Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 103. Sitzung / Seite 103

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dezidiert genannt – auf dem Papier. Wie es mit der Umsetzung aussieht, da ist zu befürchten, dass das Motto gilt: Papier ist geduldig. Wie die Umsetzung aussieht, das steht in diesem Papier noch nicht drinnen. Es wird sich zeigen, wie bei den Verhandlungen zwischen der EU und einzelnen Ländergruppen, die im September 2002 beginnen, in denen es um die so genannten Wirtschaftspartnerschafts-Abkommen geht, das konkrete Verhandlungsmandat der Europäischen Union aussehen wird.

Es gibt hiezu schon eine Vorlage, einen Entwurf der Kommission, der aller Wahrscheinlichkeit nach im Juni vom Rat beschlossen werden soll. Ich bin diesbezüglich sehr neugierig, und ich hätte gerne die Frau Außenministerin gefragt – ich weiß nicht, ob Frau Ministerin Gehrer mir das beantworten kann, aber ich werde hoffentlich die Chance haben, diese konkrete Frage auch noch an die Außenministerin selbst zu richten –, ob sie vorhat, in dieses Verhandlungsmandat der Europäischen Union noch einige Dinge hineinzureklamieren: die schon erwähnte Priorität der regionalen Integration gegenüber der Integration in den Weltmarkt; die Frage, ob nicht ökologische Nachhaltigkeit und soziale Nachhaltigkeit, soziale Verträglichkeit auch in der Umsetzung ein Hauptpunkt sein sollten, und darauf hinzuweisen, dass es doch notwendig wäre, dass EU-Staaten und AKP-Staaten gemeinsam versuchen, die WTO-Regeln diesbezüglich umzugestalten, und nicht nur zu sagen: Wir orientieren uns jetzt in allem an der WTO. – Punkt.

Es gilt in diesem Zusammenhang aber vor allem auf einen Punkt hinzuweisen, den mein Kollege Pirklhuber dann später noch genauer ausführen wird: Die Regelungen in der EU im Bereich Landwirtschaft sind wohl diejenigen, die die Entwicklungsländer am meisten betreffen. Subventionen und Exportförderung stellen gerade für die Entwicklungsländer einen großen Nachteil dar, wenn es darum geht, ihre Produkte auf den Markt zu bringen oder ihre Produkte auch nur im eigenen Land umsetzen zu können.

Diesen Mangel an Kohärenz sehen wir ja auch in Österreich, aber er wird leider ebenso in diesem Papier deutlich: Am Papier – Papier ist geduldig – sind die Ziele, ist auch das Ziel der Armutsbekämpfung sehr wohl in Worten formuliert, aber wie es konkret aussehen wird, das wird von dem Verhandlungsmandat der EU abhängen. Hier wird noch notwendig sein, dass auch von österreichischer Seite die zwei schon genannten Punkte, aber auch der Punkt der Beteiligung der Zivilgesellschaft an den Verhandlungen für diese neuen Wirtschaftspartnerschafts-Abkommen der EU mit den AKP-Ländern eingefordert werden, und ich baue darauf, dass auch die österreichische Außenministerin das tun wird, auch wenn sie mir das jetzt nicht beantworten kann. (Beifall bei den Grünen.)

13.42

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Jäger. – Bitte.

13.43

Abgeordnete Inge Jäger (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Kollegin Lunacek hat bereits angesprochen, dass wir heute hier ein Gesetz beschließen, das Auswirkungen auf Länder hat, die sehr weit weg sind. Ich denke aber, dass Auswirkungen auf Länder in Afrika, das ja unser Nachbarkontinent ist, letztlich auch Auswirkungen auf uns haben. Ich bin auch davon überzeugt, dass viele dieser Länder in Afrika, in der Karibik, im Pazifik nur deshalb so arm sind, weil sie in Wirklichkeit so reich sind: reich an Ressourcen, reich an Rohstoffen. Seit der Zeit des Kolonialismus haben ja die europäischen Länder großes Interesse an diesen Rohstoffen gehabt. Heute sieht es so aus, dass Afrika mit nur 1 Prozent am Welthandel beteiligt ist und mit nur 2 Prozent am Handel mit den europäischen Ländern – und damit verarmt und verelendet. Ich meine, die Tatsache, dass ein ganzer Kontinent vom Welthandel abgekoppelt ist, ist tatsächlich der Skandal, und ich hoffe, dass das jetzt endlich geändert wird!

Wenn wir heute die Ratifizierung des neuen Wirtschaftspartnerschafts-Abkommens zwischen der EU und den AKP-Staaten beschließen, dann geht es dabei auch um die Frage, wie oder ob sich die Lebenssituation von Menschen in den ärmsten Ländern der Welt verbessert. Ich hoffe sehr, dass dieses Abkommen tatsächlich zu dieser Verbesserung beiträgt. Wir müssen uns eingestehen, dass die Liberalisierung des Welthandels eher zu einer Verschlechterung der


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