Arbeitsstelle fern zu bleiben, um den sehr schwierigen, aber sehr wichtigen Aufgaben der Sterbebegleitung nachkommen zu können.


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Die Absicherung der Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen in diesem Bereich ist besonders wichtig, und ich bin daher sehr froh, dass wir uns darüber einigen konnten, dass es zu einer arbeitsrechtlichen und sozialversicherungsrechtlichen Absicherung kommen muss. Die Betroffenen müssen einfach die Möglichkeit haben, wieder zurück an ihren Arbeitsplatz zu kommen, auch damit sie später zum Beispiel keine Schwierigkeiten im Zusammenhang mit ihrer Pension haben.

Ich war etwas entsetzt und auch alarmiert, als ich einer Zeitung entnommen habe, dass es anscheinend im Zusammenhang mit der Entgeltfortzahlung noch keine Lösung gibt. Ich appelliere diesbezüglich an beide Minister, weil ich glaube, dass das sehr wichtig für uns alle ist. Wir wollen doch nicht zwei Gruppen von Menschen schaffen: die einen, die es sich leisten können, dieser Pflege nachzukommen, und andere, die leider in der Situation sind, es sich nicht so einfach leisten zu können, weil sie auf ihr Einkommen angewiesen sind, weil sie Schwierigkeiten haben, darauf zu verzichten, und die Pflege daher einfach nicht machen können. Diese Menschen können ihr Leben lang davon geprägt sein und sich ein Leben lang Vorwürfe machen, dass das nicht zustande kam.

Daher appelliere ich wirklich an Sie von den Regierungsparteien, dafür Sorge zu tragen, dass es zu einer finanziellen Absicherung jener Menschen kommt, die diese Pflegekarenz in Anspruch nehmen müssen und wollen. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte mich bei allen Fraktionen für das Zustandekommen dieses sehr wichtigen Vier-Parteien-Antrages bedanken, und ich hoffe auch, dass die von mir eingebrachten Sorgen auch noch berücksichtigt werden. Das betrifft vor allem Frauen, und wir wollen die Frauen, die dieser Pflege nachkommen und ihren Arbeitsprozess unterbrechen, nicht benachteiligen. – Ich danke schön. (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Grünewald. )

17.46

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt nunmehr Herr Staatssekretär Dr. Waneck. – Bitte.

17.46

Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Reinhart Waneck: Herr Präsident! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren! Der Tod hat nicht das letzte Wort. Sie haben das heute sehr eindrucksvoll mit Ihrer Veranstaltung im historischen Saal dieses Hauses bewiesen. Geburt und Tod sind Bestandteile des Lebens, und Sie haben in Ihrem Entschließungsantrag sehr richtig erwähnt, dass 81 Prozent der Menschen daheim sterben wollen, 83 Prozent wollen ohne Schmerzen sterben, und 93 Prozent wollen die Wahrheit über ihren Zustand wissen.

Hier haben Sie sämtliche Punkte Ihres Entschließungsantrages bereits inkludiert. Wer daheim sterben will – und dieses Recht soll er haben –, braucht eine entsprechende Betreuung. Das heißt, es muss von der Gesellschaft die Voraussetzung dafür geschaffen werden, dass man diese Betreuung auch umsetzen kann. Das ist das, was mit der so genannten Sterbekarenz oder Palliativpflege beabsichtigt ist.

83 Prozent wollen ohne Schmerzen sterben. Auch das ist ein legitimes Anliegen der Menschen, noch dazu, wenn die Medizin, die moderne Wissenschaft in der Lage ist, dies auch zu erfüllen. Hier ist die Medizin gefordert.

93 Prozent wollen die Wahrheit wissen, die Wahrheit über ihren Zustand. Das erfordert aber mehr als nur medizinische Betreuung, das erfordert auch die entsprechende menschliche Betreuung. Und es ist von der Frau Abgeordneten Haidlmayr völlig richtig gesagt worden, dass es nicht nur um gerade Sterbende geht. Erstens wissen wir nicht, wann man gerade stirbt. Daher lehne ich als Arzt auch die Überlegungen ab, wie viel Prozent der Kosten in den letzten Lebenswochen oder -monaten anfallen. Das ist eine völlig irrelevante Zahl! Das kann man statistisch ausrechnen, ist aber in sich schon – allein die Feststellung – sehr unmenschlich.


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Wir wissen nicht, wann die letzten Wochen und wann die letzten Monate des Betreffenden sind, und jeder, der Arzt ist, hat schon Erstaunliches auf diesem Gebiet erlebt. Auch ich kann eine Zahl nennen, die unglaublich klingt. In einem Hospiz im Rahmen eines konfessionellen Spitals, in einem Bereich, wo ich selbst als Arzt tätig war, habe ich erlebt, dass 68 Prozent der Patienten, die im Hospiz gelegen sind, dieses auch wieder lebend verlassen haben. Sie haben also nur eine bestimmte Zeit ihres Lebensendes dort in entsprechender Betreuung verbracht.

Ich stimme auch völlig damit überein, dass Palliativmedizin nicht ausschließlich mit Sterbenden zu tun hat, sondern auch mit behinderten und schwerbehinderten Menschen. Ich empfehle jedem einmal einen Gang – es ist nicht weit von hier – in das Haus der Barmherzigkeit, um zu sehen, was Palliativmedizin bewirken kann und wofür sie notwendig ist.

In diesem Sinn bin ich sehr froh und sehr glücklich darüber, dass Sie sich zu dieser Vier-Parteien-Einigung entschließen konnten. Sämtliche Anregungen, die Sie in der Debatte getroffen haben, die Aufforderungen an die Regierung und auch an mein Ressort sind sehr ernst zu nehmen. Ich kann Ihnen versichern, wir sind erstens schon dabei, sie umzusetzen, und zweitens werden Sie mich in Zukunft auch an dem Grad der Umsetzung messen können. Ich kann Ihnen versichern, dass ich dafür sorgen werde, dass wir Ihrem Auftrag hier nach bestem Wissen und Gewissen nachkommen werden. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP sowie des Abg. Dr. Grünewald. )

17.49

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Hakl. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 6 Minuten. – Bitte.

17.49

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! An der Enquete, die wir abgehalten haben, konnte ich leider nicht teilnehmen. Ich habe mir aber dann den gesamten Text durchgelesen, und das, was mir am meisten und am intensivsten in Erinnerung geblieben ist, war der Satz: Das Leben dauert bis zum Tod.

Das heißt, dass der Prozess des Sterbens Teil des Lebens ist und noch lange nicht Teil unseres Todes. Das verpflichtet uns und die gesamte Gesellschaft dazu, diesen Teil des Lebens anzunehmen und sich intensiv damit auseinander zu setzen.

Ich freue mich darüber, dass dieser gemeinsame Entschließungsantrag in einer Zeit zustande gekommen ist, in der in den Medien sehr viel davon zu lesen war, wie viele Leute auch in Österreich die Sterbehilfe, das Töten eines kranken Menschen, akzeptabel finden. Ich finde es besonders bemerkenswert, dass trotz dieser medialen Darstellung ein derartiger Konsens im Parlament möglich war, und ich danke hier im Besonderen den gesundheitspolitischen Sprechern aller vier Fraktionen. Ich finde, das war eine ganz großartige Leistung von Ihnen, unter Mitarbeit unseres Klubsekretärs Roman Kunyik.

Warum ist die Stimmung der Bevölkerung derzeit so? Warum ist bei Umfragen, bei denen es sicherlich darauf ankommt, wie die Frage gestellt wird, die Akzeptanz, getötet zu werden, so hoch? – Ich glaube, das ist einer der springenden Punkte, mit denen wir uns beschäftigt haben und uns auch weiterhin beschäftigen müssen.

Es wurde schon von vielen gesagt, dass für die meisten Menschen die Angst vor Schmerz der am meisten ausschlaggebende Faktor ist, aber ich glaube, als Erklärung greift das nicht tief genug. In unserer Gesellschaft ist Jugend, ist die Möglichkeit, sich zu bewegen, Sport zu treiben, glücklich, fröhlich zu sein, ein Wert an sich, in einem, wie ich glaube, doch übersteigerten Ausmaß. Wir alle sind aufgerufen, das in all unseren Reden und in unserem Tun immer wieder zu berücksichtigen.

Ich finde es auch wichtig, dass es die Sterbekarenz nicht nur gibt, damit der Sterbende nicht alleine sterben muss, sondern auch, um den nächsten Generationen die Möglichkeit zu geben, sich mit dem Sterben zu konfrontieren und das eigene Sterben dadurch besser anzunehmen.


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Ich sage das auch auf Grund einer eigenen, sehr persönlichen Erfahrung, die ich gemacht habe, als meine Großmutter starb. Sie starb im Krankenhaus, aber auch dort nicht unter Ausnützung aller Gerätemedizin. Sie war krebskrank. Ihre Schmerzen wurden eingedämmt. Sie wurde hervorragend gepflegt, auch heutzutage schon. Und sie starb im Krankenhaus im Kreise ihrer Familie. Sie war vorher bereits einige Wochen ohne Bewusstsein, und vielleicht hätte man in den Niederlanden davon ausgehen können, dass sie hätte getötet werden wollen.

Meine Großmutter ist im Kreise von zehn Enkelkindern und ihres Mannes dann noch ein einziges Mal aufgewacht, hat die Augen aufgemacht, uns alle angeschaut und hat zu ihrem Mann gesagt: "Vati, sag den Kindern, sie sollen nicht traurig sein, das Leben ist schön. Und außerdem, Vati, ich würde dich wieder nehmen!"

Das Einzige, was ich mir beim Gedanken an den eigenen Tod immer überlegt habe, war: Ich möchte so sterben können, im Rückblick auf ein erfülltes Leben. – Und ich hoffe, dass wir das mit unserem heutigen Entschließungsantrag sehr vielen Menschen ermöglichen können. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

17.54

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Freigaßner. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 3 Minuten. – Bitte.

17.54

Abgeordnete Evelyn Freigaßner (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Ich bin sehr froh darüber, dass hier ein Vier-Parteien-Antrag zustande gekommen ist, denn gerade die Sterbenden sowie deren Angehörige bedürfen über alle Parteigrenzen hinweg unserer uneingeschränkten Solidarität. Herr Grünewald! Im Gegensatz zu Ihnen freut es mich als Katholikin, dass der ökumenische Rat der Kirchen Österreichs den Konsens zur Sterbebegleitung und die dazu erarbeiteten Begleitmaßnahmen als vorbildlich bezeichnet hat.

Wie wir heute schon öfters gehört haben, bedeutet Palliativmedizin, weitgehend schmerzfrei und bei klarem Verstand bis zum Ende zu leben. Die palliativmedizinische Versorgung darf daher nicht nur im Krankenhaus und zu Hause angewendet werden, sondern – und das ist mir besonders wichtig – sie muss auch zum Standard eines jeden Pflegeheimes gehören.

Aber nicht nur die Schmerzbekämpfung darf hier im Vordergrund stehen. Es bedarf auch pflegerischer, psychischer, seelsorgerischer und sozialer Maßnahmen, die zu einem großen Teil vom Hospizdienst rund um die Uhr abgedeckt werden und in Verbindung mit der Palliativmedizin eine hohe Lebensqualität gewährleisten.

Ich sehe es daher als dringend notwendig an, den im Entschließungsantrag geforderten österreichweiten Hospizplan so rasch wie möglich zu erarbeiten und in die Tat umzusetzen, wobei mir der mobile Hospizdienst besonders am Herzen liegt, da er den Schwerstkranken in ihrer letzten Lebensphase den für sie so wichtigen Verbleib in der häuslichen Umgebung ermöglicht.

Da ich selbst aus einem Pflegebereich komme und weiß, wie schwer dieser Dienst ist und unter welchen Bedingungen er oft durchgeführt werden muss, möchte ich mich bei allen Pflegenden im mobilen Dienst, in den Pflege- und Altersheimen, in den Krankenhäusern und natürlich auch bei den Angehörigen für ihren persönlichen Einsatz, ihre Fürsorge und die Begleitung der Menschen auf ihrem letzten Weg recht herzlich bedanken. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.57

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Bevor ich dem nächsten Redner das Wort erteile, möchte ich Folgendes bekannt geben:

Auf Anregung des Herrn Abgeordneten Khol habe ich mir das Protokoll der Rede der Frau Abgeordneten Silhavy kommen lassen. Nach dieser Rede der Frau Abgeordneten Silhavy hat


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Herr Abgeordneter Dietachmayr – in Richtung des Abgeordneten Schweitzer – gerufen: "Haben Sie etwas getrunken?"

Herr Abgeordneter Dietachmayr, ich halte das für eine unangemessene Wortwahl! Der Grund, warum ich Ihnen keinen Ordnungsruf gebe, ist nur der, dass sich Abgeordneter Schweitzer tatsächlich der Rednerin in einer Art und Weise am Rednerpult genähert hat, die den Respekt vor der Redefreiheit vermissen ließ. (Abg. Dr. Khol: Das ist ja eine Demonstration! – Weitere Zwischenrufe.)

Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dr. Grünewald zu Wort gemeldet. – Bitte.

17.58

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Herr Präsident! Hohes Haus! Ich habe mir nicht gewünscht, in dieser Debatte jemanden tatsächlich berichtigen zu müssen. Meine Vorgängerin hat aber sinngemäß gesagt – ich zitiere –: Im Gegensatz zu meinem Vorredner Grünewald begrüße ich, dass sich der ökumenische Rat positiv mit diesen Themen auseinander setzt.

Ich darf Sie schon korrigieren: Ich habe immer begrüßt, dass der ökumenische Rat zu wichtigen Dingen so positiv Stellung nimmt. (Beifall bei den Grünen.)

17.58

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wünscht die Frau Berichterstatterin das Schlusswort? – Das ist nicht der Fall.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 933 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 115.)

4. Punkt

Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Regierungsvorlage (753 der Beilagen): Bundesgesetz über den Zugang zu klassifizierten Informationen und deren sichere Verwendung (Informationssicherheitsgesetz), InfoSiG (941 der Beilagen)

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen zum 4. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter Schieder. Freiwillige Redezeitbeschränkung: 8 Minuten. – Bitte.

17.59

Abgeordneter Peter Schieder (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich bin froh darüber, dass das Informationssicherheitsgesetz in der Form eines Abänderungsantrages vorliegt und wir dadurch vor der ursprünglichen Regierungsvorlage bewahrt bleiben. Dafür möchte ich danken. Gleichzeitig sollten Sie sich bei uns dafür bedanken, dass wir Sie mit unserer Kritik davor bewahrt haben, ein Gesetz zu beschließen, das nicht einmal im vorvorigen Jahrhundert als Fortschritt angesehen hätte werden können. (Beifall bei der SPÖ.)

Meine Damen und Herren! Die Regierungsvorlage war schlecht. Sie nahm die EU zum Vorwand, um weit über deren Begehren hinausgehend und sogar im Widerspruch zu ihren Forderungen die Informationspflicht an Parlamente in EU-Angelegenheiten einzuschränken, um ein System zu schaffen, das in Wirklichkeit sagte: Geheim ist, was als geheim klassifiziert wird, und


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als geheim ist zu klassifizieren, was geheim sein soll. (Präsident Dr. Fasslabend übernimmt den Vorsitz.)

Jedem ist klar, meine Damen und Herren, dass es Schutzwürdigkeiten von vertraulichen Informationen und Unterlagen gibt und dass der Schutz im Zeitalter der PC-Technik nicht nur durch die Pflichtmillimeterstärke der Panzerschränke zu definieren ist. Aber wir haben auch Verfassungsgesetze, wir haben Normen, wir haben Parlamentsrechte, wir haben Rechte der Öffentlichkeit, der Gerichte, und die sollen durch ein solches Gesetz nicht eingeschränkt werden. Die argen Grauslichkeiten der Vorlage sind in der neuen Fassung weggefallen, aber es gibt immer noch Bestimmungen, die nicht akzeptabel sind. Leider sind einige drinnen geblieben, deshalb können und werden wir diesem Gesetz nicht zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

Im Anwendungsbereich sind nun die Obersten Organe ausgenommen, dabei wurde allerdings auf die Landeshauptleute vergessen.

Unklarheit schafft auch die Formulierung des § 1 Abs. 2, dessen letzter Satz lautet:

"Die Weitergabe von klassifizierten Informationen an diese Organe und Einrichtungen unterliegt keinen Beschränkungen nach diesem Bundesgesetz" – das ist der Fortschritt; dann kommt aber der Halbsatz –, "jedoch völkerrechtlich vorgesehenen Einschränkungen."

Was heißt das? Was soll das bedeuten? Ist ein Regierungsübereinkommen über der Verfassung, und steht dieser Halbsatz nicht im Gegensatz zum Absatz 3, der etwas anderes normiert?

Unklar sind auch noch jene Bereiche, bezüglich welcher die Sorgen von der Journalistengewerkschaft geäußert wurden. Die Frau Bundesminister hat uns im Ausschuss versichert, diese Sorgen der Journalistengewerkschaft seien angesichts des neuen Entwurfes unbegründet. Zu einer diesbezüglichen Ausschussfeststellung konnten sich die Regierungsfraktionen allerdings nicht durchringen.

Meine Damen und Herren! So ist es trotz aller Verbesserungen ein antiquiertes Gesetz geblieben. Es hat sehr viel von seiner Dachbodenmuffigkeit verloren, aber es hat immer noch die Einstellung eines Staates, der bis ins Letzte austüftelt, was er für Geheimnisse und den Geheimnisschutz tun kann, und nicht erkennt, dass es mindestens ebenso wichtig ist – meiner Ansicht nach ist dies die wichtigere Aufgabe eines Staates –, zu überlegen, und zwar mit derselben Akribie, mit demselben Einfallsreichtum, wie man seinen Bürgern Öffentlichkeit, Transparenz und Zugang zu Informationen verschaffen kann.

Meine Damen und Herren! Es wird der Tag kommen, an dem nicht jene bestraft werden, die Geheimnisse verletzen, sondern die, die sie vor den Bürgern haben! (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Mag. Lunacek . – Abg. Dr. Khol: Ein seltsamer Slalom, lieber Peter Schieder!)

18.04

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Kurzmann. – Bitte.

18.04

Abgeordneter Dr. Gerhard Kurzmann (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Im Außenpolitischen Ausschuss haben einige Abgeordnete der Opposition in völliger Verkennung der Tatsachen behauptet, dieses Gesetz diene der Zensur oder öffne auch der politischen Willkür Tür und Tor.

Meine Damen und Herren! Wir alle wissen natürlich, dass es sich bei dieser Materie um ein Informationssicherheitsgesetz handelt, also um ein Gesetz, das es in ähnlicher Form in vielen anderen europäischen Ländern schon längst gibt. Geregelt wird dadurch der Zugang zu so genannten klassifizierten Informationen im Bereich der Bundesdienststellen und auch die sichere Verwendung dieser Informationen. Es geht also – das möchte ich besonders betonen – um den Schutz von Informationen, die Österreich von seinen Partnern erhält, und es geht um


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Informationen dieser Partner, für die es eine gesetzliche oder eine völkerrechtliche Verpflichtung zur Geheimhaltung gibt.

Der österreichische Gesetzgeber ist zur Erlassung eines solchen Gesetzes durch einen Ratsbeschluss der Europäischen Union vom 19. März 2001 verpflichtet, und wir hätten dieses Gesetz eigentlich schon vor dem 30. November beschließen sollen.

Jeder Staat, auch jeder demokratische Staat, verfügt über Informationen, die er im Interesse seiner eigenen Sicherheit und der Sicherheit seiner internationalen Partner schützen muss. Wichtig für uns ist, meine Damen und Herren, dass dieser Schutz unter parlamentarischer und unter gerichtlicher Kontrolle durchgeführt wird. Das ist der wesentliche Unterschied zu irgendwelchen Diktaturen oder autoritären Staatsformen.

Das parlamentarische Interpellationsrecht wird durch dieses Gesetz weder berührt noch eingeschränkt. Wenn Sie sich § 1 Abs. 2 genauer ansehen, dann erkennen Sie, dass die Weitergabe von klassifizierten Informationen an Abgeordnete keinen Beschränkungen unterliegt. Natürlich muss man darauf hinweisen, dass geschützte Informationen schon heute nicht in Anfragebeantwortungen aufgenommen werden, weil diese eben öffentlich sind. Dasselbe gilt auch für parlamentarische Untersuchungsausschüsse. Da bleibt die gängige Praxis bestehen, dass die Weitergabe geheimer Informationen – so wie bisher – einem besonderen strafrechtlichen Schutz unterliegt: § 310 Abs. 2 Strafgesetzbuch, die Bestimmungen betreffend Verletzung des Amtsgeheimnisses.

Nun zur Frage, warum Journalisten nicht unter die Bestimmungen des Informationssicherheitsgesetzes fallen, was im Ausschuss immer wieder angesprochen und diskutiert wurde. Die Opposition hat da ja versucht, durch eine Verunsicherungskampagne politisches Kapital zu schlagen, aber Täter im Sinne des Gesetzes können nur Beamte oder Bedienstete des Bundes sein oder Personen, denen eine klassifizierte Information anvertraut wurde.

Journalisten fallen im Regelfall nicht unter diese Kategorie. Sie machen sich nur dann strafbar, wenn sie eine Person, die Zugang zu vertraulichen oder geheimen Informationen hat, dazu anstiften, diese preiszugeben. – Die Veröffentlichung einer rechtswidrig erlangten klassifizierten Information allein ist nach diesen Strafbestimmungen nicht strafbar.

Dass es Strafbestimmungen geben muss, ist jedoch logisch; das ist selbstverständlich auch in anderen Ländern so geregelt. In Deutschland zum Beispiel ist die Weitergabe klassifizierter Daten mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder einer Geldstrafe bedroht. In Luxemburg kann die Haftstrafe zwischen einem halben Jahr und fünf Jahren betragen. In Irland liegt die Höchststrafe für ein solches Delikt bei sieben Jahren Haft. Die österreichische Regelung, nämlich bis zu sechs Monate Haft oder Geldstrafe, liegt deutlich unter diesem Strafrahmen.

Abschließend: Die Bundesregierung kommt mit diesem Gesetz – ich sage das noch einmal – internationalen völkerrechtlichen Verpflichtungen nach. Es ist ein gutes Gesetz, mit dem klassifizierte Informationen geschützt werden sollen. Es stellt eine Notwendigkeit dar, zu der sich die Koalitionsparteien bekennen. Und es gibt dazu – wie wir alle wissen – in Wirklichkeit auch keine Alternative. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.09

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pilz. Ich erteile ihm das Wort.

18.09

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe Ihnen auch etwas Schönes mitgebracht, nämlich einen


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Abänderungsantrag, den ich nunmehr zur Verlesung bringe:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Pilz und Lunacek und Freundinnen, eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Außenpolitischen Ausschusses (941 der Beilagen) über die Regierungsvorlage über den Zugang zu klassifizierten Informationen und deren sichere Verwendung (753 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Das Bundesgesetz über die Umsetzung völkerrechtlicher Verpflichtungen zur sicheren Verwendung von Informationen (Informationssicherheitsgesetz, InfoSiG) in der Fassung des Ausschussberichtes 941 der Beilagen wird folgendermaßen abgeändert:

1. § 1 Abs. 1 lautet:

"(1) Ziel dieses Bundesgesetzes ist, dem Recht auf Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen größtmögliche Wirksamkeit zu verschaffen. Die Grundsätze und Bedingungen sowie die aufgrund öffentlicher oder privater Interessen geltenden Einschränkungen für die Ausübung des im Art. 255 des EG-Vertrages niedergelegten Rechts auf Zugang zu Informationen sind so festzulegen, dass ein größtmöglicher Zugang zu Dokumenten gewährleistet wird."

Die folgenden Absätze sind entsprechend umzunummerieren.

2. § 6 Z.1 lautet:

"1. Maßnahmen und Verhaltensregeln um dem Recht auf Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen größtmögliche Wirksamkeit zu verschaffen,"

Die folgenden Ziffern sind entsprechend umzunummerieren.

3. §§ 9 und 10 werden gestrichen. Die folgenden Paragraphen sind entsprechend umzunummerieren.

*****

Das konnte deswegen so kurz sein, weil uns die wesentlichen Änderungen gelungen sind. Wenn ich sage "wir", dann heißt das: Grüne, Sozialdemokraten und eine kritische Öffentlichkeit, insbesondere betroffene Journalistinnen und Journalisten.

Sie haben diesmal den Kürzeren gezogen und die öffentliche Auseinandersetzung verloren. Aber es ist auch etwas Positives und Begrüßenswertes geschehen: Eine unbeschreibliche Re-gierungsvorlage einer beschreiblichen Außenministerin ist vom Parlament so korrigiert worden, dass die Republik Österreich und die österreichische Demokratie damit recht und schlecht auskommen werden.

Die Frage, wie ein derartiger Pfusch von einem Regierungsmitglied einem Ausschuss zugemutet werden konnte, konnte bis jetzt nicht geklärt werden. (Zwischenrufe bei der ÖVP.) Frau Außenministerin! Ich bringe hier die Hoffnung unserer Fraktion zum Ausdruck, dass Sie in Zukunft den Nationalrat nicht mehr mit derartigem Pfusch behelligen werden. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt können Sie einwenden – und das ist ein sachlich berechtigter Einwand –, dass das aus einem ganz anderen Ressort gekommen sei, dass das ja nicht Ihre Idee gewesen sei. Das trägt doch die Handschrift gewisser Teile der gewendeten Polizei. Daraufhin sage ich, ja, richtig, aber das ist doch keine Entschuldigung dafür, dass Sie versuchen, das Gesetz werden zu lassen! Wenn Sie dahinter kommen, dass Ihnen hier nach der Geschichte mit der Spitzelaffäre zum zweiten Mal etwas vom Innenministerium untergejubelt wurde, dann sollten Sie doch endlich einmal sagen: Nicht schon wieder! Schluss! Das kann ich der Öffentlichkeit und dem Nationalrat nicht zumuten; ich ändere das selbst!


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Sie, Frau Außenministerin, waren dazu nicht in der Lage. Wir Abgeordneten haben das getan. Ich danke den Damen und Herren von den Regierungsparteien, die Einsicht hatten und hier durchaus konstruktiv mit uns zusammengearbeitet haben, und selbstverständlich danke ich den Abgeordneten der Opposition, die es so weit gebracht haben, dass das ursprüngliche Gesetz nicht mehr aufrechtzuerhalten war.

Wo hat es das jemals gegeben, dass in einer Regierungsvorlage sogar der Titel zurückgezogen werden musste, weil nicht einmal der Titel gehalten hat!

Gut, Strich darunter! Mit dem kleinen Gelöbnis: Ich werde das nie wieder tun!, sind wir diesmal – kurz vor Weihnachten – ausnahmsweise zufrieden.

