Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 92. Sitzung / Seite 110

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Herr Bundeskanzler! Da Sie so gerne an den Taten und nicht an den Worten gemessen werden, müssen wir Ihnen sagen: Schauen Sie sich alle Statistiken, die die Österreicherinnen und Österreicher betreffen, an, und Sie müssen zur ehrlichen, unpolemischen Auffassung kommen: Die Leistung, die Sie in den letzten zwei Jahren erbracht haben, ist eine außerordentlich bescheidene! Gut waren Sie nur dort, wo es um die Machtpolitik geht. Gut waren Sie nur dort, wo es darum gegangen ist, die FPÖ nicht in die Bahnen eines korrekten Verhaltens zu bringen, wo Sie zugelassen haben, dass die Demokratie beschädigt wird, und wo Sie zugelassen haben, dass auch das internationale Ansehen Österreichs durch diese Agitation der FPÖ in Mitleidenschaft gezogen wird. (Präsident Dr. Fischer gibt das Glockenzeichen.)  – Herr Präsident, ich komme zum letzten Satz.

Meine Damen und Herren! Im Jahr 2002 ist es in Österreich sozial kälter geworden, die Wirtschaft ist rezessiver, das Leben teurer geworden, für die Demokratie ist es enger und international ist Österreich leider unberechenbarer geworden. (Lang anhaltender Beifall bei der SPÖ und den Grünen. – Zwischenrufe bei den Freiheitlichen. – Abg. Mag. Schweitzer: Du hast gar nichts gesagt, und die applaudieren! Das ist unglaublich!)

15.20

Präsident Dr. Heinz Fischer: Zur Beantwortung der Anfrage im Sinne der Bestimmungen, die Sie alle kennen, hat sich der Herr Bundeskanzler zu Wort gemeldet. Ich erteile ihm das Wort. Die Redezeit soll 20 Minuten nicht überschreiten. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

15.21

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hohes Haus! Zunächst einmal: Wir verstehen heute vielleicht das Wort von der loyalen Opposition etwas besser, denn dass wir nicht einmal beantragen müssen, eine Rede zu halten, eine Erklärung abzugeben, sondern dass Sie mir von sich aus die Chance dazu geben, eine Bilanz unserer Arbeit zu ziehen, ist schon bemerkenswert. Ich danke Ihnen ausdrücklich dafür. Sie werden die Antworten bekommen, die Sie wollen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Zum Zweiten war das eine sehr bemerkenswerte Rede, Herr Abgeordneter Gusenbauer. Sie haben es nämlich fertig gebracht, und das ist gar nicht einfach, mit keinem einzigen Satz auch nur einen einzigen Lösungsvorschlag zu machen. Wenn die Situation wirklich so schlimm ist, wie Sie meinen, dann ist es doch bemerkenswert, dass Ihnen dazu gar nichts eingefallen ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Widerspruch bei der SPÖ.)

Sie müssen ja selber schmunzeln, denn Sie wissen ganz genau, dass es in Österreich Gott sei Dank nicht so ist. Dieses Jammertal, das Sie wortreich beschrieben haben, das muss woanders liegen, in einem anderen Erdteil, in einem versunkenen Atlantis. (Abg. Mag. Schweitzer: In der SPÖ-Parteikasse!) Österreich steht Gott sei Dank viel, viel besser da, als Sie wissen oder jedenfalls hier dargestellt haben, Herr Abgeordneter. Und darauf können wir gemeinsam stolz sein, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie reden von einer wirtschaftlichen und sozialen Schadensbilanz, Kriechspur, Isolation, Schlingerkurs, Feindbilder, Sprechblasen, Uneinigkeit, Zerstrittenheit. (Abg. Dietachmayr: So ist es! – Abg. Ing. Westenthaler: Das ist aus dem Horrorlexikon!) Herr Abgeordneter – und jetzt ernst gesagt –, heute ist der 31. Jänner. Ich würde sehr nachdenklich sein, und lassen wir den Champagner einmal weg: Wo war denn bitte von Anfang an der Beitrag der SPÖ und Ihres Vorgängers, als es tatsächlich um die Begrenzung des Schadens für unser Land gegangen ist? Da waren Sie nicht zu sehen oder auf der falschen Seite. Wir dagegen sind gestanden, meine Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

Sie werfen uns einen Schlingerkurs vor? Dann erklären Sie einmal in drei einfachen Sätzen, die ein normaler Mensch versteht, Ihren Kurs in der Erweiterungsfrage. Der hieß nämlich am Anfang, man könne es wegen der verschiedenen Probleme, die das soziale Gefälle mit sich bringe, jetzt nicht machen, noch nicht oder nicht so. Manche bei Ihnen, wichtige Repräsentanten, haben sogar gesagt, eine Erweiterung könne es nicht geben, bevor nicht das Lohnniveau bei den Beitrittskandidaten auf 80 Prozent des österreichischen Lohnniveaus angestiegen sei. (Die Abgeordneten Dr. Khol und Ing. Westenthaler: Wo ist Verzetnitsch?) Und da erklären Sie


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