Nationalrat, XXII.GP Stenographisches Protokoll 133. Sitzung / Seite 151

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Herr Präsident Khol! (Rufe bei der ÖVP: Hallo! Hallo!) Ich zitiere aus der Geschäfts­ordnung, und zwar § 77, Einsprüche des Bundesrates:

„Einsprüche des Bundesrates gegen Gesetzesbeschlüsse des Nationalrates werden dem Nationalrat durch den Vorsitzenden des Bundesrates schriftlich mitgeteilt ... und vom Präsidenten in der auf die Verteilung nächstfolgenden Sitzung einem Aus­schuss“ – ich wiederhole: einem Ausschuss – „zugewiesen.“

Herr Präsident, Ihre Rechtsansicht findet sich nicht im Gesetz; ist also gesetzwidrig! Ich erachte das deshalb als besonders verwerflich, weil Ihre Entscheidung nicht anfechtbar ist. Ich glaube, dass diese Vorgangsweise mit Ihrer Funktion als Präsident des Nationalrates nicht mehr vereinbar ist. – Danke. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Scheibner: Ordnungsruf!)

16.36


Präsident Dr. Andreas Khol: Als letzter Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger zu Wort gemeldet. Seine Redezeit: 4 Minuten. – Bitte. (Rufe bei der ÖVP: Frohe Weih­nachten! – Weitere Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


16.36.35

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin Haubner, ich gratuliere Ihnen auch zum Geburtstag! Das ändert aber trotzdem nichts daran – da schließe ich mich den Ausführungen des Kollegen Jarolim an –, dass, abgesehen vom Eintreten eines Geburtstages, alles an den Umständen, die zu diesem Gesetz geführt haben, äußerst ungewöhnlich ist. (Abg. Scheibner: Das haben wir heute schon einmal gehört!)

Ich zähle auf: Diese Gesetzesvorlage ist ohne Begutachtungsverfahren dem Parla­ment zugeleitet worden. Das Gesetz ist als Initiativantrag – von Abgeordneten sozusagen verkleidet – dem Parlament zugeleitet worden. (Abg. Scheibner: Darf man das nicht?) Ich sage deshalb „verkleidet“, weil es eine nicht unübliche, in diesem Falle aber ungewöhnliche Maßnahme ist, weil es dabei nicht um eine Notmaßnahme ging, sondern wo ausschließlich ministerielles Interesse dahinter gestanden ist. (Abg. Mag. Molterer: Initiativanträge sind Notmaßnahmen? – Abg. Scheibner: Wo steht das in der Verfassung?)

Diese Gesetzesvorlage ist also als Initiativantrag dem Nationalrat zugeleitet worden – und seitens der Regierungsmehrheit sofort mit einer Fristsetzung versehen worden, und mit Stimmen der Regierungsparteien ist das – ohne Ausschussberatung! – hier im Plenum beschlossen worden! (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Mag. Molterer.)

Dann – da bitte ich Sie schon, zuzuhören – hat der Bundesrat etwas gemacht, das eigentlich der Nationalrat hätte machen sollen. Der Bundesrat hat dazu eine Aus­schussberatung gemacht, und der Bundesrat hat von sich aus bezüglich der bereits zufällig eingelangten Stellungnahmen, etwa jener der Vorarlberger Landesregierung, ebenso alle anderen begutachtenden Stellen gebeten, hiezu Stellung zu nehmen. Und was ist herausgekommen? – Seitens der begutachtenden Stellen nur Ablehnung! Das hat zwar Sie von den Regierungsparteien überhaupt nicht interessiert, den Bundesrat jedoch schon. Und der Bundesrat hat mit den Stimmen von SPÖ, von Grünen sowie von ÖVP-Bundesräten und einem freiheitlichen Bundesrat festgestellt, dass diese Gesetzesvorlage dem Nationalrat zur weiteren Beratung zurückzuleiten ist.

Aber was machen Sie von ÖVP und Freiheitlichen? – Sie sagen: Das interessiert uns nicht! Es soll zu keiner weiteren Beratung kommen. Das bringe Ihrer Ansicht nach nur Verwirrung. – Also wieder ein völlig ungewöhnlicher Schritt: neuerlicher Fristsetzungs­antrag, bis hin zu dieser – ich würde einmal sagen: ungewöhnlichen – Entscheidung des Herrn Präsidenten des Nationalrates Dr. Khol.

 


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