Und jetzt zu den Inhalten: Es ist einiges geblieben, der größte Giftzahn ist gezogen, einige Giftzähnchen befinden sich noch im vorliegenden Entwurf.

Erstens: Warum soll es Freiheitsstrafen geben, wenn ein vertrauliches Dokument weitergegeben wird? Das ist doch völlig unverhältnismäßig! Frau Ministerin, Sie wissen doch ganz genau, wie viele vertrauliche Dokumente es gibt und wie schnell ein Dokument gerade in der Republik Österreich vertraulich wird. Wenn das seinen Amtsweg geht, wenn das irgendwo kurz vom Amtsweg abkommt und einen Umweg macht, dann droht eine Gefängnisstrafe? – Das ist doch maßlos übertrieben und ein Mittel zur Einschüchterung von Beamtinnen und Beamten, um zu verhindern, dass diese in bestimmten Situationen der Öffentlichkeit und auch Abgeordneten Zugang zu Informationen ermöglichen. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

Weiters: Jeder/jede, der/die auch nur an vertraulichen Dokumenten anstreift, sollen sicherheits- und verlässlichkeitsüberprüft werden. Wollen Sie wirklich bei etwa 3 500 EU-Vorlagen mit dem Stempel "vertraulich", "geheim" oder "streng geheim" auf alle, die im Amtsweg damit zu tun haben, eine Abordnung der Staatspolizei oder des Heeres-Abwehramtes loslassen? Sollen wirklich, bevor jemand einen Aktendeckel öffnet, auf dem EU-mäßig "vertraulich" draufsteht, seine Familie, seine Freunde, seine finanziellen Verhältnisse, also alles staatspolizeilich über-prüft werden?! (Abg. Öllinger: Fingerprint!) Wollen Sie wirklich zuerst die Fingerabdrücke und alles andere abnehmen lassen, bevor der Beamte überhaupt den Aktendeckel berühren darf? Ist das die Vorstellung von Informationspolitik in der Zukunft der Republik Österreich?

Frau Bundesminister, Sie haben ja keine Ahnung, was Sie den armen Staatspolizisten zumuten! Die können das ja gar nicht, wir haben keine derart große Staatspolizei. Das wäre in anderen Zeiten und in anderen Staatsformen möglicherweise mit anderen staatspolizeilichen Apparaten gegangen. Aber Sie konnten uns im Ausschuss ja nicht einmal vorrechnen, wie viele zusätzliche Staatspolizisten dafür gebraucht würden.

Nur ein kleines Detail: Auf meine Frage, wie Sie sich eine Sicherheitsüberprüfung vorstellen würden, haben Sie – ich gestehe Ihnen zu, Sie sind keine Expertin für innere Sicherheit und für den Vollzug des Sicherheitspolizeigesetzes – mir und dem Ausschuss erklärt: Ein Herr hat mir versichert, das geht schnell, in drei Minuten. – Es gibt doch keinen "Schnellwaschgang" in der Sicherheitsüberprüfung! Es gibt nur die ganz normale Sicherheitsüberprüfung nach dem Sicherheitspolizeigesetz – oder gar keine. Und die Außenministerin hat nicht die Möglichkeit, das sicherheitspolizeiliche Verfahren abzukürzen. Das würde in vielen Fällen auch der Sicherheit der Republik Österreich nicht besonders gut tun.

Damit zum Letzten. Meine Damen und Herren! Ein Versuch der Bundesregierung im Zusammenhang mit vielen anderen Versuchen: Handyüberwachung, E-Mail-Überwachung, Rasterfahndung, alles Mögliche, was um neue Karteien passiert ist – bis hin zum Spitzelring, zum EKIS-Missbrauch und vielem anderen mehr, zur Chipcard in der Sozialversicherung, zum Missbrauch sozialversicherungsrechtlicher Daten. Das ist ein zusätzlicher Baustein zu all dem, was wir unter autoritärer Wende zusammenfassen.

Frau Bundesministerin! Auf diesen "Ziegel" wird die autoritäre Wende dieser Bundesregierung jedoch verzichten müssen.


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Ich wünsche Ihnen in Zukunft bessere Regierungsvorlagen, frohe Weihnachten und einen guten Rutsch – wohin auch immer! – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

18.17

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Schultes. – Bitte.

18.17

Abgeordneter Ing. Hermann Schultes (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Hohes Haus! Es hat einmal eine Zeit gegeben, in der ein gewisser Dr. Peter Pilz ein gefürchteter Aufdecker in Österreich war. (Abg. Achatz: Das ist schon lange vorbei!) Ja, das ist schon sehr lange her. – Neuerdings muss man feststellen, dass Herr Dr. Peter Pilz nicht einmal die Sachen liest, über die er spricht, denn das, was er gerade zum Schlechtesten gegeben hat, hat mit dem, was heute zur Diskussion vorliegt, aber nicht einmal nichts zu tun. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wir sprechen heute von einem Informationssicherheitsgesetz, das im parlamentarischen Prozess auf Grund der Beschlüsse, die wir erst vor ganz kurzer Zeit im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform gefasst haben, notwendig geworden ist. In diesem Zusammenhang haben wir festgestellt, dass Deregulierung heißt, keine Übererfüllung von EU-Vorgaben vorzunehmen, sondern auch da nur das unbedingt Notwendige umzusetzen. Genau das haben wir mit diesem Gesetz gemacht. Im parlamentarischen Prozess haben wir ein Informationssicherheitsgesetz entwickelt, das den Gesetzen der Deregulierung entspricht und gerade das regelt, wozu wir uns international verpflichtet haben.

In diesem Gesetz ist der Zugang zu Informationen geregelt, die wir nicht bekommen müssen, die wir auch nicht selbst produzieren, sondern es handelt sich hiebei um Informationen, die uns andere internationale Einheiten – die EU, die WEU oder vielleicht auch die NATO – zukommen lassen. Diese Informationen haben wir so zu behandeln, wie der Absender es dem Adressaten vorher mitteilt. Wir brauchen diese Informationen nicht anzunehmen; dann werden wir sie aber auch nicht haben. Aber wenn wir sie brauchen, werden wir dann schön blöd dastehen.

Das heißt, es gehört einfach zum redlichen Umgang mit Partnern, dass man Spielregeln entwickelt und sich an diese dann auch hält. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Genau das ist der Punkt, warum Dr. Peter Pilz aus der Diskussion aussteigt. Das ist etwas, was ihm neu ist. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Die Europäische Union hat das gemeinsame Konzept der Außen- und Sicherheitspolitik zu entwickeln begonnen. Ab da war klar, dass man mit gemeinsamen Informationen ab und zu auch vertraulich umgehen muss. Seither hat sich in der Geschichte der EU ein Umgang mit klassifizierten Informationen entwickelt. Heute sind wir so weit, dass wir in Österreich in Anlehnung an das von der EU entwickelte Konzept einen Standard übernehmen, wie er in Europa üblich und vorgesehen ist (Abg. Dr. Fekter: Gott sei Dank!), und zwar nur für Informationen, die wir von internationalen Organisationen bekommen. Von diesem Gesetz sind auch nur Personen erfasst, die im Rahmen des Bundes als Beamte oder als andere Personen, die im Interesse des Bundes mit diesen Informationen befasst werden und die sich freiwillig und selbst verpflichten, diese Standards einzuhalten, tätig sind. Niemand anderer!

Alles andere sind Geschichten aus dem Traumbuch des Herrn Dr. Peter (Abg. Dr. Pilz  – einen spitzen Gegenstand in der Hand haltend und am Rednerpult vorbeigehend –: Peter Pilz!), der hoffentlich nicht gerade Harakiri betreiben möchte. (Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir werden jetzt ein Gesetz beschließen, das uns hilft, internationale Verbindlichkeiten ordentlich und auf einfache Weise umzusetzen. Die Diskussion um dieses Gesetz hat aber auch gezeigt, dass es in der Europäischen Union selbst einen interessanten Prozess gibt: Wie man gelernt hat, Informationen vertraulich zu behandeln, hat man auch gelernt, möglichst große Transparenz umzusetzen. Mit 1. Mai dieses Jahres


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wurde in der Europäischen Union beschlossen, dass all jene Informationen, die keinen Vertrauensschutzcharakter haben, öffentlich zugänglich zu sein haben. Seither gibt es also diese Internet-Adresse, die ich sehr gerne Herrn Dr. Peter Pilz mitteilen möchte, damit er dort auch einmal nachschauen kann: ue.eu.int. Dort findet Herr Dr. Pilz alles, was ihn interessiert.

Im Übrigen, sehr geehrte Damen und Herren: Wir haben mit diesem Gesetz etwas getan, was uns von Trittbrettfahrern unterscheidet. Einige in diesem Hause glauben nämlich, überall dabei sein zu können, ohne jedoch auch nur irgendwelche Verpflichtungen zu übernehmen.

Wir wollen, ich will, dass sich die Europäische Union gut weiterentwickelt, und ebenso, dass die Union ihre gedeihliche Entwicklung fortsetzt und dass das europäische Gemeinschafts- und Sicherheitskonzept erfolgreich ist.

Meine Damen und Herren, ich persönlich bin an der so genannten toten Grenze aufgewachsen, und ich weiß daher, was es heißt, wenn mit der Sicherheit Spielchen getrieben werden. Ich weiß daher auch, dass dieses Gesetz zeigt, dass wir verlässliche Partner sind, dass wir für Europa stehen – und gerade wir von der Österreichischen Volkspartei tun das in besonderem Maße. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

18.22

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Der von Herrn Abgeordnetem Pilz eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt, steht in ausreichendem sachlichem Zusammenhang und daher auch mit in Verhandlung beziehungsweise zur Abstimmung.

Als Nächste spricht Frau Bundesministerin Dr. Ferrero-Waldner. – Bitte.

18.23

Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Benita Ferrero-Waldner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Informationssicherheitsgesetz ist meiner Ansicht nach kein antiquiertes Gesetz, sondern eines – wie ich das ja auch schon im Ausschuss darstellen konnte –, mit dem das, verspätet, umgesetzt wird, was alle anderen EU-Mitgliedstaaten bereits längst getan haben.

Der Kritik an der ursprünglichen Regierungsvorlage möchte ich entgegenhalten, dass es doch kein unlogischer Vorschlag war, zu versuchen, eine einheitliche Regelung für die Klassifizierung sowohl eigener als auch fremder Dokumente zu schaffen, denn durch die nun vorgenommene Einschränkung werden von nicht-österreichischen Stellen klassifizierte Informationen besser geschützt als Informationen, die von österreichischen Dienststellen, gestützt auf die Verschlussordnungen der einzelnen Ressorts, klassifiziert werden.

Ich meine, die dazu angebrachte Kritik entbehrt wirklich jeglicher Grundlage. Dabei wurde uns zum Beispiel unterstellt, die vorgeschlagenen Strafbestimmungen würden sich gegen Journalisten richten – und das, obwohl Sie wissen, dass sich, so wie im § 310 StGB, auch nach § 9 dieses Entwurfs Journalisten nur dann strafbar machen, wenn sie zur verbotenen Weitergabe von Informationen anstiften oder dazu Beihillfe leisten. Laut Entwurf ist eben nicht die Veröffentlichung rechtswidrig erhaltener Informationen verboten. Außerdem greift er auch nicht in den Quellenschutz ein, den Journalisten gemäß § 31 Mediengesetz, den Bestimmungen über das Redaktionsgeheimnis, genießen.

Das alles war auch, wie ich meine, sehr klar und gut bekannt, aber man hat einfach damit zu punkten versucht. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Herrn Abgeordnetem Schieder möchte ich sagen, dass der Hinweis auf völkerrechtlich vorgesehene Einschränkungen in das Informationssicherheitsgesetz aufgenommen wurde, weil eben nicht der Eindruck erweckt werden sollte, dass die Weitergabe von klassifizierten Dokumenten an die eben im § 1 Abs. 2 Informationssicherheitsgesetz genannten Organe und Einrichtungen keinerlei Einschränkungen unterliegen würde. Solche Einschränkungen können eben auf Grund völkerrechtlicher Verpflichtungen bestehen und können durch ein nachträgliches Gesetz


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auch nicht außer Kraft gesetzt werden, ohne eine Österreich zurechenbare Völkerrechtswidrigkeit zu begehen.

Was in diesem Zusammenhang das Verhältnis zu den österreichischen Bundesländern betrifft, möchte ich schon darauf hinweisen, dass die von den internationalen Partnern Österreichs klassifizierten Dokumente, auf die sich der Entwurf ausschließlich bezieht, in der Regel auch Materien betreffen, die in Gesetzgebung und Vollziehung Bundessache sind. Die verfassungsgesetzliche Informationsverpflichtung gegenüber den Bundesländern gemäß Artikel 23d B-VG kann daher durch das auf einfacher Gesetzesstufe stehende Informationssicherheitsgesetz gar nicht berührt werden. Dies wird auch im Informationssicherheitsgesetz, und zwar in § 1 Abs. 3, klar gemacht.

Zu dem von Herrn Abgeordnetem Pilz eingebrachten Abänderungsantrag: Der Vorschlag, den Entwurf im Lichte des aktuellen EuGH-Urteils um eine Bestimmung über das Recht auf den Zugang zu Informationen zu ergänzen, hätte im Rahmen der von der Regierungsvorlage vorgeschlagenen einheitlichen Regelung für die Klassifizierung sowohl eigener österreichischer als auch fremder Dokumente überlegt werden können, obwohl wir in Artikel 20 Abs. 4 B-VG und auch im Auskunftspflichtgesetz bereits einschlägige Regelungen haben – aber in einem Gesetz über den Schutz fremd-klassifizierter Dokumente, wie sich nun das Informationssicherheitsgesetz darstellt, hat eine solche Bestimmung überhaupt keinen Platz.

Zugang zu einem fremd-klassifizierten Dokument kann nur dann gewährt werden, wenn sich durch Rückfrage ergibt, dass die fremde Klassifizierung aufgehoben wurde. In diesem Sinne sieht der Entwurf vor, dass der Zugang in dem von den übermittelnden Stellen vorgesehenen Maß und auch für die von diesen vorgesehenen Dauer zu beschränken ist.

Was Strafbestimmungen anlangt, wissen Sie auch, dass solche notwendig sind, um den vollständigen Schutz klassifizierter Dokumente zu garantieren; sonst wäre das ja eine lex imperfecta.

Wenn Sie sich die vorgeschlagenen Strafbestimmungen genau anschauen, werden Sie feststellen, dass der § 9 sozusagen nur eine kleine Lücke stopft: Dieser richtet sich an Personen, denen eben klassifizierte Dokumente anvertraut werden mussten – auch wenn sie nicht Beamte im Sinne des Strafgesetzbuches sind, das heißt beispielsweise: Konsulenten, Computerexperten.

Zu den praktischen Auswirkungen des Informationssicherheitsgesetzes kann ich nur noch einmal sagen, dass nur der Umgang mit als vertraulich oder höher klassifizierten Informationen Sicherheitsüberprüfungen voraussetzt. Mit der von Ihnen, Herr Abgeordneter Pilz, im Ausschuss irreführenderweise genannten Zahl von 55 000 als bloß eingeschränkt klassifizierten Informationen pro Jahr hat das nichts zu tun. (Abg. Dr. Pilz: 3 500!) Hingegen können die zirka 3 500 als vertraulich oder höher klassifizierten Informationen von den bereits überprüften oder noch zu überprüfenden Personen ordnungsgemäß behandelt werden. (Abg. Dr. Pilz: Völliger Unsinn!)

Sicherheitsüberprüfungen sind, wie gesagt, schon seit 1999 gesetzlich vorgesehen, daher kann man schon jetzt auf durchgeführte Sicherheitsüberprüfungen zurückgreifen. – Daneben gibt es auch so genannte Verlässlichkeitsüberprüfungen im Landesverteidigungsministerium.

Nach den mir zur Verfügung gestellten Angaben wurden in jenen Ministerien, in denen Sicherheitsüberprüfungen vorgesehen sind – also in allen außer dem Landesverteidigungsministerium, wo es Verlässlichkeitsüberprüfungen gibt –, zirka 60 Personen sicherheitsüberprüft; außerdem ist für Zwecke des Informationssicherheitsgesetzes die Überprüfung von weiteren 120 Personen im Gange. Sicherheitsüberprüfungen können ohne zusätzlichen Kostenaufwand von der Sicherheitspolizei, von der Staatspolizei innerhalb von 14 Tagen, falls erforderlich aber auch innerhalb eines Tages, durchgeführt werden. (Abg. Dr. Pilz: Was ist mit 3 Minuten?)

Ich habe mir diese Verordnung angeschaut – ich habe sie hier –: BGBl. II 114/2000. Darin wird auch der Fragebogen angeführt, wobei es so ist, dass für vertraulich weniger und für andere,


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höhere Klassifikationen etwas mehr an Informationen verlangt wird. Und das ist wirklich schnell durchzuführen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

18.30

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Pilz zu Wort gemeldet. Ich erteile es ihm.

18.30

Abgeordneter Dr. Peter Pilz (Grüne): Die Frau Bundesministerin hat behauptet, in der Verordnung zum Sicherheitspolizeigesetz finde sich ein "Fragebogen", der nur ausgefüllt werden müsse. – Das ist falsch!

Es handelt sich hiebei um die Sicherheitserklärung, in der Angaben gemacht werden müssen und wo mit der Unterschrift gestattet werden muss, diese Angaben durch Staatspolizisten beziehungsweise bei der Verlässlichkeitsprüfung durch Angehörige des Heeres-Abwehramtes des Bundesministeriums für Landesverteidigung überprüfen zu lassen. (Abg. Dr. Khol: Das ist eine Wortmeldung!)

Frau Bundesministerin, dort, wo Sie glauben, dass bereits die Überprüfung abgeschlossen sei, beginnt diese erst – und deshalb der Zeitrahmen von 14 Tagen. (Abg. Dr. Fekter: Das ist keine tatsächliche Berichtigung! – Abg. Dr. Khol: Das ist eine Wortmeldung!)

Frau Bundesministerin, Sie sollten auch Gesetze, die von anderen Ressorts erarbeitet werden, lesen – bevor Sie dem Hohen Haus hier falsche Informationen geben! (Beifall bei den Grünen. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

18.31

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Posch. – Bitte.

18.31

Abgeordneter Mag. Walter Posch (SPÖ): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Hohes Haus! Das Informationssicherheitsgesetz, das mit den Stimmen der Regierungsparteien beschlossen werden wird, hat eine Vorgeschichte, und diese Vorgeschichte ist sicherlich aufschlussreicher als der nunmehr vorliegende Entwurf, zu dem es – zugegebenermaßen – sehr viele positive Veränderungen gegeben hat. Allerdings all Ihren Einwänden zum Trotz: Diese Veränderungen sind erst gekommen, nachdem es in der Öffentlichkeit eine massive Intervention gegen Ihren Erstentwurf gegeben hat. Dafür tragen letztendlich Sie die Verantwortung!

Den Vorwurf muss man Ihnen daher schon machen: sich den Entwurf entweder nicht ganz genau angeschaut zu haben oder – was noch schlimmer ist! – von sich aus keine Einwände gefunden zu haben.

Die Adressaten sozusagen dieser ganzen Sache haben das von Anfang an ganz richtig gesehen. So heißt es etwa in der "Presse" vom 2. November 2001, dass sich "nach der sommerlichen Aufregung um den von Justizminister Dieter Böhmdorfer geplanten ‚Journalisten-Paragraphen‘" nunmehr neuerlich Unruhe auftue, da durch den Entwurf für das Informationssicherheitsgesetz Haftstrafen von bis zu einem halben Jahr vorgesehen seien, wenn "vertrauliche Informationen aus den Dienststellen des Bundes unberechtigt veröffentlicht werden".

Und weiters heißt es in diesem Artikel, dass Journalistengewerkschaft und Experten vor Missbrauchsmöglichkeiten oder der Gefahr einer Einschränkung der Informationsfreiheit gewarnt haben.

Und – wörtliches Zitat aus der "Presse" –: "Journalisten könnten nach den allgemeinen Regeln des Strafrechts als Mittäter strafbar werden, wenn sie solche Informationen veröffentlichen."

Der Präsident der Journalistengewerkschaft, Franz C. Bauer, hat sogar von blanker Zensur gesprochen.


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Andreas Koller hat dazu in den "Salzburger Nachrichten" vom 31. Oktober 2001 geschrieben – ich zitiere wörtlich –:

"Peter Westenthaler hat noch vor wenigen Jahren um eines politischen Vorteils willen die Zerstörung einer menschlichen Existenz in Kauf genommen. Darf ein solcher Mann die Sicherheitspolitik eines ganzen Landes bestimmen?"

Und weiters heißt es in diesem Artikel: "Wie dieser Tage bekannt wurde, will die österreichische Regierung in Kürze ihre Verordnung zur Überwachung von Handy-Gesprächen fertigstellen. Eine weitere Vorlage, das Informationssicherheitsgesetz, soll die Publikation heikler Regierungsdokumente durch die Medien einschränken. Der gemeinsame Nenner beider Entwürfe lautet: Die Bevölkerung darf stärker als bisher kontrolliert werden, die Regierung kann sich besser als bisher gegen mediale Kontrolle schützen."

Und weiters heißt es in diesem Artikel in den "SN": "Mag sein, dass beides der Terrorabwehr dient. Doch es dient sicher nicht der Bewahrung der Grundrechte. Vor allem, wenn den handelnden Politikern die moralische Qualifikation fehlt, verantwortungsvoll mit ihren erweiterten Kontrollrechten umzugehen." – Zitatende.

Diesem Zitat ist eigentlich nichts hinzuzufügen: "Wo denunziatorische Politik erfolgreich ist, wird Widerstand zur Pflicht." Das hängt ganz sicher damit zusammen, dass diese Regierung im Verdacht steht, ganz allgemein mit Grundrechten nicht sorgfältig genug umzugehen. (Abg. Dr. Khol: Oh!)

In diesem Zusammenhang erinnere ich etwa an die Debatte um die Fingerprints, weiters an die Debatte um die Verschärfung der Einwanderungs- und Asylpolitik. Ich erinnere weiters an den geplanten Integrationsvertrag, an die Forderung, AsylwerberInnen nur mehr Asyl zu gewähren, wenn sie aus Europa kommen. Ich erinnere an die Spitzelaffäre, die unter äußerst obskuren Umständen völlig in der Schublade der Geschichte zu verschwinden droht.

Das Problem beim nunmehr vorliegenden Informationssicherheitsgesetz: Dieses atmet den gleichen Geist, nämlich: Sicherheit ausschließlich über polizeiliche oder militärische Aspekte zu definieren beziehungsweise sicherstellen zu wollen. – Und dieser Vorwurf kann auch mit dem nunmehr vorliegenden Abänderungsantrag nicht entkräftet werden. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen. – Abg. Dr. Fekter: Sehr spärlicher Applaus!)

Der zentrale Punkt ist eine geradezu kafkaeske Pittoreske über die Regelung des Zugangs zu klassifizierten Informationen mit ihren vier Klassifizierungsstufen samt bürokratischer Definition: "eingeschränkt", "vertraulich", "geheim" und "streng geheim", wobei die Verletzung der höchsten drei Geheimhaltungsstufen mit einer Freiheitsstrafe von bis zu sechs Monaten zu bestrafen ist. – Das ist doch in Wirklichkeit Ausdruck eines übertriebenen Bedürfnisses nach "Hygiene", nach geradezu zwanghafter Perfektionierung von Kontrolle von Information.

Daher stellt auch, wie ich meine, der Abänderungsantrag der Grünen einen wertvollen Denkansatz dar, nämlich in § 1 Abs. 1 als Ziel zu normieren, dem Recht auf Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen größtmögliche Wirksamkeit zu verschaffen, weil eben ein möglichst offener Zugang zu Informationen und Dokumenten ein Wesensmerkmal einer demokratischen Gesellschaft darstellt und das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Vollziehung stärkt. – Und darum geht es bei diesem Gesetz: um das Spannungsverhältnis zwischen dem Zugang zu Informationen und berechtigter demokratischer Kontrolle.

Der nunmehr vorliegende Abänderungsantrag der Regierungsfraktionen zeigt, dass der Erstentwurf wesentlich verändert wurde, dass also jetzt nunmehr die Obersten Organe ausgenommen sind und auch das parlamentarische Interpellationsrecht nicht erfasst ist, im Wesentlichen also nur mehr die völkerrechtlichen Verpflichtungen geblieben sind.

Allerdings konnten auch – das bleibt nach wie vor offen! – die Frage der Kriminalisierung von JournalistInnen sowie Fragen in Bezug auf Presse- und Informationsfreiheit nicht restlos geklärt werden (Abg. Großruck: Völlig falsch!), zumal Sie ja auch das Gespräch mit JournalistInnen


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und auch mit der Journalistengewerkschaft ganz offensichtlich nicht gesucht haben und auch deren Bedenken nicht restlos ausräumen konnten.

Auch Bedenken hinsichtlich der Sicherheitsüberprüfungen konnten nicht restlos ausgeräumt werden. Diese Überprüfungen werden sehr aufwendig und sehr kostspielig sein. – Zu den Zahlen der Überprüfungen: über 3 000 Überprüfungen!, wobei auch noch die Frage zu klären sein wird, wie die Sicherheitsüberprüfung für diese vier verschiedenen Klassifizierungsstufen aussehen wird und welche Eingriffe und Einblicke in die Privatsphäre sich die Beamten gefallen lassen werden müssen.

Diese zwei gravierenden Vorbehalte können auch im jetzigen Entwurf nicht zufriedenstellend beantwortet werden. Aus den erwähnten Gründen werden wir daher dieser Gesetzesvorlage sicher nicht unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

18.38

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Jung. – Bitte.

18.39

Abgeordneter Wolfgang Jung (Freiheitliche): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ich wurde nach der ersten Ausschusssitzung über diesen Gesetzesvorschlag vom ORF interviewt und habe dabei gesagt: Mit Journalisten, die sich über Gesetze hinwegsetzen, hält sich mein Mitleid in engen Grenzen!

Was ich allerdings im Ausschuss noch nicht ausreichend ausgeführt gesehen habe, ist, dass die Abgeordneten Zugang zu benötigten Verschlusssachen erhalten. Das wurde aber in der Zwischenzeit repariert.

In diesem Zusammenhang habe ich auch ein Beispiel angeführt, nämlich einen Unterausschuss des Rechnungshofausschusses, den wir in der vergangenen Legislaturperiode hatten, bei dem man es wirklich gewagt hatte, den Abgeordneten leere Papiere mit dem Stempel "Verschluss" darauf zu geben und zu sagen: Das geht die Abgeordneten nichts an!

