Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 106. Sitzung / Seite 42

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10.25

Abgeordneter Friedrich Verzetnitsch (SPÖ): Hohes Haus! Herr Präsident! Herr Bundeskanzler! Meine sehr geehrten Herren Minister! Ich bin froh darüber, dass bei dieser Materie keine Geheimsitzungen notwendig waren, um ein Ergebnis zu erzielen, sondern dass heute hier ein Akt abzuschließen sein wird, der über Jahre hinweg in der politischen Diskussion stand. Es sind dies die seltenen Momente im parlamentarischen Geschehen, die letztendlich alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer unseres Landes, aber auch die Arbeitgeber positiv betreffen. Man hat von einer so genannten Win-Win-Situation gesprochen.

Für mich ist es die umfassendste Neuordnung seit rund 80 Jahren, die in diesem Zusammenhang zu erwähnen ist. Es ist mit dem heute zu beschließenden Gesetz endlich gelungen, die negativen Wirkungen des derzeit bestehenden Abfertigungsgesetzes der Vergangenheit angehören zu lassen.

Was sind diese negativen Wirkungen? – Dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vor dem nächsten Sprung der Abfertigung gekündigt wurden, weil man den höheren Abfertigungsanspruch nicht zahlen wollte, dass unter dem Titel, es könnte ja auch eine Abfertigung fällig werden, Mobbing betrieben wurde, dass der Mobilitätscharakter nicht zum Tragen gekommen ist, weil es ... (Abg. Mag. Schweitzer: Wieso habt ihr das nicht gemacht? Bis 1999? Wieso nicht?)  – Zuhören, es wird auch darauf Bezug genommen. Fragen Sie einmal die Herren, die hinter mir sitzen, dann werden Sie die entsprechende Antwort bekommen, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Es wird auch mit all jenen Mobilitätshemmnissen zu Ende sein, die immer wieder in den Betrieben festzustellen sind – wenn man selbst kündigt, dann würde man die Abfertigung verlieren, und daher bleibt man auch.

Das Wesentlichste für uns Sozialdemokraten und Gewerkschafter ist aber, dass endlich Schluss ist mit den Unterschieden zwischen jenen, die vollzeitbeschäftigt sind, und jenen, die in Saison beschäftigt sind, die in kurzfristigen Maßnahmen sind. Es ist die Einsicht eingekehrt, dass Abfertigung als Wert erhalten bleiben soll und dass Abfertigung kein Relikt ist, das man gegen eine Pensionsvorsorge tauschen kann. Die Wahlfreiheit ist ein ganz entscheidender Faktor bei der Neuregelung dieser Abfertigung – einfach auch deswegen, weil auf Grund der heutigen Erfahrung zwei Drittel der Abfertigungen nicht bei Pensionsantritt, sondern im Laufe des Arbeitslebens ausbezahlt werden. (Beifall bei der SPÖ.)

Das ist nicht leicht umzusetzen, und das war nicht leicht umzusetzen. Wir haben nämlich zum Beispiel im Jahre 1999, das Sie angesprochen haben, einen Antrag betreffend Abfertigung hier im Haus eingebracht, der von Ihrem Koalitionspartner ÖVP nicht angenommen wurde. Es ist damals klar und deutlich zum Ausdruck gekommen, dass man die Abfertigung in eine Pension umwandeln will, dass ein Arbeitnehmer ein Jahr braucht, um überhaupt Abfertigungsansprüche zu haben, und es wurde vor allem auch der Tausch von Arbeitnehmerrechten zur Einführung der Abfertigung eingefordert. Dagegen haben sich die Sozialdemokraten gewandt. (Abg. Mag. Schweitzer: Aber warum haben Sie das nicht mit uns gemacht?) Das ist der Einwand, den Sie in Ihrem Folder fälschlicherweise immer wieder in der Öffentlichkeit zitieren.

Wären wir Ihrem Vorschlag gefolgt, dann hätten wir heute keine Abfertigung mehr, sondern eine Pensionskasse. Wären wir Ihrem Vorschlag gefolgt, dann wären Arbeitnehmerrechte gegen die Abfertigung getauscht worden. Wären wir Ihrem Vorschlag gefolgt, dann würden die Saisonkräfte nicht in der Abfertigung umfasst sein. Das ist die Wahrheit, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich behaupte – das sicher mit Fug und Recht; die Debatten waren ja nachvollziehbar, im Jahre 1999, im Jahre 2000 und auch im Jahre 2001 –: Erst die Urabstimmung des ÖGB mit über 807 000 Stimmen hat dazu geführt, dass die Wirtschaft und auch Sie als Koalition verhandlungsbereit wurden. (Abg. Ing. Westenthaler: Das glauben Sie aber selbst nicht! – Abg. Böhacker: Das ist ja kindisch!) Das war das Ergebnis der Meinungen jener Menschen, die für


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