Stenographisches Protokoll

 

 

 

 

 

153. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode

 

Mittwoch, 24. Mai 2006

 

 


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153. Sitzung des Nationalrates der Republik Österreich

XXII. Gesetzgebungsperiode                       Mittwoch, 24. Mai 2006

Dauer der Sitzung

Mittwoch, 24. Mai 2006: 13.39 – 22.33 Uhr

*****

Tagesordnung

1. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz geändert wird (Urheber­rechtsgesetz-Novelle 2006 – UrhG-Nov 2006)

2. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Verwertungsgesellschaftengesetz 2006 geändert wird

3. Punkt: Bericht über den Antrag 812/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend die digitalen Rechte der KonsumentInnen

4. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Sachwalterrecht im allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch und das Ehegesetz, das Außerstreitgesetz, das Konsumenten­schutz­gesetz, das Vereinssachwalter- und Patientenanwaltsgesetz, die Notariatsordnung, das Gerichtsorganisationsgesetz und das Berufsrechts-Änderungsgesetz 2006 geän­dert werden (Sachwalterrechts-Änderungsgesetz 2006 – SWRÄG 2006)

5. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die Rechtsanwaltsordnung geändert wird

6. Punkt: Bericht und Antrag über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Heimaufenthaltsgesetz geändert wird

7. Punkt: Bericht über den Antrag 690/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend der Erweiterung der Beweislastumkehr bei Gewährleistungsansprüchen

8. Punkt: Bericht über den Antrag 510/A der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsumenten­schutzgesetz geändert wird

9. Punkt: Bericht über den Antrag 497/A der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsumenten­schutzgesetz geändert wird

10. Punkt: Bericht über den Antrag 353/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend „E-Commerce-Gesetz (ECG) und Online-Einkauf: Rechtlich unzulässige Firmen-Homepages – Vollziehung ECG“


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153. Sitzung / Seite 2

11. Punkt: Bericht über den Antrag 56/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Vereinheitlichung der Rücktrittsfristen für Kon­sumentInnen bei Konsumentengeschäften“

12. Punkt: Bericht über den Antrag 36/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neukodifikation des zivilrechtlichen Konsumen­tenschutzrechtes – „KSchG-NEU“

13. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, das Bundes-Personal­vertretungsgesetz und das Ausschreibungsgesetz 1989 geändert werden

14. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsvertragsgesetz 1958 und das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert werden (Versicherungsrechts-Änderungs­ge­setz 2006 – VersRÄG 2006)

15. Punkt: Bundesgesetz, mit dem im Rahmen der Umsetzung der Richt­linie 2003/58/EG das Firmenbuchgesetz, das Unternehmensgesetzbuch, die Juris­diktions­norm, das Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, das Aktien­gesetz 1965, das Gerichtsgebührengesetz und das Handelsvertretergesetz geändert werden (Publizitätsrichtlinie-Gesetz – PuG)

16. Punkt: Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über das Statut der Euro­päischen Genossenschaft (Societas Cooperativa Europaea – SCE) – (SCE-Gesetz – SCEG) erlassen wird sowie das Genossenschaftsgesetz, das Firmenbuchgesetz, das Rechtspflegergesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbringungs­gesetz 1962, das Bankwesengesetz, das Pensionskassengesetz, das Börsegesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Bundesgesetz über die Post-Betriebsverfassung, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden (Genossenschaftsrechtsänderungs­gesetz 2006 – GenRÄG 2006)

17. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz und das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr 1997 geändert werden

18. Punkt: Bericht über den Einspruch des Bundesrates gegen den Gesetzes­beschluss des Nationalrates vom 29. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Übernahmegesetz, das Handelsgesetzbuch, das Börsegesetz, das Umwandlungs­gesetz und das Spaltungsgesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über den Ausschluss von Minderheitsgesellschaftern erlassen wird (Übernahmerechts-Ände­rungsgesetz 2006 – ÜbRÄG 2006)

19. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Wohnungseigentumsgesetz 2002, das Miet­rechtsgesetz, das Landpachtgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geän­dert werden (Wohnrechtsnovelle 2006 – WRN 2006)

20. Punkt: Bundesgesetz über die Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises beim Verkauf und bei der In-Bestand-Gabe von Gebäuden und Nutzungsobjekten (Energieausweis-Vorlage-Gesetz – EAVG)

21. Punkt: Bericht über den Antrag 294/A der Abgeordneten Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird

22. Punkt: Bericht über den Antrag 526/A (E) der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beschränkung befristeter Mietverträge


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153. Sitzung / Seite 3

23. Punkt: Bericht über den Antrag 542/A (E) der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend klare und nachvollziehbare Mietzinsbegrenzungen

24. Punkt: Bericht über den Antrag 675/A (E) der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beschränkung der Kautionen

25. Punkt: Bericht über den Antrag 659/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mietzinsobergrenzen

26. Punkt: Bericht über den Antrag 660/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kautionsrückzahlungen im Mietrecht

27. Punkt: Bericht über den Antrag 661/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verjährung von Ablösen im Mietrecht

28. Punkt: Bericht über den Antrag 787/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend verstärkte Berücksichtigung der Energiespar- und Klimaschutzmaßnahmen im Wohnrecht

29. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (Wasserrechtsgesetznovelle 2006)

30. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz 1997 geändert wird

31. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird

32. Punkt: Bericht über den Antrag 324/A (E) der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserungen des Kinderbetreuungsgeldes

33. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Rechtspflegergesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Land- und Forstarbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechts­gesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, das Apothekengesetz, das Ge­sundheits- und Krankenpflegegesetz, das Hebammengesetz, das Kardiotechniker­gesetz, das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz, das MTD-Gesetz, das MTF-SHD-Gesetz sowie das Sanitätergesetz geändert werden (Bundes-Behinderten­gleichstellungs-Begleitgesetz)

34. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenversicherungs­gesetz 1977 und das Sonderunterstützungsgesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006 – SRÄG 2006)

35. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz geändert wird (2. EU-Erweiterungs-Anpassungsgesetz)

36. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert werden

37. Punkt: Bundesgesetz, mit dem das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert wird


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153. Sitzung / Seite 4

38. Punkt: Bericht über den Antrag 820/A der Abgeordneten Mag. Walter Tancsits, Heidrun Silhavy, Maximilian Walch, Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert wird (12. No­velle zum NVG 1972)

*****

Inhalt

Personalien

Verhinderungen .............................................................................................................. 14

Geschäftsbehandlung

Redezeitbeschränkung nach Beratung in der Präsidialkonferenz gemäß § 57 Abs. 3 Z. 2 der Geschäftsordnung .......................................................................................................... 14

Wortmeldung des Abgeordneten Mag. Wilhelm Molterer im Zusammenhang mit der Zurückziehung eines Abänderungsantrages zu Tagesordnungspunkt 4 ......................................................... 45

Unterbrechung der Sitzung .......................................................................................... 46

Verlegung der Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 4 bis 12 auf den Zeitpunkt nach der Abstimmung über Tagesordnungspunkt 13 ........................................................................................ 46

Antrag der Abgeordneten Mag. Kurt Gaßner, Kolleginnen und Kollegen, den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (Wasserrechts­gesetznovelle 2006), (1488 d.B.), gemäß § 53 Abs. 6 Z. 2 der Geschäftsordnung an den Unterrichtsausschuss rückzuverweisen – Ablehnung ........................................  117, 117

Bundesregierung

Vertretungsschreiben ..................................................................................................... 14

Verhandlungen

Gemeinsame Beratung über

1. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1324 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz geändert wird (Urheberrechtsgesetz-Novelle 2006 – UrhG-Nov 2006) (1508 d.B.)    ............................................................................................................................... 14

2. Punkt: Bericht und Antrag des Justizausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Verwertungsgesellschaftengesetz 2006 geändert wird (1509 d.B.) .............................. 15

3. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 812/A (E) der Ab­geordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend die digita­len Rechte der KonsumentInnen (1510 d.B.)                        15

Redner/Rednerinnen:

Mag. Johann Maier ....................................................................................................... 15

Mag. Karin Hakl ............................................................................................................ 16

Dr. Christian Puswald .................................................................................................. 17

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................... 18

Mag. Dr. Wolfgang Zinggl ........................................................................................... 20


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153. Sitzung / Seite 5

Dipl.-Ing. Günther Hütl ................................................................................................. 21

Bundesministerin Mag. Karin Gastinger .................................................................. 22

Markus Fauland ............................................................................................................ 23

Dr. Gertrude Brinek ..................................................................................................... 24

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1508 und 1509 d.B. ....................................... 24

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1510 d.B. ..................................................... 25

Gemeinsame Beratung über

4. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1420 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Sachwalterrecht im allgemeinen bürger­lichen Gesetzbuch und das Ehegesetz, das Außerstreitgesetz, das Kon­sumenten­schutzgesetz, das Vereinssachwalter- und Patientenanwaltsgesetz, die Notariatsordnung, das Gerichtsorganisationsgesetz und das Berufsrechts-Ände­rungsgesetz 2006 geändert werden (Sachwalterrechts-Änderungsgesetz 2006 – SWRÄG 2006) (1511 d.B.) .................... 25

5. Punkt: Bericht und Antrag des Justizausschusses über den Entwurf eines Bun­desgesetzes, mit dem die Rechtsanwaltsordnung geändert wird (1513 d.B.) ......................................................... 25

6. Punkt: Bericht und Antrag des Justizausschusses über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Heimaufenthaltsgesetz geändert wird (1512 d.B.) ......................................................... 25

7. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 690/A (E) der Abge­ordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend der Erweite­rung der Beweislastumkehr bei Gewährleistungsansprüchen (1514 d.B.) ...................................................................................................................... 25

8. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 510/A der Abge­ordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bun­des­gesetz, mit dem das Konsumentenschutzgesetz geändert wird (1515 d.B.) .............................................................................................................. 25

9. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 497/A der Ab­geordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsumentenschutzgesetz geändert wird (1516 d.B.) .............................................................................................................. 26

10. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 353/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend „E-Commerce-Gesetz (ECG) und Online-Einkauf: Rechtlich unzulässige Firmen-Homepages – Vollziehung ECG“ (1517 d.B.) .................................................... 26

11. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 56/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Verein­heitlichung der Rücktrittsfristen für KonsumentInnen bei Konsumenten­geschäf­ten“ (1518 d.B.) ........................................................................... 26

12. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 36/A (E) der Abge­ordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neu­ko­difikation des zivilrechtlichen Konsumentenschutzrechtes – „KSchG-NEU“ (1519 d.B.) ............................................................................................. 26

Redner/Rednerinnen:

Bettina Stadlbauer ....................................................................................................... 26

Mag. Dr. Maria Theresia Fekter .................................................................................. 30

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................... 32

Dr. Helene Partik-Pablé ........................................................................................  35, 44


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153. Sitzung / Seite 6

Bundesministerin Mag. Karin Gastinger .................................................................. 37

Mag. Elisabeth Grossmann ........................................................................................ 38

Mag. Heribert Donnerbauer ........................................................................................ 40

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 41

Markus Fauland ............................................................................................................ 42

Anna Franz .................................................................................................................... 43

Helga Machne ............................................................................................................... 44

Mag. Wilhelm Molterer ................................................................................................ 45

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Johannes Jarolim, Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Helene Partik-Pablé, Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine „easy to read“-Fassung des SWRÄG – Annahme (E 187) ............................................................  29, 59

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Johannes Jarolim, Dr. Helene Partik-Pablé, Mag. Terezija Stoisits, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Evaluierung des Sachwalterrechts-Änderungs­gesetzes – Annahme (E 188) ..................................  31, 59

Entschließungsantrag der Abgeordneten Mag. Dr. Maria Theresia Fekter, Bettina Stadlbauer, Dr. Helene Partik-Pablé, Mag. Terezija Stoisits, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Umsetzung des Sachwalterrechts-Änderungs­gesetzes 2006 – Annahme (E 189) .........................  45, 59

Annahme der drei Gesetzentwürfe in 1511, 1513 und 1512 d.B. .................................. 59

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1511 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend Einbeziehung der Behindertenverbände (E 186) ........................................................... 59

Kenntnisnahme der sechs Ausschussberichte 1514, 1515, 1516, 1517, 1518 und 1519 d.B.                    60

13. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1426 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz und das Ausschreibungsgesetz 1989 geändert wer­den (1520 d.B.) .......................................................................................... 46

Redner/Rednerinnen:

Otto Pendl ..................................................................................................................... 46

Michael Praßl ................................................................................................................ 48

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................... 49

Dr. Helene Partik-Pablé ............................................................................................... 51

Bundesministerin Mag. Karin Gastinger .................................................................. 52

Mag. Elisabeth Grossmann ........................................................................................ 54

Ing. Norbert Kapeller .................................................................................................... 56

Dr. Johannes Jarolim .................................................................................................. 57

Dr. Vincenz Liechtenstein ........................................................................................... 57

Annahme des Gesetzentwurfes ..................................................................................... 58

Annahme der dem schriftlichen Ausschussbericht 1520 d.B. beigedruckten Entschließung betreffend Evaluierung und Weiterentwicklung der Organisation der Justizwache (E 185) ........... 58

Gemeinsame Beratung über

14. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1428 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Versicherungsvertragsgesetz 1958 und


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153. Sitzung / Seite 7

das Versicherungsaufsichtsgesetz geändert werden (Versicherungsrechts-Ände­rungsgesetz 2006 – VersRÄG 2006) (1521 d.B.) .............. 60

15. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1427 d.B.): Bundesgesetz, mit dem im Rahmen der Umsetzung der Richt­linie 2003/58/EG das Firmenbuchgesetz, das Unternehmensgesetzbuch, die Jurisdiktionsnorm, das Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, das Aktiengesetz 1965, das Gerichtsgebührengesetz und das Handels­vertreter­gesetz geändert werden (Publizitätsrichtlinie-Gesetz – PuG) (1523 d.B.) ............................................................ 61

16. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1421 d.B.): Bundesgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über das Statut der Europäischen Genossenschaft (Societas Cooperativa Europaea – SCE) – (SCE-Gesetz – SCEG) erlassen wird sowie das Genossenschaftsgesetz, das Firmen­buchgesetz, das Rechtspflegergesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Gericht­liche Einbringungsgesetz 1962, das Bankwesengesetz, das Pensionskassen­gesetz, das Börsegesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Arbeits­verfas­sungsgesetz, das Bundesgesetz über die Post-Betriebsverfassung, das Arbeits- und Sozialgerichtsgesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden (Genossenschaftsrechtsänderungsgesetz 2006 – GenRÄG 2006) (1522 d.B.) ........... 61

17. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1429 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz und das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr 1997 geändert werden (1524 d.B.) ...................................................................................................................... 61

Redner/Rednerinnen:

Dr. Johannes Jarolim .................................................................................................. 61

Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler ................................................................................. 62

Dr. Peter Wittmann ...................................................................................................... 63

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................... 64

Bundesministerin Mag. Karin Gastinger .................................................................. 67

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 68

Anton Doppler .............................................................................................................. 68

Markus Fauland ............................................................................................................ 71

Walter Murauer ............................................................................................................. 72

Dr., MBA Karl-Heinz Dernoscheg .............................................................................. 72

Annahme der vier Gesetzentwürfe in 1521, 1523, 1522 und 1524 d.B. ........................ 73

18. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Einspruch des Bundesrates (1441 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 29. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Übernahmegesetz, das Handels­gesetzbuch, das Börsegesetz, das Umwandlungsgesetz und das Spaltungs­gesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über den Ausschluss von Minder­heitsgesellschaftern erlassen wird (Übernahmerechts-Änderungsgesetz 2006 – ÜbRÄG 2006) (1529 d.B.)                  74

Redner/Rednerinnen:

Dr. Johannes Jarolim .................................................................................................. 75

Johann Ledolter ........................................................................................................... 76

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................... 77

Josef Bucher ................................................................................................................. 77

Beharrungsbeschluss .................................................................................................... 78

Gemeinsame Beratung über

19. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1183 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Wohnungseigentumsgesetz 2002, das


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153. Sitzung / Seite 8

Mietrechtsgesetz, das Landpachtgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeits­gesetz geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2006 – WRN 2006) (1530 d.B.)     ............................................................................................................................... 78

20. Punkt: Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1182 d.B.): Bundesgesetz über die Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises beim Verkauf und bei der In-Bestand-Gabe von Gebäuden und Nutzungs­objekten (Energieausweis-Vorlage-Gesetz – EAVG) (1531 d.B.) .................. 79

21. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 294/A der Abge­ordneten Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird (1532 d.B.)   ............................................................................................................................... 79

22. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 526/A (E) der Abge­ordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beschränkung befristeter Mietverträge (1533 d.B.)               79

23. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 542/A (E) der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend klare und nachvollziehbare Mietzinsbegrenzungen (1534 d.B.)      ............................................................................................................................... 79

24. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 675/A (E) der Abge­ordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beschränkung der Kautionen (1535 d.B.) ........... 79

25. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 659/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mietzins­obergrenzen (1536 d.B.) ........................ 79

26. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 660/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kautionsrückzahlungen im Mietrecht (1537 d.B.)                   79

27. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 661/A (E) der Abge­ordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verjährung von Ablösen im Mietrecht (1538 d.B.)                   79

28. Punkt: Bericht des Justizausschusses über den Antrag 787/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend ver­stärkte Berücksichtigung der Energiespar- und Klimaschutzmaßnahmen im Wohnrecht (1539 d.B.) .................................................... 80

Redner/Rednerinnen:

Mag. Ruth Becher ........................................................................................................ 80

Wolfgang Großruck ..................................................................................................... 81

Dr. Gabriela Moser ....................................................................................................... 83

Detlev Neudeck ............................................................................................................. 85

Bundesministerin Mag. Karin Gastinger .................................................................. 86

Mag. Johann Maier ....................................................................................................... 87

Mag. Walter Tancsits ................................................................................................... 88

Mag. Terezija Stoisits ................................................................................................... 89

Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ................................................................................... 92

Mag. Dietmar Hoscher ................................................................................................. 93

Dr. Peter Sonnberger ................................................................................................... 94

Matthias Ellmauer ........................................................................................................ 95

Detlev Neudeck ............................................................................................................. 96

Annahme der beiden Gesetzentwürfe in 1530 und 1531 d.B. ....................................... 97


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153. Sitzung / Seite 9

Kenntnisnahme der acht Ausschussberichte 1532, 1533, 1534, 1535, 1536, 1537, 1538 und 1539 d.B.              ............................................................................................................................... 98

29. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (1356 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Wasser­rechts­gesetz 1959 geändert wird (Wasserrechtsgesetznovelle 2006) (1488 d.B.) ...................................................................................................................... 98

Redner/Rednerinnen:

Dipl.-Ing. Werner Kummerer ....................................................................................... 99

Jakob Auer .................................................................................................................. 100

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 101

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 104

Bundesminister Dipl.-Ing. Josef Pröll ...................................................................... 105

Rainer Wimmer .......................................................................................................... 106

Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer ..................................................................................... 107

Heidemarie Rest-Hinterseer ..................................................................................... 108

Franz Eßl ..................................................................................................................... 111

Rosemarie Schönpass .............................................................................................. 112

Ing. Josef Winkler ....................................................................................................... 112

Heidrun Walther ......................................................................................................... 114

Fritz Grillitsch ............................................................................................................. 114

Mag. Kurt Gaßner ....................................................................................................... 115

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend wirksame Verhinderung von Hochwasser­schäden – Ablehnung ......  103, 117

Entschließungsantrag der Abgeordneten Heidemarie Rest-Hinterseer, Kolle­ginnen und Kollegen betreffend Verkauf strategisch wichtiger Wasserressourcen im Salzburger Tennengebirge durch die Österreichischen Bundesforste AG – Ablehnung ...............................................  110, 117

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 117

30. Punkt: Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage (1424 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelbewirt­schaftungsgesetz 1997 geändert wird (1489 d.B.)        ............................................................................................................................. 117

Redner/Rednerinnen:

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber ........................................................................... 118

Karl Freund ................................................................................................................. 119

Gabriele Binder-Maier ............................................................................................... 121

Dipl.-Ing. Uwe Scheuch ............................................................................................. 122

Notburga Schiefermair .............................................................................................. 123

Martin Preineder ......................................................................................................... 123

Mag. Johann Maier (tatsächliche Berichtigung) ........................................................ 124

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend faire, kostendeckende landwirtschaftliche Erzeugerpreise – Ablehnung  120, 125

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 124

Gemeinsame Beratung über

31. Punkt: Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (1437 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird (1490 d.B.) .............................. 125


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32. Punkt: Bericht des Familienausschusses über den Antrag 324/A (E) der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Ver­besserungen des Kinderbetreuungsgeldes (1491 d.B.)              ............................................................................................................................. 125

Redner/Rednerinnen:

Mag. Andrea Kuntzl ................................................................................................... 125

Ridi Steibl .................................................................................................................... 127

Karl Öllinger ................................................................................................................ 127

Dipl.-Ing. Elke Achleitner ........................................................................................... 129

Gabriele Binder-Maier ............................................................................................... 131

Astrid Stadler .............................................................................................................. 131

Rosemarie Schönpass .............................................................................................. 132

Marialuise Mittermüller ............................................................................................. 133

Katharina Pfeffer ........................................................................................................ 134

Bundesministerin Ursula Haubner .......................................................................... 135

Edeltraud Lentsch ...................................................................................................... 137

Franz Riepl .................................................................................................................. 138

Christine Marek .......................................................................................................... 139

Mag. Melitta Trunk ..................................................................................................... 140

Nikolaus Prinz ............................................................................................................. 141

Mares Rossmann ....................................................................................................... 141

Annahme des Gesetzentwurfes in 1490 d.B. .............................................................. 142

Kenntnisnahme des Ausschussberichtes 1491 d.B. ................................................... 143

33. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (1413 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechts­gesetz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Rechtspflegergesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Land- und Forst­arbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bundes-Be­diens­tetenschutzgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienst­rechtsgesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, das Apothekengesetz, das Gesundheits- und Kranken­pflege­gesetz, das Hebammengesetz, das Kardiotechnikergesetz, das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz, das MTD-Gesetz, das MTF-SHD-Gesetz sowie das Sanitätergesetz geändert werden (Bundes-Behindertengleichstellungs-Begleitgesetz) (1482 d.B.) ............................................... 143

Redner/Rednerinnen:

Dr. Franz-Joseph Huainigg ....................................................................................... 143

Mag. Christine Lapp ................................................................................................... 146

Maximilian Walch ....................................................................................................... 147

Karl Öllinger ................................................................................................................ 147

Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler ........................................................................... 150

Ulrike Königsberger-Ludwig .................................................................................... 152

Marialuise Mittermüller ............................................................................................. 152

Bundesministerin Ursula Haubner .......................................................................... 153

Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Franz-Joseph Huainigg, Dr. Helene Partik-Pablé, Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Notariatsakt als Service-Angebot für behinderte Menschen – Annahme (E 190) ................................................................................................  144, 154

Entschließungsantrag der Abgeordneten Theresia Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend weitere notwendige Maßnahmen im Zusammenhang mit der Beschlussfassung des Bundes-Behindertengleichstellungs-Begleitgesetzes – Ablehnung .................................  149, 154


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Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 154

34. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (1408 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialver­siche­rungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungsgesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungs­gesetz, das Arbeitslosenversicherungsgesetz 1977 und das Sonderunter­stüt­zungsgesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006 – SRÄG 2006) (1483 d.B.)                         154

Redner/Rednerinnen:

Heidrun Silhavy .......................................................................................................... 154

Mag. Walter Tancsits ................................................................................................. 157

Manfred Lackner ........................................................................................................ 157

Maximilian Walch ....................................................................................................... 158

Karl Dobnigg ............................................................................................................... 166

Karl Öllinger ................................................................................................................ 168

Karl Donabauer .......................................................................................................... 171

Marialuise Mittermüller ............................................................................................. 172

Anton Doppler ............................................................................................................ 172

Bundesministerin Ursula Haubner .......................................................................... 173

Herbert Scheibner ...................................................................................................... 174

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 175

35. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (1365 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungs­gesetz geändert wird (2. EU-Erweiterungs-Anpassungsgesetz) (1486 d.B.) .................................................................................. 177

Redner/Rednerinnen:

Karl Öllinger ................................................................................................................ 178

Anna Höllerer .............................................................................................................. 178

Dr. Richard Leutner ................................................................................................... 179

Maximilian Walch ....................................................................................................... 179

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 180

36. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1432 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz geändert werden (1485 d.B.)           ............................................................................................................................. 180

Redner/Rednerinnen:

Franz Riepl .................................................................................................................. 180

Maximilian Walch ....................................................................................................... 181

Karl Öllinger ................................................................................................................ 182

Anton Wattaul ............................................................................................................. 183

Erwin Spindelberger .................................................................................................. 183

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 184

37. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regie­rungsvorlage (1349 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Insolvenz-Entgelt­siche­rungsgesetz geändert wird (1487 d.B.)                       184

Redner/Rednerinnen:

Walter Schopf ............................................................................................................. 185

Maximilian Walch ....................................................................................................... 186

Karl Öllinger ................................................................................................................ 186


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Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 186

38. Punkt: Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den An­trag 820/A der Abgeordneten Mag. Walter Tancsits, Heidrun Silhavy, Maximilian Walch, Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert wird (12. Novelle zum NVG 1972) (1479 d.B.) .................................................................................................................... 187

Redner/Rednerinnen:

Dr. Werner Fasslabend .............................................................................................. 187

Heidrun Silhavy .......................................................................................................... 187

Mares Rossmann ....................................................................................................... 189

Karl Öllinger ................................................................................................................ 189

Karl Dobnigg ............................................................................................................... 190

Mag. Elisabeth Grossmann ................................................................................... ... 190

Annahme des Gesetzentwurfes ................................................................................... 191

Eingebracht wurden

Antrag der Abgeordneten

Dkfm. Dr. Günter Stummvoll, Josef Bucher, Mag. Johann Maier, Mag. Werner Kogler, Kolleginnen und Kollegen betreffend Vorlage eines jährlichen Berichtes über die Vollziehung des Produktpirateriegesetzes 2004 (834/A) (E)

Anfragen der Abgeordneten

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundeskanzler betreffend Differenzen bei der Zahl der Dienst-PKW im BKA (4302/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten betreffend Differenzen bei der Zahl der Dienst-PKW im BMAA (4303/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Bildung, Wissenschaft und Kultur betreffend Differenzen bei der Zahl der Dienst-PKW im BMBWK (4304/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Finanzen betreffend Differenzen bei der Anzahl der Dienstfahrzeuge im BMF und in den einzelnen Ressorts (4305/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend Differenzen bei der Zahl der Dienst-PKW im BMI (4306/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Justiz betreffend Differenzen bei der Zahl der Dienst-PKW im BMJ (4307/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Landes­verteidigung betreffend Differenzen bei der Zahl der Dienst-PKW im BMLV (4308/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Differenzen bei der Zahl der Dienst-PKW im BMLFUW (4309/J)


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Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin f


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ür soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz betreffend Differenzen bei der Zahl der Dienst-PKW im BMSGK (4310/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Differenzen bei der Zahl der Dienst-PKW im BMVIT (4311/J)

Gerhard Steier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Differenzen bei der Zahl der Dienst-PKW im BMWA (4312/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Betriebs­prämien 2005 – Bundesländer (4313/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Aufhebung der Tierprämien-Verordnung 2000 durch den VfGH vom 13. Dezember 2005 (4314/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Berufungen gegen die AMA-Bescheide gemäß Betriebsprämie-Verordnung 2004 (4315/J)

Gabriele Binder-Maier, Kolleginnen und Kollegen an die Bundesministerin für Inneres betreffend mobile Mautaufseher/innen der ASFINAG (4316/J)

Gabriele Binder-Maier, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Schwerpunktparkplätze der ASFINAG (4317/J)

Mag. Johann Moser, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Wirtschaft und Arbeit betreffend Bilanz der Austrian Business Agency (4318/J)

Dr. Robert Rada, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Hochwasserschutzmaßnahmen entlang der March (4319/J)

Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft betreffend Rechnungs­hofprüfung Agrarmarkt Austria GesmbH (4320/J)

Dr. Robert Rada, Kolleginnen und Kollegen an den Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie betreffend Hochwasserschutzmaßnahmen entlang der Donau im nordöstlichen Niederösterreich (4321/J)


 


13.39.08Beginn der Sitzung: 13.39 Uhr

Vorsitzende: Präsident Dr. Andreas Khol, Zweite Präsidentin Mag. Barbara Prammer, Dritter Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Die 153. Sitzung des Nationalrates ist eröffnet.

Als verhindert gemeldet sind die Abgeordneten Felzmann, Glaser, Bayr, Schieder, Mag. Wurm, Dr. Bleckmann und Dr. Glawischnig-Piesczek.

Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Für diese Sitzung hat das Bundes­kanzleramt über Entschließung des Bundespräsidenten betreffend die Vertretung von Mitgliedern der Bundesregierung folgende Mitteilung gemacht:

Die Bundesministerin für auswärtige Angelegenheiten Dr. Ursula Plassnik wird durch den Staatssekretär im Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten Dr. Hans Winkler vertreten.

Behandlung der Tagesordnung

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Es ist vorgeschlagen, die Debatte über die Punkte 1 bis 3, 4 bis 12, 14 bis 17, 19 bis 28 sowie 31 und 32 der Tagesordnung jeweils zusammenzufassen.

Wird dagegen eine Einwendung erhoben? – Das ist nicht der Fall.

Wir gehen in die Tagesordnung ein.

Redezeitbeschränkung

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: In der Präsidialkonferenz wurde Konsens über Gestaltung und Dauer der Debatten erzielt. Demgemäß wurde eine Tages­blockzeit von 8 „Wiener Stunden“ vereinbart, sodass sich folgende Redezeiten ergeben: ÖVP und SPÖ je 140 Minuten, Freiheitliche – BZÖ 96 Minuten sowie Grüne 104 Minuten.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die mit diesem Vorschlag einverstanden sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies einstimmig der Fall und angenommen.

13.40.251. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1324 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Urheberrechtsgesetz geändert wird (Urheberrechts­gesetz-Novelle 2006 – UrhG-Nov 2006) (1508 d.B.)


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2. Punkt

Bericht und Antrag des Justizausschusses über den Entwurf eines Bundes­gesetzes, mit dem das Verwertungsgesellschaftengesetz 2006 geändert wird (1509 d.B.)

3. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 812/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend die digitalen Rechte der KonsumentInnen (1510 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen daher zu den Punkten 1 bis 3 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. – Bitte.

 


13.41.21

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir diskutieren über das Urheberrechtsgesetz – über die vorliegende Novelle, die in Form des Abänderungs­antrages vorliegt.

Ich drücke den Mitarbeitern des Justizministeriums mein Kompliment aus, die sich bemüht haben, den ursprünglichen Entwurf zu entschärfen. Dieser Entwurf sieht die Verpflichtung zur Auskunftserteilung vor, wenn beispielsweise Personen gewerbs­mäßig rechtsverletzende Dienstleistungen in Anspruch genommen haben oder für Rechtsverletzungen genutzte Dienstleistungen erbracht haben.

Es geht um die so genannte Provider-Problematik. Wir als sozialdemokratische Fraktion haben auch im Justizausschuss die Auffassung vertreten, dass eine derartige Auskunftserteilung nur nach Einschaltung eines unabhängigen Richters erfolgen kann, der die diesbezüglichen Voraussetzungen prüft. Das ist nicht der Fall, daher stimmen wir als sozialdemokratische Fraktion dem vorliegenden Antrag auch nicht zu.

Es gibt aber, Hohes Haus, eine Grundsatzdebatte: Es geht um die Frage der geistigen Eigentumsrechte, es geht um die Frage: Wie sieht es in der digitalen Welt aus und wie sieht es in der realen Welt aus? – Es ist eine rechtspolitische Debatte, die wir zu führen haben. Es geht um Urheberrechte im digitalen Bereich. Da gibt es Tendenzen – und das möchte ich ausdrücklich betonen – in Richtung Nutzungsbeschränkung, wenn beispielsweise über DRM-Systeme versucht wird, einzelne Nutzungen durch Personen, die einen legalen Eigentumstitel haben, zu beschränken.

Ich unterscheide das sehr wohl von Fragen der klassischen Produktpiraterie, von Markenrechten – da haben wir einen Handlungsbedarf, da muss die Durchsetzungs­richtlinie der Europäischen Union umgesetzt werden. Produktpiraterie im digitalen Bereich – und ich sage es – hat rechtspolitisch eine andere Dimension. Dieses Hohe Haus sollte sich auch damit verstärkt auseinander setzen!

Wenn es um den digitalen Bereich geht, dann geht es um sehr zentrale Fragen: Es geht um die Systeme zum digitalen Rechtekontrollmanagement, es geht um die Fragen der Technikneutralität, denn eines ist doch unverständlich: Wenn sich jemand eine CD kauft, nach Hause kommt und die CD bei bestimmten Geräten nicht abspielen kann!

Es geht auch um die rechtliche Behandlung von TauschbörsennutzerInnen. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich warne vor einer Kriminalisierung! Ich warne vor


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einer Kriminalisierung der Schulhöfe, denn in erster Linie sind junge Menschen betroffen! In Deutschland gibt es Tausende Anzeigen gegen junge Kunden, denen unterstellt wird, dass sie gewerbsmäßig geistige Eigentumsrechte verletzen.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die europäischen Konsumen­tenorganisationen in der BEUC haben sich deutlich für das Recht auf Privatkopie und für Musikdownloads über Tauschbörsen ausgesprochen, solange dies nicht im kommerziellen Umfang geschieht. Für den privaten Gebrauch erstellte Kopien müssen – und zwar auch in Zukunft – straffrei bleiben.

In den nationalen Urheberrechtsgesetzen ist daher das Recht auf digitale Kopien gesetzlich so zu verankern, dass es auch nicht ohne weiteres durch Kopier­schutz­maßnahmen verhindert werden kann – aber gerade das ist in Österreich der Fall.

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die BEUC appelliert, die sechs zentralen digitalen Rechte der KonsumentInnen anzuerkennen und auf der europäischen Ebene abzusichern. Sie haben unserem Antrag, der die Forderungen der europäischen Konsumentenorganisationen wiedergibt, nicht zugestimmt! – Sie stimmen unserem Antrag nicht zu, wir stimmen Ihrem Antrag nicht zu. (Beifall bei der SPÖ.)

13.45


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Hakl. – Bitte.

 


13.46.03

Abgeordnete Mag. Karin Hakl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Worum geht es hier? – Es geht darum, dass wir es ermöglichen, dass Rechte, die man als Urheber hat, wirklich durchgesetzt werden können.

Der Missbrauch solcher Rechte führt nämlich sonst dazu, dass niemand mehr von einem Urheberrecht leben kann: Ein Künstler, der ein Lied auf den Markt bringt, ist darauf angewiesen, dass diese Musik von jemandem gekauft wird, sonst lebt er eben von etwas anderem – und wir alle wissen, dass sich das kein Künstler wünscht.

Herr Kollege Maier, wenn Sie davon sprechen, man müsse vor allen Dingen bei den Schülern aufpassen, dann meine ich, es ist richtig, dass es in der Vergangenheit, als es noch nicht so viele professionelle Download-Börsen gab, wie zum Beispiel iTunes, zu sehr vielen illegalen Musikdownloads gekommen ist. Wenn aber ein Schüler als Ladendieb eine einzige CD – auch für seinen eigenen Gebrauch – geklaut hat, waren wir uns immer darüber einig, dass das kriminell, dass das nicht legal ist – und ganz gleich ist es eben auch bei illegalen Downloads!

Umso wichtiger ist es, dass es jetzt günstig – um 99 Cent, 89 Cent, 79 Cent pro Lied – einzelne Lieder zum Herunterladen gibt. Das eröffnet auch für die Künstler ganz neue und große Möglichkeiten. Aber wir müssen schon bei dem bleiben, was Recht ist, und eine entsprechende Aufklärung auch der Kinder betreiben.

Selbstverständlich geht es hier überhaupt nicht um die Kriminalisierung solcher Einzelfälle, sondern es geht darum, dass nicht gewerbsmäßig illegal heruntergeladen und illegal vervielfältigt wird – genau das wir in diesem Gesetz ganz deutlich gemacht.

Wichtig ist auch, dass man erfährt, wer seine Rechte eigentlich verletzt hat. In Österreich ist es ganz selbstverständlich, dass jeder klagen kann, wen immer er möchte. Er muss davor nicht zu einem Richter gehen und fragen: Darf ich denjenigen klagen? – Dazu braucht er nur im Telefonbuch nachzuschauen. Wenn auch seine Klage abgewiesen wird, kann er das doch tun.


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Wenn jemand ein Recht verletzt, dann muss man erfahren können: Wer war das? Ich halte es auch für sehr wichtig, dass die Kosten für diese Auskunft bei den Inter­netservice-Providern von demjenigen, der sich in seinen Rechten verletzt fühlt, getra­gen werden.

Wie wichtig diese grundsätzlichen Dinge sind, macht vielleicht auch eine Stellung­nahme des Verbandes der österreichischen Musikwirtschaft klar: Immerhin 65 000 Mit­glieder – Musiker, Sänger, Orchester, Ensembles, Komponisten, Autoren – und 2 000 Verlage sind da vereinigt. Dieser nimmt zu den Anträgen der Grünen und zu den Anträgen der SPÖ ganz deutlich Stellung. Ich zitiere:

„Bedauerlich ist allerdings, dass die SPÖ nicht zum ersten Mal gegen die Kreativbranchen auftritt, und mit einem – aus unserer Sicht falsch verstandenen – Konsumentenschutz auf dem Rücken der Kreativen politisch punkten will.“

Und zu den Grünen:

„Paradoxerweise wollen die Grünen die Umsetzung der EU-Rechtsdurchsetzungs­richtlinie – zu Lasten der Künstler und Kreativbranchen – für einen Abbau des Urheber­rechtsschutzes missbrauchen und damit die Zielsetzung der Richtlinie ins Gegenteil verkehren?!“

Ich nehme an, dass letztlich doch die Zustimmung, der Meinungsumschwung der Grünen im Ausschuss auch dadurch bewirkt wurde. Vielleicht kommt auch die SPÖ zu einem Umdenken. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

13.49


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Puswald. – Bitte.

 


13.50.01

Abgeordneter Dr. Christian Puswald (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kollegenschaft! Wenn Frau Kollegin Hakl im Zusammenhang mit dem Urheber­recht sagt, man müsste auch die Kinder aufklären, dann meine ich: So weit will ich nicht gehen, aber ich möchte Frau Kollegin Hakl aufklären, dass nach dem Artikel 6 Abs. 4 der einschlägigen Richtlinie alle Mitgliedstaaten verpflichtet sind, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, die den begünstigten Konsumenten bezüglich des eigenen Gebrauchs oder Schulen, Bibliotheken und dergleichen die Ausübung ihrer freien Werknutzungsrechte ermöglichen (Abg. Mag. Hakl: Aber zuerst muss ich sie erwerben!), wenn von Seiten, Frau Kollegin, der Rechteinhaber freiwillige Maßnahmen nicht ergriffen werden. – Das ist einmal die Richtlinie.

Dazu müssen Sie auch wissen – ich hoffe, Sie tun das –, dass nach dem öster­reichischen Recht diese Richtlinie im Grunde genommen umgesetzt wurde. Was Sie gemeinsam mit Ihren orangen Mitregenten hier machen, ist so typisch für Ihre Politik: Im Zweifel für die Industrie, im Zweifel gegen die Konsumenten. (Zwischenruf des Abg. Murauer.) – Ach so, Kollege Murauer, ich glaube schon, dass Sie das nicht verstanden haben in all den Jahren! Sie haben offenbar sechs Jahre schwarz-orange Regierungs­politik verschlafen. (Zwischenruf des Abg. Rädler.)

Andernfalls würden Sie sehen, dass Frau Kollegin Hakl nicht erkennt, dass es hier nicht darum geht, dass jemand, der jemanden klagen will, fragen muss, ob er klagen darf, sondern es geht um eine prinzipielle Frage, ob nämlich jemand einstweilige Maßnahmen, die weit in die Privatsphäre eingreifen, ohne richterlichen Auftrag, ohne gerichtliche Überprüfung ergreifen darf oder ob da ein Richter eingeschaltet werden muss.


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Und da verstehen wir uns mit Ihnen in keiner Weise. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Murauer.) Sie wollen einen Staat, der Ihren eigenen Machtgebrauchs-, zum Teil Machtmissbrauchsansprüchen unter bestmöglicher Ausschaltung der Gerichte gerecht wird, damit Sie argumentieren können: Wir wollen die Gerichte entlasten. Schaffen wir die Richter in einzelnen Bereichen gleich ab. – Das wollen wir nicht. Wir wollen dort, wo Private gleichwertig einander gegenüber stehen, durchaus auch, dass diese Konflikte vor Zivilgerichten austragen können. Dort, wo aber in Rechte Dritter ein­gegriffen wird – und das wird hier der Fall sein –, muss ein Richter beteiligt sein. Das ist das Mindestmaß, das man in einem demokratischen Rechtsstaat einhalten muss. (Abg. Rädler: BAWAG!)

Sehen Sie, Herr Kollege, ich habe gewusst, dass Ihr einfach strukturiertes Gemüt einfach nur BAWAG, BAWAG, BAWAG kennt. Ich sage Ihnen auch eines, auch dort sind Gerichte eingeschaltet, und gut ist es so, denn würden nur solche Plapperer wie Sie am Werk sein, würde die Wahrheit nie ans Tageslicht kommen. (Beifall und Bravo­rufe bei der SPÖ.)

Herr Kollege, auch zu Ihrer Information, damit Sie einmal ein bisserl mehr Weitblick bekommen. Dort hinten ist es schwer, das gebe ich zu. (Abg. Dr. Jarolim: Christian, das war die richtige Antwort!) – Ich denke, es ist notwendig, dass es auch bei den Kollegen in den hinteren Reihen bei der ÖVP – bei uns dringt es ja in die hinteren Reihen durch, was ein Rechtsstaat so kann – einmal bekannt wird, Herr Kollege, dass das, was Sie von der ÖVP wollen, dazu führt – und das sage ich Ihnen als Anwalt, der durchaus kein Feind des eigenen Geldes ist –, dass sich, wie das schon in vielen anderen Bereichen passiert ist, eigene „Industrien“ – unter Anführungszeichen – entwickeln, die sich rein darauf spezialisiert haben, mit Ansprüchen, die richterlicher Überprüfung entzogen sind, wo sich von vornherein kein Richter einmischt, mit teuren Mahnschreiben Ansprüche geltend zu machen, von denen man nicht weiß, ob sie überhaupt bestehen, und damit einen Druck ausüben, von dem die deutsche Zeitung „Die Zeit“ sogar sagt: Im Zweifel für die Industrie. – Und wir sind im Zweifel für die Menschen. Das unterscheidet uns von Ihnen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Amon: Die Industrie sind keine Menschen?)

In einem Punkt möchte ich Ihnen – Kollege Amon, auch Ihnen – gerne sagen: Die Österreichische Volkspartei und die Freiheitlichen haben Urheberrechte in den letzten sechs Jahren erworben, die da wären: das Urheberrecht daran, die Staatsverschul­dung auf dem Niveau des Jahres 1999 zu halten, obwohl sie inzwischen das staatliche Vermögen weitgehend verschleudert haben. Sie haben die Urheberschaft für Ankün­digungs- und Seifenblasenpolitik. Sie haben die Urheberschaft für Postenschacher. Sie haben die Urheberschaft für Machtmissbrauch. (Zwischenruf des Abg. Donabauer.) Sie haben die Urheberschaft, Kollege Donabauer, für die Aushöhlung des Rechts­staates. Und mit dieser Urheberschaft wird Ihnen der Wähler keine Lizenz mehr geben bei der nächsten Wahl. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: Das ist ja ungeheuer­lich! Kehren Sie vor Ihrer eigenen Tür!)

13.54


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

 


13.54.12

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! (Unruhe im Saal. – Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.) Mit der Wahlrede, noch dazu einer schlechten, vom Kollegen Puswald möchte ich mich gar nicht befassen (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ), noch dazu mit einer ganz geringen Publizitätswirkung, denn das Fernsehen ist schon abgeschaltet. Ich frage


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mich, Herr Abgeordneter Puswald, warum Sie da so hineingehackt haben. (Zwischen­ruf des Abg. Dr. Puswald.) Völlig umsonst! Sie hätten uns das alles ruhig, ohne Drohung und ohne Anwürfe sagen können.

Zur Rede des Kollegen Maier: Ihre Politik „Aug um Aug, Zahn um Zahn“ halte ich auch nicht für sehr gescheit. Herr Abgeordneter Maier – ich denke, er ist jetzt nicht da (Abg. Ing. Gartlehner: Was reden Sie denn!) – Entschuldigung –, Sie wissen ja ganz genau, dass wir erstens eine EU-Richtlinie umsetzen müssen und dass wir das ohnehin sehr sparsam gemacht haben, und zweitens: Sie müssen doch eigentlich auch den Urheber schützen wollen, genau wie wir das wollen. (Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Herr Abgeordneter Matznetter! Ich glaube, Sie verstehen von der Problematik über­haupt nichts, denn Sie waren nicht im Justizausschuss. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.) Sie haben sich offensichtlich auch mit der Materie nicht befasst, denn sonst würden Sie nicht solche Zwischenrufe machen.

Bisher haben die Urheber keine Chance einzuschreiten, wenn das Werk des Urhebers illegal verwendet wird. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Matznetter.)

Ist das überhaupt Ihr Platz? Sie dürfen ja gar nicht von einem fremden Platz aus Zwischenrufe machen. (Abg. Dr. Matznetter: Ich bin auf meinem Platz!) – Gut. Ist in Ordnung. (Weitere Zwischenrufe bei der SPÖ.)

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Mit dieser Novelle erhält auch der Urheber eine Möglichkeit, seinen Rechten zum Durchbruch zu verhelfen.

Herr Abgeordneter Puswald! Ich gehöre nicht zu den orangen Mitregenten, wie Sie die Fraktionskollegen benannt haben, aber Sie dürfen doch nicht vergessen, dass dieser Weg, den wir hier gewählt haben, dazu führt, dass eigentlich der Provider entlastet wird. Denn würden wir die Auskunftspflicht erschweren, dann würden die Verletzten sofort zu Gericht laufen und eine Unterlassungsklage anstellen. Diese Möglichkeit gibt es ja.

Das heißt also, dieses Auskunftsrecht belastet den Provider am wenigsten. Das hat auch nichts damit zu tun, dass man der Industrie helfen möchte oder dass man irgend­welche andere ideologische Bilder, die Sie da „hineingeheimnissen“, vollführen will, sondern wir wollten eine praktikable Lösung haben. Und die haben wir jetzt. Derjenige, der in seinen Rechten verletzt wird, wendet sich an den Provider, ziemlich formlos, und dieser antwortet oder auch nicht. Wenn er nicht antwortet, dann kann der Verletzte eine Unterlassungsklage anstellen. Also ich weiß nicht, warum Sie das nicht akzep­tieren möchten und warum Sie sagen, nur aus diesem Grund, weil man keinen Richter vorher einschaltet, gehen Sie nicht mit. Ich verstehe Sie da nicht.

Ich verstehe nicht, Herr Abgeordneter Maier, wieso Sie den Urheber so gering achten. Wir können doch nicht akzeptieren, dass über sein Werk illegal disponiert wird, er zwar dieses Werk geschaffen hat, aber vom Nutzen zur Gänze oder teilweise ausge­schlossen wird. Um eben dieser Piraterie Einhalt zu gebieten, haben wir diese EU-Richtlinie so umgesetzt.

Zur Grundsatzfrage, die Sie ja auch angeschnitten haben, Herr Abgeordneter Maier: Soll die Produktpiraterie im digitalen Bereich einen anderen Stellenwert haben als die Produktpiraterie sonst wo? Wir haben im Justizausschuss, im Ministerium lange diskutiert.

Ich finde, dass der Urheber genau so geschützt gehört wie jeder andere Hersteller eines Produktes. Wenn Sie immer wieder das Beispiel des Schülers anführen, der eine oder mehrere Kopien zu seinem eigenen Gebrauch machen möchte, dann möchte ich Ihnen nur sagen: Wenn man beispielsweise, um bei Jugendlichen zu bleiben, die Band


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„Tokio Hotel“ nicht nur einmal, sondern zweimal hören möchte, muss man sich jedes Mal eine Eintrittskarte besorgen. Und niemand wird auf die Idee kommen, dass mit dem Kauf einer Eintrittskarte bereits mehrere Veranstaltungen verbunden sind. Jeder weiß, er muss weiter sparen, damit er eine weitere Eintrittskarte lösen kann. So ist es bei allen Dingen im Leben. Man muss leider Gottes für alles bezahlen.

Ich sehe nicht ein, warum gerade da, wenn es um urheberrechtlich geschützte Werke geht, andere Maßstäbe gelten sollen.

Sie wissen ja ganz genau – auch besser als ich wahrscheinlich –, dass die Industrie jetzt schon daran arbeitet, dass zwei oder drei Kopien eines Werkes möglich sind, ohne dass es da eine Sperre gibt, damit man eben beispielsweise eine CD auf mehreren Apparaten verwenden kann. Die Aufregung ist also völlig umsonst, und ich finde, es besteht wirklich guter Grund, dass Sie mit uns diese Umsetzung der EU-Richtlinie tragen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

13.59


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Zinggl.

 


14.00.01

Abgeordneter Mag. Dr. Wolfgang Zinggl (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Im Bereich des Urheberrechts haben wir es mit einer zunehmend schwieriger werdenden Materie zu tun. Das findet seine Begründung darin, dass die neuen Technologien immer leichter zugängliche Möglichkeiten schaffen, die geltenden Gesetze auszuhebeln, ad absurdum zu führen, mit einem Wort alt aussehen zu lassen. Genau genommen ist das Urheberrecht in sich selbst eine Materie, die unsere eigenen Überlegungen zum Recht spaltet. Es gibt eigentlich zwei Rechte, die gleichzeitig geschützt werden sollen. Auf der einen Seite die Unterstützung des geistigen Eigentums, der geistigen Leistung – das wollen wir natürlich stützen und schützen. Wir wollen, dass alle, die geistiges Eigentum, geistige Leistungen erbringen, auch am Vertrieb finanziell anteilig profitieren. Andererseits müssen wir uns aber schon der Überlegung stellen, dass mit einer immer stärker werdenden Urheberrechts­verschärfung auch so etwas wie Freiheitsgrade verloren gehen. (Ruf bei der ÖVP: Die AKM!)

Genau genommen schränkt das natürlich auch die Freiheit der Urheber, der Kreativen ständig ein. (Abg. Mag. Hakl: Wieso?) Sie werden dieses Problem auf den Tisch bekommen, ob Sie das wollen oder nicht. Es ist ein sukzessive anwachsendes Problem. Wenn Sie heute in ein Graphikbüro gehen, werden Ihnen die Kreativen erzählen, dass sie, wenn sie ganz unschuldig irgendwie eine Blume zeichnen, Gefahr laufen, dass diese Blume bereits irgendwo urheberrechtlich geschützt ist und dass sie dann unter Umständen, ohne es gewusst zu haben, zur Kasse gebeten werden. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Das glauben Sie jetzt aber selber nicht, was Sie da sagen! – Abg. Mag. Hakl: Keine Ahnung haben Sie!)

Sie brauchen jetzt nicht nein zu sagen! Das ist ein Problem, das sich durch alle Branchen der Kreativen zieht, und darum haben wir manchmal Bedenken, wenn es immer wieder zur Verstärkung des Urheberrechts um seiner selbst willen kommen soll. (Beifall bei den Grünen.)

Jetzt liegt wieder ein Bundesgesetz vor, eine Novelle, die genau das machen möchte. Jetzt sollen die Vermittler dazu verpflichtet werden, Auskunft zu erteilen. Auch wenn sie selbst an der Urheberrechtsverletzung gar nicht beteiligt waren, wenn sie davon nicht einmal Notiz genommen haben, wenn sie gar nichts davon gewusst haben, sollen


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sie Namen, Adressen und Daten herausrücken. Dagegen wäre zunächst einmal überhaupt nichts einzuwenden.

Das Problem, das daraus entsteht, ist so wie bei einer Baustelle, die zugemacht wird. Oft wird dann gleich eine andere Baustelle aufgemacht. Das Problem ist in diesem Fall, dass die Provider, die Vermittler in eine unangenehme Situation geraten, nämlich in die Situation, dass sie unter Umständen das Datenschutzrecht verletzen, wenn nämlich gar keine Urheberrechtsverletzung vorgelegen ist.

Wenn eine Urheberrechtsverletzung vorliegt, dann ist es klar, dann können sie auch die Daten herausrücken, aber wenn keine vorliegt, dann sollten sie die Daten auch herausrücken, aber dann verletzen sie damit das Datenschutzrecht. Sie kommen so eigentlich in eine Zwickmühle, sie stehen mehr oder weniger mit einem Fuß im Kriminal. (Abg. Mag. Hakl: Wenn geklagt wird, ist das auch nicht anders! Es kann auch so oder so ausgehen!) – Da haben Sie völlig Recht! – Sie müssen beginnen zu recherchieren. Sie brauchen dann auch Rechtshilfe. Und daraus entsteht das Problem: Wer zahlt das? Die haben ja kein Unrecht begangen. Die kommen jetzt zum Handkuss, die müssen etwas finanzieren, das sie gar nicht verursacht haben. (Abg. Mag. Hakl: Deswegen haben wir das auch geändert!)

Deswegen haben wir gesagt: Das müssen wir schon noch einmal überdenken. Das haben wir im Ausschuss angemeldet und auch einen eigenen Antrag dazu einge­bracht. Wir hätten gerne ein Gesetz gehabt, das sich erstens schärfer an den EU-Richtlinien orientiert, das einen Zivilrichter mit einschaltet, der entscheiden soll, ob eine Urheberrechtsverletzung stattgefunden hat, und danach können die Daten heraus­gerückt werden oder nicht. Das wäre eigentlich im Sinne der Rechtssicherheit der richtige Weg gewesen.

Wie das so ist in der Demokratie, haben wir uns dann im Ausschuss letzten Endes auf etwas geeinigt, und mit dem sind wir sehr zufrieden, und auch die Provider sind damit zufrieden. Das schaut jetzt so aus, dass diese Auskunftspflicht materiell tatsächlich besteht, das heißt, es muss Auskunft erteilt werden, wenn ausreichend Beweise für die Verletzung vorliegen und die Kosten dafür auch von den Klägern übernommen werden. Das heißt, die, die das Recht in Anspruch nehmen, müssen die Kosten tragen und die Beweise liefern.

Abschließend möchte ich mich für das konstruktive Klima im Ausschuss bedanken, auch bei der Ministerin, die letzten Endes für dieses Klima gesorgt hat. Ich würde mir in manch anderen Ausschüssen so ein konstruktives Klima wünschen, insbesondere in den Ausschüssen, in denen ich regelmäßig bin, wie im Wissenschaftsausschuss und im Kulturausschuss. Ministerin Gehrer geht auf Anliegen, die wir dort gelegentlich und unserer Ansicht nach zu Recht vertreten, nicht einmal ein. – Ich bedanke mich da noch einmal bei Ihnen. (Beifall bei den Grünen.)

14.05


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hütl. – Bitte.

 


14.05.23

Abgeordneter Dipl.-Ing. Günther Hütl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Vorsitzender! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das Urheberrecht war lange Zeit eine Rechtsmaterie der Spezialisten. Der Durchschnittsbürger lief kaum Gefahr, mit dem Urheberrecht in Konflikt zu geraten. Die Möglichkeiten der modernen Kommunikationstechnik, der digitalen Kopie und der weltweiten Verbreitung über das Internet haben die Situation grundlegend geändert. Heute steht mindestens in jedem zweiten Haushalt ein Gerät, das digitale Kopien ermöglicht, und weit mehr als die


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Hälfte der Menschen benützt das World Wide Web. Besonders betroffen von dieser Materie sind die vielen Betreiber von Websites. Schon eine private Homepage bietet jede Menge Konfliktstoff, es genügt ein gescanntes Passbild. Gerade im Internet ist das Urheberrecht zu einer der wichtigsten Normen geworden und zugleich zu einer der am häufigsten gebrochenen. Über die Durchsetzungsrichtlinie wurde ja schon ge­sprochen, über diese Enforcement-Richtlinie zur Durchsetzung und zum Schutz von geistigem Eigentum.

Ich möchte auch erwähnen, dass sich vor allem der Verband der österreichischen Musikwirtschaft, der rund 65 000 Musiker, Sänger, Orchester, Ensembles, Komponis­ten und Autoren sowie 2 000 Verlage, Major und Independent Labels und Musikvideo­produzenten vertritt, ganz eindeutig für die Annahme dieser Regierungsvorlage aus­gesprochen hat.

Die Musikwirtschaft hat sich in den letzten Jahren stark gewandelt. Mit neuen Online-Shops und Streaming-Plattformen wurden in Österreich im Jahre 2005 nach Auskunft des Verbandes auch mehr als 4 Millionen Songs online gekauft. Es wächst der Markt, womit auch die Ausrede, es gäbe keine Alternative zu illegalen Download-Plattformen, nicht mehr der Wahrheit entspricht, und es nehmen auch die Webshops zu, die die Angebote für die Konsumenten auf legale Weise zugänglich machen.

Bedauerlich ist allerdings, dass die SPÖ nicht zum ersten Mal gegen diese Kreativ­branchen auftritt und mit einem aus unserer Sicht falsch verstandenen Konsumenten­schutz auf dem Rücken der Kreativen politisch punkten will. Herr Maier! Das mit der Privatkopie – als einfache Kopie kann ich auch eine kopiergeschützte CD kopieren. Verhindert wird, dass man mit mehrfacher Geschwindigkeit, mit achtfacher oder zwölffacher Geschwindigkeit CDs kopiert und die sodann gewerbsmäßig verkauft.

Paradoxerweise wollen auch die Grünen die Umsetzung dieser EU-Rechtsdurch­setzungsrichtlinie zu Lasten der Künstler und Kreativbranchen für einen Abbau des Urheberrechtsschutzes missbrauchen und damit die Zielsetzung der Richtlinie ins Gegenteil verkehren. Kollege Puswald, du hast gesagt, es geht gegen die Konsumen­ten. – Ich dagegen denke, es ist eine gute Regelung, und dafür danke ich der Frau Bundesministerin und ihrem Team. – Danke. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abge­ordneten der Freiheitlichen – BZÖ.)

14.08


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesminister Mag. Gastinger. – Bitte.

 


14.08.40

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Es freut mich, dass die Urheber­rechtsgesetznovelle 2006 offensichtlich die Zustimmung der Mehrheit der Mitglieder des Hohen Hauses finden wird. Ich möchte an dieser Stelle ausdrücklich betonen, dass dieser Urheberrechtsgesetznovelle wirklich langwierige und sehr zähe Verhandlungen vorausgegangen sind. Wir haben das auch einmal von der Tagesordnung des Justiz­ausschusses genommen, um über einen Abänderungsantrag der Grünen noch weiter zu verhandeln.

Ich muss aber sagen, dass dieses Ergebnis, so wie es jetzt vorliegt, auch mit der Auskunftspflicht, so meine ich, eine gute Lösung im Interesse aller ist. Es ist ein pragmatischer, vernünftiger Weg, der für niemanden zu große Belastungen verursacht, aber sehr wohl den Schutz der Urheber im Auge behält. Ich denke, dass das eine vernünftige Lösung ist.


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Es tut mir natürlich Leid, dass sich abzeichnet, dass die SPÖ hier nicht mitgehen kann. (Abg. Mag. Hakl: Will!) Es freut mich aber, zu hören, wie groß das Vertrauen des Hohen Hauses in die Justiz und die Gerichte ist, sodass auch immer wieder der Ruf nach einer gerichtlichen Entscheidung laut wird. Das ist etwas, was ich mit dem anderen Teil meines Herzens sehr gerne höre. Dennoch denke ich, dass es so, wie wir die Auskunftspflicht nunmehr im Urheberrecht geregelt haben, wirklich eine prag­matische Lösung ist, die auch, wenn es nicht klappen sollte, sehr wohl den Weg zum Gericht ermöglicht. Das haben wir auch vorgesehen. Ich denke auch, dass dieser Weg der vernünftige und der richtige ist. – Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

14.09


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Fauland. – Bitte.

 


14.10.20

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Digitalkopien und die digitale Welt sind eine Welt des Wandels. Der geht sehr oft mit einer Geschwindigkeit vor sich, angesichts der der Gesetzgeber eigentlich sehr oft nur noch nachjustieren kann.

Mit der Einführung der CD als Datenträger für Tonmaterial war früher eigentlich zunächst einmal dem normalen Kopieren, wie man es früher gekannt hat, von einer Schallplatte weg auf eine Musikkassette Einhalt geboten. Bei Einführung der CD-Brenner waren die Preise für Rohlinge – damals noch zirka 170 Schilling – eigentlich sehr unattraktiv. Mit dem zunehmenden Preisverfall bei den Rohlingen, deren Preise sich jetzt im Centbereich bewegen, kam es dann aber auch immer mehr zu einer Vervielfältigung, die weit über das normale Maß einer erlaubten privaten Kopie hinausging.

Es war eben nicht so, dass man nur für sich allein eine private Kopie angefertigt hat, sondern sie wurde auch für einen Freundeskreis angefertigt, und das immer mehr und immer mehr. Aus diesem Grund war dann die Musikindustrie gehalten, Maßnahmen dagegen zu setzen, Maßnahmen in Form von Kopiersperren, mit denen man aber auch wieder in eine Art Wettlauf, Rüstungswettlauf hineingeraten ist. Jeder Kopierschutz wurde durch eine spezielle Kopiersoftware wieder ausgehebelt.

Derzeitiger Status quo ist, dass mit Programmen wie „Alkohol 120 %“ oder „Clone CD“ eigentlich jede kopiergeschützte CD immer noch zu kopieren ist. Die Problematik ist also dieselbe geblieben. Das Urheberrecht ist zu schützen, weil es geistiges Eigentum des Künstlers ist. Es ist nicht einzusehen, dass dieses geistige Eigentum in keinster Weise akzeptiert wird.

Die sich weiter entwickelnden Tauschbörsen haben einen weiteren Aspekt in dieser Causa aufgemacht, und zwar den Aspekt, dass man nicht einmal mehr eine urheber­rechtlich geschützte CD besitzen musste. Man hat sich in Peer to Peer-Netzwerke eingeloggt und konnte sich so in der Community die Musikstücke einfach herunter­laden. Dadurch gab es dann Verhältnisse von 1 : 100 oder 1 : 500 zwischen verkauften CDs und verbreiteten Liedern.

Die Musikindustrie hat dann mit der Möglichkeit reagiert, Tauschbörsen auf legale Art und Weise zu nutzen. Kollegin Hakl hat das bereits ausgeführt. Für ein sehr geringes Entgelt bietet sich also heute die Möglichkeit, leistbar auch für jeden Schüler, Musikstücke zu erwerben und sie dann, wie es die Jugend so macht, auf dem iPod abzuspielen und zu konsumieren. Ich denke also, dass dieser Graubereich und dieser Ansatz zur Kriminalisierung der Jugend, den Kollege Maier in den Raum gestellt hat,


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einfach nicht gegeben sind, und aus diesem Grund unterstützen wir dieses Gesetz natürlich vollinhaltlich. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

14.13


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Brinek. – Bitte.

 


14.13.39

Abgeordnete Dr. Gertrude Brinek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Ich möchte nur richtig stellen, dass das einfache private Kopieren jeder­zeit möglich ist. Das sei vor allem in Richtung des Kollegen Maier gesagt, des selbst ernannten Allzeit-Konsumentensprechers. Mit der neuen Regelung ist nur das gewerbliche und das missbräuchliche Kopieren verboten. Das ist wichtig, weil für uns der Schutz der Urheber wichtig und entscheidend ist.

Ich möchte in diesem Zusammenhang zu einer ähnlichen Schutzinitiative einladen. Immer mehr wird im Rahmen von künstlerisch-wissenschaftlichen Arbeiten und wissen­schaftlichen Arbeiten kopiert, plagiiert, und unerlaubt werden Textprodukte, wissen­schaftliche und künstlerische Produktionen übernommen. Die Universitäten haben sich Hilfe suchend an mich gewendet, ich vermute, auch an Sie, geschätzte Kolleginnen und Kollegen der anderen Parteien, um das Kopieren, das unerlaubte Verwenden von geistig-künstlerischen Produkten in Diplomarbeiten und Dissertationen zu unterbinden, und zwar nicht nur über das Urheberrecht, sondern auch über das Universitätsrecht beziehungsweise die Universitätsgesetze.

Die Universitäten, auch die künstlerischen, versuchen jetzt in ihren Satzungen zu veranlassen, dass etwa Diplomarbeiten soweit wie möglich nur mehr elektronisch abgegeben werden können, um durch bestimmte Screenings solche kopierten, das heißt raubkopierten, plagiierten Stellen herauszufinden. Das erschwert das wissen­schaftliche Arbeiten, das diskriminiert in Wirklichkeit alle Studierenden, auch die, die guten Willens sind, die seriös arbeiten, die verlässlich arbeiten wollen. Experten­schätzungen zufolge macht das schon 15 bis 30 Prozent der wissenschaftlichen Arbeiten aus. Ich stelle mich schützend vor die ehrlichen Studierenden. Ich stelle mich schützend vor die ehrlichen wissenschaftlichen Arbeiterinnen und Arbeiter, Hochschul­lehrerinnen und Hochschullehrer, die in ihrer pädagogischen und wissenschaftlichen Betreuung eine wichtige Aufgabe sehen.

Ich lade alle Kolleginnen und Kollegen der anderen Fraktionen ein, an einer Lösung zu arbeiten, auch wenn das in den nächsten Wochen nicht zu einem endgültigen Ergebnis führen wird. Bitte bekämpfen wir auch hier unlauteres Arbeiten, unlauteren wissen­schaftlich-künstlerischen Wettbewerb und schützen wir die Urheber, die geistigen, die künstlerischen und alle anderen, und unterstützen wir nicht Missbrauch! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

14.16


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussbericht getrennt vor­nehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Urheberrechts­gesetznovelle 2006 samt Titel und Eingang in 1508 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dem Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das Gesetz ist auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das Verwertungsgesellschaftengesetz 2006 geändert wird, samt Titel und Eingang in 1509 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für den Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen zur dritten Lesung. (Unruhe im Saal.)

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn gibt das Glockenzeichen.) – Geh komm, das ist so mühsam! – Es ist dies mit Mehrheit angenommen. Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen jetzt zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 1510 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein beja­hendes Zeichen. – Es ist dies mit Mehrheit angenommen.

14.17.364. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1420 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Sachwalterrecht im allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch und das Ehegesetz, das Außerstreitgesetz, das Konsumentenschutzgesetz, das Vereinssachwalter- und Patientenanwaltsgesetz, die Notariatsordnung, das Gerichtsorganisationsgesetz und das Berufsrechts-Änderungsgesetz 2006 geändert werden (Sachwalterrechts-Änderungsgesetz 2006 – SWRÄG 2006) (1511 d.B.)

5. Punkt

Bericht und Antrag des Justizausschusses über den Entwurf eines Bundes­gesetzes, mit dem die Rechtsanwaltsordnung geändert wird (1513 d.B.)

6. Punkt

Bericht und Antrag des Justizausschusses über den Entwurf eines Bundes­gesetzes, mit dem das Heimaufenthaltsgesetz geändert wird (1512 d.B.)

7. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 690/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend der Erweiterung der Beweislastumkehr bei Gewährleistungsansprüchen (1514 d.B.)

8. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 510/A der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsumentenschutzgesetz geändert wird (1515 d.B.)


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9. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 497/A der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Konsumentenschutzgesetz geändert wird (1516 d.B.)

10. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 353/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend „E-Commerce-Gesetz (ECG) und Online-Einkauf: Rechtlich unzulässige Firmen-Homepages – Vollzie­hung ECG“ (1517 d.B.)

11. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 56/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend „Vereinheitlichung der Rücktrittsfristen für KonsumentInnen bei Konsumentengeschäften“ (1518 d.B.)

12. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 36/A (E) der Abgeordneten Mag. Johann Maier, Kolleginnen und Kollegen betreffend Neukodifikation des zivilrechtlichen Konsumentenschutzrechtes – „KSchG-NEU“ (1519 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 4 bis 12 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Zu Wort gemeldet hat sich Frau Abgeordnete Stadlbauer. Ich erteile es ihr.

 


14.19.10

Abgeordnete Bettina Stadlbauer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Die Änderungen im Sachwalterrecht sind grundsätzlich gut. Die Verhältnisse für die betroffenen Menschen werden klarer. Die Selbstbestimmung wird hervorgehoben. Die Familie wird durch die Vorsorgevollmacht gestärkt und Sachwalterschaften werden beschränkt.

Die Zusammenarbeit der verschiedenen Fraktionen im Justizausschuss war vorbildlich. Einige Änderungen wurden noch akzeptiert und mit Vier-Parteien-Antrag vorge­nommen, zum Beispiel im Strafrecht. In der ursprünglichen Version hätten Sachwalter, die keine Familienmitglieder sind, gegen ihre KlientInnen in einem Strafverfahren aussagen müssen. Das wäre eine klare Verschlechterung für die Betroffenen gewesen, weil das bis dato nicht der Fall war, und dieser Passus ist auf unser Betreiben, auf das Betreiben der SPÖ-Fraktion hin wieder aus dem Gesetz gestrichen worden, und das ist gut so.

Ein Punkt, der meiner Meinung nach noch nicht fertig ausdiskutiert ist, ist folgender: Im § 283 ABGB sollen Regelungen zur Behandlungszustimmung neu geschaffen werden. Dabei soll nun ein direkter Durchgriff des Gerichtes auf den betroffenen Menschen für den Fall erfolgen, in dem der Sachwalter einer bestimmten medizinischen Behandlung nicht zustimmt. Es steht die Befürchtung im Raum, dass durch eine vorschnelle Abkürzung des Verfahrens – also Gericht ersetzt Zustimmung des Sachwalters – eine Suche nach Alternativen in der Behandlungsmethode verunmöglicht wird.


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Ich verstehe ja das Argument, warum dieser Passus eingefügt wurde. Ich kann mir gut vorstellen, dass es sehr mühsam sein kann, wenn die Sachwalterin bei schwierigen Entscheidungen sicherheitshalber einmal keine Zustimmung gibt. Es ist unter Umständen für Ärzte sehr mühsam, zu überzeugen, vor allem dann, wenn es ihre Zeit nicht erlaubt. Hier wollte man also einen anderen Weg finden, um zu einer Genehmigung zu kommen. Das ist die eine Seite.

Auf der anderen Seite gibt es aber massive Bedenken, dass genau diese Bestimmung auch missbräuchlich verwendet werden kann. Zum Beispiel – und das kommt immer wieder vor –: Einer älteren besachwalteten Person soll eine Sonde eingesetzt werden. Die Sachwalterin stimmt nicht zu, weil es auch Alternativen gäbe. Logisch wäre in diesem Fall, dass der Arzt gemeinsam mit der Patientin und dem Sachwalter bespricht, was die beste Methode für die Patientin ist.

Das kann auch mühsam sein, und es kommt durchaus vor, dass überlastete und über­arbeitete Ärzte eine schnelle Entscheidung haben wollen, dann auf einen überlasteten und überarbeiteten Richter stoßen, der den vordergründig eindeutigen medizinischen Fall mit einer raschen Entscheidung schnell vom Tisch haben will. Ich unterstelle das natürlich niemandem, aber es kommt vor, es könnte vorkommen und wir könnten hier gegensteuern. Im Sinne der Betroffenen wäre es besser, diesen Passus im Gesetz nicht so stehen zu lassen.

Im besten Fall soll es bei der Zustimmung des Sachwalters bleiben. Wenn sich die Ärztin mit dem Patienten und der Sachwalterin vernünftig auseinander setzt, dann wird es auch eine vernünftige Lösung geben.

Ich verstehe aber auch das bereits vorher erwähnte Argument und schlage daher als Kompromiss vor, dass die Sachwalterin/der Sachwalter zumindest ein Anhörungsrecht beim Richter hat.

Ich stelle daher folgenden Antrag:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Bettina Stadlbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen

Zu Artikel I

Änderung des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches

Im § 283 Abs. 2 soll der letzte Halbsatz des letzten Satzes nach dem Beistrich lauten wie folgt:

„so kann das Gericht nach Anhörung des Sachwalters die Zustimmung des Sachwalters ersetzen oder die Sachwalterschaft einer anderen Person übertragen.“

*****

Ich bringe noch einen anderen Antrag ein, weil es gerade passt:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Jarolim, Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Helene Partik-Pablé, Mag. Terezija Stoisits, Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine „easy to read“-Fassung des SWRÄG

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Justiz wird ersucht, über das Sachwalterrechts-Änderungs­gesetz 2006 eine leicht lesbare, allgemein verständliche Information („easy to read“-Fassung) erstellen zu lassen und diese der Allgemeinheit und insbesondere den betroffenen Personenkreisen zur Verfügung zu stellen.

*****

Zum ersten Antrag, zum Abänderungsantrag: Im Ausschuss wurde immer wieder argumentiert, dass das ohnehin gang und gäbe wäre, dass der Richter mit dem Sachwalter noch einmal sprechen wird. Es wurde aber auch damit argumentiert, dass wir die Richter und Richterinnen dazu schulen müssen. Jetzt frage ich mich: Wenn es ohnehin selbstverständlich ist, warum können wir es dann nicht eindeutig und selbstverständlich in dieses Gesetz hineinschreiben? Darum wäre es mir doch wichtig, dass wir diesen Antrag noch behandeln.

Abschließend: Im Ausschuss wollte Ministerin Gastinger budgetäre Sorgen der Vereine nicht teilen. Sie meinte, die Finanzierung der Vereine sei gesichert. Frau Ministerin, das stimmt nicht! Der Verein für Sachwalterschaft zum Beispiel macht sich sehr wohl budgetäre Sorgen und hofft auf das nächste Budget. Bitte sorgen Sie dafür, dass auch ausreichend Budget zur Verfügung steht. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

14.24


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Stadlbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Bettina Stadlbauer, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen

zum Bericht des Justizausschusses (1511 d.B.) über die Regierungsvorlage (1420 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Sachwaltergesetz im allgemeinen bürger­lichen Gesetzbuch und das Ehegesetz, das Außerstreitgesetz, das Konsumen­tenschutzgesetz, das Vereinssachwalter- und Patientenanwaltsgesetz, die Notariats­ordnung, das Gerichtsorganisationsgesetz und das Berufsrechts-Änderungs­ge­setz 2006 geändert werden (Sachwalterrechts-Änderungsgesetz 2006 – SWRÄG 2006)

Der Nationalrat wolle in Zweiter Lesung beschließen:

zum Bericht des Justizausschusses (1511 d.B.) über die Regierungsvorlage (1420 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Sachwaltergesetz im allgemeinen bür­gerlichen Gesetzbuch und das Ehegesetz, das Außerstreitgesetz, das Kon­su­men­tenschutzgesetz, das Vereinssachwalter- und Patientenanwaltsgesetz, die Notariats­ordnung, das Gerichtsorganisationsgesetz und das Berufsrechts-Änderungs­gesetz 2006 geändert werden (Sachwalterrechts-Änderungsgesetz 2006 – SWRÄG 2006)


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153. Sitzung / Seite 29

Zu Artikel I

Änderung des allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuchs

Im § 283 Abs. 2 soll der letzte Halbsatz des letzten Satzes nach dem Beistrich lauten wie folgt:

„so kann das Gericht nach Anhörung des Sachwalters die Zustimmung des Sachwalters ersetzen oder die Sachwalterschaft einer anderen Person übertragen.“

Begründung

Im neuformulierten § 283 ABGB werden Regelungen zu Behandlungszustimmungen geschaffen. Dabei soll ein direkter Durchgriff auf die behinderte Person für den Fall erfolgen, in dem der Sachwalter einer Behandlung nicht zustimmt. Es soll also das Gericht die Zustimmung des Sachwalters ersetzen können. In der Begutachtung wurde von berufener Seite die Befürchtung vorgebracht, dass durch eine vorschnelle Ersetzung der Zustimmung die Suche nach sinnvollen Alternativen beeinträchtigt werde. Durch die Festlegung, dass der Sachwalter jedenfalls vorher vom Gericht anzuhören ist, soll diese vorschnelle Ersetzung weitgehend hintangehalten werden.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Jarolim, Dr. Fekter, Dr. Partik-Pablé, Mag. Stoisits, Mag. Lapp, Kolleginnen und Kollegen ist ebenfalls ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Jarolim, Dr. Maria Theresia Fekter, Dr. Helene Partik-Pablé, Mag. Terezija Stoisits, Mag. Christine Lapp, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine „easy to read“-Fassung des SWRÄG

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Justizausschusses (1511 d.B.) über die Regierungsvorlage (1420 d.B.): Bundesgesetz, mit dem Sachwalterrecht im allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch und das Ehegesetz, das Außerstreitgesetz, das Konsumentenschutzgesetz, das Vereinssachwalter- und Patientenanwaltsgesetz, die Notariatsordnung, das Gerichtsorganisationsgesetz und das Berufsrechts-Änderungs­gesetz 2006 geändert werden (Sachwalterrechts-Änderungsgesetz 2006 – SWRÄG 2006)

Die unterfertigten Abgeordneten stellen folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:


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Die Bundesministerin für Justiz wird ersucht, über das Sachwalterrechts-Änderungs­gesetz 2006 eine leicht lesbare, allgemein verständliche Information („easy to read“-Fassung) erstellen zu lassen und diese der Allgemeinheit und insbesondere den betroffenen Personenkreisen zur Verfügung zu stellen.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Fekter. – Bitte.

 


14.24.50

Abgeordnete Mag. Dr. Maria Theresia Fekter (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! In einem Ausschuss sind einem manche Gesetze besonders am Herzen gelegen, manche weniger, manche sind eine sehr trockene Materie, und von manchen kann man sich vorstellen, dass es einen selber trifft. Dieses Sachwalterrecht ist so ein Gesetz, das mir einerseits besonders am Herzen gelegen ist und von dem ich mir andererseits vorstellen kann, dass es mich oder nahe Angehörige oder Freunde wahrscheinlich irgendwann einmal besonders betreffen könnte.

Diese Novelle ist mit Experten lange vorbereitet worden, und diese Novelle trägt auch eine neue Philosophie. Wir haben in diesem Sachwalterrecht den Eingriff in die Autonomie der betroffenen Personen, in ihre Entscheidung möglichst gering halten wollen und daher auch nach Lösungen gesucht, was man nicht alles vorher bereits rechtlich regeln könnte, ohne dass es zu einer gerichtlichen Sachwalterbestellung kommen muss – beispielsweise durch eine gesetzliche Vertretungsbefugnis naher Angehöriger für die Angelegenheiten des täglichen Lebens, beispielsweise durch die Vorsorgevollmacht, mit der man selber durch ein Dokument dafür sorgen kann, wer denn einmal Sachwalter werden soll, sollte man einen brauchen.

Wir haben in diesem Gesetz auch ganz besonders darauf Wert gelegt, dass Sachwalterschaft nicht bloß eine Aufgabe der Rechtsvertretung ist, sondern eine soziale Verpflichtung, dass die effektive Wahrnehmung dieser sozialen Verpflichtung gewährleistet sein muss, zum Beispiel dadurch, dass der persönliche Kontakt mindestens einmal im Monat stattzufinden hat. Ich meine, dass das noch zu wenig ist und dass die Praxis den Sachwalter und die besachwaltete Person häufiger zusammenbringen sollte.

Wir haben dann auch sichergestellt, dass nicht hunderte Sachwalterschaften durch eine Person wahrgenommen werden, sondern diese auf 25 limitiert. Dann haben wir festgelegt, dass das Gericht von Amts wegen alle fünf Jahre überprüfen soll, ob die Sachwalterschaft überhaupt noch notwendig ist. Es ist schon richtig, dass sich mit diesem neuen Gesetz einige Fragen herauskristallisieren werden, und daher wollen wir im Parlament einen Bericht haben, den uns die Frau Justizministerin geben soll.

Durch das Sachwalterrechts-Änderungsgesetz werden wesentliche Änderungen im System der Sachwalterschaft eingeführt. Dies betrifft insbesondere die Vorsorgevollmacht, die Vertretungsmöglichkeit nächster Angehöriger, aber auch die zahlenmäßige Beschränkung der Sachwalterschaften. Diese Maßnahme hat naturgemäß auch entsprechende finanzielle Auswirkungen, für die von der Bundesministerin für Justiz entsprechend vorgesorgt worden ist.

Ich stelle daher folgenden Antrag:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Fekter, Dr. Jarolim, Dr. Partik-Pablé, Mag. Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung des Sachwalterrechts-Änderungsgesetzes

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Justiz wird ersucht, nach Ablauf von drei Jahren nach dem In-Kraft-Treten des Sachwalterrechts-Änderungsgesetzes die Auswirkungen der gesetzlichen Änderungen einschließlich ihrer finanziellen Auswirkungen hinsichtlich der


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153. Sitzung / Seite 32

Vereinssachwalterschaft zu evaluieren und dem Nationalrat einen diesbezüglichen Bericht vorzulegen.

*****

Das ist ein Vier-Parteien-Antrag. Ich hoffe, dass die Sozialdemokratie damit weiß, dass uns auch die finanziellen Nöte der Sachwalterschaft am Herzen liegen. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

14.29


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Fekter, Dr. Jarolim, Dr. Partik-Pablé, Mag. Stoisits, Kolleginnen und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Fekter, Dr. Jarolim, Dr. Partik-Pablé, Mag. Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung des Sachwalterrechts-Änderungsgesetzes

zum Bericht des Justizausschusses (1511 d.B.) über die Regierungsvorlage (1420 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz,


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153. Sitzung / Seite 33

mit dem das Sachwalterrecht im allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch und das Ehegesetz, das Außerstreitgesetz, das Konsumentenschutzgesetz, das Vereinssachwalter- und Patientenanwaltsgesetz, die Notariatsordnung, das Gerichtsorganisationsgesetz und das Berufsrechts-Änderungsgesetz 2006 geändert werden (Sachwalterrechts-Änderungsgesetz 2006 – SWRÄG 2006)

Durch das Sachwalterrechts-Änderungsgesetz werden wesentliche Änderungen im System der österreichischen Sachwalterschaft eingeführt. Dies betrifft insbesondere die Vorsorgevollmacht und die Vertretungsmöglichkeit nächster Angehöriger, aber auch die zahlenmäßige Beschränkung der Zahl der Sachwalterschaften, die von Rechtsanwälten übernommen werden dürfen. Diese Maßnahme hat naturgemäß auch entsprechende finanzielle Auswirkungen, für die von der Bundesministerin für Justiz entsprechend vorgesorgt worden ist.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen im Hinblick auf diese Änderungen den

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Justiz wird ersucht, nach Ablauf von drei Jahren nach dem In-Kraft-Treten des Sachwalterrechts-Änderungsgesetzes die Auswirkungen der ge­setzlichen Änderungen einschließlich ihrer finanziellen Auswirkungen hinsichtlich der Vereinssachwalterschaft zu evaluieren und dem Nationalrat einen diesbezüglichen Bericht vorzulegen.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Stoisits.

 


14.29.33

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrte Frau Ministerin! Herr Präsident! Geschätzte Damen und Herren! Das Sachwalterrechts-Änderungsgesetz wird – wie aus den bisherigen Stellungnahmen zu schließen ist – heute von allen Parteien gemeinsam beschlossen werden. Ich denke, dies ist die Konsequenz eines vorbildlichen Entstehungsverfahrens einer Gesetzesnovelle.

Ich möchte der Frau Ministerin, aber vor allem jenen, die in der Sache damit befasst waren, den Damen und Herren des Justizministeriums, sehr herzlich danken.

Ich habe das deshalb gesagt, weil ich im Rahmen meiner nächsten Wortmeldung beim nächsten Punkt sagen werde, wie ein Gesetz nicht entstehen soll.

Beim Sachwalterrechts-Änderungsgesetz war es so, dass man sich zuerst mit jenen zusammengesetzt hat, die von der Sache etwas verstehen; in diesem Fall mit jenen Institutionen, die auf Vereinsebene Sachwalterschaften haben und deren Berufsfeld das ist.

Dieses Gesetz basiert in erster Linie auf zwei Absichten. Erstens: Einschränkung der Sachwalterschaft auf Fälle, in denen es keine andere Alternative gibt. In den letzten Jahren ist die Zahl der Sachwalterschaften enorm angestiegen. Die neuen gesetz­lichen Bedingungen, die wir jetzt schaffen, werden in diesem Bereich einige Klärungen und Präzisierungen vornehmen – immer in dem Gedanken, dass die Schutzfunktion der Sachwalterschaft im Vordergrund steht.

Der zweite Aspekt dieses Gesetzes – dieser Aspekt ist jetzt nicht deshalb als zweiter genannt, weil er weniger wichtig wäre, sondern ist eigentlich das tragende Element – ist die Stärkung der Selbstbestimmung psychisch kranker und geistig behinderter Menschen, denn das ist jene Gruppe, die von Sachwalterschaften betroffen ist. Und darum ist das, was die Kolleginnen Fekter und Stadlbauer vorhin schon erwähnt haben, nämlich Vorsorgevollmacht, Sachwalterverfügung, auch die Frage der Vertretungsbefugnisse nächster Angehöriger und Schutz vor Missbrauch, so wesentlich.

Noch einmal kurz gesagt: Es ist das ein gutes Gesetz – das sagt die Opposition im Nationalrat nicht oft über ein Gesetz –, aber es ist kein perfektes Gesetz. Es ist deshalb nicht perfekt, weil jene Einwände, die nach dem Begutachtungsverfahren und nach der Einarbeitung in die Regierungsvorlage – zum Teil von der Opposition, also von mir, aber auch von der SPÖ, zum Teil von außen – noch herangetragen wurden, zwar zum Großteil berücksichtigt wurden, aber nicht zur Gänze.

Deshalb bringe ich trotz des guten Gesetzes, das aber, wie gesagt, nicht perfekt ist, folgenden Abänderungsantrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Justizausschusses (1511 d.B.) über die Regierungsvorlage (1420 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Sachwalterrecht im allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch und das Ehegesetz, das Außerstreitgesetz, das Konsumentenschutzgesetz, das Vereins­sach­walter- und Patientenanwaltsgesetz, die Notariatsordnung, das Gerichtsorganisations­gesetz und das Berufsrechts-Änderungsgesetz 2006 geändert werden (Sachwalter­rechts-Änderungsgesetz 2006 – SWRÄG 2006)

Der Nationalrat wolle in Zweiter Lesung beschließen:

1. In Artikel I Z.9 lautet §283 Abs.2 letzter Satz:

„Erteilt der Sachwalter die Zustimmung zu einer medizinischen Behandlung nicht und wird dadurch das Wohl der behinderten Person gefährdet, so hat das Gericht die Sachwalterschaft einer anderen Person zu übertragen.“

2. In Artikel X lautet § 4 Abs. 2:

„(2) § 279 ABGB in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2006 ist bei der erstmaligen Bestellung zum Sachwalter ab dem 1. Juli 2007 anzuwenden. Zudem hat das Gericht in angemessenen Zeitabständen zu überprüfen, ob anstelle eines Sach­walters, der die Voraussetzungen des § 279 Abs. 5 ABGB nicht erfüllt, ein anderer Sachwalter in Betracht kommt. Bis zum 1. Juli 2010 haben alle Sachwalter diese Voraussetzungen zu erfüllen.“

*****

Über den Hintergrund des ersten Teiles des Abänderungsantrages hat Frau Kollegin Stadlbauer schon gesprochen. Ich wusste nicht, dass auch die SPÖ einen Abän­derungsantrag einbringen wird, das habe ich erst jetzt erfahren, sonst hätten wir uns zusammentun und unseren Abänderungsantrag so formulieren können, dass wir uns einen erspart hätten. Aber es gibt ja keine Verpflichtung zur Zusammenarbeit der Opposition – im Gegensatz zur Zusammenarbeit innerhalb der Regierung, denn die sitzt in einem Boot, wir sitzen in getrennten Booten (Abg. Großruck: Im Unterseeboot sitzt ihr!), wo wir nicht gemeinsam rudern müssen, aber in eine Richtung rudern. Das ist der Unterschied.

Ich habe Ihnen damit die Abänderungsanträge erläutert und komme zu dem Punkt, bei dem es in letzter Minute, wenn man so will, noch einen konsensualen Versuch zur Präzisierung gab, von dem ich allerdings nicht weiß, Frau Ministerin, wie er sich auswirken wird, ich komme zur finanziellen Mehrbelastung der Sachwaltervereine dadurch, dass der Tätigkeitsbereich jetzt ausgeweitet wird, respektive ein Tätigkeits­bereich neu dazukommt.

Die Vertreter, mit denen ich gesprochen habe, haben grobe Zweifel daran, dass es sich tatsächlich mit dem Budget und mit der Planung ausgehen wird. Da wir das aber jetzt noch nicht wissen können, weil das Gesetz erst in drei Jahren – von jetzt an gerechnet – quasi in voller Blüte stehen wird, die gesamten Auswirkungen bringen wird, bis all die Massensachwalterschaften weg sind, ist es uns ein Anliegen – das bringen wir in dem gemeinschaftlichen Entschließungsantrag ja zum Ausdruck –, heute bereits darauf hinzuweisen, dass diese budgetären Planungen und Vorsorgen möglicherweise zwar gut gemeint, aber trotzdem unzureichend sind. Das ist der Wille des Gesetzgebers, der im Entschließungsantrag zum Ausdruck kommt.

Danke noch einmal allen, die mitgearbeitet haben, insbesondere Herrn Sektionschef Dr. Hopf und vor allem Dr. Barth, der das als Sachreferent betreut hat. Ich danke jetzt auch im Sinne aller Menschen, die einen Sachwalter beigestellt haben – noch wissen


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153. Sitzung / Seite 34

wir nicht, wie diese Menschen heißen; sie müssen nicht behindert sein, aber sie sind vor allem nicht „besachwaltet“. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

14.36


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Stoisits ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Justizausschusses (1511 d.B.) über die Regierungsvorlage (1420 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Sachwalterrecht im allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch und das Ehegesetz, das Außerstreitgesetz, das Konsumentenschutzgesetz, das Vereins­sachwalter- und Patientenanwaltsgesetz, die  Notariatsordnung, das Gerichts­organi­sationsgesetz und das Berufsrechts-Änderungsgesetz 2006 geändert werden (Sach­walterrechts-Änderungsgesetz 2006 – SWRÄG 2006)

Der Nationalrat wolle in Zweiter Lesung beschließen:

Der Bericht des Justizausschusses (1511 d.B.) über die Regierungsvorlage (1420 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Sachwalterrecht im allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuch und das Ehegesetz, das Außerstreitgesetz, das Konsumenten­schutz­gesetz, das Vereinssachwalter- und Patientenanwaltsgesetz, die  Notariats­ordnung, das Gerichtsorganisationsgesetz und das Berufsrechts-Änderungsgesetz 2006 geändert werden (Sachwalterrechts-Änderungsgesetz 2006 – SWRÄG 2006)

wird wie folgt geändert:

1. In Artikel I Z.9 lautet §283 Abs.2 letzter Satz:

„Erteilt der Sachwalter die Zustimmung zu einer medizinischen Behandlung nicht und wird dadurch das Wohl der behinderten Person gefährdet, so hat das Gericht die Sachwalterschaft einer anderen Person zu übertragen.“

2. In Artikel X lautet § 4 Abs. 2:

„(2) § 279 ABGB in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xxx/2006 ist bei der erstmaligen Bestellung zum Sachwalter ab dem 1. Juli 2007 anzuwenden. Zudem hat das Gericht in angemessenen Zeitabständen zu überprüfen, ob anstelle eines Sach­walters, der die Voraussetzungen des § 279 Abs. 5 ABGB nicht erfüllt, ein anderer Sachwalter in Betracht kommt. Bis zum 1. Juli 2010 haben alle Sachwalter diese Voraussetzungen zu erfüllen.“

Begründung:

Artikel I:

Zu § 283 Abs. 2:

Bisher hat das Gericht keine Möglichkeit, die Zustimmung eines Sachwalters zu einer medizinischen Behandlung einer Person, der ein Sachwalter bestellt war, zu ersetzen, sondern muss den Sachwalter abberufen und einen neuen bestellen. Durch die Novelle wird jedoch eine direkte Durchgriffsmöglichkeit des Gerichtes geschaffen:

Nach der Vorstellung des SWRÄG kann das Gericht alternativ die verweigerte Zustimmung eines Sachwalters zu einer medizinischen Behandlung ersetzen oder die Sachwalterschaft einem anderen Sachwalter übertragen.


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Diese Durchgriffsmöglichkeit des Richters auf eine Person, der ein Sachwalter bestellt ist, ist nicht gerechtfertigt: Zum einen ist es für einen uU bereits seit Jahren mit der jeweiligen Person zusammenarbeitenden Sachwalter ungleich einfacher, aufgrund einer sorgfältigen Abwägung sämtlicher Umstände des Einzelfalls eine sachgerechte Entscheidung über die Erteilung der Zustimmung zur medizinischen Behandlung zu treffen. Zum anderen ist die Durchgriffsmöglichkeit des Gerichts nicht erforderlich, weil es immer noch über die Möglichkeit einer Abberufung des Sachwalters und der Neubestellung einer anderen Person als Sachwalter verfügt.

Schließlich ist so ein direkter Durchgriff auch systemwidrig und stammt noch aus der Verflechtung des Sachwalterschaftsrechts mit dem Kindschaftsrecht, deren Entkop­pelung ja genau durch die gegenständliche Novelle erfolgen soll.

Aus diesen Überlegungen ist auf die direkte Durchgriffsmöglichkeit des Gerichts bei einer verweigerten Zustimmung des Sachwalters zu einer medizinischen Behandlung zu verzichten.

Artikel X:

Zu § 4 Abs. 2:

Die Novelle formuliert die Umsetzung der Höchstzahlen ausgesprochen „weich“, demnach „sollen tunlichst alle Sachwalter diese Voraussetzungen erfüllen“. Tatsächlich ist im Sinne eines höchstmöglichen Schutzes und zur Wahrnehmung des Wohls der Pflegebefohlenen erforderlich, dass die Umsetzung der Höchstzahlen verpflichtend erfolgt, daher ist eine entsprechend „starke“ Formulierung zu bevorzugen.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

 


14.36.54

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Normalerweise lobe ich im Plenum nicht die Beamten, weil ich finde, dass es Pflicht der Beamten ist, genauso wie es unsere Pflicht ist, ordentliche Arbeit zu leisten. Aber in diesem Fall möchte ich mich schon bei den Beamten des Justizministeriums bedanken, weil sie wirklich teilweise über ihren Schatten gesprun­gen sind. Ganz besonders bedanken möchte ich mich bei Herrn Sektionschef Dr. Hopf, der die Anlaufstelle für die geballten Interventionen, die im Zusammenhang mit dieser Gesetzwerdung vorgebracht wurden, war.

Ich bin wirklich allen in dieser Abteilung Tätigen sehr dankbar dafür, dass sie so viel Verständnis für unser Anliegen gezeigt haben und daran mitgewirkt haben, dass es so geworden ist, wie es jetzt ist.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir betreten nämlich mit diesem Gesetz in vielen Bereichen Neuland. Wir schaffen Bestimmungen, die es bisher nicht gegeben hat. Wir sind Vorreiter in Europa in manchen Bereichen, auf die ich noch zu sprechen kommen werde.

Ich freue mich auch darüber, dass diese Materie von allen Parteien mitgetragen wird. Die üblichen Auseinandersetzungen, die Streitereien haben bei diesem Gesetz völlig gefehlt. Grundlage jeder Debatte war: Wie können wir die Situation der Betroffenen ver­bessern? Wie können wir ihre Rechte stärken? Und wie können wir das System der Sachwalterschaft auf eine bessere Grundlage stellen? – Es war wirklich eine sehr, sehr angenehme Zusammenarbeit.


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153. Sitzung / Seite 36

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es gibt viele Missstände im Bereich der Sachwalterschaft. Das Interesse an dieser Materie ist auch hier in diesem Haus nicht sehr groß. Erst dann, wenn die Menschen davon betroffen werden, dass sie besach­waltet werden müssen, interessiert es sie. Aber vorher denkt man sich: Na ja, das geht mich eh noch nichts an!

Jedenfalls werden die Sachwalterschaften in einem viel zu großen Ausmaß vergeben. Wird ein Antrag auf Pflegegeld gestellt, muss schon ein Sachwalter bestellt werden. Kommt jemand in ein Pflegeheim: Sachwalterbestellung. Will jemand beim Sozialamt eine Dauerleistung, muss ein Sachwalter bestellt werden. Wird vom Arzt eine PEG-Sonde verordnet, wird ein Sachwalter bestellt – weil es ganz einfach einfacher ist, mit einem Sachwalter zu reden als beispielsweise mit einem alten Menschen, mit dem sich eine schwierigere Gesprächsgrundlage ergibt.

All jene, die die Unterschrift brauchen, oder die Heimleiter sind natürlich glücklich, wenn sie einen Sachwalter als Visavis haben und betreiben natürlich die Sachwalter­schaften.

Neben den gesetzlichen Änderungen, die wir vornehmen, geht mein Appell an die Behörden, an die Pflegeheime, nicht so überschießend von den Sachwalterschaften Gebrauch zu machen, sondern sich mit den betroffenen Menschen selbst auseinander zu setzen.

Beispielsweise die Setzung einer PEG-Sonde ist meiner Meinung nach weder Sache des Gerichtes noch Sache des Sachwalters, sondern das muss ein Arzt entscheiden, und der muss die Verantwortung dafür tragen, weil ja er über die medizinischen und auch über die sonstigen Auswirkungen Bescheid weiß. Da, finde ich, könnte der Sachwalter überhaupt fehlen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, die Sachwalterschaften sind im Laufe der Jahre enorm ausgedehnt worden, weil sich auch eine andere Lebensform heraus­gebildet hat: Es werden viel mehr Menschen zu Hause betreut und brauchen einen Sachwalter als noch vor einigen Jahren. Deshalb und durch die Praxis der Behörden, die ich schon erwähnt habe, gibt es jetzt viel mehr Sachwalterschaften.

Uns muss klar werden, dass es viel mehr darum geht, jemanden zu unterstützen, als darum, jemanden zu entmündigen.

Ich möchte noch ganz kurz einige wesentliche Punkte erwähnen. Manche Rechts­anwälte und Notare haben derzeit bis zu 800 Betreute. Sie können sich vorstellen, dass die Betreuung nicht gut war und nicht gut sein konnte. Wir haben dezimiert: Er darf in Zukunft höchstens 25 haben. Das wird auch von anderen berufsmäßigen Vertretern gemacht werden. Die Frau Justizministerin hat sich schon eingesetzt und wird um 5 Millionen € mehr zur Verfügung haben.

Wir haben auch eingeführt, dass jeder Sachwalter mindestens einmal im Monat persönlichen Kontakt zum Besachwalteten haben muss und darüber dem Gericht Bericht zu erstatten hat.

Völlig neu und auch dank des Verständnisses des Sektionschefs Dr. Hopf führen wir das Weitergelten der gesetzlichen Vertretung ein. Wenn beispielsweise jemand, der von Geburt an behindert ist, 18 Jahre alt wird, muss er jetzt einen Sachwalter bekommen. Wir führen jetzt ein, dass die gesetzlichen Vertreter – meistens Mutter, Vater – weiter die gesetzliche Vertretung ausüben dürfen. Das bedeutet, dass die Fürsorge im familiären Bereich sehr gestärkt wird.

Diese Angehörigen-Vertretung wurde in der Bundesrepublik Deutschland abgelehnt. Wir sind sehr froh darüber, dass es sie in Österreich gibt.


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Noch ein paar Worte zum Antrag von Frau Kollegin Stadlbauer: Ich bin für diesen Antrag, musste mir aber jetzt gerade sagen lassen, dass es im Außerstreitgesetz bereits diese Bestimmung gibt, dass der Sachwalter angehört werden muss, und außerdem: Was ist, wenn der Sachwalter auf Urlaub ist? – Dieses Argument lasse ich nicht gelten, denn dann muss man eben einen Vertreter heranziehen. Denn wenn der Sachwalter auf Urlaub ist, muss er ja auch schauen, dass sich irgendjemand um den Schutzbefohlenen kümmert. Aber grundsätzlich – es wird hier noch weiterverhandelt – bin ich der Meinung, dass dieser Antrag gut ist, und ich würde ihn unterstützen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren, natürlich wissen wir alle, dass dieses Gesetz keine Garantie dafür ist, dass die Schutzbefohlenen besser betreut werden. Aber wir haben wenigstens die gesetzlichen Voraussetzungen dafür geschaffen, dass es einen besseren Weg als bisher gibt. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

14.43


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesminister Mag. Gastinger. – Bitte.

 


14.43.44

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich möchte mich an dieser Stelle zuerst recht herzlich für die breite Zustimmung und den Konsens, den diese Rechts­materie auch hier im Hohen Hause findet, bedanken. Ich möchte mich an dieser Stelle aber auch bei meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, allen voran Herrn Sektions­chef Dr. Hopf und Herrn Dr. Barth, die hier hervorragende Arbeit geleistet haben, recht herzlich bedanken.

Ich möchte nun zum Gesetz selbst kommen. Es wurde schon sehr viel Positives erwähnt. Etwas, was noch nicht angesprochen wurde, was aber im Gesetz auch vorgesehen und für Österreich neu ist, von dem wir uns aber sehr viel erwarten, ist die Einrichtung einer Clearingstelle.

Sie müssen sich das so vorstellen, dass der Verein für Sachwalterschaft in Zukunft, bevor es zur Bestellung eines Sachwalters kommt, als Clearingstelle fungiert und dass man sich vor allem dann, wenn jemand zum Beispiel sagt, mein Vater, meine Mutter, mein Onkel oder meine Tante bräuchte einen Sachwalter, zuerst an diese Clearing­stelle wendet, um überhaupt zu entscheiden, ob ein Sachwalter notwendig ist oder ob man mit anderen geeigneten Maßnahmen das Auslangen finden kann. Davon erwarten wir uns sehr viel. Und ich denke, dass das in weiterer Folge sehr zur Kosteneinsparung beitragen wird.

Ich möchte nun auf den Antrag, der von Frau Abgeordneter Stadlbauer eingebracht wurde, näher eingehen. Es geht dabei darum, ob im Krankheitsfall, wenn der Sach­walter nicht zustimmt, eine Behandlung durchgeführt werden darf oder nicht. Im Regelfall ist es so, dass hier bei Einschaltung des Gerichtes das Außerstreitverfahren gilt. Und im Außerstreitverfahren gilt der Verfahrensgrundsatz, dass der Sachwalter zu hören ist. Das ist bereits jetzt ein Verfahrensgrundsatz, und jedes Gericht, das ordentlich ermittelt, wird ihn auch einhalten.

Sie haben jetzt vorgeschlagen, dass wir eine verfahrensrechtliche Bestimmung – die Anhörung des Sachwalters ist eine verfahrensrechtliche Bestimmung – in das ABGB aufnehmen. Das ist ein bisschen systemfremd, denn verfahrensrechtliche Bestim­mungen sind im Außerstreitgesetz. Vor allem befürchte ich auch, dass das dann, wenn wir das jetzt hier aufnehmen, hineinschreiben – so gut der Antrag ist; inhaltlich kann ich das, was Sie wollen, unterstützen, weil ich das auch vernünftig finde, das möchte ich vorausschicken, das habe ich bis jetzt noch nicht gesagt –, bedeuten würde, dass auf


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153. Sitzung / Seite 38

der anderen Seite in all den anderen Fällen – argumentum e contrario – gesagt wird, man brauche da den Sachwalter nicht zu hören. Und das ist eine Entwicklung, die ich nicht haben möchte.

Das müsste man jetzt wirklich ausgewogen überlegen. In diesem speziellen Fall – Sie haben Recht – glaube ich auch, dass, wenn das Gericht hier eine Entscheidung zu treffen hat, der Sachwalter zu hören ist. Ich halte nichts davon, das habe ich bereits im Justizausschuss zum Ausdruck gebracht, dass wir dann einen neuen Sachwalter bestellen. Das bringt gar nichts, denn der kennt den Besachwalteten überhaupt nicht, und das kann nur zu Verzögerungen führen. Also da muss man schauen, ob das dann Sinn macht. Dass der Sachwalter zu hören ist, begrüße ich grundsätzlich, aber ich gebe das zu bedenken.

Sie haben auch angeführt, dass Sie eine leicht lesbare Fassung für die Praxis haben wollen. Auch das kann ich unterstützen und möchte den Hohen Nationalrat darüber informieren, dass wir vom Justizministerium aus im Anschluss, sobald dieses Gesetz im Bundesgesetzblatt veröffentlicht ist – die Vorarbeiten laufen bereits –, ähnlich, wie wir das beim Heimaufenthalts- und Heimvertragsgesetz gemacht haben, Informations­kampagnen durchführen werden, also die nötige Information auch in schriftlicher und leicht lesbarer Form aufbereiten werden. Vor allem werden wir mit den Entscheidungs­trägern Kontakt aufnehmen und auch Schulungen anbieten, um dieses Gesetz möglichst gut in der Praxis umzusetzen.

Dies ist auch der Grund dafür, dass wir eine relativ lange Legisvakanz haben, eine relativ lange Zeit, bis das Gesetz in Kraft tritt, weil wir, bevor dieses Gesetz in Kraft tritt, wirklich die bestmögliche Vorbereitung schaffen wollen.

Von meinen Vorrednern wurde mehrfach die budgetäre Situation angesprochen. Es freut mich, dass der Hohe Nationalrat diese Problematik erkannt hat, muss ich ganz ehrlich sagen, weil das natürlich ein Punkt ist, mit dem die bestmögliche Betreuung von besachwalteten Menschen oder Menschen, die einen Sachwalter haben, steht und fällt. Wir haben auch vorgesehen – das geht auch aus den Erläuterungen hervor, die dem Gesetz angeschlossen sind; das ist mit dem Finanzminister schon vereinbart –, dass wir im Justizressort im Laufe der nächsten vier Jahre ansteigend bis zu 8 Mil­lionen € jährlich für diesen Bereich aus dem Budget bekommen. Ich hoffe, dass wir damit das Auslangen finden werden.

Für das heurige Jahr habe ich vor, eine Budgetüberschreitung zu beantragen, also mit dem Finanzminister zu verhandeln. Wir sehen schon jetzt, dass das Geld sehr knapp ist, und ich hoffe, dass wir auch in dieser Frage beim Finanzminister das nötige Gehör finden.

In diesem Sinne begrüße ich auch, dass wir die Evaluierung vorgesehen haben, weil ich mir davon erhoffe, dass in Zukunft die Budgetverhandlungen für diesen sensiblen Bereich wesentlich erleichtert werden, weil wir dann ganz konkrete Zahlen zur Verfügung haben.

Es freut mich, dass dieses Gesetzesvorhaben so breite Zustimmung findet, und ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

14.49


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zum Wort gelangt Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. – Bitte.

 


14.49.14

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Partik-Pablé, Sie haben ge-


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sagt, Sie bedanken sich normalerweise nicht und loben normalerweise nicht gerne. (Abg. Großruck: Das hat sie nicht gesagt!) Ich finde, mit Lob sollte man nicht allzu sparsam sein, wenn es dafür einen Anlass gibt. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Was brauchen Sie mich da zu belehren?!)

Ich möchte heute den Anlass nützen und mich beim Kollegen Johann Maier bedanken, der zahlreiche Anträge zum Konsumentenschutz ausgearbeitet hat – und das mit der gewohnten Sachkenntnis und Präzision. (Beifall bei der SPÖ.)

Österreich hatte über Jahre im Bereich Konsumentenschutz eine Vorreiterrolle im europäischen Rechtsvergleich inne. Das Konsumentenschutzgesetz war zur Zeit seiner Einführung eines der ersten in Europa und auch eines der fortschrittlichsten. Aber man kann es ziemlich genau mit der Jahrtausendwende festmachen: Seither führt der Konsumentenschutz ein Schattendasein, ist förmlich zur Nebensächlichkeit ver­kom­men, die total zersplittert in verschiedenen Ressorts angesiedelt ist und dort bestenfalls halbherzig bearbeitet wird. Und das, obwohl der Schutzbedarf der Konsumentinnen und Konsumenten stetig steigt. Neue Vertriebssysteme schießen wie Schwammerl aus dem Boden und die technologischen Möglichkeiten weiten sich immer mehr aus. Hätten wir nicht den Anpassungsdruck durch die Europäische Union, hätten wir im Konsumentenschutzbereich eine absolute Stagnation.

Die Anträge zeigen nun den akutesten Reformbedarf auf. Das betrifft einzelne Forde­rungen wie etwa die Erweiterung der Beweislastumkehr bei Gewährleistungs­an­sprüchen oder die Vereinheitlichung der Rücktrittsfristen bis hin zur generellen Neu­kodifikation des Konsumentenschutzrechtes.

Mir persönlich liegen die geforderten Verbesserungen des Online-Einkaufs, der sich gerade bei jungen Menschen immer größerer Beliebtheit erfreut, besonders am Herzen.

Untersuchungen haben gezeigt, dass nur knapp die Hälfte der Websites tatsächlich den gesetzlichen Vorgaben entspricht. In erster Linie hapert es dabei an der Infor­mation über Rücktrittsrechte, an der Rechtmäßigkeit allgemeiner Geschäftsbedingun­gen und auch an Datenschutzregelungen, die im Netz oft nicht eingehalten werden. Da werden oft völlig überflüssige Daten abgefragt und in weiterer Folge an andere Unternehmen für Werbezwecke weitergegeben. Daneben nehmen auch noch die handfesten Gaunereien im Internet rasant zu.

Opfer sind oft Jugendliche oder arglose Computernutzer, die sich unter Vorspiegelung falscher Tatsachen beträchtliche Summen herauslocken lassen. Die Aufklärungsquote solcher Kriminalfälle ist äußerst gering, nicht nur bei uns in Österreich. Die Justiz hinkt hier wirklich hilflos hintennach.

Die Zahl der Beschwerden in Konsumentenschutzeinrichtungen hat jedenfalls ganz massiv zugenommen. Umso erfreulicher ist es daher, dass es auch Positivbeispiele gibt, die sich nicht nur an die Gesetze halten, sondern darüber hinaus auch an freiwillige Qualitätsstandards. Aber das nützt natürlich alles nichts, wenn keiner davon weiß. Deshalb haben Arbeiterkammer, Wirtschaftskammer und Konsumenten­schutz­organisationen ein gemeinsames E-Commerce-Gütezeichen, ein so genanntes Euro-Label kreiert. Bei der AK gibt es überdies noch das Service, Internetshopping richtig professionell zu trainieren.

Das sind natürlich sehr lobenswerte Initiativen, die aber nur begrenzt wirken können. Wichtig wäre hier ein europaweites Label, und, was man auch nationalstaatlich umsetzen könnte, eine Internet-Ombudsstelle.


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153. Sitzung / Seite 40

Meine Damen und Herren! Konsumentenschutz ist eine klassische Querschnittmaterie, die nicht nur im KSchG, sondern in vielen Gesetzen geregelt ist, damit aber auch sehr schwer fassbar ist.

So wie Bedienungsfreundlichkeit ein Qualitätskriterium von Produkten ist, sind Anwen­derfreundlichkeit und Klarheit ein Qualitätskriterium von Gesetzen. Und dieses Qualitätskriterium ist im Bereich des Konsumentenschutzes einfach nicht mehr gegeben. Mit einer generellen Neukodifikation statt einem Flickwerk könnte man dieses vielleicht wieder herstellen.

Unklarheit und Verwirrung bestehen aber auch durch die kompetenzrechtliche Zersplitterung des Konsumentenschutzes. Die Vollziehung des Konsumentenschutzes obliegt so vielen Ministerien, dass es kaum eine koordinierte Vorgangsweise gibt.

Der in den siebziger Jahren eingerichtete Konsumentenpolitische Beirat hat seit dem Jahr 2000 nicht mehr getagt! Deshalb brauchen wir ganz dringend einen aktiven Konsumentenschutzrat, der auch in das Gesetzgebungsverfahren eingebunden ist und allen Ministerien beratend zur Verfügung steht.

Der Bedarf an einer starken Lobby für Konsumentinnen und Konsumenten ist so groß wie nie, gerade in Zeiten wie diesen, meine Damen und Herren! (Beifall bei der SPÖ.)

14.54


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Mag. Donnerbauer. – Bitte.

 


14.54.25

Abgeordneter Mag. Heribert Donnerbauer (ÖVP): Frau Bundesministerin! Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Eigentlich möchte ich mich mit einigen Konsumentenschutzthemen, die jetzt auch hier verhandelt werden, beschäf­tigen. Erlauben Sie mir aber zuvor noch zwei Anmerkungen zum Sachwalterrechts­gesetz!

Ich denke, wir sind uns einig darin – die jetzige Diskussion hat das gezeigt, und auch die Frau Bundesministerin hat das in ihren Ausführungen ganz klar zum Ausdruck gebracht –, dass in diesen Fällen, um die es geht, wenn also das Gericht über eine medizinische Maßnahme zu entscheiden hat, der Sachwalter anzuhören ist, auch wenn das im Gesetz, wie dies im Antrag der SPÖ verlangt wird, nicht ausdrücklich erwähnt ist. Ich meine, diesbezüglich besteht Einigkeit.

Ich würde die Frau Bundesministerin ersuchen, diesen einheitlichen Willen des Hohen Hauses auch bei den Gerichten zu kommunizieren. Ich glaube nicht, dass es unbedingt notwendig ist, das auch gesetzlich zu verankern, weil es ja umgekehrt auch einige Bedenken dagegen gibt. Ich glaube, wir alle gehen davon aus, dass ein Gericht hier jedenfalls auch den Sachwalter anhören wird.

Eine zweite Klarstellung erlauben Sie mir noch betreffend § 274 Abs. 2 ABGB, wo es darum geht, wie viele Sachwalterschaften Rechtsanwälte und Notare verpflichtend übernehmen müssen.

Im Absatz 2 ist eine Beschränkung, nämlich eine Vermutung, dass nicht mehr als fünf Sachwalterschaften zumutbar sind, verankert. Und ich glaube, es besteht auch darüber Einigkeit, wenn man die Diskussion im Ausschuss und hier im Hohen Haus zusam­menfasst, dass diese Vermutung unwiderlegbar ist. Das heißt, dass es nicht im Ermessen der Gerichte ist, vielleicht sechs, sieben, acht oder neun Sachwalterschaften zuzuteilen. Ich meine, dass es in Ordnung ist, einerseits den Berufsständen, die hier sicher eine besondere Stellung haben und die sich selbst natürlich auch dem


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Rechtswohl der Bevölkerung besonders verpflichtet fühlen, den Anwälten und Notaren eine gewisse Anzahl zuzumuten, aber es muss schon auch eine Beschränkung geben, weil hier ja keine öffentlichen Gelder im Spiel sind.

Jetzt noch kurz zum Antrag des Kollegen Maier zur Ausweitung der Beweislastumkehr bei Gewährleistungsansprüchen, der abgelehnt wurde und auch weiterhin abgelehnt wird. Ich glaube, meine sehr geehrten Damen und Herren, dass es nicht möglich ist, hier jetzt sozusagen über Umwege eine Quasigarantie einzuführen.

Gewährleistung bedeutet, dass das Produkt zum Zeitpunkt der Übergabe mängelfrei sein muss. Und der Schritt, das für sechs Monate zu vermuten, ist ein schon sehr weit gehender. Man muss hier alle Interessen berücksichtigen. Diese Frist noch einmal um sechs Monate auszudehnen ist völlig unrealistisch und würde quasi eine gesetzliche Garantie für die Mängelfreiheit aller Produkte für ein Jahr bedeuten. Ich glaube nicht, dass das machbar ist, dass das realistisch ist. Ich glaube auch, dass das nicht im Interesse der Konsumenten ist, weil letztlich eine solche gesetzliche Garantie natürlich zu einer Verteuerung der Produkte führen würde, wodurch die Konsumenten insge­samt wieder belastet würden.

Ich glaube, dass der Schritt, das für sechs Monate widerlegbar zu vermuten, hier die Beweislast umzukehren, richtig war, dass aber eine weitere Ausdehnung sicherlich nicht möglich und nicht notwendig ist. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

14.57


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser. – Bitte.

 


14.58.00

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Ministerin! Wenn ich mir etwas wünschen könnte, dann würde ich mir wünschen, dass der Konsumentenschutz/Konsumentinnenschutz endlich auch eine politische Sachwalterschaft bekäme.

Wir haben ja zuerst über das Problem Sachwalterschaft diskutiert. Ich finde, wir haben konsumentenpolitisch bereits einen gewissen Notstand, sodass wir dringend eine politische Ansprechperson, eine politische Sachwalterschaft für diese wichtige Materie benötigen. Frau Minister Gastinger, ich glaube, das wäre auch ein wichtiger Arbeits­bereich für Sie. Sie wären geradezu prädestiniert dafür.

Ich möchte gar nicht noch einmal in die Breite gehen, das heißt, die Ausführungen meiner Kollegin entsprechen sozusagen auch meinen Intentionen. Ich möchte das nur noch vertiefen und weitere zwei, drei Aspekte anführen.

Frau Ministerin, zunächst die Verbandsklage, ein altes Anliegen, es liegt auf Eis, es liegt in der Schublade und kommt nicht voran.

Es gibt eine Untergruppe, und ich weiß, es gibt Blockaden von Seiten der Wirtschaft oder von Seiten von Banken, ich weiß es nicht mehr ganz genau. Aber vielleicht wäre es doch noch möglich, innerhalb dieser Gesetzgebungsperiode zumindest dieses offene Kapitel, das wirklich schon jahrelang einer offensiven und zufrieden stellenden Behandlung bedarf, zu schließen, damit der Mangel des Konsumentenschutzes seit 2000 zumindest einen kleinen Ausgleich erfährt.

Ich darf zwei andere Sachen noch kurz ansprechen. Es liegt noch ein Antrag von mir über Gütesiegel vor. Frau Ministerin, vielleicht wissen Sie es gar nicht: Die Aus-


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zeichnung „Gütesiegel“ – ein Aspekt, der im Wirtschaftsressort behandelt wird –, diese Regelung stammt aus dem Jahr 1942! Diese Regelung hat noch ein Reichsminister für Ernährungssicherheit getroffen. – Seit damals nicht überarbeitet! Anachronistisch!

Letzter Hinweis: Wir haben ja gehört, neue Geschäftsfelder, elektronische Kom­munikations- und Einkaufsformen, Konsumformen. Das funktioniert nur, wenn die KonsumentInnen wirklich ordentlich ausgebildet sind und auch Bescheid wissen über die Fallen und über die Finten und über die sozusagen unqualifizierten Geschäfts­praktiken, die üblich sind. Manchmal bekommt man schon den Eindruck, dass viele Menschen viel zu naiv an diese neuen Medien herangehen, viel zu naiv Konto­nummern und Visa-Kartennummer preisgeben und dann natürlich durch die Finger schauen und um erkleckliche Beträge betrogen werden. (Präsident Dr. Khol übernimmt den Vorsitz.)

Es ist notwendig – und da war auch einmal von unserer Seite ein Antrag an Frau Ministerin Gehrer gerichtet –, die Verbraucherinformation und -ausbildung vor allem auch in den Schulen zu verstärken. Wenn Sie noch in diese Richtung wirken könnten, wäre es mir sehr angenehm. Aber ich glaube, das ist ein Wunsch, der angesichts der abgelaufenen Zeit nicht mehr in Erfüllung gehen wird. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

15.01


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Fauland. Seine Wunschredezeit ist 3 Minuten. – Bitte.

 


15.01.31

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Ich möchte mich auch ganz kurz mit dem Sachwalterrecht befassen, obgleich ich anmerken möchte, in jungen Jahren macht man sich über solche Sachen eigentlich sehr wenige Gedanken – dies schlägt sich bedauerlicherweise auch in der heutigen Debatte und an der Aufmerksamkeit nieder –, dass dieses doch brisante Thema, das ein einschneidendes Erlebnis für die betroffenen Personen bedeutet, einen doch äußerst hohen Stellenwert in unserer Gesellschaft hat. Man setzt sich meist erst dann damit auseinander, wenn man davon betroffen ist.

Wenn man sich die demographische Entwicklung unserer Gesellschaft ein bisschen anschaut, dann muss man feststellen, dass die Zahl der möglichen Fälle in der Altersgruppe der 75- bis 85-Jährigen, wo man eben die meisten Fälle findet, derzeit bei zirka 400 000 liegt, wobei ein Blick in die Zukunft zeigt, dass 2035 mit einer Ver­doppelung dieser Zahl zu rechnen ist. Dies ist im Endeffekt sehr brisant, weil dies einen tiefen Einschnitt in die Individualrechte der einzelnen Personen darstellt.

Wenn man das alte Recht vor 1984 anschaut, dann sieht man, was man ja nicht vergessen darf, dass es sich eigentlich um eine Entmündigung, also um einen massiven Eingriff handelt. Dieses Sachwalterrecht hat auch einen leicht schalen Beigeschmack, da es in der früheren oder auch jüngeren Vergangenheit von manchen Institutionen manchmal auch missbräuchlich verwendet worden ist. Wenn man sich die Zahl der Sachwalterschaften in den letzten Jahren anschaut, dann sieht man: 1984 lag sie bei 21 000, 1999 bei 35 000, 2004 aber bei 50 000. Dies war aber aus der Bevölkerungsentwicklung nicht ableitbar, sondern der Grund war eher, dass man die rechtliche Absicherung missbraucht hat, weil da gewisse Interessen von Banken, Spitälern, Ärzten oder Pflegeheimen doch im Vordergrund gestanden sind.

Ein ganz wesentlicher Teil dieses neuen Rechts ist für mich aber die Vorsorge­vollmacht. Diese bietet jetzt erstmals die Möglichkeit, sich in Zeiten, in denen man von


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einer möglichen Sachwalterschaft eben noch nicht betroffen ist, eine Person des Vertrauens auszusuchen, die dann, wenn es so weit ist, die Agenden übernimmt, die Verantwortung für das eigene Leben übernimmt. Diese Verantwortung geht dann eben nicht mehr auf Anwälte über, die – wie sich in der Vergangenheit ja bewiesen hat – Leute in einer sehr hohen Zahl dann „betreut“ – unter Anführungszeichen – haben, wobei dies eigentlich überhaupt keinen persönlichen Kontakt dargestellt hat.

Also aus meiner Beurteilung ein sehr, sehr gutes Gesetz. Da ich weiß, dass meine Kollegin Dr. Partik-Pablé maßgeblich dazu beigetragen hat, auch von dieser Stelle meine Anerkennung. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

15.04


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Franz. 3 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


15.04.47

Abgeordnete Anna Franz (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Damen und Herren! Das Sachwalterrechts-Änderungsgesetz wurde schon ausführlich gelobt. Auch ich möchte mich diesem Lob anschließen. Ich weiß, wir kön­nen unendlich viel Lob ertragen. Ich möchte natürlich die Frau Ministerin, die Verhand­lerinnen und Verhandler und auch die Beamten im Ministerium loben.

Grundlage der Sachwalterschaft ist das Sachwalterrecht aus dem Jahre 1984. Mit der Einführung der Sachwalterschaft hatte das Schreckgespenst Entmündigung Gott sei Dank ein Ende, und es wurde die rechtliche Stellung der betreuten Personen deutlich verbessert.

Erstmals gab es die Möglichkeit einer wirklichen Unterstützung für Menschen mit Behinderung, für psychisch Kranke und für demente Menschen. Sachwalter kümmern sich um die materielle Situation der betreuten Menschen, sie vertreten sie vor Be­hörden, sie halten persönlichen Kontakt mit den Betroffenen und sie sichern auch eine soziale Betreuung. Durch die demographische Entwicklung, nämlich die steigende Lebenserwartung der Menschen und somit durch die Zunahme der Anzahl älterer Menschen, hat sich die Zahl der Sachwalterschaften in den letzten Jahren deutlich erhöht. Es ist damit zugleich zu einer zunehmenden Schwächung der Autonomie älterer Personen gekommen.

Mit diesem Gesetz soll es nun zur Einschränkung von Sachwalterschaften kommen. Das Selbstbestimmungsrecht psychisch Kranker und geistig behinderter Menschen soll gestärkt werden, und es sollen Vorsorgevollmachten und schriftliche Vorgaben für Sachwalterbestellungen eingeführt werden. Weiters soll nahen Angehörigen in gewissen Fällen, zum Beispiel bei der Verrichtung der täglichen Arbeiten, in Angele­genheiten einer erforderlichen Pflege und dergleichen, eine gesetzliche Vertretungs­befugnis eingeräumt werden.

Das Gesetz regelt klar den Kreis der Personen, die zum Sachwalter bestellt werden können, und schlägt auch eine Begrenzung dieser Zahl vor.

Um Missbrauch zu verhindern, gibt es darüber hinaus strenge Vorschriften für die Vorsorgevollmacht. In diesem Zusammenhang soll auch positiv erwähnt werden, dass dafür ein zentrales Vertretungsregister geschaffen werden soll.

Es ist somit ein Gesetz, das der demographischen Entwicklung Rechnung trägt, das im Sinne der betroffenen Menschen Sicherheit schafft und das die soziale Funktion der Familie durch die Vertretungsbefugnis naher Angehöriger stärkt. Deshalb freue ich


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mich, dass dieses Gesetz nun heute beschlossen wird. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

15.07


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Machne. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.07.57

Abgeordnete Helga Machne (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Hohes Haus! Wie schon mehrmals ausgeführt wurde, beobachten wir laut Statistik, dass die Anzahl der Sachwalterbestellungsverfahren seit Beginn der neun­ziger Jahre deutlich angestiegen ist. Betroffen sind allerdings zu zwei Dritteln Men­schen, die das 60. Lebensjahr überschritten haben, das heißt, dass sich die Sach­walterschaft zunehmend als begleitende Hilfe für Seniorinnen und Senioren etabliert.

Die Sachwaltervereine leisten nach meinen Erfahrungen ausgezeichnete Arbeit. Viele Sachwalter, die ich kenne, kümmern sich auch persönlich um jene Menschen, die selbst nicht mehr in der Lage sind, ihren Alltag zu bewältigen.

Mit dem heute zu beschließenden Sachwalterrechts-Änderungsgesetz haben wir eine notwendige und moderne Lösung in diesem Bereich getroffen. Durch die Beschrän­kung der Anzahl der möglichen Sachwalterschaften für Privatpersonen wird auch gewährleistet, dass mehr Menschlichkeit und persönlicher Bezug in die Sachwalter­schaft kommen.

Wir haben nunmehr auch eine Grundlage geschaffen, dass in einfachen Lebens­bereichen ohne Bestellung von Sachwaltern das Auslangen gefunden wird. Ich denke, in der Praxis werden sehr viele, zumeist ältere Menschen, wie auch in meinem persönlichen Fall, aber auch behinderte jüngere Menschen von ihren nahen Ange­hörigen betreut. Für diese verantwortungsvolle und verdienstvolle Tätigkeit wird jetzt auch eine unmittelbare Vertretungsbefugnis eingeräumt.

Mit dem vorliegenden Beschluss wird gewährleistet, dass noch mehr soziales Engagement in die Sachwalterschaft einfließen wird, aber ich verstehe dieses Gesetz auch als Zeichen unserer Regierung und unserer Frau Bundesministerin, dass wir uns um die Anliegen und Bedürfnisse der älteren und hilflosen Menschen besonders kümmern. (Beifall bei der ÖVP.)

15.09


Präsident Dr. Andreas Khol: Es gibt noch eine Wortmeldung: Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. – Bitte.

 


15.10.05

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Es geht jetzt wirklich um ein organisatorisches Problem, und zwar: Frau Kollegin Stadlbauer hat ja einen Antrag eingebracht, dem wir eigentlich alle zustimmen wollten, der besagt, dass dann, wenn ein Sachwalter mit einer medizinischen Behand­lung nicht einverstanden ist und das Gericht über diesen medizinischen Eingriff entscheiden soll, der Sachwalter mit seiner ablehnenden Stellungnahme auf alle Fälle vom Gericht gehört werden sollte. – Diesem Argument schließen wir uns alle an.

Wir hatten dann eine Diskussion mit den Beamten des Ministeriums, die gemeint haben, es wäre ohnehin schon im Außerstreitrecht verankert, dass ein Sachwalter zu hören ist. – Aber wir wollten eigentlich, dass anstatt dieser eher vagen Bestimmung im Außerstreitgesetz eine ganz bestimmt definierte Pflicht besteht, den Sachwalter eben heranzuziehen, ihm die Gelegenheit zu geben, zu sagen, warum er mit der


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medizinischen Behandlung nicht einverstanden ist, denn schließlich und endlich ist ja der Sachwalter auch in einem gewissen Bereich verantwortlich für seinen Pflege­befohlenen und soll eben auch gehört werden.

Alle vier Parteien haben jetzt mit Frau Kollegin Stadlbauer abgesprochen, dass sie ihren Antrag zurückzieht und dass wir einen gemeinsamen Entschließungsantrag machen, den ich hiemit einbringe.

 Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Fekter, Stadlbauer, Dr. Partik-Pablé, Mag. Stoisits

zum Bericht des Justizausschusses 1511 d.B. (Sachwalterrechts-Änderungs­ge­setz 2006)

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Bundesministerin für Justiz wird ersucht, die Gerichte bei der Umsetzung des Sachwalterrechts-Änderungsgesetzes 2006 besonders darauf hinzuweisen, dass vor Entscheidungen nach § 283 Abs. 2 letzter Satz ABGB hinsichtlich medizinischer Behandlungen im Sinne des § 16 Außerstreitgesetz der Sachwalter anzuhören ist.“

*****

Ich bedanke mich bei Frau Kollegin Stadlbauer erstens einmal für die Initiative und zweitens auch dafür, dass sie bereit war, ihren Antrag zurückzuziehen zugunsten dieses Entschließungsantrages mit diesem sehr ernst zu nehmenden Auftrag an das Justizministerium, das die Situation verbessern soll. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

15. 12


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Frau Abgeordneter Dr. Partik-Pablé verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Fekter, Stadlbauer, Dr. Partik-Pablé, Mag. Stoisits ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Frau Kollegin Stadlbauer, ist Ihr Antrag zurückgezogen? (Abg. Stadlbauer: Ja!)

Das ist jetzt ein Vier-Parteien-Entschließungsantrag, der abgestimmt wird.

Einen anderen Antrag gibt es nicht, Frau Kollegin? – Gut, denn wir kommen jetzt zur Abstimmung.

Zu Wort ist niemand mehr gemeldet.

Zur Geschäftsbehandlung. – Bitte.

 


15.13.03

Abgeordneter Mag. Wilhelm Molterer (ÖVP) (zur Geschäftsbehandlung): Ich möchte Sie nur darauf aufmerksam machen, dass ich darüber informiert bin, dass das ein Abänderungsantrag war, der auch im Croquis vorkommt, Frau Kollegin Stadlbauer den Abänderungsantrag zurückgezogen hat und daher das Croquis zu verändern ist, weil es diesen Abänderungsantrag nicht mehr gibt.

15.13



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Präsident Dr. Andreas Khol: Ich unterbreche die Sitzung und bitte die vier Klub­obleute zu mir.

*****

(Die Sitzung wird um 15.13 Uhr unterbrochen und um 15.14 Uhr wieder aufge­nommen.)

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich nehme die unterbrochene Sitzung wieder auf und vertage die Abstimmung über das Sachwalterrechts-Änderungsgesetz auf den Zeit­punkt nach der Abstimmung des nächsten Punktes, nämlich über das Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz und das Ausschreibungsgesetz 1989 geändert werden. Damit ist also die Abstimmung vertagt.

Es gibt die Möglichkeit, dass Frau Abgeordnete Stadlbauer ihren Abänderungsantrag zurückzieht. (Abg. Dr. Jarolim: Hat sie ja schon!) – Bei uns, Herr Kollege Jarolim, ist er noch nicht!

Wir werden uns das in Ruhe genau anschauen, damit es keinen Zweifel über den Willen des Gesetzgebers gibt.

15.14.5813. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1426 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz und das Ausschreibungsgesetz 1989 geändert werden (1520 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen nun zum 13. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet. (Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) – Darf ich bitten, die Gespräche auch am Pult hier einzustellen! Ich kann meine eigene Stimme nicht mehr hören! (Abg. Silhavy: Das ist aber schlecht, Herr Präsident! – Abg. Gaál: Wir hören Sie, Herr Präsident!)

Die Debatte eröffnet Herr Abgeordneter Pendl. Seine Redezeit beträgt 4 Minuten. – Bitte.

 


15.16.24

Abgeordneter Otto Pendl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine geschätzten Damen und Herren! Hohes Haus! Ich glaube, dass sich der öster­reichische Strafvollzug zur Stunde in einer sehr, sehr schwierigen Situation befindet. Die Kolleginnen und Kollegen vor Ort versehen teilweise unter Einsatz ihres Lebens einen sehr schwierigen Dienst, und ich möchte ihnen heute hier von dieser Stelle aus dafür unseren gemeinsamen Dank aussprechen. Sie, meine geschätzten Damen und Herren, möchte ich einladen, ihnen auch in Zukunft die notwendige Hilfe zukommen zu lassen.

Sehr herzlich bedanken möchte ich mich bei den Regierungsfraktionen, bei Ihnen, Frau Ministerin, aber vor allem auch bei der Beamtenschaft des Justizressorts dafür, dass es gelungen ist, doch noch einen gemeinsamen Abänderungsantrag zustande zu bringen, was ich, weil wir der Sache sehr verpflichtet waren, in den Vordergrund stellen möchte. Es handelt sich um reine Organisationsmaßnahmen, die sehr wichtig sind,


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aber ich meine, dass wir uns die Gesamtsituation trotzdem immer wieder ins Bewusst­sein rufen müssen.

Vor einigen Jahren wurde eine verkehrte Maßnahme gesetzt, indem man die dienst­behördlichen Agenden ausgelagert hat, denn eine Trennung zwischen Dienstaufsicht auf der einen Seite und Fachaufsicht auf der anderen Seite auf unterschiedlichen Ebenen und mit unterschiedlichen Organisationsstrukturen dient in keiner Weise der Sache. Wir waren, glaube ich, die Ersten, Frau Minister, die erkannt haben, dass die Maßnahme, dass man Dienst- und Fachaufsicht wieder zusammenführen muss, in die richtig Richtung geht. – Dass es bei solch einer Maßnahme verschiedene Wege und Möglichkeiten gibt, liegt in der Natur der Sache.

Wir haben in der Diskussion sowohl im Ausschuss als auch bei Beratungen und Diskussionen immer wieder ins Treffen geführt, dass es notwendig ist, dass die Bildungseinrichtung auch in Zukunft jenen Stellenwert hat, den sie in der heutigen Zeit ganz einfach benötigt. Ich möchte den Bereich der Ausbildung hier explizit erwähnen, weil wir gemeinsam über die Jahrzehnte hinweg wirklich zu einer ausgezeichneten Bildungseinrichtung gekommen sind, wo die Grundausbildung der einzelnen Bereiche, aber auch die berufsbegleitende Fort- und Weiterbildung wirklich hervorragend organisiert sind und wo beste Qualität geliefert wird.

Daher haben wir sehr lang über diese Frage diskutiert, und ich glaube, dass es im Interesse aller ist – sowohl der Dienstbehörde als auch der Kolleginnen und Kollegen aller Berufsgruppen –, dass im 21. Jahrhundert, wo wir ununterbrochen von lebens­langem Lernen reden, von berufsbegleitenden Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen sprechen, eine so wichtige Bildungseinrichtung wie die Vollzugsakademie auch in der Zukunft den entsprechenden Stellenwert hat und auch in der Zukunft abgesichert ist. Diesbezüglich hat es, wie ich glaube, nie einen Dissens gegeben, sondern da waren wir immer alle einer Meinung.

Ich glaube aber auch, geschätzte Damen und Herren, dass es unbedingt unserer gemeinsamen Kraftanstrengung bedarf. Frau Ministerin, Sie wissen immer über den genauen Planstellenbedarf Bescheid und wissen auch, wo Sie eigentlich einsparen müssen. Sie wissen, wie die Diskussion ausgegangen ist und wie es zur Stunde mit jenen steht, die aus anderen Ressortbereichen hätten kommen sollen, und auch, wer wirklich gekommen ist.

Ich glaube, dass wir uns im Strafvollzug, wo wir derzeit knapp 9 000 Insassen haben, nämlich über 8 874, schon ins Bewusstsein rufen müssen, dass wir neben den organisatorischen Maßnahmen vor allem sowohl im Bereich des Sachaufwandes als auch im Bereich der Planstellen in den nächsten Wochen und Monaten Handlungs­bedarf haben werden. Ich bin wirklich einer, der sagt, hoffentlich passiert in der nächsten Zeit nichts. Aber ich glaube, unsere Justizanstalten – es ist jeder eingeladen, sich unsere Anstalten anzusehen – sind wirklich übervoll. Unsere Kollegenschaft ist teilweise bereits hoffnungslos überfordert und steht mit dem Rücken an der Wand.

Ich habe es von dieser Stelle aus sehr oft eingefordert: Wir müssen uns ganz einfach auch der Frage des Maßnahmenvollzuges stellen, denn es kann nicht angehen, dass wir aus österreichischen Justizanstalten tendenziell lauter Psychiatrien machen. Das ist, wie ich meine, nicht Aufgabe der Justiz. Frau Vorsitzende, wir müssen einmal grundsätzlich darüber diskutieren, in welche Richtung man mit – ich sage es jetzt einmal so – Patienten geht. Die Justiz ist meiner Meinung nach in diesem Fall wirklich hoffnungslos überfordert. Sowohl das Sonderpersonal als auch das übrige Personal kämpft bei uns in den Anstalten wirklich im wahrsten Sinne des Wortes.

Ich ersuche Sie, Frau Ministerin, danach zu trachten, auch in dieser schwierigen Materie nach einer Lösung zu suchen, so wie wir es jetzt im Organisatorischen


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zustande gebracht haben – nach einer Lösung im Interesse der Sache, im Interesse unseres Personals und auch der Menschlichkeit, wenn Sie so wollen.

Frau Kollegin Grossmann wird dann noch auf die spezielle Problematik der Bedingten eingehen.

Lassen Sie mich zusammenfassend sagen: Ich glaube, wenn man der Sache ver­pflichtet ist, dann ist man auch in der Lage, auch wenn es schwierig ist, das gebe ich schon zu, und das wissen wir alle miteinander, zu einem Ergebnis zu kommen, das im Interesse des Dienstes, der Kollegenschaft und auch der Einrichtungen ist, egal, um welche es sich handelt. Und unter solchen Gesichtspunkten, wenn all das zusam­menpasst, stimmt die sozialdemokratische Fraktion auch gerne zu. (Beifall bei der SPÖ.)

15.23

Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Praßl. Er wünscht eine Redezeitbegrenzung von 4 Minuten. – Bitte.

 


15.23.13

Abgeordneter Michael Praßl (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich möchte mich mit der Änderung des Straf­vollzugsgesetzes ein wenig befassen. Derzeit können bis zu drei Behörden Aufsicht über die Vollzugsbehörden erster Instanz führen. Die vielen parallelen Agenden bei der Dienst- und bei der Fachaufsicht wurden oftmals als unbefriedigend beziehungsweise unübersichtlich empfunden.

Sowohl die Zentralstelle als auch der Präsident des Gerichtshofes erster Instanz, der Präsident des Oberlandesgerichtes, äußerten sich dementsprechend über ihre Anlie­gen. Es erhöhte sich auch der Reformwunsch nach einer einzigen Behörde zwischen der Zentralstelle und den Justizanstalten.

Der Zustand der Doppelgleisigkeiten soll durch die Schaffung einer Strafvollzugs­direktion beseitigt werden. Dabei werden die Fach- und die Dienstaufsicht zusammen­geführt und der neuen Behörde ein umfassendes Aufsichtsrecht eingeräumt. Dem Bundesministerium für Justiz werden demnach nur mehr strategische Entscheidungen und übergeordnete Aufgaben zukommen, beispielsweise im Bereich des Stellenplanes und des Personal- und Dienstrechtes.

Operative Tätigkeiten, die bislang vom Ministerium ausgeführt wurden, werden der Strafvollzugsdirektion übertragen. Für die Planung, die Organisation, die Leitung, die Steuerung, das strategische Controlling, das Organisationsmanagement und das Budget wird das Bundesministerium für Justiz auch weiterhin richtungweisende Vor­gaben machen.

Damit ist gewährleistet, dass sich das Ministerium im Wesentlichen auf Entschei­dungen und Vorgaben konzentrieren kann und auch mit Einzelfragen beschäftigen muss.

Uns ist es auch gelungen, eine Bündelung der Verwaltungsaufgaben im Bereich des Strafvollzugs durch die Schaffung einer neuen Behörde zu ermöglichen. Diese neue Behörde soll sowohl mit Psychologen, Betriebswirten als auch mit Exekutivbediens­teten ausgestattet werden. Damit ist klar und sichergestellt, dass ein sehr breites Spektrum an anfallenden Problemen im Sinne der österreichischen Bevölkerung rasch und effizient erledigt werden kann. Insgesamt wird dadurch eine Straffung der Organi­sation mit kürzeren Entscheidungswegen herbeigeführt.

Durch die Vermeidung von Mehrfachbelastungen vorhandener Strukturen gelingt es uns somit, den Einsatz von finanziellen Mitteln und Personal noch effizienter und bei


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ausgezeichneter Qualität zu gestalten. Eine straffe und gut funktionierende Verwaltung mit klaren Zuständigkeiten und Entscheidungsabläufen und verkürzten Entscheidungs­wegen kann doch nur in aller Interesse sein.

Sehr geehrte Damen und Herren! Im konkreten Fall gäbe es keine sinnvolle Alternative zu dieser Vorgangsweise. Nach intensiven Vorarbeiten und einer externen Studie wurden zwei Lösungsansätze geprüft: die Erweiterung der Kompetenzen der Ober­landesgerichtspräsidenten einerseits und die Errichtung einer Generaldirektion im Vollzug andererseits. Beide Varianten wären nicht zielführend.

Ein weitere Punkt, der für die Schaffung der neuen Behörde spricht, betrifft auch den finanziellen Bereich. Durch die planstellenneutrale Einführung werden die neuen Kapazitäten durch frei werdende in diesem Bereich des Justizministeriums, der Oberlandesgerichte und der einzelnen Justizanstalten aufgefüllt.

Keine Mehrausgaben fallen für die Unterbringung der Vollzugsdirektion an, im Gegen­teil, es wird eingespart. Infolge der Umstrukturierung werden Raumkapazitäten frei, und es können nach einer Übergangszeit von zwei bis drei Jahren zirka 45 000 € eingespart und somit auch die Mietkosten verringert werden.

Sehr geehrte Damen und Herren! Dennoch wird sich inhaltlich an den jeweiligen Tätigkeiten grundsätzlich nichts ändern. Wir wollen nämlich, dass auch weiterhin der hohe Standard des Strafvollzugs gewährleistet bleibt. Eine neue Behörde wird geschaf­fen, und die Verwaltung kann einfacher, effizienter, transparenter und kostengünstiger gestaltet werden. – Herzlichen Dank. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

15.28


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. 7 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.28.22

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Ministerin! Die Grünen werden der Strafvollzugsgesetz-Novelle nicht zustimmen. Ich habe das schon in einer Abweichenden Stellungnahme nach der Justizausschuss­sitzung zusammengefasst, weil mir das ein großes Anliegen ist.

Jetzt sind wir am Ende der Legislaturperiode. Ein bestimmendes Diskussionsfeld sowohl im Ressort als auch im Parlament als auch in den Medien waren immer wieder die überfüllten Häfen, die es in Österreich gibt. Wir haben einen Rekordstand an Insas­sen in Strafvollzugsanstalten, also Strafhäftlingen und Untersuchungshäftlingen zu­sam­men. Dieser Rekordhöchststand an Häftlingen spiegelt sich keinesfalls wider in einem Rekordhöchststand an Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen im Strafvollzug, was eigentlich zu erwarten wäre. Jetzt nehme ich nicht Bezug auf bauliche Maßnahmen, auf sonstige organisatorische Maßnahmen, sondern nur auf den Auftrag des Gesetzes, des Strafvollzugsgesetzes, das 1993 hier im Nationalrat von allen Parteien einver­nehmlich beschlossen wurde.

Das Strafvollzugsgesetz normiert den Resozialisierungs­auftrag. Der Strafvollzug hat nicht etwa die Aufgabe, Menschen aus der Gesellschaft, sprich Öffentlichkeit, abzusondern, indem man sie einsperrt und es dann unterlässt, sie zu einem Sicherheitspotential zu machen, sondern der Strafvollzug hat die wesentliche Aufgabe, jene, die in ein Gefängnis eingeliefert werden und dort einsitzen, ab dem ersten Moment auf die Entlassung aus dem Gefängnis vorzubereiten, um ihnen die Möglichkeit zu geben, dann wieder unter Beweis stellen zu können, dass sie, wie es so schön heißt, ein wertvoller Teil unserer Gesellschaft sind.

In alten Zeiten, noch vor Ministerin Gastinger und noch vor Minister Böhmdorfer, hat es im Justizministerium immer wieder wissenschaftliche Auseinandersetzungen über das


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Thema „Rückfall“ gegeben; Rückfallstatistiken wurden geführt, es wurde so etwas wie eine Begleitforschung über den „Erfolg des Strafvollzugs in Österreich“ – unter Anfüh­rungszeichen – initiiert. In den letzten fünf Jahren ist auch ein Erfolg zu verzeichnen, und dieser Erfolg drückt sich folgendermaßen aus: So volle Häfen wie jetzt hat es noch nie gegeben, und die hohe Verwirrung in der Aufsicht des Strafvollzugs und seines Personals, vor allem durch die Übertragung der so genannten Fachaufsicht auf die vier Oberlandesgerichte und Oberlandesgerichtspräsidenten, hat einiges an Ungemach mit sich gebracht.

Ich vertraue Otto Pendl, dem Kollegen im Nationalrat, der am meisten und intensivsten mit dem Strafvollzug befasst ist – nicht nur weil er dort beschäftigt ist, sondern weil er schon jahrelang Personalvertreter ist –, und seinen Erfahrungen. Ich vertraue ihm aber nicht, wenn es um Strafvollzug und um Verbesserungen im Strafvollzug geht und man alles immer durch eine Brille sieht, nämlich durch die Brille jener, die im Strafvollzug beschäftigt sind – durch die Brille der Bediensteten. Das ist zwar die nobelste und vorrangigste Aufgabe von Personalvertretern, gut, aber sie sehen es aus ihren Bedürfnissen heraus.

Wenn es jetzt Gespräche, Verhandlungen über die neuen Posten, die es in der Vollzugs­direktion geben wird, über die Abteilungen und Stellvertretungen gibt, darüber, wer redet wo mit und wer bekommt welchen Posten mit welcher Dotierung, und die Personalvertretung sagt: Wir sind sehr zufrieden und stimmen zu!, dann ist das aus der engen Sicht der Personalvertretung vielleicht verständlich, aber es hat nichts zu tun mit der Perspektive und mit einem sinnvollen Organisationsaufbau des österreichischen Strafvollzugs.

Deshalb bleibe ich bei meinen Kritikpunkten, die ich jetzt schon mehrmals vorgebracht habe. Eigentlich ist es ein jämmerliches Ergebnis von vier Jahren Regierungsarbeit, wenn in Sachen Strafvollzug als einzige Reform jene übrig bleibt, dass man in der Struktur des Strafvollzuges, in der Organisationsstruktur etwas ändert. Zu allen ande­ren brisanten Punkten, nämlich zur Reform der bedingten Entlassung, zur Reform bei Alternativen zum Strafvollzug – ein bisschen mehr als zwei Gefangene, die sich mit Fußfesseln irgendwo in der Umgebung von Hirtenberg bewegen –, zum weiteren Ausbau der Diversion, nicht nur des außergerichtlichen Tatausgleiches, sondern ande­rer diversioneller Maßnahmen, ist in den letzten Jahren im Nationalrat nichts passiert.

Der Gesetzesantrag der Grünen zur Reform der bedingten Entlassung ist dem Justiz­ausschuss zugewiesen worden, ist formal im Justizausschuss auf der Tagesordnung gestanden, aber eine inhaltliche Diskussion darüber gab es nicht, weil für die inhalt­liche Diskussion auf den Zeitpunkt der großen Reformen verwiesen wurde. Und jetzt kommt Frau Minister Gastinger und sagt: Wir machen eine Organisationsreform, das ist unser Beitrag zum Strafvollzug! – Das ist nicht unser Verständnis!

Statt Organisationsstrukturen umzugestalten und punktuell irgendwo ein Projekt zum Teil umzusetzen, wäre es dringend geboten, Frau Ministerin, dass wir einen breiten Diskussionsprozess dazu in Gang setzen – wir, das sind Sie gemeinsam mit dem Parlament oder das Parlament gemeinsam mit Ihnen –, um jene Reformvorschläge, die schon seit langem hier auf dem Tisch liegen – „auf dem Tisch“ ist gut, im Ausschuss, in der Schublade liegen; wenn sie auf dem Tisch wären, dann wären sie ja fast einsichtig – beziehungsweise in der Schublade versteckt liegen, endlich einmal anzu­gehen.

Ich gebe zu, oppositionelle Anträge müssen nicht das Gelbe vom Ei sein. Die Vor­schläge, die wir zur bedingten Entlassung gemacht haben, haben in der Wissenschaft unterschiedliche Reaktionen ausgelöst, aber ich habe nie jemanden gehört, der gesagt hätte, das sei nicht diskussionswürdig, sondern es hat ganz im Gegenteil geheißen:


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Beginnen wir eine Diskussion darüber, wie die Reform im Kriminalrecht in Österreich endlich initiiert wird! Mit neuen Posten und demzufolge auch mit Postenbesetzungen wird es nicht abgetan sein.

Aus tiefster Überzeugung halte ich meine ablehnende Haltung gegenüber dieser Novelle zum Strafvollzugsgesetz aufrecht und habe es jetzt ganz unterlassen, Frau Ministerin – weil Sie es wissen, und die anderen können es in der Abweichenden Stellungnahme nachlesen –, etwas zu sagen über die Art und Weise des Zustande­kommens dieses Gesetzes. Diesbezüglich bin ich nach wie vor davon überzeugt, dass das eben nicht als ein positives Beispiel, so wie das gerade vorhin beschlossene Sachwalterrechts-Änderungsgesetz, anzuführen ist, sondern ganz im Gegenteil!

Aber es kommen vielleicht auch einmal bessere Zeiten – auch für den österreichischen Strafvollzug. (Beifall bei den Grünen.)

15.37


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Dr. Partik-Pablé. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte, Frau Kollegin.

 


15.37.52

Abgeordnete Dr. Helene Partik-Pablé (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrte Damen und Herren! Frau Abgeordnete Stoisits, die Zeiten haben sich geändert! Nicht jeder ist heute resozialisierungsfähig und auch resozialisierungswillig. Es hat einmal den Verur­teilten gegeben, der wirklich abgeglitten ist aus seinem bisherigen Leben, aus der Gesellschaft, der durch verschiedene soziale Umstände in die Kriminalität abgerutscht ist. Aber heute haben wir es großteils mit Menschen zu tun, die die Kriminalität zu ihrem Beruf erhoben haben, mit Menschen, die, wenn sie noch im Gefängnis sitzen, schon die Absicht haben, wenn sie wieder frei kommen, wieder strafbare Handlungen zu begehen. Zum Beispiel: Drogendealer. Wir wissen ganz genau, ein Drogendealer wird zwar verurteilt, er wird kurzfristig eingesperrt, weil er meistens unbescholten ist, weil er unter einer falschen Identität agiert, aber er hat schon während des Straf­vollzugs die Absicht, nach der Entlassung wieder straffällig zu werden.

Das heißt, wie Sie das darstellen, jeder sei resozialisierungswillig, das gibt es ganz einfach nicht. Viele wollen ganz einfach nicht der von Ihnen angesprochene „wertvolle Teil der Gesellschaft“ werden, sondern sie wollen Geld verdienen und sind dabei wirklich skrupellos.

Frau Abgeordnete Stoisits, Sie haben in Richtung des Abgeordneten Pendl gesagt, die Justizwachebeamten seien für eine Gesetzesänderung und würden den Strafvollzug anders sehen als Sie, weil das ihrem Bedürfnis entspreche. – Ich glaube gar nicht so sehr, dass es die eigene Ansicht ist und das eigene Wunschdenken, sondern diese Beamten sehen jeden Tag der Realität ins Auge. Sie sehen, welche Menschen das sind, die im Strafvollzug sind, und sie sehen eben auch, dass es viele gibt, die ganz einfach überhaupt kein Interesse haben, ein wertvolles Glied in der Gesellschaft zu werden.

Die Bevölkerung erwartet von uns, dass wir die Menschen, die wirklich gefährlich sind, nicht auf sie loslassen, dass diese ihre Strafe auch absitzen und nicht in den Genuss von irgendwelchen Bonifikationen, die Sie sich vorstellen, kommen, sondern, wie gesagt, bis zum letzten Tag ihre Strafe absitzen.

Jetzt komme ich zum eigentlichen Thema, nämlich zu der Änderung des Straf­vollzugsgesetzes, die heute mit dieser Regierungsvorlage zur Diskussion steht. Ich bekenne, dass ich in der Organisation des Strafvollzuges wenig Kenntnisse besitze, und deshalb habe ich mich, als dieses Gesetz im Werden begriffen war, bei verschie­denen Personen, die tagtäglich mit dem Strafvollzug zu tun haben, erkundigt, was sie


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davon halten. Ich habe mit Oberlandesgerichtspräsidenten, mit Landesgerichts­präsiden­ten, mit Justizwachebeamten und so weiter gesprochen und habe immer nur gehört, dass die bisherige Organisation nicht zufrieden stellend ist, weil es eine zer­splitterte Entscheidungskompetenz gibt, die nicht befriedigend ist.

Ich habe immer wieder gehört, dass eine Änderung dringend notwendig ist, aber wie diese Änderung aussehen soll, darüber waren sich die verschiedenen Personen nicht ganz einig. Alle wollten aber, dass die Kompetenzen der Anstalten, also der ersten Instanz sozusagen, ausgeweitet werden. Alle wollten auch eine Direktion für den Strafvollzug haben, aber manche wollten eine Direktion als eigene Organisation haben, manche wollten, dass diese Direktion im Justizministerium eingegliedert wird. Ich selbst neige dazu, habe das auch in den Beratungen immer gesagt, und wollte, dass die Direktion im Justizministerium angesiedelt ist, aber die Fachleute haben mit dem Hinweis argumentiert, dass eigentlich keine operativen Organisationsstellen im Justiz­ministerium sein sollen; außerdem würde dann die Generaldirektion im Justizminis­terium erste und letzte Instanz sein. Das heißt, es gäbe keinen Instanzenzug.

Die wünschenswerte Alternative, die Kompetenz der Anstalten auszubauen und damit auch einen Instanzenzug zu schaffen, war offensichtlich nicht möglich. Dafür müsste man die Dienstbehören mit eigenem Budget und verschiedenen anderen Ressourcen erst ausstatten. Wir haben aber jetzt einen Entschließungsantrag gefasst, in dem die Frau Justizminister aufgefordert wird, den von uns allen gewünschten Weg weiterzu­gehen und zu überlegen, wie den Anstalten mehr Kompetenzfülle zugeordnet werden kann, sodass später vielleicht auch einmal über die Variante Generaldirektion im Justiz­ministerium – Anstalten erste Instanz gesprochen werden kann.

Wir blicken dem mit Spannung entgegen, was uns die Frau Justizministerin einmal vorlegen wird, und stimmen diesem Gesetz zu. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

15.43


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Bundesministerin Mag. Gastin­ger. – Bitte.

 


15.43.17

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Über den Strafvollzug ganz generell könnten wir, glaube ich, alle miteinander stundenlang reden. Ich glaube, das ist auch das, was Frau Abgeordnete Stoisits gemeint hat.

Bei diesem Gesetzesvorhaben, das hier zur Abstimmung gelangen soll, handelt es sich um eine Organisationsänderung, die dringend notwendig war. Als ich vor zwei Jahren dieses Amt übernommen habe, habe ich gesehen, dass die größten Probleme in meinem Ressort sicherlich jene im Strafvollzug waren. Wie Sie alle wissen, hatten wir den höchsten Häftlingsstand – however –, einen sehr geringen Personalstand, Über­belag, wenig Haftraumkapazitäten. Ich habe eine Organisation vorgefunden, in der Dienst- und Fachaufsicht nicht in einer Hand waren, was natürlich auch im Organi­sationsablauf zu Problemen geführt hat, vor allem auch deshalb, weil es Schnitt­stellenproblematiken gegeben hat und die Entscheidungsabläufe vor allem auch für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Justizwache, aber auch im Nicht-Exekutiv­bereich nicht klar nachvollziehbar waren.

Das war auch der Grund dafür, dass ich der Forderung, die zuerst von der Personal­vertretung erfolgt ist, also sowohl vom Justizwachebereich als auch vom Nicht-Exekutivbereich, dass man Dienstaufsicht und Fachaufsicht doch zusammenführen möge, sehr gerne gefolgt bin. Ich habe diesbezüglich ein Projekt im Justizministerium


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ausführen lassen, in dem wir nach den besten Möglichkeiten gesucht haben, wie wir Dienstaufsicht und Fachaufsicht wieder zusammenführen können, um vor allem auch eine Effizienzsteigerung herbeiführen zu können.

Zu diesem Projekt – das möchte ich extra anführen – waren selbstverständlich die Vertreter der Justizwachebeamten, aber auch die Anstaltsleiter und alle sonst betrof­fenen Parteien und selbstverständlich auch Frau Abgeordnete Stoisits in einem sehr frühen Stadium beigezogen. Ich habe auch extra den Auftrag erteilt, dass sämtliche im Nationalrat vertretenen Parteien in Form der Justizsprecher zu informieren sind und auch über ihre Meinung zu befragen sind, damit auch das in die Überlegungen mit­einfließen kann. Das Ergebnis dieses Projektes, es ist ein reines Organisationsprojekt, ist nunmehr die Ihnen zur Abstimmung vorliegende Vollzugsdirektion.

Dies bedeutet, dass in Zukunft im Justizministerium lediglich strategische Aufgaben verbleiben werden. Ein kleiner Bereich wird im Justizministerium für den Strafvollzug verbleiben, ein weit größerer Bereich wird in einer nachgeordneten Dienststelle geregelt werden. Das bedeutet, dass wir einen interdisziplinären Zugang ermöglichen wollen, was besonders wichtig ist, weil das derzeit im Justizministerium nicht möglich ist, weil im Justizministerium, was Akademiker anlangt, nur Richter und Staatsanwälte im Bereich des Strafvollzugs tätig sind. Mein Ansatz war es immer, gerade für diesen sehr sensiblen Bereich einen interdisziplinären Zugang zu schaffen. Das bedeutet auch eine Durchlässigkeit aus dem Bereich des Strafvollzuges, sei es jetzt im Bereich der Exekutive, aber auch im Bereich der Nicht-Exekutive, und das habe ich für sinnvoll und zweckmäßig erachtet, was auch auf breite Zustimmung gestoßen ist.

Ich glaube, dass dieser Weg, der hier beschritten wird, ein richtiger ist. Ich räume aber auch ein, dass ich längerfristig die Vision habe, dass wir die Justizanstalten mit mehr Kompetenzen, vor allem auch was die Kompetenzen in dienstrechtlichen Belangen anlangt, ausstatten. Das bedarf allerdings mehr Zeit, als mir für diese Reform zur Verfügung gestanden ist.

Ich begrüße auch den Abänderungsantrag, der jetzt in letzter Minute – kann man wirklich sagen – zwischen den Fraktionen vereinbart wurde, wonach die sehr erfolg­reich arbeitende Strafvollzugsakademie eine eigene Dienststelle bleiben soll, die dann eingerichtet werden wird. Das war ohnehin vorgesehen, aber jetzt ist das wirklich klargestellt.

Ich glaube, dass wir hier einen wichtigen Schritt setzen werden, um Organisations­strukturen in diesem sehr sensiblen Bereich wirklich bestmöglich auszugestalten.

Ich möchte auch noch ganz kurz auf die Vorwürfe reagieren, dass wir für den Strafvollzug in dieser Regierung nichts gemacht haben. Das kann ich nur entschieden zurückweisen! Wir haben – und das ist richtig – den höchsten Häftlingsstand, den wir jemals in dieser Republik gehabt haben. Wir hatten im Jahr 2000 zirka 7 000 Häftlinge mit einem Ausländeranteil von zirka 28 Prozent, wir haben nunmehr zirka 9 000 Häft­linge mit einem Ausländeranteil von 43 Prozent. – Sie sehen, wären die Grenzen nicht geöffnet worden – klingt vereinfacht, ich weiß das auch, aber es ist so – und würden wir diesen Ausländeranteil abrechnen, wären wir noch ungefähr auf dem gleichen Häftlingsstand wie im Jahre 2000.

Ich muss aber einräumen, dass dies kein typisch österreichisches Phänomen ist, sondern dass das ein Phänomen ist, das auf die organisierte Kriminalität zurück­zuführen ist, von dem der gesamte reiche Westen, vor allem auch Mitteleuropa, betroffen ist. Dieser Herausforderung müssen wir uns einfach stellen, und wir haben uns dieser Herausforderung gestellt!


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Im Jahre 2000 lag der Personalstand im Bereich der Justizwache bei 3 536, mittler­weile ist es mir gelungen, in sehr harten, wie Sie sich vorstellen können, aber dank des Nationalrates dann letztendlich doch erfolgreichen Stellenplanverhandlungen den Personalstand auf derzeit 3 759 Justizwachebeamte zu erhöhen. Ich räume ein, dass das noch immer zu wenig ist. Ich persönlich würde mir wünschen, dass wir noch mehr Personal im Bereich der Justizwache einsetzen können, und ich hoffe auch, dass es auch in der nächsten Legislaturperiode gelingen wird, für diesen Bereich mehr Personal zu lukrieren.

Ich kann Ihnen auch berichten, dass wir mehr Budget für den Strafvollzug bekommen haben, insbesondere auch für den Bereich der Sicherheitsmaßnahmen, aber auch für den Bereich der Zubauten, dass also Haftraumbeschaffung im Bereich der Justiz­anstalten eingesetzt hat.

Wir sind gerade dabei, Modellprojekte über Ersatzfreiheitsstrafen durchzuführen, gemein­nützige Arbeit anstelle von Ersatzfreiheitsstrafen. Ich erhoffe mir sehr gute Ergebnisse, vor allem kann ich mir längerfristig vorstellen, dass wir statt kurze Freiheitsstrafen gemeinnützige Arbeit als Strafsanktion vorsehen werden.

Derzeit läuft das Modellprojekt „Electronic Monitoring“, „elektronische Fußfessel“, im Bereich der bedingten Entlassung. Ich kann mir vorstellen, dass wir bei bestimmten Strafarten längerfristig auch das Electronic Monitoring statt Freiheitsentzug werden vorsehen können.

Ich bin auch immer bereit, über die bedingte Entlassung zu diskutieren, aber das bedarf Zeit, die wir uns sicherlich einmal nehmen werden.

Jetzt habe ich sehr lange geredet, aber der Strafvollzug liegt mir wirklich am Herzen.

Abschließend möchte ich wirklich allen Justizwachebeamten und Justizwache­beam­tinnen, aber auch dem gesamten Personal im Nicht-Exekutivbereich recht herzlich dafür danken, dass sie so viel Engagement und so viel Energie in die Bewältigung ihrer Aufgaben investieren, denn ohne sie würde dieser Strafvollzug in Österreich, der auf Resozialisierung – das ist unser wichtigstes Anliegen – und Rückfallstätervermeidung ausgerichtet ist, nicht in dieser Form funktionieren.

Ein herzliches Dankeschön auch an das Team rund um meine Mitarbeiterin Heidi Pippan und Herrn Major Steinacher und an all jene, die an diesem Reorgani­sationsprojekt noch beteiligt waren. Ich weiß, wie schwierig es war, in dieser kurzen Zeit diese Aufgabe auch tatsächlich umzusetzen. Eine Reorganisationsmaßnahme ruft natürlich sehr viel Unruhe hervor, und ich hoffe, dass sich diese Unruhe bald wieder legen wird und wir uns dann wirklich wieder auf die Arbeit konzentrieren können.

Vielen Danke an alle, die hier mitgearbeitet haben, und Ihnen, sehr geehrte Abgeordnete, herzlichen Dank für die Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

15.51


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Gross­mann. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


15.51.43

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Schaffung der neuen Behörde, der Strafvollzugsdirektion, hat mein Kollege Otto Pendl schon Stellung genommen. Wenn man bedenkt, wie reformbedürftig der Strafvollzug in Österreich tatsächlich ist – und hier stimme ich schon mit der Diagnose von Frau Kollegin Stoisits überein –, dann


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muss man sagen, das ist ein kleiner, ein sehr kleiner Schritt, aber zumindest ein Schritt in die richtige Richtung.

Strafvollzug ist ein höchst sensibles Gut, Frau Ministerin – da stimme ich mit Ihrer Diagnose überein –, das wirklich unsere höchste Aufmerksamkeit verdient. Aber immerhin wird unsere Gesellschaft gerade in diesem Bereich besonders mit ihren Grenzen konfrontiert und in ihrer Humanität auf die Probe gestellt. Wenn man einem Menschen das höchste Gut nimmt, nämlich seine Freiheit, dann müssen wirklich alle Vorkehrungen getroffen werden, dass dieser Eingriff möglichst schonend vorgenom­men wird.

Die organisatorischen Rahmenbedingungen müssen so gestaltet werden, dass der primäre Strafzweck zumindest eine Chance hat, erreicht zu werden. Mit primärem Strafzweck meine ich die Spezialprävention, dass der Häftling wirklich zur Einsicht kommt, von weiteren Straftaten abgehalten wird und wieder sozialisiert wird. Jeder verdient eine zweite Chance, und ob das beim derzeitigen Strafvollzug wirklich der Fall ist, wage ich zu bezweifeln. Das liegt aber sicher nicht an den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Justizwache. Diese sind höchsten physischen und psychischen Belastungen ausgesetzt, und sie verdienen wirklich die bestmögliche Unterstützung und die bestmögliche Aus- und Weiterbildung, um ihre schwierigen Aufgaben erfüllen zu können.

Die Organisationsreform, die uns heute zur Beschlussfassung vorliegt, ist nur ein kleines Mosaiksteinchen und sicherlich nicht geeignet, das Gesamtproblem zu lösen. Diesen Anspruch kann man an dieses Reförmchen sicher nicht stellen.

Die Gefängnisse sind derzeit übervoll. Wir haben an die 9 000 Häftlinge in Österreich, und es ist wirklich höchst an der Zeit, die Häftlingszahlen zu reduzieren, statt die Gefängnisse immer weiter vollzustopfen. Alternativen wie etwa die elektronische Fußfessel sind Erfolg versprechende Modelle, die ausgeweitet gehören. Freiheits­strafen müssen wirklich das allerletzte Mittel bleiben und gehören so kurz wie möglich gehalten. Diversion, Geldstrafen, Sozialarbeit müssen vorrangig verhängt werden.

Wenn Gerichte mit den bedingten Entlassungen so betont restriktiv umgehen, dann hat das seine Gründe, und das erfordert auch seine Konsequenzen durch die Politik. Die bedingte Entlassung nach Verbüßung der Halbstrafe ist nach wie vor die Ausnahme, und auch die Entlassung nach zwei Drittel der Haftdauer ist noch immer keine Selbstverständlichkeit. Das liegt jetzt aber nicht an der Scharfrichtermentalität unserer Richterinnen und Richter. Ich habe selbst im Zuge meiner Gerichtspraxis bei einem Haftrichter gearbeitet und erkundige mich auch nach wie vor über die aktuelle Situation, und wenn man mit Haftrichterinnen und -richtern spricht, dann erhält man auch die Antwort darauf: Wenn sie sich nicht hundertprozentig sicher sind, dass man ohne Auflagen und Bewährungshilfe auskommt, dann lassen sie keinen frei, weil für die Kontrolle der Auflagen das Personal fehlt und die Bewährungshilfe sowieso notorisch unterbesetzt ist.

Das ist meiner Ansicht nach ein krasser Widerspruch: Da lassen wir lieber Tausende Häftlinge im Häfen braten, wo sich wirklich kaum jemand bessert, bevor man in eine wirklich effiziente Resozialisierung investiert. – Diese Logik richtet sich meiner Meinung nach von selbst. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

15.55


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Ing. Kapeller spricht nun 3 Minuten zu uns, 2 Minuten, 1 Minute? – Wie Sie wollen, Herr Kollege.

 



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15.55.44

Abgeordneter Ing. Norbert Kapeller (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Diese Novelle beschäftigt sich in Wahrheit nur mit der Zusammenlegung der Dienst- und Fachaufsicht. Ich möchte nur noch zwei Punkte anführen und folgenden Antrag einbringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Fekter, Dr. Partik-Pablé, Pendl, Kolleginnen und Kollegen

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Das Inhaltsverzeichnis wird wie folgt ergänzt:

„VI In-Kraft-Treten“


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2. In Artikel I lautet der letzte Satz des § 12 Abs. 2 wie folgt:

„Der Vollzugsdirektion ist die Bildungseinrichtung für den Straf- und Maßnahmen­vollzug als eigene Organisationseinheit unterstellt“.

3. Nach Artikel V wird folgender Artikel VI angefügt:

„Artikel VI In-Kraft-Treten

Die Artikel IV und V dieses Bundesgesetzes treten mit 1. Jänner 2007 in Kraft“.

*****

Auf Grund dessen, dass eine neue Bundesdienststelle geschaffen wird, appelliere ich an den Föderalismus- und Dezentralisierungsgedanken – und was liegt da näher? Diese Dienststelle ist in Zukunft für das gesamte Bundesgebiet zuständig, und der Standort Oberösterreich mit Lokation Linz würde sich hervorragend eignen. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP.)

15.57


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem Kapeller verlesene Abänderungsantrag der Abgeordneten Fekter, Partik-Pablé, Pendl ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Fekter, Dr. Partik-Pablé, Pendl, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage (1426 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafvoll­zuggesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz und das Ausschreibungs­ge­setz 1989 geändert werden in der Fassung des Ausschussberichtes (1520 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage (1426 d.B.) betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafvoll­zuggesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz und das Ausschreibungs­ge­setz 1989 geändert werden in der Fassung des Ausschussberichtes (1520 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Das Inhaltsverzeichnis wird wie folgt ergänzt:

„VI In-Kraft-Treten“

2. In Artikel I lautet der letzte Satz des § 12 Abs. 2 wie folgt:

„Der Vollzugsdirektion ist die Bildungseinrichtung für den Straf- und Maßnahmen­vollzug als eigene Organisationseinheit unterstellt“.

3. Nach Artikel V wird folgender Artikel VI angefügt:

„Artikel VI In-Kraft-Treten

Die Artikel IV und V dieses Bundesgesetzes treten mit 1. Jänner 2007 in Kraft“.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. 4 Minuten Wunschredezeit; 20 Minuten gesetzliche Redezeit. – Bitte.

 


15.57.21

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! In der Tat ist es so, dass die Situation im Strafvollzug alles andere als besonders positiv ist und dass natürlich die Strafrechtspolitik der Bundesregierung massiv dazu beigetragen hat, die Verhältnisse in diesem Bereich nicht zu verbessern. Das ändert aber nichts daran, dass wir im Sinne der Vollzugsanstalten hier einen Schritt in die richtige Richtung mitgehen. Wir hätten uns auch noch einen weiterführenden Schritt vorstellen können, aber wir glauben, dass vorerst einmal eine Verselbständigung einer Einheit des Strafvollzuges, weg von den Oberlandesgerichten, stattfindet und eine Vielzahl unterschiedlicher Experten aus den verschiedenen Bereichen eine bessere Umsetzung des Strafvollzugs gewährleisten können. Daher werden wir hier unsere Zustimmung geben.

Frau Bundesminister, Otto Pendl hat mich vorhin noch aufmerksam gemacht auf eine Entwicklung, die bedauerlich ist. Wir wissen ja alle, dass der Strafvollzug sicherstellen sollte, dass jene Personen, die im Strafvollzug sind, nach der Entlassung weniger Gefahrenpotential für die Gesellschaft darstellen als vorher. Daher muss der Straf­vollzug natürlich auch danach ausgerichtet sein; Resozialisierung, Integration in die Gesellschaft, all diese Dinge.

Sehr maßgebend dafür sind auch die so genannten Ökonomien, die Landwirtschaften. Wir haben jetzt in Asten, das stand heute Früh in der Zeitung, das Problem, dass dort eine Landwirtschaft, in der immerhin 20 bis 25 Personen beschäftigt werden, ge­schlossen werden soll. Ich darf Sie, Frau Bundesminister, wirklich ersuchen, alles dazu beizutragen, dass das nicht geschehen wird, denn diese Beschäftigung ist für Insassen jedenfalls besser – ich würde mir auch andere Beschäftigungen wünschen, Weiter­entwicklungen –, als gar nichts zu machen. Wenn wir es zustande brächten, dieses Beschäftigungspotential in Asten aufrechtzuerhalten, wäre das wirklich eine tolle Sache.

Wir werden diesen kleinen Schritt gerne mitgehen. Wir hoffen, dass es in Zukunft eine weitere positive Beschreitung dieses Weges geben wird, und geben daher unsere Zustimmung. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

15.59


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Wortmeldung hiezu: Herr Abgeordneter Dr. Liechtenstein. Redezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


16.00.01

Abgeordneter Dr. Vincenz Liechtenstein (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Ich freue mich, dass bei der vorliegenden Gesetzesmaterie weit­gehend Klarheit herrscht. Das Wesentliche dazu wurde bereits gesagt.


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Die Reorganisation der Justizwache ist sicher wichtig. Fach- und Dienstaufsicht sind nun getrennt.

Es ist vollkommen richtig, dass es jetzt eine Strafvollzugsdirektion gibt, die das Ganze koordinieren kann. Die Vorschläge, dass das Zentrum nicht in Wien sein muss, sehe ich durchaus als eine Möglichkeit, es von allen Seiten her gleich weit zu haben. Frau Dr. Fekter hat es gesagt, Herr Abgeordnete Kapeller hat es gesagt: Die Sachen sind klar.

Ich darf jetzt noch folgende Sache ansprechen: Wir haben heute hier auch den Euro­patag gehabt. Wir müssen eines sehen: Die Rechtsordnung steht auch in einem europäischen Wettbewerb. Je mehr Europa zu einer politischen Union zusam­menwächst, umso mehr stehen auch die Staats- und Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten in einem Wettbewerb. Dies gilt auch für den Bereich des Zivilrechts, aber auch für den Bereich des Strafrechts und des Strafvollzugs, genauso wie für die öffentliche Verwaltung und für die Verwaltungsverfahren. Das ist eine gesamteuro­päische Sache, deren Entwicklung auch schon begonnen hat.

Die zunehmende Verdichtung unserer Rechtsordnung ist zu beachten. Deshalb brauchen wir diese Neuordnung, und wir werden ihr zustimmen. – Ich danke. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

16.01


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Die Berichterstatterin wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Strafvollzugsgesetz, das Bundes-Personalvertretungsgesetz, das Aus­schreibungsgesetz 1989, die Strafprozessordnung 1975 und das Jugendgerichts­gesetz 1988 geändert werden in 1520 der Beilagen.

Hierzu haben die Abgeordneten Dr. Fekter, Dr. Partik-Pablé, Pendl, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatzantrag eingebracht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf in 1520 der Beilagen samt Titel und Eingang unter Berücksichtigung des Zusatzantrages der Abgeordneten Fekter, Partik-Pablé, Pendl, Kolleginnen und Kollegen abstimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich hierfür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Daher angenommen.

Wir sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das ist Mehrheit. Mehrheitlich in dritter Lesung angenommen.

Wir kommen sogleich zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1520 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Wer dieser Entschließung zustimmt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Die Zustimmung wird mit Mehrheit erteilt. Angenommen. (E 185.)

16.02.54 Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 4 bis 12

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zur vertagten Abstimmung über die Tagesordnungspunkte 4 bis 12.


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Bevor wir in den Abstimmungsvorgang eintreten, gebe ich bekannt, dass nunmehr auch Frau Abgeordnete Mag. Stoisits den von ihr eingebrachten Abänderungsantrag zum Sachwalterrechts-Änderungsgesetz zurückgezogen hat.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Sachwalterrechts-Änderungsgesetz 2006 samt Titel und Eingang in 1511 der Beilagen.

Wer diesem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das Zustimmung erfolgt einstimmig.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch diese Zustimmung erfolgt einstimmig.

(Bundesministerin Mag. Gastinger spricht mit einer Mitarbeiterin. – Präsident Dr. Khol gibt das Glockenzeichen.) Darf ich bitten, auf der Ministerbank während der Abstim­mung keine Unterredungen zu führen!

Nun kommen wir zur Abstimmung über die dem Ausschussbericht 1511 der Beilagen angeschlossene Entschließung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hierfür eintreten, um ein Zeichen der Zu­stimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 186.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Jarolim, Dr. Fekter, Dr. Partik-Pablé, Mag. Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend eine „easy to read“-Fassung des Sachwalterrechts-Änderungs­gesetzes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 187.)

Wir gelangen ferner zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Fekter, Dr. Jarolim, Dr. Partik-Pablé, Mag. Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Evaluierung des Sachwalterrechts-Änderungsgesetzes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Einstimmig angenommen. (E 188.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Fekter, Stadlbauer, Dr. Partik-Pablé, Mag. Stoisits, Kolleginnen und Kollegen betreffend Anhörung der Sachwalter hinsichtlich medizinischer Behandlun­gen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Entschließungsantrag eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Diese wird einstimmig erteilt. (E 189.)

Wir gelangen weiters zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem die Rechtsanwaltsordnung geändert wird, samt Titel und Eingang in 1513 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Wer auch in dritter Lesung diesem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Die Zustimmung erfolgt einstimmig. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Nunmehr gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Heimaufenthaltsgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1512 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Die Zustimmung wird einstimmig erteilt.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung für diesen Gesetzentwurf eintritt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Nunmehr gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 1514 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dem zustimmt, den bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Die Zustimmung wird mehrheitlich erteilt. Der Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 1515 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, den bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 1516 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das erfolgt mehrheitlich. Angenommen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 1517 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Die Zustimmung wird mehrheitlich erteilt. Mit Mehrheit angenommen.

Ferner kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 1518 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Wer dies tut, den bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Die Zustimmung wird mit Mehrheit erteilt. Der Antrag ist mit Mehrheit angenommen.

Schlussendlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 1519 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Auch diese Zustimmung erfolgt mit Mehrheit des Hauses. Der Antrag ist somit angenommen.

16.07.4814. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1428 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Versicherungsvertragsgesetz 1958 und das Versiche­rungs­aufsichtsgesetz geändert werden (Versicherungsrechts-Änderungs­gesetz 2006 – VersRÄG 2006) (1521 d.B.)


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15. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1427 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie 2003/58/EG das Firmenbuchgesetz, das Unternehmensgesetzbuch, die Jurisdiktionsnorm, das Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, das Aktiengesetz 1965, das Gerichtsgebührengesetz und das Handelsvertretergesetz geändert werden (Publizitätsrichtlinie-Gesetz – PuG) (1523 d.B.)

16. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1421 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem ein Bundesgesetz über das Statut der Europäischen Genossenschaft (Societas Cooperativa Europaea – SCE) – (SCE-Gesetz – SCEG) erlassen wird sowie das Genossenschaftsgesetz, das Firmenbuchgesetz, das Rechtspflegergesetz, das Gerichtsgebührengesetz, das Gerichtliche Einbrin­gungs­gesetz 1962, das Bankwesengesetz, das Pensionskassengesetz, das Börsegesetz, das Versicherungsaufsichtsgesetz, das Arbeitsverfassungsgesetz, das Bundesgesetz über die Post-Betriebsverfassung, das Arbeits- und Sozial­gerichtsgesetz und das Landarbeitsgesetz 1984 geändert werden (Genossen­schafts­rechtsänderungsgesetz 2006 – GenRÄG 2006) (1522 d.B.)

17. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1429 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz und das Bundesgesetz über den zwischen­staatlichen Luftverkehr 1997 geändert werden (1524 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zu den Punkten 14 bis 17 der Tagesordnung, worüber die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Abgeordneter Dr. Jarolim. Er wünscht, 4 Minuten zu uns zu sprechen. – Bitte.

 


16.08.41

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Frau Bundesminister! Ich möchte hier insbesondere das Genossenschaftsrechtsänderungsgesetz und das Luftfahrtgesetz ansprechen.

Zum Genossenschaftsrechtsänderungsgesetz zwei Punkte:

Erstens: Es ist eine EU-Materie, die umzusetzen ist.

Zweitens: Es soll auch im Genossenschaftsrecht für die Genossenschaften all jene Möglichkeiten, die es im Gesellschaftsrecht im europäischen Gesamtkontext gibt, geben.

Insofern würden wir eigentlich zustimmen können, da es eine Selbstverständlichkeit ist, in der Rechtsformenwahl eine entsprechende Vielfalt anzubieten, noch dazu, wo es ohnedies einen Umsetzungsbedarf gibt.

Was wir aber nicht verstehen, ist, warum man im Rahmen der Änderungen nicht auch das, was in Kapitalgesellschaften eine Selbstverständlichkeit ist, vorgesehen hat, nämlich die Möglichkeit, verpflichtend den Aufsichtsrat mit mehr Rechten auszustatten.


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Wir alle wissen, dass es die Corporate Governance-Diskussion gibt. Es ist eine Selbstverständlichkeit, dass der Aufsichtsrat in den Gesellschaften entsprechende effiziente Rechte bekommt. Es ist dafür zu sorgen, dass alles ordnungsgemäß durchgeführt wird. Die unterschiedlichen Entwicklungen in den verschiedensten Wirt­schaftsbereichen zeigen, dass es sinnvoll ist, den Aufsichtsrat entsprechend auszurüsten. Warum Sie das in diesem Punkt nicht machen beziehungsweise nicht haben wollen, ist uns allen – ich habe mit Kollegen Lackner vorhin noch einmal darüber gesprochen –, völlig unverständlich.

Es gibt viele Bereiche – Bauwirtschaft, Landwirtschaft –, wo die Genossenschaften durchaus vergleichbar oder auch gleichwertig sind mit normalen Wirtschafts­unter­nehmen. Warum der Aufsichtsrat hier teilweise sehr schwach sein können soll, ist völlig unverständlich. Daher stimmen wir dem nicht zu.

Was das Luftfahrtgesetz anlangt, so möchte ich mich hier bei all jenen bedanken, die letztlich dazu beigetragen haben, eine aus meiner Sicht rechtsstaatlich außerordentlich problematische Lösung zu verhindern und eine vernünftige Lösung vorzusehen, und zwar hätte eine Schlichtungsstelle, deren Einrichtung ich für vernünftig halte, bei der Austro Control angesiedelt werden sollen, die ja selbst eine Partei ist. Es geht hier darum, dass sich zum Beispiel bei Flugverspätungen Passagiere beschweren können sollen und das dass in einer Art Schiedsverfahren abgesprochen werden kann. Die Austro Control ist jedoch durch die Zuteilung von Luftverkehrsbewegungsmöglichkeiten selbst für Verspätungen zuständig.

Es konnte also jetzt eine vernünftige Lösung gefunden werden. Wie gesagt, ich danke allen dafür, die dazu beigetragen haben. Es kann nämlich rechtstaatlich nicht sinnvoll sein, eine selbst davon betroffene Stelle mit der Entscheidungskompetenz zu beauftragen.

Es gibt diesbezüglich auch einen Antrag, der noch weiter geht, nämlich dass wir eine Gesamtschiedsstelle für vergleichbare Themen für die Zukunft einrichten werden. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

16.11


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Regler. Auch er spricht 3 Minuten. – Bitte.

 


16.12.01

Abgeordneter Dipl.-Ing. Mag. Roderich Regler (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Die Novelle zum Luftfahrtgesetz und zum Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr, die wir heute beschließen, regelt insbesondere die Haftung der Luftfahrtunternehmungen. Im Übereinkommen von Montreal sind ja die Haftungen geregelt worden, und zwar anders als bisher. Die Europäische Union hat durch die Änderung der entsprechenden Richtlinie diesem Umstand Rechnung getragen, und nun ziehen wir heute nach.

Aus unserer Sicht ist es ganz besonders wichtig, dass die Haftung der Carrier durch die Haftpflichtversicherung abgedeckt wird, und diese gibt es mit dieser Novelle zum Luftfahrtgesetz wieder deckungsgleich, also die Haftungshöchstbeträge und die Mindestversicherungssummen sind deckungsgleich.

Für Sportflieger gibt es Sonderregelungen, die sehr sinnvoll sind – dazu kommt dann noch ein Abänderungsantrag, den der Abgeordnete Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann ein­bringen wird –, und zwar: Während sonst der Beförderer mit bis zu 100 000 Son­derziehungsrechten je Fluggast unabhängig vom Verschulden haftet, wird bei der Sportfliegerei – das waren im bisherigen Entwurf Hängegleiter, Paragleiter und


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Fallschirme; diese werden nunmehr ergänzt um Segelflugzeuge, Ultraleichtflugzeuge und Freiballone – nur bei Verschulden gehaftet.

Wir haben weiters eine sachgerechte Differenzierung bei der Höhe der Haft­pflichtversicherung: Während der Halter eines Luftfahrzeuges pro vorhandenem Passagierplatz eine Haftpflichtversicherungssumme über 250 000 Sonderziehungs­rechte abschließen muss, gibt es bei nicht gewerblichen Flügen lediglich eine vorge­schriebene Versicherungssumme über 100 000 Sonderziehungsrechte.

Eine diskutierte, noch weiter gehende Verbesserung für die nicht gewerbliche Fliegerei, nämlich bei den so genannten Gefälligkeitsflügen, hätte die gewerbliche Wirtschaft zu stark benachteiligt. Ich halte daher die jetzige Regelung für sehr sachgerecht.

Als letzter und ganz wichtiger Punkt: Wir setzen heute die so genannte Überbuchungs­verordnung der Europäischen Union um, wo wir bereits seit Juli 2005 ein EU-Mahnverfahren am Hals haben. Die Verordnung ist natürlich selbst umzusetzen, aber Österreich hat noch nicht die „benannte Beschwerdestelle“ der Europäischen Union bekannt gegeben und bei uns eingerichtet. Es ist ja nicht sinnvoll, dass jeder, der einen Schadenersatzanspruch hat, nach dieser EU-Verordnung diesen Anspruch bei Gericht durchsetzen muss. Das könnte zum Stillstand der Gerichte führen. Wir brauchen also eine Schiedsstelle.

Es gab den Vorschlag, diese Schiedsstelle bei der Austro Control GesmbH, die ja über die Daten bei Verspätungen verfügt, einzurichten. Es ist bereits von Herrn Dr. Jarolim gesagt worden, dass diese Stelle selbst für Verspätungen verantwortlich sein könnte. Es ist daher sehr schwer, dort die Schiedsstelle einzurichten. Es war aus diesem Grund der Wunsch der gewerblichen Wirtschaft, dass eine unabhängige Stelle diese Schiedsstelle wird. Und im Abänderungsantrag, den wir heute einbringen, ist vorgesehen, dass das Bundesministerium für Verkehr das wahrnehmen wird. Insgesamt ist das somit eine sachgerechte, optimale Lösung. Wir freuen uns alle, dass wir dieses Gesetz, wie ich hoffe, einstimmig beschließen können. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

16.15


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr kommt Herr Abgeordneter Dr. Wittmann zu Wort. Auch er spricht 3 Minuten. – Bitte.

 


16.16.06

Abgeordneter Dr. Peter Wittmann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Auch das Versicherungsvertragsgesetz wird geändert. Ich glaube, dass da eine durchaus vernünftige Regelung Platz greift. Denn: Gerade bei Lebens­versicherungen ist es so, dass die Verwaltungs- und Vertriebskosten auf die Versicherungsnehmer überwälzt werden und daher auch diese Kosten in den ersten Jahren bei etwaigen Rückkäufen zur Anrechnung kommen, und durch diese Gesetzes­novelle werden jetzt, was eine vernünftige Regelung ist, diese Verwaltungskosten besser aufgeteilt und findet jetzt ein besserer Interessenausgleich zwischen Versiche­rungs­nehmer und Versicherungsanstalt statt.

Darüber hinaus ist in diesem Versicherungsvertragsgesetz auch ein Ausgleich hinsichtlich der Gleichbehandlung von Männern und Frauen, insbesondere bei der Krankenversicherung, wo die Aufwendungen bei Schwangerschaft oder Mutterschaft nicht zu höheren Prämien oder zu Leistungskürzungen führen sollen, vorgesehen. Auch das ist eine vernünftige Regelung. Im Großen und Ganzen kann man sagen, dass dieses Versicherungsvertragsgesetz einen wirksamen Ausgleich zwischen Konsu­menten und Anbieter bringt, und daher ist es zu unterstützen und bekommt von unserer Fraktion auch die Zustimmung.


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Was das Firmenbuchgesetz anlangt, das unter dem Tagesordnungspunkt 16 behandelt wird, ist zu begrüßen, dass man der Entwicklung auf elektronischem Gebiet Rechnung trägt, das heißt, dass man auf europäischer Ebene die Offenlegungspflichten der Gesellschaften von bestimmten Rechtsformen auch elektronisch ermöglicht, dass man im Firmenbuchgesetz verankert, dass die Bilanzen oder die Jahresabschlüsse beim Firmenbuch zwingend elektronisch eingebracht werden können. Davon ausgenommen sind kleine Gesellschaften bis zu 70 000 Umsatz. Auch das ist eine vernünftige Regelung, der wir zustimmen können.

Hinsichtlich des Luftfahrtgesetzes möchte ich anführen, dass es da zu einer Ausnahme der Sportgeräte kommt, nämlich der Paragleiter, der Fallschirme und der Hängegleiter, und daher die Sportausübung nicht durch weitere Verwaltungsakte gehemmt wird. Auch für Sportflieger gibt es bei Heißluftballonen und bei anderen Sportgeräten Ausnahmegenehmigungen. Im Sinne des Sports ist das zu begrüßen, um die Sportausübung nicht mit einem Gesetz zu überfrachten, das weitere Verwaltung für die Sportler bringen würde. (Beifall und Bravoruf bei der SPÖ.)

16.18


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Hofmann. 3 Minuten freiwillige Redezeitbeschränkung. – Bitte.

 


16.19.06

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die Novelle zum Luftfahrtgesetz ist notwendig, weil Haftungs- und Versicherungspflicht im Luftrecht neu gestaltet werden müssen, einfach bedingt durch die Tatsache, dass es entsprechende internationale Vorgaben gibt, die es gilt, in nationales Recht zu transferieren. Betroffen hiervon ist sowohl der gewerbliche Bereich der Luftfahrt als auch jener, der dem Flugsport zuzuordnen ist.

Es gibt, wie wir schon gehört haben, ein Übereinkommen von Montreal, das aus dem Jahre 1999 stammt, und das enthält bestimmte Vorschriften über die Beförderung im internationalen Luftverkehr und eine einheitliche Regelung. Dieses Montrealer Übereinkommen ist eine Ablöse des Warschauer Abkommens aus dem Jahr 1999 samt Zusatzprotokollen, das aus heutiger Sicht nicht mehr zeitgemäß ist. Der sachliche Anwendungsbereich des Montrealer Übereinkommens betrifft die Beförderung von Personen, von Gepäck und von Gütern, und dies entgeltlich und auch unentgeltlich.

Es gibt gemeinschaftsrechtliche Vorgaben hinsichtlich der Versicherungsanforde­run­gen an Luftfahrtunternehmen und Luftfahrzeugbetreiber. Die Deckung von Ersatz­ansprüchen aus der Beförderung betrifft auch die Haftung für Drittschäden. Hierin sind die Mindestversicherungsbeträge und der Haftungshöchstbetrag festgelegt, und es sind auch die jeweiligen Gewichtsschwellen angeführt.

Gestatten Sie mir, dass ich im Zusammenhang mit § 164 Abs. 2 noch etwas anmerke beziehungsweise klarzustellen versuche, nämlich: Es ist selbstverständlich ein Pilotensitz kein Passagiersitz und aus dieser Sicht nicht für die Beförderung von Passagieren gedacht, und insofern wird da die Haftpflichtversicherung auch nicht anzuwenden sein beziehungsweise für diesen Sitz nicht abzuschließen sein.

Was den Copiloten-Sitz anlangt, kann dieser sowohl als auch genützt werden. Ich appelliere diesbezüglich an die Versicherer, darauf Rücksicht zu nehmen. Es gibt Flüge, bei denen sehr wohl ein Copilot diesen Sitz besetzt. Dann ist keine Haftpflicht­versicherungspflicht gegeben. Anders ist es, wenn der Copilotensitz durch einen Passagier benützt werden kann, wenn das Erfordernis, einen Copiloten rechts sitzen


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zu haben, nicht gegeben ist. Man möge dies – zumindest statistisch – in der Festlegung der Prämie berücksichtigen.

Ich erlaube mir nun, den Abänderungsantrag der Abgeordneten Dipl.-Ing. Hofmann, Dr. Fekter, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen einzubringen.

Der Nationalrat wolle beschließen:

1. Artikel I Ziffer 11 lautet wie folgt:

11. Nach § 139 wird folgender § 139a samt Überschrift eingefügt:“

Da geht es um die Streitbeilegung.

„§ 139 a. (1) Unbeschadet der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte können Flug­gäste und Luftfahrtunternehmen Streit- oder Beschwerdefälle wegen behaupteter Verstöße gegen Ge- und Verbote, die sich aus der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Flug­gäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 ergeben, dem Bundes­minister für Verkehr, Innovationen und Technologie vorlegen. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat eine einvernehmliche Lösung anzustreben oder den Parteien seine Ansicht zum herangetragenen Fall mitzuteilen. Die Luftfahrt­unternehmen sind verpflichtet, an einem solchen Verfahren mitzuwirken und alle zur Beurteilung der Sachlage erforderlichen Auskünfte zu erteilen sowie erforderliche Unterlagen vorzulegen.

(2) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat Richtlinien für die Durchführung des in Abs. 1 vorgesehenen Verfahrens und in geeigneter Form zu veröffentlichen. In den Richtlinien sind insbesondere auch angemessene Fristen für die Beendigung des Verfahrens festzulegen.“

2. In Artikel I Z 12 lautet § 156 Abs. 3:

„(3) Wird ein Fluggast mit einem Segelflugzeug, Ultraleicht-Flugzeug, Freiballon, Hängegleiter, Paragleiter, Fallschirm oder motorisierten Hänge- oder Paragleiter befördert und dabei durch einen Unfall getötet oder am Körper verletzt, so haftet der Beförderer für den gesamten Schaden nur dann, wenn dieser auf sein Verschulden oder das Verschulden seiner Leute zurückzuführen ist.“

*****

Nachdem meine Vorredner bereits auf beide Teile des Abänderungsantrages in ihrer Rede eingegangen sind, erspare ich mir aus zeitökonomischen Gründen die Begrün­dung dieses Antrages, möchte aber abschließend noch betonen: Es soll jedoch im Zusammenhang mit dieser Schlichtungsstelle ehestmöglich geprüft werden, ob mit dieser Aufgabe eine unabhängige Stelle beauftragt werden kann.

Ich erlaube mir noch anzufügen: Das könnte meines Erachtens durchaus auch eine unabhängige Stelle sein, die eine Schlichtungsstelle für mehrere Verkehrsträger ist. – Ich danke Ihnen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

16.24


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann vorgetragene Abänderungsantrag der Abgeordneten Hofmann, Fekter, Jarolim, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz und das Bundesgesetz über den zwischen­staatlichen Luftverkehr 1997 geändert werden, 1429 der Beilagen, in der Fassung des


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Ausschussberichtes 1524 der Beilagen, ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten DI Hofmann, Dr. Fekter, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen zur Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz und das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr 1997 geändert werden (1429 d.B.) in der Fassung des Ausschussberichtes (1524 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz und das Bundesgesetz über den zwischenstaatlichen Luftverkehr 1997 geändert werden (1429 d.B.) in der Fassung des Ausschussberichtes (1524 d.B.) wird wie folgt geändert:

1. Artikel I Z 11 lautet wie folgt:

11. Nach § 139 wird folgender § 139a samt Überschrift eingefügt:

‚Streitbeilegung

 „§ 139a. (1) Unbeschadet der Zuständigkeit der ordentlichen Gerichte können Fluggäste und Luftfahrtunternehmen Streit- oder Beschwerdefälle wegen behaupteter Verstöße gegen Ge- oder Verbote, die sich aus der Verordnung (EG) Nr. 261/2004 über eine gemeinsame Regelung für Ausgleichs- und Unterstützungsleistungen für Fluggäste im Fall der Nichtbeförderung und bei Annullierung oder großer Verspätung von Flügen und zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 295/91 ergeben, dem Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie vorlegen. Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat eine einvernehmliche Lösung anzustreben oder den Parteien seine Ansicht zum herangetragenen Fall mitzuteilen. Die Luftfahrtunternehmen sind verpflichtet, an einem solchen Verfahren mitzuwirken und alle zur Beurteilung der Sachlage erforderlichen Auskünfte zu erteilen sowie erfor­derliche Unterlagen vorzulegen.

(2) Der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie hat Richtlinien für die Durchführung des in Abs. 1 vorgesehenen Verfahrens und in geeigneter Form zu veröffentlichen. In den Richtlinien sind insbesondere auch angemessene Fristen für die Beendigung des Verfahrens festzulegen.‘“

2. In Artikel 1 Z 12 lautet § 156 Abs. 3:

„(3) Wird ein Fluggast mit einem Segelflugzeug, Ultraleicht-Flugzeug, Freiballon, Hängegleiter, Paragleiter, Fallschirm oder motorisierten Hänge- oder Paragleiter befördert und dabei durch einen Unfall getötet oder am Körper verletzt, so haftet der Beförderer für den gesamten Schaden nur dann, wenn dieser auf sein Verschulden oder das Verschulden seiner Leute zurückzuführen ist.“

Begründung:

Zu Z 1 (§ 139a Luftfahrtgesetz)

Nach der Regierungsvorlage soll die Austro Control GmbH mit der Aufgabe als Schlichtungsstelle für Streitigkeiten aus der „Überbuchungsverordnung“ betraut


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werden. Diese Lösung könnte aber dann  zu Kollisionen führen, wenn eine Flug­annullierung oder -verspätung auch auf die Tätigkeit der Austro Control GmbH zurückzuführen ist. Daher soll der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Tech­nologie gesetzlich mit dieser wichtigen Funktion beauftragt werden. Es sollte jedoch ehestmöglich geprüft werden, ob mit dieser Aufgabe eine unabhängige Stelle betraut werden kann.

Zu Z 2 (§ 156 Abs. 3 Luftfahrtgesetz)

Die Regierungsvorlage sieht eine Ausnahme von der (teilweise) verschuldens­unabhängigen Haftung für Hängegleiter, Paragleiter, Fallschirme und motorisierte Hänge- oder Paragleiter vor, weil bei diesen Luftfahrzeugen der Passagier selbst mitwirken muss, um die sichere Durchführung des Starts, des Flugs oder der Landung sicherzustellen. Begründet wird dies auch damit, dass die Einhaltung der notwendigen Anweisungen durch den Fluggast vom Beförderer nicht beeinflussbar sei und ihm daher nicht zugerechnet werden könne.

Vorgeschlagen wird, diese Ausnahmebestimmung um Segelflugzeuge, Ultraleicht-Flugzeuge und Freiballone zu erweitern, weil auch bei diesen Luftfahrzeugen zwar nur teilweise ein aktives Tun des Passagiers erforderlich ist, das Gelingen des Fluges aber maßgeblich – und für den Beförderer nicht beeinflussbar – davon abhängt, dass der Passagier insbesondere die Anweisung des Beförderers einhält, die für ihn voll zugäng­lichen Steuereinrichtungen und Instrumente nicht (fehlerhaft) zu bedienen.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesministerin Gastinger. Ich erteile es ihr.

 


16.25.26

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Ich werde mich diesmal sehr kurz fassen. Ich möchte nur auf das reagieren, was Herr Dr. Jarolim gefragt hat, nämlich warum wir nicht stärkere Aufsichtsratstätigkeit oder mehr Kompetenzen für den Aufsichtsrat der Genossenschaft vorgesehen haben.

Dazu möchte ich anmerken, dass wir sehr wohl die Möglichkeiten der einzelnen Aufsichtsratsmitglieder einer Genossenschaft gestärkt haben. Es steht nämlich nach der neuen Rechtslage jedem einzelnen Aufsichtsratsmitglied in Zukunft zu, vom Vor­stand Informationen über die aktuelle Situation der Genossenschaft zu verlangen.

Wichtig ist mir, in diesem Zusammenhang auch Folgendes hier zu sagen: Da das Genossenschaftsrecht doch eine eigene Rechtsmaterie ist, die sich besonders durch große Satzungsfreiheit auszeichnet, wäre eine weitergehende Determinierung der Auf­sichtsratsmöglichkeiten, wie es im Aktien- oder Börsegesetz vorgesehen ist, praktisch artfremd. Außerdem dürfen wir nicht vergessen, dass das System der genossen­schaftlichen Revision mit der Gebarungskontrolle, die auch die Überprüfung von Geschäftsführungsmaßnahmen umfasst, einen zusätzlichen Kontrollfaktor darstellt, der auch nicht zu unterschätzen ist.

Im Übrigen freut es mich sehr, dass es sich jetzt nach der bisherigen Diskussion abzeichnet, dass ein Großteil der hier zur Verhandlung stehenden Rechtsmaterien eine breite Zustimmung finden wird, und ich möchte mich an dieser Stelle ausdrücklich dafür bedanken. – Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei den Frei­heitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

16.27



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Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin: Frau Abgeordnete Dr. Moser. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.27.10

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Ganz kurz, knapp und bündig. Erstens zum Luftfahrtgesetz: Ich bin froh, dass es jetzt eine Schlich­tungs- und Haftungsstelle geben wird, und zwar ist das BMVIT vorerst der Ansprech­partner für diese Fälle.

Zu der von Ihnen in Aussicht gestellten unabhängigen Schlichtungsbehörde möchte ich sagen: Ich kenne derzeit keine im Verkehrsbereich – ich weiss nicht, ob Sie das Kuratorium für Verkehrssicherheit in Ihre Überlegungen einbezogen haben –, aller­dings weiß ich um die vielen Beschwerdefälle Bescheid.

Wir wissen aus dem KonsumentInnenbereich, dass gerade im Flugbereich eine unheimliche Beschwerdeflut immer wieder zu behandeln ist. Ich selbst habe erlebt, dass Nachmittagsflüge von ein und derselben Fluglinie – drei waren angesagt – von 1 Uhr auf den 8-Uhr-Flug verlegt worden sind. Das heißt, dass die Leute sieben und acht Stunden warten mussten. So etwas ist eigentlich nicht zumutbar. Es gibt auch noch schlechtere Fälle. – Wir werden natürlich diesem Gesetzentwurf beziehungs­weise dieser Gesetzesvorlage zustimmen.

Nun einige Bemerkungen zum Versicherungsrechts-Änderungsgesetz. Einer meiner Vorredner hat schon darauf hingewiesen, dass es wesentlich ist, die Gender-Aspekte zu beachten und die Ungleichbehandlung von Männern und Frauen gerade bei Krankenversicherungen zu minimieren. Das ist in diesem Falle noch nicht in vollem Umfang erfolgt.

Frau Ministerin, Sie haben im Ausschuss zugesagt, dass daran weitergearbeitet werden wird. Wir haben jetzt eine bessere Regelung bei Schwangerschaft und Mutterschaft und auch eine bessere Regelung bei den Rückkaufswerten, und deshalb werden wir auch diesem Gesetz unsere Zustimmung geben.

Zum Schluss noch ein paar Sätze zum Genossenschaftsrechtsänderungsgesetz. Sie wissen ja, Genossenschaftsstrukturen haben eine lange Tradition. Genossen­schafts­strukturen leben auch davon, dass es gute Aufsichtsräte, gute Kontrollinstanzen gibt, und daher stimme ich völlig meinem Kollegen Jarolim zu, der dargelegt hat, wie wichtig es wäre, auch bei den Genossenschaften die Rechte der Aufsichtsräte noch ent­sprechend dem Aktienrecht auszubauen.

Ich werde das jetzt etwas stilistisch verfeinerter darlegen: Den Katalog der Rechts­geschäfte, welche im Aktienrecht nur mit Zustimmung des Aufsichtsrates abgeschlos­sen werden dürfen, als verpflichtende Satzungsbestimmung ins Genossenschaftsrecht zu übernehmen, wäre mir ein großes Anliegen. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

16.29


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Doppler 3 Minu­ten. – Bitte.

 


16.29.45

Abgeordneter Anton Doppler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Gestatten Sie mir nur ein paar Bemerkungen zum Versicherungsrechts-Änderungsgesetz. Ich denke, dass mit dieser Änderung bei der Belastung des Kontos wirklich eine neue Transparenz geschaffen wurde und dass man den Wünschen der Konsumentenschützer der AK sowie der Konsumenten sehr stark Rechnung getragen hat.


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Im Bereich der Lebensversicherungen und Pensionsvorsorgen wurden die Abschluss­kosten bisher immer zu Vertragsbeginn verbucht, was zu einem negativen Kontostand geführt hat. Mit dieser Neuregelung sind die Abschlusskosten nun auf fünf Jahre aufzuteilen. In diesem Bereich wird wirklich immer mehr Transparenz gefordert, und dieser Forderung wollen wir Rechnung tragen.

Mit dieser Änderung soll auch das Vertrauen zwischen Versicherer und Konsument gestärkt werden. Es soll zu einem besseren Beratungsgespräch für langfristige Verträge kommen. Seriöse Anstalten, gut ausgebildete Berater und Informationen ohne Zeitdruck führen zu sachlichen und fachlichen Abschlüssen und werden selten – außer bei gravierenden Änderungen – storniert. Bei aggressiven Versicherungs­vertriebs­systemen wird der Konsumentenschutz jetzt erheblich erhöht. In einem lauteren Wettbewerb wird das Vertrauen zwischen Anbieter und Konsument erheblich ge­steigert.

Gestatten Sie mir auch einen Satz zu den geschlechtsspezifischen Prämien und Leistungen: Diese müssen versicherungsmathematisch und statistisch hinterlegt und belegt werden. Ich denke, es ist eine gute Regelung, dass man in Zukunft nicht nur kaufmännische Willensäußerungen der Versicherungen zu berücksichtigen hat, wenn unterschiedliche Prämien und Leistungen verkauft werden.

Gestatten Sie mir aber auch, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, zum Punkt 15 der heutigen Tagesordnung folgenden Antrag einzubringen:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Fekter, Dr. Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen zur Regie­rungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem im Rahmen der Umsetzung der Richtlinien 2003/58/EG das Firmenbuchgesetz, das Unternehmensgesetzbuch, die Jurisdiktionsnorm, das Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, das Aktiengesetz 1965, das Gerichtsgebührengesetz und das Handelsvertretergesetz geändert werden (Publizitätsrichtlinie-Gesetz – PuG) (1427 der Beilagen) in der Fassung des Ausschussberichtes (1523 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie 2003/58/EG das Firmenbuchgesetz, das Unternehmens­gesetzbuch, die Jurisdiktionsnorm, das Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, das Aktiengesetz 1965, das Gerichtsgebührengesetz und das Handelsver­treter­gesetz geändert werden (Publizitätsrichtlinie-Gesetz – PuG) (1427 der Beilagen) in der Fassung des Ausschussberichtes (1523 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

Zu Artikel 3:

Änderung der Jurisdiktionsnorm

In Artikel 3 erhält die bestehende Novellierungsanordnung § 120 Abs. 2 JN betreffend die Ziffernbezeichnung „2.“.

Vor dieser Z 2 (neu) wird folgende Ziffer 1 eingefügt:

„1. In § 120 Abs. 1 JN wird am Ende von Z 5 der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 6 angefügt:

‚6. für die nach dem GesAusG vom Gericht zu erledigenden Angelegenheiten.‘“

Zu Artikel 6:

Änderung des Handelsvertretergesetzes


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In Artikel 6 wird dem § 26c Abs. 1 folgender Satz angefügt:

„§ 24 Abs. 3 gilt sinngemäß.“

*****

Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

16.33


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem Doppler verlesene Abänderungsantrag der Abgeordneten Dr. Fekter, Dr. Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen ist hinreichend begründet und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Fekter, Dr. Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen zur Regie­rungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem im Rahmen der Umsetzung der Richtlinien 2003/58/EG das Firmenbuchgesetz, das Unternehmensgesetzbuch, die Jurisdiktionsnorm, das Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, das Aktiengesetz 1965, das Gerichtsgebührengesetz und das Handelsvertretergesetz geändert werden (Publizitätsrichtlinie-Gesetz – PuG) (1427 der Beilagen) in der Fas­sung des Ausschussberichtes (1523 der Beilagen)

Der Nationalrat wolle beschließen:

„Die Regierungsvorlage betreffend ein Bundesgesetz, mit dem im Rahmen der Umsetzung der Richtlinie 2003/58/EG das Firmenbuchgesetz, das Unternehmens­gesetzbuch, die Jurisdiktionsnorm, das Gesetz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, das Aktiengesetz 1965, das Gerichtsgebührengesetz und das Handels­ver­treter­gesetz geändert werden (Publizitätsrichtlinie-Gesetz – PuG) (1427 der Beila­gen) in der Fassung des Ausschussberichtes (1523 der Beilagen) wird wie folgt geändert:

Zu Artikel 3:

Änderung der Jurisdiktionsnorm

In Artikel 3 erhält die bestehende Novellierungsanordnung § 120 Abs. 2 JN betreffend die Ziffernbezeichnung „2.“.

Vor dieser Z 2 (neu) wird folgende Ziffer 1 eingefügt:

„1. In § 120 Abs. 1 JN wird am Ende von Z 5 der Punkt durch einen Strichpunkt ersetzt und folgende Z 6 angefügt:

‚6. für die nach dem GesAusG vom Gericht zu erledigenden Angelegenheiten.‘“

Zu Artikel 6:

Änderung des Handelsvertretergesetzes

In Artikel 6 wird dem § 26c Abs. 1 folgender Satz angefügt:


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153. Sitzung / Seite 71

„§ 24 Abs. 3 gilt sinngemäß.“

Begründung:

Zu Art. 3:

Bei Erlassung des Gesellschafter-Ausschlussgesetzes (Art  6 des Übernahmerechts-Änderungsgesetzes 2006) wurde versehentlich verabsäumt, wie zum Spaltungs- und Umwandlungsgesetz die außerstreitige Gerichtszuständigkeit ausdrücklich zu regeln, was hiermit nachgeholt wird.

Zu Art. 6:

Durch diese Ergänzung soll sichergestellt werden, dass dem Versicherungsagenten im Fall einer von ihm zu verantwortenden Auflösung des Vertrages analog dem § 24 Abs. 3 kein Anspruch auf Folgeprovision zusteht.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Fauland. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


16.33.20

Abgeordneter Markus Fauland (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Hohes Haus! Ich möchte ganz kurz auf die Streitbeilegungsstelle eingehen, was den Flugverkehr betrifft, weil die Diskussion ja doch zwischen den möglichen Optionen, die man da wählen konnte, etwas hin- und hergegangen ist. Man sollte nicht außer Acht lassen, dass es – wenn wir jetzt einmal die zirka 500 bis dato vorliegenden Beschwerden, von denen 200 berechtigt sind, anschauen – bedauerlicherweise so aussieht, dass sich die AUA sehr wohl an all das hält, dass aber vor allem die ausländischen Airlines immer sehr schnell dazu übergehen, auf ein technisches Gebrechen hinzuweisen, und somit den Beschwerdeführern von Haus aus einmal gleich das Wasser abgraben.

Deswegen war unser Erstansatz – Kollege Jarolim hat das ja schon ausgeführt – die Austro Control selber, weil sie natürlich über alle Möglichkeiten verfügt, dann auch zu verifizieren, ob diese Angaben den Tatsachen entsprechen.

Mit der jetzigen Lösung, das einmal beim BMVIT anzusiedeln, aber dem BMVIT die Möglichkeit zu geben, diese Aufgabe im Rahmen einer dann unabhängigen Kons­truktion eines Kontrollorgans zu erfüllen, findet einmal grundsätzlich unsere Unter­stützung. Ich weise aber trotz allem darauf hin, dass es dann auch die notwendigen Kompetenzen haben muss, denn es ist nicht sehr günstig für den Konsumenten, der sich beschwert, wenn dieses Streitbeilegungsorgan all den Daten nachlaufen muss oder auch keinen Zugang hat oder die Daten eben nicht geliefert werden.

Deswegen wird es notwendig sein, dass es zu einer starken Verwebung des BMVIT und der Austro Control kommt, um im Sinne der Konsumenten eine gute und auch tragbare Lösung zu finden. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.35


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Murauer 3 Minu­ten. – Bitte.

 



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16.35.16

Abgeordneter Walter Murauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Ich möchte mich auch auf das Versicherungsrechts-Änderungsgesetz 2006, das zum Ziel hat, der Konsumentenorientierung Rechnung zu tragen, konzentrieren. Mit diesem Gesetz werden die Versicherungen die Möglichkeit haben, die Abschlusskosten bei Personenversicherungen – also Lebensversicherungen oder Vorsorgeversiche­run­gen – auf fünf Jahre aufzuteilen. Das heißt, bei einer vorzeitigen Rückzahlung wird der Konsument aliquot diese Kosten zurückbekommen.

Dies dient einem größeren Vertrauen, und das wird die Vorsorgeversicherung, die wir als Standbein für die Pensionsversicherung sehen, entsprechend stärken. Ich denke, dass dadurch auch jene Konsumenten mehr Sicherheit haben werden, die eventuell bei sehr provisionsorientierten Mitarbeitern Abschlüsse tätigen, sodass man mehr Vertrauen in diese Versicherungsform setzen kann. – Dies ist sicher eine sehr ver­nünftige Angelegenheit.

Weiters möchte ich darauf hinweisen, dass es eine Gleichstellung von Frauen und Männern geben wird. Das ist bei der Krankenversicherung nicht der Fall gewesen, sondern es gab unterschiedliche Prämien im Zusammenhang mit Schwangerschaften und Mutterschaft. Diese unterschiedlichen Prämien für Frauen und Männer werden nur mehr in jenen Sparten zulässig sein, in denen die Statistik und die Versiche­rungsmathematik eine entsprechende Risikobewertung rechtfertigen können.

Letzter Punkt: Ich weise gerne darauf hin, dass den jahrelangen Forderungen von Versicherungsvertretern beziehungsweise -agenten nun Rechnung getragen wurde und eine entsprechende Verbesserung der Situation durch eine Änderung im Handels­vertretergesetz vorsehen wurde. Ich denke, es handelt sich dabei um gute Maß­nahmen, und freue mich über eine breite Zustimmung. (Beifall bei der ÖVP sowie des Abg. Fauland.)

16.37


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner hiezu ist Herr Abgeordneter Dr. Der­noscheg. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.37.40

Abgeordneter Dr., MBA Karl-Heinz Dernoscheg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Gestatten Sie mir auch, ganz kurz auf einige mir wichtig erscheinende Punkte in den Gesetzesvorhaben einzugehen und dann zwei, drei grundsätzliche Bemerkungen zu machen!

Im Versicherungsbereich möchte ich schon betonen – das ist von den Vorrednerinnen und Vorrednern schon gesagt worden, aber ich möchte es doch sehr deutlich betonen –, dass in Fortsetzung einer dem Selbstbewusstsein der Frau Rechnung tragenden Frauenpolitik dieser Bundesregierung nunmehr eine Versicherungsbestim­mung verfasst wurde, die es nicht mehr ermöglicht, dass auf Grund von Mutterschaft oder Schwangerschaft unterschiedliche Prämienberechnungen zur Anwendung kom­men. – Ich bitte auch die Frauenpolitikerinnen hier in diesem Haus, dies der Bundesregierung sehr positiv anzurechnen.

Im Publizitätsrichtlinie-Gesetz wird eine Reihe von Vereinfachungen durchgeführt. – Das wurde heute schon angesprochen. Vor allem der elektronische Rechtsverkehr ist für Unternehmen, die mit der Elektronik up to date sind, eine wesentliche Erleichterung.

Wichtig ist mir aber besonders – was vom Abgeordneten Doppler kurz angesprochen wurde – der Abänderungsantrag, diese kleine Ziffer 24 im § 26. Es geht dabei um 12 000 Handelsvertreter, es geht um 14 000 Versicherungsagenturunternehmen. Das


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sind kleine und Kleinstunternehmen, und für alle, die immer die Ein-Personen-Unternehmen im Mund führen: Das sind Einzelunternehmen!

Dass diese jetzt in der Regelung auch wieder eine besondere Abgeltung ihrer Arbeit für den jeweiligen Auftraggeber – für ihre Arbeit im Sinne eines Marktaufbaus – bekom­men können, ist ein wesentlicher Punkt, und ich bedanke mich bei allen, die im Justizausschuss intensiv auf die Anregungen der Handelsvertreter und der Ver­sicherungsagenten eingegangen sind. – Das nenne ich Existenzsicherung für die Kleinsten!

Ich darf nur noch einen prinzipiellen Satz dazusagen, Herr Präsident! Ich bitte Sie hier im Hohen Haus auch um Aufmerksamkeit für ein Problem, das die Steiermark betrifft. Wir haben es vielleicht mit dem nächsten SPÖ-Desaster zu tun. Es tut mir sehr Leid: Die Fluggesellschaft Styrian Spirit hat keine Nachfolge mehr. Die Manager dort sagen, es sei ihnen von Landeshauptmann Voves eine Nachfolgeregelung zugesichert worden. Jetzt gibt es nichts mehr.

Gestern rufen die Industriellenvereinigung und die Außenhändler dazu auf, endlich etwas zu tun, weil die international organisierte Wirtschaft, die in der Steiermark hervorragend im Automobil- und im Pharmabereich angesiedelt ist ...

16.40


Präsident Dr. Andreas Khol: Sie sprechen nicht zur Sache, Herr Kollege!

(Beifall bei der ÖVP für den das Rednerpult verlassenden Abg. Dr. Dernoscheg.)

Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen daher zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Versicherungsrechts-Änderungsgesetz 2006, samt Titel und Eingang in 1428 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen der Zustimmung. – Auch das erfolgt einstimmig. Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend das Publizitäts-Richtlinie-Gesetz in 1523 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Fekter, Dr. Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatzantrag eingebracht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Zusatzantrages der Abgeordneten Dr. Fekter, Dr. Partik-Pablé, Kolleginnen und Kollegen abstimmen.

Jene Mitglieder des Hohen Hauses, die sich hiefür aussprechen, ersuche ich um ein bejahendes Zeichen. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung zustimmt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das Zeichen wird einstimmig erteilt. Der Gesetzentwurf ist in dritter Lesung einstimmig angenommen.


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Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Genossen­schafts­rechtsänderungsgesetz 2006, samt Titel und Eingang in 1522 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung diesem Gesetzentwurf zustimmen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch hier erteilt die Mehrheit des Hauses dieses Zeichen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung mehr­heitlich angenommen.

Schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundes­gesetz, mit dem das Luftfahrtgesetz und das Bundesgesetz über den zwischen­staatlichen Luftverkehr 1997 geändert werden, in 1429 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dipl.-Ing. Hofmann, Dr. Fekter, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich lasse zunächst über die vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teile und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung der Regierungsvorlage abstimmen.

Die Abgeordneten Dipl.-Ing. Hofmann, Dr. Fekter, Dr. Jarolim, Kolleginnen und Kolle­gen, haben einen Abänderungsantrag eingebracht, der sich auf Art. 1 Z 11 und 12 bezieht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich dafür aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Dieses Zeichen erfolgt einstimmig. Der Abänderungsantrag ist einstimmig angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung der Regierungs­vorlage.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

16.43.4818. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Einspruch des Bundesrates (1441 d.B.) gegen den Gesetzesbeschluss des Nationalrates vom 29. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Übernahmegesetz, das Handelsgesetzbuch, das Börsegesetz, das Umwandlungsgesetz und das Spaltungsgesetz geändert wer­den und ein Bundesgesetz über den Ausschluss von Minderheits­gesell­schaftern erlassen wird (Übernahmerechts-Änderungsgesetz 2006 – ÜbRÄG 2006) (1529 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 18. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet. (Abg. Dr. Jarolim steht bereits beim Rednerpult.)


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Herr Dr. Jarolim kann es nicht mehr erwarten. Er bekommt trotzdem sofort das Wort erteilt. 5 Minuten Redezeit; es müssen aber nicht so viele sein. – Bitte.

 


16.44.24

Abgeordneter Dr. Johannes Jarolim (SPÖ): Herr Präsident! Ich wollte mich mit meiner Begrüßung nicht mehr länger zurückhalten – auch Ihnen gegenüber –, und das war eigentlich der Anlass des Mienenspiels.

Meine Damen und Herren! Herr Kollege Dernoscheg, die Styrian Spirit, darf ich Ihnen sagen, wäre insofern ein Skandal, als es dem Kärntner Landeshauptmann ein Bedürfnis war, Mittel der Steiermark dort einfließen zu lassen. – Und das ist Gott sei Dank nicht erfolgt. Also ich würde mich da eher erst informieren, bevor Sie das so thematisieren.

Meine Damen und Herren! Das Übernahmerechts-Änderungsgesetz, das wir heute zu behandeln haben, ist ein eher trauriges Kapitel. Wir hatten es ja bereits einmal im Nationalrat. Es war dann im Bundesrat, und man muss den Damen und Herren im Bundesrat – und das möchte ich hier von dieser Stelle aus ausdrücklich tun – herzlich dafür danken, dass das Gesetz dort in einer Art und Weise behandelt worden ist, wie es leider Gottes im Nationalrat in der Vorgeschichte nicht passiert ist. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Geh bitte!)

Daher konnte es dort auch möglich sein, Frau Kollegin Partik-Pablé, das zu sagen, was bereits der Oberste Gerichtshof durch seinen Begutachtungssenat festgestellt hat und auch die Anwaltskammer, der Österreichische Rechtsanwaltskammertag ausgearbeitet hat, nämlich dass das Übernahmerechts-Änderungsgesetz 2006, wie wir es im Nationalrat beschlossen hatten und wie Sie es heute vorhaben zu beschließen, keine ordnungsgemäße Umsetzung der EU-Richtlinie ist.

Warum? – Es geht dabei um eine Vermutung, ab wann ein Beherrschungstatbestand eintreten kann. Da haben Sie in das Gesetz hineingeschrieben: Alles unter 25 Prozent – also wenn jemand eine 25-prozentige Beteiligung hält – ist nicht beherr­schend.

Tatsache ist jedenfalls – ich möchte mir die Vorgeschichte ersparen, ich glaube, Sie alle kennen das, da das ja bereits das zweite Mal hier im Nationalrat behandelt wird –, dass in Hauptversammlungen immer wieder festgestellt werden kann und muss, dass die Mehrheit der gesellschaftsrechtlichen Bindungen – also die beherrschende Mehr­heit – jedenfalls weit unter 25 Prozent – nämlich ab 15 Prozent bis 20 Prozent – entsteht, daher hätte man sich da natürlich entsprechend verhalten müssen.

Das Gesetz ist mehr oder weniger ein Gefallen gegenüber einigen Gesellschaften und Gesellschaftern im Lande, die dadurch für die Zukunft entsprechend aus der Bredouille herausgelassen werden.

Ich glaube, es handelt sich hier um eine einfache Nicht-Umsetzung, weil die öster­reichischen Verhältnisse – falls das die Nachredner sagen sollten – weder mit den deutschen noch mit den englischen Verhältnisse vergleichbar sind. Man müsste da sehr sensibel im Einzelfall schauen, wann in Österreich ein Beherrschungstatbestand besteht.

Das hat auch Herr Professor Doralt gesagt. – Also alle, die sich diesbezüglich irgendwie auskennen, haben eine eindeutige Stellungnahme abgegeben: So geht es nicht, und insofern haben Sie es auch konsequenterweise genau so gemacht, wie es nicht gehen sollte, damit wirklich eine Optimierung der nicht-rechtmäßigen Umsetzung stattfindet.


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Dazu kann man gratulieren, wenn man will. – Ich tue es nicht. Ich glaube, dass da bedauernswerterweise eine gute Chance für den Kapitalmarkt in Österreich nicht genützt worden ist und bedauere daher Ihr zukünftiges Abstimmungsverhalten in dieser Angelegenheit. – Danke. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

16.47


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Wortmeldung: Herr Abgeordneter Ledolter. Redezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


16.47.48

Abgeordneter Johann Ledolter (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Herr Kollege Jarolim, es ist immer wieder so, dass Sie sich in Ihren Worten deklarieren, sich für den Schutz der Kleinen aussprechen, für den Schutz der Interessen all jener, die sozusagen dieses Schutzes bedürfen. (Abg. Dr. Jarolim: Auch Ihrer Interessen!) – Na ja, das letzte Mal haben Sie sich zu der Behauptung verstiegen, Österreich sei eine Bananenrepublik – auch in dieser Debatte.

Darauf möchte ich gar nicht eingehen. Ich glaube nur, dass es notwendig wäre, Sie daran zu erinnern, dass es gut wäre, die zu schützen, die mit Geld hantieren und die Ihnen Geld anvertrauen – nämlich all jene, die offensichtlich ein rotes Parteibuch haben und in ähnlichen Funktionen tätig sind.

Und ich denke da in erster Linie an das Geld jener, die beispielsweise als Steuerzahler roten Funktionären Geld anvertrauen und die dann als Ergebnis Schulden serviert bekom­men, oder an das Geld der Gewerkschafter, das anvertraut und das veruntreut wurde, oder an das Geld der Mitglieder des ARBÖ, die zur Kenntnis nehmen müssen, dass Traumgagen gezahlt werden – auch auf dem Rücken der Kleinen, der kleinen Sparer, derer Sie sich angeblich immer wieder annehmen.

Oder ich denke an das Geld der Sparer bei der BAWAG, das in der Karibik versenkt wird, oder auch an das Geld all jener, die beim „Konsum“-Verein eingezahlt haben und auch bitter enttäuscht worden sind. – Diese Liste ließe sich lange fortsetzen, und eigentlich könnte man sie damit betiteln, dass die SPÖ und ihre Funktionäre bis hin zu den roten Gewerkschaftern eben nicht wirtschaften können.

Tatsache ist aber, dass wir heute über Kernaktionäre und ihren Schutz und die österreichischen Verhältnisse reden, und die unterscheiden sich nicht wirklich so signifikant von jenen im europäischen Umfeld. – Ich möchte nur daran erinnern, dass die Schwellenwerte für kontrollierende Beteiligungen im europäischen Kontext zwischen 30 und 33 Prozent angesiedelt sind, von Deutschland über Frankreich, Großbritannien, die Schweiz und Dänemark. Norwegen hat schon einen höheren Prozentsatz, Portugal 33 bis 50 Prozent, und Finnland bis zu 67 Prozent.

Daher glaube ich, dass die Regelung gut ist und dass es nicht passieren kann, dass mit der neuen Regelung Aktionäre, die zwischen 10 und 20 Prozent halten, plötzlich durch Umschichtungen in der Eigentümerstruktur als Mehrheitsaktionäre dastehen oder zum Teil sogar gezwungen sind, Übernahmeangebote zu stellen, was nach der bisherigen Regelung durchaus möglich war. Die neue Regelung trägt endlich dafür Sorge, dass das nicht passieren kann.

Das ist ein Gesetz, das die Rechts- und Investitionssicherheit in unserem Lande hebt, das Gestaltungsmöglichkeiten mit Syndikats- und Stimmbindungsvereinbarungen und anderem mehr vorsieht, ein Gesetz, das aber gut ist für die Menschen, gut für die Wirtschaft, und damit gut für unser Land und offensichtlich ein weiterer Beweis für die Leistungsfähigkeit unserer Regierung unter Wolfgang Schüssel. Wir sind auf einem


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guten Weg und gehen damit auch weiter in die richtige Richtung. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen BZÖ.)

16.51


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. 4 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


16.51.38

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Herr Präsident! Frau Ministerin! Ich habe gerade nachgelesen, was ich in der letzten Debatte, damals im März, als wir – also nicht wir, sondern die Regierungsparteien – dieses Gesetz beschlossen haben, gesagt habe. Ich habe damals gesagt, Österreich ist keine Bananenrepublik, aber man soll nicht Äpfel mit Birnen mischen – bezogen auf den Vorredner, das war damals Herr Kollege Ikrath, ein Manager. Aber nicht jeder Manager denkt an das Gemeinwohl aller Betroffenen. (Abg. Dr. Stummvoll: Er schon! Michael Ikrath schon!)

Ich kann jetzt nur wiederholen, was ich damals gesagt habe, denn es hat sich ja an den Voraussetzungen nichts geändert: Das neue Übernahmerecht bedeutet nicht weniger als die weitgehende Abschaffung der wirksamen Kontrolle von Übernahmen. – Das ist kein Satz von mir, sondern ich lese vor, was die Rechtsanwaltskammer in ihrer Stellungnahme zu diesem Übernahmerechts-Änderungsgesetz geschrieben hat.

Die Rechtsanwaltskammer hat in ihrer Stellungnahme auch davon gesprochen, dass dieses Gesetz zu einer massiven Verschlechterung der Stellung der Aktionäre führt und dass es auf lange Sicht die Attraktivität des österreichischen Kapitalmarktes schwer beeinträchtigen wird, denn der österreichische Kapitalmarkt ist nicht vergleich­bar mit dem anderer Länder.

Er ist nicht vergleichbar mit anderen Ländern, und das wissen alle, die irgendetwas mit Wirtschaft zu tun haben – und viel mehr mit Wirtschaft zu tun haben als ich, aber wenn selbst ich es weiß, dann denke ich, da wird wider besseres Wissen gehandelt. (Abg. Mag. Molterer: Da hätte man aber geglaubt, dass man mehr weiß! Ich hätte ihr mehr zugetraut an Wissen!) Das ist die eine Möglichkeit.

Die zweite Möglichkeit ist, dass man nicht wider besseres Wissen handelt, sondern dass man im Auftrag von Lobbyisten, die ein Gesetz so haben wollen, wie Sie es jetzt beschließen, auch beschließt. Dann muss man aber dazu stehen, dass es nicht darum geht, dass damit Kleinaktionäre beziehungsweise die Aktionärsstruktur, wie sie in Österreich besteht, berücksichtigt wird, sondern um andere Interessengruppen.

Ich kann mich der mehrfach vorgebrachten Kritik nur anschließen, die so weit geht, dass sie ja davon spricht, dass dieses Gesetz verfassungsrechtlich bedenklich ist, weil es einen massiven Eingriff in das Eigentumsrecht von Kleinaktionären darstellt. Wir Grüne werden das Gesetz wieder ablehnen. – Danke. (Beifall bei den Grünen und bei Abgeordneten der SPÖ.)

16.54


Präsident Dr. Andreas Khol: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Bucher. 2 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


16.54.35

Abgeordneter Josef Bucher (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich möchte Herrn Kollegem Jarolim und Frau Kollegin Stoisits schon sagen, dass es paradox wäre, uns zu unter­stellen, dass wir dem Kleinaktionär oder dem Kernaktionär in Österreich Schaden zufügen wollen. – Genau das Gegenteil ist der Fall! Jeder, der sich die Privatisie­rungspolitik dieser Bundesregierung anschaut, jeder, der weiß, wie modern der


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Kapitalmarkt in Österreich aufgestellt ist, wie erfolgreich er sich entwickelt, kann daraus ablesen, dass es diese Bundesregierung ist, die sehr viel für die Aktionärskultur in diesem Land geleistet hat. Dieses Gesetz wird einer modernen Aktionärskultur in unserem Land auch mehr als gerecht.

Daher ist es aus unserer Sicht klar, dass dieses neue Übernahmegesetz auch so verabschiedet wird, wie wir es sehr sorgfältig und sehr lange vorbereitet haben, und das ist gut für den österreichischen Wirtschaftsstandort! (Beifall bei den Freiheitlichen BZÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ich darf aber dem Herrn Kollegen Jarolim noch Folgendes mit auf den Weg geben, weil das Thema Styrian Spirit von der ÖVP angezogen wurde: Ich war im Aufsichtsrat vertreten und weiß, dass Herr Landeshauptmann Voves das Unternehmen auf dem Gewissen hat. (Abg. Mag. Johann Moser: Ihr habt es runtergeführt!) – 150 Arbeits­plätze hat nur er vernichtet!

Wir haben gewartet bis zur letzten Sekunde und mit ihm verhandelt. Wir wollten das Unternehmen retten, weil es ein wichtiges Infrastrukturunternehmen für Kärnten, für die Steiermark und künftig auch für Salzburg war. Sie hätten es in der Hand gehabt, 150 Arbeitsplätze in der Steiermark abzusichern, aber das ist Ihre Politik: Arbeitsplätze vernichten und den Wirtschaftsstandort Österreich schädigen. – Das geht mit uns nicht! (Beifall bei den Freiheitlichen BZÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

16.56


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses in 1529 der Beilagen.

Im Sinne des § 82 Abs. 2 Z 3 der Geschäftsordnung stelle ich vorerst die für die Abstimmung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Zahl der Abgeordneten fest.

Der Ausschuss stellt den Antrag, den ursprünglichen Beschluss des Nationalrates vom 29. März 2006 betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Übernahmegesetz, das Handelsgesetzbuch, das Börsegesetz, das Umwandlungsgesetz und das Spaltungs­gesetz geändert werden und ein Bundesgesetz über den Ausschluss von Min­derheitsgesellschaftern erlassen wird (Übernahmerechts-Änderungsgesetz 2006 – ÜbRÄG 2006), zu wiederholen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die sich für diesen Ausschussantrag aussprechen, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Damit hat der Nationalrat gemäß Artikel 42 Abs. 4 der Bundesverfassung seinen ursprünglichen Beschluss wiederholt.

16.57.37 19. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1183 d.B.): Bundes­gesetz, mit dem das Wohnungseigentumsgesetz 2002, das Mietrechtsgesetz, das Landpachtgesetz und das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz geändert werden (Wohnrechtsnovelle 2006 – WRN 2006) (1530 d.B.)


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20. Punkt

Bericht des Justizausschusses über die Regierungsvorlage (1182 d.B.): Bundes­gesetz über die Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises beim Verkauf und bei der In-Bestand-Gabe von Gebäuden und Nutzungsobjekten (Energieausweis-Vorlage-Gesetz – EAVG) (1531 d.B.)

21. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 294/A der Abgeordneten Doris Bures, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Mietrechtsgesetz geändert wird (1532 d.B.)

22. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 526/A (E) der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beschränkung befris­eter Mietverträge (1533 d.B.)

23. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 542/A (E) der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend klare und nachvollziehbare Mietzinsbegrenzungen (1534 d.B.)

24. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 675/A (E) der Abgeordneten Mag. Ruth Becher, Kolleginnen und Kollegen betreffend Beschränkung der Kautionen (1535 d.B.)

25. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 659/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Mietzinsobergrenzen (1536 d.B.)

26. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 660/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Kautionsrückzahlungen im Mietrecht (1537 d.B.)

27. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 661/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verjährung von Ablösen im Mietrecht (1538 d.B.)


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28. Punkt

Bericht des Justizausschusses über den Antrag 787/A (E) der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen betreffend verstärkte Berück­sichtigung der Energiespar- und Klimaschutzmaßnahmen im Wohnrecht (1539 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zu den Punkten 19 bis 28 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die Debatte eröffnet Frau Abgeordnete Mag. Becher. Ihre Wunschredezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte.

 


17.00.01

Abgeordnete Mag. Ruth Becher (SPÖ): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Präsident! Frau Ministerin! Sechs Jahre schwarz-traurige Wohnrechtspolitik sind sechs schlechte Jahre für die MieterInnen gewesen. Immer dann, wenn Sie von den Regierungsparteien am Miet- und am Wohnrecht herumdoktern, geht das zu Lasten der zirka 1,5 Millionen Mieter und Mieterinnen in diesem Land.

Insgesamt wurden in den letzten sechs Jahren 15 Novellen beschlossen, und dabei haben Sie immer Ihr Ziel, nämlich die Demontage des Wohnrechts und die Abschaf­fung der Wohnsicherheit verfolgt. Beweise dafür gibt es genug. Ich erinnere an das Außerstreitverfahren: Mit der Einführung des Kostenersatzprinzips wurde der Rechts­zugang für die Mieterinnen und Mieter zu einer Frage des Geldes. Mit der Aufhebung des Kündigungsschutzes für Mieter von Ein- und Zweifamilienhäusern oder der Freigabe von Befristungsmöglichkeiten und Kettenmietverträgen erfolgte ebenfalls eine Verschlechterung. (Präsidentin Mag. Prammer übernimmt den Vorsitz.)

Diese Liste ließe sich noch sehr lange fortsetzen. Die rechtliche Stellung der Mieterinnen und Mieter wurde seit dem Jahr 2000 jedenfalls massiv verschlechtert. (Abg. Dr. Fekter: So ein Unsinn!)

Auch bei der Wohnrechtsnovelle 2006 zeigt sich wieder das gleiche Bild. Wieder wird ein Stück vom Mieterschutz zu Gunsten einiger weniger Immobilienmakler geopfert. Sie haben nicht einmal Skrupel, diese mieterfeindliche Stoßrichtung dieses Gesetzes auch zuzugeben! Man braucht nur in den Erläuterungen dazu nachzulesen. Auch Sie, Frau Justizministerin, haben in den „Oberösterreichischen Nachrichten“ am 30. November des Vorjahres dazu gemeint, dass die Vermieter schützenswerte Kreise seien.

Wen wundert es dann noch, dass zum Beispiel die Rügepflicht bei unbrauchbaren Wohnungen eingeführt wird? Den Vermieter freut es, den Mieter nicht. Bisher war es einfach, bei Unbrauchbarkeit der Wohnung einen Mietzinsherabsetzungsantrag zu stellen; nun muss vorerst gerügt werden. Der Vermieter hat drei Monate Zeit, diesen Anforderungen nachzukommen, und erst dann kann der Mieter, wenn dies nicht geschehen ist, einen Mietzinsherabsetzungsantrag stellen.

Mietzinsüberprüfungsrechte sollen eingeschränkt werden. Hebt der Vermieter die Miete an und wehrt sich der Mieter nicht beziehungsweise nicht fristgerecht, hat er eben Pech gehabt.

Pech gehabt haben die Mieter auch bei befristeten Mietverträgen. Bisher war es so, dass ein befristeter Mietvertrag, wenn er nicht zeitgerecht gekündigt wurde, das heißt das Befristungsende vom Vermieter vergessen und die Miete weiter kassiert wurde, in einen unbefristeten Mietvertrag übergegangen ist. Damit machen Sie jetzt Schluss.


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Das Verabsäumen soll jetzt dazu führen, dass die Befristungen auf weitere drei Jahre verlängert werden. – Des Mieters Leid ist des Vermieters Freud’.

Sehr geehrte Damen und Herren! Verantwortungsvolle, vorausschauende und sozial gerechte Wohnungspolitik schaut anders aus. Die wahren Probleme im Wohn­rechts­bereich bleiben völlig ungelöst. (Abg. Großruck: Die Penthäuser haben wir heraus­genommen aus dem Mietrecht! Die sind nicht mehr drin!)

So haben Sie gegen exorbitant gestiegene Wohnkosten überhaupt nichts gemacht. Die Wohnungsmieten sind um 6,4 Prozent gestiegen, die Inflationsrate nur um 2,5 Prozent, allein in einem Jahr! Die Richtwertmieten sind seit 1994 um fast 25 Prozent gestiegen, nämlich von 3,66 € auf 4,57 € pro Quadratmeter. Dazu kommen die hohen Makler­gebühren sowie die Kautionen. – Übrigens wurde das auch von Ihrer Fraktionskollegin Fuhrmann in zwei Aussendungen massiv kritisiert.

Für Sie stellt das überhaupt keinen Grund zum Handeln dar. Wir haben jedenfalls im Ausschuss Anträge eingebracht, die auch Lösungen aufzeigen, aber diese wurden mit Ihrer Mehrheit abgelehnt.

Mit dieser Gesetzesvorlage haben Sie bewiesen, dass Sie unfähig sind, ein ausgewogenes Mietrecht vorzulegen. Je früher die Wahlen kommen und Sie den Weg frei machen, umso besser für die Menschen in diesem Land. (Beifall bei der SPÖ.)

Ich möchte Ihnen noch eine Empfehlung mitgeben. (Rufe: Uhrzeit!) Es hat nämlich der OGH im Begutachtungsverfahren zu dieser Wohnrechtsnovelle festgestellt: Allerdings sollte nicht jeder Zuruf eines Fachschriftstellers oder eines Lobbyisten schon Anlass für eine Gesetzesänderung sein. Eine gewisse Zurückhaltung wäre angebracht. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

17.04


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Großruck. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.05.00

Abgeordneter Wolfgang Großruck (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Zwei Dinge fallen mir auf. Es ist eigenartig, dass nicht die Wohnbausprecherin Bures heute hier heraußen steht und Stellung nimmt, sondern die Frau Becher, und als Zweites fällt mir auf, dass beide dieselben Unwahrheiten verzapfen. Ich sage es so, wie es ist. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Deshalb mein Appell an alle, auch an die Medien und an die Zuhörer: Bitte glauben Sie nicht, was Sie jetzt gehört haben! Was über die Medien kommt, das ist falsch, das stimmt nicht. Das ist absolut falsch! (Abg. Reheis: Sie werden schon wieder inter­venieren! Sie sind es ja gewohnt, zu intervenieren!)

Ich trete den Beweis an. Wir haben im Jahr 2002 ein Wohnungseigentumsgesetz beschlossen, das jetzt evaluiert worden ist. Es waren Ergänzungen und Korrekturen notwendig. Auf Grund der gemachten Erfahrungen war es notwendig, dort oder da kleine Änderungen vorzunehmen, um Ungerechtigkeiten für Mieter, aber auch – ich betone das – für Vermieter abzuschaffen, denn wir bekennen uns auch zum Eigentum in Österreich. Wenn jemand ein Objekt vermietet, ist es sein Eigentum, und er hat auch an diesem Objekt gewisse Eigentumsrechte. Das müssen Sie zur Kenntnis nehmen! Im Vergleich zu dem, was Sie in Ihren Vorlagen fordern, wäre – so denke ich – das koreanische, das nordkoreanische oder das weißrussische Mietrecht geradezu liberal; das muss man auch einmal sagen. Das würde bedeuten: zurück in den tiefsten Sozialismus, in kommunistische Zeiten. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)


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Meine Damen und Herren, es sind im vorliegenden Gesetz sehr viele positive Maßnahmen enthalten. Wir haben zwei Jahre mit Fachleuten darüber gesprochen, so etwa mit Universitätsprofessor Dr. Andreas Vonkilch; er ist einer der besten Fachleute, was Wohn- und Mietrecht anbelangt. Die Gemeinnützigen, meine Damen und Herren, auch die sozialistischen, auch die roten, begrüßen diese Änderung des Mietrechts ganz eindeutig und sagen, das sind vernünftige Maßnahmen. Reden Sie doch einmal auch mit Ihren Leuten! Die Fachleute sagen nämlich das Gegenteil von dem, was Sie heute hier herinnen wieder an Ungereimtheiten und an Ungeheuerlichkeiten vorbrin­gen.

Ich bedanke mich bei den Fachleuten im Justizministerium, die mitgearbeitet haben, ich bedanke mich aber auch bei Maria Fekter als Vorsitzende des Justizausschusses (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ), der es gelungen ist, diese Änderung des Wohnungseigentumsrechts gemeinsam mit dem Gemeinnützigkeits­gesetz heute auf die Schiene zu bringen.

Was monieren Sie, meine Damen und Herren? – Von allen Seiten wird uns be­scheinigt: eine gute Sache. Wir wollen zum Beispiel, dass Dachbodenausbauten und Penthäuser aus der Mietzinsobergrenze herausfallen. Das ist doch gerecht! Jetzt frage ich mich: Wieso ist die SPÖ dagegen, dass Penthäuser herausgenommen werden, dass Dachgeschossausbauten und -aufstockungen herausfallen? – Mir fällt da nur eine Antwort ein: Dass Sie vielleicht Ihre Penthouse-Besitzer über das Mietrecht schützen wollen, damit ihre Penthouse-Wohnungen noch billiger sind. Das ist die einzige Conclusio, die ich aus Ihrem Widerstand hier ziehen kann. Vielleicht ist es das.

Und zweitens, weil Sie die befristeten Mietverhältnisse monieren, Folgendes bitte an jene, die sich nicht damit befasst haben: Es gibt befristete Mietverhältnisse auf drei Jahre. Wenn jetzt der Vermieter den Stichtag 31. Mai übersieht, dann wird dieses Mietverhältnis unbefristet, dann ist er enteignet, dann kann er mit seinem Eigentum nichts mehr tun, auch wenn er vorher mit dem Mieter drei Jahre vereinbart – auch dann!

Was machen wir jetzt? – Wir haben erstens einmal zum Vorteil des Vermieters eine Nachfrist von drei Jahren eingeräumt, damit in diesen drei Jahren dieses Problem saniert werden kann, aber auch für den Mieter ist es ein Vorteil, dass er zu seinem Vermieter sagen kann: Weißt du, was? Lass mich noch ein paar Wochen, lass mich noch ein paar Monate, lass mich noch zwei Jahre drinnen, bis ich ein anderes Objekt gefunden habe. – Kein Nachteil also, sondern nur Vorteile.

Sie werden genauso wie ich Briefe aus ganz Österreich bekommen, in denen sich Menschen beklagen, dass sie mehr oder minder enteignet worden sind, weil sie in ihrer Gutmütigkeit Mieter länger drinnen gelassen haben und diese nicht mehr ausziehen, und auch vor Gericht, nachdem sie den Eigentumsvorbehalt anwenden, der sehr restriktiv und sehr strikt gehandhabt wird, kein Recht mehr auf ihr Eigentum haben. Das ist ungerecht, meine Damen und Herren, aber Sie sagen hier, wir wollen das verschlechtern!

Es gibt auch keine einzige Mieterhöhung. Ich zitiere aus der Statistik Austria: Die Wohnkosten 1999/2000 betragen 23,5 Prozent des gewichteten Haushaltseinkom­mens, 2004/2005 22,3 Prozent. Die Wohnkosten, die Mietkosten sind also im Verhältnis zu den Einkommen vom Jahr 1999 bis zum Jahr 2005 gleich geblieben.

Sie sprechen von eklatanten Erhöhungen. Was teurer geworden ist, das wissen wir: die Energiekosten. Da können aber weder die Vermieter noch die Hauseigentümer noch die Mieter etwas dafür, sondern das muss jeder bezahlen, der irgendwo wohnt. Deshalb wird es auch notwendig sein, durch thermische Sanierungen zu trachten, die Wohnkosten, die Betriebskosten zu verringern.


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Alles in allem also ein hervorragendes Gesetz, meine Damen und Herren! Alle Fach­leute bescheinigen uns, dass es ausgezeichnet ist – und es ist auch deshalb ausgezeichnet, weil die Frau Bures und die Frau Becher so dagegen sind. Dass sie so dagegen sind, ist ein gutes Zeichen dafür, dass das Gesetz gut ist.

Ich komme abschließend zu meinem Vierzeiler, meine Damen und Herren, der sich auch wieder mit dem Verständnis der SPÖ, was Mietrecht anbelangt, befasst:

Mietgeschützt im Penthouse wohnen
und das eig’ne Börserl schonen.
Ja, so sind halt uns’re Linken:
Wasser predigen, Champagner trinken.

(Heiterkeit und Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

17.11


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dr. Moser. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 


17.11.20

Abgeordnete Dr. Gabriela Moser (Grüne): Frau Präsidentin! Frau Ministerin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Großruck hat es wirklich auf den Punkt gebracht: Das Problem ist die Steigerung der Energiekosten, ist die Steigerung der Heizkosten, ist die Steigerung der Betriebskosten. Herr Kollege, jetzt haben Sie das so klar erkannt, und auf der anderen Seite lehnen Sie unseren Antrag, der genau diese Kostensteigerungen eindämmen will, unseren Antrag betreffend Berücksichtigung der Energiespar- und Klimaschutzmaßnahmen im Wohnrecht ab! Sie legen zu Recht den Finger in die Wunde, lassen aber gleichzeitig zu, dass die Wunde größer wird.

Wir brauchen ein Effizienzprogramm in Richtung Energiesparen, thermische Gebäude­sanierung. Da sind wir ja völlig auf einer Ebene, nur: Tun Sie es! Schaffen Sie auch wohnrechtliche Regelungen, die Sanierungsmaßnahmen vorantreiben. Es ist nicht mehr eine Frage der Wohnbauförderung, es ist auch eine Frage des Wohn- und Mietrechtes, endlich den Klimaschutz und die Ersparnis bei den Betriebskosten und den Konjunkturimpuls für die Klein- und Mittelunternehmen und den Wirtschaftsimpuls für unser Gewerbe und den die Bilanz schonenden Aspekt, dass wir weniger Importe brauchen, zu berücksichtigen – eine einzige win-win-Geschichte, aber diese Wohn­rechts­novelle geht daran völlig vorbei! Ganz klar: Sie ist orientiert auf die klassischen Bereiche, sie ist eine Fortschreibung des klassischen Wohn-, Mieteigentums und Woh­nungsgemeinnützigkeitsrechts, sie setzt leider auch zu wenig an der grundsätzlichen Reformebene an, nämlich eine klarere, eine transparentere, eine einheitliche Wohn­rechtsgesetzgebung insgesamt in Österreich herbeizuführen.

Die Intransparenz wird nicht wesentlich beseitigt. Es kommen zwar neue Regelungen, und manche sind durchaus positiv. Einige sind aber sehr stark zu kritisieren, und diese zu kritisierenden hebe ich jetzt noch einmal heraus.

Eine Verlängerung dieser befristeten Mietverhältnisse auf die nächsten drei Jahre führt sicherlich auch wieder zu mehr Mietnomadentum. Das lehnen wir ab.

Weiters die Ausnahme von den Zubauten aus dem Mietrecht. Zubauten werden also jetzt wieder, genauso wie Dachbodenausbauten im rein zivilrechtlichen Bereich für eine Vermietung freigegeben. Das ist auch wieder eine Einschränkung des Geltungs­bereiches des Mietrechtes.

Wir sind dagegen, dass Wohnungseigentümer nur über einen Anschlag im Vorhaus informiert werden. Sie sollen nach wie vor, wie es jetzt vorgesehen ist, auch schriftlich über Änderungen benachrichtigt werden. Das ist also eine Verschlechterung.


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Wir sind auch dafür, dass die Hausverwaltung mehr Eigenkonten anlegen muss und es nicht weiter diese Anderkonten-Regelung gibt. Da hat es in Salzburg einen sehr großen Missbrauch gegeben. Dort sind Mieterinnen und Mieter um Millionenbeträge geprellt worden, weil diese Kontoregelung zu unklar ist. Und das wird auch durch dieses Gesetz nicht verbessert.

Wir haben zwar – das habe ich als positiven Aspekt nur kurz anklingen lassen, jetzt detailliere ich es – zwar jetzt die Verpflichtung der Vermieter, auch Verbesserungs­maßnahmen zu setzen. Ich war auch eingeladen bei einer Veranstaltung, wo sehr viele Vermieter anwesend waren, und diese hat dieser Paragraph oder diese Regelung sehr stark getroffen, weil sie ja investieren müssen, wenn es um Gesundheitsgefährdungen geht. Nur: Es ist in diesem Gesetz die Definition unklar. Da ist formuliert: erhebliche Gefahren für die Gesundheit und der Bewohner. Wenn solche vorliegen, muss für Abhilfe gesorgt werden.

Was ist eine „erhebliche Gefahr“? Wir haben seit Jahren das klassische Beispiel Jahren, vor allem im Althausbereich in Wien, dass es Bleirohre gibt, die Trinkwasser in die einzelnen Wohnungen bringen. Diese Bleirohre haben Emissionen, und oft ist auch Wasser, das man in der Früh konsumiert, dann etwas belastet. Jetzt gibt es die traditionelle Methode, das Wasser rinnen zu lassen. – Na gut, wir haben in Österreich keine Wassernotstand, aber trotzdem. Wenn ich aus Bleirohren Wasser trinke, ist das eine Gesundheitsgefährdung. Frage: Ist das eine erhebliche Gesundheitsgefährdung? Und da ist für mich die Schwachstelle in diesem Gesetz, das ist nicht geklärt.

Es liegt – und ich habe ja schon öfter mit der Kollegin Fekter darüber diskutiert – seit Jahren ein Antrag der Grünen leider noch bei Ihnen in der Schublade, ein Antrag, der verlangt, dass dieses Trinkwasserproblem im Zusammenhang mit Bleirohren endlich legistisch angegangen und zugunsten der MieterInnen geregelt wird.

Jetzt habe ich einige dieser Kritikpunkte vorgetragen. Wir hätten in diesem Gesetz noch die Möglichkeit gehabt, auch bei den Maklergebühren und bei den Kautionen Verbesserungen für die MieterInnen und teilweise auch für die Vermieter zu verankern. Unsere Anträge gingen in diese Richtung – sie wurden aber leider nicht berücksichtigt.

Ein anderes altes Anliegen, das leider auch durch diese Wohnrechtsnovelle nicht be­handelt wird, ist die Frage der Richtwertzinse mit der Klärung und der Transparenz der Zu- und Abschläge. Wir haben schon oft darüber gesprochen: Wir haben totes Recht. De facto gilt der Richtwertzins. Es gibt laut Gesetz Zu- und Abschläge, nur ist es nicht genau definiert. Es ist nicht definiert, bei welchem Zu- und bei welchem Abschlag sich die Miethöhe um wie viel ändern muss. Das ist Intransparenz.

Ich habe daher schon lange vorgeschlagen: Definieren wir die Zu- und Abschläge, machen wir endlich aus diesem toten Gesetz eine mieternahe, eine mieterfreundliche Regelung! Aber auch das haben Sie in Ihrer Mietrechtsnovelle nicht berücksichtig. Deshalb werden Sie verstehen, dass, obwohl ich auch einiges positive Aspekte sehe, die Bilanz für mich schlussendlich negativ bleibt und wir deshalb diese Wohnrechts­novelle ablehnen müssen.

Ich möchte vielleicht noch zwei, drei Bemerkungen formaler Natur anfügen – ich habe schon mit dem zuständigen Herrn im Justizressort gesprochen –: Sie müssen auch in der Einleitung ein bisschen etwas ändern. Da haben Sie ein falsches Zitat, es sind da einige Kleinigkeiten nicht korrekt, weil Sie das Handelsrechtsänderungsgesetz nicht einbezogen haben. Das deutet darauf hin, dass dieses Mietrecht bereits so lange in Diskussion ist, dass man schon den Überblick verloren hat.

Wir haben ja – Frau Ministerin, da ist ja unser beider Leid – die Mietrechtsnovelle – so denke ich – mindestens schon eineinhalb Jahre lang in Verhandlung. Ich vergesse


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auch immer wieder, was alles schon diskutiert und beschlossen worden ist, weil sich ja, wie bereits gesagt, der Horizont der Beschlussfassung so weit erstreckt.

Zum Schluss noch zum Energieausweis-Vorlage-Gesetz. Dem können wir aus verschiedenen Gründen nicht zustimmen. Einer davon ist – und deswegen gibt es auch einen Abänderungsantrag unsererseits –, dass wir die Sanktionen bei Nicht-Einhaltung vermissen. Es wird also kein Verwaltungsstrafverfahren geben, wenn kein Energie­ausweis existiert, und das ist für uns ein wesentlicher Grund, warum wir dieses Gesetz nicht mittragen können.

Unseres Erachten ist die Vollziehung auch noch so aufgesplittert, dass teilweise für den Vollzug eines Bundesgesetzes – eines Bundesgesetzes! – die einzelnen Bundes­länder zuständig werden, und das ist meines Erachtens nicht korrekt.

Entschuldigen Sie, aber ich finde jetzt meinen Abänderungsantrag nicht. Die Kollegin Stoisits wird ihn dann vorlesen, oder ich melde mich noch einmal zu Wort. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

17.19

Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster ist Herr Abgeordneter Neudeck zu Wort gemeldet. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.19.16

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Bun­desminister! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Moser hat gesagt, dass sie den Überblick über das Mietrecht verloren hat. Das ist natürlich bei einer so umfassenden Materie durchaus möglich. Es ist für mich immer interessant, und ich halte es für sehr schwierig, die Wünsche, die man an dieses Mietrecht hat, auch juristisch korrekt in einen entsprechenden Text zu fassen. Ich denke da beispielsweise daran, dass der ehemalige Parlamentspräsident Fischer, unser jetziger Bundespräsident, vor, ich glaube, etwa acht oder zehn Jahren einmal gesagt hat, es wäre ihm ein Anliegen, das Mietrecht so zu fassen, dass es Mieter und Vermieter verstehen, und er hat auch einen sehr mutigen Anlauf dazu versucht.

Dieser Anlauf ist leider nicht geglückt, aber nicht deshalb, weil Fischer nicht wollte, sondern weil es einfach nicht möglich ist, eine Materie wie das Wohnungs­gemein­nützigkeitsgesetz, das Wohnungseigentumsgesetz oder das Mietrecht in Begriffe zu fassen, sodass jeder weiß, wovon die Rede ist.

Das, meine Damen und Herren, ist meiner Überzeugung nach eines der Grundübel, warum es möglich ist – und das auf einem Sektor, der für jeden Mieter, für jeden Vermieter besonders wichtig ist –, dass mit so divergierenden Interpretationen sozu­sagen hantiert wird. Und damit wird natürlich auch Politik gemacht. Schade, dass Kollegin Bures jetzt nicht da ist, denn ihre Aussendung von heute zum Mietrecht ... (Abg. Großruck: Das ist das erste Mal, dass Sie das bedauern!)

Ich hätte ihr das gerne erklärt; über die Medien ist das etwas schwer auszurichten, aber sonst, Kollege Großruck, bedauere ich auch nicht, dass Kollegin Bures jetzt nicht da ist. Das jedoch hätte ich mir gerne mit ihr ausgemacht, denn sie hat da etwas in den Raum gestellt, in den es wirklich nicht gehört.

Jedenfalls ist es so, dass mit dem Thema Mietrecht sehr viel Politik gemacht wird, und ich muss sagen, seit Jahrzehnten bin ich als Vermieter und Verwalter mit dem Mietrecht vertraut ... (Abg. Öllinger: Dazu sitzen wir ja herinnen, dass wir Politik machen!) – Politik auf dem Rücken der Mieter, Kollege Öllinger, nicht jedoch für die Mieter! Dass Sie Politik nicht für die Vermieter machen, sehe ich ja noch irgendwie ein, aber dass Sie Politik auch nicht für die Mieter machen, schon weniger. Sie machen Politik vielleicht für ein paar, die besitzend sind, das ist durchaus möglich, denn bei


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Ihnen wird Mieterschutz höher gehalten als der Schutz derer, die eine Wohnung suchen. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Öllinger.) – Diese Ihre Politik ist eben so, das werden wir nicht ändern; mit dem müssen wir uns halt abfinden.

Jedenfalls bin ich persönlich seit Jahrzehnten als Vermieter, aber auch als Makler tätig, und ich kann aus dieser Erfahrung heraus sagen, dass ich mit Mietern wirklich immer die geringsten Probleme hatte, weil sie sich Gott sei Dank nicht immer an das halten, was da drinnen steht, sondern durchaus vernünftigen Argumenten zugänglich sind. (Abg. Öllinger: Warum ändern Sie es dann, wenn es eh gepasst hat?)

Das machen wir, weil gewisse Anpassungen notwendig sind, aber leider ist es nicht möglich, ein umfassendes Mietrecht so zu gestalten, dass es anwenderfreundlich für Vermieter und Mieter ist. In diesem Zusammenhang gibt es genug Formulierungen, die ich Ihnen jetzt vorlesen könnte, wobei das aber nicht aus dem Jahre 2000 stammt, sondern aus der Zeit um 1914, aus einer Notverordnung heraus, einer Verordnung, die heute noch Gültigkeit hat.

Kollege Großruck hat ja bereits ausführlich auf die inhaltlichen Punkte Bezug genom­men, daher möchte ich jetzt nur noch folgenden Punkt herausstreichen. Es war uns ein besonderes Anliegen, gemeinnützige Wohnbaugenossenschaften durch den Rech­nungshof prüfen zu lassen. Ich bin sehr verwundert darüber, dass weder SPÖ noch ÖVP diesem Begehren bisher zugestimmt haben.

Bei diesen gemeinnützigen Bauvereinigungen handelt es sich um Vereinigungen, die einen großen Teil des Wohnbestandes in Österreich nach dem Krieg geschaffen haben, diesen verwalten und die sozusagen auf Milliarden Euro an Rücklagen sitzen, Geld, das meiner Ansicht nach jedoch nicht in allen Fällen zweckmäßig verwendet wurde beziehungsweise wird. Wenn man in diesem Zusammenhang auf den Revisionsverband sowie auf die Länderkontrolle hinweist, muss man auch dazusagen, dass es unbedingt notwendig ist, eine bundeseinheitliche Kontrolle zu schaffen.

Wie das ist, wenn etwas zu spät gemacht wird, das haben wir ja bei der Causa BAWAG gesehen. Auch bei den Wohnbaugenossenschaften könnte es einmal zu spät sein – und dann nützt es nichts, zu sagen, dass es doch ohnehin den Revisions­verband gibt, dass ohnehin alles geprüft worden ist. – Diese „Argumente“ haben wir ja bei der BAWAG auch gehört.

Ich würde daher sowohl SPÖ als auch ÖVP auffordern, noch einmal darüber nach­zudenken – und nicht dem Lobbyismus in den eigenen Reihen nachzugeben, sondern einer bundeseinheitlichen Prüfung gemeinnütziger Bauvereinigungen bezie­hungs­weise Wohnbaugenossenschaften durch den Rechnungshof zuzustimmen, zumal, wie gesagt, dort seit Jahren Förderungsmittel in Milliardenhöhe hineingehen und überdies durch Steuerbegünstigungen die Schaffung von Rücklagen ermöglicht wurde. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

17.24


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Frau Bundesministerin Mag. Gastinger hat sich zu Wort gemeldet. – Bitte, Frau Ministerin.

 


17.24.49

Bundesministerin für Justiz Mag. Karin Gastinger: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren des Hohen Hauses! Diese Diskussion hier zeigt, wie kontroversiell das Mietrecht offensichtlich immer diskutiert wird. Ich denke auch, dass es wahrscheinlich nie gelingen wird, die Interessen der Vermieter einerseits und die Interessen der Mieter andererseits wirklich so ausgewogen unter einen Hut zu bringen, dass wir tatsächlich beide Interessen vollauf befriedigen. Diese Hoffnung habe ich aufgegeben; das ist nun einmal so.


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Mit der Wohnrechtsnovelle 2006 haben wir versucht, einen möglichst ausgewogenen Entwurf vorzulegen. Wichtige Änderungen, die ja auch schon vom Herrn Abgeordneten Großruck, aber auch vom Herrn Abgeordnetem Neudeck dargelegt wurden, sind darin enthalten. Wir vom Bundesministerium für Justiz haben uns wirklich bemüht, eine Balance zwischen Berücksichtigung von Mieter- als auch Vermieter-Interessen zu wahren. Erwähnen möchte ich in diesem Zusammenhang die Erweiterung der Hal­tungspflicht des Vermieters sowie die Beseitigung erheblicher Gefahren für die Gesundheit der Bewohner eines Hauses. Vorgesehen haben wir ebenso einen Investitionsersatzanspruch des Mieters beispielsweise auch für den Austausch einer defekt gewordenen Heiztherme oder eines defekt gewordenen Warmwasserboilers.

Wir vom Bundesministerium für Justiz haben uns wirklich um Balance bemüht – und daher haben wir natürlich auf der anderen Seite auch die Interessen der Vermieter berücksichtigt, etwas, das, wie ich meine, durchaus legitim ist.

Was mir in diesem Zusammenhang besonders wichtig ist, ist, dass diese Gesetzesvorlage heute hier im Nationalrat behandelt werden kann, hat es doch lange Zeit so ausgesehen, als ob das in dieser Legislaturperiode nicht mehr der Fall sein würde. Hinweisen darf ich auch auf Änderungen, die das Wohnungseigentumsrecht betreffen, auf eine notwendige Änderung des WEG, und ich bin froh darüber, dass das heute vom Nationalrat beschlossen wird, sodass es auch in diesem Rechtsbereich zu einer Klarstellung in vielen Punkten kommt, einer Klarstellung, die auch den Woh­nungseigentümern zugute kommen wird.

In diesem Sinne bedanke ich mich auch für Ihre Aufmerksamkeit. – Danke vielmals. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.27


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Mag. Maier. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


17.27.18

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Bundesministerin, ich gebe Ihnen vollkommen Recht: Es gibt eine unterschiedliche Betrachtungsweise zu dieser Gesetzesvorlage, und die unterschiedlichen Positionen sind insbesondere bei den Ausführungen der Kollegen Neudeck und Großruck zum Ausdruck gekommen, wobei Kollege Großruck hier, muss ich sagen, geradezu eine Märchenstunde geliefert hat. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Kollege Neudeck wiederum sieht als Immobilienmakler die gemeinnützigen Bau­vereinigungen stets als seine „Hauptfeinde“. (Zwischenruf des Abg. Neudeck.) – Herr Kollege Neudeck, ich drehe das Ganze um und frage: Was bringt diese Wohn­rechtsnovelle 2006 den Mietern, was den Wohnungseigentümern?

Kollege Neudeck, ich zitiere dazu jetzt aus einem Artikel aus den „Salzburger Nachrichten“ vom 25. April dies Jahres, in dem es heißt: „Am Ende blieb nichts.“ Und zum Konkursfall Marterbauer: „Ausgleichsquote geht gegen null.“

Kollege Neudeck, wir hätten uns erwartet, dass die Regierungsparteien hier Geset­zesanträge vorlegen, um die Rechte der Mieter und Wohnungseigentümer gegenüber den Hausverwaltungen abzusichern. (Abg. Großruck: Geschieht auch alles! Lesen!) Das Gegenteil, Kollege Großruck, ist jedoch geschehen!

Sehen wir uns den § 20 Wohnungseigentumsgesetz an, wo es für die Verwaltung die Wahlmöglichkeit zwischen einem Anderkonto und einem Eigenkonto gibt. Das, Kollege Großruck, ist der falsche Weg! Wissen Sie, was notwendig ist? – Zwei Eigenkonten, und zwar ein Konto für die laufenden Kosten und ein Konto für den Fonds.


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153. Sitzung / Seite 88

(Zwischenrufe des Abg. Mag. Tancsits.) – Kollege Tancsits, Sie haben das Problem nicht kapiert, das sage ich Ihnen jetzt in aller Deutlichkeit! (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Der nächste Skandal wird kommen – und wieder werden die Mieter und die Wohnungseigentümer die Geschädigten sein! (Abg. Großruck: Ja, aber bei euch wird er kommen! – Hat die BAWAG Wohnungen?) Noch einmal zum Konkursfall Marterbauer: Marterbauer wurde nie kontrolliert, denn Peter Marterbauer war ÖVP-Mitglied! Und das Nächste war Hausverwaltung BFG!

Da frage ich schon, sehr verehrte Damen und Herren von der ÖVP, warum Sie da nicht einmal der Wirtschafskammer folgen, die ja genau für diesen Bereich eine Vermögens­schaden-Haftpflichtversicherung einfordert. Die Kollegen von der Salzburger Wirt­schafts­kammer wissen, dass das ein einstimmiger Beschluss war.

Daher: Ich vermisse einen derartigen Antrag hier, habe aber – nach einem Gespräch mit der Vorsitzenden des Justizausschusses – die Hoffnung nicht aufgegeben, dass es diesbezüglich noch in dieser Legislaturperiode zu einer Regelung kommt.

Kollege Neudeck, nur auf die gemeinnützigen Bauvereinigungen hinzuhauen, das ist absolut falsch. Wie sieht es denn im Bereich der gewerblichen Verwalter aus? Die großen Konkurse der letzten Jahre sind im Verwaltungsbereich passiert und – das sage ich auch – im Bereich der gewerblichen Bauträger.

Frau Vorsitzende des Justizausschusses! Wir haben hier in diesem Haus einstimmig einen Antrag betreffend eine Neuregelung des Bauträgervertragsgesetzes beschlos­sen. Zu dieser Regelung ist es noch nicht gekommen. Ich möchte hier nur auf die Initiativen der Arbeiterkammern hinweisen, insbesondere der Tiroler Arbeiterkammer, die die Defizite im Bauträgervertragsbereich aufgezeigt haben.

Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir haben uns erwartet, dass die Kostenentwicklung beim Wohnen durch das Wohnrechtspaket beschränkt wird. Es wäre Aufgabe des Gesetzgebers gewesen, Maßnahmen zu setzen. Die Rechte der Mieter wären zu stärken und nicht zu schwächen gewesen. Und die Rechte aller Nutzer, unabhängig vom Rechtsstatus gegenüber den Verwaltungen, wären auszu­bauen gewesen.

Sie haben das nicht gemacht. Sie haben auch nicht für mehr Gerechtigkeit im Wohnrecht gesorgt. Daher lehnen wir diese Vorlagen ab. (Beifall bei der SPÖ.)

17.31


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Mag. Tancsits. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


17.31.23

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Frau Präsidentin! Frau Minister! Hohes Haus! Diese Wohnrechtsnovelle ist eine logische und gute Fortsetzung der Woh­nungspolitik seit dem Jahr 2000: mehr Markt auf der einen Seite und mehr Schutz für soziale Interessen in allen Bereichen des Wohnens auf der anderen Seite. (Abg. Öllinger: Das geht nicht zusammen!) Logischerweise: Wir haben seit 2000 den Schwarzmarkt und die Korruption bei der Wohnungsvergabe und bei der Mietersuche abgestellt. (Abg. Öllinger: Das ist absurd!) Wir haben durch die Befristungsregelung mehr Flexibilität erreicht. Das ist gut angekommen. Wir haben selbstverständlich auch durch den 25-prozentigen Abschlag, den Sie immer verschweigen, die Wohnkosten entsprechend gedämpft, wie es Kollege Großruck in seinem Redebeitrag statistisch nachgewiesen hat.


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153. Sitzung / Seite 89

Die Möglichkeit des erleichterten Dachbodenausbaus hat zumindest in Wien – da brauchen Sie nur mit offenen Augen durch die Straßen zu gehen – zu einem Bauboom geführt, und das wird heute auch auf Aufstockungen erweitert.

Mir geht auch – Sie werden sich wundern – wie einem meiner Vorredner Frau Kollegin Bures ab, weil sie einfach einzigartig darlegen kann, dass nicht sein kann, was nicht sein darf, dass Wohnpolitik einfach schlecht sein muss, wenn sie nicht von der SPÖ kommt. Mir hat nur eines in der heute eher milderen Aufzählung gefehlt, und zwar die „Wohnnomaden“, ihr Lieblingsausdruck. Die sind mir heute echt abgegangen. Diese treten angeblich seit 2000 in diesem Land auf und finden keine Wohnung.

Ich hätte ihr nämlich aushelfen können. Ich habe einen gefunden: Elsner heißt er. In der „ZiB 2“ hat er gefragt, ob er denn in Hinkunft im Container wohnen soll. – Da hätten wir einen Wohnnomaden für die Genossin Bures. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Dr. Stummvoll: Der Arme!)

Meine Damen und Herren, das beleuchtet es ja: Wir machen Wohnpolitik für die Bevölkerung dieses Landes und nicht für die Bonzen, die im Penthouse wohnen. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP.)

In diesem Sinne hat am Montag erfreulicherweise auch der Verbandstag der Gemein­nützigen Wohnungswirtschaft Österreichs in Villach – Sie wissen, die Mehrheits­verhältnisse dort sind zu zwei Dritteln eher der SPÖ nahe stehende Funktionäre –, jedenfalls haben Fachleute und Experten Folgendes einstimmig beschlossen: Der Verbandstag nimmt mit Genugtuung zur Kenntnis, dass der Justizausschuss die Wohnrechtsnovelle 2006 beschlossen hat und damit für die gemeinnützige Wohnungs­wirtschaft und ihre Kunden wesentliche Verbesserungen und Klarstellungen gebracht hat. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Großruck: So ist es!)

Dem kann man eigentlich nichts hinzufügen, außer dass Ihnen Ihre eigenen Fachleute und Experten bei Ihrer desaströsen Wohnpolitik, wo alles, was gemacht wird, nur schlechtgeredet wird, nicht mehr folgen. Das ist ein Fortschritt für Mieter, Vermieter und Wohnungseigentümer. Und diesen Weg werden wir weitergehen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

17.34


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Stoisits. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


17.34.54

Abgeordnete Mag. Terezija Stoisits (Grüne): Frau Präsidentin! Wie hat Herr Kollege Tancsits jetzt gesagt? Die einen machen die Wohnpolitik für die, und die anderen machen die Wohnpolitik (Abg. Prinz: Für die Bonzen!) für die Bonzen. – Ich kann Ihnen sagen, für wen Sie Klimaschutzpolitik machen, nämlich nicht für die Menschen, sondern für die Hausbesitzer. Für die machen Sie Klimaschutzpolitik! Und das entgegen den wirklich lobenswerten Bemühungen, die das Justizministerium hier ge­zeigt hat. Namentlich möchte ich da Frau Mag. Popp – ich bin noch beim Ministerial­entwurf, denn darum geht es mir ja – erwähnen, weiters Herrn Dr. Stabentheiner und Herrn Sektionschef Dr. Hopf. Das Justizministerium hat nämlich den Auftrag, ein Energieausweis-Vorlage-Gesetz zu machen, ernst genommen und hat sich auch an die europarechtlichen Vorschriften gehalten.

Kolleginnen und Kollegen! Sie müssen wissen, das Ganze dient der Erfüllung des Kyoto-Protokolls. Um das Kyoto-Protokoll zu erfüllen, gibt es EU-rechtliche Normen, die jetzt in Österreich umgesetzt werden. Unter anderem ist dieses Gesetz Ausfluss dieser Bemühungen.


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153. Sitzung / Seite 90

Jetzt sage ich das sehr vereinfacht, damit es für alle verständlich ist: Es gibt eine Auflage, die man zu erfüllen hat. Das klingt doch schon einmal gut. Aber blöderweise gibt es keine Sanktion. Ich frage Sie: Wer hält sich an eine Vorschrift, die, wenn er sie nicht befolgt, keinerlei nachteilige Folgen hat? – Kaum jemand! Und schon gar nicht aus der Kenntnis dessen, was sich in der so genannten Wohnraumbeschaffung und Mietszene abspielt. Ich will jetzt nicht in die Tiersprache abgleiten und von „Miethaien“ und solchen Sachen sprechen, aber ich kann Ihnen sagen: Die werden, um es auf Ostösterreichisch zu sagen, Ihnen „eins pfeifen“. Wenn sich keine Sanktion daran knüpft, diesen Energieausweis auch vorzulegen, warum sollte das dann tatsächlich passieren?

Es gibt, wird die Frau Ministerin einwenden – und das würde jeder einwenden –, ja den so genannten Zivilrechtsweg, man kann das einklagen. Bitte, Frau Ministerin – nehmen Sie das nicht persönlich, sowieso nicht, aber auch nicht für die Justiz persönlich –, das ist ja fast wie die Aufforderung, zum „Salzamt“ zu gehen – so „effizient“ ist das in diesem Gesetz gestaltet.

Aber das Justizministerium hatte eine andere Absicht, es wollte nämlich das, was die Grünen in dem Abänderungsantrag, den ich jetzt verlesen werde, Frau Präsidentin, auch wollen.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Mag. Terezija Stoisits, Kolleginnen und Kollegen zum Bericht des Justizausschusses (1531 d.B.) über die Regierungsvorlage (1182 d.B.): Bundesgesetz über die Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises beim Verkauf und bei der In-Bestand-Gabe von Gebäuden und Nutzungsobjekten (Energie­ausweis-Vorlage-Gesetz – EAVG)

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der Bericht des Justizausschusses (1531 d.B.) über die Regierungsvorlage (1182 d.B.): Bundesgesetz über die Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises beim Verkauf und bei der In-Bestand-Gabe von Gebäuden und Nutzungsobjekten (Energie­ausweis-Vorlage-Gesetz – EAVG) wird wie folgt geändert:

1. § 5 samt Überschrift hat zu lauten:

„Rechtsfolgen unterlassener/verspäteter Vorlage

§ 5 (1) Wird dem Käufer oder Bestandnehmer entgegen § 3 nicht bis spätestens zur Abgabe seiner Vertragserklärung ein Energieausweise vorgelegt, so gilt zumindest eine dem Alter und der Art des Gebäudes entsprechende Gesamtenergieeffizienz als vereinbart.“ – Das ist noch okay. Aber jetzt kommt es. Das fehlt. –

„(2) Ein Verkäufer oder Bestandgeber, der es entgegen § 3 unterlässt, dem Käufer oder Bestandnehmer rechtzeitig einen höchstens zehn Jahre alten Energieausweis vorzulegen, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 1.450 Euro zu bestrafen.“

*****

Es hat gereicht, dass ein paar Reiche – würde ich jetzt so sagen – diesbezüglich Einwände hatten, und flugs ist das aus der Ministerialvorlage verschwunden. Wir hätten diesem Gesetz sehr gerne im Sinne des Umwelt- und Klimaschutzes, der nicht


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zuletzt – wessen Aufgabe ist? – eine Aufgabe des Staates ist, zugestimmt. Es ist in diesem Bereich für effektive Gesetze zu sorgen.

Wir hätten gerne unseren Beitrag geleistet, wenn sich diese Bestimmung in der Regie­rungsvorlage wieder gefunden hätte, so wie es ja im Ministerialentwurf vorgeschlagen wurde. Leider ist das nicht der Fall. Deshalb lehnen wir dieses Gesetz ab, außer Sie stimmen unserem Abänderungsantrag zu. Dann wäre wieder alles in Ordnung im Sinne der Erreichung des Kyoto-Ziels und des Umwelt- und Klimaschutzes in Öster­reich. – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

17.39


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Frau Abgeordneter Mag. Stoisits eingebrachte Abänderungsantrag ist ausreichend unterstützt und steht daher auch mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Drin. Gabriela Moser, Maga. Terezija Stoisits, Freundinnen und Freunde

zum Bericht des Justizausschusses (1531 d.B.) über die Regierungsvorlage (1182 d.B.): Bundesgesetz über die Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises beim Verkauf und bei der In-Bestand-Gabe von Gebäuden und Nutzungsobjekten (Energieausweis-Vorlage-Gesetz - EAVG)

Der Nationalrat wolle in Zweiter Lesung beschließen:

Der Bericht des Justizausschusses (1531 d.B.) über die Regierungsvorlage (1182 d.B.): Bundesgesetz über die Pflicht zur Vorlage eines Energieausweises beim Verkauf und bei der In-Bestand-Gabe von Gebäuden und Nutzungsobjekten (Energie­ausweis-Vorlage-Gesetz - EAVG)

wird wie folgt geändert:

1. § 5 samt Überschrift hat zu lauten:

„Rechtsfolgen unterlassener/verspäteter Vorlage

§ 5. (1) Wird dem Käufer oder Bestandnehmer entgegen § 3 nicht bis spätestens zur Abgabe seiner Vertragserklärung ein Energieausweis vorgelegt, so gilt zumindest eine dem Alter und der Art des Gebäudes entsprechende Gesamtenergieeffizient als vereinbart.

(2) Ein Verkäufer oder Bestandgeber, der es entgegen § 3 unterlässt, dem Käufer oder Bestandnehmer rechtzeitig einen höchstens zehn Jahre alten Energieausweis vorzu­legen, begeht, sofern die Tat nicht den Tatbestand einer gerichtlich strafbaren Handlung erfüllt, eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 1.450 Euro zu bestrafen.“

Begründung

Der Ministerialentwurf zum EAVG enthielt noch die wortgleiche Verwaltungs­strafbestimmung, die in diesem Abänderungsantrag vorgeschlagen wird, und begrün­dete sie folgendermaßen:


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„Andererseits erscheint es aber aufgrund der öffentlichen Interessen an der Steigerung der Energieeffizienz von Gebäuden auch nicht ausreichend, ausschließlich zivil­rechtliche Rechtsfolgen zu normieren, weil dies dann, wenn sich die Vertragspartner – etwa aus Gründen der Kostenersparnis – darüber einig sind, dass sie keinen Energie­ausweis erstellen wollen, nicht zum gewünschten Ergebnis führen würde. Daher muss die Vorlagepflicht auch durch eine öffentlich-rechtliche Verwaltungsstrafbestimmung für Verstöße gegen die Vorlagepflicht abgesichert werden.“ (S 17 306/ME XXII. GP).

Sowohl die Regelung des Ministerialentwurfes als auch ihre Begründung wurde in vollem Umfang von den Grünen unterstützt. Umso bedauerlicher ist es, dass sie keinen Eingang in die Regierungsvorlage gefunden hat.

Umwelt- und Klimaschutz ist jedoch nicht zuletzt Aufgabe des Staates, der in diesem Bereich für effektive Gesetze zu sorgen hat. Ohne öffentlich-rechtliche Sanktion bleibt das EAVG jedoch ein zahnloses Gesetz und stellt nicht wie ursprünglich beabsichtigt einen wesentlichen Beitrag zur Erfüllung der im Rahmen des Kyoto-Protokolls einge­gangenen Verpflichtungen zum Klimaschutz dar.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Dipl.- Ing. Hofmann zu Wort. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


17.40.01

Abgeordneter Dipl.-Ing. Maximilian Hofmann (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Geschätzte Damen und Herren! Das Europäische Parlament und der Rat haben die EU-Richtlinie „Gesamtenergieeffizienz von Ge­bäuden“ erlassen; das war im Dezember 2002, die Umsetzung sollte bis 4. Jän­ner 2006 erfolgen, wobei dann eine Übergangsfrist bis 2009 eingeräumt wurde. Es ist hiebei anzuführen, dass es denkunmöglich ist, sozusagen auf einmal für alle möglichen bestehenden Objekte und die jetzt im Bau befindlichen Objekte solch einen Energie­ausweis vorzulegen und diese Bewertung durchzuführen.

Ziel ist es, eine Verbesserung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden unter Berück­sichtigung der äußeren klimatischen und der lokalen Gegebenheiten zu erreichen. Das ist durchaus positiv. Es sind Mindestanforderungen festzulegen, das ist auch in Ordnung. Der Energieausweis ist dann beim Bau von Gebäuden bezie­hungsweise beim Verkauf, bei der Vermietung derselben zu erstellen. Er darf nicht älter als zehn Jahre sein, wie wir gehört haben.

Nun: Der Wohn- und Tertiärbereich macht im Wesentlichen 40 Prozent des Gesam­tenergieverbrauches aus, insofern ist klar, dass ein entsprechendes Energie­spar­potential gegeben ist, eine Ressourcenschonung möglich ist und natürlich auch Klimaschutz betrieben werden kann.

Jetzt komme ich zu einem Teil, der für mich einige Fragezeichen hat, nämlich was die Umsetzung anlangt. Die Bestimmungen der Gebäuderichtlinie sind bautechnische Vorschriften. Das heißt also, die Erstellung des Energieausweises ist eine Annex­materie des Baurechts, und Baurecht ist, geschätzte Damen und Herren, wie wir wissen, Ländersache.

Nun ist es aber so, dass die Methoden zur Berechnung der Gesamtenergieeffizienz, die eben, daraus resultierend, Ländersache ist, auf, ich sage einmal, stinknormalen physikalischen Grundlagen beruhen, die nicht veränderbar sind. Ich würde es für sehr begrüßenswert und wünschenswert halten, wenn die Länder sehr wohl zu einem einheitlichen Berechnungsmodus kämen. Dabei können selbstverständlich durch die


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Länder entsprechende Grenzwerte festgelegt werden. Es wird bei einer vom physi­kalischen Aufbau her gleichen Berechnung auch auf die lokalen Gegebenheiten Rücksicht genommen, darauf ist Rücksicht zu nehmen. Diese fließen mit ein, wobei diese auch innerhalb eines Bundeslandes unterschiedlich sein können.

Lassen Sie mich das mit einer Berechnung der Heizlast in Österreich vergleichen! Das war bis vor kurzem die ÖNORM H 7500. Mit dieser wurde die erforderliche Heizlast eines Objektes, eines Gebäudes berechnet. Jetzt gibt es eine Nachfolgenorm, eine europäische Norm, die für ganz Österreich gleich ist. Die lokalen Gegebenheiten fließen dort mit ein. Das heißt, ich würde mir wünschen, dass sich die Länder im Zusammenhang mit diesem Energieausweis daraufhin verständigen, bei der Berechnung von gleichen Grundlagen auszugehen.

Ich bin aber auch überzeugt davon, dass der Energieausweis einer gewissen Markt­regelung unterliegen wird. Ein Mieter wird es sich nämlich bei Vorlage dieses Energie­ausweises überlegen, ob er ein energieineffizientes Objekt anmietet oder eines mit einer hohen Energieeffizienz. Jene – Frau Kollegin Stoisits hat ja ihre Bedenken angemeldet –, die keinen Energieausweis vorlegen, werden auch eine dement­sprechende Benachteiligung haben.

Was den Bau von neuen Objekten anbelangt, ist es im Grunde eine Selbst­verständlichkeit, dass die Vorlage eines Energieausweises erfolgt, weil ja ohnedies die hiezu erforderlichen Berechnungen im Zuge der Projektierung zu erfolgen haben. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.45


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Mag. Hoscher zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


17.45.33

Abgeordneter Mag. Dietmar Hoscher (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren, es tut mir ja fast weh, aber ich muss Kollegem Tancsits in der Tat Recht geben. (Abg. Mag. Molterer: Na geh!) Diese Novelle ist wirklich eine konsequente und logische Fortsetzung, nämlich eine konse­quente und logische Fortsetzung der Wohnungspolitik dieser Regierungsparteien, denn sie ist in Wirklichkeit nichts anderes als ein Ausdruck der konsequenten, stückweisen und andauernden Verschlechterung der Rechtsposition von Mieterinnen und Mietern. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dr. Fekter: Das ist aber spärlich gewesen!)

Dies manifestiert sich auch, wie wir gehört haben, im ständigen Ausbau von Befris­tungen ebenso wie etwa in der Einschränkung der Überprüfungsmöglichkeiten der Mietzinsgestaltung. Ich denke noch mit Wehmut zurück an die Jahre der langen Wohnrechtsverhandlungen, etwa mit Abgeordnetem Keimel, der wirklich eine sehr ausgewogene Position vertreten hat, die eine ganze andere Position als jene der ÖVP in diesen Jahren war. (Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

Da wir heute morgen über die soziale Dimension in Europa diskutiert haben, muss ich sagen, die Regierung praktiziert auch mit diesem Gesetz in Wirklichkeit genau das Gegenteil von dem, was sie in Sonntags- und Parlamentsreden ständig behauptet. (Abg. Großruck: Das ist ja falsch!) Es ist unzweifelhaft, wenn schon auf die ökonomische Dimension eingegangen wurde, dass Wohnen als meritorisches Gut zu betrachten ist, das heißt, es entzieht sich weitestgehend den Gesetzen des Marktes und den Wettbewerbsgesetzen des Marktes.

Bei den langen Ausreifungszeiten, die es unzweifelhaft in diesem Bereich gibt, ist der Markt nun einmal nicht mehr in der Lage, alleine die notwendigen Investitionsimpulse zu setzen, um den bestehenden tendenziellen Nachfrageüberhang effizient und vor


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allem leistbar zu befriedigen. Selbst in den USA sind daher staatliche Interventionen im Wohnbereich selbstverständlich und an der Tagesordnung.

In diesem Zusammenhang kommt den gemeinnützigen Wohnbauvereinigungen eine besonders stabilisierende Rolle zu, ebenso natürlich auch dem WGG, das ja heute ebenfalls zur Novellierung ansteht. Es ist meiner Ansicht nach bezeichnend, dass im Vorfeld dieser Novelle von einigen Vertretern der Regierungsparteien – und wir haben es ja heute wieder gehört – abermals Angriffe auf dieses System des gemeinnützigen Wohnungswesens gestartet wurden.

Nur zur Illustration: Die gemeinnützige Wohnungswirtschaft verwaltet in Österreich derzeit mehr als 750 000 Wohnungen, bildet damit auch ein sozialpolitisch not­wendiges Gegengewicht zur Spekulation in anderen Bereichen des Wohnungs­marktes. – Wenn sich Kollege Neudeck so große Sorgen um die Gebarung und um die Performance von gemeinnützigen Wohnbauträgern macht, dann wahrscheinlich aus eigener Erfahrung. Es gab tatsächlich in den letzten Jahren einen Riesenskandal bei einer gemeinnützigen Wohnbauvereinigung, die hieß, so glaube ich, „Freies Wohnen“, war in Niederösterreich angesiedelt und war die FPÖ-Wohnungsgenossenschaft.

Im Vordergrund stehen für die gemeinnützigen Wohnbauträger viel mehr die Errichtung von leistbarem Wohnraum sowie die Bewirtschaftung und Verwaltung unter Bedin­gungen, die für die Mieterinnen und Mieter von Interesse sind und die sich an ihren Bedürfnissen orientieren und nicht an den Bedürfnissen der Gewinnmaximierung. Damit wird auch ein Höchstmaß an Sicherheit und Kalkulierbarkeit erreicht, vor allem auch durch die klar geregelte und am Prinzip der Kostendeckung orientierte Preis- und Mietgestaltung, die wir in anderen, gewerblichen Bereichen nicht haben. Auch die Befristungen sind hier die Ausnahme.

Zu dieser Sicherheit trägt auch bei, dass die gemeinnützige Wohnungswirtschaft einer intensiven Kontrolle unterliegt (Abg. Neudeck: Wo?), denn die Verbandsrevision führt auf Grundlage des Genossenschaftsrevisionsgesetzes eine Gebarungsprüfung durch, die weit über das System der allgemeinen Wirtschaftsprüfung hinausgeht. Auch das sollten Sie wissen, Kollege Neudeck.

Die gemeinnützigen Wohnbauträger und das WGG stellen daher für unsere Fraktion zwei tragende Säulen der Wohnungswirtschaft dar. Ich denke, wer diese Säulen in Frage stellt, so wie es auch heute hier passiert ist, der macht sich letztendlich nur zum Lobbyisten der ungehemmten Wohnungsspekulation. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

17.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner kommt Herr Abgeordneter Dr. Sonnberger zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


17.49.30

Abgeordneter Dr. Peter Sonnberger (ÖVP): Frau Präsidentin! Sehr geehrte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Die Sozialdemokraten sind gerade dabei, das Wohnungsrecht um hundert Jahre zurückzudrehen. (Ironische Heiterkeit des Abg. Mag. Johann Maier.) Wenn Sie nur mehr unbefristete Verträge fordern, wenn Sie fordern, befristete Verträge gehören weg, dann haben Sie das System einer modernen Wohnungswirtschaft nicht begriffen. Wir können durchaus stolz sein auf die gemein­nützige Wohnungswirtschaft, die hervorragende Leistungen erbringt, wir können auch auf die private Wohnungswirtschaft stolz sein. Diese Mischung, so glaube ich, ergibt ein gutes Bild für die österreichische Wohnungswirtschaft, wenn man es international sieht. (Beifall bei der ÖVP.)


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Bei der Wohnrechtsnovelle 2006 geht es um Änderungen des MRG, WEG und des WGG. Diese Wohnrechtsnovelle bringt mehr Rechtssicherheit, Klarstellungen, Verbes­serungen für Mieter, Vermieter und Wohnungseigentümer.

Wenn die Sozialdemokraten schon wieder den Mietern Angst machen wollen, alles werde teurer, und, und, und, dann richte ich einen Appell an Sie und an Bürgermeister Häupl: Er hat es in der Hand, er kann die Kanalgebühren senken, er kann die Wasser­gebühren senken, er kann überhaupt im Betriebskostenbereich einiges Positives bewir­ken. Die Betriebskosten sind nämlich gestiegen. Da ist es sicherlich angezeigt, dass man sich überlegt, wie man diese Kosten in Zukunft besser in den Griff bekommt. Und da brauchen Sie nicht die Mieterinnen und Mieter zu verunsichern und zu sagen, alles werde im Bereich des Mietrechts teurer.

Betreffend Gebäudeaufstockung: Der Dachbodenausbau stellt zum Beispiel als positiver Beitrag einen Teilausnahmetatbestand dar. Das heißt: keine Mietzins­beschränkungen, aber Kündigungsschutz. Dass die SPÖ mit dieser Bestimmung Probleme hat, kann ich gerade noch nachvollziehen. Das Penthouse-Drama schlägt sich auch bei ihrer Mietrechtspolitik nieder, denn was hier gezeigt wurde, hat mit sozialer Verantwortung wirklich nichts zu tun. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen – BZÖ.)

Es gibt besseren Mieterschutz durch die Normierung des Tatbestandes „erhebliche Gefahren für die Gesundheit“, einen neuen Investitionsersatzanspruch für die Mieter für Heizthermen beziehungsweise Boiler. Es besteht Schutz dahin gehend, dass betreubare Wohnungen beziehungsweise Seniorenwohnungen auch für diese Ziel­gruppe in Zukunft gesichert bleiben. Es gibt Erleichterungen für die Mieter bei der Kündigung, die gerichtliche Kündigung durch Mieter entfällt. – Also viele, viele positive Beispiele, aber Sie verteufeln diese neue Wohnrechtsnovelle.

Betreffend Verbandstag. Es sind ja viele Sozialdemokraten in der Gemeinnützigen Wohnungswirtschaft Österreichs dabei. (Abg. Großruck: Die Mehrheit!) Der Verbands­tag hat die Beschlussfassung im Justizausschuss mit Genugtuung zur Kenntnis genommen, weil die Wohnrechtsnovelle wesentliche Verbesserungen und Klarstellun­gen für die Wohnungswirtschaft und die Kunden brachte. Nehmen Sie das bitte von Ihren Genossen zur Kenntnis, wenn Sie es schon nicht der bürgerlichen Regierungs­partei glauben!

In diesem Sinne, so glaube ich, können wir durchaus zufrieden sein mit dieser Wohnrechtsnovelle. Ich glaube, sie bringt Verbesserungen für die Kunden, für die Bürgerinnen und Bürger, aber auch für die Vermieter und Eigentümer. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

17.52


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Ell­mauer. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


17.53.03

Abgeordneter Matthias Ellmauer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Frau Bun­des­ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen! Über 40 Prozent des Energie­verbrauches der Europäischen Union entstehen im Wohn- und Tertiärsektor. Es ist daher, sowohl was die Energiekosten, aber vor allem auch was den Energieverbrauch anbelangt, auch im Sinne des Umwelt- und Klimaschutzes unbestritten notwendig, die Energieeffizienz von Gebäuden zu erfassen.

Mit der Gesetzesvorlage zur verpflichtenden Vorlage eines Energieausweises bei Verkauf oder Vermietung von Gebäuden setzen wir nicht nur EU-Recht um, sondern wir machen auch einen Schritt in Richtung nationale Einhaltung der Kyoto-Ziele, denn


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diese Maßnahme wird dazu führen, dass ältere Gebäude in Zukunft rascher und umfang­reicher energetisch saniert werden und beim Bau von neuen Gebäuden von vornherein auf eine gute Gesamtenergieeffizienz geachtet wird.

Schon jetzt ist der Energieausweis in einigen Bundesländern Basis für die Wohnbau­förderung und findet Eingang in das Baurecht. Der so genannte ressourcenschonende Umgang mit Energie ist in unser aller Interesse. Ein marktwirtschaftlicher Wettbewerb zwischen energetisch besser ausgestatteten Gebäuden und jenen, die erst die Energieeffizienz durch Sanierung steigern müssen, hilft der Umwelt und verbessert die Lebensqualität für unsere Kinder.

Die Ausweispflicht für die Energieeffizienz eines Gebäudes tritt spätestens mit 1. Jänner 2008 in Kraft, für Altobjekte ist noch eine Frist bis 2009 gegeben. Derzeit sind die technischen Voraussetzungen für den Energieausweis noch nach Bundes­ländern unterschiedlich geregelt. Es gibt aber Verhandlungen, die bereits weit gediehen sind, dass im Rahmen einer Artikel 15 a-Vereinbarung hier bald eine einheitliche Lösung gefunden wird. Unnötiger Energieverbrauch hat kein Mascherl. Ein einheitlicher Energieausweis ist für die übersichtliche Erfassung des Gesamt­energieverbrauchs aller Gebäude notwendig.

Nichtsdestotrotz ist aber die heutige Beschlussfassung ein weiterer wichtiger Schritt zur Verbesserung der Energieeffizienz durch Reduktion der Umweltbelastung. Und ganz nebenbei werden noch notwendige thermische Sanierungs- und Neubaumaß­nahmen, positive Impulse für die Beschäftigung und den Wirtschafts- und Forschungs­standort Österreich gesetzt.

Wir erweisen daher mit diesem Gesetzesbeschluss nicht nur dem Klimaschutz einen zukunftsweisenden Dienst, sondern auch dem Arbeitsmarkt sowie der Forschung und dem Wirtschaftsstandort Österreich!

Ich stimme daher diesem Gesetz gerne zu. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen – BZÖ.)

17.55


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort gelangt nun Herr Abgeordneter Neu­deck. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


17.55.44

Abgeordneter Detlev Neudeck (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsidentin! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Nur zur Richtigstellung: Sowohl Kollege Maier als auch Kollege Hoscher haben gemeint, dass unsere Forderung nach Prüfung der gemeinnützigen Wohnbaugenossenschaften ein Angriff auf die Wohnbau­genossenschaften sei. Dann wissen Sie mehr als ich oder als meine Kollegen, was dort versteckt sein muss. (Abg. Mag. Hoscher: Mehr als Sie wissen wir immer!) Denn Sie dürfen nicht davon ausgehen, dass der Wunsch nach Prüfung durch den Rechnungshof heißt, dass man diesen Genossenschaften feindlich gegenübersteht.

Es ist immerhin so, dass die Wohnbaugenossenschaften derzeit 28,5 Milliarden € Bilanz­summe haben, dass sie 1,6 Milliarden € Bauvolumen in Österreich pro Jahr bewegen und zirka 45 000 Arbeitsplätze dadurch gesichert sind. 60 Prozent der nach 1945 errichteten Wohnungen sind durch diese gemeinnützigen Wohnbau­genossen­schaften errichtet worden. Sie haben aber einen wesentlichen Vorteil: Zusätzlich zu den Milliarden an Förderungen sind sie natürlich von allen Ertragssteuern befreit, können daher ihren Gewinn laufend im Unternehmen belassen und vermehren. Und sie sind auch berechtigt, die Objekte, die schon durch die Mieter abbezahlt wurden, zu einem Betrag von 2,88 € pro m2 zu vermieten, wodurch die Wohnungsnutzer dort ihre Objekte öfter kaufen.


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Daher: Die Forderung nach Prüfung durch den Rechnungshof hat nichts damit zu tun, dass es eine Feindschaft zu den Wohnbauvereinigungen gibt, sondern sie soll dazu anregen, einerseits die geparkten Gelder richtig zu verwenden und zum anderen ein zusätzliches Gütesiegel gegenüber den Nutzern zu haben. Eine Rechnungshofprüfung ist keine Strafe, sondern soll bestätigen, dass die Gelder gut veranlagt sind. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

17.57


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen daher zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vornehme.

Zunächst gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Wohn­rechts­novelle 2006 samt Titel und Eingang in 1530 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend Energieausweis-Vorlage-Gesetz in 1531 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ich werde zunächst über den vom erwähnten Abänderungsantrag betroffenen Teil und schließlich über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschussberichtes abstimmen lassen.

Die Abgeordneten Dr. Gabriela Moser, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abän­derungsantrag betreffend § 5 eingebracht.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen der Zustim­mung. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

Ich lasse sogleich über diesen Teil des Gesetzentwurfes in der Fassung des Ausschuss­berichtes abstimmen.

Ich ersuche jene Mitglieder des Hohen Hauses, die hiefür eintreten, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür ihre Zustimmung erteilen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen sogleich zu dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.


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Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 1532 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Wir kommen nun zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 1533 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 1534 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Nun kommen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 1535 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Ferner gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 1536 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Weiters gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 1537 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 1538 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Und schließlich gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Justizausschusses, seinen Bericht 1539 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte auch hier jene Damen und Herren, die dazu ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

18.02.2829. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regie­rungsvorlage (1356 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Wasserrechtsgesetz 1959 geändert wird (Wasserrechtsgesetznovelle 2006) (1488 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 29. Punkt der Tagesordnung.


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Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Wir gehen damit in die Debatte ein.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Kummerer. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.


18.02.54

Abgeordneter Dipl.-Ing. Werner Kummerer (SPÖ): Frau Präsidentin! Mitglieder der Bundesregierung! Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Es geht bei diesem Tagesordnungspunkt wieder einmal um das Wasserrecht. Das Wasserrechtsgesetz soll neuerlich novelliert werden. Wir haben uns im Landwirtschaftsausschuss vor fast genau einer Woche am 16.5. sehr intensiv mit dieser Novelle befasst. Es war ein Tages­ordnungspunkt einer umfangreichen Tagesordnung, trotzdem wurde aus­reichend über diese Novelle diskutiert. In dieser Diskussion im Landwirtschafts­ausschuss waren alle Fraktionen mit der Regierungsvorlage nicht einverstanden und haben Änderungsbedarf gesehen. (Abg. Grillitsch: Bei gar nichts!)

Herr Vorsitzender, wenn Sie sagen, „bei gar nichts“, zitiere ich wörtlich aus dem Proto­koll der „Parlamentskorrespondenz“: „Schließlich verständigten sich die Ausschuss­mitglieder darauf, die offenen Fragen bis zur Abstimmung im Plenum in Vier-Parteien-Gesprächen zu lösen.“

Ich hoffe, du kannst dich erinnern. (Abg. Grillitsch: Hör auf! Da wird ja gar nicht protokolliert!) Das ist von der „Parlamentskorrespondenz“!

Tatsache: Es haben keine solche Vier-Parteien-Gespräche stattgefunden. (Abg. Grillitsch: Im Ausschuss wird ja nichts protokolliert!) Herr Vorsitzender, du wirst ja nicht sagen wollen, dass diese Debatte jetzt die Vier-Parteien-Gespräche sind!

Herr Vorsitzender, du hast eine Zustimmung der Koalitionsparteien für diese Regie­rungs­vorlage unter der Voraussetzung von Vier-Parteien-Gesprächen bekommen. Du hast diese Vereinbarung nicht eingehalten. Die logische Konsequenz daraus kann daher nur ein Rückverweisungsantrag sein, den wir auch stellen werden. Wir verlan­gen, dass sich der Ausschuss noch einmal mit dieser Regierungsvorlage auseinander setzt. Und das hat gute Gründe.

Es sind in dieser Regierungsvorlage äußerst schwammige Definitionen enthalten, Fest­legungen, die den Rechtsanwälten Spielraum geben, aber nicht jenen, die das vollziehen müssen. Es geht um eine Abwälzung der Verantwortung auf Zivilingenieure, und es geht auch darum, dass die Gemeinden wieder zusätzliche Kosten genauso wie die Einreicher übernehmen müssen.

Meine Damen und Herren! Das Wasserrecht hat in den letzten Jahren sehr viel an Kraft verloren, und das sieht man auch daran, dass es nicht mehr sonderlich ernst genommen wird, auch nicht von den Bundesforsten. Die Bundesforste verkaufen über 800 Hektar im Tennengebirge, wo strategische Wasserreserven laut Land Salzburg und keine strategischen Wasserreserven laut Umwelt- und Landwirtschaftsminister vorhanden sind. Die Frau Landeshauptfrau hat sich öfter bemüht, diese Frage zu lösen – sie hat kein Gehör gefunden. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Die ist ja unfähig!) Wasser dürfte hier der Mehrheit nicht mehr wichtig sein. (Beifall bei der SPÖ.)

18.06


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Auer. Wunschredezeit: 6 Minuten. – Bitte.

 



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18.06.27

Abgeordneter Jakob Auer (ÖVP): Sehr geehrte Frau Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Zu den Ausführungen des Kollegen Kummerer wird der Vorsitzende des Landwirtschaftsausschusses, Kollege Grillitsch, in ausreichendem Maße Stellung beziehen.

Meine Damen und Herren, gleich vorweg: Das Wasser ist uns wirklich ein Anliegen! Nehmen Sie das, Herr Kollege Kummerer, zur Kenntnis! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Trinkwasser in ausreichendem Maße und in dieser Qualität, wie wir es in Österreich haben, ist ein unbezahlbarer Schatz. Das wissen wir – und die ganze Welt beneidet uns, weil man unbedingt immer dieses Wasser haben möchte. Das ist schon einmal Beweis genug, meine Damen und Herren. Nehmen Sie das zur Kenntnis!

Die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie beziehungsweise die Wasserrechts­gesetznovelle 2003 hat – so wurde von den Bundesländern hingewiesen – einen erheblichen Mehraufwand bedeutet. Daher gab es eine Arbeitsgruppe, die von allen Fraktionen besetzt war. Ich nenne nur stichwortartig: Landeshauptmann Niessl, Landes­hauptmann-Stellvertreter Rieder, Landeshauptmann Haider, Sausgruber, Pühringer. Aber auch Städte- und Gemeindebund waren hier prominent vertreten. Diese Arbeitsgruppe hat in einem Papier festgehalten, was alles zu novellieren wäre, um hier Vereinfachungen zu erzielen. Dem ist der Herr Bundesminister nachge­kommen.

Es gibt allerdings einen einzigen offenen Punkt, und auf diesen wird im Vorblatt dieses Gesetzes deutlich hingewiesen: Man habe die gänzliche Bewilligungsfreistellung von Leitungen betreffend höchst kontroversiell diskutiert. Diese Frage solle daher nach der Begutachtung der Verordnung, die hier angesprochen wurde, entschieden werden.

Meine Damen und Herren, zu diesem Hinweis gab es dann seitens des Steirischen Wasserversorgungsverbandes eindeutig die Stellungnahme, dass dies bedeuten würde, dass die „Betreiber von Wasserleitungen in Zukunft sämtliche Dienstbarkeiten für die Herstellung, Wartung und Instandhaltung der Anlagen für jedes betroffene Grundstück im Wege eines Dienstbarkeitsvertrages regeln und sicherstellen müss­ten“. – Das wäre, sage ich ganz klar, eine Katastrophe für die Gemeinden.

Denselben Hinweis gibt das Land Oberösterreich: Eine derartige gänzliche Bewilli­gungsfreistellung, eine derartige Verordnung wird entschieden abgelehnt.

Ebenso der Österreichische Gemeindebund, der eindeutig darauf hinweist, dass es „zwar zu nicht bemerkenswerten Einsparungen des Bundes und der Länder käme, jedoch zu einer katastrophalen Ausweitung an Kosten und Erschwernissen für die Gemeinden. Allein in Oberösterreich müssten jedes Jahr tausende derartige Einzel­verträge abgeschlossen, grundbücherlich sichergestellt werden ...“

Diese Stellungnahmen, so hoffe ich, sind Ihnen ja bekannt.

Oder: Der Oberösterreichische Gemeindebund „weist dringend darauf hin, von einer derartigen gänzlichen Bewilligungsfreistellung Abstand zu nehmen“.

Auf die entschiedene Ablehnung des Landes Oberösterreich habe ich bereits hingewiesen.

Meine Damen und Herren! Ich bitte daher, auch die Stellungnahme des Öster­reichischen Wasser- und Abfallwirtschaftsverbandes zu berücksichtigen, in der auch dieser Hinweis enthalten ist.


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Ich bin nun das 30. Jahr Bürgermeister. Durch meine Gemeinde führt die große Was­serversorgungsanlage der Region Wels für rund 130 000 Einwohner. Ich weiß, wovon ich rede und wie einfach unter Umständen eine derartige Bewilligung sein könnte, wenn vorher ausreichend informiert, entsprechend diskutiert wird und auch dement­sprechende Entschädigungen in Aussicht gestellt werden.

Würden wir diesen Weg gehen – wie er angesprochen wurde –, dass ich mit jedem Grundbesitzer einen Einzelvertrag abzuschließen habe, dann würde eine Wasser­versorgung unmöglich werden.

Ich bitte daher dringend, Herr Bundesminister, Entbürokratisierung oder schlanken Staat nicht so zu verstehen, dass Bund und Länder Aufgaben an die Gemeinden abgeben – wobei sie ihnen aber meistens keine zusätzlichen Mittel dafür geben –, um dann den Gemeinden den Vorwurf zu machen, dass sie nicht sparen würden, weil sie die Zielsetzungen nicht erreichen.

Ich würde folgenden Vorschlag machen: Wenn wiederum eine derartige Arbeitsgruppe eingesetzt wird, dann sollte man auch einige Praktiker aus den Gemeinden beiziehen, dann könnten vernünftige Vorschläge gemacht werden.

Herr Bundesminister, bitte berücksichtige dringend den Vorschlag des Gemein­debundes, der im Interesse der Gemeinden ist und letztlich auch eine kostengünstige Lösung für die Wasserbezieher genauso wie für die Wasserversorger darstellt – da gibt es genossenschaftliche, private und auch öffentliche Versorger –, damit hier vernünftig vorgegangen wird und man nicht das Kind mit dem Bade ausschüttet. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

18.12


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dr. Pirklhuber. Wunschredezeit: 5 Minuten. – Bitte.

 


18.12.01

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Bundesminister! Diese Wasserrechtsgesetznovelle firmiert unter dem Titel „Verwaltungsvereinfachung“. Die strittigen Punkte hat Kollege Auer auch schon angesprochen. Es gab ja dazu Einvernehmen, dass diese Fragestellungen ungeklärt sind. Aber, meine Damen und Herren, das, was hier unter dem Titel „Verwaltungsvereinfachung“ passiert – und das blieb ja in der Beantwortung vielfach ungeklärt; darauf hat Kollege Kummerer schon hingewiesen –, kulminiert aber in einer Sache, die wir bereits im Ausschuss diskutiert haben, Herr Bundesminister, Sie wissen es: Sie haben auf der ganzen Linie, aber wirklich auf der gesamten Linie beim Schutz des Wassers versagt, versagt in den Kernpunkten, um die es geht! (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Geh, bitte!)

Sie haben Landeshauptfrau Burgstaller keinen Termin gegeben, wobei zu sagen ist, dass es darum geht, die Wasserressourcen des Tennengebirges zu schützen, aber darauf werden andere KollegInnen des Hauses noch eingehen. (Rufe und Gegenrufe zwischen Abgeordneten von ÖVP und SPÖ.)

Aber eines haben Sie persönlich initiiert, und da stehen Sie voll in der Verantwortung: Sie haben das österreichische Nitrat-Aktionsprogramm mit der Kommission neu ver­handelt und es im Februar 2006 genehmigen lassen beziehungsweise verlautbart. Und Sie haben dabei eine Ausnahmeregelung in Anspruch genommen, damit mehr Stick­stoff in der österreichischen Landwirtschaft ausgebracht werden darf. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: So ein –!) Nicht: so ein Blödsinn! Sagen Sie das nicht! (Bundesminister


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Dipl.-Ing. Pröll: Habe ich nicht gesagt!) Sie haben es angedeutet. Das ist nämlich kein Blödsinn, Herr Bundesminister – Sie wollten das sagen –, Sie haben nämlich mit einer Ausnahmegenehmigung ermöglicht, dass der Tierbesatz bei Rindern in Österreich um 50 Prozent erhöht werden kann, bei Schweinen um 30 Prozent. – Und Sie reden von Wasserschutz?! Sie wollen das ernsthaft hier in diesem Haus behaupten?! Ein solches Nitrat-Aktionsprogramm verantworten Sie als Umweltminister?! (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Ja!)

Gleichzeitig steigt wieder die Zahl der Überschreitungen der Nitrat-Grenzwerte. Die letzten Ergebnisse zeigen eindeutig: Die Zahl jener Messstellen, deren Werte über dem Schwellenwert liegen, hat wieder zugenommen. Der Anteil von Quellen, die mit Nitrat belastet sind, die nicht Trinkwasserqualität haben, steigt.

Herr Bundesminister, das ist Ergebnis Ihrer Politik! Und Sie verschärfen das noch: Mit diesem Nitrat-Aktionsprogramm gehen Sie sozusagen in die Offensive, in die Inten­sivierung der Landwirtschaft, und das werden Sie noch bitter bereuen, das sage ich Ihnen! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

Dazu gibt es auch eine Stellungnahme des Landes Oberösterreich, die klar besagt: Es gibt nicht einmal eine Ausnahmebestimmung für Wasserschutz- und -schongebiete oder für Grundwasser-Sanierungsgebiete. – Auch für diese Gebiete gilt die grund­sätzliche Möglichkeit der Gewährung von Ausnahmeregelungen.

Außerdem haben Sie bei diesem Nitrat-Aktionsprogramm die bisher übliche Praxis verlassen: Beim Stickstoffdünger hat man bislang den Wirtschaftsdünger und den Handelsdünger zusammengerechnet, nun werden die beiden wieder aufgedröselt, es wird nur mehr der organische Dünger gerechnet. Was die Betriebe sonst noch einsetzen im Rahmen von synthetischen Handelsdüngern, wird damit nicht mehr geregelt.

Ich möchte im zweiten Teil meiner Ausführungen erinnern – auch wieder ein Zeichen, dass Sie nicht bereit sind, eine wirkliche Verwaltungsvereinfachung voranzutreiben – an ein Schreiben des Landeshauptmannes Pühringer und des Landesrates Anschober, in dem sie darauf hinweisen, dass jetzt eine Chance bestünde, in der Novelle des Wasserrechtsgesetzes auch den § 38 zu regeln, nämlich Hochwasserschutz-Maßnahmen umzusetzen, die wirklich langfristig Hochwasserschäden verhindern, und entsprechende Vorsorgemaßnahmen zu treffen.

Hier argumentiert das Land Oberösterreich damit, dass es im Rahmen des Raum­ordnungsgesetzes eine generelle Widmung als Bauland im 30-jährlichen Hochwasser­abflussbereich verboten hat und es jetzt an der Zeit wäre, auch den entsprechenden § 38 des Wasserrechtsgesetzes zu ändern.

Ich bringe daher folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde betreffend wirksame Verhinderung von Hochwasserschäden

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umweltschutz und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, an Stelle der Bewilligungspflicht für Anlagen im 30-jährlichen Hoch-


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wasserabflussbereich ein weitgehendes grundsätzliches Verbot für die Errichtung von Anlagen vorzusehen.

*****

Herr Bundesminister, das war eine Empfehlung des Landes Oberösterreich. Ich habe in der ganzen Novelle nichts dazu gelesen! Ich habe Ihnen bereits im Ausschuss dies­bezügliche Fragen gestellt, und ich hätte mir erwartet, dass im Rahmen einer Überarbeitung wenigstens im Plenum entsprechende Vorschläge kommen. – Nichts davon, meine Damen und Herren!

Abschließend, was besonders schmerzlich ist: Diese neuen Stickstoffwerte gelten auch für das neue Programm zur ländlichen Entwicklung. Das ist der uns vorliegende Ent­wurf für die Jahre 2007 bis 2013. (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Grüner Pakt oder was?) Sie haben gesagt: „Grüner Pakt“ – das ist ein tiefschwarzer, ein pechschwarzer Pakt! Es ist eine Schande für einen Umweltminister, so etwas mit solchen Stickstoff­werten vorzulegen! Damit treiben Sie die bisherige gute ökologische Praxis und das Ansehen der österreichischen Landwirtschaft in den Ruin! Das ist katastrophal, was Sie hier vorlegen, und auf jeden Fall ein massiver Etikettenschwindel. Außerdem ist es nicht verfassungskonform, das wissen Sie.

Wir warten auf dieses Gesetz zur ländlichen Entwicklung, das von diesem Hohen Haus beschlossen werden muss. – Danke, meine Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen.)

18.18


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Herrn Abgeordnetem Pirkl­huber eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unterstützt, ordnungsgemäß eingebracht und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Pirklhuber, Freundinnen und Freunde betreffend wirksame Verhin­derung von Hochwasserschäden

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage zur Novellierung des Wasserrechts­gesetzes (WRG-Novelle 2006) (1488dB)

„Bei der Prävention vor Hochwasserschäden kommt der Flächennutzung und der Frei­haltung der Hochwasserabflussbereiche eine zentrale Bedeutung zu. Dem gegenüber bietet die Bestimmung des § 38 WRG 1959 keine ausreichende Möglichkeit, gewisse Anlagen im 30-jährlichen Hochwasserabflussbereich grundsätzlich zu verhindern bzw. den Auswirkungen von Hochwässern ausreichend entgegen zu wirken, da im dort geregelten Bewilligungsverfahren lediglich die Auswirkungen des geplanten Einzel­objekts auf den Hochwasserabfluss zu beurteilen sind. In der Praxis ergibt die fachliche Beurteilung eines Einzelvorhabens vielfach, dass - wenn man dieses isoliert betrachtet - nur geringfügige Auswirkungen auf den Hochwasserabfluss insgesamt zu erwarten sind und ein konkreter Nachweis einer Beeinträchtigung von Rechten Dritter nicht gelingt; Schäden am geplanten Objekt haben bei der Beurteilung der Bewilligungs­fähigkeit überhaupt außer Betracht zu bleiben.“ (Stellungnahme des Landes Ober­österreich vom 23. Feber 2006)


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Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umweltschutz und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, an Stelle der Bewilligungspflicht für Anlagen im 30-jährlichen Hoch­wasserabflussbereich ein weitgehendes grundsätzliches Verbot für die Errichtung von Anlagen vorzusehen.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dipl.-Ing. Scheuch. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.18.39

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche - BZÖ): Frau Präsident! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Herr Dr. Pirklhuber, also ich glaube, es ist besser, wir erinnern uns nicht an die Diskussion im Ausschuss. Da waren zwar wahrscheinlich mehr Leute anwesend als momentan hier, aber an die Diskussion, die damals über die Grundstücksverkäufe der Bundesforste abgeführt wurde, und an die Polarisierung, die von der Frau Kollegin Rest-Hinterseer damals gekommen ist, daran will ich mich lieber nicht zurückerinnern, an Ihre Erzählungen, dass die Häuser vom Herrn Kaindl mit Kameras bewacht sind, dass man da nicht hinkommt und dass das eine Sauerei ist, was da alles geschieht und so weiter. – Also ich glaube, es ist besser, wir erinnern uns daran nicht. (Abg. Rest-Hinterseer: Das habe ich nicht gesagt! Das würde ich nicht sagen!) Nicht wörtlich!

Ich glaube, es ist besser, wir erinnern uns daran nicht zurück. Diese Diskussion hat schon im Ausschuss sehr polarisiert, sie war – und ich muss jetzt nicht unbedingt als Verteidiger vom Herrn Bundesminister auftreten – so etwas von polemisch und so etwas von überflüssig wie sonst gar nichts!

Wir haben ja gehört, die Bundesforste werden nicht kleiner, sie wachsen, sie expan­dieren, sie sind ein gutes Unternehmen. Wenn ihr schon am Vormittag über die Sozialpolitik und über die Sicherheitspolitik nur habt jammern und raunzen können, dann solltet ihr das wenigstens in diesem Fall einmal sein lassen und auf die sachliche Ebene zurückkommen.

Die Wasserrechtsgesetznovelle 2006, die nun zur Beschlussfassung ansteht, ist im Ausschuss behandelt und diskutiert worden. Kollege Kummerer hat es richtig gesagt, man hat erklärt, dass es Vier-Parteien-Gespräche geben soll. Mit mir hat man spät, aber doch die Diskussion gesucht, und sie ist zumindest zu so einem Ende gekommen, dass wir von unserer Fraktion dem auch zustimmen werden, weil wir davon überzeugt sind, dass der Kritik aus den verschiedenen Bereichen Rechnung getragen wurde. (Zwischenruf bei der SPÖ.) – Ich stehe fest und gerade, keine Sorge!

Es ist deshalb eine gute Novelle, weil sie Verbesserungen, weil sie Einsparungs­potentiale bringt, weil die Länder und die Gemeinden dadurch Geld sparen können, und das ist wichtig und richtig. (Abg. Mag. Gaßner: Wo ist eine Einsparung?)

Eines, was der Kollege Auer gesagt hat, möchte ich hier schon noch verstärken: Es ist bei allen Einsparungspotentialen wirklich zu bedenken, dass nicht jede Verwaltungs­reform eine Vereinfachung bringt, sondern sehr oft nur Aufgaben nach unten delegiert


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werden, auf die Länderebene, auf die Gemeindeebene, und an irgendwem bleibt dann der Schwarze Peter hängen. (Abg. Mag. Gaßner: Warum stimmt ihr denn dann zu?) In dem Fall ist es ja nicht so. Das ist dann eine kritische Sache, weil die Gemeinden dadurch gerade im ländlichen Raum ausgedünnt werden und die Mehrbelastungen, die im sozialen Bereich und in vielen anderen Bereichen auf sie zukommen, nicht mehr tragen können.

Diesen Appell an die Bundesregierung möchte ich unterstützen: dass der Herr Bundesminister Grasser künftig bei seinen Finanzausgleichsverhandlungen, bei den Verhandlungen über den Finanzschlüssel und dergleichen mehr darauf schaut, dass gerade die Gemeinden im ländlichen Raum nicht durch solche Reformen den Schwarzen Peter ziehen und übrig bleiben.

Wir jedenfalls werden dieser Novelle zustimmen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

18.21


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es hat sich nun der Herr Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll zu Wort gemeldet. – Bitte.

 


18.21.41

Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft Dipl.-Ing. Josef Pröll: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Hohes Haus! Wir diskutieren heute über eine Wasserrechtsgesetznovelle, die wir im Ausschuss schon sehr intensiv beraten haben. Ich möchte nur ganz kurz skizzieren, worum es dabei geht, was die Beweggründe für diese Reform gewesen sind.

Sie wissen ganz genau, dass wir mit der Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union erstmals in Europa etwas geschafft haben, nämlich Wasserpolitik gemeinsam anzudenken, nicht national und regional abgegrenzt, sondern gemeinsam europäisch anzudenken. Und mit dieser EU-Wasserrahmenrichtlinie müssen wir auch in Österreich viele Veränderungsschritte setzen. Das haben wir auch getan mit etlichen Wasser­rechtsgesetznovellen, mit denen wir Antwort gegeben haben auf diese zentrale Heraus­forderung der EU-Wasserrahmenrichtlinie.

Sie wissen auch ganz genau, dass wir als ein Land der Europäischen Union in der Frage der Wasserpolitik etwas herzeigen können, was die Wasserqualität, die Wasser­bewirtschaftung, die Abwasserbewirtschaftung, die Grundwasserbewirtschaftung be­trifft, wie das nur wenige können – ich sage: wie das kein anderes Land der Euro­päischen Union kann. (Beifall bei der ÖVP.)

Schon bei der Entstehung der EU-Wasserrahmenrichtlinie haben wir sehr genau darauf geachtet, dass die österreichischen Anliegen einen zentralen Stellenwert einnehmen. Wir waren es auch, die darauf geachtet haben – gerade in den letzten Tagen ist ja die Diskussion um die Frage Wasserverkauf entstanden –, dass das Einstimmigkeitsprinzip in der Wasserpolitik auch in Zukunft in Europa gelten soll. Ohne uns kann in Europa in der Wasserpolitik nichts geändert werden, auch nicht in der Frage Verkauf und Bewirtschaftung, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Mag. Gaßner: Was hat das mit dieser Novelle zu tun?)

Ich komme jetzt zurück auf die Novelle. Abgeordneter Pirklhuber hat in seinen Ausführungen dem Nitrat-Aktionsprogramm sehr viel Zeit gewidmet. Er hat negativ vom Grünen Pakt gesprochen und gemeint, Österreich wäre quasi das Schlusslicht. – Herr Abgeordneter! Wir sind vorne mit dabei. Wir haben eine moderne Wasserpolitik wie niemand anderer!


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Jetzt zurückkommend auf die Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie: Ich war selbst dabei, wie wir im Rahmen der Verwaltungsreform 2, Vertreter des Bundes, der Länder, der Gemeinden und der Städte, diskutiert haben: Wie können wir Verfahrensabläufe in Österreich im Sinne der Effizienz minimieren? Darum ist es auch gegangen in der Frage Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie der Europäischen Union, die zugege­benermaßen in der Anforderung für die Behörden, auch in den Ländern, zusätzlichen Bedarf und Aufgaben bringt. Da haben wir geschaut, wo wir entlasten können.

Das Ergebnis war nach sehr vielen Debatten ein Entlastungsprogramm für die Behör­den im Rahmen der Umsetzung einer Wasserrechtsgesetznovelle, mit der wir Behör­denverfahren straffen. Das war das Ziel und die Vorgabe, und das tun wir heute: Wir straffen Behördenverfahren, ohne Qualität in der Wasserpolitik zu verlieren. Das ist der Spagat gewesen.

Die Punkte, die wir heute mit der Novelle am Tisch haben, nämlich Einführung eines Anzeigeverfahrens für gewisse Erdwärmepumpen, Herausnahme aus der automati­schen Bewilligungspflicht und Entfall der Kollaudierung bei bestimmten Anlagen im Ermessen der Behörde, sind ein wesentlicher Entlastungsschritt für die Behörden, ohne dabei in der Wasserfrage, in der Qualitätsfrage etwas abzugeben oder zu verlie­ren. Ich will jetzt nicht Punkt für Punkt auflisten, wo wir diesem Grundsatz gefolgt sind.

Ich nehme aber auch zur Kenntnis, dass wir darauf achten müssen in der weiteren Frage von Verordnungen und begleitenden Verordnungen, dass nicht über die Hinter­tür wieder Verwaltungsvervielfachung importiert wird. Deswegen ist diese Wasser­rechts­gesetznovelle, meine sehr geehrten Damen und Herren, ein klares Signal im Rahmen der Umsetzung der Verwaltungsreform 2, an der Bund, Länder, Gemeinde- und Städtebund mitgearbeitet haben – ich sage das noch einmal dazu –: Es kommt zu einer Straffung der Behördenverfahren, ohne Qualität zu verlieren, und es wird in der Folge darauf geachtet werden, dass nicht über die Hintertür wieder kompliziertere Behördenverfahren importiert werden.