Kollege Schieder hat vorhin gesagt, es werde der Tag kommen, an dem sich diejenigen verantworten müssen, die Geheimnisse vor den Bürgern haben. – Herr Kollege Schieder, ich habe mir damals auch gewünscht, das zu sehen, aber Sie waren doch einer derjenigen, die verhindert haben, dass das geschehen konnte, die dagegen gestimmt und den Abgeordneten den Zugang verweigert haben.

Daher: Mein Mitleid hält sich auch mit jenen Abgeordneten sehr in Grenzen, die jetzt, da sie in der Opposition sind, plötzlich ihre Liebe zum Aufdecken verspüren, während sie vorher keine einzige Silbe dazu über die Lippen gebracht haben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Jetzt von den ernst zu nehmenden Einwänden – denn einige waren durchaus ernst ... (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Jetzt braucht sich nur noch Kollege Jarolim zu Wort zu melden, dann passt es überhaupt mit den Zwischenrufen, dann sind die richtigen Aufdecker beisammen! (Heiterkeit des Abg. Hornek.  – Abg. Dr. Khol: "Euroteam"!)

Jetzt komme ich von ernst zu nehmenden Einwänden zum "Zahnarzt der Nation", zum Kollegen Pilz, der in "NEWS" verkünden hat lassen – er kommt allerdings auch schon von vorne, vom politischen Teil, mehr zum Klatsch und zur Gesellschaftsseite –, er hätte der Regierung die "Giftzähne gezogen". – Nun, er hat zwar sein Gift hier versprüht und ist dann gegangen, aber erreicht hat er mit seinen Einwänden und mit seiner Arbeit nichts, und er wird – vielleicht können Sie es ihm ausrichten, wenn es das noch wert ist – immer weniger damit erreichen, denn seine Vorgangsweise und seine Verhaltensweise wird immer uninteressanter. Er kann ja mittlerweile die Leute hier im Haus nicht einmal mehr aufregen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Sie dient vielleicht seiner Selbstbeweihräucherung in seinem Internet-Tagebuch, das er regelmäßig führt und das manchmal ganz amüsant zu lesen ist, weil es Rückschlüsse auf seine Psyche zulässt (Heiterkeit des Abg. Großruck ); sonst aber ist sie, was Geheimnisverkündung und Aufdeckung betrifft, nicht sehr weitgehend.

Gerade dieses sein Leitblatt "NEWS" ist es nämlich, das mich in großem Misstrauen gegenüber bestimmten journalistischen Kreisen verharren lässt. Ich erinnere mich sehr gut an die Briefbombenzeit und an die "Aufdeckungen" – unter Anführungszeichen –, die in diesem "schönen" Blatt getätigt wurden, bei denen aus Akten zitiert wurde, bei denen Leute an die Öffentlichkeit gezerrt wurden, von denen sich nachträglich herausgestellt hat, dass sie aber auch absolut gar nichts damit zu tun gehabt haben. Ich wende mich daher gegen eine Gruppe von Journalisten, die sich Privilegien herausnehmen möchte, die über jene von gewählten Vertretern in diesem Haus hinausgehen. Das steht ihnen nicht zu, und ich glaube, in diese Richtung müssen wir uns auch einmal sehr ernsthaft Gedanken machen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Denn: Wer hat diese Bürger entschädigt? Wer hat ihnen im Nachhinein zu ihrem Recht verholfen? – Das sei diesen Journalisten hier einmal gesagt.

Kollegen Pilz habe ich schon gesagt: Sein Zynismus nützt nicht mehr! Er ist abgenützt durch zu häufigen und missbräuchlichen Gebrauch. – Richten Sie ihm das schöne alte arabische Sprichwort aus: Die Schakale heulen, aber die Karawane zieht weiter. – Ein notwendiges Gesetz wird beschlossen! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

18.42

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. – Bitte.

18.42

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Es ist hier schon ein paar Mal die Vorgeschichte dieses Gesetzes angesprochen worden – auch ich möchte kurz auf sie eingehen –, zu dem Herr Kollege Schultes angemerkt hat, dass es jetzt notwendig sei, in Anlehnung an die EU gewisse Standards zu übernehmen.

Herr Kollege Schultes, Sie wissen ganz genau, dass das ursprüngliche Gesetz nicht nur die Umsetzung des EU-Ratsbeschlusses vom 19. März 2001 beinhaltet hat, sondern sehr viel weiter gehende Maßnahmen, von denen sogar die Frau Außenministerin im Ausschuss sinngemäß gemeint hat, dass manches in diesem ersten Vorschlag auch zu stark war oder zu weit gegangen ist. – Jetzt heißt es wieder: Wenn wir dem ersten Vorschlag zugestimmt hätten, dann hätten Sie auch unserem Abänderungsantrag zugestimmt.

Nun ja, Frau Ministerin, dass Sie uns diese Zuckerl herwerfen und gleichzeitig den ersten Entwurf wieder rechtfertigen, das schmeckt uns auf keinen Fall (Zwischenbemerkung von Bundesministerin Dr. Ferrero-Waldner ), und das wird sicher nicht dazu führen, dass wir dieser Vorlage jetzt zustimmen! (Beifall bei den Grünen.)

Herr Abgeordneter Jung! Sie haben gesagt, Kollege Pilz habe nichts erreicht. – Sie waren schließlich bei diesen Vorverhandlungen dabei und wissen daher ganz genau, dass einige der Vorschläge, die dazu gedient haben, diesem Gesetz den Giftzahn zu ziehen, von den Grünen und vom Herrn Kollegen Pilz gekommen sind und nicht von Ihnen. Das ist sehr wohl anzuerkennen! (Abg. Jung: Sie mit Ihren Allmachtphantasien!)

Mit Allmacht hat das nichts zu tun, sondern das ist ganz eindeutig nachvollziehbar. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Jung. ) Entweder waren Sie nicht dabei, oder vielleicht waren Sie auch dabei, aber nur virtuell – ich weiß es nicht. Jedenfalls haben Sie anscheinend nicht den ursprünglichen Vorschlag mit dem jetzt vorliegenden verglichen, oder Sie wollen nicht wahrhaben, dass die Vorschläge der Grünen und auch der Sozialdemokraten dazu geführt haben, dass diesem Gesetz die Giftzähne gezogen wurden. So ist es! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Jung: Glauben Sie!)


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Das ist anzuerkennen, aber leider ist nicht alles so, wie wir es uns vorstellen würden. (Abg. Jung: Gott sei Dank!) Es ist nämlich schon erstaunlich, dass zwar auch Sie, Frau Ministerin, im Ausschuss gesagt haben, dass dieses Gesetz sich gegen Journalisten richte, das sei absolut unrichtig (Abg. Jung: Gegen Journalisten, die gegen das Gesetz verstoßen!), während Abgeordneter Jung jetzt sagt: Nun ja, gewisse Journalisten haben schon zu viele Privilegien, die sie sich da herausnehmen, und gegen die richtet es sich schon! (Abg. Jung: Das habe ich nicht gesagt!)

Wenn es Ihre Absicht gewesen wäre, ganz eindeutig klarzustellen, dass sich dieses Gesetz gegen keine Journalisten, gegen keine Redaktionen richtet, dann hätten Sie es doch wohl in den Erläuterungen festschreiben können! Darin ist aber kein Wort davon zu finden. Oder Sie von den Regierungsfraktionen hätten zumindest im Ausschuss noch eine Ausschussfeststellung ermöglichen können. – Nichts davon war Ihnen wichtig genug! Daher bleiben hier gewisse Zweifel aufrecht – denn sonst hätten Sie es hineingeschrieben. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Gradwohl. )

Zu unserem Abänderungsantrag: Wenn Sie ihn genau gelesen haben, dann konnten Sie feststellen, dass darin steht, dass das Ziel dieses Bundesgesetzes darin besteht, "dem Recht auf Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen größtmögliche Wirksamkeit zu verschaffen", und dass wir das in diesem Informationssicherheitsgesetz auch verankern wollten.

Herr Abgeordneter Spindelegger, der sich heute hier nicht mehr zu Wort meldet, hat im Ausschuss gemeint, es sei wohl Rosstäuscherei (Abg. Dr. Spindelegger: So ist es! – Ruf bei den Freiheitlichen: Richtig!), wenn wir hier versuchen, einem Gesetz, bei dem es um die Einschränkung von Information geht, voranzustellen, dass es notwendig ist, "dem Recht auf Zugang der Öffentlichkeit zu Informationen größtmögliche Wirksamkeit zu verschaffen". (Ruf bei der ÖVP: Jawohl!) – Herr Kollege Spindelegger, Sie haben anscheinend nicht verstanden, dass es uns darum geht, wirklich das Recht der Öffentlichkeit auf Information festzulegen, auf Basis dessen es dann möglich ist zu sagen, dass es gewisse Einschränkungen geben kann, aber nur, wenn Sie das notwendige und gesetzeskonforme Mindestmaß nicht beschränken. (Zwischenruf des Abg. Dr. Spindelegger. )

Wir haben Ihnen im Ausschuss auch das ganz aktuelle Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 6. Dezember 2001 vorgelegt und gemeint, das wäre doch auch ein Grund für Sie, zumindest diesem Abänderungsantrag zuzustimmen, wenn Sie schon das Gesetz nicht noch weiter vertagen wollen, um abzuwarten, was der Europäische Gerichtshof weiter entscheiden wird. In diesem Urteil, das die grüne Europa-Abgeordnete Heidi Hautala angestrengt hat und dem sich sogar zahlreiche Länder angeschlossen haben, wie etwa Dänemark, Schweden, Finnland und Großbritannien, stellt der Europäische Gerichtshof nämlich fest, dass es der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verlangt, dass Ausnahmen nicht über das zur Erreichung des verfolgten Zieles angemessene und erforderliche Maß hinausgehen dürfen. Das würde zum Beispiel heißen, dass es schon möglich ist, dass auch im Fall von vertraulichen Informationen nach einer Prüfung sehr wohl Teile der Informationen weitergegeben werden können, nachdem diejenigen Teile, die wirklich vertraulich sind, unkenntlich gemacht worden sind. Das kann man ganz einfach machen, indem man das durchstreicht. (Ruf bei der ÖVP: Zu welchem Zweck?)

Das hat der Europäische Gerichtshof jetzt beschlossen. (Abg. Jung: Sie begreifen wohl nicht ...!) Sie nehmen das anscheinend nicht wirklich zur Kenntnis, sondern beharren weiterhin auf einem Gesetz, das vor allem die Einschränkung festschreibt und nicht ein Recht der Öffentlichkeit auf Zugang. Diesem Gesetz können wir, wie Sie wissen, nicht zustimmen. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Fekter: ... missbräuchliche Verwendung!)

18.48

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Großruck. – Bitte. (Ruf bei der ÖVP – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Großruck –: Wolfgang, stell das klar, bitte! – Abg. Lentsch: Erklär’s ihr!)

18.48

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoch geschätzte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Es war zuvor Herr Abge


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ordneter Pilz hier heraußen. (Abg. Jung: Jetzt ist er draußen!) Ich weiß, wir sind kein Klub von Süßholzrasplern, aber das, was Herr Pilz von sich gegeben hat, ist schon in allerhöchstem Maße Minderqualität gewesen. (Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger. ) Ich darf nur daran erinnern, wie er die Frau Bundesministerin, gelinde gesagt, mit Untergriffen angegangen ist. Gerade Sie, Frau Kollegin Lichtenberger, müssten sich als Frauenrechtlerin hinter oder vor die Frau Bundesministerin stellen, wenn sie von einem Kollegen in diesem Haus in derart unflätiger Art und Weise angegangen wird! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Wäre ich ein Abgeordneter der Grünen, dann würde ich mich in aller Form bei der Frau Bundesministerin für das Verhalten eines Kollegen entschuldigen!

Meine Damen und Herren, Sie wissen genau, dass die Mehrheit des Hohen Hauses auch in dieser Frage meiner Meinung ist, aber man kann eben gegen eine schlechte Kinderstube, die Herr Pilz anscheinend gehabt hat, im Alter nichts mehr machen. Das ist sein Schicksal. Das bedauern wir. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf der Abg. Dr. Lichtenberger. )

Meine Damen und Herren! Es gibt ein Ranking von Begriffen. In Österreich haben wir zum Beispiel den Begriff "Nulldefizit" an oberster Stelle. Würde man ein Ranking von Begriffen der Opposition erstellen, dann würden wir als Ergebnis das "Nein" oder bestenfalls das "Ja, aber" erhalten. Wir erleben heute wieder ein Nein zu einem Gesetz, das an und für sich die Zustimmung aller verdienen würde. Es gab ein Nein der Opposition zu den Verhaltensvereinbarungen in der Schule, es gab ein Nein zur Schulstatistik, zur österreichischen Sicherheitsdoktrin, zum Bundeskriminalamt, zur Pensionsreform, zur Budgetsanierung, zu mehr Sicherheit für die Bürger bei der Ausweitung der Fahndungsmethoden. Heute kommt wieder das Nein zum Informationssicherheitsgesetz.

Aber ganz interessant und anders als das andere Nein ist der Eiertanz, der aufgeführt wird, um zu einem Nein zu kommen. Da gibt es Gefühle, da gibt es Verdächtigungen, da gibt es Vermutungen. Man sollte nur das Gesetz lesen, um zu sehen, was wirklich drinsteht!

Ich erinnere mich daran, dass Kollege Schieder im Ausschuss als dessen Vorsitzender wörtlich zur Frau Bundesministerin gesagt hat: Wie können Sie den Journalisten das Gefühl nehmen, dass sie nicht bestraft werden? – So, glaube ich, lautet der O-Text aus dem Ausschuss. (Abg. Schieder: So ähnlich!) – So ähnlich. (Abg. Schieder: Es war nur deutsch! Deutsch war es!)

Ja, meine Damen und Herren: Wenn im Gesetz ganz eindeutig steht, wer bestraft wird, wer Konsequenzen zu tragen hat, wenn er Informationen weitergibt – nämlich nur der, der unberechtigterweise Informationen weitergibt, und nicht der, der sie empfängt –, dann ist der große Kreis der Journalisten aus dieser Strafbarkeit ausgenommen. Es ändert sich nichts! – Aber hier hineinzuinterpretieren, dass die Journalisten gefährdet wären, dass der freie Zugang zur Information gefährdet wäre, das ist doch bitte an den Haaren einer Glatze herbeigezogen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen. – Heiterkeit des Abg. Dr. Khol. ) Das hat doch mit der Realität nichts zu tun!

Es steht ganz dezidiert drinnen, dass es keine Bestrafung für Journalisten gibt, wenn sie geheime Informationen bekommen, sehr wohl aber für jene, die sie weitergeben.

Wir erleben es ja jedes Jahr wieder, wie es funktioniert: Auch die Rechnungshof-Rohberichte wären geheim und dürften nicht weitergegeben werden. Und was passiert? (Abg. Murauer: Das steht in der Zeitung!)  – Die Zeitungen liefern sich ein Rennen darum, wer als Erster den Rechnungshof-Rohbericht veröffentlichen kann, bevor ihn überhaupt die Abgeordneten haben. Das ist auch verboten. Haben Sie schon einmal erfahren, dass irgendjemand in diesem Zusammenhang verurteilt worden wäre? – Man findet halt den Täter nicht. Journalist, meine Damen und Herren, ist auf Grund dieser Tatsache keiner verurteilt worden.

Ebenso verhält es sich auch mit diesem Informationssicherheitsgesetz: Es gibt keine Einschränkungen des Interpellationsrechts. Es gibt keine Einschränkungen des Kontrollrechts des Rechnungshofes. Das Parlament gibt sich selbst die Spielregeln, wie es mit diesen Daten umgeht. Es ist also alles klar.


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Und wenn Sie beklagen, meine Damen und Herren, dass das Gesetz am Anfang viel ärger und größer war, dann freuen Sie sich doch darüber, dass wir heute ein Gesetz beschließen, hinsichtlich dessen in der Diskussion, in der Begutachtung herausgekommen ist, dass es eigentlich allen gefällt, dass eigentlich alle zustimmen könnten!

Aber, meine Damen und Herren, das ist eben Ihr kategorisches Nein: Was nicht sein kann, darf nicht sein. – Sie betreiben heute wieder Totalopposition!

Deshalb darf ich zum Schluss mit einem Vierzeiler einen Wunsch ans Christkind äußern:

Liebes Christkind! Bitte schön,

lass Rot und Grün ein Licht aufgeh’n,

und lass erkennen diese zwei:

Erst Österreich – dann die Partei!

(Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen und Bravo-Rufe bei der ÖVP.)

18.54

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. – Bitte. (Abg. Dr. Khol: "Euroteam"!)

18.54

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Meine Damen und Herren! Herr Präsident! Frau Bundesminister! Nun ja, wir haben eben auch Laiendarsteller hier im Parlament – mehr und weniger originell. (Ruf bei der ÖVP: Sehr originell!) Das wäre vielleicht eine tolle Sache für den "Musikantenstadl"! Dafür wären das die richtigen Darsteller! – Ich gratuliere Ihnen zu dieser Politik (Ruf bei der ÖVP: "Euroteam"!): eine großartige Politik von Schwarz-Blau! (Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Zu Beginn meiner kurzen Ausführungen möchte ich noch ein herzliches Dankeschön all jenen aussprechen, die diese Allianz der Vernunft gebildet haben (Unruhe im Saal – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen), die es ermöglicht hat, dass heute hier in diesem Haus ein Gesetz beschlossen wird, das jedenfalls nicht jenes Gesetz ist, das Sie ursprünglich beschließen wollten, das für uns sicherlich eine internationale Blamage zur Folge gehabt hätte und das in einer selten da gewesenen Art und Weise die repressive Grundstimmung dieser Koalition zum Ausdruck gebracht hätte.

Ich bin froh darüber, dass es viele Personen in Wissenschaft, Politik, letztlich aber auch viele Personen auf der Straße gegeben hat (Abg. Dr. Grollitsch: Auf der Straße?), die uns im Rahmen ihrer Stellungnahme und auf vielfältige sonstige Art und Weise ihre Meinung zu dem ursprünglichen Entwurf dieses Gesetzes zu erkennen gegeben haben. Man kann eben nicht darüber hinwegtäuschen, was eine Regierung an sich vorhat! Es ist Ihnen nicht gelungen, dieses Gesetz zu verwirklichen – bis jetzt zumindest nicht; Abgeordneter Jung von der FPÖ hat ja erklärt, er wird sich weiter darum bemühen, dass es trotzdem noch kommt. Aber es ist Ihnen bis jetzt nicht geglückt, und darüber müssen wir froh sein, denn das ist sicherlich etwas Erfreuliches.

Weniger erfreulich ist, dass dieses Gesetz natürlich in einem Gesamtkontext zu betrachten ist und dass dieser Gesamtkontext ein sehr beängstigender ist. Herr Klubobmann Khol spricht immer so großartig von der "Bürgergesellschaft": Ich frage mich, wie sich diese Bürgergesellschaft, diese Menschenrechte, die ja zwangsläufig der Bürgergesellschaft innewohnen sollen, hier in Ihren Gesetzeswerken manifestieren, Herr Kollege Khol! Ich würde mir wünschen, dass Sie einmal erklären, was Ihnen damals durch den Kopf gegangen ist, als Sie den ersten Gesetzentwurf vehement verteidigt haben, gemäß dem schlicht und einfach alle Dokumente in Österreich – jetzt sind es ja nur mehr die ausländischen Dokumente – mehr oder weniger fast willkürlich mit Geheimhaltungskennzeichen versehen werden sollten und in der Folge eine


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Strafbarkeit angeschlossen werden sollte. – Reine Willkür, meine Damen und Herren! Auf solch ein Gesetz braucht man nicht stolz zu sein.

Frau Außenministerin, ich muss Ihnen sagen, ich habe auch nicht verstanden, dass Sie das eigentlich unkontrolliert haben durchgehen lassen! Wenn Kollege Großruck hier von Anstand und von Würde spricht, so kann das doch nicht bedeuten, dass man sich nicht mit der Verantwortung eines einzelnen Ministers einer Regierung auseinander setzen darf!

Wenn ich mir nur anschaue, mit welchem Dilettantismus – das ist noch ein milder Ausdruck – in der Sache Genua vorgegangen wurde: Sie haben nicht davor zurückgescheut (Unruhe im Saal – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen), durch die Bekanntgabe von völlig irrelevanten Verwaltungsdaten Personen, Österreicherinnen und Österreicher, im Ausland zu gefährden! Frau Außenministerin, ich glaube nicht und ich möchte nicht unterstellen, dass es Ihre Absicht war; es war möglicherweise auch Unkenntnis, aber es ist beides gleichermaßen gefährlich. – Das sind eben Dinge, die man hier sagen muss! Da geht es nicht um charmant oder nicht charmant, sondern da geht es einfach um eine Gefährdung der Österreicherinnen und Österreicher im Inland oder im Ausland. Das ist der Punkt, Herr Kollege Großruck, und das muss man zur Kenntnis nehmen.

Der Gesetzentwurf in der nunmehr vorliegenden Form ist bedauerlicherweise auch nicht wirklich konsistent, und ich frage mich schon, warum der Weg hin zu einer Ausschussfeststellung, dass die Journalisten jedenfalls mit diesem Gesetz nicht getroffen werden sollen, denn gar so unüberwindbar war. Was wäre das Verwerfliche daran gewesen, eine Ausschussfeststellung – nur eine Ausschussfeststellung! – zu treffen und in diese das hineinzuschreiben, was Sie alle, auch Klubobmann Khol, in diesem Zusammenhang immer wieder feststellen? Wenn das wirklich Ihre Absicht gewesen wäre, was Sie auch beim § 56 Strafprozessordnung vorgeben, dass es nämlich nicht die Journalisten treffen soll, dann hätten Sie mit dieser kleinen Feststellung so viel Sicherheit in diese Debatte gebracht, dass es uns vielleicht eher möglich gewesen wäre, diesem Gesetz zuzustimmen. – So ist der Geist, der hinter dem Gesetz weht, ganz eindeutig der, der auch hinter dem Militärbefugnisgesetz und all den anderen repressiven Gesetzen steht.

Meine Damen und Herren! Es bleibt Ihnen vorbehalten, weiterhin auf dieser Welle zu fahren. Das Bild erspare ich mir, Herr Khol – es ist ein Synonym dessen, wofür Sie stehen. Ich denke, es ist Ihnen klar, warum wir hier nicht zustimmen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.59

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Hornek.

Ich bitte gleichzeitig, den Lärmpegel ein bisschen zu senken! Es ist sonst für den Redner sehr schwierig, sich verständlich zu machen. (Abg. Dr. Khol: Das gelingt dem "Eurolim" auch nicht, wenn es ruhig ist!)

19.00

Abgeordneter Erwin Hornek (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Hoch geschätzte Frau Bundesministerin! Geschätzte Abgeordnetenkolleginnen und -kollegen! Die Opposition hat sich in der Diskussion beinahe ausschließlich mit dem befasst, was nicht im Gesetz steht. Ich werde mich mit dem beschäftigen, was im Gesetz steht. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)

Geschätzte Damen und Herren! Wir leben im Informationszeitalter, in einer Zeit, in der verlangt wird, Informationen in Sekundenschnelle abrufbar zu haben. Diese schnelle Verfügbarkeit von Informationen, auch sehr vertraulichen Informationen, die global von verschiedenen Stellen abrufbar sind, erfordert internationale Standards für die Sicherheit dieser Dokumente. Ziel dieses Informationssicherheitsgesetzes ist die Umsetzung völkerrechtlicher Verpflichtungen Österreichs zur sicheren Verwendung von klassifizierten Informationen im Bereich der Dienststellen des Bundes. Internationale Zusammenarbeit im Kommunikationsbereich setzt klare gesetzliche Vorgaben, gegenseitiges Vertrauen und Informationssicherheit voraus. Dieses Gesetz bereitet somit die Grundlage für eine reibungslose Zusammenarbeit über die Grenzen Österreichs hinaus.


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Sicherheit ist mittlerweile eines der wichtigsten Bedürfnisse der Menschen geworden. Wir kommen mit diesem Gesetz auf der einen Seite den gegebenen internationalen Standards und auf der anderen Seite den Sicherheitsbedürfnissen der Menschen nach. Angesichts des internationalen Terrorismus ist es ein Gebot der Stunde, die notwendigen Rahmenbedingungen zu schaffen, um vertrauliche Dokumente zu schützen.

Es ist allgemein bekannt, dass Informationssicherheit in den Ministerien bisher nach der so genannten Verschlussordnung und den Auflagen zur Wahrung des Amtsgeheimnisses geregelt war. Diese Regeln beziehen sich allerdings nur auf Beamte, nicht aber auf andere Personen, denen klassifizierte Dokumente anvertraut werden müssen, wie zum Beispiel Konsulenten oder Computerexperten.

Grundsätzlich ist festzuhalten, dass sich das Informationssicherheitsgesetz nur auf nichtösterreichische bereits klassifizierte Dokumente bezieht. Um die Verwaltung nicht mit einer Unzahl von internationalen Klassifizierungen zu konfrontieren, werden aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung die Dokumente in vier Klassifizierungsstufen eingeteilt: erstens: "eingeschränkt", zweitens: "vertraulich", drittens: "geheim", viertens: "streng geheim" – eine Einteilung, die nicht willkürlich durch Beamte erfolgen kann, sondern wie jede Verwaltungstätigkeit sehr wohl der Kontrolle der Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts unterliegt.

Um im gesamten Anwendungsbereich eine einheitliche Vollziehung zu gewährleisten, soll auf der Grundlage des Gesetzes eine für alle Dienststellen des Bundes verbindliche Informationssicherheitsverordnung erlassen werden. In jedem Bundesministerium ist ein Informationssicherheitsbeauftragter zu bestellen. Diesem obliegt die Überwachung der Einhaltung der Bestimmungen dieses Bundesgesetzes.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das Informationssicherheitsgesetz ist ein notwendiger und ein angemessener Schritt hin zu einem reibungslosen und sicheren Ablauf in der internationalen Kommunikation. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

19.03

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 941 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Pilz, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde daher zunächst über die vom erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Pilz, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag eingebracht, der die Einfügung eines neuen Abs. 1 in § 1 und die Einfügung einer neuen Ziffer 1 in § 6 sowie die dadurch bedingten Änderungen der Ziffernbezeichnungen zum Inhalt hat.

Wer dafür ist, den ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Die Abgeordneten Dr. Pilz, Kolleginnen und Kollegen haben eine Abänderungsantrag eingebracht, der die Streichung der §§ 9 und 10 sowie die dadurch bedingten Änderungen der Paragraphennummerierungen beinhaltet.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür sind, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle fest: Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.


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Wir kommen sogleich zur Abstimmung über diese Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen der Bejahung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist ebenfalls die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

5. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (763 der Beilagen): Vereinbarung zur Sicherstellung der Patientenrechte (Patientencharta) (932 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nun zum 5. Punkt der Tagesordnung.

