Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 103. Sitzung / Seite 150

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

Jetzt zum Kernbereich der ökologischen Steuerreform, zur Grundfrage, die Sie heute aufgeworfen haben. Sehr geehrter Herr Bundesminister! Sie haben in Ihrer Wortmeldung hier behauptet, man sollte keine Einzelmaßnahmen herausgreifen, keine Einzelmaßnahmen herauspicken. Genau das tun Sie aber. Sie von der ÖVP und Sie, Herr Bundesminister, fordern die Reduzierung des Dieselpreises im Agrarsektor. Das ist doch ein Wahnsinn unter dem Gesichtspunkt einer ökologischen Umsteuerung!

Ich kann doch nicht auf der einen Seite ein Konzept für die Ökosteuerreform anbieten, zur Diskussion stellen und auf der anderen Seite den Agrardiesel verbilligen – auch wenn das unter Umständen in anderen Ländern Europas noch der Fall ist. Das kann es nicht sein, meine Damen und Herren! Das ist nicht konsequent, das ist nicht stringent, und da versagen Sie auf ganzer Linie, Herr Umweltminister! (Beifall bei den Grünen.)

Daher würde es Ihnen gut anstehen, vor Ihrer eigenen Türe zu kehren, statt der Opposition gute Ratschläge zu erteilen. Legen Sie endlich ein Detailkonzept vor, Herr Bundesminister! Wir warten darauf! Dann sind wir auch bereit, gute Konzepte mitzutragen. (Beifall bei den Grünen.)

16.48

Präsident Dr. Heinz Fischer: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kubitschek. – Bitte.

16.48

Abgeordnete Mag. Maria Kubitschek (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Man hat fast den Eindruck, dass das Wort "Nachhaltigkeit" zu einem neuen Lieblingswort der Regierungsparteien geworden ist. Aber in der Diktion der Regierung bedeutet Nachhaltigkeit offenbar ungefähr so viel wie "kommt ohnehin nie zu Stande". (Beifall bei der SPÖ.)

In meinem Wortschatz kommt dem Wort "Nachhaltigkeit" allerdings eine andere Bedeutung zu. Ich würde es zum Beispiel im Zusammenhang mit dem nachhaltigen Chaos verwenden, das die Regierung im Rahmen der Steuerdebatte hinterlässt. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.) Das Überraschende dabei ist allerdings, dass am Ende jeder noch so chaotischen Diskussion immer wieder ein sehr konkreter Vorschlag steht – leider immer wieder ein sehr konkreter Vorschlag über neuerliche Steuererhöhungen und über neuerliche Belastungen.

Das beginnt bei dem Vorschlag von Minister Grasser, beispielsweise die Grundsteuer zu erhöhen, und geht bis zu den jüngsten Ankündigungen, ebenfalls von Minister Grasser, gleich eine ganze Latte von steuerlichen Begünstigungen für Arbeitnehmer wieder abzuschaffen.

Steuersenkungen werden angekündigt, Steuererhöhungen und Belastungen werden letztendlich durchgeführt: seit Amtsantritt dieser Regierung im Ausmaß von 111,5 Milliarden Schilling oder in Euro – da klingt es nicht so schlimm – 8,1 Milliarden €. Das macht unter dem Strich 20 Prozent Steigerung bei der Steuerlast in nur zwei Jahren.

Der Regierung fällt angesichts dieser Daten trotzdem nicht mehr zum Thema Steuerreform ein als immer weitere Belastungen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eine Debatte über eine Steuerreform, wie sie von den Grünen heute angeregt worden ist, ist mit Sicherheit erforderlich, eine solche Debatte setzt aber, so glaube ich, eine Auseinandersetzung mit der Verteilung der Steuerlast in Österreich voraus. Wenn man eine solche Debatte ernsthaft führt, dann kommt man sehr schnell zu folgendem Ergebnis:

Der Faktor Arbeit ist in Österreich deutlich höher belastet als der Faktor Kapital. Das lässt sich an sehr vielen internationalen Vergleichen eindeutig nachweisen. Das bedeutet, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass das bestehende Steuersystem dem Kapital gegenüber der Arbeit einen Wettbewerbsvorsprung einräumt, und dieser Wettbewerbsvorsprung fällt in Österreich ganz besonders drastisch aus. Alle Überlegungen zu einer Steuerreform müssen daher unserer Meinung nach davon ausgehen, dass dieser Faktor Arbeit vorrangig zu entlasten ist. Im Wesentlichen geht davon auch der Antrag der Grünen aus.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite