Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 101. Sitzung / Seite 81

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Es gäbe hier noch eine Reihe von Argumenten anzuführen. Ich kann abschließend nur sagen, dass die Ambulanzbeiträge zu einer sozialen Selektion der Ambulanzbesuche führen: Die Patienten mit niedrigem Einkommen scheinen ihre Ambulanzbesuche eher zu reduzieren. Eine unterlassene Diagnostik oder Krankenbehandlung führt aber langfristig zu höheren Behand-lungskosten und ist sicherlich ein Schaden für alle Patienten.

Ich stelle fest – und das besagt auch die Studie aus dem Landeskrankenhaus Innsbruck –, dass die Ambulanzbeiträge in Frage zu stellen sind. Zum Beispiel wurden in Holland ähnliche Beiträge nach zwei Jahren wieder abgeschafft. Meine Damen und Herren, es ist höchste Zeit, sich am Beispiel Holland zu orientieren. Stimmen Sie daher unserem Antrag zur Abschaffung der unsozialen Ambulanzgebühren zu! (Beifall bei der SPÖ.)

13.30

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Als Nächster spricht Herr Bundesminister Mag. Haupt. – Bitte.

13.30

Bundesminister für soziale Sicherheit und Generationen Mag. Herbert Haupt: Sehr geehrte Damen und Herren! Ich darf zum gegenständlichen Entschließungsantrag auch aus der Sicht des Ministeriums Stellung nehmen, weil daraus inzwischen schon eine allgemeine Debatte über die Ambulanzgebühren geworden ist.

Herr Kollege Dietachmayr, Sie haben aus Ihrem Bundesland Oberösterreich angeführt, dass es dort eine Gewerkschaftsaktion gibt. Das ist richtig so. Die Gewerkschaftsaktion in Oberösterreich macht etwas mehr als zwei Drittel der Fälle aus, die nunmehr die Ambulanzgebühr durch Bescheid beeinspruchen. Ich darf Ihnen klar sagen, dass sich mit dieser Aktion des Österreichischen Gewerkschaftsbundes Oberösterreich die Verwaltungskosten von durchschnittlich 6,5 Prozent – auch nach Angaben von Oberchristl, der bekanntermaßen nicht meiner Partei zugehörig ist; das war in den Medien in Oberösterreich nachzulesen – verdreifachen werden.

Daher finde ich: Wenn Sie hier auf der einen Seite eine derartige Aktion verteidigen und auf der anderen Seite hinsichtlich der Verwaltungskosten monieren, warum diese bei den Ambulanzgebühren so exorbitant hoch sind, sollten Sie den Versicherten auch sagen, dass Sie mit dieser Aktion des Österreichischen Gewerkschaftsbundes den Versicherten Versicherungsgeld entziehen und Geld aus dem Bereich der Gesundheitsleistungen hin zum Bereich der Verwaltungsleistungen transferieren. Wenn Sie schon für Transparenz und für Offenheit sind, sollten Sie den Versicherten auch das klarmachen.

Sehr geehrter Herr Kollege Dietachmayr! Wenn Sie die Niederlande mit der dortigen Struktur ansprechen: Sie als Obmann des Sozialausschusses wissen, dass in den Niederlanden in der Struktur der Krankenanstalten im Verhältnis zu Österreich nicht einmal 35 Prozent der Betten vorgesehen sind und daher dort, wo der Krankenanstaltenbereich exorbitant zusammengedrückt und die Versorgung im Krankenanstaltenbereich auf ein Minimum reduziert worden ist, eine Ambulanzgebühr selbstverständlich unsinnig ist, weil dort die Patienten nur dann in die Ambulanzen kommen, wenn sie im niedergelassenen Bereich nicht entsprechend versorgt sind. Man sollte hier also nicht einen Vergleich von Äpfeln und Birnen machen, sondern systemkonform vergleichen.

Sehr geehrter Herr Kollege Dietachmayr! Ich bin sehr viel in Österreich unterwegs. Mich interessieren nicht Studien – die noch dazu nicht von der Universitätsklinik, sondern von einem Mitarbeiter gemacht worden sind –, sondern mich interessiert die Praxis. Ich darf Ihnen, aus der Praxis nachvollziehbar, einiges mitteilen. Für eine handchirurgische Intervention wie die Dupuytren-Operation, eine häufige Operation in diesem Bereich, beträgt nach dem Tarifkatalog der Gebietskrankenkasse meines Heimat-Bundeslandes Kärnten die Abgeltung ambulant rund 4 900 S, im Bereich des Krankenanstaltenwesens des Bundeslandes Kärnten 20 100 S, in den Privatkrankenanstalten der unterschiedlichen Träger 26 000 S und von Seiten der Beamtenversicherungen und anderer, grob gesprochen, 8 500 S.


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