Zum Vorbringen einer Berichtigung erteile ich Herrn Abgeordnetem Donabauer das Wort. – Bitte.

Berichterstatter Karl Donabauer: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Ich bringe folgende Berichtigung zum Ausschussbericht 932 der Beilagen vor (Unruhe im Saal – Präsident Dr. Fasslabend gibt das Glockenzeichen):

Auf Seite 2 hat beim Abstimmungsergebnis die Wortfolge "mit Stimmenmehrheit" zu entfallen.

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Danke, Herr Berichterstatter.

Als Erster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. Ich erteile es ihm.

19.07

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Vorneweg: Wir stimmen der Artikel-15a-Vereinbarung mit Niederösterreich betreffend die Patientencharta zu, zumal wir ja auch schon in der Vergangenheit gleich lautenden Vereinbarungen mit den Bundesländern Kärnten, Oberösterreich, Steiermark und Burgenland zugestimmt haben.

Die Diskussionen über die Weiterentwicklung und Kodifizierung der Patientenrechte dauert schon seit Jahren an. Es hat sich gezeigt, dass die Ursachen der Probleme nicht in fehlenden Patientenrechten bestehen, sondern im Bereich der Durchsetzbarkeit bereits gesicherter Rechte liegen, weil sich die Rechte auf eine Vielzahl von Bundes- und Landesvorschriften verteilen.

Diese Patientencharta fasst nunmehr die bestehenden Regelungen aus Zivil- und Anstaltenrecht zusammen, sodass diese damit auch verständlicher werden.

Auch wenn die Patientencharta eine Verbesserung bedeutet, werden wir Sozialdemokraten dennoch weiterhin an einer bundeseinheitlichen Regelung festhalten, die jedenfalls breiter, tiefer und konkreter sein soll, sodass die Patientenrechte für alle Patienten in Österreich, von Vorarlberg bis zum Burgenland, gleich sind.


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89. Sitzung / Seite 82

Die Diskussionen im Ausschuss haben gezeigt, dass das Gesundheitsministerium wenig Interesse an einer bundeseinheitlichen Regelung hat. Staatssekretär Waneck meinte, dass wir zuerst einmal versuchen sollten, alle neun Bundesländer ins Boot zu holen, und dann über Verbesserungen nachdenken können.

Herr Staatssekretär, ich lade Sie ein, alles zu unternehmen, um die noch fehlenden der neun Bundesländer möglichst rasch ins Boot zu holen, um dann die von Ihnen angekündigten Verbesserungen in Angriff nehmen zu können. Es besteht dafür zweifellos ein umfassender Bedarf.

Erlauben Sie mir, in diesem Zusammenhang zumindest auf eine Notwendigkeit hinzuweisen: Die Patientencharta bezieht sich auf alle Leistungen des Gesundheitswesens, auch auf Leistungen im extramuralen Bereich. Ein zentraler Bereich in dieser Charta ist der Abschnitt 4, das "Recht auf Selbstbestimmung und Information", und genau dieser wird im extramuralen Bereich wenig bis gar nicht umgesetzt. Die Bestätigung dafür bekommen wir, wenn man von der Zahl der Krankenscheine auf die Zeit zurückrechnet, die ein Arzt mit dem Patienten verbringt.

Weiterentwicklung heißt daher unter anderem jedenfalls Aufklärung – nicht nur über Krankheitsbilder, sondern auch über Gesundheitsvorsorge und -risken – im niedergelassenen Bereich, da nur dort präventive Maßnahmen und Dauertherapien angesiedelt sind.

Dies ist notwendig, weil uns deutsche Studien zeigen, dass 50 bis 60 Prozent der Patienten chronisch krank sind und zum guten Teil schlecht oder gar nicht über die langfristigen Konsequenzen ihrer Erkrankung aufgeklärt sind. Daher besteht Handlungsbedarf, Herr Staatssekretär, aber nicht nur in diesem Punkt!

Meine Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten wollen umfassende, für alle Patienten in Österreich gleiche Patientenrechte und werden an diesem Ziel auch in Zukunft festhalten. (Beifall bei der SPÖ.)

19.10


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89. Sitzung / Seite 83

Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Scheuch. – Bitte.

19.10

Abgeordneter Ing. Kurt Scheuch (Freiheitliche): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Wir alle, die wir hier im Parlament sitzen, haben ein großes Ziel und verfolgen auch dieses große Ziel, nämlich Patientenrechte abzusichern, Patientenrechte in den Vordergrund zu stellen und letztendlich auch Patientenrechte in einem Bundesgesetz gesetzlich zu verankern.

Leider – das wurde auch schon gesagt – ist dies auf Grund der verschiedenen Zuständigkeitsrechte und Kompetenzen zur Zeit einfach nicht möglich. Aber wir haben uns trotzdem entschlossen, einen Weg zu gehen, dessen Wegbegleiter die Artikel-15a-Vereinbarungen sind, die mit den Ländern geschlossen werden. Ich denke, dass diese ein guter Wegbegleiter sind, und möchte hier noch einmal hervorheben, dass auch Kärnten eine Vorreiterrolle in diesem Bereich gespielt hat. Schließlich war es der Landeshauptmann von Kärnten, der die erste dieser Vereinbarungen unterzeichnet hat. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)  – Man sieht, wenn man hier das Wort "Kärnten" ausspricht, bekommt man immer Applaus. Das werde ich also in Zukunft öfter tun.

Grundsätzlich ist zu sagen: Es freut uns natürlich sehr, dass nach Kärnten, dem Burgenland und Oberösterreich nun auch Niederösterreich zu diesem Kreis gehört. Wir sollten aber das Endziel in dieser Frage, nämlich ein wirklich tragfähiges Gesetz auf Bundesebene für kranke Menschen, deren Angehörige, den Berufsstand der Pflegenden, der Ärzte, Spitalsbetreiber und so weiter zu schaffen, im Auge behalten. Eine Gesamtlösung in diesem Bereich ist sehr wichtig.

Herr Staatssekretär! Sie sind auf dem richtigen Weg dorthin und werden dieses Ziel mit Sicherheit auch erreichen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.12

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Mag. Mikl-Leitner. – Bitte.

19.12

Abgeordnete Mag. Johanna Mikl-Leitner (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Geschätzte Kollegen und Kolleginnen! Im Arbeitsübereinkommen der Regierungsparteien für den Bereich Gesundheit haben wir uns ganz klar das Ziel gesetzt, die Patientenrechte zu verstärken, noch fester zu verankern beziehungsweise auch weiterzuentwickeln. Wie die Kollegen bereits im Vorfeld gesagt haben, wurden in den ersten Diskussionen die Probleme offensichtlich: dass hier zu wenig Information herrscht und dass die Probleme oft auch in der Durchsetzbarkeit liegen.

Deswegen bin ich sehr froh darüber, dass wir nun auch in Niederösterreich diese Patientencharta zur Realität machen. Darin sind erstmals alle Patientenrechte verbrieft, darin ist alles auf einen Blick sichtbar und zusammengefasst. Ich glaube, das ist auch gut so, denn die Menschen, die Patienten haben ein Recht darauf, zu wissen, welche Rechte sie haben und wohin sie gehen können, wenn sie Probleme haben und sich ungerechtfertigt behandelt fühlen. Genau diesem Umstand wird die Patientencharta gerecht.

In Niederösterreich haben wir 27 Krankenhäuser, dort werden mehr als 300 000 Patienten behandelt. In den Pflegeheimen Niederösterreichs werden mehr als 10 000 Menschen behandelt und betreut durch kompetentes Personal, durch Ärzte und Pflegepersonal, die wirklich tagtäglich vollen Einsatz leisten. Gerade diese Patienten haben ein Recht auf ihre Rechte.

Wir alle wissen, dass es zwar eine große Zahl von Rechten gibt, dass Patienten aber oft – meistens auf Grund von unverständlichen Formulierungen, auf Grund von Uninformiertheit beziehungsweise auf Grund dessen, dass gewisse Patienten an ihre Grenzen stoßen – nicht in der Lage sind, ihr Recht durchzusetzen. Ich glaube, gerade mit der Patientencharta verhelfen wir den Patienten zum Recht. Während bisher nur diejenigen ihr Recht durchsetzen konnten, die dafür das entsprechende Wissen beziehungsweise die erforderlichen finanziellen Ressourcen hatten, soll dies jetzt für alle leichter möglich sein.

Mit der Patientencharta erreichen wir mehr Effizienz und mehr Transparenz im Gesundheitswesen sowie vor allem auch rasche fachliche Beratung und Hilfe.

Uns in Niederösterreich ist es sehr wichtig, dass jeder Patient über die Patientencharta informiert ist. Deswegen gibt es dazu auch eine ausführliche Broschüre, worin alles im Detail erklärt ist, praktische Beispiele angeführt werden und Fragen und Antworten zu lesen sind.

Mit der vorliegenden Patientencharta setzen wir – nach Oberösterreich, Kärnten und dem Burgenland – auch in Niederösterreich einen richtigen Schritt zu mehr Patientenrechten und zu einer Weiterentwicklung unseres Gesundheitssystems. Ich glaube, diese Patientencharta führt dazu, dass die Patienten größeres Vertrauen haben. Sie bewirkt eine Stärkung des Vertrauens und führt vor allem zu mehr Menschenfreundlichkeit und einer größeren Zufriedenheit in den Krankenhäusern und in den Pflegeheimen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

19.15

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte. (Abg. Ing. Westenthaler: Guten Abend!)

19.16

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Westenthaler begrüßt mich mit "Guten Abend!" – diese Ehre ist mir neu, freut mich aber, und ich gebe es zurück.

Alle sagen, dass sie froh sind, dass es die Patientencharta nach dem Burgenland, nach Kärnten und Oberösterreich nun auch in Niederösterreich gibt. Das mag sein. Ich bin auch froh darüber, aber glücklich bin ich noch nicht! Da stimme ich schon der SPÖ zu: Wir sollten uns fragen, welche Notlösung – als die ist sie ja gedacht – diese Patientencharta ist.


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Man hat gehört, die Gesetze sind zwischen Bund und Ländern zersplittert, sie sind unübersichtlich, man müsste die Verfassung ändern, um dem Bund diese Kompetenzen zuzuweisen und eine bundesweite einheitliche Patientenrechtsregelung zu haben. Also diese Übersichtlichkeit ist hergestellt. Da hat meine Vorrednerin schon Recht: Es ist transparenter, wenn man diese Materien pro Bundesland zusammenfasst. Aber wenn man sich diese Transparenz anschaut, dann, das muss ich sagen, versteht man den Widerstand der Länder, weil vieles dessen, was der Bund vor- und vorausgedacht oder zumindest beabsichtigt hat, auf Länderebene – ich sage es jetzt diskret und sehr höflich – etwas verwässert wurde. Vielfach findet sich hier eine Ansammlung von Selbstverständlichkeiten. (Beifall bei den Grünen.)

Wenn ich jetzt lese – und das richtet sich nicht gegen Niederösterreich –: "Die Vertragsparteien verpflichten sich, dass klinische Prüfungen von Arzneimitteln, ... sowie die Anwendung neuer medizinischer Methoden erst nach eingehender ethischer Beurteilung vorgenommen werden dürfen.", muss ich sagen: No na net! Was heißt aber "eingehender ... Beurteilung" in Kärnten, was heißt es im Burgenland, und was heißt es in Oberösterreich?

Wenn im Artikel 14 festgestellt wird: "Es ist sicherzustellen, dass im Rahmen stationärer Versorgung Besuche empfangen werden können", sage ich wieder: No na net! "Tolle" Errungenschaft, diese Patientenrechte – hört, hört, man kann auch Besuche empfangen!

Im Artikel 15 heißt es: "In stationären Einrichtungen ist ein Sterben in Würde zu ermöglichen."

Damit sind wir bei der Enquete, dort waren sich alle einig. Aber wenn es darum geht, dafür etwas zu zahlen, räumliche Maßnahmen zu ergreifen, in Neubauten Räume des Abschiednehmens zu planen oder bei Sanierungen auch Räume für die Möglichkeit des Abschiednehmens zu bezahlen, dann ist die Patientencharta wahrscheinlich nicht der Hebelpunkt, um das zu erreichen.

In Artikel 15 heißt es außerdem: "Vertrauenspersonen der Patienten und Patientinnen ist Gelegenheit zum Kontakt mit Sterbenden zu geben." – Wie sieht diese Gelegenheit aus? Ist es der Besuch in der Besenkammer? Ist es der Besuch auf dem Gang? Was ist damit gemeint? – Also: nicht schlecht, aber glücklich wird man damit nicht.

Ich frage, woher der Widerstand gegen bundeseinheitliche Regelungen kommt. Für die Antwort brauchen Sie nicht viel Phantasie: Die Bundesländer haben – wie auch die Republik Österreich, das gebe ich schon zu – nie Freude, wenn sie etwas zahlen müssen. Qualität im Gesundheitswesen ist jedoch nicht etwas, was gratis ist, was durch die Sternsinger-Aktion aufgebracht werden kann oder wo Pfadfinder die professionellen Hilfen in der Sterbebegleitung ablösen. Dazu wird es nicht kommen.

Das heißt, es sind mehrere Punkte, die mir in den Chartas überhaupt fehlen. Die psychische Betreuung ist nur unzulänglich in Paragraphen gefasst. Auch ist bei Jugendlichen die Mitaufnahme von Begleitpersonen – deren Eltern, Müttern oder sonstigen Vertrauten – nur als Möglichkeit vorgesehen und wird bloß im Konjunktiv erwähnt. Die Rechte der behinderten Menschen sind kaum verankert. Auch für die Palliativmedizin, zum Beispiel auf Intensivstationen, gibt es keine rechtliche Absicherung.

Hinsichtlich der Medizinhaftung könnte ich Ihnen ein Beispiel aus Tirol nennen. Dort schlägt man einen Entschädigungsbeauftragten vor, der gleichzeitig Leiter der Schlichtungsstelle in der Tiroler Ärztekammer ist. Wer soll sein Vertreter sein? – Der Vertreter des Schiedsstellenvorsitzenden der Tiroler Ärztekammer! Wer soll der Sachverständige sein? – Der Gutachter, der für die Schiedsstelle der Tiroler Ärztekammer arbeitet! Dazu muss ich sagen: Bitte, fassen wir hier doch Regelungen und Rahmen ins Auge, die solchen Interpretationen keinen Spielraum lassen!

Aber ich gebe meiner Vorrednerin und sogar dem Ministerium insofern immer noch Recht: Ich bin froh darüber, dass es das gibt, und wir stimmen dem auch zu. Glücklich ist man nicht, und man muss im Auge behalten, dass der Föderalismus mittelfristig nicht so weit geht, dass auf


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Ebene der Republik und des Nationalrates nichts mehr geregelt werden kann. Ich würde das für schlecht halten. (Beifall bei den Grünen.)

19.22


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Präsident Dr. Werner Fasslabend:
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Csörgits. – Bitte.

19.22

Abgeordnete Renate Csörgits (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Sehr geehrte Damen und Herren! Mein Vorredner von meiner Fraktion hat schon erklärt, dass wir diesem ersten Schritt zur Patienten- und Patientinnencharta zustimmen werden, dass das aber auch nur ein erster Schritt sein kann. Diesem Schritt müssen noch sehr viele weitere folgen, um den Patienten und Patientinnen in diesem Land wirklich mehr Möglichkeiten und mehr Rechte zu geben.

Ganz entscheidend und wichtig ist in diesem Zusammenhang auch, dass die Patienten und Patientinnen mehr Übersicht über ihre Rechte bekommen. Derzeit ist es so, dass ein sehr großer Informationsmangel vorhanden ist und sie oft gar nicht die Möglichkeit haben, wirklich zu ihren Rechten zu kommen.

Daher ist es ein guter erster Schritt, diese Querschnittsmaterie in einen Rahmen zu bringen. Diesem Schritt müssen aber weitere folgen. Ich bin daher genauso wie mein Vorredner der Meinung, dass es notwendig sein wird, ein bundesweites, österreichweites Gesetz zu schaffen, in dem die Rechte der Patienten und Patientinnen gut, übersichtlich und für alle gleich geregelt sind. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.23

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Povysil. – Bitte.

19.23

Abgeordnete Dr. Brigitte Povysil (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Die Titelstory eines deutschen Gesundheitsmagazins lautet: "Opfer oder Souverän – der geschützte Patient". Der Beginn dieser Titelstory lautet:

"Der Patient in Watte verpackt, erstickt in gesetzlichem ,Überprotektionismus‘ oder lieber frei entscheidend und eigenverantwortlich handelnd, zwischen diesen beiden Extremen pendelt die aktuelle Diskussion um Patientenrechte in Deutschland."

Meine Damen und Herren! Hier in Österreich sind wir, wie Sie wissen, wesentlich weiter. Nun hat nach dem bilateralen Abschluss mit den Bundesländern Burgenland, Oberösterreich und Kärnten auch Niederösterreich den Wunsch geäußert, die Artikel-15a-Vereinbarung zu unterschreiben. Diese Patientencharta beinhaltet – wenn auch alles verbesserungswürdig ist, da kann ich Ihnen nur zustimmen – das Recht auf Behandlung und Pflege, und hier insbesondere auch das Recht auf eine adäquate Schmerzbehandlung, die ich für sehr wichtig finde, das Recht auf Würde und Integrität, das Recht auf Selbstbestimmung und Information, das Recht auf Dokumentation, auch das Recht – welches nicht immer so selbstverständlich war, jetzt aber zumindest wirklich dokumentiert ist –, in die Krankengeschichte und in die Befunde Einsicht zu nehmen und diese zu einem anderen Behandler mitzunehmen, besondere Bestimmungen für Kinder, die Vertretung von Patienteninteressen und die Durchsetzung von Schadensansprüchen.

Patientenschutz und Bürgerbeteiligung am Gesundheitswesen, diese Themen haben Hochkonjunktur und werden weiterhin bei uns und in allen anderen europäischen Staaten Hochkonjunktur haben. Eine rot-grüne Regierung, die rot-grüne Koalition in Deutschland hat es auf ihre Fahnen geheftet, diese Rechte durchzusetzen – meine Damen und Herren, hier in Österreich hat es die blau-schwarze Regierung umgesetzt! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

19.25

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster spricht nun Herr Staatssekretär Dr. Waneck. – Bitte.

19.26

Staatssekretär im Bundesministerium für soziale Sicherheit und Generationen Dr. Reinhart Waneck: Sehr geehrter Herr Präsident! Hohes Haus! Der heutige Tag ist aus der Sicht des Gesundheitsressorts ein sehr erfolgreicher, weil bereits das dritte Mal ein Tagesordnungspunkt einstimmige Zustimmung findet. Ich glaube, die Sache der Patientencharta ist es auch wert, dass Einstimmigkeit besteht.

Es sind ein paar Bedenken angemeldet worden, und die Bedenken sind sicherlich dahin gehend berechtigt, als dies noch nicht das letzte Wort in diesem Sinne gewesen sein kann. Aber es ist doch ein bedeutender Anfang, und das zeigt letztlich auch das Interesse der Bundesländer, die sich nach anfänglichem Zögern nun doch bereit gefunden haben, dieser Charta mit dem Bund beizutreten. Es sind dies nunmehr vier Länder, nämlich Kärnten, Oberösterreich, Burgenland und Niederösterreich, und im laufenden Verfahren sind bereits Steiermark und Tirol einbezogen. Zuletzt hat jetzt auch Wien sein Interesse daran bekundet, dieser Charta beizutreten, sodass die an mich gerichtete Aufforderung, mich zu bemühen, dass sämtliche Bundesländer beitreten werden, lediglich noch Salzburg und Vorarlberg betrifft. Ich glaube, auch dafür können die Voraussetzungen geschaffen werden.

Sie haben richtig erkannt, dass die Charta der Patientenrechte aus der Tatsache entstanden ist, dass diese Querschnittsmaterie in zahlreichen Gesetzen und Vorschriften beziehungsweise Rechtsordnungen des Bundes und der Länder zersplittert geregelt ist. Es ist daher in dem Sinn keine Neuschaffung, sondern ein Werk, das es wert ist, dem Patienten nahe gebracht zu werden. Das ist durchaus so verfasst, dass es auch lesbar ist und eine gute Übersicht gibt.

Als gelerntem Österreicher war mir von Anfang an klar, dass es wahrscheinlich noch viel längerer Anstrengung bedurft hätte, gleich ein Werk im Verfassungsrang zu schaffen – ich denke, Patientenrechte wären würdig genug, in die österreichische Verfassung aufgenommen zu werden – und dies auch in einem absehbaren, vernünftigen Zeitraum umzusetzen. Gerade Ereignisse wie jene in Oberösterreich – nicht nur vor einiger Zeit, sondern auch zuletzt wieder – haben gezeigt, wie notwendig es ist, hier tätig zu werden.

Aus diesem Grund freue ich mich sehr darüber, dass es nunmehr ein weiteres Land gibt, das dem beitritt. Ich nehme aber die Aufforderung zur Kenntnis, die mit einem Wort von Marie von Ebner-Eschenbach lautet: Was du getan hast, das vergiss; was zu tun ist, das bedenke! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Khol: Sehr gut!)

19.29

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Zum Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Das erforderliche Quorum ist bereits vorhanden.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, dem Abschluss der gegenständlichen Vereinbarung gemäß Artikel 15a Bundes-Verfassungsgesetz in 763 der Beilagen die Genehmigung zu erteilen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Ich stelle die einstimmige Annahme fest.

6. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (777 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Rezeptpflichtgesetz, das Apothekengesetz, das Medizinproduktegesetz und das Arzneibuchgesetz geändert werden (934 der Beilagen)


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7. Punkt

Bericht und Antrag des Gesundheitsausschusses betreffend den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem ein Bundesgesetz über die Anwendung von Arzneimitteln bei Lebensmittel liefernden Tieren (Tierarzneimittelkontrollgesetz – TAKG) sowie ein Bundesgesetz über die Einfuhr von Arzneiwaren (Arzneiwareneinfuhrgesetz 2002) erlassen werden und mit dem das Tierärztegesetz geändert wird (935 der Beilagen)

8. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 506/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Studien über den Einsatz von "Erwachsenenmedikamenten" in der Kinderheilkunde (936 der Beilagen)

9. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 507/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserungen bei der Zulassung von Arzneimittelspezialitäten für Kinder und Jugendliche (937 der Beilagen)

10. Punkt

Bericht des Gesundheitsausschusses über den Antrag 508/A (E) der Abgeordneten Manfred Lackner, Kolleginnen und Kollegen betreffend Prüfung bei der Neuzulassung von Arzneimittel für Kinder und Jugendliche (938 der Beilagen)

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 6 bis 10 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Berichterstattung findet keine statt, wir gehen daher direkt in die Debatte ein.

Erster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte.

19.31

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Herr Präsident hat bereits die breite Palette der Vorlagen vorgestellt, über die jetzt eine Entscheidung getroffen werden soll. Ich möchte mich mit zwei Tagesordnungspunkten auseinander setzen, zum einen mit dem Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Rezeptpflichtgesetz, das Apothekengesetz, das Medizinproduktegesetz und das Arzneibuchgesetz geändert werden, zum anderen mit dem Tierarznei-mittelkontrollgesetz.

Die erste Regierungsvorlage, die wir jetzt zu diskutieren haben, beinhaltet in erster Linie eine Umsetzung der Anti-Doping-Konvention, sodass es möglich sein sollte, Dopingvergehen entsprechend herauszufinden, aber auch zu verfolgen. Wir verhehlen nicht, dass es hier ein enormes Problem gibt, einerseits in den Fitness-Instituten, andererseits im sportlichen Bereich. Sie kennen die Beispiele des Giro d’Italia, des Bereichs der Leichtathletik oder, wie in der letzten Wintersaison, jenes der finnischen Langlauf-Nationalmannschaft. Hiefür braucht man einheitliche Regelungen, und das wird auch von der europäischen Seite gefordert.

Auf der anderen Seite bedeuten die Fitness-Institute ein Problem, das aus meiner Sicht unterschätzt wird. Nach einer deutschen Studie schluckt jeder fünfte Freizeitsportler, der regelmäßig in einem Fitness-Institut trainiert, Anabolika zur Leistungssteigerung. Nebenwirkungen werden aber nicht berücksichtigt und sind kaum bekannt.

Worin bestehen diese Nebenwirkungen? – Das können schwere Leber- und Nierenstörungen, erhöhter Blutdruck, Wassereinlagerung, Haarausfall, Gefäßschäden sowie bei Männern Hodenschrumpfung und eine schlechte Qualität der Spermien sein. Bei den Frauen droht eine irre-


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versible Vermännlichung. Daher sind derartige Regelungen – und ich betone das – absolut notwendig!

Herr Staatssekretär! Mit dem Entwurf selbst sind wir nicht zufrieden. Wir, die sozialdemokratische Fraktion, sind der Auffassung, dass man im Grunde genommen eine derartige Anti-Doping-Regelung in einem eigenen Gesetz normieren sollte.

Ich darf daher folgenden Antrag einbringen:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Mag. Maier und GenossInnen betreffend Vorlage eines Anti-Doping-Gesetzes, eingebracht im Zuge der Debatte zum Bericht des Gesundheitsausschusses über die Regierungsvorlage (777 der Beilagen): Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Rezeptpflichtgesetz, das Apothekengesetz, das Medizinproduktegesetz und das Arzneibuchgesetz geändert werden (934 der Beilagen)

Entschließungsantrag:

"Die Bundesregierung wird aufgefordert, bis 1. Mai 2002 einen Entwurf eines Anti-Doping-Gesetzes auszuarbeiten und dem Nationalrat zuzuleiten, welcher diese wichtige Rechtsmaterie umfassend und systematisch regelt.

Die Bundesregierung wird weiters ersucht, bei den Vorbereitungsarbeiten VertreterInnen der parlamentarischen Fraktionen, der Sportorganisationen sowie SportlerInnen beizuziehen, um diese wichtige Materie einer ihr gebührenden Vorbereitung zu unterwerfen."

*****

(Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Khol: Vertreter keine? Herr Kollege Maier! Vertreter keine?)

Herr Klubobmann Khol! Wenn man sich im Detail mit der Anti-Doping-Konvention, mit der Empfehlung des Rates, mit der Empfehlung des Europäischen Parlaments, aber auch mit der Empfehlung sonstiger internationaler Sportgremien auseinander setzt und dies damit vergleicht, wie es nun in § 68a normiert wird, dann findet man einfach Defizite. Ich bringe Ihnen ein Beispiel: Es ist in der Frage der Kontrolle nicht geregelt – es steht zwar in den Erläuterungen, aber nicht im Gesetzestext –, ob vor oder nach dem Training kontrolliert werden kann.

