Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 103. Sitzung / Seite 101

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Für die Tagesordnungspunkte 4 bis 6 wurde von Vorberatungen in Ausschüssen gemäß § 28a der Geschäftsordnung Abstand genommen.

Wir gehen nun in die Debatte ein.

Als Erste zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Mag. Lunacek. Ich erteile ihr dieses.

13.30

Abgeordnete Mag. Ulrike Lunacek (Grüne): Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß, es ist ein weiter Weg vom österreichischen Bildungssystem nach Französisch-Guyana oder nach Cotonou in Benin, jener Stadt, nach der das Cotonou-Abkommen, über das wir heute reden, benannt ist, aber ich hoffe dennoch, Ihre Aufmerksamkeit auch zu diesen Themen zu gewinnen und beanspruchen zu dürfen.

Wir behandeln in dieser Debatte mehrere Tagesordnungspunkte. Lassen Sie mich zunächst kurz begründen, warum meine Fraktion dem Bericht des Außenpolitischen Ausschusses über die Erklärung europäischer Regierungen über die Produktionsphase der Ariane-Träger nicht die Zustimmung erteilen wird; den anderen Vorlagen werden wir sehr wohl zustimmen.

Für diese Nichtzustimmung gibt es vor allem drei Gründe. Der eine ist, dass, obwohl in dem Abkommen zu den Ariane-Trägern sehr wohl drinnen steht, dass diese Raketen ausschließlich zu friedlichen Zwecken genutzt werden dürfen, die Gefahr eines Missbrauches natürlich immer gegeben ist.

Ein zweiter Punkt ist, dass dieses Raumfahrtzentrum in Französisch-Guyana angesiedelt ist, dort Tests durchgeführt werden und hier meines Erachtens sehr wohl auch kolonialistische Aspekte einfließen, die eine Zustimmung nicht unbedingt gerechtfertigt erscheinen lassen.

Das dritte und wohl wichtigste Argument ist, dass auch im Zusammenhang mit jenem Tagesordnungspunkt, den wir heute hier diskutieren, nämlich dem Cotonou-Abkommen, die Finanzmittel sehr wohl sinnvoller eingesetzt werden können als für die Erforschung einer Ariane-Rakete und die Nutzung derselben, gerade angesichts der Tatsache, dass das Thema Armutsbekämpfung ein Hauptthema des Cotonou-Abkommens – und auch der österreichischen Entwicklungszusammenarbeit – ist. Aus diesem Grund erscheint es mir sinnvoll, dass unsere Fraktion diesem Abkommen nicht die Zustimmung erteilt. (Beifall bei den Grünen.)

Wir werden aber den anderen Vorlagen und auch dem Cotonou-Abkommen unsere Zustimmung geben. Lassen Sie mich begründen, warum.

Dieses neue Abkommen zwischen der Europäischen Union und den so genannten AKP-Staaten, den Staaten in Afrika, in der Karibik und im pazifischen Raum – 77 Staaten, von denen 76 dieses Abkommen unterzeichnet haben; Kuba ist nicht dabei, versucht aber jetzt, auch dazuzukommen; ich hoffe, dass das gelingen wird –, regelt einen Bereich, der Gegenstand einer ganzen Generation von Abkommen seit der Entkolonialisierung und seitdem zahlreiche Staaten Afrikas, der Karibik und des Pazifik unabhängig wurden, war. Das ist also ein breites, vor allem entwicklungspolitisches, aber auch wirtschaftliches und politisches Kooperationsabkommen. Es ersetzt das Lomé-IV-Abkommen und die diversen anderen Vereinbarungen, die seit den siebziger Jahren zwischen dieser Ländergruppe und der EU geschlossen wurden.

Ursprünglich hatten diese Abkommen einen sehr partnerschaftlichen Geist. Es ging darum, wirklich gemeinsam Maßnahmen zu treffen, um diesen Ländern eine breitere und bessere soziale und wirtschaftliche Entwicklung zu gewährleisten. Leider ist schon beim Lomé-IV-Abkommen, das 1990 in Kraft trat, dieser partnerschaftliche Gedanke etwas abhanden gekommen. Schon damals wurde die Integration in den Weltmarkt als vorrangiges Ziel in den Vordergrund gestellt und wurden jene Ziele, die die eigenständige Entwicklung dieser Staaten im sozialen Bereich, im Umweltbereich betrafen, etwas in den Hintergrund gedrängt. Doch dieses Prinzip der Solidarität mit den Staaten in Afrika, in der Karibik und im Pazifik-Raum – die für manche europäische Staaten frühere Kolonien darstellen – ist wohl eines, das auch jetzt noch prägend sein sollte.


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