In diesem Sinne, denke ich, ist das eine Novelle, die sich sehen lassen kann, die die richtigen Antworten gibt im Hinblick auf die Effizienz der Behördenwege und im Hinblick auf die Wasserqualität. (Abg. Dr. Pirklhuber: Was ist mit dem Nitrat?)

Herr Abgeordneter Pirklhuber! Ich weiß, Sie hören es nicht gern, aber ich muss damit das Bild des heutigen Abends abrunden: Der Grüne Pakt, den Sie immer bekämpfen, was mich ja wundert, für Österreichs ländlichen Raum gibt die begleitende Antwort für extensive Landwirtschaft in Österreich, für Grundwasserschutz und für eine Offensive im Bereich der Lebensqualität im ländlichen Raum. Auch wenn Sie das nicht glauben: Der Grüne Pakt wirkt! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

18.26


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Wimmer. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.26.45

Abgeordneter Rainer Wimmer (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Ich bin schon ein bissel verwundert, wenn ich die Wortmeldung des Kollegen Scheuch jetzt gehört habe und mich daran entsinne, was er im Ausschuss von sich gegeben hat und mit welcher Vehemenz er dort teilweise auch unsere Positionen vertreten hat. Es ist schon bemerkenswert, wie man manche Kurven kratzen kann. Aber das ist halt einmal so.

Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! Hohes Haus! Wenn wir heute die Wasserrechts­gesetznovelle 2006 diskutieren, dann müssen wir schon festhalten, Herr Bundes­minister, die Sie jetzt die vorangegangenen Novellen sehr gelobt haben, dass die


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Novellen 2003 und 2005 in Wirklichkeit ein riesiger Pfusch und ein riesiger Flop waren. Das müssen wir ganz ehrlich sagen. Die Kosten für die Kommunen und die Kosten für die Bürger sind nämlich explodiert – und jetzt müssen Sie die Notbremse ziehen.

Zu Recht haben sich die Länder und vor allen Dingen auch die Gemeinden und deren Interessenvertretungen zu Wort gemeldet und die Änderungen des bestehenden Wasserrechtsgesetzes gefordert.

Meine sehr geschätzten Damen und Herren, den Medien konnten wir in den letzten Wochen entnehmen, dass Sie, Herr Bundesminister, mit den NGOs und mit den Ländern große Übereinstimmung mit dieser Novelle erreichen konnten. Wenn wir uns aber heute diese Vorlage ein bissel genauer anschauen, dann muss ich Ihnen sagen, der große Wurf ist Ihnen mit dieser Novelle wirklich nicht gelungen.

Diese Novelle zum Wasserrechtsgesetz ist völlig unkonkret und kompliziert. Das war auch die Kritik, die, teilweise auch von den Regierungsfraktionen, im Ausschuss gekom­men ist. Schwammiger geht es in Wirklichkeit nicht mehr, meine sehr ge­schätzten Damen und Herren!

Wenn ich Sie fragen darf, Herr Bundesminister: Was sind zum Beispiel „Anlagen, die keine besondere Bedeutung haben“? Oder was versteht man unter Anlagen, die nicht „öffentliche Interessen in größerem Umfang berühren“? Oder was versteht man unter Anlagen, die nicht „fremden Rechten nachteilig sind“?

Also noch einmal: Unpräziser und unverständlicher geht es wohl nicht mehr, Herr Bundesminister, daher unsere massive Kritik. Es wundert mich auch überhaupt nicht, dass im Ausschuss nicht einmal die Kolleginnen und Kollegen der Regierungs­fraktionen überzeugt werden konnten.

Etwas hat mich auch die Wortmeldung des Kollegen Auer heute hier verwundert. Lieber Jakob Auer, im Ausschuss hast du ganz fest auf den Tisch gehaut, das muss ich sagen, heute ist deine Kritik schon ein bissel abgeschwächt gewesen. Es hilft überhaupt nichts, wenn du deinen Bundesminister bittest und dabei fast auf den Boden fällst, er wird es trotzdem nicht tun.

Wichtiger wäre, dass ihr unseren Rückverweisungsantrag unterstützt, denn dann könnten wir wirklich ehrlich und fair diese Causa noch einmal so behandeln, dass sie alle verstehen und dass diese Novelle auch umsetzbar ist. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ.)

18.29


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gelangt Herr Abgeord­neter Dipl.-Ing. Auer. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


18.30.01

Abgeordneter Dipl.-Ing. Klaus Hubert Auer (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Ich glaube, eines ist einmal ganz klar festzuhalten – der Herr Bundesminister hat es bereits selbst gesagt, und ich darf es noch einmal bekräftigen –: Österreich ist Wasserland Nummer eins in Europa! Wir haben die beste Qualität! Und wir haben die größten Vorkehrungen und Vorsichtsmaßnahmen dafür getroffen, damit es auch so bleibt. (Beifall bei der ÖVP.) Und die ÖVP wird sich an diesem Grundsatz auch weiterhin orientieren.

Ich darf ganz konkret auf einige Punkte dieser Novelle eingehen, die durchaus eine auch richtungweisende Novelle ist, und ich beginne allgemein auch bei der Verwal­tungsvereinfachung: Hier geht es tatsächlich um mehr Effizienz, um eine Beschleu­nigung der Verfahren, um mehr Bürgernähe et cetera. Das heißt also, wir von der ÖVP setzen auch hier wieder den Maßstab. Wir können auf zig Reformen in dieser


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Legislaturperiode hinweisen, durch die wir tatsächlich eine Verwaltungsvereinfachung bewirkt haben. (Abg. Mag. Gaßner: Sagt einmal eine! – Eine reicht schon!)

Es gibt ein spezielles Thema, auf das ich kurz eingehen möchte, das sind die Wasserschutz- oder Wasserschongebiete. – Bei den Wasserschutzgebieten, die von der Bezirkshauptmannschaft als Wasserrechtsbehörde erster Instanz per Bescheid festgelegt werden, gibt es auch immer wieder Maßnahmen, die zu Einschränkungen in der Bewirtschaftung führen. Das reicht von Einschränkungen bei der Düngung über Pflanzenschutzmittel bis hin zu Weideverboten et cetera. (Abg. Dr. Pirklhuber: Und die Stickstoffwerte? Was ist mit den Stickstoffwerten?) Ein weiteres Beispiel wäre auch im Forstbereich die Einschränkung, was die Erschließung der Wälder anbelangt. Die Bäuerinnen und Bauern unseres Landes, die Land- und Forstwirte Österreichs haben sich im Großen und Ganzen immer an diese Maßnahmen gehalten und damit dafür gesorgt, dass die Qualität unseres Wassers wirklich absolut Spitze ist. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Was ist nun neu an dieser Festlegung der Schutzgebiete oder Schongebiete? – Dass eben tunlichst gleichzeitig mit der Erstellung des Bescheides für die Bewilligung der Anlage auch ein Schongebiet festgelegt werden soll. Hier gibt es einen gewissen Spielraum – das ist aber auch richtig, das ist keine schwammige Formulierung. Ich weiß das selbst aus meiner Praxis, denn mit meinem technischen Büro habe ich die eine oder andere Anlage bereits geplant. Und dabei ist es ganz einfach wichtig, von vornherein die Bauwerber, die Errichtungswerber einzubinden und, wenn man die Anträge für die Schongebietsfestlegung mit eingebracht hat, dann trotzdem noch offen zu lassen, ob es gleichzeitig oder eben dann doch erst danach bewilligt wird. Also ein klares Beispiel, wo keine „Schwammigkeit“ vorhanden ist, sondern wo das im Rahmen des Verfahrens durchaus noch genauer abgeklärt werden darf.

Ich darf noch einmal zusammenfassen: Es geht hier um mehr Bürgernähe, es geht auch um mehr Ökologie – das ist im Zusammenhang mit der Verwaltungs­verein­fachung durchaus auch einmal anzuführen. Und wir von der ÖVP und diese Regierung sind felsenfest davon überzeugt, dass wir nach wie vor der Garant für den Schutz unseres weißen Goldes sind! – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP sowie der Abg. Mittermüller.)

18.33


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächste gelangt Frau Abgeordnete Rest-Hinterseer zu Wort. Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


18.33.15

Abgeordnete Heidemarie Rest-Hinterseer (Grüne): Frau Präsidentin! Geschätzter Herr Minister! Werte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Ich muss Ihnen sagen, dass der Herr Minister im Ausschuss lange nicht so lustlos gewirkt hat, wie er es jetzt tut. (Lebhafte ironische Heiterkeit bei Abgeordneten der ÖVP. – Abg. Grillitsch: Wie wollen Sie denn das feststellen? – Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Sie täuschen sich!) Er hat dort nämlich mit einer Brandrede verteidigt, dass er – im Gegensatz zu Behauptungen in den regionalen Medien – sehr wohl versucht hätte, mit der Frau Landeshauptfrau Burgstaller Kontakt aufzunehmen, aber es sei irgendwie nicht gelungen. Keine Ahnung, was da passiert ist.

Ich habe hier eine sehr interessante Geschichte, betreffend Grundverkauf im Tennen­gebirge. – Es handelt sich dabei um ein Papier von den Österreichischen Bundes­forsten, einen Vorschlag, wie man in der Öffentlichkeit zum Thema Rausverkauf der Wasserressourcen im Tennengebirge argumentieren soll. Die Bundesforste schreiben hier, dass die verkaufsgegenständliche Fläche im Ausmaß von rund 800 Hektar einen kleinen Teil des Tennengebirges umfasse und überwiegend aus Ödflächen – das sind


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Naturschutzflächen, die hier als „Ödflächen“ bezeichnet werden – bestehe. Im Bundes­forstegesetz, schreiben die Bundesforste weiter, sei alles genau geprüft und bejaht worden.

Jetzt habe ich die Frage an Sie, Herr Minister: Auch im Wasserrechtsgesetz? Ist es da auch genau überprüft worden? – Das Ministerium als oberste Wasserrechtsbehörde und der Minister als heldenhafter – Selbstdarstellung – Verteidiger des Trinkwassers in Österreich haben hier nämlich die Möglichkeit, gegen den Feststellungsbescheid der Salzburger Landesregierung Einspruch zu erheben. Ich nehme an, dass genau geprüft worden ist, wie dieser Feststellungsbescheid ausschaut und ob man hier im Sinne der österreichischen Wasserressourcen Einspruch erheben muss, sozusagen von Amts wegen.

Weiters steht in dem Papier, dass, wenn es zu einer Klage kommen sollte, die Bun­desforste im Prozess, so sagen sie, die völlig korrekte und rechtskonforme Vorge­hensweise nachweisen werden und derartigen Drohungen – Drohungen nämlich von einer Landesregierung, also von einer Landeshauptfrau – mit Gelassenheit entgegen­sehen. – Das klingt schon ziemlich martialisch.

Wie wird das sein, Herr Minister, wenn Sie dann gegen den Feststellungsbescheid dieser Behörde beziehungsweise dieser Aktiengesellschaft, der Bundesforste, Ein­spruch erheben müssen, weil es hier um strategisch wichtige Wasserressourcen geht? – Seien Sie nicht so mutlos, Herr Minister! (Ruf bei der ÖVP: „Lustlos“! „Mutlos“! – Was ist er denn heute alles?)

Ich finde, dass es hoch an der Zeit ist, dass Sie sich hier einmal für die Heimat einsetzen – im Sinne unseres Antrages, den ich hiermit verlesen darf:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verkauf strategisch wichtiger Wasserressourcen im Salzburger Tennengebirge durch die Öster­reichischen Bundesforste AG

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert, die Rechte des Bundes hinsichtlich des öffentlichen Wassergutes im Zusammenhang mit den verkaufsgegenständlichen Liegenschaften im Tennengebirge wahrzunehmen, ein Verwaltungsverfahren gemäß § 4 Abs. 8 und 9 WRG über Antrag einzuleiten und darin als Partei die Unentbehrlichkeit der betroffenen Flächen für jene Zwecke, denen öffentliches Wassergut nach § 4 Abs. 2 WRG zu dienen hat, geltend zu machen.

*****

(Abg. Grillitsch: Frau Kollegin, das war ganz was anderes als im Ausschuss!)

Sie wirken ein bisschen kraftlos, Herr Minister (lebhafte ironische Heiterkeit bei der ÖVP), aber vielleicht geht’s noch: Vielleicht geht’s ja noch vor der Wahl, dass Sie das über sich bringen! – Danke. (Beifall bei den Grünen.)

18.37


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Der soeben von Frau Abgeordneter Rest-Hinterseer ordnungsgemäß eingebrachte Entschließungsantrag ist ausreichend unter­stützt und steht mit in Verhandlung.


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Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Rest-Hinterseer, Freundinnen und Freunde betreffend Verkauf strategisch wichtiger Wasserressourcen im Salzburger Tennengebirge durch die Öster­reichischen Bundesforste AG

eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungsvorlage 1356 d.B. Wasserrechtsgesetznovelle 2006 (1488 d.B.)

Laut dem Gutachten „Wasserversorgung Zentralraum Salzburg“ aus dem Jahr 1995 stellen die Wasservorkommen im Karststock des Tennengebirges und des nördlich vorgelagerten Lammertales ein Trinkwasserpotential von mehr als 1 000 l/s und damit eine strategisch wichtige Trinkwasserressource dar. Dem Schutz des Wassers für die nächsten Generationen und dem Schutz vor Ausverkauf unserer Wälder und Berge wurde und wird seitens des Landes Salzburg hohe Priorität eingeräumt, weshalb auch 2002 die Landesverfassung in diese Richtung ergänzt wurde.

Wie bekannt, haben die Österreichischen Bundesforste Ende des Jahres 2005 800 ha Grund im Salzburger Tennengebirge an eine Privatperson verkauft.

Ein von den GRÜNEN in Auftrag gegebenes Rechtsgutachten belegt klar die in diesem Fall vorliegende Rechtswidrigkeit der Grundgeschäfte der Bundesforste mit einem privaten Käufer.

Univ.-Doz. Dr. Martin Kind gelangt in seiner Expertise zu der Auffassung, dass besagte Verkäufe gegen das Bundesforstegesetz und die Salzburger Landesverfassung verstoßen.

Im Wasserrechtsgesetz 1959 ist unter § 4 Öffentliches Wassergut festgelegt, dass Flächen, die die Österreichischen Bundesforste AG im eigenen oder fremden Namen verwalten, nicht öffentliches Wassergut sind. Sie sind öffentlichem Wassergut jedoch insoweit gleichzuhalten, als unter anderem bei sonstiger Nichtigkeit des Rechtsaktes gilt,

dass die Übertragung des Eigentums erst nach bescheidmäßiger Feststellung der dauernden Entbehrlichkeit für die mit der Widmung als öffentlichem Wassergut verbundenen Zwecke (Ausscheidung) gilt und

dass die Einräumung eines anderen dinglichen Rechtes erst nach bescheidmäßiger Feststellung, daß hiedurch keine Beeinträchtigung der Widmungszwecke eintritt, zuläs­sig ist.

Feststellungsbescheide sind vom Landeshauptmann zu erlassen. Parteien sind der Bund sowie derjenige, der einen Rechtstitel für den Erwerb der beanspruchten Liegenschaft besitzt.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Der Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft wird aufgefordert,


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die Rechte des Bundes hinsichtlich des öffentlichen Wassergutes im Zusammenhang mit den verkaufsgegenständlichen Liegenschaften im Tennengebirge wahrzunehmen,

ein Verwaltungsverfahren gemäß § 4 Abs. 8 und 9 WRG über Antrag einzuleiten und darin als Partei die Unentbehrlichkeit der betroffenen Flächen für jene Zwecke, denen öffentliches Wassergut nach § 4 Abs. 2 WRG zu dienen hat, geltend zu machen.

*****

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Eßl zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.37.27

Abgeordneter Franz Eßl (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Wir diskutieren heute die Novelle zum Wasser­rechtsgesetz, aber ich kann ehrlich gesagt diesem Getöse rund um den Grund­stücksverkauf durch die Österreichischen Bundesforste an einen heimischen Unter­nehmer nicht folgen.

Ich sage ganz klar und deutlich, das Wasser wird nicht schlechter, wenn das Grundstück einem Privateigentümer gehört (Abg. Mag. Gaßner: ... wird das Wasser immer schlechter! Nach den Millionen, die wir da schon hineingesteckt haben, müsste es ja schon ganz sauber sein!), und die Wasserreserven werden dadurch auch nicht gefährdet. (Beifall bei der ÖVP.)

Ich darf Ihnen ganz ehrlich sagen, nach meinem Geschmack haben die Öster­reichischen Bundesforste im Bundesland Salzburg zu viel Grundbesitz und nicht zu wenig. (Abg. Dr. Pirklhuber: Geht es den Österreichischen Bundesforsten leicht schlecht? – Denen geht es ausgezeichnet!) Mir wäre es lieber, wenn die Bauern Eigentümer würden. Ich stehe für Privateigentum! (Beifall bei der ÖVP.)

Dann muss ich hier auch noch die Frage stellen: Warum unterscheidet man sozusagen zwischen guten Grundbesitzern und schlechten Grundbesitzern? Da gibt es einerseits diesen heimischen Unternehmer, der in diesem Zusammenhang 800 Hektar erwerben will – und der ist ein „schlechter Grundbesitzer“. Und andererseits gibt es die Natur­freunde, eine Vorfeldorganisation der SPÖ, die stolze Besitzerin von 244 Hektar in diesem Gebiet ist (Ruf bei der ÖVP: Ah?) – und das sind plötzlich „gute Grund­besitzer“!

Meine geschätzten Damen und Herren! Wasserrecht und Wegerecht haben für alle Grundbesitzer Gültigkeit, und das wird auch in Zukunft so sein. Daher – so denke ich – brauchen wir uns über dieses Thema nicht mehr über Gebühr zu unterhalten.

Im Wasserrechtsgesetz – damit darf ich zum Thema zurückkehren – ist es mit dieser Novelle gelungen, doch einige Vereinfachungen zustande zu bringen. Es ist ja vom Herrn Bundesminister schon erwähnt worden, dass die Verwaltungsreformkommission einige Änderungen vorgeschlagen hat. Es wird möglich sein, dass wir in Zukunft für gewisse Erdwärmepumpen ein Anzeigeverfahren vorsehen. Es wird möglich sein, dass die Kollaudierung in gewissen Fällen entfallen kann. Es wird möglich sein, dass die letztmalige Überprüfung der Erlöschensvorkehrungen in gewissen Fällen entfallen kann. Es wird möglich sein, dass es bei den Schutzgebietsfeststellungsverfahren günstigere Vorgangsweisen gibt: Bei der Entnahmebewilligung soll eine verstärkte Einbeziehung der Grundbesitzer/-werber, eine zeitgerechte und adäquate Erstellung von Schutzgebietsfeststellungen in Verbindung mit einer stärkeren Anbindung erfolgen. Und es gibt noch einige weitere Bereiche.


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In Summe darf ich sagen, dass es ein gutes Gesetz wird. Es erfolgt eine Verwaltungs­vereinfachung, eine Entbürokratisierung, eine sparsame Verwaltung – und das sind Merkmale einer guten Politik! Ich darf mich bei Bundesminister Pröll und bei Bundes­kanzler Schüssel dafür recht herzlich bedanken. (Beifall bei der ÖVP.)

18.40


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Es gelangt nun Frau Abgeordnete Schönpass zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.41.00

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Minister! Ich kann mich bei Ihnen nur zum Teil bedanken. Die Bun­desregierung will einen Teil der beträchtlichen Mehrkosten – wie Sie ja erwähnt haben –, die bei der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie entstehen, durch Ver­waltungsvereinfachungen im Rahmen der vorliegenden Novelle kompensieren.

In Detailbereichen mag dies auch gelingen. Insgesamt jedoch sind mit dieser Novelle Rechtsunsicherheiten verbunden, die zu einer Vermehrung von Rechtsmittelverfahren führen werden und damit auch die Einsparungsziele obsolet machen. Die Vorlage erweckt den Eindruck, dass die in der Praxis auftretenden Folgen zu wenig bedacht wurden – ein Manko, das vor allem für die Gemeinden teuer und aufwendig werden kann, so wie dies auch Kollege Auer eingebracht hat.

Bloße Kostenverlagerungen auf die Wasserberechtigten, in der Regel die Gemeinden, werden daher abgelehnt. Ein markantes Beispiel hiefür ist die so genannte Bewilli­gungsfreistellung – wie wir ja auch schon hörten – bei der Änderung und Erweiterung von Leitungsnetzen. Dies soll in der Folge per Verordnung geregelt werden. Bereits im Rahmen der Gespräche zur Verwaltungsreform wurde auf die negativen Auswirkungen einer derartigen Regelung hingewiesen.

Ich möchte hier in diesem Zusammenhang auch den Gemeindebund zitieren, und zwar die Schlussstellungnahme des Gemeindebundes zur vorliegenden Novelle. Darin heißt es:

„Ein ungeheurer sowohl verwaltungsmäßiger als auch kostenmäßiger Mehraufwand auf Seiten der Gemeinden wäre die unweigerlich damit verbundene Folge.“

Ich frage mich: Welches Gewicht hat der Gemeindebund bei dieser Bundesregierung? Allein in Oberösterreich wären pro Jahr mehrere tausend – Sie hören richtig! – Dienst­barkeitsvereinbarungen zu verhandeln und grundbücherlich einzutragen. Ich hoffe, dass dies bei der Verordnung berücksichtigt wird. Bei zu erwartenden Einsprüchen seitens der Grundeigentümer ein aussichtsloses Unterfangen – und ich weiß, wovon ich spreche!

Ich appelliere daher vor allem auch als Vertreterin der Gemeinden an Ihre Vernunft, sehr geehrte Damen und Herren der Regierungsparteien (Abg. Grillitsch: An was?): Treiben Sie die Gemeinden nicht sehenden Auges in eine derart verfahrene Situation, werden Sie dem Anspruch nach Verwaltungsvereinfachung gerecht, und stimmen Sie unserem Rückverweisungsantrag zu! – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

18.44


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Ing. Winkler. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


18.44.13

Abgeordneter Ing. Josef Winkler (ÖVP): Geschätzte Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bundesminister! Hohes Haus! Ich darf zunächst im Zusammenhang mit dem Thema Bundesforste als Beschäftigter der Bundesforste auf eines hinweisen: dass es


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mir natürlich auch ein Anliegen ist, dass die Grundstücksbilanz immer eine aus­geglichene ist – keine Frage –, nicht zuletzt auch im Sinne der Erhaltung der dortigen Arbeitsplätze.

Was den konkreten Fall betrifft, so möchte ich aber schon betonen, dass im Aufsichts­rat der Bundesforste ja auch zwei Mitglieder sitzen, die von der Personalvertretung entsandt wurden, und sie haben diesen Verkauf auch besonders unter die Lupe genommen und überprüft. Daher ist die Zustimmung zu diesem Grundstücksverkauf auch einstimmig erfolgt, und ich darf daher auch davon ausgehen, dass der Verkauf auch im Hinblick auf die Wasserressourcen im Sinne des Gesetzes überprüft und in der Folge die Zustimmung entsprechend erteilt wurde.

Zum Wasserrechtsgesetz selbst darf ich vorweg feststellen, dass es der Bundes­regierung immer ein Anliegen war, durch moderne Verwaltungsstrukturen auch ent­sprechende Vereinfachungen, was Behördenformalitäten beziehungsweise -abläufe betrifft, im Sinne der Bürger zu treffen. Auch im Wasserrechtsgesetz wurden in den vergan­genen Jahren bereits mehrmals wichtige Schritte zur Verwaltungsvereinfachung gesetzt. Vor allem möchte ich darauf hinweisen, dass durch die Mitanwendung wasser­rechtlicher Tatbestände in anderen Verwaltungsmaterien wie zum Beispiel dem Abfall­wirtschaftsgesetz, der Gewerbeordnung, dem UVP-Gesetz und so weiter große Synergien geschaffen wurden und damit wasserrechtliche Verfahren wesentlich erleich­tert wurden. Mit der vorliegenden Novelle sollen die Verfahrensabläufe bei wasser­rechtlichen Bewilligungen beschleunigt und vereinfacht werden, aber gleichzeitig auch die Verfahren für die Bürger durchschaubarer gemacht werden.

Konkret möchte ich hier nur kurz auf drei Aspekte der Novelle eingehen. Ich verweise auf die Novellierungen in den §§ 29 und 121: Dadurch wird es der Behörde ermöglicht, dass sie für Anlagen, die keine besondere Bedeutung für die Öffentlichkeit haben – und in der Praxis ist das durchaus definierbar –, von einer bescheidmäßigen Über­prüfung der Ausführung der behördlichen Anordnungen absehen kann. Für diese Anlagen wird somit das Löschungsverfahren wie auch das Endprüfungsverfahren vereinfacht.

Weiters wird die wasserrechtliche Bewilligungspflicht für verschiedene Arten von Wärmepumpen sowie für Tiefsonden dem Anzeigeverfahren gemäß § 114 Wasser­rechtsgesetz unterstellt. Und im Gegensatz zu der generellen Regelung, die eine befristete Bewilligung für 15 Jahre vorsieht, wird für Tiefsonden die Bewilligung mit 25 Jahren befristet, was ebenfalls zu einer Reduktion der Verwaltung führt.

Eine wichtige Verfahrenserleichterung ist künftig auch für die Bewilligungswerber beziehungsweise die Wasserentnehmer vorgesehen. Sie sollen künftig verstärkt in das Verfahren einbezogen werden, und gleichzeitig soll wie bisher ein zeitgerechter Schutz der Wasserqualität und -quantität gewährleistet werden, indem Schutzgebiets­anord­nungen in Hinkunft tunlichst gleichzeitig mit der wasserrechtlichen Bewilligung der Wasserversorgungsanlage zu treffen sind. Eines unserer höchsten Güter, das Wasser, wird somit auch weiterhin bestens geschützt!

Abschließend möchte ich noch betonen, dass mit dieser Novelle kein Eingriff in irgendwelche Eigentumsrechte verbunden ist. Das Ziel ist, wie schon erwähnt, eine rasche, effiziente und unbürokratische Abwicklung wasserrechtlicher Verfahren sowie der bestmögliche Schutz unseres Wassers.

In diesem Sinne ersuche ich daher auch um die Zustimmung zu dieser Wasser­rechtsnovelle. (Beifall bei der ÖVP.)

18.48



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Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Nun gelangt Frau Abgeordnete Walther zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.48.18

Abgeordnete Heidrun Walther (SPÖ): Frau Präsidentin! Sehr geehrter Herr Bun­desminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Wir sind auch begeistert, wenn es Verwaltungsvereinfachungen gibt. Darum geht es uns also nicht – das möchte ich auch meinem Vorredner sagen –, sondern es geht uns darum, dass Österreich einen großen Ruf zu verlieren hat, nämlich als das Wasserland im Herzen Europas, das wirklich eine gute Qualität aufzuweisen hat. Und wenn Sie sich das Gesetz näher anschauen, dann stellen Sie fest – Kollegin Schönpass hat es bereits ausgeführt –, dass wir auch Gefahr laufen, mit dieser Wasserrechtsnovelle größeren Mehraufwand zu produzieren, zum Beispiel im Zusammenhang mit den Dienstbarkeiten, und, und, und.

Aber letztlich geht es mir darum, dass man sagt: Das Wasser als Gut und der Ruf, den Österreich in diesem Zusammenhang hat, sind zu schützen! Deswegen haben wir auch darüber diskutiert – und Sie waren gar nicht so abgeneigt –, dass wir uns noch einmal hinsetzen und gemeinsam die Frage diskutieren: Worauf muss man wirklich bestehen? – Dass man etwas machen muss, ist uns allen klar. Aber man muss ordentlich darüber diskutieren – und deshalb unser Rückverweisungsantrag.

Was mir auch wichtig ist: Im Pakt für die ländliche Entwicklung 2007 bis 2013 ist etwas enthalten, was ich nicht ganz goutieren kann und wo ich dagegen bin: Bei den Aufbrin­gungsrechten ist man von zwei Großvieheinheiten hinaufgegangen auf 3,5 Großvieh­einheiten. – Warum das? Das ist ja auch etwas, was eine Gefährdung für das Wasser mit sich bringt!

Insofern möchte ich an alle hier im Parlament vertretenen Parteien appellieren, unse­rem Rückverweisungsantrag zuzustimmen und sich nochmals zusammenzusetzen. Dass wir etwas machen müssen, ist mir klar. Aber man soll es nicht über’s Knie brechen! – Danke. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

18.49


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als Nächster gelangt Herr Abgeordneter Grillitsch zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.50.52

Abgeordneter Fritz Grillitsch (ÖVP): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Kollege Pirklhuber, Frau Kollegin Rest-Hinterseer, wenn Sie hier von „lustlos“ sprechen, ... (Zwischenruf der Abg. Rest-Hinterseer.) – Nein, mich haben Sie eh nicht gemeint, sondern den Bundesminister, aber ich sage Ihnen ehrlich: Mein Eindruck von den Grünen war heute, dass Sie eine lustlose Partei geworden sind (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP), dass Sie in Wahrheit drei Schritte zurückgehen und sich von einer Geschäftsordnungspartei wieder zu einer Uraltpartei entwickeln – so nach dem Motto: Rauf auf die Bäume und rein in die Höhlen! (Ironische Heiterkeit und Oh-Rufe bei den Grünen.) Das ist der Eindruck, den die Art Ihrer Politik am heutigen Tag bei mir hinterlässt. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Öllinger: Die moderne ÖVP! Wahnsinn! Ich brech’ nieder!) – Ja, Sie sind der Protagonist einer Uraltpartei, Herr Kollege Öllinger! (Ironische Heiterkeit bei den Grünen.)

Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! 99 Prozent der Bevölkerung werden in Öster­reich mit Quell- und Grundwasser versorgt, und ich glaube, das ist weltweit einzigartig. Das wissen wir alle, die wir hier sitzen. Zirka 90 Prozent der österreichischen Bevölkerung sind an öffentliche Abwasserreinigungsanlagen angeschlossen. (Abg. Mag. Gaßner: Da können Sie auch nichts dafür!) – Doch, sehr wohl! (Abg. Mag. Gaßner: Das ist auch ohne Sie passiert!) Nun, die Bauern können sehr wohl


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etwas dafür! (Abg. Mag. Gaßner: Die sind eh nicht angehängt!) – Wollen Sie den Bauern streitig machen, dass sie dieses Land und dieses Wasser nachhaltig bewirtschaftet haben, Herr Kollege Gaßner? Dann sagen Sie es laut und deutlich hier in diesem Haus! (Beifall bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Wasser ist ein unersetzbares Lebensmittel, denn jeder Tropfen ist kostbar. Wasser ist ein wesentlicher Eckpfeiler auch in der Energiepolitik. Und daher, meine Damen und Herren, verankert diese Novelle drei wesentliche Neue­rungen:

Erstens, die Umweltziele: einen guten ökologischen und chemischen Zustand der Oberflächengewässer und einen guten chemischen Zustand des Grundwassers zu erhalten; zweitens, eine ganzheitliche Politik für Flussräume; und, drittens, auch die Europäisierung der Gewässerpolitik.

Da die Bundesländer im Vollzug einen Mehraufwand und Mehrkosten erwarteten, beauftragte die Kommission Verwaltungsreform II das Bundesministerium für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft, gemeinsam mit den Ländern zu prüfen, ob es diesbezüglich Einsparungsmöglichkeiten im Bereich der Hoheitsver­waltung gebe. Die Umsetzung der Wasserrechtsgesetznovelle 2006 ist das Ergebnis der Verhandlungen mit den Ländern (Abg. Dr. Pirklhuber: Oberösterreich ist nicht berücksichtigt!) und führt zu einer präventiven Kosteneinsparung durch Entbüro­kratisierung bei behördlichen Verfahren. (Abg. Krainer: Fragen Sie die Niederöster­reicher!)

Meine Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir werden heute sehen – und ich würde darum bitten, dass wir sehr genau darauf achten! –, wie ernst wir, nämlich die einzelnen Fraktionen, es mit dem Wasser nehmen, nämlich auch an der Teilnahme an der Abstimmung, wenn es darum geht, österreichisches Wasserrecht zu sichern, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! (Beifall bei der ÖVP.)

Ich werde mir anschauen, wie viele Damen und Herren von den Sozialisten und von den Grünen dann hier in diesem Raum anwesend sein werden! Wir werden das sehr genau beobachten, denn: Die Menschen nur ständig mit „Ausverkauf von Wasser“ und dergleichen mehr zu verunsichern, das haben die Menschen satt. Wir sind jene, die den Menschen in Österreich Sicherheit geben – im umfassenden Sinne. (Beifall bei der ÖVP. – Abg. Krainer: Die Menschen haben die ÖVP satt!)

18.54


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Als nächster Redner gelangt Herr Abgeordneter Mag. Gaßner zu Wort. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


18.54.31

Abgeordneter Mag. Kurt Gaßner (SPÖ): Frau Präsidentin! Herr Bundesminister! Herr Grillitsch, wissen Sie, was die Menschen satt haben? (Abg. Grillitsch: Ja: Sie!) Dass die Nitratwerte nicht zurückgehen, dass die Pestizidwerte nicht zurückgehen – und das, obwohl in den letzten Jahren Millionen hineingesteckt wurden! Das haben die Menschen satt! (Beifall bei der SPÖ sowie des Abg. Dr. Pirklhuber.)

Herr Bundesminister! Sie haben im Ausschuss bemerkt, dass die Frau Landes­hauptfrau von Salzburg nicht versucht hat, mit Ihnen bezüglich des Verscherbelns dieser 800 Hektar im Tennegebirge in Kontakt zu treten. – Das stimmt nicht, Herr Bundesminister! Sie haben uns im Ausschuss nicht die Wahrheit gesagt. (Bun­desminister Dipl.-Ing. Pröll: ... nie angerufen!)  Sie hat Sie nie angerufen? (Bundes­minister Dipl.-Ing. Pröll: Mich persönlich nicht!) – Wir haben ein Protokoll, aus dem exakt hervorgeht, wie oft die Frau Landeshauptfrau bei Ihnen angerufen hat, und aus dem hervorgeht, dass Sie auch Termine gecancelt haben, Herr Bundesminister! – So


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schaut es aus mit dieser Zusammenarbeit! (Abg. Großruck: Wieso hat die Frau Landeshauptmann nicht gelogen? Wieso hat er gelogen? Wieso lügt die Frau Landeshauptmann nicht?)

Aber jetzt zur Wasserrechtsnovelle und zu der viel besprochenen Verwaltungs­vereinfachung. – Kein einziger Redner der Regierungsfraktionen hat uns hier erklärt, wo denn wirklich die Verwaltungsvereinfachung ist! Sie besteht ausschließlich darin, dass man ... (Abg. Grillitsch: Waren Sie nicht herinnen? Waren Sie nicht da?) – Nein, nein, ich habe schon genau aufgepasst: Sie haben uns das vorgelesen, was jedem von uns vorliegt. Das haben wir ohnedies schon selbst gelesen. Lesen können wir!

Kein einziger Ihrer Redner hat uns erklärt, worin die Verwaltungsreform liegt. Das Einzige, was passiert, ist Folgendes: Sie schieben die Arbeit auf die unterste Ebene, auf die Gemeinden hin. Die Gemeinden müssen nunmehr zivilrechtliche Verträge ab­schließen, damit sie ihre Leitungen legen können. Und das sind nicht irgendwelche Leitungen, sondern das ist Daseinsvorsorge, Wasser- und Abwasser, meine sehr geehrten Damen und Herren! Und das müssen wir uns jetzt mit jedem einzelnen Grundbesitzer ausstreiten.

Ich weiß schon, der Herr Minister wird natürlich die Verordnung nicht machen. Was ist aber, wenn er sie macht? Und der Gemeindebund, Herr Minister – weil Sie vom Arbeitskreis geredet haben –, hat sich entschieden dagegen ausgesprochen (Zwi­schenbemerkung von Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll) – na klar, die Stellungnahme habe ja nicht nur ich, die haben ja Sie auch, Herr Bundesminister! –, dass an dieser Rechtslage etwas geändert wird.

Unbestätigten Meldungen zufolge gibt es diesbezüglich auch Konsens unter den Bundesländern – mit Ausnahme von einem. Ein Bundesland, nämlich Niederösterreich, soll sich angeblich dagegen verwahren, denn die können sich Verwaltungsbeamte ein­sparen.

Das ist, bitte, keine Verwaltungsreform! Da geht es um Wasser, das Sie immer so sehr hochjubeln, da geht es um Abwasser, und das gehört so behandelt wie bisher, meine sehr geschätzten Damen und Herren! Daher gehört das zurückverwiesen.

Sie wollen sich ja nur in der Verwaltungsreform Beamte im Bereich des Wasserrechtes einsparen. – Wir haben heute einen Antrag des Abgeordneten Pirklhuber bezüglich Hochwasserschäden vorliegen, und ich sage Ihnen etwas: Die Behörde ist lange schon säumig mit all diesen Verhandlungen, die im Zusammenhang mit dem Hochwasser dringendst notwendig wären! Und jetzt sagen Sie: Nein, die Zahl der Beamten können wir herunterfahren! – Ganz im Gegenteil, wir müssten sie hinauffahren, damit wir endlich unsere Schutzmaßnahmen errichten können, bauen können und dann genau diese Maßnahmen setzen können, die Herr Pirklhuber in diesem Antrag fordert.

Aber da redet man nicht davon. Die Leute warten zum Teil 20 Jahre auf Schutz­maßnahmen – siehe Machland in Oberösterreich. Seit zehn Jahren weiß man, dass die March-Dämme kaputt sind. Was ist passiert? – Nichts! Die Menschen leiden unter diesen Gefahren massiv! Und es gehört auch schon seit langem einmal darüber geredet, ob es im Wasserrecht immer noch opportun ist, vom hundertjährlichen Hoch­wasser zu sprechen. In den letzten drei Jahren haben wir gesehen, dass das Hundert­jährliche eigentlich kein Problem bedeutet.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sie sollten mehr Ehrlichkeit in diese Dis­kussion einbringen (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das sollten Sie aber Ihren Genossen sagen!), und Sie sollten endlich aufhören, nur die Gemeinden zu belasten und alles andere schlank zu machen. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Dipl.-Ing. Scheuch – in


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Richtung des sich zu seinem Sitzplatz begebenden Abg. Mag. Gaßner –: Hast du den Minister gemeint mit „schlank“?)

18.58


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir kommen nunmehr zunächst zur Abstimmung über den Antrag der Abgeordneten Mag. Gaßner, Kolleginnen und Kollegen, den Gegenstand an den Ausschuss für Land- und Forstwirtschaft rückzuverweisen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die diesem Antrag zustimmen, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist somit abgelehnt. (Abg. Grillitsch – in Richtung SPÖ, auf deren Reihen weisend –: Das ist nicht viel! Ganz so ernst nehmt ihr das Wasser nicht!)

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1356 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen. (Abg. Grillitsch – auf die Reihen von ÖVP und Freiheitlichen – BZÖ weisend –: Das ist eine schöne Anzahl!)

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mit Mehrheit angenommen. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung ange­nommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend wirksame Verhinderung von Hochwasserschäden.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Entschließungsantrag ist somit abgelehnt.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Rest-Hinterseer, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verkauf strategisch wichtiger Wasserressourcen im Salzburger Tennengebirge durch die Österreichischen Bundesforste AG.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist die Minderheit. Dieser Antrag ist somit abgelehnt.

19.00.52 30. Punkt

Bericht des Ausschusses für Land- und Forstwirtschaft über die Regierungs­vorlage (1424 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelbewirtschaftungs­gesetz 1997 geändert wird (1489 d.B.)

 


Präsidentin Mag. Barbara Prammer: Wir gelangen nun zum 30. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.


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Wir gelangen damit zur Debatte.

Als Erster zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dr. Pirklhuber. Freiwillige Redezeit­beschränkung: 4 Minuten. – Bitte.

 


19.01.20

Abgeordneter Dipl.-Ing. Dr. Wolfgang Pirklhuber (Grüne): Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein Wort noch zu dem vorigen Tagesordnungspunkt. Auch Wasser ist ein Lebensmittel! Für mich war es schon bezeichnend, dass kein einziger Redner von ÖVP und FPÖ – BZÖ beziehungsweise der Herr Bundesminister wirklich auf diesen Vorwurf eingegangen sind, dass die Nitratwerte massiv nach oben angehoben wurden. Das ist offensichtlich Faktum. Das Lebensmittel Wasser wird dadurch bedroht. – Das ist ein Punkt, den ich noch einmal festhalten möchte. (Präsident Dipl.-Ing. Prinzhorn übernimmt den Vorsitz.)

Meine Damen und Herren! Aber nun zu diesem Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz: Es ist ein Gesetz für die Notsituation. Wir denken, dass es an der Zeit wäre, dies­bezüglich grundsätzlich umzudenken. Das ist die Kritik an dieser Novelle, in der es nur darum geht, die Laufzeit festzulegen und das Gesetz zu verlängern. Wir halten es aber für notwendig, dass man sich in der Frage der Lebensmittelbewirtschaftung grund­sätzlich der Herausforderung stellt, die heute besteht, und dies bezieht sich vor allem auf die internationalen Herausforderungen, was einerseits die Qualität der Lebens­mittel, andererseits die landwirtschaftlichen Erzeugerpreise und auch die Konsu­men­tensicherheit im Bereich Etikettierung und Ursprungskennzeichnung betrifft.

Es ist so, dass die Themen der Ernährungssouveränität eine große Debatte weltweit verursachen, nämlich bezüglich der Frage, einerseits Agrarüberschüsse abzubauen und andererseits die Lebensmittelsicherheit, die regionale Versorgung sicherzustellen. In diesem Zusammenhang haben wir mehrere Anträge eingebracht, die teilweise auch im Landwirtschaftsausschuss diskutiert wurden. Allerdings – und das ist es, was wir massiv kritisieren – wurden sie wieder vertagt. Unser Antrag zur ländlichen Ent­wick­lung wurde zum dritten Mal vertagt, Herr Bundesminister! (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Aber ich war nicht für die Vertagung!)

Das ist Ihre Art von Politik, die guten Vorschläge der Grünen in Ihren Vorlagen nicht einmal zu bewerten, geschweige denn diesen Antrag endlich, wenn Sie nicht dieser Meinung sind, abzulehnen (Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll: Ich kann es nicht ableh­nen!) – außer Kollege Scheuch, der hat ihn abgelehnt –, denn ohne Vertagung wäre er wenigstens hier im Plenum und dann könnten wir über das neue Programm der ländlichen Entwicklung für den Zeitraum 2007 bis 2013 diskutieren.

Aber noch einmal zu dieser Frage der geographischen Ursprungsbezeichnungen, der geschützten geographischen Angaben und garantiert traditioneller Spezialitäten. Da hat die Europäische Union durchaus ein Konzept vorgelegt. Es ist in den letzten Monaten wieder verbessert worden und ist ein wichtiger Aspekt im Rahmen der internationalen Debatte auf WTO-Ebene, Herr Bundesminister, Sie wissen es! Da hat die Europäische Union eine Position, die zukunftsweisend ist. Es gibt Partnerschaften auch mit Entwicklungsländern. Ich nenne das Stichwort Basmati-Reis. Es geht also auch um Schutz für andere Länder, für andere Produkte. Das ist eine Diskus­sionsebene, wo wir sehr wohl auch Partnerinnen und Partner gewinnen.

Meine Damen und Herren, in diesem Zusammenhang möchte ich folgenden Antrag einbringen.


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend faire, kosten­deckende landwirtschaftliche Erzeugerpreise

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, folgende Maßnahme zur nachhaltigen Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und für faire, kostendeckende Erzeugerpreise zu ergreifen:

1. Schaffung einer EU-weiten verpflichtenden Herkunftskennzeichnung von land­wirtschaftlichen Rohstoffen und Produkten.

2. Ergreifung von Maßnahmen auf EU-Ebene, um Milchüberschüsse zu reduzieren und damit den Preisdruck zu verringern.

3. Eintreten für einen qualifizierten Außenschutz bei den WTO-Verhandlungen unter Ein­beziehung sozialer, Umwelt- und Tierschutzstandards als Kriterien für die inter­nationale Handelspolitik.

*****

Meine Damen und Herren! Das sind drei ganz konkrete Forderungen, die darauf abzielen, regionale Lebensmittelversorgung zu stärken und auch die Produzenten, die Bäuerinnen und Bauern gerade im Berggebiet zu unterstützen.

Ich verweise zum Beispiel auf die Europäische Charta zu qualitativ hochwertigen Lebensmittelprodukten aus Berggebieten – ein Projekt der Europäischen Kommission, durchgeführt mit 13 Partnern, das vor kurzem auch publiziert worden ist, in dem viele Anmerkungen, Anregungen enthalten sind, um auch die Produkte der Berggebiete verstärkt im Bewusstsein der Öffentlichkeit im Bereich des Marketings, der Vermarktung, der Produktentwicklung zu positionieren.

Genau in diese Richtung, Herr Bundesminister, hätte man in diesem Lebensmittel­bewirtschaftungsgesetz einige zentrale Eckpfeiler implementieren müssen. Das ist die Herausforderung, die aktuell besteht, und das hätten wir uns erwartet. Das ist leider nicht geschehen. Daher werden wir diesem Gesetz unsere Zustimmung nicht geben. – Danke schön. (Beifall bei den Grünen.)

19.06


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Freund. – Bitte.

19.06.37

 


Abgeordneter Karl Freund (ÖVP): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine sehr geschätzten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Pirklhuber hat gerade einen Entschließungsantrag eingebracht, der zwar nicht unmittelbar mit dem Lebensmittel­bewirtschaftungsgesetz in Zusammenhang steht. Ich möchte aber trotzdem auf seine Begehren eingehen, die in diesem Entschließungsantrag enthalten sind. Auf der einen Seite ist nämlich ein Teil dieser Forderungen bereits erfüllt, und auf der anderen Seite schließt er sich unserer Meinung, der Meinung der Bundesregierung, der Meinung des Bauernbundes, also der Meinung der breiten Bauernschaft an.

Ich möchte hier einige Dinge richtig stellen. Wenn er verlangt, dass eine Herkunfts­kennzeichnung in ganz Europa eingeführt werden soll, dann darf ich Ihnen sagen, dass wir bereits im März 2005 hier im Parlament eine solche Kennzeichnung beschlossen haben und die Regierung bereits eine Vorreiterrolle eingenommen hat.


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153. Sitzung / Seite 120

Zum zweiten Punkt betreffend Ergreifung von Maßnahmen zwecks Eindämmung der Milchüberschüsse darf ich Ihnen sagen, dass sich der Österreichische Bauernbund und auch die Bundesregierung immer dafür eingesetzt haben, dass wir in dieser Periode die Quoten aufrechterhalten. Das war letzten Endes der Preis, den wir dafür bezahlen mussten. Sie wissen das ganz genau, aber Sie behaupten das einfach immer wieder.

Und zum dritten Punkt, zu den Außenschutz-WTO-Verhandlungen. Da schließen Sie sich unserer Meinung an, denn Ihnen ist bekannt, dass die Bundesregierung, Bun­desminister Pröll und natürlich auch der Bauernbund genau wissen und das auch immer vertreten haben, dass es einfach keine gänzliche Liberalisierung der Agrar­märkte geben kann. (Abg. Dr. Pirklhuber: Welche Gesetze?) Deshalb ist unser Be­streben, da immer wieder entgegenzuhalten, um eben vernünftige Lösungen im Sinne des internationalen Handels zu finden. Es gibt noch keinen Abschluss in der Richtung. Wir werden uns selbstverständlich auch in Zukunft für Maßnahmen, die in diese Richtung gehen, einsetzen.

Ich möchte auch noch zu Ihrer Behauptung Stellung nehmen, wonach die ländliche Entwicklung zu wenig diskutiert worden sei. Das stimmt überhaupt nicht. Wir haben das oft genug im Landwirtschaftsausschuss diskutiert, wir haben das in der breiten Öffent­lichkeit diskutiert. Sie selbst waren oft bei den verschiedensten Diskussions­veranstaltungen dabei, die vom Bundesministerium, vom Landwirtschaftsminister und auch von der Präsidentenkonferenz organisiert waren. Wie gesagt, da hat es also eine breite Diskussionsbasis gegeben.

Zum Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz darf ich aus meiner Sicht, aus der Sicht der ÖVP noch sagen, dass wir dieser Verlängerung natürlich gerne zustimmen. Es gibt ja verfassungsrechtliche Überlegungen. Dies war bisher auf fünf Jahre beschränkt und soll jetzt bis zum Jahr 2016 beschlossen werden, das heißt also, für weitere zehn Jahre. Darüber, dass wir diese Absicherung für den Fall von Krisenzeiten brauchen, sind wir uns alle einig, und das können wir natürlich alle unterstützen.

In diesem Sinne bedanke ich mich beim Bundesministerium, bei Bundesminister Dipl.-Ing. Pröll dafür, dass dieses Gesetz zustande gekommen ist und vernünftige Lösungen gefunden wurden. – Danke schön. (Beifall und Bravorufe bei der ÖVP sowie Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

19.10


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der vom Vorredner, von Herrn Abgeord­netem Dr. Pirklhuber verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Pirkl­huber, Kolleginnen und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhand­lung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

des Abgeordneten Dr. Pirklhuber betreffend faire, kostendeckende landwirtschaftliche Erzeugerpreise, eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Landwirt­schafts­ausschusses über die Regierungsvorlage (1424 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz 1997 geändert wird (1489 d.B.)

Beim Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz geht es um die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln in Krisenzeiten. Um diese Versorgung nachhaltig sicherstellen zu können, müssten jedoch laufend Maßnahmen zur Erhaltung der Ernährungs­souverä­nität und gegen Dumping ergriffen werden.


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Zum Beispiel ist der Erzeugermilchpreis in Österreich derzeit weit unter den Vollkosten der Produktion und der Strukturwandel schreitet insbesondere bei den Milchvieh­betrieben voran. Den Bäuerinnen und Bauern wird durch die ständig sinkenden Milchpreise jede Existenzgrundlage entzogen. Bei gleichbleibenden Rahmenbedingun­gen bedeutet das, dass in Österreich in den nächsten zehn Jahren 25.000 Bäuerinnen und Bauern aus der Milchproduktion hinausgedrängt werden.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird ersucht, folgende Maßnahmen zur nachhaltigen Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln und für faire, kostendeckende Erzeugerpreise zu ergreifen:

1. Schaffung einer EU-weiten verpflichtenden Herkunftskennzeichnung von land­wirtschaftlichen Rohstoffen und Produkten

2. Ergreifung von Maßnahmen auf EU-Ebene, um Milch-Überschüsse zu reduzieren und damit den Preisdruck zu verringern

3. Eintreten für einen qualifizierten Außenschutz bei den WTO-Verhandlungen unter Einbeziehung sozialer, Umwelt- und Tierschutzstandards als Kriterien für die inter­nationale Handelspolitik.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Binder-Maier. – Bitte.

 


19.10.25

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine Damen und Herren! Die vorliegende Gesetzesänderung dient in erster Linie dazu, dafür zu sorgen, dass die Bevölkerung in Notsituationen ausreichend mit Lebens­mitteln versorgt ist; wir wollen gerüstet sein. Dies ist eine gesetzliche Grundlage vor allen Dingen für die Bewältigung von Verknappungserscheinungen bei Wasser – ganz wesentlich –, bei Lebensmitteln, Futtermitteln, Saat-, Pflanzen- und Düngemitteln, ein Gesetz, das geschichtlich gewachsen ist, und zwar zunächst auf Grund der im Ersten Weltkrieg gemachten Erfahrungen. Während des Zweiten Weltkrieges wurde auf Grund der anhaltenden Mangelsituation dieses Gesetz bis nach 1945 beibehalten, ab 1948 dann sukzessive abgebaut, wiewohl es in Österreich bis 1953 Lebens­mittelkarten gab. Es wurde die Versorgung rationiert.

Bei diesem Gesetz geht es im Wesentlichen darum, in Notsituationen gerüstet zu sein, um Hilfsmaßnahmen, die wichtig sind, um die Versorgung der Bevölkerung zu gewährleisten. Dieses Gesetz wird per Verordnung in Kraft gesetzt. Ich hoffe sehr und wünsche mir in unser aller Interesse, dass es nie aktiviert werden möge, da dies nur in Notsituationen der Fall ist. Auf Grund des Abänderungsantrages werden wir dieser Befristung bis 2016 unsere Zustimmung geben. (Beifall bei der SPÖ.)

19.12


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Dipl.-Ing. Scheuch. – Bitte.

 



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19.12.20

Abgeordneter Dipl.-Ing. Uwe Scheuch (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Meine geschätzten Damen und Herren! Über den Inhalt des Lebensmittelbewirtschaftungsgesetzes haben meine Vorrednerin und meine Vorredner bereits ausführlich berichtet. Ich glaube, da gibt es einen breiten Konsens. Die Ver­weigerung der Zustimmung der Grünen scheint hier nicht gerechtfertigt zu sein. Vielleicht können Sie noch entsprechende Überlegungen anstellen und bis zur Beschlussfassung doch noch für einen breiten Konsens sorgen, denn in Wirklichkeit sollte das unser aller Anliegen sein.

Ich möchte aber den zweiten Teil meiner Ausführungen einem anderen Punkt, nämlich der Agrardebatte im Ausschuss, widmen, denn wir haben ja sehr lange und sehr intensiv rund um die ländliche Entwicklung, rund um den viel strapazierten Grünen Pakt diskutiert. Ich kann hier die vorhin geäußerte Meinung nicht teilen, dass das so ein tolles Ergebnis sei, denn – das wurde im Ausschuss auch diskutiert – wenn wir auf österreichischer Ebene an die 100 Millionen € weniger im Bereich der ÖPUL-Förde­rungen für die österreichischen Bäuerinnen und Bauern haben, Herr Minister, dann ist das kein zufrieden stellendes Ergebnis. Auch wenn Sie noch fünfmal sagen, dass das auf Grund der Achsenverteilung so ist, meine ich doch, es gilt hier für Alternativen zu sorgen.

Wir haben ja in der letzten Landeshauptleutekonferenz gesehen, dass es einen breiten Konsens der Landeshauptleute gibt, Kofinanzierungsmittel sicherzustellen. (Abg. Mag. Molterer: Zu Lasten der Bauern!) – Herr Klubobmann, da gibt es einen breiten Konsens quer durch alle Parteien, die dafür sind, und zwar nicht zu Lasten, sondern zugunsten der Bäuerinnen und Bauern. Das sollte uns wichtig sein. Da gibt es einen klaren Antrag. Es war für mich schon ein bisschen verwunderlich, dass der Herr Bundesminister klar nein gesagt hat zu weiteren Mitteln, um diese Verluste abzudecken. (Abg. Mag. Molterer: Wer soll es zahlen?)