Ein besonderes Problem stellt sich beim Pferdedoping dar. Hier haben wir international ein Problem. Sie stellen nur auf Gebäude und dergleichen ab, nicht jedoch auf Kfz, obwohl wir wissen, dass dort derartige Mittel gelagert werden. Das ist für uns ein Grund dafür, dass wir diese Bestimmungen sehr kritisch sehen.

Herr Staatssekretär! Ich vermisse auch klare Bestimmungen bezüglich der Änderung des Medizinproduktegesetzes. Ich möchte keine Diskussion über die Gaunereien führen, die sich im Bereich der Magnetfeldtherapieprodukte abspielen. Herr Bundesminister, ich stelle nur fest: Was die Ankündigung betrifft, die wir bekommen haben, dass es eine Vertriebsverordnung geben wird, durch die verhindert wird, dass Ärzte nebenbei 250 000 S und mehr verdienen, haben Sie hier die Möglichkeit, dies zu beseitigen, nicht genutzt.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Tierarzneimittelgesetz wird aus unserer Sicht ein Weg gegangen, der schlichtweg falsch ist. Ich möchte nur eine Bestimmung zitieren. Sie haben in § 11 eine Strafbestimmung, die lautet:

"Wer Tierarzneimittel, die bei Anwendung an Tieren beim Menschen nachhaltige oder schwere gesundheitliche Schäden zur Folge haben können, in großer Menge einführt ...", ist zu bestrafen.


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Ich sage Ihnen ganz klar: Es kommt nicht auf die Menge an, auf die Dosis! Im Suchtmittelgesetz sind Sie mit der Grenzwerteverordnung heruntergegangen, und hier glauben Sie, dass eine "große Menge" das Kriterium dafür ist, ob es zu einer gesundheitlichen Schädigung kommt oder nicht. Wir lehnen dies daher ab.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich halte abschließend namens unserer Fraktion noch einmal fest: Nein zum Doping im Sport! Nein zum Rinder- und Schweinedoping! – Diese beiden Vorlagen werden dem nicht gerecht. (Beifall bei der SPÖ.)

19.37

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Zellot. – Bitte.

19.37

Abgeordneter Roland Zellot (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine geschätzten Damen und Herren! Aus dieser Palette der Tagesordnungspunkte und Gesetze befasse ich mich mit dem Tierarzneimittelkontrollgesetz. Herr Abgeordneter Maier, ich sehe eigentlich nicht ein, dass von Ihnen dieses Tierarzneimittelkontrollgesetz, das ein Gesetz für mehr Kontrolle, für schärfere Kontrolle, für genauere Kontrolle mit Bauern, Konsumenten und Tierärzten ist (Abg. Huber: Das glauben Sie doch selbst nicht!), dass solch ein vernünftiges Gesetz, das von Bundesminister Haupt endlich auf Schiene gebracht worden ist, abgelehnt wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Meine geschätzten Damen und Herren! Dieses Tierarzneimittelkontrollgesetz enthält nicht nur strenge Rahmenvorgaben für den Umgang mit Veterinärarzneimitteln, sondern schafft auch Grundlagen für eine effiziente Kontrolle und vor allem für Verfolgungsmaßnahmen. Es ist einerseits hohe Sicherheit und Wirksamkeit des Arzneimittels für die behandelten Tiere zu gewährleisten, andererseits die Gesundheit des Verbrauchers von Lebensmitteln tierischen Ursprungs zu schützen und hohe Qualität der Produkte zu sichern.

Meine geschätzten Damen und Herren! Alle Rechts- und Verwaltungsvorschriften auf diesem Gebiet dienen in erster Linie dem Schutz der Volksgesundheit. So wurden die Strafrahmen auf drei Jahre ausgeweitet. Bestimmte Einsätze von Antibiotika, Hormonen und Impfstoffen werden verboten. Auch der Besitz von verschreibungspflichtigen Tierarzneimitteln zum Einsatz an Nutztieren ist untersagt. Die Abgabe von Arzneien wird streng kontrolliert, und die Aufbewahrungsvorschriften sind einzuhalten. Vor allem ist der Einsatz von Medikamenten erst möglich, nachdem eine Diagnose durch einen Tierarzt erfolgt ist. Nur jene Betriebe, die einen ausgezeichneten und optimalen Hygienestand sowie ein optimales Management aufweisen, können in Verbindung mit dem Tierarzt die Mikroplasma-Impfung bei Ferkeln selbst durchführen.

Auch in Zukunft werden die österreichischen Bauern selbstverständlich ihre Verantwortung wahrnehmen und auf Basis der jeweils gültigen gesetzlichen Grundlagen Nahrungsmittel höchster Qualität erzeugen. Was künftig aber notwendig ist, ist die Einrichtung eines Tiergesundheitsdienstes, der Rechte und Pflichten zwischen Tierärzten und Bauern klar regelt und kontrolliert.

Meine geschätzten Damen und Herren! Wenn dieses Tierarzneimittelkontrollgesetz eine genaue Nachweispflicht von mindestens fünf Jahren aufweist, die Pflicht von Aufzeichnungen vorsieht, mehr Zusammenarbeit von Bauern und Tierärzten vorschreibt, vorschreibt, dass die Arzneimittel nur unter tierärztlicher Aufsicht verabreicht werden dürfen, der Tiergesundheitsdienst installiert und vorgeschrieben wird und wenn der Tierarzt sechsmal pro Jahr den Landwirt aufsuchen muss, um Beratungs- und Informationsgespräche durchzuführen, dann ist dies ein Gesetz für mehr Kontrolle und mehr Vertrauen zwischen Bauern, Tierärzten und Konsumenten. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

19.41

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

19.41

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Meine Damen und Herren! Mein Vorredner sprach von "Volksgesundheit". Ich glaube, der Ausdruck gehört in


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doppelter Hinsicht der Vergangenheit an: erstens aus Gründen eines Bezugs zu gewissen historischen Terminologien und zweitens deshalb, weil diese Gesetzesvorlage, dieser Gesetzentwurf, der heute beschlossen werden soll, unseres Erachtens keinerlei Beitrag für den Schutz der KonsumentInnen und keinerlei Beitrag für eine bessere gesundheitliche Vorsorge ist. Ich kann das im Detail noch ausführen.

Punkt eins: Als wesentlich aus meiner Perspektive ist einmal festzuhalten, dass Herr Minister Haupt jetzt nicht anwesend ist, dass er zu einem Tagesordnungspunkt, der in einem gewissen Zusammenhang ... (Abg. Ing. Scheuch: Der Herr Van der Bellen ist auch nicht da!) Ja, der ist krank. Herr Van der Bellen liegt krank zu Hause. Herr Minister Haupt war um 14 Uhr oder 15 Uhr, glaube ich, noch hier. (Abg. Wochesländer: Das kann doch kein Problem sein, wenn der Herr Staatssekretär da ist!) Das ist kein Problem. Ich bin ja zufrieden damit, dass zumindest er hier ist, aber ich weise darauf hin, dass Herr Minister Haupt nicht hier ist, obwohl das der einzige Tagesordnungspunkt ist, wo man wirklich die gegenwärtige Situation im Lebensmittelbereich in Österreich diskutieren kann.

Bis jetzt hatte Herr Minister Haupt gestern zweimal eine Erklärung abgegeben und jedes Mal – von seiner Warte her, das sei unbestritten, taktisch sehr geschickt – einen Zeitpunkt gewählt, zu dem seine Erklärungen nicht mehr diskutiert werden konnten. (Abg. Dr. Pumberger: Sie wollen das so sehen!) Aus seiner Perspektive taktisch durchaus geschickt, aber aus unserer parlamentarischen Perspektive und aus der Perspektive der betroffenen Bevölkerung, die ja auch ein Recht darauf hat, dass kontroversiell diskutiert wird und dass von Seiten der Anwesenden auch mancher Finger in eine Wunde gelegt wird, die Herr Minister Haupt nur indirekt erwähnt, ist das nicht korrekt. Darum hatten wir die Idee und haben auch die Initiative ergriffen, heute Nachmittag eine Anfragebesprechung mit ihm durchzuführen, weil das die einzige Möglichkeit gewesen wäre, die jetzige Situation direkt mit ihm zu diskutieren. (Beifall bei den Grünen.)

Gestern hat die SPÖ Herrn Minister Molterer ersucht, Rede und Antwort zu stehen. Wir hätten ihn heute ersucht. Er hat das verweigert beziehungsweise kamen die Einwände Ihrer Klubsprecher dagegen. Der Herr Präsident wollte aus Opportunität und aus Pietät gegenüber dem heutigen Staatsakt auch darauf verzichten, und jetzt, wo die letzte Möglichkeit ist, dass der Herr Minister Rede und Antwort steht, ist er nicht hier. Entschuldigen Sie, aber das ist feiges Kneifen, echt feiges Kneifen. Bitte, richten Sie ihm das aus! (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Pumberger: Das ist unerhört, dem Herrn Minister Feigheit vorzuwerfen!) Jetzt, wo wir endlich die Sachlage diskutieren wollen, kneift Herr Minister Haupt! (Lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich habe ...

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Frau Abgeordnete! Ich glaube nicht, dass man das Verhalten eines Bundesministers, und zwar ein Verhalten, das unserem Geschäftsordnungsgesetz entspricht, derart bezeichnen kann. Ich bitte Sie, von derartigen Bezeichnungen Abstand zu nehmen! (Abg. Ing. Scheuch: Entschuldigen Sie sich! – Abg. Dr. Partik-Pablé: Entschuldigen Sie sich! – Weitere Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (fortsetzend): Danke, Herr Präsident. – Das ist mein subjektiver Eindruck (Abg. Dr. Partik-Pablé: Entschuldigen Sie sich!), und ich habe das Recht, meine subjektiven Empfindungen zu äußern. Es gibt in der Republik diese Möglichkeit. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Entschuldigen Sie sich, aber mit Anstand!) Entschuldigen Sie, das war keine Beleidigung, ich habe auch keine Unwahrheit gesagt, ich habe meine subjektive Empfindung artikuliert. Herr Pumberger, Sie machen das auch sehr oft. (Beifall bei den Grünen. – Abg. Dr. Partik-Pablé: Benehmen Sie sich! – Weitere lebhafte Zwischenrufe bei den Freiheitlichen.)

Ich benehme mich völlig korrekt, Frau Partik-Pablé. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Ihre Sprache ist nicht korrekt! Das ist eine Verhöhnung des Ministers!) Ich glaube, es ist unkorrekt, wenn Sie zwischenrufen. Ich bin jetzt am Wort, und Ihr Benehmen diskreditiert sich von selbst. – Danke schön.


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Zurück zur Sachlage. Der Herr Minister ist nicht anwesend – es sei ihm unbenommen, allerdings kritisieren wir das. Nun, das hat ja vielleicht auch seinen Sinn. Ich wollte ja in dieser Auseinandersetzung über seine Maßnahmen zum BSE-Fall beziehungsweise über seine Maßnahmen in Sachen Konsequenzen aus dem Schweinemastskandal durchaus für ihn sprechen. Er hat ja meines Erachtens sehr gut reagiert. Er hat die Mittel, die in seiner Hand lagen, optimal eingesetzt, das Problem ist nur, dass er sich die fehlenden Mittel – Frau Kollegin Achatz, da bin ich ganz Ihrer Meinung; sie ist leider nicht hier (Abg. Achatz  – in der ersten Bankreihe sit-
zend –: Ich bin hier!);
ich habe Sie an Ihrem Platz vermutet (Abg. Wochesländer: Wenn Sie Ihren Blick hierher wenden würden!)  – nicht holt – was Sie ja immer als, Kompetenzwirrwarr ist vielleicht übertrieben, als unzulängliche Kompetenzlage charakterisieren –, dass er diesen Anlassfall nicht dazu verwendet, endlich in der mittelbaren Bundesverwaltung politisch Ordnung zu machen, sprich: sich Schlachthofkontrolle, Futtermittelkontrolle aus dem Landwirtschaftsbereich in den KonsumentInnen- und Gesundheitsbereich zu holen. Das wollte ich von seiner Seite her auch hören, dazu wollte ich ihn aufmuntern, und das ist auch ein dringendes Gebot der Stunde, auch angesichts diverser Missstände in der Vergangenheit. (Beifall bei den Grünen.)

Er selbst hat in einer Lebensmittel-Enquete ebenfalls darauf hingewiesen, dass ihm teilweise Kompetenzen fehlen und dass er schärfer ans Werk gehen möchte. Ich zitiere hier aus der Seite 9 des Berichtes der Enquete über die Lebensmittelsicherheit, die im Februar war, wo er verlauten ließ: "Wir haben in meinem Ministerium, beginnend mit meiner Amtsführung im Oktober, bereits veranlasst, dass ein Tierarzneimittel-Transportgesetz entwickelt wird. Dies ist nunmehr" – das war im Februar – "so weit, dass es bei der nächsten Regierungssitzung" – die wäre dann Mitte Februar gewesen – "verabschiedet werden wird und dann in Begutachtung gehen kann. Dieses Tierarzneimittel-Transportgesetz" – so hieß es damals noch, das ist meine Bemerkung dazu – "besagt schlicht und einfach, dass der Besitz illegaler Medikamente auch schon auf dem Transport strafbar ist." – Dabei ist es geblieben, und zwar mit einer Verzögerung von einem Dreivierteljahr. (Abg. Schwarzenberger: Sie wollten es jetzt noch einmal verzögern! Sie wollten es von der Tagesordnung absetzen!)

Was aber jetzt noch passiert ist – das verstehe ich nicht, und ich habe auch im Ausschuss mit dem Herrn Minister darüber diskutiert –, ist, dass in dieser Vorlage die Aufbewahrung und Vorsorgehaltung von Medikamenten und auch Impfstoffen im Kontingent eines Monates legalisiert und gesetzlich fixiert wird. Bitte, erkundigen Sie sich bei den Tierärzten – ich habe es zum Teil gemacht –, von diesen wird darauf hingewiesen, dass der Monatsbedarf um ein Vielfaches überhöht ist, denn zurzeit gibt es kein Fütterungsarzneimittel, dessen Einsatz länger als zwei Wochen indiziert wird. Wenn ich ein Arzneimittel im Futtermittel sinnvollerweise höchstens im Umfang von zwei Wochen einsetzen darf und soll, verstehe ich nicht, warum ich jetzt ein Gesetz machen muss, wonach es dann gestattet ist, einen Monatsvorrat vor Ort zu halten. Erklären Sie mir das! (Beifall bei den Grünen.)

Mit diesem Gesetz machen Sie Tür und Tor für das auf, wogegen eigentlich dieses Gesetz angelegt ist, nämlich gegen den Missbrauch. Ich bin sehr dafür, dass die mittelständischen Betriebe, dass die seriösen großen Betriebe, dass die Kleinbetriebe Qualität produzieren. Voraussetzung dafür sind aber eine seriöse Kontrollpolitik und seriöse gesetzliche Rahmenbedingungen. Sie leisten ja der eigenen Klientel, den eigenen Landwirten einen Bärendienst, wenn Sie ein Gesetz beschließen, das die schwarzen Schafe geradezu herbeiruft. (Abg. Wenitsch: Da werden die Bauern eine Freude haben mit Ihrer Rede!)

Das sind meine Bedenken, und diese wollte ich auch dem Minister persönlich sagen, neben einem zweiten Thema, das mir auch sehr am Herzen liegt, weil jetzt wieder die Verhandlungen stattgefunden haben für das, was als zweite große Antwort auf die Lebensmittelkrise vor einem Jahr gedacht ist.

Die erste große Antwort ist das heutige Gesetz, das jetzt Tierarzneimittelkontrollgesetz heißt, und die zweite große Antwort hieß damals im Jänner: Errichtung einer Agentur für Lebensmittelsicherheit. Auch hier hat der Herr Minister einfach Terrain freigegeben. Hier hätte er die Möglichkeit, dass er als Konsumentenschutzminister, als Gesundheitsminister, als Sozialminis


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ter sich als Einziger die Gesamtkompetenz der Kontrolle, sozusagen from the stable to the table, holt. Aber was ist? Es ist eine Agenturkonstruktion vorgesehen – derzeit noch in der Schublade –, in die wieder das Landwirtschaftsministerium maßgeblich hineinregiert und wahrscheinlich den maßgeblichen Geschäftsführer nominieren wird, weil dieser ja personalidentisch ist mit dem Leiter des Bundesamtes.

Ich verstehe nicht, dass Sie als Freiheitliche Partei mit einem Gesundheitsminister aus Ihren Reihen, der noch dazu von seinem Handwerk, nämlich der Veterinärmedizin und dem Kontrollbereich etwas versteht, zulassen, dass sich die Landwirtschaft in Ihrem ureigensten Sektor breit macht. Ich verstehe das nicht! Das wollte ich dem Herrn Minister heute mitgeben, damit er sich endlich auf die Füße stellt, denn bis jetzt merken wir nichts davon. (Beifall bei den Grünen.)

Ein letzter Aspekt zu diesem zweiten wesentlichen Standbein der Ernährungs- und der Lebensmittelsicherheit und auch des Konsumentenschutzes und der Sicherheit für die VerbraucherInnen ist die finanzielle Sicherstellung dieser geplanten Agentur. Da schaut es, Herr Kollege, relativ schlecht aus. Sie wissen, es wurde immer wieder verhandelt. Der Finanzminister will ja das Nulldefizit erreichen, und ein Weg dazu ist nicht nur die Ausgliederung von 1 200 Beamten, sondern dazu soll auch die Reduktion der Basiszuwendung für alle Bundesanstalten einschließlich des Bundesforschungszentrums für Landwirtschaft von derzeit budgetierten 1,1 Milliarden Schilling auf 750 Millionen Schilling im Jahr 2006 beitragen. Das sind 25 Prozent weniger! Wieder sägen Sie am eigenen Ast! Sie reduzieren die Kontrolle, die die Grundlage für die Qualität Ihrer Produkte ist. Das verstehe ich nicht. Darüber wollte ich mit dem Herrn Minister diskutieren. Aber der lässt sich abräumen wie ein Christbaum. Anscheinend ist das jetzt die Jahreszeit dazu. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

19.52

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Donabauer. – Bitte.

19.52

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Moser hat mit einem wirklich bewundernswerten Leidensdruck (Abg. Lunacek: "Leidensdruck"?) jetzt den Spagat versucht zwischen dem, wovon sie ein bisschen Ahnung hat, und dem, worüber sie sich nur beraten hat lassen, aber leider von den Falschen, denn ich kann, Frau Kollegin, den Zusammenhang wirklich nicht finden.

Sie haben in Ihren letzten Ausführungen von dieser so genannten Kontrolle gesprochen. Ich darf Ihnen sagen: Diese Regierung plant – und wird es auch im Frühjahr umsetzen – eine Agentur für Ernährungssicherheit (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Ausverkauf der Kontrolle!), und zwar ganz einfach deshalb, weil uns allen an der Ernährungssicherheit enorm viel liegt. Wir sind im höchsten Maße – im Unterschied zu Ihnen, Herr Kollege Pirklhuber, der Sie immer gerne davon reden – an einem vernünftigen, gesunden Dialog zwischen Verbrauchern und Erzeugern interessiert. Wir sind interessiert an einer echten und ehrlichen Partnerschaft zwischen Tierärzten und Bauern und auch mit den Verbrauchern. Das ist der Inhalt dieses Gesetzes, und alles andere wird zu späterer Zeit beraten.

Zum Zweiten: Wenn es Sie stört, dass Herr Minister Haupt nicht hier ist, dann verweise ich darauf, dass der Herr Staatssekretär anwesend ist. Er hat bei den Verhandlungen genauso wie Minister Haupt und die Beamtenschaft dieses Ressorts eine großartige Leistung erbracht. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dass das Gesetz als solches nicht schlecht ist, zeigen ja auch die Worte von Mag. Maier. Ich kenne ihn als jemanden, der sich mit der Materie wirklich sehr eingehend auseinander setzt. Er hat keine sachliche Beanstandung vorgebracht, er hat lediglich davon gesprochen, dass ihn § 11, die Strafbestimmungen, etwas stört. Das, bitte, wird nicht das Problem sein.

Ich komme nun zu den wichtigen Teilen dieser Gesetzesmaterie, deren Lösung uns das eigentliche Anliegen dieses Gesetzes war. Sie erinnern sich bestimmt noch daran, dass wir heuer im Frühjahr einen Medikamentenskandal hatten, der uns alle zutiefst berührt hat. Ursache


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dieses Skandals war, dass es eine Reihe von fahrenden Medikamenteverkäufern gab, die quer durch die Republik gefahren sind und den Bauern Arzneispezialitäten aus allen Ländern der Welt "angedreht" haben. Das muss ein für alle Mal abgestellt werden, und mit diesem Gesetz werden wir die rechtliche Voraussetzung dafür schaffen. (Beifall bei der ÖVP. – Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber. ) Sie brauchen es nur zu lesen, Herr Kollege, es steht alles da drinnen.

In weiterer Folge ist die Zusammenarbeit, die Partnerschaft zwischen Tierärzten und Bauern, wie vorhin gesagt, in der Art geregelt, dass beide einen Vertrag innerhalb des Tiergesundheitsdienstes abzuschließen haben, und die Ausrichtung des Tiergesundheitsdienstes erfolgt in erster Linie auf Beratung, auf Vorbeugung. Wir wollen haben, dass der Betrieb regelmäßig besucht, betreut und beraten wird, damit wir nach Tunlichkeit keine oder nur eine geringe Anwendungsnotwendigkeit von Medikamenten haben. – Das ist also das Zweite.

Das Dritte: Schauen Sie sich einmal an – Sie werden das in ganz Europa nicht finden, auf der ganzen Welt nicht finden –, wie toll dieses Gesetz ist! Es gibt eine Aufzeichnungs- und Aufbewahrungspflicht von fünf Jahren für jeden, sowohl für den Tierarzt als Betreuer und Therapeuten als auch für den Landwirt dann, wenn die Anwendung des Produktes auf seinem Hof, an seinem Tierbestand vorgenommen wird. – Was wollen Sie noch, Herr Dipl.-Ing. Pirklhuber, außer dass Ihnen nicht recht ist, dass wir das gemacht haben?

Das sind die visionären Bereiche. In weiterer Folge legen wir allergrößten Wert darauf, dass es hier nicht nur eine Kooperation gibt, sondern dass auch die Ausbildung in entsprechender Weise gewährleistet ist. Das wird mit einer geeigneten Verordnung des Ministeriums auch erfolgen, weil wir auf die sorgfältige Anwendung all dieser Produkte wirklich den allergrößten Wert legen und glauben, dass wir nur so miteinander vorankommen.

All das, was Sie heute Nachmittag hier einzubringen und zu emotionalisieren versucht haben, ist nicht notwendig. Sie brauchen sich nur mit den wichtigen Dingen auseinander zu setzen, vor allem mit jenen, die wesentlich sind, um das Ziel Ernährungssicherheit zu erreichen.

Sie müssen eines schon auch sehr klar sehen: dass wir als Österreicher uns in besonderer Weise verpflichtet fühlen. Wir sind jenes Land in Europa, das gerade bei der Lebensmittelqualität in der vordersten Reihe steht. Das haben wir bis heute geschafft, das werden wir auch in der Zukunft schaffen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Dafür brauchen wir auch die rechtlichen Voraussetzungen, die diese Regierung mit den betroffenen Gruppen, natürlich in schwierigsten Verhandlungen, letztendlich erreicht hat. Ein Kompliment allen, die daran mitgewirkt haben. Ich glaube, dass eine rechtliche Grundlage von einer Art und Qualität geschaffen worden ist, die herzeigbar ist, die auch funktionstüchtig und umsetzbar ist. Die richtige Umsetzung liegt nun bei den Verantwortlichen, und da ist jeder von uns gefordert.

Wenn Sie heute hier meinten, dass ein leichtfertiger Umgang ermöglicht wird, dann lesen Sie bitte diesen Gesetzesantrag! Sie werden erfahren, dass es bei Missbrauch und bei Fehlverhalten drakonische Strafen in einem Ausmaß gibt, wie Sie es in keinem anderen Gesetzesbereich in dieser Art vorfinden. Das geht bis hin zur Aberkennung der Berufsberechtigung, bis hin zur Sperre von Betrieben, bis hin zu vielen anderen schmerzlichen Maßnahmen. Das wird jeder sehr wohl bedenken, bevor er sich auf Glatteis begibt, wie es heuer im Frühjahr der Fall war.

Eine gute Sache, der Sie beruhigt beitreten könnten, denn ich glaube, Sie sollten endlich begreifen, dass es uns um die Bürger geht und nicht um irgendein emotionales Spektakel. Das ist nicht unser Wille. Wir arbeiten für die Bürger und dieses Land. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)


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19.59

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Huber. – Bitte.

19.59

Abgeordnete Anna Huber (SPÖ): Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Hohes Haus! Herr Kollege Donabauer, Sie wollen dieses Tierarzneimittelkontrollgesetz als Antwort auf den Schweinemastskandal verkaufen. Natürlich ist es auch als Antwort gemeint, aber welche Maßnahmen sind denn vorgesehen, um den Missbrauch von Medikamenten in der Tierhaltung zu verhindern? (Abg. Ing. Scheuch: Sie brauchen es nur zu lesen! Steht alles drinnen! – Abg. Auer: Lesen, nicht Reden schreiben lassen!) – Herr Kollege, die Interpretation, die man aus einem Gesetz herausliest, ist offensichtlich eine sehr unterschiedliche.

Es ist ja nicht nur so, dass die Opposition oder dass wir genau diese Schwachpunkte aufzeigen, die dieses Gesetz enthält, sondern eben auch die Tierärzte und die Tierschutzorganisationen (Abg. Auer: Der Herr Bundesminister ist gekommen!), denn es wird damit legalisiert, dass Bauern als Tierärzte agieren, dass sie Diagnosen stellen und Medikamente verabreichen. (Abg. Zellot: Das ist ein Unsinn! – Abg. Schwarzenberger: Dann haben Sie das Gesetz nicht gelesen!) Sie legalisieren einen Monatsbedarf an Medikamenten auf dem Hof. Erklären Sie mir bitte, wie das einen Medikamentenmissbrauch verhindern kann! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Ich sage Ihnen, damit wird gerade schwarzen Schafen, die es gibt, für Missbrauch Tür und Tor geöffnet. Ich halte es für unfassbar, dass das Gesundheits- und Konsumentenschutzministerium die Konsequenzen, die sich aus diesem Gesetz ergeben werden, ohne weiteres in Kauf nehmen. Das sind Konsequenzen, auf die Sie in der Begutachtung hingewiesen worden sind. (Abg. Dr. Pumberger: Warum haben Sie nichts gemacht? Sie haben 30 Jahre regiert!) Die Tiere werden unnötig leiden müssen, wenn sie falsch behandelt werden. Außerdem werden mit dem Medikamenteneinsatz auch mangelhafte Haltungsbedingungen kaschiert werden. (Präsident Dr. Fischer übernimmt wieder den Vorsitz.)

