Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 103. Sitzung / Seite 166

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

17.58

Abgeordnete Mag. Maria Kubitschek (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist schon gesagt worden, dass mit dem vorliegenden Bundesvergabegesetz tatsächlich ein Qualitätssprung gelungen ist. Der größte Erfolg ist sicher – auch das ist heute schon mehrfach angesprochen worden –, dass es gelungen ist, mit den Ländern und Gemeinden ein einheitliches Vergaberecht auszuarbeiten, sodass in Zukunft eben ein einheitliches, vereinfachtes Verfahren gelten kann, nach dem im gesamten Bundesgebiet Aufträge vergeben werden. Das bedeutet mehr Transparenz, dadurch weniger Aufwand und letztendlich niedrigere Kosten für die Unternehmen. Es ist also aus vielen Gründen wirklich zu begrüßen.

Abgesehen davon enthält das Bundesvergabegesetz auch noch eine ganze Reihe anderer wesentlicher Punkte, auf die die meisten meiner Vorredner allerdings schon eingegangen sind. Das heißt, ich möchte daher nur noch ein Thema ansprechen, und zwar deshalb, weil ich in diesem Zusammenhang eine Frage an Herrn Staatssekretär Morak richten möchte, der allerdings gerade vorher dazu gesprochen hat. Vielleicht können Sie trotzdem nachher noch kurz darauf eingehen.

Es ist gelungen, die Berücksichtigung von sozialpolitischen Aspekten bei der öffentlichen Auftragsvergabe in das Gesetz einzubringen. Das ist eine langjährige Forderung der Gewerkschaften und auch der Arbeiterkammer. Es freut mich daher umso mehr, dass es jetzt, wie gesagt, gelungen ist, diesen Aspekt in dieses Gesetz mit aufzunehmen. Ich glaube, die öffentliche Hand hat eine wichtige Vorbildrolle, es muss daher auch möglich sein, solche gesellschaftspolitischen Zielsetzungen bewusst zu fördern und Anreize dafür zu setzen.

Was ich allerdings beim besten Willen nicht nachvollziehen kann, das ist, dass es der Regierung trotz des hier vorliegenden Gesetzentwurfes ganz offensichtlich kein Bedürfnis ist, die gleiche Regelung auch auf europäischer Ebene umzusetzen. Es hat gestern ein Binnenmarktministerrat in Brüssel getagt, und auf der Tagesordnung stand eine Änderung der geltenden EG-Vergaberichtlinien. Die Umsetzung dieses Richtlinienentwurfs würde bedeuten, dass die Gesetzesvorlage, die wir heute hier beschließen, in diesem Punkt praktisch schon wieder veraltet ist. Was aber noch schlimmer ist: Es würde vor allem bedeuten, dass der Beschluss zahnlos wird. Das heißt, die vorgeschlagene EG-Regelung soll die Einbeziehung von sozialen und ökologischen Kriterien bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen nicht zulassen, und damit wäre die Regelung, die ich jetzt gerade so positiv hervorgehoben habe, in Wirklichkeit schon wieder hinfällig.

Meine Damen und Herren! Es ist, so glaube ich, klar, dass sich kleine Länder mit ihren Anliegen in der Europäischen Union nicht immer durchsetzen können. Das Problem, das ich allerdings in diesem Fall eher sehe, ist, dass Österreich anscheinend gerade dabei ist, sich durchzusetzen. In diesem Fall zählt Österreich nämlich zur Mehrheitsfraktion, das heißt zur Mehrheit derjenigen Länder, die sich dezidiert gegen die Aufnahme von sozialen und ökologischen Kriterien in das Vergabewesen aussprechen. Österreich hat sich bisher bei allen Verhandlungen und bei allen Abstimmungen in der Europäischen Union dezidiert gegen eine solche Maßnahme ausgesprochen, die wir heute in einem österreichischen Gesetz verankern; das ist ausreichend dokumentiert.

Mit einer europäischen Regelung, die die Berücksichtigung von sozialen und ökologischen Kriterien ausschließt, wird eindeutig der Spielraum für die österreichische Ausgestaltung festgelegt. Das heißt, die Regelung, die wir heute beschließen, ist morgen nicht mehr gültig. Vielleicht steckt hinter diesem sehr befremdlichen Verhalten der Regierung eine Strategie, deren Sinnhaftigkeit ich jetzt nicht nachvollziehen kann, und daher, Herr Staatssekretär Morak, würde ich Sie ersuchen, dass Sie das vielleicht aufklären. Mir fällt jedenfalls dazu keine sinnvolle Erklärung ein.

Ich möchte noch einen ganz kleinen Hinweis anbringen: Eine rasche Umsetzung der neuen Regelung hängt natürlich auch davon ab, dass in den einzelnen Ressorts rasch entsprechende Schulungsmaßnahmen anlaufen. Ansonsten besteht nämlich die Gefahr, dass Vergaben zum Beispiel im Bereich des Arbeitsmarktservice nicht mehr rechtzeitig abgewickelt werden können.


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite