Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 75

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werden. Wir haben diese Diskussion zu führen, denn sie ist wichtig, damit wir das System auch nachhaltig finanzieren können. (Beifall bei der ÖVP.)

Nicht an Ihren Worten, meine Damen und Herren, sollen sich die Bürger orientieren, sondern an unseren Taten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen. – Abg. Dr. Mertel: Das werden sie tun!) Wir brauchen eine neue Bewegung, wir brauchen mehr Sensibilität, wir brauchen eine neue sozialpolitische Ausrichtung – Sie können dabei sein, wenn Sie wollen. (Neuerlicher Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen.)

12.48

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Brosz. – Bitte.

12.48

Abgeordneter Dieter Brosz (Grüne): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Im Vorfeld des Volksbegehrens habe ich eigentlich mit Freude und auch Verständnis zur Kenntnis genommen, dass auch das Thema "Bildung" eine nicht unwesentliche Rolle im Rahmen der Bekanntmachung der Inhalte des Volksbegehrens gespielt hat, und zwar nicht nur im Hinblick auf die Auswirkungen budgetärer Sparmaßnahmen im Bereich des Bildungssystems auf die soziale Gleichstellung, worüber wir schon oft diskutiert haben.

Zwei Aspekte scheinen mir besonders relevant zu sein. Der eine Aspekt war im Vorfeld, nämlich im Jahr davor, die Einführung der Studiengebühren. Dazu muss man wohl eindeutig sagen: Wenn schon zuvor mehr als die Hälfte der Studierenden in Österreich gezwungen gewesen sind, einer Arbeit nachzugehen, um ihr Studium zu finanzieren, dann kann die Einführung von Studiengebühren mit Sicherheit nicht der sozialen Chancengleichheit gerecht werden, und auch all das, was an Begleitmaßnahmen gekommen ist, ist sicherlich ein sozialer Rückschritt im Bereich der Universitäten gewesen.

Der zweite Aspekt, der mir aber auch im Schulbereich sehr relevant zu sein scheint, ist, dass es da nicht nur, wie schon erwähnt, um Fragen budgetärer Einsparungen geht, sondern dass man das Bildungssystem im Gesamten betrachten und fragen sollte, inwiefern ein solches System zu dem, was im Volksbegehren steht, nämlich zur Berücksichtigung der sozialen Sicherheit und vor allem der Chancengleichheit, beiträgt oder eben nicht beiträgt.

Dazu muss ich sagen, und das haben auch internationale Studien in jüngster Vergangenheit gezeigt, dass das österreichische Bildungssystem im Unterschied zu anderen Erfahrungen, im Unterschied zu anderen Möglichkeiten eines ist, in dem soziale Selektivität ein ganz wesentliches Kriterium ist. Wir brauchen nur im Pisa-Bericht nachzulesen, wo für Österreich und Deutschland festgestellt wird, dass das die beiden Länder sind, in denen die Fragen, aus welcher Familie man kommt, aus welchem sozioökonomischen Status man kommt, sehr relevant sind. Es wird auch empfohlen, dass Österreich darüber nachdenken sollte.

Da geht es um mehrere Punkte. Da geht es unter anderem um die Frage Integration. Integration wird in Österreich auf die Pflichtschule beschränkt, es gibt keine Möglichkeit der Integration von Kindern mit besonderen Bedürfnissen in den weiteren Schulen. In der neunten Schulstufe ist sie auf die Polytechnische Schule beschränkt. – Eine Maßnahme, die ganz klar belegt, dass nicht versucht wird, soziale Sicherheit, soziale Chancengleichheit zu gewähren.

Klar ist auch, dass es kaum ein anderes Land gibt – in Deutschland herrschen ähnliche Verhältnisse –, in dem das Bildungsniveau der Eltern in diesem Ausmaß relevant ist für die Reproduzierung von Bildungsniveaus, für den erreichbaren Bildungsstatus von Kindern und Jugendlichen. Man braucht sich nur die internationalen Vergleiche anzuschauen. Man sieht, wie es beispielsweise skandinavischen Ländern gelingt, hier ausgleichend zu wirken, sodass auch Kindern aus sozial weniger begüterten Familien die Möglichkeit zur Bildung geboten wird; dass Bildung ein Kriterium für soziale Sicherheit ist, steht wohl außer Streit. In Österreich erfolgt meiner Meinung nach, unserer Meinung nach dieser Ausgleich in viel zu geringem Ausmaß.


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