Ich halte das wirklich für unfassbar, und ich kann mir überhaupt nicht vorstellen, dass damit den Bauern ein guter Dienst erwiesen wird. Krankheiten und Seuchen können sich bei den Tieren ausbreiten, weil sie ja durch die Impfungen überlagert werden, durch Impfungen, die der Bauer durchführt. Und es ist zu befürchten, dass Antibiotikaresistenzen durch falsche Medikamente ansteigen, was enorme wirtschaftliche Schäden für die Bauern zur Folge hätte.

Die Konsequenz ist, dass die Konsumenten weiter verunsichert werden und der Fleischkonsum weiter zurückgeht. Viele Landwirte werden damit in ihrer wirtschaftlichen Existenz gefährdet und müssen letztlich zusperren. Dann ist es aber zu spät zu sagen: Das haben wir nicht gewollt, wir wollten eigentlich nur günstigere Produktionsmöglichkeiten für die Bauern schaffen. (Abg. Achatz: Sie kennen sich überhaupt nicht aus! Jeder Satz bisher war falsch!) Sie müssen doch begreifen, dass diese 3 Prozent – so hoch sind nämlich im Durchschnitt die Kosten für Tierärzte und Medikamente – ein bestimmender Kostenfaktor für einen Hof wären. (Abg. Auer: Haben Sie schon einmal einen Hof geführt?)

Wie – das frage ich Sie, wenn Sie als Vertreter der Regierungsparteien schon so laut schreien – wollen Sie denn die Lebensmittelsicherheit garantieren? – Das ist etwas, was ich vor allem den Gesundheitsstaatssekretär fragen möchte und eigentlich auch sehr gerne den Minister gefragt hätte. (Abg. Auer: Er ist eh da!) Erzählen Sie uns nicht ... (Abg. Schwarzenberger: Sie können auch den Minister fragen! – Abg. Achatz: Er ist ja da!) Entschuldigung, ich habe Sie nicht gesehen. (Bundesminister Mag. Haupt: Ich habe nicht gedacht, dass ich zu übersehen wäre! – Weitere lebhafte Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Abg. Schwarzenberger: Die Mitarbeiterin, die Ihnen diese Rede geschrieben hat, können Sie entlassen! Die versteht nichts! – Abg. Achatz: Sie haben die falsche Rede mit! – Abg. Auer: Er ist schon lange da!)

Ich denke, Sie können diese Lebensmittelsicherheit nicht garantieren. Sie erklären, das werde dann die Lebensmittelagentur machen, die schon für Mitte 2001 angekündigt worden war, die es bis jetzt aber noch nicht gibt. Was sagen Sie denn den Verbraucherinnen und Verbrauchern, wenn diese nach der Kontrolle fragen? Sie wissen ganz genau, dass die Lebensmittelkontrolle in den Ländern in den Händen der Agrarlandesräte ist. (Abg. Achatz: Das stimmt ganz einfach


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nicht!) Das führte dann eben dazu, dass zum Beispiel beim ersten Auftreten des Schweinemastskandals der steirische Agrarlandesrat via Medien sofort alle Bauern gewarnt und gemeint hat, ab morgen werden wir ganz strenge Kontrollen auf den Höfen durchführen.

Angesichts der Tatsache, dass Medikamente in der Hand von Laien sind und es massive Probleme bei der Kontrolle geben wird, und angesichts des Umstandes, dass der Arzneimittelmissbrauch zugedeckt oder in manchen Teilen sogar legalisiert wird, können wir diesem Gesetz unter keinen Umständen zustimmen. (Beifall bei der SPÖ sowie der Abg. Dr. Moser. )

20.04

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Wochesländer. Die Uhr ist auf 3 Minuten gestellt. – Bitte.

20.04

Abgeordnete Jutta Wochesländer (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Herr Minister! Hohes Haus! Meine Damen und Herren! Dem Gesundheitsausschuss lagen bei seiner letzten Sitzung auch drei Anträge des Abgeordneten Lackner und – damals noch – Genossen vor, die die Primärthematik Arzneimittel für Kinder und Jugendliche zum Inhalt hatten. Ich glaube, auch das ist ein sehr wichtiges Thema. Lebensmittelsicherheit ist selbstverständlich ganz, ganz wichtig, aber Medikamente für Kinder sind ebenfalls eine Sache, die man sicher nicht außer Acht lassen sollte.

Den Einsatz von "Erwachsenenmedikamenten" in der Kinderheilkunde sehe ich ebenso als prekäre Materie wie das Fehlen von Arzneimittelspezialitäten für Kinder und Jugendliche sowie die Modalitäten in puncto Zulassung und Prüfung von Medikamenten für Kinder und Jugendliche. Es ist auch unbestritten, dass die Verabreichung von "Erwachsenenmedikamenten" bei Kindern zu Negativwirkungen führen kann und die Ärzte der Kinderheilkunde das Risiko haben, dass bei solchen Verordnungen der haftungsrechtliche Schutz des Arzneimittelgesetzes nicht mehr zum Tragen kommt und sie diesen Schutz sozusagen verlieren. Das heißt, ein Arzt, der solche Arzneimittel verordnet, weil er nichts anderes zur Verfügung hat, steht in einem rechtsfreien Raum.

Für die meist nicht medizinisch-wissenschaftlich gebildeten Eltern kommt noch das Problem hinzu, dass sie ihre Zustimmung geben müssen. Wenn Sie sich die Beipacktexte für Medikamente für Erwachsene anschauen, so sind diese für einen Nichtmediziner schon ein Horror, und dann erst verantworten zu müssen, ob das eigene Kind diese bekommt oder nicht, ist sicher eine Sache, die für Eltern sehr schwer zu entscheiden ist.

Daher stimme ich selbstverständlich mit den Anträgen von Herrn Lackner überein, dass Kindermedikamente geschaffen werden müssen, die nach der Dosierung auf den Organismus des Kindes und so weiter spezialisiert sind, aber ich glaube, die Forderung, wie Sie sie stellen, ist etwas zu kurzsichtig. Wenn Sie ins Kalkül ziehen, was wir hier in Österreich an Pharmafirmen haben, werden Sie sehen, dass es primär Tochtergesellschaften sind. Der Markt ist für diese Pharmafirmen viel zu wenig Anreiz, um sich wirklich voll der Forschung zu widmen beziehungsweise auch die Zulassung anders zu betreiben, als sie es heute tun. Nur auf europäischer Ebene können wir dorthin kommen, wohin wir wollen, nämlich wirklich zu Medikamenten, die für Kinder und Jugendliche in ihrer Dosierung, in ihrer Wirkung, in der Berechnung der Nebenwirkungen adäquat sind, damit Kinder tatsächlich Heilung erfahren und nicht Schaden durch Medikamente erleiden, die einfach nicht gut genug sind für sie.

Ich darf in diesem Sinne, eben auch zu den Medikamenten gehörend, abschließend noch einen Abänderungsantrag einbringen, wobei es sich primär um redaktionelle Änderungen handelt.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Pumberger, Dr. Rasinger und Kollegen zum Gesetzentwurf im Bericht des Gesundheitsausschusses (934 der Beilagen) über die Regierungsvorlage (777 der Bei


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lagen) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Rezeptpflichtgesetz, das Apothekengesetz, das Medizinproduktegesetz und das Arzneibuchgesetz geändert werden

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzentwurf wird wie folgt geändert:

1. Im Titel entfällt der Klammerausdruck "[Celex-Nummer 398L0027]".

2. In Artikel I Z 10 lautet § 22 Abs. 4:

"(4) Bei sinngemäßer Geltung des Abs. 1 hat der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen einem Antrag auf Genehmigung für den Vertrieb im Parallelimport auch dann nicht stattzugeben, wenn die beantragte Arzneispezialität nicht der in Österreich zugelassenen Arzneispezialität entspricht, insbesondere weil die Zusammensetzung nach Art und Menge der wirksamen Bestandteile nicht mit der in Österreich zugelassenen Arzneispezialität übereinstimmt, die Zusammensetzung (nach Art und Menge) der Hilfsstoffe nicht mit der in Österreich zugelassenen Arzneispezialität übereinstimmt und das Auswirkungen auf die Wirksamkeit, Qualität und Unbedenklichkeit hat, sonstige Unterschiede zu der in Österreich zugelassenen Arzneispezialität bestehen, die therapeutisch relevant sind, oder die übrigen Voraussetzungen des § 20a nicht erfüllt sind."

3. In Artikel I Z 30 wird das Zitat "BGBl. I Nr. xxxx/2001" in § 95 Abs. 5 und 6 jeweils ersetzt durch das Zitat "BGBl. I Nr. xxxx/200x". – (Von der Rednerin hier und auch im Folgenden gesprochen wie "zweihundert, x".)

4. In Artikel II Z 5 wird das Zitat "BGBl. I Nr. xxxx/2001" in § 8 Abs. 4 jeweils ersetzt durch das Zitat "BGBl. I Nr. xxxx/200x". (Abg. Schieder: Das ist hart an der Grenze!)

5. In Artikel IV Z 3 wird das Zitat "BGBl. I Nr. xxxx/2001" bzw. "BGBl. I Nr. xxxx/2001" in § 114 Abs. 5 jeweils ersetzt durch das Zitat "BGBl. I Nr. xxxx/200x".

*****

(Abg. Schieder: Nein, nicht zweihundert, x, sondern zweitausend, null, null, x!) Bitte, ich kann lesen! Lesen Sie, was hier steht! Ich lese das, was hier steht. (Abg. Schieder: Aber es heißt nicht zweihundert, x!) Zwei, null, null, x! Ich danke Ihnen vielmals, Herr Schieder, das hat mir sehr, sehr geholfen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.10

(Abg. Wochesländer  – das Rednerpult verlassend –: Es war meine erste Lesung in dieser Weise! – Abg. Schieder: Man muss genau sein bei den Zahlen! – Abg. Wochesländer: Wenn Sie in den letzten 30 Jahren alles so genau gehandhabt hätten, hätten Sie nicht so ein Kuddelmuddel hinterlassen! – Abg. Schieder: Wenn Sie schon einen Abänderungsantrag verlesen, dann richtig! – Abg. Wochesländer: Vielleicht machen Sie einen Abänderungsantrag zu unserem Abänderungsantrag! – Weitere Zwischenrufe. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen. – Anhaltende lebhafte Zwischenrufe.)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Jetzt muss ein Machtwort gesprochen werden. Unbestreitbar ist, dass zuerst ein Zweier, dann eine Null, dann noch eine Null und dann ein X kommt, und die authentische Interpretation wird nicht hier im Plenum vorgenommen.

Der Antrag ist im Übrigen ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Grünewald. – Bitte.

20.11

Abgeordneter Dr. Kurt Grünewald (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Staatssekretär! Ich weiß auch nicht, ob ich Ihnen jetzt helfen kann, denn in sechs Minuten über das


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Tierarzneimittelkontrollgesetz, über Pharmakotherapie im Kindesalter und deren Risiken und über Doping zu reden, da müsste ich Zampano sein oder ein Zauberer. Es wird schwer gehen.

Vielleicht zuerst zu den Ausführungen des Kollegen Scheuch, der sich anfangs so erregt hat. Ich würde Ihnen entgegenkommen. Auch ein mutiger Minister kann nicht jeden Tag gleich tapfer sein, sagen wir so. Kann man sich vielleicht darauf einigen? – Okay.

Wenn ich über das Tierarzneimittelkontrollgesetz rede, werden Sie von mir die Ausdrücke "infam", "hinterhältig" oder "ungeheuerlich" nicht hören, aber wenn es nicht infam, nicht hinterhältig und nicht ungeheuerlich sein soll, dann ist es zumindest nicht zukunftsweisend und nicht klug. Da ich Bauern und Bauernhöfe eigentlich sehr gerne habe, bin ich auch nicht dafür, sie jetzt pauschal zu verurteilen und zu verdächtigen. Ich sage Ihnen aber, dass zu viel bekannt geworden ist, als dass man sich einfach so locker darüber hinwegsetzen könnte. Ich halte es auch zum Schutze der Landwirte für nicht klug von einem Ministerium, in Zeiten wie diesen dieses Gesetz zu machen, weil das Vertrauen bei einigen Konsumenten – ich sage nicht bei allen, aber bei einigen – doch schwer erschüttert worden ist.

Missbrauch von Arzneimitteln und Hormonen war tagelang die Schlagzeile der Medien, und in diesem Bereich durch Gesetze auch nur den leisesten Verdacht zu erwecken, es könnten jetzt die schwarzen Schafe im Dunkeln doch wieder leichter tätig werden, das würde ich mir als Landwirt nicht gefallen lassen. Das würde ich mir als Bauer nicht gefallen lassen und um Vorsicht, Klugheit und Weitsicht bitten. Genau davon sehe ich aber nichts. Haben Sie sich schon einmal überlegt, ob das nicht ein Pyrrhussieg sein könnte?

Wenn ich höre, dass allein in der Schweinemast 8 Milliarden Schilling Wertschöpfung erzielt werden und man damit rechnet, sich durch das Impfen 30 Millionen Schilling zu sparen, dann frage ich mich, welche Relationen das sind. Es wird auch einen Unterschied machen, ob das "kleine" Landwirte und Landwirtinnen sind oder große Zuchtanstalten. Sie haben wahrscheinlich insofern einen Fehler begangen, Herr Minister Haupt – wenn ich das so frank und frei sagen darf –, dass man das viel seriöser diskutieren hätte können, wenn die von Ihnen genannten Verordnungen, die die von den Impfliberalisierungen ausgenommenen Medikamente bezeichnen sollen, jetzt gleichzeitig auf dem Tisch lägen und diskutiert werden könnten. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Schieder. )

Da ich gerade davor warne, am falschen Ort zu sparen, weil das teuer zu stehen kommen könnte, gestatten Sie mir, mich doch einmal kurz als Humanmediziner vorstellen zu dürfen und zu den Kindern zu kommen. Es ist sehr richtig, was Kollege Lackner in drei Anträgen gemacht hat, wenn er feststellt, dass 80 Prozent aller im Handel befindlichen Medikamente nicht für Kinder und Jugendliche zugelassen sind. Da müssen Sie sich schon vorstellen, was das heißt: Da gibt es auch keine haftungsrechtliche Deckung, da gibt es keine ausreichenden wissenschaftlichen Daten und Untersuchungen, sondern man arbeitet damit eben aus einer Notlage und aus der Empirie heraus. Und dass 40 Prozent aller lebensnotwendigen, unverzichtbaren Medikamente laut WHO im Kindesalter sogar verboten sind, ist auch nicht wirklich beruhigend. Daher würde ich schon sagen, dass diese Anträge des Kollegen Lackner es unbedingt wert wären, dass man ihnen zustimmt.

Kollegin Mag. Hartinger hat einen ähnlich lautenden Antrag gestellt, und sie war dabei wirklich so fair, zuzugeben, dass dieser natürlich weitaus vager, etwas diffuser und bei weitem nicht so präzise ist wie die anderen drei. Ich frage mich dann natürlich, warum man, wenn es drei Vorlagen von der Opposition gibt, die zugegebenermaßen besser, auch für die Industrie kritischer und für die jungen Patienten sicherer sind, dann unbedingt einen eigenen Antrag machen muss, der nicht ganz so gut ist. Auch wenn man so anständig ist und das sogar zugibt, beschwört man damit dennoch etwas herauf, was geeigneten Lösungen nicht ungeheuer dienlich ist. (Beifall bei den Grünen.)

Sollte das nicht schon heute gehen, würde ich Sie also ersuchen, doch zu überlegen, wie man die Pharmaindustrie einerseits mit Anreizen, andererseits aber auch mit sanftem oder stärkerem Druck und Zwang dazu bringen kann, die ausstehenden Untersuchungen auf ethisch vertret


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bare Weise so durchzuführen, dass die Risiken minimiert und die Benefits für die Patienten und damit auch die Sicherheit für die Eltern erhöht werden. Allzu fraglich sind die Nebenwirkungen, nicht einmal die Wirkungen sind klar einzuschätzen, und über die Dosierung weiß man erklecklich wenig.

Was infolgedessen passiert, lässt sich auf Grund unserer Datenlage und möglicherweise auch auf Grund doch noch nicht perfekter Patientenrechte nicht abschätzen. Es ist traurig, wenn ich als Arzt feststellen muss: Es passiert wahrscheinlich viel mehr Falsches, als wir selbst glauben. Dass das nicht das Licht des Tages erblickt, liegt daran – das ist ein komischer Satz, aber er ist wahr –, dass Menschen mehr aushalten, als wir glauben. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

20.17

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe bekannt, dass der Entschließungsantrag des Abgeordneten Mag. Maier betreffend die Vorlage eines Anti-Doping-Gesetzes ordnungsgemäß unterfertigt ist und mit in Verhandlung steht.

Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Prinz. – Bitte.

20.18

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Ich bin Herrn Professor Dr. Grünewald durchaus dankbar dafür, dass er sich Sorgen um die Bauern macht, gerade wenn er sich auf den so genannten Schweinemastskandal bezieht. Diese Bezeichnung ist übrigens völlig falsch. In Wirklichkeit war es ein Skandal einiger dubioser Geschäftemacher und zum Zweiten ein Skandal jener Organisationen, die die so genannten Aufdecker waren. Wenn nämlich Bauern, die seit fünf oder zehn Jahren keine Tiere mehr in ihrem Betrieb haben, angeschwärzt werden, sie würden Medikamentenmissbrauch betreiben, dann ist ein solches Vorgehen der tatsächliche Skandal! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Keine Ahnung! – Abg. Öllinger: Eine schräge Argumentation!)

Meine Damen und Herren! Dieses Gesetz bringt ein Mehr an Kontrolle, ein Mehr an strafferen und strengeren Regelungen und das Ausschalten von kriminellen und dubiosen Geschäftemachern wie den "Autobahntierärzten", und es wird eine bessere Zusammenarbeit zwischen den Tierärzten und Landwirten bringen. Es darf auch bemerkt werden: Dieses Gesetz, meine Damen und Herren, ist EU-konform, und es könnte anderen Ländern eigentlich als Beispiel dafür dienen, wie die gute Zusammenarbeit von Tierärzten und Landwirten geregelt werden kann.

Ich verstehe daher nicht, warum die Opposition das zum Teil gar so aufbrausend kritisiert, denn nicht die Bauern kontrollieren sich selbst, sondern es gibt ein klares Vertragswerk zwischen den Tierärzten und den Bauern zur Sicherheit der Konsumenten, der Gesundheit unserer Tiere und natürlich auch zum weiteren Ausbau der wirtschaftlichen Basis für unsere landwirtschaftlichen Betriebe. (Abg. Dr. Lichtenberger: Keine Bauern, schwarze Schafe!)

Bei den Tiergesundheitsdiensten geht es vor allem um die Beratung und um die Zusammenarbeit. Weiter brauche ich hier darauf nicht einzugehen, denn das ist vom Kollegen Donabauer entsprechend ausgeführt worden. Es ist im Tierarzneimittelkontrollgesetz klar geregelt, dass die Anwendung wirklich nur in Zusammenarbeit mit und unter Aufsicht der Tierärzte erfolgen darf und es von beiden Seiten schriftlich dokumentiert werden muss.

Es ist wirklich zutiefst unverständlich und unseriös, wie hier von Teilen der Tierärzteschaft und auch von Vereinen wie zum Beispiel den "Vier Pfoten" im Vorfeld mit Diffamierungen und unwahren Schauergeschichten Panikmache betrieben wurde. Dieses Spiel der üblen Panikmache wurde noch dazu von den Grünen und von den Sozialisten unterstützt. Es ist einfach nicht wahr, dass die Bauern das Tierarzneimittelkontrollgesetz dazu nutzen wollen, um ungezügelt und unkontrolliert Arzneien zu verabreichen. Es hat noch nie so klare Regelungen gegeben.

Meine Damen und Herren! In unserem Land können sich die Menschen darauf verlassen, dass sie gesunde Produkte von den Bauern auf den Tisch bekommen. Ich darf in diesem Zu


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sammenhang den beiden zuständigen Ministern, Herrn Bundesminister Haupt und Herrn Bundesminister Molterer, für ihren Einsatz danken, denn es war nicht leicht, dieses Gesetz, diese Materie so zu verhandeln, wie es letztendlich gelungen ist.

Wir alle stehen noch unter einem gewissen Schock des ersten BSE-Falls in Österreich. Es hat sich aber gezeigt, dass der Krisenplan der Regierung funktioniert sowie auch die lückenlose Überprüfung und Kontrolle. Und trotz der Probleme bei der Probenziehung war es möglich, den BSE-Fall herauszufiltern. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Meine Damen und Herren! Da im Vorfeld von einigen Vertretern der SPÖ ein Mehr an Tierärzten gefordert wurde, so darf man schon festhalten: Wenn 50 Tiere geschlachtet werden, von diesen 50 Rindern nur 14 älter als 30 Monate sind und dann in diesem Schlachthof drei Tierärzte anwesend sind, dann meine ich eher, dass vielleicht zwei zu viel dabei waren als einer zu wenig.

Der Kontrollumfang ist wichtig, das heißt, alle Tiere über 30 Monate werden auch in Zukunft entsprechend untersucht werden. Es wird auch in Zukunft mit der Entsorgung des Risikomaterials alles für die Konsumentensicherheit getan werden. Das bedeutet, dass sich die Menschen auch in Zukunft darauf verlassen können, gesunde Lebensmittel auf den Tisch zu bekommen.

Der Weg der österreichischen Landwirtschaft ist richtig. Das beweisen die mehr als 220 000 BSE-Tests bisher. Ich bitte wirklich, hiebei die Fehler vom letzten Winter nicht zu wiederholen. Es ist unseriös, in der Bevölkerung Panikmache zu betreiben. Es geht darum, die Ursachen aufzuklären, den österreichischen Bauern, den Tierärzten und auch den Kontrollbehörden Vertrauen entgegenzubringen, denn sie alle bemühen sich wirklich, das Beste für beide Seiten zu tun, für die Bauern und auch für die Konsumenten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

20.22

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Hagenhofer. – Bitte.

20.23

Abgeordnete Marianne Hagenhofer (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Ausschusssitzungsvertagung bei der Beratung der Regierungsvorlage zur Abänderung des Arzneimittelgesetzes hat uns von der Opposition eigentlich positiv gestimmt, weil wir gedacht haben, dass im Besonderen die Kritikpunkte des Verfassungsdienstes des Bundeskanzleramts zu den §§ 68a und 84b, in denen es um das komplizierte Hausbetretungsrecht im Zusammenhang mit Kontrollen geht, während der Vertagung vielleicht Berücksichtigung finden würden.

Eingeflossen sind sie, und das bewerten wir positiv, beim § 68a, also dort, wo die Organe von der Bundesministerin für Sport beauftragt werden. Nicht aber ist diese Vereinheitlichung der Sprachregelung eingeflossen – und das wäre eigentlich nur logisch gewesen – in den gesetzlichen Text betreffend die Strafbestimmungen. Dort ist nach wie vor die alte, vom Verfassungsdienst kritisierte Sprachregelung enthalten, die da lautet: "betreten und besichtigen". Im § 68a, der ja geändert wurde, heißt es schlichtweg: "Nachschau halten".

Wir halten das für widersprüchlich, und mein Kollege Maier hat auch einen Entschließungsantrag dazu eingebracht. Wir von der SPÖ plädieren auf getrennte Abstimmung, weil dieses Gesetz eben in sich unsystematisch ist. Der Kern, nämlich die Regelung von Parallelimporten von Arzneimitteln, findet unsere Zustimmung. Ebenso findet unsere Zustimmung – und das begrüßen wir ausdrücklich – die Klagsmöglichkeit für Verbraucherschutzverbände im Zusammenhang mit Verstößen gegen die arzneimittelrechtlichen Werbebestimmungen. Das kann nur gut sein für die Konsumenten, und in diesem Sinne bedanke ich mich. (Beifall bei der SPÖ.)

20.25

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Achatz. – Bitte.

20.25

Abgeordnete Anna Elisabeth Achatz (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Sehr geehrte Damen und Herren von der SPÖ und von den Grünen! Es ist einfach


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unseriös, von Verschlechterungen zu sprechen, wenn wirklich das Gegenteil der Fall ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Mit diesem Tierarzneimittelkontrollgesetz sind gravierende Verbesserungen gegenüber der bisherigen Praxis Gesetz geworden. Für Verletzungen dieses Tierarzneimittelkontrollgesetzes werden jetzt Strafbestimmungen festgelegt, bisher hat es keine gegeben. Es gibt die Verpflichtungen zu ganz genauen Aufzeichnungen für den Tierarzt und für den Landwirt. Damit hat der so genannte Autobahntierarzt ausgedient. Der Besitz illegaler Tierarzneimittel, in Österreich verbotener Tierarzneimittel war bisher straffrei, er ist ab jetzt strafbar. Für Wiederholungstäter gibt es bis zu drei Jahre Haft. Wer da von einer Verschlechterung des Gesetzes spricht, der irrt ganz einfach oder er sagt ganz bewusst die Unwahrheit.

Ich wünsche mir und Ihnen allen, dass ein derart strenges Tierarzneimittelkontrollgesetz auch in allen anderen EU-Staaten und auch in den Reformstaaten bei der Osterweiterung umgesetzt wird. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.27

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber. – Bitte.

20.27

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollegin Achatz hat den Gesetzentwurf angesprochen und gemeint, es sei der beste Entwurf. (Abg. Achatz: Es ist besser!) Kollegin Achatz, es ist so, dass der ursprüngliche Entwurf, den Bundesminister Haupt vorgelegt hat, sehr wohl in vielen Bereichen strenger war als die jetzt hier zum Beschluss vorliegende Fassung.

Das, meine Damen und Herren, ist keine angemessene Vorgangsweise – angemessen angesichts berechtigter Kritik. In diesem Zusammenhang möchte ich Kollegem Prinz schon sehr klar sagen: Sie haben keine Ahnung, was beim Schweinemastskandal wirklich passiert ist, Kollege Prinz! (Beifall bei den Grünen.)

Ich werde daher einige dieser Fakten kurz zur Darstellung bringen: Vom 18. bis zum 22. Juni dieses Jahres waren von der Europäischen Kommission Vertreter der Generaldirektion für Gesundheit und Verbraucherschutz in Österreich und haben untersucht, wie die Rückstandskontrollen bei lebenden Tieren und bei tierischen Erzeugnissen in Österreich durchgeführt werden.

