Nationalrat, XXI.GP Stenographisches Protokoll 107. Sitzung / Seite 81

Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite

13.12

Abgeordnete Jutta Wochesländer (Freiheitliche): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich habe gerade vorhin einen Anruf von einem, ich muss leider sagen, enttäuschten Zuhörer dieser Debatte bekommen – enttäuscht nicht von den Beiträgen der Regierungsfraktionen, sondern von Ihren Beiträgen. (Ruf bei der SPÖ: Ein guter Schmäh!)

Dieser Zuhörer hat sich von Ihnen aufhetzen lassen, dieses Sozialstaat-Volksbegehren zu unterschreiben, und jetzt ist er dahinter gekommen, dass es eigentlich nur miese Propaganda und Hetze war, denn er weiß mittlerweile sehr genau, Österreich ist ein Sozialstaat. Nehmen Sie das bitte endlich auch einmal zur Kenntnis! (Beifall bei den Freiheitlichen und der ÖVP. – Abg. Dr. Mertel: Und er hat sich bei Ihnen entschuldigt?)

Ich verstehe diesen Zuhörer, denn was Sie die ganze Zeit hier geboten haben, nämlich eine Diskussion über 200 000 € – ja oder nein? –, hat mit dem Sozialstaat nichts zu tun, sondern da gibt es für mich nur eine Definition. Wie definiere ich das Wort "Lüge"? – Notlüge, schwere Lüge, und die dritte Form: Cap, Bures und Konsorten, die nur mehr lügen und nicht mehr wissen, wovon sie reden! (Abg. Dr. Mertel: Herr Präsident! "Lüge"! "Lüge"! ) Definieren darf man! Ich habe ja niemandem etwas gesagt, ich habe nur definiert.

Präsident Dr. Werner Fasslabend: Ich habe den Ausdruck nicht gehört, ich kann daher jetzt nicht unmittelbar darauf reagieren. Frau Abgeordnete, Sie können es wahrscheinlich selbst beurteilen. Wenn es geschäftsordnungsmäßig nicht zuträglich war, würde ich darum ersuchen, das zurückzunehmen. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Sie, Frau Mertel, haben gesagt, der Pumberger ist ein Halbdebiler!)

Abgeordnete Jutta Wochesländer (fortsetzend): Gut, aber jetzt bin ich am Wort! Tun wir weiter! Also: Ich nehme das Wort "Lüge" zurück. Ich weiß aber, dass es eine Definition gibt, die so gehandhabt wird. Diese habe ich so gesagt, und die nehme ich nicht zurück.

Meine Damen und Herren! Es gibt eine Studie, die im Juni dieses Jahres erschienen ist und die ich mir zufällig angeschaut habe. Da heißt es: Mit einem Anteil von annähernd 30 Prozent des BIP für Sozialausgaben ist Österreich hinsichtlich dieses Anteils ein ganz normaler Sozialstaat. Im Unterschied zum Durchschnitt der EU-Staaten wird hier jedoch etwas mehr für die Alten, die Witwen und die Familien ausgegeben. Mehr als ein Drittel der Österreicher erhalten derzeit Sozialleistungen, die ihrer Existenzsicherung dienen. – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Das ist keine Studie von einem Wissenschafter, der der freiheitlichen oder der ÖVP-Linie zugeneigt ist. Nein! Ich kann Ihnen gerne den Namen nennen: Es ist Mag. Karl Wörister, und ich glaube, Herr Cap oder auch Herr Gusenbauer wissen genau, welche Farbe dieser Herr hat.

Ich glaube, es ist keine Rede davon, dass es notwendig wäre, wie im Sozialstaat-Volksbegehren verlangt, das Recht auf Sozialstaat in die Verfassung aufzunehmen.

Was mir natürlich auffällt: Sie wehren sich zum Beispiel gegen das Kindergeld – eine absolut soziale Einrichtung! Das wollen Sie gleich wieder abschaffen. Das prognostizieren Sie doch ständig! Ich kann nur sagen: Gott behüte, dass diese Partei noch einmal an die Regierung kommt! Das wäre schlecht für Österreich. (Beifall bei den Freiheitlichen. – Zwischenrufe der Abg. Silhavy. )

Meine Damen und Herren! Sie verlangen die schriftliche Verankerung des Sozialstaates in der Verfassung – wahrscheinlich als Vorsichtsmaßnahme, damit unsere Kinder und Kindeskinder einmal den Begriff "Sozialstaat" kennen. Wenn Sie an der Regierung wären, würde es diesen Sozialstaat nämlich bald nicht mehr geben. Die Mehrzahl der Österreicher weiß ganz genau, dass sie mit dieser Regierung in eine abgesicherte Zukunft blickt.

Bei Ihrer Finanzpolitik, meine Damen und Herren von der SPÖ, gerade bei der des Herrn Edlinger, hätte es wahrscheinlich kein Volksbegehren für den Sozialstaat gegeben, sondern es hätte ein Volksbegehren zum Begriff "Schuldenstaat" geben müssen. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen und bei Abgeordneten der ÖVP.)

13.16


Home Seite 1 Vorherige Seite Nächste Seite