Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 109. Sitzung / Seite 54

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sendungen, nicht an journalistischen Qualitätskriterien orientiert sind, sondern an be­stimmten, einseitigen parteipolitischen Gesichtspunkten. (Präsidentin Mag. Pram­mer gibt das Glockenzeichen.)

Mein Schlusssatz, Frau Präsidentin: Die Grünen – und ich hoffe, auch andere – wer­den nicht hinnehmen, dass die Objektivität und damit die Glaubwürdigkeit des ORF hintertrieben wird. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

11.06

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt der Herr Bundes­kanzler. Redezeit: 15 Minuten. – Bitte, Herr Bundeskanzler.

 


11.06.58

Bundeskanzler Dr. Wolfgang Schüssel: Hohes Haus! Frau Präsidentin! Ich darf dem Präsidium und der Präsidialkonferenz danken, dass die Abstimmung über dieses so wichtige Europäische Verfassungswerk in einen sehr wichtigen Zeitpunkt hineingelegt wurde, nämlich: Am 27. April 2005 war es 60 Jahre her, dass die Zweite Republik gegründet wurde, und kommenden Sonntag wird gefeiert, dass vor 50 Jahren der österreichische Staatsvertrag unterschrieben wurde – und jetzt legen wir genau in diese Zeit hinein die Entscheidung über diese Europäische Verfassung.

Das hat einen tiefen Sinn: Der Staatsvertrag hat uns frei von der Besatzung gemacht, und diese Europäische Verfassung macht uns frei zu etwas, nämlich zur Mitwirkung an einem sozialen, friedlichen und wirtschaftlich starken Europa. Und das ist eine be­deutende Botschaft des heutigen Tages! (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen.)

Europa ist nicht an einem Tag erbaut worden, Rom auch nicht. Die Europäische Union wurde ja in Rom gegründet, und dieser Vertrag ist auch in Rom unterzeichnet worden. Es sind also römische Verträge, und zwar Verträge, die einen Prozess über viele Jahr­zehnte beschreiben.

Wir sind nicht am Ende dieses Prozesses, sondern wir sind auf einem vorläufigen Höhepunkt, und ich glaube schon – wie auch die Vorredner betont haben –, sagen zu können: Die europäische Geschichte, seit wir diese Integrationsbewegungen haben, angedacht von Victor Hugo bis zu Coudenhove-Kalergi, bis herauf zur berühmten Churchill-Rede und dann zur Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft, ist seit 60 Jahren eine Geschichte des Erfolges, des Friedens und der Stabilität. Und es ist sehr positiv, dass wir an dieser Geschichte auch mitwirken können.

Dieser Verfassungsvertrag ist ja nicht jetzt erfunden worden, sondern er geht zurück auf den Dezember 2001, als wir in Laeken Giscard D’Estaing als Konvents-Vor­sitzenden beschlossen und einen Konvent von 105 Persönlichkeiten, die dann fast zwei Jahre lang dieses Verfassungswerk vorbereitet haben, eingesetzt haben.

Es war am 28. Februar 2002, als der Konvent seine Arbeit aufgenommen hatte. Im Juli des darauf folgenden Jahres 2003 wurde der Verfassungsvertrag fertig gestellt. Schon im Oktober 2003 haben wir in Rom die Regierungskonferenz gegründet. Damals war Benita Ferrero-Waldner mit mir unterwegs, der ich auch hier für ihre Arbeit danken möchte. Schließlich haben wir am 29. Oktober 2004 diesen Verfassungsvertrag unterzeichnen dürfen: die Außenministerin Ursula Plassnik und ich selber.

Wir haben in zwei Stufen mit einem Bundesverfassungsgesetz die Ermächtigung bekommen, einstimmig – an dieser Stelle ein Dank an den Nationalrat, an alle vier Fraktionen hier im Hohen Hause –, und beschließen heute diesen Verfassungsvertrag.

 


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