Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 69. Sitzung / Seite 11

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Über diese Redeordnung entscheidet das Hohe Haus. Wir kommen daher sogleich zur Abstimmung.

Wer damit einverstanden ist, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist einstimmig an­genommen.

1. Punkt

Erklärung des Bundeskanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Nationalrates zu den Themen „Eine Verfassung für Europa – der Europäische Rat vom 17. und 18. Juni 2004“ und „Änderung der personellen Zusammenset­zung der Bundesregierung“

2. Punkt

Erklärung des Vizekanzlers gemäß § 19 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Na­tionalrates zum Thema „Personelle Veränderungen in der Bundesregierung“

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zu den Punkten 1 und 2 der Tagesord­nung, über die die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Herr Bundeskanzler, Sie sind am Wort.

 


10.07

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Herr Präsident! Hohes Haus! In diesen Wo­chen werden in Europa sehr viele und sehr bedeutsame Weichen gestellt. Am 1. Mai konnten wir die Wiedervereinigung Europas mit dem Beitritt von zehn neuen Mitglied­staaten begrüßen. Zum ersten Mal haben vor zwei Wochen die Völker Europas – immerhin haben 156 Millionen Menschen von ihrem Wahlrecht Gebrauch gemacht – in Freiheit ein gemeinsames Parlament gewählt.

Vor einer Woche konnten wir im Europäischen Rat in Brüssel die erste Europäische Verfassung beschließen – und morgen fällt die Entscheidung über die Führung der Union in den kommenden fünf Jahren: über den Kommissionspräsidenten, den Außen­minister und den Generalsekretär.

Meine Damen und Herren! Was da geschieht, ist tatsächlich historisch, gerade auch, wenn man das in einem längeren historischen Zeitraum sieht. Heute jährt sich zum 90. Mal der Tag, an dem der österreichische Thronfolger und seine Frau in Sarajewo ermordet wurden. Europa wurde damals in Brand gesetzt: Der Erste Weltkrieg war die Folge. Eine unglaubliche Instabilität, insbesondere in Mitteleuropa, folgte. – Und der Zweite Weltkrieg war eine Mitfolge dieser Ereignisse.

Erst jetzt beginnen wir – mühselig, schwierig und unter Schmerzen –, diese Spannun­gen, diese Probleme zu überwinden. Ich finde, es tut uns ganz gut, wenn wir manch­mal den Blick über Österreich hinaus richten und versuchen, das Ganze zu sehen.

Wozu braucht man überhaupt diese Verfassung? – Karl Renner hat vor fast 100 Jah­ren, wenige Meter von hier entfernt, im österreichischen Reichsratssaal wörtlich gesagt: Die Nationen werden immer streiten, aber das Entscheidende ist, ob sie mit Heugabeln, durch gegenseitiges Einschlagen der Fenster oder auf Grund gewisser­maßen eines Grundbuchs streiten. – Zitatende.

Meine Damen und Herren! Dieses „Grundbuch“ – zwischen Anführungszeichen – liegt nun als Verfassung für fast 500 Millionen Bürger der Europäischen Union vor. Um diese Verfassung haben sich sowohl Europas Parlamentarier im Konvent als auch die 25 Regierungen der EU-Mitgliedstaaten bemüht. – Jetzt müssen die Volksvertreter und


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