Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 86. Sitzung / Seite 179

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Wesentliche Fragen jedes Budgets – Kollegin Sburny hat das schon erwähnt – sind Verteilungsfragen, also die Inzidenz von Ausgaben und Einnahmen. Ich meine, das Budgethearing hat eindeutig belegt, dass durch dieses Budget wie auch durch das Budgetbegleitgesetz die bestehende Verteilungs-Schieflage noch weiter verschärft wird. So verschärft sich etwa auch die negative Steuerstruktur – trotz, historisch gese­hen, sehr hoher Steuer- und Abgabenquote!

Bereits eine Einzelbetrachtung der Steuern belegt dieses Bild; man braucht nur einige wenige Grobdaten herzunehmen. So stieg etwa vom Jahr 2000 bis zum Jahr 2005 das Lohnsteueraufkommen um knapp 18 Prozent, das Umsatzsteueraufkommen um knapp 12 Prozent, jenes der Verbrauchsteuern – einer besonders regressiven Abgabenart – um 29,3 Prozent. Demgegenüber ist das Aufkommen der Körperschaftsteuer um 7 Prozent und jenes der Einkommensteuer um knapp 15 Prozent gesunken.

Die nunmehrige Steuerreform wird diese Situation durch die Einzelmaßnahmen, die hier getroffen werden, klarerweise weiter verschlechtern, und zwar weiter verschlech­tern zu Lasten der unselbständig Beschäftigten, obwohl der Finanzminister – und ich hoffe, ich habe ihn richtig verstanden – im Budgetausschuss zwischen den Zeilen an­gekündigt hat, dass er die Körperschaftsteuersenkung wieder zurücknehmen wird. Er hat erwähnt, er wolle weniger staatliche Umverteilung nach dem Gießkannenprinzip. – Na ja, was ist die Körperschaftsteuersenkung? Genau diese staatliche Umverteilung nach dem Gießkannenprinzip! Also wir erwarten hier Ihren Abänderungsantrag, Herr Staatssekretär, in zweiter Lesung. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

Andererseits – und das macht mich jetzt wieder ein bisschen skeptisch, ob denn hier tatsächlich die Regierungsparteien ihrem eigenen Vorschlag, die Körperschaftsteuer­senkung wieder zurückzunehmen, folgen werden – rühmen sich die Regierungspartei­en damit, dass Österreich in puncto Attraktivität der Unternehmenssteuern jetzt einige Länder überholt habe. – Das ist so, als würde man postulieren, ein Steuerwettbewerb nach unten ist per se schon etwas ökonomisch Wertvolles.

Ich würde daher vorschlagen: Bringen Sie gleich einen ganz anderen Antrag ein, brin­gen Sie einen Antrag ein, dass sämtliche Unternehmenssteuern in Österreich abge­schafft werden sollen! Dann überholen wir nämlich nicht nur einige Länder, sondern mit einem Schlag gleich alle.

Auf der anderen Seite ist offensichtlich genügend Geld für andere Maßnahmen da, etwa für die Eurofighter. Wenn die Eurofighter, wie wir vorhin diskutiert haben, dann vielleicht gar nicht vom Boden abheben, weil sie nicht fliegen und sich nur am Boden bewegen können, dann bestünde ja die Möglichkeit, dass die ÖVP-Wien zum Beispiel diese Eurofighter als Nacht-Autobusse einsetzt, obwohl eben nur zwei Passagiere in diesen „Autobus“ hineinpassen – aber das reicht für die Anzahl der Wähler der ÖVP in Wien ohnehin aus. (Beifall bei der SPÖ.)

Aber auch den Wachstumseffekt des Budgets betreffend, der im Wesentlichen ja von den Steuermaßnahmen ausgeht, fällt das Zeugnis durchaus nicht besonders günstig aus. Prognostiziert wird bei diesem Wachstumseffekt in Wirklichkeit ein Multiplikator von sage und schreibe 0,4, und zwar von den Wirtschaftsforschern, nicht von uns! Damit wird auch die ökonomische Tatsache ignoriert, dass Wachstums- und Multiplika­toreffekte etwa bei öffentlichen Ausgaben wesentlich höher gewesen wären, im Be­reich der Infrastruktur etwa bei 1,5 oder sogar bei Steuersenkungen im Bereich des untersten Einkommensdrittels bei 0,9.

Das heißt im Endeffekt, man hätte den prognostizierten Wachstumseffekt mit einem deutlich geringeren Mitteleinsatz erreichen können und damit auch mit einem deutlich geringeren Defizit oder, umgekehrt, mit dem vorhandenen Mitteleinsatz, den man jetzt


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