Meine Damen und Herren! Welche Schlussfolgerungen konnte man aus dieser Untersuchung ziehen? – "Bei der Handhabung des ,Schweinemastskandals‘ durch die zuständigen Behörden werden schwerwiegende Mängel deutlich, die eine umfassendere Aufklärung des Geschehens erschwerten." – Das ist die Aussage der Europäischen Kommission, meine Damen und Herren!

Und ich sage Ihnen weiters: Nur 17 Prozent der Proben wurden innerhalb von 14 Tagen gezogen, der Großteil der Proben wurde später gezogen, obwohl Landesrat Pöltl die Bauern vorgewarnt hat. Das bedeutet, dass viele Antibiotika gar nicht mehr nachweisbar waren, weil sie eben nach 14 Tagen einfach nicht mehr nachzuweisen sind. Das ist die Realität, und das ist ein Kritikpunkt, den wir im Nachhinein in aller Deutlichkeit anbringen müssen. (Beifall bei den Grünen.)

Herr Bundesminister! Ich ersuche Sie darum, ein wenig meinen Ausführungen zu folgen, weil ich sehr konkret auf Fragen eingehen und von Ihnen auch sehr gerne eine Antwort erhalten möchte.

Von der Europäischen Kommission wurde auch kritisiert, dass "eine zentrale Koordinierung der Maßnahmen der Veterinärbehörden nicht stattgefunden" hat. Herr Bundesminister! Was haben Sie seit damals unternommen, damit diese zentrale Koordinierung stattfindet?

Außerdem sind bestimmte Medikamente gar nicht untersucht worden. So gab es beispielsweise das Medikament "Nergen", das an Schweine- und Rinderzuchtbetriebe in Österreich aus


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gegeben wurde und das illegal ist, das in Deutschland nur für nicht Lebensmittel liefernde Tiere zugelassen ist und in Österreich gar nicht zugelassen ist. Nach diesem Medikament wurde gar nicht gesucht, Herr Bundesminister! Dies war die Situation bei diesen Untersuchungen.

Es wurden auch nur sechs Proben auf die Arzneimittelgruppen Nitroimidazole und Nitrofurane untersucht, die in Europa bei Schweinen zur Anwendung gekommen sind; und das war auch bekannt, Herr Bundesminister. Auch in diesem Bereich hat es also kaum Untersuchungen gegeben, und der Bericht hält zudem fest, dass nur Hemmstoff-Nachweise durchgeführt worden sind. Diese sind jedoch unspezifisch, gelten für zugelassene und nicht zugelassene Antibiotika.

Wir sehen also nach dem Schweinemastskandal nach wie vor Versäumnisse in der Kontrolle, und die Frage ist, welche Maßnahmen Sie bis jetzt getroffen haben und welche Maßnahmen vorgesehen sind.

Herr Bundesminister! Ich gebe zu, dass Ihre erste Vorlage auch aus unserer Sicht wirklich sehr gut und interessant war. Es hat viel Kritik gegeben an der Strafhöhe, die Sie vorgeschlagen haben. Aber dann, meine Damen und Herren, kam es zu weitreichenden Abänderungen, die offensichtlich auf gewisse Interessenlagen der Landwirtschaft zurückgehen. Gerade auch als Landwirtschaftsvertreter verstehe ich das nicht, denn es ist ein Bärendienst an der Landwirtschaft, wenn man Bauern verstärkt ermöglicht, Impfungen durchzuführen. Herr Bundesminister! Erklären Sie mir das bitte: Warum sollen Bauern impfen, warum sollen das nicht Tierärzte durchführen? (Beifall bei den Grünen.)

Ich möchte nunmehr auf eine wichtige Fragestellung eingehen. Sie haben in diesen zwei Tagen zweimal eine Erklärung zu den aktuellen Vorfällen im Umfeld des ersten österreichischen BSE-Falls abgegeben.

Herr Bundesminister! In diesem Zusammenhang bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dipl.-Ing. Pirklhuber, Dr. Petrovic, Dr. Moser, Freundinnen und Freunde betreffend BSE-Vorsorgemaßnahmen in Österreich

Der Nationalrat wolle beschließen:

"1. Der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen wird aufgefordert, dem Nationalrat einen schriftlichen Bericht vorzulegen, der den ersten österreichischen BSE-Fall umfassend dokumentiert. In diesem Bericht sind insbesondere die Herkunft des betroffenen Tieres, sämtliche Details der Betriebserhebung des landwirtschaftlichen sowie des Schlachtbetriebes anzugeben.

2. Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft und der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen werden aufgefordert, ein Forschungsprojekt zu initiieren, welches sich mit den spezifischen Fragen der Gefahren von "Milchaustauschern" als BSE-Übertragungsquelle befasst. Die Minister werden weiters aufgefordert, sich für eine effiziente Forschungskoordination auf europäischer Ebene einzusetzen.

3. Der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen wird aufgefordert, die BSE-Untersuchungen auf Rinder ab 24 Monate auszudehnen – wie in der Bundesrepublik Deutschland gehandhabt –, um höchstmögliche Sicherheit zu gewährleisten.

4. Der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen wird aufgefordert, ein effizientes Überwachungsprogramm für die Rinder-Schlachthöfe sicherzustellen und über die Vollziehung der BSE-Vorsorgemaßnahmen regelmäßig dem Nationalrat zu berichten.

5. Der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen wird aufgefordert, umgehend sämtliche Merkblätter und Unterlagen für die involvierten Kontrollorgane und befassten Kreise


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für BSE-Schulungsmaßnahmen fertig zu stellen und diese der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

6. Der Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen solle dafür Sorge tragen, dass im geplanten Tiergesundheitsdienst Österreich auch Vertreter von Konsumenten- und Tierschutzorganisationen mit beratender Stimme vertreten sind."

*****

Herr Bundesminister! Im Zusammenhang der Forderung nach Herabsetzung des Untersuchungsalters auf 24 Monate möchte ich Sie an die Aussage erinnern, die Sie im Februar im Rahmen der Enquete "Lebensmittelsicherheit" getroffen haben. Dort haben Sie davon gesprochen, dass auf freiwilliger Basis auch Tiere zwischen 24 und 30 Monaten untersucht werden, und ich würde Sie auch ersuchen, dazu kurz Stellung zu nehmen. Auch auf die erwähnten Merkblätter warten wir immer noch.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das ist ein notwendiger Vorsorgemaßnahmenplan, und ich hoffe, Sie werden unserem Antrag zustimmen. (Beifall bei den Grünen.)

20.34

Präsident Dr. Heinz Fischer: Der Entschließungsantrag des Abgeordneten Pirklhuber ist ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Für eine beleidigende Äußerung des Herrn Abgeordneten Kiss ist ein Ordnungsruf verlangt worden. Ich habe mir jetzt das Protokoll kommen lassen. Aus diesem geht hervor, dass der Abgeordnete Kiss in Richtung der grünen Fraktion gesagt hat: "Ihr seid miese Charaktere, wirklich miese Charaktere!" – Dafür erteile ich einen Ordnungsruf.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Haupt. – Bitte.

20.34

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Meine Damen und Herren! Es ist hier eine Reihe von Fragen an mich gerichtet worden. Ich darf sie in aller Kürze beantworten.

Sehr geehrter Herr Kollege! Die entsprechenden Untersuchungen in den Anstalten haben sich nach den Verdachtsfällen gerichtet und wurden auch nach den Verdachtsfällen abgearbeitet. Dass dabei auch auf Präparate untersucht worden ist, die nicht originär in Österreich vorhanden sind, sondern nur im europäischen Ausland im Handel sind und die möglicherweise auch durch ausländische Tierärzte über die Grenzen gebracht werden hätten können, das versteht sich von selbst, um diese Frage zu beantworten.

Ich darf Sie auch darauf hinweisen, dass im Zusammenhang mit diesen Untersuchungen auch behauptet worden ist, dass Designer-Präparate aus den Oststaaten in Verkehr gewesen seien. Diese Designer-Präparate aus den Oststaaten sind, wie Sie wissen, durch sehr viele andere Substanzen verunreinigt und entsprechen nicht den originären Präparaten.

Sie haben die Frage gestellt, warum die Impftätigkeit als solche nunmehr nicht ausschließlich den Tierärzten vorbehalten bleibt. Ich darf Sie darauf hinweisen, dass es Impfstoffe gibt, die nicht in den Seuchenprogrammen sind, die aber ausschließlich prophylaktisch verabreicht werden, um während der Mast keine Antibiotika, keine Hormone und keine sonstigen Substanzen einsetzen zu müssen, und deren Anwendung daher im Interesse des Konsumenten liegt. Nur an solche Impfstoffe denke ich und an keine anderen. Sie werden mir Recht geben, dass zum Beispiel das Beigeben von Flüssigimpfstoffen in das Trinkwasser etwa bei Geflügel weder eine akademische noch eine sonstige Leistung ist, sondern eine rein manuelle Tätigkeit, die im Einklang mit den entsprechenden Programmen durchgeführt werden muss. In der Praxis durch die bäuerlichen Betriebe nach Schulung, nach entsprechender Diagnose, nach Feststellung des Hygienezustandes des Betriebes, aus tierschützerischen Gründen und auch im Interesse des


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Konsumenten angewandt, garantiert das eine bessere Lebensmittelsicherheit als die heutigen Einsatzmethoden.

Sie haben auch die Abänderungen gegenüber dem ursprünglichen Entwurf hinsichtlich der Strafen angesprochen. Ich bin nicht damit durchgekommen, Mindeststrafen einzuführen, weil das der österreichischen Philosophie des Rechtsstaates widerspricht. Es gibt keine Mindeststrafen, ist mir vom Justizministerium mitgeteilt worden, sondern die Festsetzung von Mindeststrafen ist Angelegenheit des jeweiligen Richters, der von Fall zu Fall in entsprechender Weise urteilt. Dafür bin ich aber auch mit dem Herrn Justizminister übereingekommen, dass Fachleute aus der Humanmedizin die Richter auf der nächsten Richtertagung über Medikamentenzwischenfälle und Allergien informieren werden, sodass bei den Richtern vielleicht ein höheres Bewusstsein über den Schaden, der an der Humangesundheit angerichtet wird, herbeigeführt wird, als es zurzeit in den minimalen Strafen, die verhängt werden, zum Ausdruck kommt.

Ich darf Sie darauf hinweisen, dass auch in den Tiergesundheitsdiensten, so wie sie heute konzipiert sind, auf allen Landesebenen und im Bundestiergesundheitsdienst die Arbeiterkammer als Konsumentenorganisation mit eingebunden ist, weil es mir als Minister ein großes Anliegen ist, dass dieser wichtige Teilbereich geregelt ist.

Ich darf Sie darauf aufmerksam machen, dass im Tierarzneimittelkontrollgesetz steht, dass der Bundesminister für Gesundheit die Kompetenz zur Anerkennung der Tiergesundheitsdienste hat und nicht mehr die Tierärztekammer. Ich darf Sie darauf hinweisen, dass derzeit die Tierärztekammer auf Landesebene die Tiergesundheitsdienste anerkannt hat, und ich darf Sie auch darauf hinweisen, dass trotz der Missstände nur in einem einzigen Fall eine Tierärztekammer, nämlich jene von Niederösterreich, dem Tiergesundheitsdienst quasi gekündigt und dann die Arbeiterkammer für den Konsumentenschutz hineingenommen hat. Dort, wo es auch Missstände gab, nämlich in Oberösterreich und in der Steiermark, haben die Tierärztekammern von ihrem Recht nicht Gebrauch gemacht.

Ich meine daher, im Gegensatz zur Auffassung meiner Kammer, dass der Gesundheitsminister den Konsumentenschutz vermutlich effizienter durch das Mittel der Aufkündigung vertreten wird als die Kammer, die, wie Sie richtigerweise gesagt haben, durchaus unterschiedliche Interessenlagen bei der Anerkennung, der Nichtanerkennung und der Aufhebung von Missständen hat. Ich meine daher, dass ich mit Fug und Recht von einer Verbesserung für den Konsumenten spreche, auch wenn mich die Tierärztekammer, meine eigene Kammer, in diesem Punkt heftig kritisiert. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich bin der Auffassung, dass die Interessenlage eines Gesundheitsministers eine bessere ist, um den Konsumentenschutz zu gewährleisten, als die Interessenlage jener, die im System heute tatsächlich die ausschließliche Entscheidungsmacht über Anerkennung oder Nichtanerkennung haben. (Abg. Dr. Khol: Ein schöner Schluss!)

Sehr geehrte Damen und Herren! Vergessen Sie auch nicht, dass es eine Haftungsfrage gibt. Jener, der die Medikamente abgibt, der die Diagnose stellt und der die Behandlung vor Ort überwacht, der eintragen und Vorgänge nachvollziehbar machen muss, wird nach wie vor das geschulte Organ, der Tierarzt sein. Einen Unterschied gibt es allerdings zur gegenwärtigen Lage: Die "Autobahntierärzte" werden sich schwer tun, nicht mehr straffällig zu werden, denn diese werden nicht in der Lage sein, im Betrieb, vor Ort die Protokolle auszufüllen, anwesend zu sein, die Diagnosen zu stellen und die Hygiene zu überprüfen, weil sie eben üblicherweise woanders ihre Medikamente verteilt haben. Mit diesem Gesetz werden sie schlussendlich nicht nur strafwürdig, sondern auch ihren Beruf verlieren, wenn sie so weiterarbeiten wie bisher. Ich glaube daher, dass dieses Gesetz den Tierschutz und auch den Konsumentenschutz vollinhaltlich berücksichtigt. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Ich sehe aber ein, dass manche, die heute an dieser Situation gut verdienen, durchaus die Medien und auch die Abgeordneten der beiden Parlamentsparteien der Opposition unter dem Vorwand anderer Gründe bemühen und eigentlich etwas anderes meinen, als sie vorgeben. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.41


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Hartinger. Die Uhr ist wunschgemäß auf 3 Minuten gestellt. – Bitte.

20.41

Abgeordnete Mag. Beate Hartinger (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Unter diesen Tagesordnungspunkten beschließen wir heute eine Reihe von wichtigen Gesetzen, die vielleicht nicht so populär sind wie das Sanitätergesetz, aber trotzdem für die Bevölkerung von großer Wichtigkeit sind.

Als Erstes möchte ich natürlich das Apothekengesetz hervorheben. Hier geht es vor allem um die Erweiterung der Öffnungszeiten, weil wegen des geänderten Einkaufsverhaltens und der flexibleren Öffnungszeiten im Handel die Mittagssperre aufgehoben wird. Damit ist eine zusätzliche Serviceleistung für die Bevölkerung gegeben.

Das Zweite, was mir auch sehr wesentlich erscheint, ist natürlich das Arzneimittelgesetz im Hinblick auf die Kinderarzneimittel. Da 20 Prozent der Gesamtbevölkerung in der Europäischen Union Kinder sind, bisher aber keine zwingenden Vorschriften zur Berücksichtigung einer pädiatrischen Anwendung bei der Entwicklung von Arzneimitteln geschaffen wurden, wird das jetzt gemacht, und die Medikamente werden in Wirksamkeit und Dosierung zum Schutz unserer Kinder geprüft. Ich bin davon überzeugt, dass das zum Wohle unserer Kinder auch notwendig ist. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

Das Dritte ist das Gesetzesvorhaben zur Umsetzung der bereits 1991 ratifizierten Anti-Doping-Konvention. Das ist von meinen Kollegen bereits ausgeführt worden.

Und das Vierte, was ich auch für sehr wichtig halte, ist die Berücksichtigung der Parallelimporte im Rahmen der arzneimittelrechtlichen Vertriebsbestimmungen.

Meine Damen und Herren! Das sind alles Gesetze zum Wohle der Patienten, zum Wohle der Österreicher, und ich möchte mich beim Herrn Minister und beim Herrn Staatssekretär für die Umsetzung und bei Ihnen, die diese Gesetze beschließen werden, recht herzlich bedanken. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

20.43

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Sima. – Bitte.

20.43

Abgeordnete Mag. Ulrike Sima (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich werde mich kurz fassen, Kollege Schweitzer, keine Sorge. (Abg. Mag. Schweitzer: Super, Ulli!) Ich bedauere, dass dieses wichtige Thema zu so später Stunde besprochen wird, denn ich meine, es hätte eine ausführlichere Diskussion, als wir sie jetzt führen können, verdient.

Meine Damen und Herren! In einem Punkt gebe ich Kollegin Achatz Recht: Es gibt einen wichtigen positiven Punkt in diesem Gesetz, dass nämlich der Besitz von illegalen Medikamenten in Österreich künftig verboten und auch unter Strafe gestellt wird. Ich meine, dass das wirklich ein wichtiger Punkt ist, dessen Umsetzung überfällig ist und den man gleich nach dem Schweinemastskandal hätte beschließen müssen. Ich bin aber froh darüber, dass das zumindest heute beschlossen wird.

Es gibt aber einen wichtigen anderen Aspekt in diesem Gesetz, der mit nicht gefällt – das ist von meinen Vorrednern ja ohnehin bereits mehrmals angesprochen worden –, dass man nämlich im Bereich der legalen Tierarzneimittel die Türe für einen möglichen Missbrauch schon sehr weit aufmacht, und das finde ich sehr bedauerlich. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

Mit diesem Gesetz, meine Damen und Herren, wird der Bauer zum Tierarzt aufgewertet, und ich sehe nicht ganz, auf Grund welcher Qualifikation. Wie Sie alle wissen, gibt es ein sehr ausführliches Hochschulstudium, die Ausbildung zum Veterinärmediziner. Ich frage mich: Wozu brauchen wir das eigentlich, wenn das künftig alles auch nach der "do-it-yourself"-Methode


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geht? Der Fachmann und die Fachfrau soll durch einen Laien ersetzt werden! Das können Sie nicht wegdiskutieren, wenn Sie sich das Gesetz angesehen haben. Und das ist eben ein Aspekt, den ich als sehr negativ und als Rückschritt empfinde. Dementsprechend hat es auch einen Aufschrei der Tierärzte gegeben, weil diese natürlich jetzt sagen: Wir können für die Sicherheit der tierischen Lebensmittel in Österreich nicht mehr garantieren. (Ruf bei der ÖVP: Haben Sie das Gesetz gelesen?)  – Herr Kollege, ich habe es auch gelesen, und wenn Sie es ebenfalls gelesen haben, dann wissen Sie genau, dass die Türe in diesem Bereich sehr weit aufgemacht wird. Ich kann ja auch nicht verstehen, warum Sie das befürworten und warum das von den Bauern befürwortet wird. (Abg. Großruck: Brauchen Sie jedes Mal einen Arzt, wenn Sie eine Tablette einnehmen?)

Ich kann mir das nicht vorstellen. Wenn ich Bäuerin wäre, würde ich nicht wollen, dass mir diese Verantwortung aufgebürdet wird. Aber offensichtlich empfinden Sie das als Vorteil, der allerdings nur ein sehr kurzfristiger Vorteil ist. Anstatt in diesem sensiblen Bereich wirklich ganz strikt alle möglichen Missbräuche auszuschalten, machen Sie ein neues Schlupfloch auf. Das kann ich nicht nachvollziehen. Speziell jetzt, ein Jahr nach dem Schweinemastskandal, hätte ich mir eigentlich erwartet, dass die Maßnahmen genau in die gegenteilige Richtung gehen.

Meine Damen und Herren! Ich halte das für einen Schritt in die falsche Richtung und werde damit meine Rede beenden. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

20.46

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Scheuch. – Bitte.

20.46

Abgeordneter Ing. Kurt Scheuch (Freiheitliche): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Minister! Ich verstehe überhaupt nicht die Hühnerhofstimmung, die die Grünen hier heute am Nachmittag initiieren wollten. Das verstehe ich nicht. Sie sollten froh sein und sollten einem Gesetz applaudieren, das jetzt endlich einmal gemacht wurde und das letztendlich auch klarere Bestimmungen über die Tierarzneimittel beinhaltet. (Die Abgeordneten Öllinger und Dipl.-Ing. Pirklhuber: Lei, lei!)

Es ist ja bezeichnend, dass selbst die Opposition viele Punkte dieses Gesetzes als positiv bewertete. (Abg. Mag. Prammer: Das hätten Sie gern!) "Positiv" wurde ganz klar auch von meiner Vorrednerin gesagt. Wir sehen natürlich mehr als einen Punkt positiv, Frau Sima, ich werde sie Ihnen nennen. Wahrscheinlich haben Sie nur den ersten Teil des Gesetzes gelesen, denn sonst wären Ihnen noch viel mehr Punkte aufgefallen.

Natürlich ist es auch entscheidend, dass die Strafbestimmungen verschärft wurden. Wollen Sie das nicht? Herr Dipl.-Ing. Pirklhuber! Ich frage Sie ganz klar: Wollen Sie nicht, dass die Strafbestimmungen verschärft werden? Wollen Sie das nicht? (Zwischenruf des Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber. ) Sie wollen das nicht? – Ich hoffe, das wird protokolliert, dass Sie das nicht wollen. Anscheinend wollen Sie das nicht. Sehr erstaunlich für mich! (Zwischenruf des Abg. Schwarzenberger. )

Aber es geht ja noch weiter. Natürlich ist es auch wichtig, dass der Besitz von illegalen Medikamenten unter Strafe gestellt wird. Und natürlich ist es auch wichtig, dass der Tiergesundheitsdienst gefördert wird. Das ist ein entscheidender Punkt.

Und dann verbleiben ein paar Kritikpunkte Ihrerseits, die dahin gehend zusammenzufassen sind, dass Sie einerseits sagen: Das ist zu schnell gegangen. – Aber schnell genug kann dieses Gesetz gar nicht eingeführt werden. Es würde mich freuen, wenn Sie das auch so sehen würden. (Abg. Öllinger: Glauben Sie auch, was Sie da sagen?)

Der zweite Aspekt ist, dass Sie sich als Lobbyisten für die Tierärzte betätigen. Ich sage Ihnen schon, warum die Tierärzte dagegen sind. Wenn Sie das Gesetz genau gelesen hätten, dann wüssten Sie das auch. Ich zitiere im Folgenden aus dem Gesetz:


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"Der Tierarzt hat über das Datum der Untersuchung der Tiere, Name und Anschrift der Tierhalter, die Anzahl der behandelten Tiere, die Diagnose, die verschriebenen Tierarzneimittel, die verabreichte Dosis, die Behandlungsdauer und die einzuhaltenden Wartezeiten in geeigneter Weise Buch zu führen. Die betreffenden Unterlagen sind mindestens fünf Jahre lang aufzubewahren und auf Verlangen der Behörde oder des Aufsichtsorgans (...) zur Kontrolle vorzulegen." – Zitatende.

Dass die Tierärzte damit keine Freude haben, ist klar. Das bedeutet mehr Arbeit. Natürlich bleibt es der Berufsvertretung der Tierärzteschaft anheim gestellt, ob sie ein gutes Gesetz kritisieren will, welches für Konsumenten gemacht wurde. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Es geht um die Kompetenz für das Impfen!)

Bleibt, Herr Diplomingenieur – ich komme noch dazu –, ein letzter Punkt, nämlich der der "Laienimpfung". (Ruf: Ja!) Das wurde von Ihnen als Laienimpfung bezeichnet, und es erstaunt mich sehr, dass Sie heute hier die Bauern im Umgang mit Tieren als Laien bezeichnen. Das erstaunt mich wirklich. (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: Das hat Kollegin Sima gesagt!) Es wurde heute hier mehrmals gesagt, das erstaunt mich. Das kann ja nicht so sein. Ich denke, Bauern sind die Personengruppe, die mit Tieren die größte Erfahrung hat und die in dem Bereich auch wirklich Bescheid darüber weiß, was los ist.

Ich sage Ihnen noch einmal – Minister Haupt hat es ja auch schon ausgeführt –: Die Impfung, die hier erfolgt, ist meistens eine Schluckimpfung, ist eine Tränkimpfung. Und natürlich ist eines auch klar – und das sei mit Blick auf die Humanmedizin dazu gesagt –: Jede Krankenschwester ist, wenn sie vom Arzt dazu autorisiert wird, in der Lage, eine Impfung durchzuführen und macht dies auch. So sehe ich das auch hier. (Abg. Öllinger: Der Vergleich mit einer Krankenschwester ist ja völlig daneben! Fünf Jahre Ausbildung sind das!)

Letztendlich ist es ja Usus, dass unser Minister gute Gesetze macht, und es ist auch Usus, dass Sie einfach aus Gründen der Fundamentalopposition gegen diese Gesetze stimmen. Ich hoffe, Herr Haupt lässt sich in seinem weiteren Vorgehen durch so seichte Argumentationen, wie Sie sie hier vorbringen, nicht aufhalten. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.50

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber zu Wort gemeldet. – Bitte den zu berichtigenden und den tatsächlichen Sachverhalt wiederzugeben!

20.50

Abgeordneter Dipl.-Ing. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Sehr geehrte Damen und Herren! Abgeordneter Ing. Scheuch hat behauptet, ich hätte die Bauern als Laien bezeichnet.

Ich berichtige tatsächlich: Ich habe davon gesprochen, dass Sie der Landwirtschaft einen Bärendienst damit erweisen, wenn Sie die Bauern zu Tierärzten machen, indem Sie die Impfungen freigeben.

Herr Bundesminister! Sie haben in diesem Gesetz nicht eingeschränkt, worauf Sie diese Bestimmung beziehen wollen. (Beifall bei den Grünen.)

20.51

Präsident Dr. Heinz Fischer: Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Pirklhuber: Sachverhalt!

Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lackner. – Bitte. (Abg. Lackner  – auf dem Weg zum Rednerpult –: 3 Minuten! – Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)

20.51

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Herr Präsident! Herr Minister! Hohes Haus! Es ist richtig, dass ich drei Anträge zu dieser wichtigen Thematik – Einsatz von "Erwachsenenmedikamenten" bei Kindern und Jugendlichen – eingebracht habe. Es ist auch richtig, dass diese inhaltlich durchaus würdig wären, heute, wie vorliegend, beschlossen zu werden, und es ist wei


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ters richtig, dass offensichtlich auch die Regierungsparteien der Ansicht sind, dass diese wichtige Thematik durch meine drei Anträge umfassend abgedeckt worden wäre.

Worum geht es, meine Damen und Herren, und wie war die Entwicklung? – Wir haben uns mit diesen drei Anträgen bereits am 8. November im Gesundheitsausschuss umfassend beschäftigt. Wir sind vom Minister und vom Staatssekretär gelobt worden. Die genannte Thematik wurde vertagt und am 6. Dezember neuerlich im Gesundheitsausschuss behandelt. Auch damals wurde uns durchaus wieder attestiert, dass diese Anträge durchaus wertvoll sind, weil sie eben eine wichtige Materie abdecken, die bisher eigentlich noch viel zu wenig Beachtung in der Gesundheitspolitik gefunden hat.

Nun werden wir heute darüber abstimmen, ob und wie weit die Regierungsparteien den Intentionen dieser drei Anträge folgen können, weil offensichtlich auch aus der Wissenschaft Unterstützung für diese kommt. Wir haben uns mit Leuten aus der Wissenschaft ausführlich unterhalten, so etwa mit Professor Pollak und zum Schluss auch noch mit der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde, mit Professor Mutz, und haben auch von dort durchaus positive Signale erhalten, dass diese drei Anträge wesentlich dazu beitragen würden, die Qualitätssicherung gerade in diesem Bereich anzuheben.

Ich möchte mich, und ich sage das auch ganz ausdrücklich, für die sehr offene und faire Diskussion zu dieser Thematik bedanken, weil es einfach wichtig ist, dass wir heute zu einer umfassenden Beschlussfassung kommen. – Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

20.53

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Pumberger. – Bitte.

20.54

Abgeordneter Dr. Alois Pumberger (Freiheitliche): Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mich freut ganz besonders, dass es endlich zu einer Regelung gekommen ist, sodass dem Doping – da wird Missbrauch in beinahe allen Fitnessinstituten Österreichs betrieben; ein hoher Prozentsatz all derer, die Kraftsport betreiben, Leistungssport betreiben, nehmen Dopingmittel – jetzt Einhalt geboten werden soll. Es freut mich gerade als Arzt ganz besonders, dass diese Arzneimittel, die sich zum Doping eignen, zu Zwecken des Dopings im Sport verboten sind und dass sie auch nicht in Verkehr gebracht werden dürfen und auch bei anderen nicht angewendet werden dürfen.

In Anbetracht der späten Stunde sage ich nur mehr, dass die Kritik der Opposition fehl am Platz ist, denn die meisten Angelegenheiten, die wir heute ändern, hätten schon lange von Ihnen von der SPÖ geändert werden können.

Ich sage nur noch, dass die Parallelimporte, Herr Klubobmann Khol, einen großen Vorteil für die Patienten und auch für die Krankenkassen bringen, weil billige und auch gleichwertige Medikamente auf den Markt kommen, und dass die Apothekenöffnungszeiten jetzt kundenorientiert sind. Das ist auch ein großer Vorteil für die österreichischen Konsumenten und Patienten. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)  – Danke.

Aber damit ist noch nicht Schluss, es gibt nämlich noch weitere Verbesserungen in der gegenständlichen Gesetzesmaterie, nämlich dass Arzneimittel für Kinder – die Anregung des Herrn Bundesministers kommt auch in der EU zum Tragen – vermehrt qualitativ zugänglich sind.

Was das Tierarzneimittelkontrollgesetz betrifft, gibt es jetzt eine deutliche Verbesserung. Die Tierärzte haben große Vorteile, weil sie sich nicht mehr von jenen, die ihnen den Ruf verdorben haben, da sie so genannte Autobahntierärzte waren, Schmuggelware importiert haben, den Ruf verderben zu lassen brauchen. Die Tierärzte sind also auch durch dieses Gesetz geschützt, ebenso wie die Bauern, die klare Richtlinien bekommen, wie sie die Tierarzneimittel anzuwenden haben.


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Den größten Nutzen aus all diesen Gesetzesmaterien haben die Konsumenten. Mit diesen Gesetzesmaterien können wir das gesundheitspolitische Jahr wirklich in großer Zufriedenheit abschließen. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.56


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Präsident Dr. Heinz Fischer:
Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ing. Kaipel. – Bitte.

20.56

Abgeordneter Ing. Erwin Kaipel (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Im Zusammenhang mit dem Einsatz von Medikamenten bei Kindern haben Redner vor mir bereits darauf hingewiesen, dass 80 Prozent der Arzneimittel, die in der Kinderheilkunde eingesetzt werden, für diesen Indikationsbereich nicht zugelassen sind und für etwa 40 Prozent der in Deutschland in der Kinderheilkunde verordneten Medikamente laut Herstellerangaben ein prinzipielles Anwendungsverbot in diesem Bereich besteht. Das wird in Österreich nicht wesentlich anders sein.

Die Kinderärzte müssen jedoch solche "Erwachsenenmedikamente" zur Therapie einsetzen, wenn ein Heilungsversuch mit ihnen Erfolg verspricht. In diesen Fällen bewegen sich die Kinderärzte außerhalb des haftungsrechtlichen Schutzes des Arzneimittelgesetzes. Für Heilversuche mit "Erwachsenenmedikamenten" benötigen die Pädiater die spezielle Einwilligung der Eltern und – soweit möglich – die der Kinder selbst.

Von der therapeutisch wirksamen Dosis eines Arzneimittels, das zur Behandlung einer Erkrankung bei Erwachsenen angewendet wird, kann nicht ohne weiteres eine für den kindlichen oder jugendlichen Organismus wirksame Dosis abgeleitet werden. Kinder und Jugendliche können nicht als kleine Erwachsene angesehen und therapiert werden.

Wegen des Fehlens systematisch erhobener wissenschaftlicher Daten verharrt die Arzneimitteltherapie bei Kindern und Jugendlichen auf der Stufe der Empirie, wenn "Erwachsenenmedikamente" eingesetzt werden. Die medikamentöse Behandlung von Kindern und Jugendlichen weist demnach nicht den Qualitätsstandard auf, der bei Erwachsenen erreicht wird.

Der Einsatz von "Erwachsenenmedikamenten" in der Pädiatrie geht mit einem höheren Risiko für unerwünschte Nebenwirkungen einher. Das Ergebnis einer englischen Untersuchung zeigt, dass die Nebenwirkungen beim Einsatz von für Kinder nicht geprüften Medikamenten doppelt so hoch sind. Häufig kam es zu Hautausschlägen, Schwindel, Erbrechen, Durchfall und Halluzinationen. In schweren Fällen waren Atemhemmung, Blutdruckabfall und Leberversagen die Folge. Diese Situation kann sich zudem dadurch weiter verschärfen, dass in der Kinderheilkunde gut bewährte Präparate wegen fehlender wirtschaftlicher Interessen der pharmazeutischen Unternehmen nicht mehr in die Nachzulassung gebracht werden.

Da Kinder dieselben Rechte auf eine adäquate, effiziente und sichere Pharmakotherapie wie Erwachsene haben, hat die SPÖ die in Verhandlung stehenden Anträge eingebracht. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Und wie reagieren die Regierungsparteien? – Sie lehnen aus reiner Parteitaktik die Anträge ab.

Dass wir mit unseren Anträgen richtig liegen, beweist einerseits, dass sie von der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde unterstützt werden, und andererseits, dass die Regierungsparteien einen eigenen, völlig harmlosen und de facto nichtssagenden Entschließungsantrag beschlossen haben. (Abg. Mag. Schweitzer: Danke, Herr Bürgermeister!) Einen unverbindlichen, zahnlosen und folgenlosen Antrag, der das Spielfeld auf die europäische Ebene verlagert. (Widerspruch bei den Freiheitlichen.) Offensichtlich sind die Regierungsfraktionen nicht der Meinung, dass auch Kinder dasselbe Recht auf eine gesicherte Pharmakotherapie wie die Erwachsenen haben.

Das ist ein seltsames Verhalten, Herr Kollege Schweitzer, für Parteien, die sich gerne als kinderfreundliche Parteien präsentieren. – Danke, Jörg!, danke, Wolfgang! (Beifall bei der SPÖ.)

21.00

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Petrovic. Redezeit: 1 Minute. – Bitte.

21.00

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Wir haben die Rückverweisung dieses Gesetzentwurfes an den Ausschuss beantragt, und ich fasse das nochmals kurz zusammen, Herr Bundesminister, denn Sie waren ja auch weiß Gott nicht glücklich mit diesem Gesetz. Sie haben das ja auch zum Ausdruck gebracht.

Das, was da dahinter steht, ist ein ganz kalter, ein eiskalter ökonomischer Deal. Bedingt durch die Skandale der Vergangenheit gibt es jetzt höhere Kontrollkosten, höhere Testkosten, und im Gegenzug hat sich die Lobby der Großlandwirte – das betrifft nicht die Kleinen, Frau Kollegin Achatz – ausgehandelt, dass gewisse Arzneimittel in Zukunft ohne Tierärztinnen und Tierärzte verabreicht werden dürfen. Das war der Deal, das steht dahinter! Sie sparen bei den Kosten der medizinischen Heilbehandlung durch Fachleute. (Beifall bei den Grünen sowie des Abg. Gradwohl. )

Herr Bundesminister! Was spricht deutlicher dafür: ein Monatsvorrat als Grenzwert! (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.) Da geht es um chronisch kranke Tiere, und bei diesen chronisch kranken Tiere kann es natürlich mit anderen Arzneimitteln zu Wechselwirkungen kommen. Die Tierärztinnen und Tierärzte befürchten zu Recht ...

Präsident Dr. Heinz Fischer: Bitte, Frau Doktor, auch auf die Redezeit zu achten! (Ruf bei den Grünen: Wir haben aber noch 3 Minuten!) Die Redezeit ist zu Ende!

Abgeordnete MMag. Dr. Madeleine Petrovic (fortsetzend):  ... befürchten zu Recht – ich zitiere wörtlich –: "... unabsehbare Folgen für den Konsumentenschutz". – Da kann ich nur sagen: Prost Mahlzeit! (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.02

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zu Wort gemeldet hat sich Herr Bundesminister Mag. Haupt. – Bitte.

21.02

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Frau Kollegin Dr. Petrovic! Ich möchte Ihnen nur zwei Dinge entgegnen: Erstens: Die Diagnose und die Therapie bleiben nach wie vor in der Hand des Fachmannes. Ich darf Sie darauf hinweisen, dass ein gültiger Vertrag mit diesem Fachmann existieren muss. Genau dieser Vertrag wird es nämlich mit sich bringen, dass ein und derselbe Fachmann ein und denselben Betrieb kontrolliert und daher diese Wechselwirkungen zwischen den Medikamenten nicht eintreten können, sondern von einem Fachmann berücksichtigt werden.

Und es wird zweitens auch noch den Vorteil geben, dass dieser Fachmann eine Dokumentation führen muss, für die er haftet. Ich glaube daher, dass all Ihre Argumente ins Leere gehen. (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP.)

21.03

Präsident Dr. Heinz Fischer: Weitere Wortmeldungen dazu liegen mir nicht vor, daher schließe ich die Debatte.

Wir kommen zu einer Reihe von Abstimmungen.

Zunächst ist abzustimmen über den Rückverweisungsantrag, den Frau Abgeordnete Dr. Petrovic zum Gesetzentwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über die Anwendung von Arzneimitteln bei Lebensmittel liefernden Tieren sowie ein Bundesgesetz über die Einfuhr von Arzneiwaren erlassen werden, beantragt hat.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
89. Sitzung / Seite 110

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, diesen Gesetzentwurf nochmals an den Gesundheitsausschuss rückzuverweisen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Rückverweisungsantrag ist abgelehnt.

Wir gelangen nun zu den Abstimmungen über die einzelnen Ausschussanträge.

Ich lasse zunächst abstimmen über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Arzneimittelgesetz, das Rezeptpflichtgesetz, das Apothekengesetz und andere Rechtsvorschriften geändert werden, in 934 der Beilagen.

Dazu hat Herr Abgeordneter Dr. Pumberger gemeinsam mit Dr. Rasinger einen Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters liegt ein vom Abgeordneten Lackner gestelltes Verlangen auf getrennte Abstimmung vor.

Ich werde daher über die vom erwähnten Abänderungsantrag sowie vom Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile des Gesetzes der Reihe nach und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile der Vorlage abstimmen lassen.

Zunächst zum Abänderungsantrag: Die Abgeordneten Dr. Pumberger und Dr. Rasinger haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der die Streichung der Celex-Nummer im Titel des Gesetzentwurfs beinhaltet.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel I Ziffer 2 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dafür eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit so beschlossen.

Die Abgeordneten Dr. Pumberger und Dr. Rasinger haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel I Ziffer 10 § 22 Absatz 4 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel I Ziffer 19 bis 26 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein Zeichen. – Diese Teile des Gesetzentwurfes sind mit Stimmenmehrheit angenommen.

Dr. Pumberger und Dr. Rasinger haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel I Ziffer 30 bezieht.

Im Falle der Bejahung ersuche ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist – trotz Ermüdungserscheinungen – einstimmig angenommen.

Wir kommen zur getrennten Abstimmung über Artikel I Ziffer 32 § 96 Absatz 2 Ziffer 1 in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Dr. Pumberger und Dr. Rasinger haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Artikel II Ziffer 5 und Artikel IV Ziffer 3 bezieht.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
89. Sitzung / Seite 111

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die zustimmen wollen, um ein Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Ich komme zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile der Vorlage samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschussberichtes.

Ich bitte um ein Zeichen im Falle der Zustimmung. – Diese restlichen Teile sind einstimmig angenommen.

Damit ist die zweite Lesung beendet.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage in dritter Lesung zustimmen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf in dritter Lesung mit Stimmenmehrheit angenommen wurde.

Als Nächstes stimmen wir ab über den Entschließungsantrag des Abgeordneten Mag. Maier betreffend Vorlage eines Anti-Doping-Gesetzes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Zeichen. – Ich stelle fest, dass der Entschließungsantrag nicht die Mehrheit gefunden hat.

Wir kommen zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Bundesgesetz über die Anwendung von Arzneimitteln bei Lebensmittel liefernden Tieren sowie ein Bundesgesetz über die Einfuhr von Arzneiwaren erlassen werden und mit dem das Tierärztegesetz geändert wird, in 935 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser Vorlage zustimmen, um ein Zeichen. – Das ist mit Stimmenmehrheit in zweiter Lesung angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Stimmenmehrheit angenommen.

Auch hiezu liegt ein Entschließungsantrag des Abgeordneten Dipl.-Ing. Pirklhuber betreffend BSE-Versorgungsmaßnahmen in Österreich vor.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag betreffend BSE-Versorgungsmaßnahmen ... (Abg. Dipl.-Ing. Pirklhuber: BSE-Vorsorge maßnahmen!)  – Bitte, das heißt nicht Versorge-, sondern Vorsorge maßnahmen. Ich mache nur darauf aufmerksam, das ist alles handschriftlich geschrieben, daher gibt es manchmal kleine Missverständnisse. Also: betreffend BSE-Vorsorgemaßnahmen in Österreich.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Entschließungsantrag zustimmen, um ein Zeichen. – Das hat keine Mehrheit gefunden und ist daher abgelehnt.

Als Nächstes stimmen wir über den Antrag des Gesundheitsausschusses ab, seinen Bericht in 936 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein Zeichen. – Die Kenntnisnahme von 936 der Beilagen erfolgt mit Stimmenmehrheit.

Wir stimmen über den Antrag des Gesundheitsausschusses ab, seinen Bericht in 937 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Auch da darf ich um ein Zeichen der Zustimmung bitten. – Ich stelle fest: Die Kenntnisnahme dieses Berichtes erfolgt ebenfalls mit Stimmenmehrheit.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
89. Sitzung / Seite 112

Wir gelangen zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht in 938 der Beilagen beigedruckte Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dieser Entschließung zustimmen, um ein Zeichen. – Die Entschließung ist vom Nationalrat mit Stimmenmehrheit beschlossen worden. (E 116.)

Schließlich kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Gesundheitsausschusses, seinen Bericht in 938 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein Zeichen. – Die Kenntnisnahme dieses Ausschussberichtes erfolgt mit Stimmenmehrheit.

11. Punkt

Bericht des Finanzausschusses über den Antrag 577/A der Abgeordneten Hermann Böhacker, Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert wird (947 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Damit gelangen wir zum 11. Punkt der Tagesordnung.

Auf mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Der Wunsch auf Wortmeldungen liegt mir nicht vor.

Daher brauche ich keine Debatte zu eröffnen, sondern wir gelangen sogleich zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 947 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Die Zustimmung erfolgt in zweiter Lesung einstimmig.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die der Vorlage auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Ich stelle fest, dass der Gesetzentwurf auch in dritter Lesung angenommen ist.

Meine Damen und Herren! Wir werden in wenigen Minuten fertig sein, aber einige Abstimmungen und Verlautbarungen sind noch notwendig.

12. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien (15 U 571/01x) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung der Abgeordneten zum Nationalrat Ridi Steibl (945 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 12. Punkt der Tagesordnung.

Wortmeldungen liegen mir dazu nicht vor.

Daher gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Immunitätsausschusses, wonach der Nationalrat Folgendes beschließen möge:

In Behandlung des Ersuchens des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 29. November 2001 um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung der Abgeordneten zum Nationalrat Ridi Steibl wird festgestellt, dass es sich bei dem inkriminierten Sachverhalt um eine im Beruf gemachte mündliche Äußerung handelt, die gemäß Artikel 57 Abs. 1 B-VG der beruflichen Immunität unterliegt.

Demnach ist eine Strafverfolgung unzulässig.


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89. Sitzung / Seite 113

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag des Immunitätsausschusses ihre Zustimmung erteilen, sich von den Sitzen zu erheben. – Der Nationalrat beschließt über diesen Antrag einstimmig.

Damit haben wir den 12. Tagesordnungspunkt erledigt.

13. Punkt

Bericht des Immunitätsausschusses über das Ersuchen des Landesgerichtes St. Pölten (32 Hv 1033/01s) um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung der Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johanna Mikl-Leitner (946 der Beilagen)

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zum 13. Punkt der Tagesordnung.

Es wird keine Berichterstattung gewünscht. Es liegt auch kein Wunsch auf Wortmeldungen vor.

Wir gelangen daher zur Abstimmung, wobei der Immunitätsausschuss dem Nationalrat folgenden Beschluss unterbreitet:

1. In Behandlung des Ersuchens des Landesgerichtes St. Pölten vom 28. November 2001 um Zustimmung zur behördlichen Verfolgung der Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johanna Mikl-Leitner wird im Sinne des Artikels 57 Abs. 3 B-VG festgestellt, dass ein Zusammenhang zwischen der vom Privatankläger behaupteten strafbaren Handlung und der politischen Tätigkeit der Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johanna Mikl-Leitner besteht.

2. Einer behördlichen Verfolgung der Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johanna Mikl-Leitner wird daher zugestimmt.

Ist das richtig? – Lassen Sie es mich kurz überprüfen!

Da es in beiden Croquis so festgehalten ist und offenbar kein Widerspruch zu hören ist, stelle ich nochmals fest, dass der zweite Teil des Antrages des Immunitätsausschusses lautet:

"Einer behördlichen Verfolgung der Abgeordneten zum Nationalrat Mag. Johanna Mikl-Leitner wird zugestimmt."

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich diesem Antrag anschließen, um ein diesbezügliches Zeichen. (Die Abgeordneten der SPÖ erheben sich, jene der Grünen verharren auf ihren Sitzen, von den Abgeordneten der Freiheitlichen und der ÖVP erhebt sich jeweils ein Teil. – Abg. Dr. Khol : Ich beantrage Auszählung nach § 66 Abs. 3 der Geschäftsordnung!)  – Ja. (Unruhe im Saal.)

Meine Damen und Herren! Ich darf Sie bitten, mir die Sache gegen Ende der Sitzung nicht schwer zu machen. – Ich bitte um die Mitarbeit eines Schriftführers. (Schriftführerin Haller begibt sich zum Präsidium.)

Frau Abgeordnete Haller, ich bitte Sie, die Pro-Stimmen zu zählen. Ich selbst werde die Kontra-Stimmen zählen. (Die Zählung wird vorgenommen.)

Der Antrag des Ausschusses ist nach unser beider übereinstimmender Zählung mit 68 zu 64 Stimmen abgelehnt. (Beifall bei den Freiheitlichen, der ÖVP und den Grünen.)

Damit ist die Tagesordnung dieser Sitzung erschöpft. (Unruhe im Saal. – Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)


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Stenographisches Protokoll
89. Sitzung / Seite 114

Ich möchte nicht dauernd die Glocke läuten müssen, weil das den Lärmpegel noch weiter erhöht. Aber wir haben noch eine weitere Abstimmung und dann eine Zuweisungssitzung vor uns. Danach werde ich Ihnen allen schöne Feiertage wünschen dürfen.

Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Präsident Dr. Heinz Fischer: Wir gelangen zur Verhandlung über den Antrag des Abgeordneten Dr. Jarolim auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses betreffend die Weitergabe von Polizeidaten und damit zusammenhängende Vorgänge, wie ich dies zu Beginn der Sitzung mit vollem Titel dieses Antrages bekannt gegeben habe. Der Antrag wurde inzwischen an alle Abgeordneten verteilt.

Der Antrag hat folgenden Wortlaut:

Antrag

der Abgeordneten Dr. Jarolim und GenossInnen gemäß § 33 GOG betreffend die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen den Antrag, einen Untersuchungsausschuss im Verhältnis S: 5, F: 4, V: 4 und G: 1 einzusetzen.

Gegenstand der Untersuchung:

Aufklärung der Vorwürfe bezüglich der Weitergabe von Polizeidaten an Dritte und des Vorwurfes einer systematischen Bespitzelung durch Angehörige des Sicherheitsapparates.

Aufklärung der Vorwürfe bezüglich der Verschleppung der gegenständlichen Verfahren durch die Staatsanwaltschaft oder andere und Aufklärung aller damit in Zusammenhang stehenden Weisungen und sonstigen Rechtsakte.

Aufklärung der Vorwürfe im Zusammenhang mit der Einstellung von Verfahren ohne vorherige Einvernahme des "Quasi-Kronzeugen" Kleindienst und der Umstände, die die rechtzeitige Einvernahme verhinderten.

Untersuchung der rechtlichen und politischen Verantwortlichkeiten im Zusammenhang mit diesen Sachverhalten.

Untersuchungsauftrag:

Der Untersuchungsausschuss soll durch Erhebung von mündlichen und schriftlichen Auskünften zum Untersuchungsgegenstand und durch Einsicht in die Akten des Bundesministeriums für Inneres, des Bundesministeriums für Justiz und anderer Bundeseinrichtungen im Zusammenhang mit dem Untersuchungsgegenstand alle Sachverhalte auf rechtliche und politische Verantwortlichkeiten hin überprüfen.

Begründung:

Seit eineinviertel Jahren beschäftigt der so genannte "Spitzelskandal" die österreichische Innenpolitik und zeigt manche wichtige Organwalter in der Justiz nicht von ihrer besten Seite.

Zwei Dringliche Anfragen im Nationalrat wurden vom Bundesminister für Justiz wenig aussagekräftig und so knapp als möglich beantwortet, zahlreiche schriftliche Anfragen erlitten ein ähnliches Schicksal und unzählige zum Teil äußerst fundierte Artikel in Medien konnten den Justizminister nicht dazu veranlassen, ausreichend Licht ins Dunkel dieser Affäre zu bringen. Vielmehr gab es gehäuft Vorwürfe, es sei gelungen, auf die Justizorgane Einfluss zu nehmen.


Nationalrat, XXI.GP
Stenographisches Protokoll
89. Sitzung / Seite 115

Ein Irrläufer aus einer Anwaltskanzlei hat jüngst noch einmal ein bezeichnendes Licht auf diese unfassbare Affäre geworfen. Der Großmeister des investigativen Journalismus in Österreich, Alfred Worm, beschreibt unter dem Titel "Ein Paukenschlag zum Schluss" im "NEWS" vom 29.11.2001 diese Vorgänge auszugsweise wie folgt:

"... Ein Irrläufer aus der Anwaltskanzlei Gheneff-Böhmdorfer enthüllt nun eine Ungeheuerlichkeit: Die FPÖ-Advokatur habe ohnehin immer gewusst, heißt es in einem NEWS vorliegenden Schreiben an einen FPÖ-Mitarbeiter, dass rechtliche Schritte gegen Josef Kleindienst letztendlich aussichtslos seien. Man werde aber die ‚Einstweiligen’ gegen Kleindienst dennoch bis zum OGH weitertreiben, um das Strafverfahren gegen die Involvierten der ‚Spitzelaffäre’ möglichst lange hinauszuzögern.

Die vom amtierenden FPÖ-Justizminister Dieter Böhmdorfer gegründete Anwaltskanzlei hat also den Quasi-Kronzeugen Kleindienst vorsätzlich durch zivilrechtliche Schritte am Reden gehindert, bis die weisungsgebundene Staatsanwaltschaft auf die Kleindienst-Aussage verzichten und zuvor einen Großteil der anhängigen Verdachtspunkte versenken konnte. Die Kanzlei Gheneff-Böhmdorfer hat sich somit der Justiz bedient, um einen Enthüller mundtot zu machen.

Diese Vorgangsweise müsste nun ein Disziplinarverfahren gegen Mitglieder der Anwaltskanzlei auslösen. Immer dann, wenn die Lichtgestalt Böhmdorfer in Zores hineinstolpert, wachelt aber die Anwaltskammer erfahrungsgemäß den FPÖ-Minister mit viel Jubel zu. Von Kammerseite wird der Fall also kaum diszipliniert werden können.

Umso mehr Hoffnung muss man aufs Hohe Haus setzen: Wenn diese in der Republik einmalige Vorgangsweise kein Grund für einen parlamentarischen Untersuchungsausschuss ist, dann ist es um die Demokratie sehr schlecht bestellt."

Auch weitere wesentliche Vertreter der öffentlichen Meinung haben in renommierten in- und ausländischen Medien im Zusammenhang mit der "Spitzelaffäre" die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses verlangt. Sogar aus den Kreisen der Regierungsparteien gab es positive Wortmeldungen zu einem Untersuchungsausschuss, so etwa vom ehemaligen FPÖ-Spitzenparlamentarier, dann Landesrat und nunmehrigen Volksanwalt Mag. Ewald Stadler.

Nur eine rasche umfassende Aufklärung kann die Schädigung des Ansehens des österreichischen Rechtsstaates hintanhalten.

Für eine rasche und umfassende Aufklärung scheint die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses dringend geboten.

*****

Präsident Dr. Heinz Fischer: Die Durchführung einer Debatte wurde nicht beantragt.

Wir kommen daher zur Abstimmung über diesen Antrag Dr. Jarolim auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Antrag Dr. Jarolim zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Minderheit. Der Antrag ist daher abgelehnt.

Einlauf

Präsident Dr. Heinz Fischer: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung die Selbständigen Anträge 578/A bis 588/A (E) eingebracht wurden.

Ferner sind die Anfragen 3212/J bis 3244/J eingelangt.


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Stenographisches Protokoll
89. Sitzung / Seite 116

Schließlich ist die Anfrage 22/JPR des Abgeordneten Wolfgang Jung an den Präsidenten des Nationalrates eingebracht worden.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates berufe ich für unmittelbar im Anschluss an diese Sitzung ein.

Diese Sitzung ist geschlossen.

Schluss der Sitzung: 21.19 Uhr