Das ist besonders verwunderlich. Ich bin gestern drinnen gesessen und habe mir die letzte „Agrar Post“ durchgelesen. Darin findet sich ein Interview mit Bauern­bund­präsidentem Fritz Grillitsch, der da sagt: Wir lassen uns den Grünen Pakt nicht madig machen! Und darin schreibt er unter anderem: Der Bund mit Bundeskanzler Schüssel und Landwirtschaftsminister Pröll hat zugesichert, seinen Beitrag zu leisten. – Das scheint nicht der Fall zu sein. Und jetzt wird es interessant: Diese Zustimmung gilt aber natürlich nur, wenn die ÖVP auch weiterhin den Bundeskanzler stellt. (Heiterkeit bei der SPÖ.)

Also, Herr Bundesminister, ich möchte Sie wirklich bitten, den Grünen Pakt, wenn er so toll verhandelt ist und wenn er wirklich im Interesse der Bäuerinnen und Bauern gemacht wurde, nicht davon abhängig zu machen, ob der nächste Bundeskanzler Wolfgang Schüssel heißt, sondern davon, dass es nachhaltige Absicherungen für die Bäuerinnen und Bauern gibt, denn dafür ist der Pakt ja da. (Zwischenruf der Abg. Mag. Hakl.) So gesehen würde ich mir wünschen, dass die ÖVP in diesen Vorwahl­kampfzeiten agrarische Zustimmungen für Bäuerinnen und Bauern nicht davon abhängig machte, ob der Bundeskanzler von der ÖVP kommt oder nicht, sondern dafür sollte es generell breite Zustimmung und Unterstützung geben, denn jeder Bauer und jede Bäuerin, egal, ob von der ÖVP, von der SPÖ oder vom BZÖ, ist es wert, dass man sie/ihn unterstützt. – Danke schön. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

19.15


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Schiefermair. – Bitte.

 



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19.15.50

Abgeordnete Notburga Schiefermair (ÖVP): Werter Herr Präsident! Geschätzter Herr Bundesminister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, die Unterstützung für die Bäuerinnen und Bauern ist dann gefährdet, wenn die Drohung von Parteiobmann Gusenbauer wahr wird, dass man der Landwirtschaft 50 Prozent nehmen will.

Auf der heutigen Tagesordnung steht das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz. Alle meine Vorredner haben es so gemacht wie ich. Sie erwähnten es kurz, denn dieses Gesetz gehört, wenn man in Dimensionen wie Pflicht und Kür denkt, wahrlich zur Pflicht. Wenn das Gesetz aus dem Jahre 1997 mit Ende dieses Jahres ausläuft, dann ist es wohl in unser aller Interesse, dass man dieses Sicherungsgesetz, dieses Instrumentarium auf unbefristete Zeit beschließt, denn es handelt sich hiebei um ein Gesetz, das im Falle von Knappheitssituationen greift. Da sind wir, wie ich meine, alle dafür.

Was heißt aber Ernährungssicherheit, Energieversorgung? – Das hängt doch wohl wesentlich von den Rahmenbedingungen ab, die eine Regierung den Bauern und Bäuerinnen an die Hand gibt. Regionale Produkte, österreichisches Obst und Gemüse, Milch, Käse, tolle Fleisch- und Wurstprodukte, Kräuter, Getreide, Wein, sehr viele Säfte und vieles mehr produzieren unsere bäuerlichen Familien mit hohem fachlichem Wissen und viel Engagement. Viele kleine, mittlere und auch intensivere Betriebe sind auf Mithilfe und Mitarbeit angewiesen.

Nun hat heute Parteiobmann Gusenbauer in einer gewissen Ahnungslosigkeit die Situation der Saisonniers völlig falsch dargestellt. Wir stehen vor der Situation, dass die österreichische Produktion langsam gefährdet ist, da durch die Kontingentaus­schöp­fung keine Saisonniers mehr zur Verfügung stehen. Das AMS kann uns nicht dabei helfen, da es keine Inländer gibt, die bei diesen Erntearbeiten mitarbeiten wollen.

Regionale Produktion, Förderung biologischer Produktion, möglichst gesund produ­zierte, hochwertige Lebensmittel fordert die Gesellschaft von unseren Bauern. Es stellt sich die Frage: Sollen unseren hochqualitativen Produkte am Feld verfaulen und holen wir anstatt dessen aus dem Ausland, aus aller Welt Produkte herein, wo wir nicht wissen, unter welchen sozialen und gesundheitlichen Aspekten diese produziert werden? Ja, für mich ist diese Lebensmittelsicherung nicht nur eine unbefristete Regelung, ein gesetzliches Instrumentarium, sondern ein umgesetztes wirkliches Bekenntnis zur Produktion von österreichischen Lebensmitteln. Den Geschmack der Heimat wollen wir alle. Bekennen wir uns dazu! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

19.19


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Preineder. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Wenn das stimmt, was der Scheuch gesagt hat, ist der Bundeskanzler nicht ehrlich!)

 


19.19.06

Abgeordneter Martin Preineder (ÖVP): Geschätzter Herr Präsident! Herr Bundes­minister! Hohes Haus! Ich möchte gleich auf dieses von Ihnen genannte Thema eingehen: Es wird schon davon abhängen, wer die nächste Bundesregierung stellt, denn es ist bekannt, dass wir bei der ländlichen Entwicklung, Herr Kollege Jarolim, Herr Kollege Scheuch, eine Kofinanzierung brauchen – und die Kofinanzierung ist durch eine Bundesregierung unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel sichergestellt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Ich darf zum Thema Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz und Lebensmittelsicherheits­gesetz Stellung nehmen, ich glaube zwei Gesetzesmaterien, die durchaus unsere Zustimmung erhalten können, weil es – so denke ich – einfach notwendig ist, im


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Bereich Lebensmittelsicherheit nichts zu versäumen, weil diese auf zwei Ebenen stattfindet: zum einen auf der Ebene der Versorgungssicherheit und zum anderen auf der Ebene der Sicherheit, der Qualität und der Gesundheit.

Ich denke, es geht um die Produktion und auch um die inländische Produktion. Es gibt teilweise rückläufige Produktionszahlen, vor allem im Bereich der Rinderproduktion. (Abg. Dr. Pirklhuber: Warum denn?) Ich meine, es ist entscheidend, jenen, die produ­zieren wollen – Herr Kollege Pirklhuber –, auch die Möglichkeit dazu zu geben! Ich beziehe mich damit auf Ihre Vorstellungen betreffend Nitratrichtlinie.

Geschätzte Damen und Herren! Wir wollen keinen Rückgang bei der Produktion, wir wollen sichere Qualität und wir haben in Österreich einen hohen Standard. Wir haben bei uns im Prinzip mit dem Bundestierschutzgesetz, mit den BSE-Sicherungsmaß­nahmen klargelegt, dass es möglich ist, sichere Nahrungsmittel klar gekennzeichnet auf den Markt zu bringen.

Ich bin unserem Bundeskanzler auch sehr dankbar, der in seiner Rede zur Lage der Nation darauf hingewiesen hat, dass der Preis und die Qualität in direktem Zusam­menhang stehen und dass Lebensmittel nicht immer noch billiger, noch billiger und noch billiger am Markt erscheinen können.

Ich denke, es ist wichtig, dass wir uns auch im Bereich der Lebensmittelkennzeichnung klar abgrenzen, damit heimische Lebensmittel auch als solche erkennbar sind, denn sie bieten Sicherheit und Qualität. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

19.21


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu einer tatsächlichen Berichtigung hat sich Herr Abgeordneter Mag. Maier zu Wort gemeldet.

 


19.21.51

Abgeordneter Mag. Johann Maier (SPÖ): Herr Präsident! Herr Bundesminister! Hohes Haus! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mein Vorredner hat vom Beschluss des Lebensmittelbewirtschaftungsgesetzes und vom Lebensmittelsicher­heits­gesetz gesprochen.

Ich stelle richtig: Wir stimmen heute über das Lebensmittelbewirtschaftungsgesetz ab – über das Lebensmittelsicherheitsgesetz haben wir gestern abgestimmt. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

19.22


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1489 der Beilagen.

Da der vorliegende Gesetzentwurf eine Verfassungsbestimmung enthält, stelle ich zunächst im Sinne des § 82 Abs. 2 Ziffer 1 der Geschäftsordnung die für die Abstim­mung erforderliche Anwesenheit der verfassungsmäßig vorgesehenen Anzahl der Abgeordneten fest.

Ich bitte nunmehr jene Damen und Herren, die diesem Gesetzentwurf zustimmen, um ein bejahendes Zeichen. – Es ist dies mehrheitlich angenommen.

Ausdrücklich stelle ich die verfassungsmäßig erforderliche Zweidrittelmehrheit fest.

Wir kommen daher sogleich zur dritten Lesung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetz auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies ebenfalls mehrheitlich angenommen.

Damit ist das Gesetz mit der verfassungsmäßig erforderlichen Zweidrittelmehrheit ange­nommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ord­neten Dr. Pirklhuber, Kolleginnen und Kollegen betreffend faire, kostendeckende landwirtschaftliche Erzeugerpreise.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Antrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies die Minderheit und damit abgelehnt.

19.23.38 31. Punkt

Bericht des Familienausschusses über die Regierungsvorlage (1437 d.B.): Bun­desgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird (1490 d.B.)

32. Punkt

Bericht des Familienausschusses über den Antrag 324/A (E) der Abgeordneten Mag. Andrea Kuntzl, Kolleginnen und Kollegen betreffend Verbesserungen des Kinderbetreuungsgeldes (1491 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zu den Punkten 31 und 32 der Tagesordnung, über welche die Debatte unter einem durchgeführt wird.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erste Debattenrednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Kuntzl. – Bitte.

 


19.24.10

Abgeordnete Mag. Andrea Kuntzl (SPÖ): Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Wir beschließen heute eine kleine, schon lange notwendige Reparatur des Kinderbetreuungsgeldes. Sie bringt tatsächlich eine Verbesserung für Mehrkinder­familien, für Familien mit Mehrlingsgeburten, daher werden wir dieser Regierungs­vorlage selbstverständlich auch unsere Zustimmung geben. Darüber hinaus werden Sie, Kolleginnen und Kollegen von den Regierungsparteien, heute einen Antrag unse­rer Fraktion ablehnen, wo es um einen darüber hinausgehenden, viel größeren Reform­bedarf beim Kinderbetreuungsgeld geht, wo wir einige ganz konkrete Reform­vorstellungen einfordern und aufzeigen.

Das ist inhaltlich überraschend, weil Sie jetzt endlich zumindest eine Kurzfassung des schon lange versprochenen Evaluierungsberichtes zum Kinderbetreuungsgeld vorge­legt haben, dessen Hauptergebnisse deutlich den Reformbedarf genau in jenen Punkten aufzeigen, die in unserem Antrag angesprochen sind.

Diese Evaluierung ist deshalb von besonderem Interesse, weil sie seit Jahren immer als Ausrede gegolten hat, um wichtige Reformpunkte beim Kinderbetreuungsgeld zu verzögern. Es hat immer geheißen, wir müssen warten, bis der Evaluierungsbericht vorliegt, und dann können wir über den Reformbedarf auf Basis der Ergebnisse diskutieren. Das – so denke ich – sollten wir jetzt auch tatsächlich machen! Spätestens jetzt!

Die Ergebnisse sind sehr interessant. Von großem Interesse wäre es, die gesamte Studie vorgelegt zu bekommen. Sie ist immerhin aus öffentlichen Mitteln finanziert und hat laut Auskunft der Frau Bundesministerin im Ausschuss rund 500 000 € gekostet.


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Frau Bundesministerin, ich fordere Sie auch hier, vom Rednerpult aus auf, diese Studie vollinhaltlich im Hause zur Verfügung zu stellen!

Das Institut für Familienforschung kann zu einem späteren Zeitpunkt eine schöne Publikation daraus machen. Zumal aber von Ihnen immer darauf hingewiesen wurde, dass das die Grundlage für politische Entscheidungen sein wird, ergeht die Auffor­derung noch einmal an Sie, die Ergebnisse auch wirklich hier im Haus zur Verfügung zu stellen.

Welchen Reformbedarf sehen wir in unserem Antrag, und wie schaut die Bewertung in Ihrer Studie zu diesen Punkten aus? – Wir sagen, flexible Gestaltung des Kinder­betreuungsgeldes wäre notwendig. Das bestätigt die Studie. Die Studie sagt, das Fehlen dieser flexiblen Gestaltung schränkt die Wahlfreiheit ein. Das ist einer der Punkte, die die SPÖ immer nennt. Wir sagen: Wer kürzer Geld bezieht, soll dafür mehr Geld pro Monat bekommen und sich ein Modell für die jeweilige Familiensituation maßschneidern können. Genau das wird in Ihrem Bericht bestätigt.

Die Zuverdienstgrenze wird auch in der Studie als Hemmnis kritisiert. Das ist der einzige Punkt, wo auch Sie, Frau Bundesministerin, Reformbedarf sehen. Ich sehe ihn auch in diesem Punkt, allerdings in anderer Form als Sie. Wir stellen uns keine ersatzlose Streichung der Zuverdienstgrenze vor, weil sonst das eintritt, was in der Studie auch angesprochen wird: Für das letzte halbe Jahr, das jetzt in der Regel verfällt, weil die meisten Männer dieses halbe Jahr nicht konsumieren, wird der Effekt eintreten, der in Ihrer Studie so beschrieben ist: Die Männer beteiligen sich am finan­ziellen Bezug des Kinderbetreuungsgeldes.

Darum kann es ja nicht gehen! Daher schlagen wir die Wahlmöglichkeit zwischen einer Zuverdienstgrenze und einer Zeitgrenze vor – also keine Zuverdienstgrenze bei Arbeitszeitreduktion.

Der nächste Punkt ist der Kündigungsschutz. Es geht darum, dass die Zeit, in der Kündigungsschutz besteht, derzeit kürzer ist als die, in der der Bezug des Kinder­geldes möglich ist. Dazu wird in Ihrer Studie von Rechtsunsicherheit gesprochen. Das ist einer der Punkte, wo es viele Frauen aus dem Job „rauskatapultiert“, weil auch die Information darüber oft nicht besteht. Das gehört auch ganz dringend repariert und geändert!

Ihre Studie bestätigt auch, dass der längere Ausstieg durch den längeren Bezug des Kinderbetreuungsgeldes den Wiedereinstieg der Frauen in den Beruf sehr erschwert. Wir fordern in unserem Antrag Wiedereinstiegshilfen. Ich denke, Ihre Studie belegt, dass diese Wiedereinstiegshilfen dringend notwendig wären.

Zum Ausbau der Kinderbetreuungseinrichtungen sagt Ihre Studie auch, dass die fehlenden Kinderbetreuungseinrichtungen die Wahlfreiheit einschränken. Das bestätigt auch unsere Analyse und die Forderung in unserem Antrag.

Frau Bundesministerin, sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von den Regierungs­parteien, wir haben jetzt lange auf diesen Endbericht gewartet. Die Hauptergebnisse liegen vor und bestätigen den Reformbedarf. Es gibt keine Ausrede mehr. Wir erwarten uns in der nächsten Zeit ein großes Reformpaket zum Kinderbetreuungsgeld. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

19.29

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Steibl. – Bitte.

 



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19.29.34

Abgeordnete Ridi Steibl (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Mit dieser Regierungsvorlage zur Änderung des Kinderbetreuungsgeldgesetzes haben wir eine Abfederung von finanziellen Härten für Familien mit Mehrlingsgeburten geschaffen.

Die bisherige Rechtslage sieht vor, dass sich bei einer weiteren Geburt nach einer Mehrlingsgeburt das erhöhte Kinderbetreuungsgeld ändert. Das wird nunmehr mit dieser Regierungsvorlage sozusagen positiv verändert. Das heißt, dass man nach einer Mehrlingsgeburt wieder mit einem Kind voll das Kinderbetreuungsgeld bis zu 30 plus 6 Monaten beziehen kann.

Weil meine Kollegin Kuntzl auch die Evaluierungsstudie des ÖIF angesprochen hat, denke ich, dass es gut ist, wenn diese Studie im Gesamten vorgelegt wird, wenn diese Studie inhaltlich zuerst auch seitens der Ministerin in Ansicht genommen wird. (Abg. Dr. Jarolim: Verstanden wird!) Ich denke, dass diese Studie – das, was auch wir alle hier vorliegen haben – zeigt, dass das Kinderbetreuungsgeld gerade in der Phase der Familiengründung eine wichtige Maßnahme zur Armutsbekämpfung ist. Auch die Zuverdienstgrenze wurde ja in dieser Studie unter die Lupe genommen. 25 Prozent der Frauen arbeiten, während sie Kinderbetreuungsgeld beziehen, davon sind 17 Prozent über der Geringfügigkeitsgrenze.

Ich möchte auch dazusagen, dass gerade der Kündigungsschutz nicht so klar angesprochen wird. Ich verstehe es noch immer nicht ganz. Der Kündigungsschutz ist sozusagen auch ein leichter Wink, nach 24 Monaten wieder ins Berufsleben hinein­zugehen. Ich sehe das sogar positiv, weil dadurch ein Anreiz geschaffen wird, ins Berufsleben zurückzukehren und nicht 30 Monate sozusagen zu Hause beim Kind zu sein, was aber auch Arbeit bedeutet.

Ich möchte weiters dazusagen, dass wir auch, was eine flexible Gestaltung des Kin­derbetreuungsgeldes sowie der Zuverdienstgrenze betrifft, in der nächsten Zeit nachdenken und verhandeln sollten. Wir sind dahin gehend offen, aber ich denke, dass es nicht übers Knie gebrochen werden muss, sondern dass alles gut vorbereitet werden soll, und das zum Wohle des Kindes.

Mir ist es als Familiensprecherin auch persönlich wichtig, die Zuverdienstgrenze nicht sofort ganz aufzuheben, weil es auch um das Wohl des Kindes geht. Um das Wohl des Kindes sollen sich, wenn es beide Elternteile gibt, Vater und Mutter eine Zeit lang innerhalb der Familie kümmern können. Über eine Flexibilisierung können wir verhan­deln, aber nicht unter Druck. – Danke schön. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeord­neten von Freiheitlichen – BZÖ.)

19.32


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Öllinger. – Bitte.

 


19.32.42

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Kollegin Steibl, ich verstehe es nicht; ich verstehe nicht, was Sie gesagt haben. (Abg. Steibl: Zuhören!) Sie sagen, die Studie wird dann veröffentlicht, wenn sie von der Frau Bundesministerin inhaltlich in Ansicht genommen wurde. (Abg. Dr. Jarolim: Verstanden worden ist!) Was wollen Sie uns damit mitteilen?

Erstens einmal frage ich mich: Warum teilen Sie und nicht die Frau Ministerin uns das mit? (Abg. Steibl: Weil sie noch nicht gesprochen hat!) – Frau Bundesministerin, einen Rest von Würde sollten Sie auch haben, nämlich selbst darüber zu entscheiden, wie Sie mit der Studie umgehen, und sich nicht von Frau Kollegin Steibl irgendwie


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153. Sitzung / Seite 128

vorschreiben zu lassen, wann Sie die Studie inhaltlich in Ansicht genommen haben. (Abg. Steibl: Sie wissen ganz genau, dass die Frau Ministerin spricht, nachdem die Abgeordneten gesprochen haben!) – Punkt eins war das.

Zweitens: Wenn Sie mir sagen, Frau Kollegin Steibl: erst dann, wenn sie „inhaltlich ... in Ansicht genommen“ wurde, dann vermute ich, dass da auch inhaltlich noch etwas redigiert werden wird. Da werde ich grundsätzlich misstrauisch. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ. – Abg. Steibl: Der Schelm denkt so, wie er ist!) Aber das sei nur einmal angemerkt, Frau Kollegin Steibl, da haben wir unsere Erfahrungen mit Vertretern der Regierungsparteien, tut mir Leid! (Abg. Steibl: Weil euch nichts Besseres einfällt!) Das war nicht in Ihre Richtung gesprochen, Frau Bundesministerin, ich lasse mich gern auch von etwas Positivem überraschen. Aber darüber gibt es entsprechende Erfah­rungswerte, wie versucht wurde, solche Studien noch in Ansicht für die Öffentlichkeit zu frisieren. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich verstehe noch etwas nicht, Frau Kollegin Steibl. Da wird nun über die uns bisher vorliegenden Ergebnisse diskutiert. Jetzt sage ich, wenn man das liest, was die Frau Bundesministerin im Familienausschuss an uns verteilt hat, dann ist eines klar – und darauf hat auch Frau Kollegin Kuntzl hingewiesen –: dass das Kinderbetreuungsgeld mit einem erklärten Ziel der Frau Bundesministerin oder des Ressorts nicht konform geht. Das erklärte Ziel war, den beruflichen Einstieg zu erleichtern, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie durch das Kinderbetreuungsgeld zu erhöhen. Die Studie kommt zum gegenteiligen Schluss, und das steht auch so drin.

Darüber müssten wir diskutieren, Frau Kollegin Steibl, denn wenn es ein Ziel gab und die Studie – oder dieser kümmerliche Teil einer Studie, der uns vorliegt und von uns in Ansicht genommen werden durfte – besagt, dass das nicht erreicht wurde und dass es da Probleme gibt, dann kann man nicht hergehen und so tun, als ob da nichts wäre.

Entschuldigung, Frau Kollegin Steibl, noch eines fällt mir bei dieser Herangehensweise auf. Ich kenne auch Äußerungen von Ihnen und habe sie noch in Erinnerung, da waren Sie wesentlich skeptischer. Das sei auch einmal festgestellt: Auch Sie waren wesent­lich skeptischer. (Abg. Steibl: Aber nicht gegen das Kinderbetreuungsgeld, bitte! – Zwischenruf des Abg. Dr. Jarolim.)

Aber mir fällt bei dieser Herangehensweise immer die FPÖ ein, Frau Kollegin Steibl; damals hat sie noch einfach FPÖ geheißen, und man hat nicht nachfragen müssen, wer eigentlich damit gemeint war. Im Jahre 1999 hat in Kärnten, als der werte Herr Landeshauptmann Haider das Kindergeld (Abg. Steibl: Das ist eine Landessache! Das hat mit dem Bund nichts zu tun!), den Kinderscheck in Kärnten als Vorläufermodell eingeführt hat ... (Abg. Steibl: Das ist eine Landessache und hat mit dem Bund nichts zu tun!) – Lassen Sie mich bitte reden, Sie waren ohnehin schon dran.

Als Haider das eingeführt hat, hat es einen Werbespot gegeben, und dieser Werbespot hat gelautet: „Feistritz tagesmutterfrei“ und „Deutsch Griffen tagesmutterfrei“, und das wurde als ein „Erfolg des Kindergeldes“ dargestellt! Bis sich die ganze Öffentlichkeit in Kärnten – und nicht nur in Kärnten – aufgeregt und gesagt hat: Na „sauber“, das verstehen wir nicht unter dem Kindergeld oder Kinderbetreuungsgeld, dass es dann keine Betreuungseinrichtungen mehr gibt! – Genau das war aber intendiert!

Als Erfolg wurde es dargestellt, dass es in diesen beiden Gemeinden, in denen man es eingeführt hat (Abg. Bucher: Danke, Jörg!), nicht einmal mehr Tagesmütter oder Tageseltern gegeben hat – von Kindergärten oder sonstigen Betreuungseinrichtungen ganz zu schweigen.

Da fällt mir in weiterer Folge auch noch ein, was dieser erwähnte Landeshauptmann, ebenfalls im Jahr 1999, darüber gesagt hat, warum er das Kinderbetreuungsgeld


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153. Sitzung / Seite 129

haben will: Weil dann der Arbeitsmarkt von den Frauen geräumt ist, weil dann der Arbeitsmarkt wieder frei für die Männer ist, dann haben die mehr Platz auf dem Arbeitsmarkt. (Abg. Bucher: Was ist das für ein Blödsinn?) – Nein, nicht „so ein Blödsinn“! (Zwischenruf der Abg. Mag. Trunk.) Frau Bundesministerin, ich kann Ihnen die Zitate nachliefern, das hat Ihr Bruder gesagt! Es ist so, er hat es öffentlich erklärt, und nicht im Geheimen.

Genau diese zwei Sachen, dieser Werbespot „Feistritz tagesmutterfrei“ und „Deutsch Griffen tagesmutterfrei“ (Abg. Dr. Matznetter: Was ist das überhaupt für eine Diktion?) sowie die Erklärung des Herrn Haider im Jahr 1999: Wir brauchen das, damit der Arbeitsmarkt geräumt ist!, illustrieren die eigentliche Intention zumindest eines Teils derjenigen, die so fleißig nach dieser Form des Kinderbetreuungsgeldes gerufen haben. Und jetzt kommt ein Ergebnis heraus ... (Abg. Steibl: Herr Öllinger! Das ist so eine Unterstellung!)

Was ist eine Unterstellung? (Abg. Steibl: Das ist eine Landessache von Kärnten und hat mit dem Bund nichts zu tun!) Das war genau so! Das war genau so, wie das Kinderbetreuungsgeld, das Sie nachher gemacht haben. (Abg. Steibl: Die ÖVP war ...!) Da gibt es keine Differenz. (Abg. Steibl: Sie machen es sich wirklich leicht!) Und was ist die Unterstellung? Das, was der Herr Landeshauptmann gesagt hat, und das, was die FPÖ gesagt hat? – Ja, das ist eine Unterstellung, eine bösartige; aber die kommt nicht von mir, werte Frau Steibl! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

Jetzt stellt die Studie fest: ja, es ist so, die Frauen haben mehr Schwierigkeiten; und Sie sagen wahrscheinlich auch daraufhin: das ist eine bösartige Unterstellung, die Öllinger und Frau Kollegin Kuntzl aus der Studie herauslesen. Und damit sie nicht weiterhin Gefahr laufen, solche bösartigen Unterstellungen aus den kümmerlichen Teilen dieser Studie herauszulesen, präsentieren wir die Studie überhaupt nicht, sondern sie wird noch inhaltlich nachbearbeitet, und dann zeigen wir sie her.

Frau Bundesministerin, wenn Sie nichts zu verbergen haben, dann erklären Sie uns, warum Sie nicht hier und jetzt, heute oder morgen diese Studie präsentieren. – Dies hier nur als Anmerkung.

Im Übrigen: Dem Antrag, der Verbesserungen für Mehrlingsgeburten vorsieht, stimmen wir natürlich, obwohl er eine relativ bescheidene Änderung darstellt, gerne zu. (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

19.39


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Dipl.-Ing. Achleitner. – Bitte. (Abg. Dr. Jarolim: Was ist mit der Studie? – Abg. Dr. Cap: Sie hören die Wahrheit nicht gern! – Abg. Dr. Jarolim: Das ist doch unseriös! – Abg. Dr. Cap: Die Wahrheit muss man hören! – Abg. Steibl: Ja, die Wahrheit ist zu hören, wenn man bei der Sache bleibt ...! – Abg. Dr. Cap: Die Wahrheit ist zumutbar!)

 


19.39.39

Abgeordnete Dipl.-Ing. Elke Achleitner (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Herr Kollege Öllinger! Frau Kollegin Kuntzl! Ich denke, es hat wirklich nur einer das Ziel nicht erreicht: Das sind Sie, Sie von den Grünen und von der SPÖ, weil Sie es nicht schaffen, das Kinderbetreuungsgeld wirklich schlecht zu machen! Sie versuchen es zwar mit aller Gewalt, aber Sie schaffen es eben leider nicht, und darum versuchen Sie ständig, uns irgendwelche Unterstellungen darzulegen. (Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Der Evaluierungsbericht und weitere Studien charakterisieren das Kinderbetreuungs­geld. (Abg. Dr. Cap: Was sagen Sie zur Wahrheit?) Darauf komme ich noch zu sprechen, Herr Klubobmann Cap! – Das Kinderbetreuungsgeld charakterisiert eine


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Ausweitung, die Wahlfreiheit und, was ganz besonders bedeutend ist, die Zufriedenheit all jener, die Kinderbetreuungsgeld beziehen.

Die Ausweitung ist ein ganz wichtiger Aspekt, denn während der Zeit des alten Karenzgeldes gab es einige Frauen oder auch Männer, die keine Chance hatten, Karenzgeld zu bekommen, nämlich genau jene, die nicht erwerbstätig waren. Der Erfolg zeigt es auch: Im Jahr 2000 gab es 70 000 Bezieher des Kinderbetreuungs­geldes, und im Jahr 2006 waren es 170 000, weil auch Hausfrauen, Studentinnen, Studenten, Schülerinnen und Bäuerinnen jetzt die Chance haben, Kinderbetreu­ungs­geld zu bekommen.

Frau Kollegin Kuntzl, ich denke schon, dass es ein Erfolg ist, dass alle Frauen die Chance haben, Kinderbetreuungsgeld zu bekommen, und nicht nur ein ausgesuchter Teil, den Sie eben damals charakterisiert haben. (Abg. Mag. Kuntzl: Das ist das Einzige, was positiv hervorzuheben ist!) Ja, das haben Sie aber nicht dargestellt, bei Ihnen ist ja alles negativ. – Also schon der erste positive Punkt, den Sie jetzt auch zugeben!

Das Zweite ist die Wahlfreiheit, ein oberstes Prinzip, das in unserer Familienpolitik ein ganz wichtiges Schwergewicht hat. Während des Bezuges des alten Karenzgeldes bestand überhaupt ein Berufsverbot. Sie sagen jetzt, Frauen haben keine Chance, in den Beruf einzusteigen – aber damals war es egal! Damals durften sie gar nicht arbeiten, sie hatten ein De-facto-Berufsverbot, sie konnten nur geringfügige Beschäf­tigun­gen angehen. (Abg. Walch: Ja, so war das!) Jetzt gibt es die Möglichkeit, eine Zuverdienstgrenze zu nutzen, dass man einen Fuß im Job hat und dann auch Erleichterungen beim Wiedereinstieg hat.

Genau dieses Faktum gibt uns auch Recht. Wenn wir entsprechende Studien ganz genau anschauen, dann zeigt sich, dass nach drei Jahren über 68,5 Prozent der Frauen wieder im Beruf sind. Damit sind wir im europäischen Spitzenfeld! Und da sagen Sie, die Frauen haben nachher ein Problem, in den Beruf einzusteigen?! – Schauen Sie sich einmal ganz genau die konkreten Zahlen an, dann werden Sie uns auch darin Recht geben, dass über ein Viertel der Frauen diese Zuverdienstgrenze nutzen und dass nach dem Kinderbetreuungsgeld fast zwei Drittel der Frauen wieder in den Beruf einsteigen und auch die Chance und die Möglichkeit haben, einzusteigen.

Ein ganz wichtiger Aspekt des Kinderbetreuungsgeldes, der durch eine OGM-Studie untermauert wird, ist, dass über 75 Prozent der Bezieher und Bezieherinnen mit dem Bezug des Kinderbetreuungsgeldes zufrieden sind. Auch das können Sie nicht wegleugnen. Das gibt uns ganz einfach die Sicherheit, dass wir mit diesem Modell auf dem richtigen Weg sind. (Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist natürlich wichtig und notwendig, dass das Kinderbetreuungsgeld nach den Bedürfnissen der Eltern weiterentwickelt wird. Ein zentrales Handlungsfeld ist es auch, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu fördern – und deswegen fordern wir die Aufhebung der Zuverdienstgrenze –, aber gleichzeitig die Väterbeteiligung noch mehr zu forcieren, damit die Vereinbarkeit von Familie und Beruf nicht gänzlich auf den Schultern der Frauen lastet.

Sehr geehrte Damen und Herren! Das heißt, wir werden uns auch in Zukunft anstren­gen. Die Familienministerin Ursula Haubner ist ein Garant dafür, dass das bisher erfolgreiche Modell zur Unterstützung von Familien fortgesetzt, ausgebaut und auch in Zukunft weiterentwickelt wird. (Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

19.44



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Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Binder-Maier. – Bitte.

 


19.44.27

Abgeordnete Gabriele Binder-Maier (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Frau Kollegin Achleitner, es geht nicht darum, das Kindergeld schlecht zu machen. (Zwischenrufe bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.) Es geht darum, ob das Kindergeld, das Kinderbetreuungsgeld eine Unter­stützung für die Frauen in der Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist. (Abg. Steibl: Jetzt haben Sie den Bericht ...!) – Ich komme noch auf den Bericht zurück.

Zum Zweiten, Frau Kollegin Achleitner: Nicht ein „ausgesuchter“ Kreis von Frauen oder Menschen hat früher das Karenzgeld bezogen. (Abg. Walch: Sicher!) Es waren die erwerbstätigen Frauen, und es war dies ein Ersatzeinkommen für entgangene Leistungen aus dem Berufsleben. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Meine Damen und Herren! Ein Vorteil ist es natürlich, dass jetzt alle Frauen Kindergeld bekommen. (Demonstrativer Beifall bei der ÖVP.) Das kann ein Vorteil sein. Die Studie beweist aber (Zwischenrufe bei der ÖVP) – nicht so aufregen, meine Damen und Herren! –, dass es Mängel gibt, und darum geht es uns. Wir möchten Veränderungen herbeiführen, und wir laden Sie dazu ein; wir haben unsere Anträge eingebracht. Ich bedauere es, dass Sie diesen nicht zustimmen, denn es geht um eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Mütter und für Väter.

Um vielleicht noch mit einer letzten Mär aufzuräumen, Frau Kollegin Achleitner: Es gab die Teilzeitkarenz, auch da konnten Frauen neben dem Bezug erwerbstätig sein. Sie er­zählen immer das Gleiche, und wir erzählen Ihnen auch immer wieder das Gegenteil. (Abg. Rossmann: ... das geht ja jetzt auch!)

Meine Damen und Herren! Auf den Punkt gebracht, der Kurzbericht zeigt die Probleme auf. (Zwischenrufe bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.) Die Kritikpunkte liegen auf Grund der Evaluierung des Kinderbetreuungsgeldes vor, und sie wurden von meiner Kollegin schon angeführt. Das Kinderbetreuungsgeld dient nicht dazu, dass die Frauen mehr Wahlfreiheit haben, dass sie mehr Flexibilität haben oder es einen Einfluss auf die Realisierung des Kinderwunsches hätte. – Frau Kollegin Achleitner, schwarz auf weiß! Vielleicht gibt es uns die Frau Ministerin bunter, vielleicht ent­sprechen die Kritikpunkte dann mehr Ihren Interessen, aber man kann die Nachteile nicht wegreden.

In diesem Sinne werden wir den Änderungen, die Sie jetzt vorgeschlagen haben, zustimmen. Und unseren Antrag – da seien Sie sich sicher! – werden wir wieder einbringen, weil es um die Verbesserung für die Frauen in unserem Land geht. (Abg. Steibl: Sie werden ihn einbringen, weil die Wahl ...!) – Schimpfen Sie nicht so. (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

19.47


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Stadler. – Bitte. (Abg. Dr. Cap – in Richtung ÖVP –: Wer hat Ihnen verboten, mit uns mitzugehen?)

 


19.47.22

Abgeordnete Astrid Stadler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Geschätzte Damen und Herren! Die vorliegende Regierungsvorlage bein­haltet zwei Verbesserungen. Ich möchte aber zunächst auf den Antrag der Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ eingehen.


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Frau Kollegin Binder, Frau Kollegin Kuntzl, Sie kommen hierher und sagen: Ein Gesetz, das an sich gut ist und Verbesserungen mit sich gebracht hat, sei reform­bedürftig. Irgendwo ist es schon eigenartig, dass Sie den Zickzackkurs Ihres Vorsit­zenden bereits ganz gut gelernt haben.

Ich darf Sie einfach daran erinnern, welches Gesetz Sie haben wollten, denn Sie haben nicht zugestimmt! Ich frage mich schon, wo Ihre Maßschneiderei bei Ihrem Modell war; so lange ist es ja nicht her. Ihr Modell sah vor, dass es weniger Bezieherinnen gab – jetzt haben Sie es als Vorteil herausgestrichen, dass es mehr gegeben hat –, es gab keine Wahlfreiheit, es gab ein De-facto-Berufsverbot, es gab kein Recht auf Teilzeit. Das war die Ausgangslage. (Abg. Binder-Maier: Das stimmt einfach nicht! Sie sagen wider besseres Wissen die Unwahrheit! Es stimmt nicht!)

Diese Bundesregierung hat das Kinderbetreuungsgeld in dieser Form beschlossen, und sie hat dazu beigetragen, dass es mehr Bezieherinnen gibt, dass es mehr Wahl­freiheit gibt, dass man überhaupt über die Vereinbarkeit von Familie und Beruf diskutiert und dass es eine Verbesserung und mehr Geld über einen größeren Zeitraum gibt. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

Lieber Kollege Öllinger, es heißt „Kinderbetreuungsgeld“, und wir unterscheiden uns eben: Sie und auch die Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ betonen „Geld“ – wir setzen die Betonung auf „Kinder“ und „Betreuung“. (Zwischenrufe bei der SPÖ und den Grünen.) In dieser Studie, die Sie so nachdrücklich erwähnt haben, steht, dass der Großteil der Bezieherinnen damit zufrieden ist, und es steht auch drin, dass drei Viertel der jungen Eltern den Wunsch haben, ihr Kleinkind nach Möglichkeit selbst zu betreuen. Auch das sollten Sie einmal erwähnen. (Abg. Öllinger: Dann kennen Sie schon mehr von der Studie als ich!) Und Sie sollten den Kindern zuliebe die Betonung auf „Kinder“ und „Betreuung“ legen! (Beifall bei der ÖVP.)

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Meine Zeit ist vorbei. (Rufe bei der ÖVP: Die Redezeit! – Abg. Steibl: Nur die Redezeit!) Die Redezeit ist vorbei, ja, danke! Ich komme zum Schluss.

Sie sollten sich ganz einfach einmal eingestehen, dass das Kinderbetreuungsgeld eine der größten familienpolitischen Errungenschaften ist, dass es Ihnen eben nicht gelun­gen ist und dass wir es gemacht haben – zum Wohle der Menschen, zum Wohle der jungen Familien und unserer Kinder! Daher bitte ich einfach darum, dass Sie trotz Wahl daran denken, dass wir für die Zukunft der Kinder verantwortlich sind und dass wir an sie denken sollten – und nicht nur an das Geld. (Beifall bei der ÖVP sowie bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.)

19.49


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Schönpass. – Bitte. (Abg. Mag. Molterer: Es ist aber nicht „Kohle und Dampf“! Das ist nämlich die Landesausstellung in Ampflwang!)

 


19.50.15

Abgeordnete Rosemarie Schönpass (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Ge­schätzte Kolleginnen und Kollegen! Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie ist in Österreich noch lange nicht erreicht, das wissen wir alle. Echte Vereinbarkeit von Beruf und Familie bedeutet für uns, dass das Kinderbetreuungsgeld so flexibel sein muss, wie es die Mütter und Väter in ihrem Berufsleben sein müssen. Wenn ein Elternteil kürzer als die gesamte Bezugsdauer beim Kind bleiben möchte und früher wieder in den Beruf zurück möchte oder muss, dann soll sich das Kindergeld diesen Anfor­derungen anpassen können und kürzer, dafür aber entsprechend höher ausbezahlt werden.


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Vor allem für Frauen würde eine solche Flexibilisierung den Wiedereinstieg in den Beruf erleichtern. Verschiedene Studien haben ja inzwischen bewiesen, dass das Kinderbetreuungsgeld in der derzeitigen Form die Frauen eher daran hindert, nach einer Geburt wieder in den Beruf zurückzukehren. Auch für Männer ist es nicht leichter geworden, in Karenz zu gehen. Nicht nur gibt das Kindergeld in der derzeitigen Form kaum einen Anreiz dazu, auch der Druck auf dem Arbeitsplatz hat enorm zuge­nommen. Wenn jemand ohnehin schon um seinen Arbeitsplatz fürchtet, wird er sich sehr gut überlegen, ob er es sich überhaupt leisten kann, in Karenz zu gehen.

Wir brauchen also nicht nur mehr Anreize für Väter, damit sie auch einen Teil der Kinderbetreuung übernehmen, sondern wir brauchen auch einen Arbeitsmarkt, in dem die Versprechen der Familienpolitik eingelöst werden können. Ihre Arbeitsmarktpolitik, meine Damen und Herren von der Bundesregierung, ist dazu nicht geeignet!

Ein anderer sehr wichtiger Punkt (Abg. Walch: Wer hat denn die Rede geschrie­ben?) – Sie nicht, Herr Kollege Neudeck (Abg. Neudeck: Nein, ich war es nicht! – weitere Zwischenrufe) – ist die außerfamiliäre Kinderbetreuung. (Abg. Binder-Maier: ... der Zwischenruf! Der passt gerade nicht bei der Kollegin Schönpass!) Die SPÖ-For­derung nach einem Rechtsanspruch auf einen Kinderbetreuungsplatz für Kinder von Alleinerziehenden ab dem ersten Lebensjahr schließt selbstverständlich die Forde­rungen nach ausreichenden finanziellen Mitteln für die Gemeinden mit ein, denn ohne zusätzliche Ressourcen können die Gemeinden ihre Kinderbetreuungsangebote nicht aufrechterhalten oder gar ausbauen. (Abg. Steibl: Haben Sie Ganztagsbetreuung in Ihrer Gemeinde?) Ja.

Wenn die Bundesregierung echte Vereinbarkeit von Beruf und Familie schaffen will, so muss sie auch jene besser unterstützen, die für die Betreuungsplätze verantwortlich sind. Das sind in Österreich vor allem die Gemeinden.

Meine Damen und Herren von der Bundesregierung! Ich fordere Sie dazu auf, in diesem Sinne endlich wirksame Rahmenbedingungen für eine echte Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu schaffen. – Danke. (Beifall bei der SPÖ.)

19.53


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mittermüller. – Bitte.

 


19.53.49

Abgeordnete Marialuise Mittermüller (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Trotz ständiger Kritik von Seiten der Opposition lässt sich daran nichts ändern: Die Evaluierung des Kinderbetreuungsgeldes zeigt die erfolgreiche Familienpolitik dieser Bundesregierung und unserer Bundesministerin Ursula Haubner deutlich auf. Ich möchte dabei auch auf die gesamten Familien­leistungen des Jahres 2005 verweisen, die in Höhe von 5,7 Milliarden € ausbezahlt wurden, davon allein an Familienbeihilfe 2,9 Milliarden € und 1,4 Milliarden € an Kin­der­betreuungsgeld. (Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Durch das Kinderbetreuungsgeld wurde endlich erreicht, dass die Familienarbeit als Leistung anzuerkennen und auch abzugelten ist. Entgegen den Ausführungen der Vorrednerinnen von den Oppositionsparteien zeigen die Daten aus der Studie zur Evaluierung sehr gute Ergebnisse. Es gibt einen sehr, sehr hohen Zufriedenheitsgrad der Bezieherinnen des Kinderbetreuungsgeldes: Mit 75 Prozent und zwei Dritteln darf man da wirklich sehr zufrieden sein. Auch der Geburtenrückgang wurde gestoppt. Wir nähern uns jetzt wieder der Grenze von 80 000 Geburten im Jahr; im Jahr 2001 waren wir schon in Richtung von 70 000 Geburten jährlich unterwegs.


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Es wurde von Kollegin Stadler vorhin schon erwähnt, dass das Kinderbetreuungsgeld und der Evaluierungsbericht darüber auch deutlich zeigen, dass dem Wunsch der Eltern nach Betreuung ihrer Kleinkinder entsprochen wird und dass das auch sehr positiv bemerkt wurde. Die Reduzierung der Armutsgefährdung ist ein weiterer posi­tiver Punkt zum Kinderbetreuungsgeld. (Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ.) 541 € ist dieser Bundesregierung ein Kleinkind – Kinderbetreuungsgeld inklusive Familienbeihilfe – wert.

Zu dem Vorwurf des Kollegen Öllinger, dass Mütter vom Arbeitsplatz verdrängt werden, ist zu sagen, dass 78 Prozent der Frauen mit Kindern bis zum 15. Lebensjahr erwerbstätig sind. Das ist immerhin ein sehr, sehr hoher Erwerbstätigkeitsgrad. Auch die Teilzeitbeschäftigung kommt den Frauen sehr entgegen. Es sind nur 9 Prozent unfreiwillig teilzeitbeschäftigt; 91 Prozent wollen diese Teilzeitbeschäftigung, um familiengerechte Arbeitsmöglichkeiten zu haben. (Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Mit dem heutigen Beschluss, den Mehrlingszuschlag von 218 € pro Kind den Eltern auch nach der Geburt eines weiteren Kindes auszubezahlen, gehen wir einen Schritt weiter in der Erfolgsgeschichte des Kinderbetreuungsgeldes, denn damit erhalten bei­spielsweise Eltern von Zwillingen bei der Geburt eines weiteren Kindes 1 045 € monatlich an staatlicher Familienleistung ausbezahlt.

Das Kinderbetreuungsgeld ist und bleibt eine Erfolgsgeschichte – danke, Frau Bun­desminister! (Beifall bei Abgeordneten von Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

19.57


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Pfeffer. – Bitte.

 


19.57.11

Abgeordnete Katharina Pfeffer (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine Damen und Herren! Die uns vorliegende Zusammenfassung der Evaluierung des Kinderbetreuungsgeldes zeigt eindeutig auf – und ich werde, soweit es meine Zeit erlaubt, auf einige Ergebnisse eingehen –, dass dringender Handlungsbedarf zur Refor­mierung gegeben ist. (Abg. Prinz: Ist doch die Studie ...!) Denn anstelle Ihrer oft zitierten Wahlfreiheit gibt es in vielen Fällen für junge Mütter und Väter den Zwang, sich für oder gegen Berufstätigkeit während und nach der Babypause zu entscheiden.

Meine Damen und Herren! Mütter wollen beides: Beruf und Kind. Aber gut ausge­bildeten Frauen werden durch die bestehende Form des Kinderbetreuungsgeldes Karrierechancen und oft sogar die Zukunftschancen genommen. Sehr geehrte Frau Bundesminister, ich kann mir nicht vorstellen, dass Sie das wollen!

Tatsache ist, dass es unterschiedliche Angebote an Kinderbildungseinrichtungen in unserem Land gibt. Es darf doch keinen Unterschied machen, ob man in der Stadt oder auf dem Land lebt, wenn es um die Kinderbildung geht! Jedes Kind in Österreich, meine Damen und Herren, hat das Recht auf einen Kinderbildungsplatz. Unser bereits eingebrachtes Kinderbetreuungs-Grundsatzgesetz – wir nennen es „Clever Kids“-Programm“ – erfüllt diesen Rechtsanspruch. Damit steigen die Chancen der jungen Frauen, zeitgerecht wieder in das Berufsleben einsteigen zu können. (Abg. Steibl: Dann dürft ihr aber nicht den Kündigungsschutz für 30 Monate verlangen! Ihr wider­sprecht euch da!) Damit steigen aber auch die Chancen, liebe Frau Kollegin, dass unsere Kinder schon von ganz klein auf jene Bildung erhalten, die für ihren Lebensweg von besonderer Wichtigkeit ist. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich habe keine Zeit, ich kann euch nicht antworten. Lasst mich bitte fertig reden, und hört euch bitte unsere Vorschläge an!


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Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ein weiterer Schritt wäre auch die Einführung des „Papa-Monats“. Auch hier soll den Vätern, vor allem den jungen Vätern, die Möglichkeit gegeben werden (Abg. Steibl: Ist ein Vater auch mit 40 ...?), einen Monat nach der Geburt bei der Kinderbetreuung mit dabei zu sein und weder seinen Lohn noch seinen Arbeitsplatz zu verlieren.

Meine Damen und Herren von den Regierungsparteien! Überlegen Sie sich unsere Vorschläge! Trotzdem werden wir den Mini-Verbesserungen im Kinderbetreuungs­geldgesetz unsere Zustimmung erteilen. (Beifall bei der SPÖ.)

19.59


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesminister Haubner. – Bitte.

 


19.59.46

Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Ursula Haubner: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich freue mich, dass das Parlament einstimmig einer weiteren Verbesserung des Mehrlings­kinderzuschlages zustimmen wird, eines Mehrlingskinderzuschlages, den wir 2004 eingeführt haben, der ein großer Wunsch der Eltern gewesen ist und der – gerade wenn wir ihn mit dem ehemaligen Karenzgeld vergleichen, bei dem es keinen Zuschlag in Höhe von 50 Prozent gegeben hat, sondern maximal 29 €, wenn jemand Zwillinge oder Drillinge gehabt hat – eine wesentliche Verbesserung ist.

Diese Verbesserung ist eine von vielen, die wir während der Laufzeit des Kinder­betreuungsgeldes innerhalb der letzten vier Jahre vorgenommen haben. Ich möchte darauf hinweisen, dass wir 2004 die Höhe der Zuverdienstgrenze beim Zuschuss erhöht haben. Ich möchte darauf hinweisen, dass wir eine Härtefall-Verordnung eingeführt haben mit bis zu 15 Prozent Überschreitung des Kinderbetreuungsgeldes, dass die Zinsen beim Kinderbetreuungsgeldzuschuss entfallen, weil es sich hier vor allem um Familien handelt, die die finanziellen Mittel in der ersten Phase der Kinder­betreuung sehr dringend benötigen. Wir haben eine Nachfristsetzung bei den Mutter-Kind-Pass-Untersuchungen gemacht, und wir haben vor allem die Günstigkeitsregel – das soll heute beschlossen werden – für Bezieher von Notstandshilfe ebenfalls verbessert beziehungsweise wir werden sie verbessern.

Daher sage ich, meine Damen und Herren, dass das Kinderbetreuungsgeld, das wir 2002 als eine universelle Familienleistung eingeführt haben, ein wesentlicher Beitrag zur Unterstützung der Familien in einer Zeit, in einer Phase ist, in der sie besondere Unterstützung brauchen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Das Kinderbetreuungsgeld ist kein Ersatz für Einkommen, kein Ersatz für Lohn, sondern das Kinderbetreuungsgeld ist eine wichtige Familienleistung unter vielen in der österreichischen Familienpolitik, eine unter vielen. Ich denke, jeder von Ihnen hier im Plenum weiß, wie hoch die Familienleistungen in Österreich sind, angefangen von der Familienbeihilfe über den Mehrkinderzuschlag, über Leistungen wie freie Schulbücher, freie Schulfahrten und Ähnliches.

Das Kinderbetreuungsgeld ist also eine Maßnahme neben vielen anderen. Ich möchte auch noch einmal auf eines hinweisen, das in der Diskussion immer wieder vergessen wird oder bewusst nicht beachtet wird, dass nämlich mit der Einführung des Kinder­geldes ein Paradigmenwechsel auch in der Familienpolitik stattgefunden hat, weil wir gerade in dieser Zeit die Familienleistungen besonders anerkennen, nicht nur durch Geld, sondern auch durch Zeiten der Pensionsanrechnung, die bis 2002 Ersatzzeiten und keine Beitragszeiten gewesen sind, dadurch, dass wir die Zeiten für die Abfer-


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tigung anrechnen, dass wir auch in diesem Zusammenhang Familienhospiz-Karenz eingeführt haben und vieles mehr. Den Familien kommen also jene Leistungen zu, die sie brauchen und die auch notwendig sind. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Nun zur Evaluierung, die auch immer wieder angesprochen wird. Ich wiederhole das, was ich schon im Ausschuss gesagt habe. Ich bitte, bei den Zielen der Evaluierung auch korrekt zu bleiben und nicht immer nur von einem Ziel zu reden. Ich habe Ihnen im Ausschuss sehr umfassend dargestellt, dass verschiedene Ziele in die Evaluierung einbezogen wurden.

Ziel eins war, zu überprüfen, ob die Wahlfreiheit und die Vereinbarkeit von Beruf und Familie sich verbessert haben. Die Wahlfreiheit hat sich absolut verbessert und ebenso die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Rund ein Viertel der Bezieherinnen sind während dieser Zeit berufstätig. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Ein zweites Ziel war, die Erhöhung der Väterbeteiligung zu überprüfen. Die Väter­beteiligung hat sich im Vergleich zu 1999 massiv erhöht. (Abg. Öllinger: Na bitte!) Man kann jetzt sagen, das ist zu wenig. Da gebe ich Ihnen Recht, dass wir in diesem Punkt sicher noch mehr tun können, aber die Väterbeteiligung hat sich durch die Zurver­fügung­stellung dieser sechs Monate wesentlich erhöht.

Ein Ziel war auch, die Zufriedenheit der Eltern zu prüfen. Die Zufriedenheit ist eine sehr breite und eine sehr positive. Zwischen 70 und 80 Prozent der Eltern äußern ihre Zufriedenheit.

Ein weiteres Ziel war, die Armutsvermeidung zu überprüfen. Wie kann das Kin­derbetreuungsgeld zur Armutsvermeidung beitragen? Auch hier geben die Zahlen ganz klar die Auskunft, dass gerade im niedrigen Einkommensbereich die Familien durch den Bezug des Kinderbetreuungsgeldes nicht unter die Armutsschwelle fallen. (Abg. Öllinger: Wie ist das bei den Alleinerzieherinnen?)

Ein weiteres Ziel war, festzustellen, wie sich das Kinderbetreuungsgeld auf das Geburtenverhalten auswirkt. Hier ist es ganz klar, und damit sage ich ja nichts Neues, dass das Kinderbetreuungsgeld alleine sicher keinen Geburtenanstieg bewirkt. Hiezu bedarf es verschiedener Maßnahmen. (Abg. Mag. Kuntzl: Das steht alles ganz anders in der Studie!) Ich nenne Ihnen nur die Ziele, die abgefragt wurden, die Ziele und die Ergebnisse. (Abg. Dr. Partik-Pablé: Aufpassen und genauer zuhören!)

Ein Letztes noch: Welche Impulse haben sich für den Wiedereinstieg ergeben? Gibt es positive Impulse? – Das möchte ich noch einmal betonen: Das waren also die Ziele bei der Evaluierung des Kinderbetreuungsgeldes. Es ist daher ein wichtiges Ergebnis, dass wir insgesamt von einer hohen Zufriedenheit der Eltern mit Dauer und Höhe des Kinderbetreuungsgeldes sprechen können. Mit dieser Familienleistung haben wir den richtigen Weg eingeschlagen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Ich sage auch das noch einmal, was ich im Ausschuss bezüglich der Studie gesagt habe. Ich verwahre mich dagegen, wenn behauptet wird, dass hier seitens unseres Ressorts inhaltlich nachgebessert werden soll. (Abg. Steibl: Genau! Eine Unterstellung ist das!) Das Ministerium hat diese Evaluierung in den letzten vier Jahren mit För­dermitteln begleitet, Fördermitteln, die zur Evaluierung dieser Ziele zur Verfügung gestellt wurden. Sie wissen, dass verschiedene Teilergebnisse in den letzten Jahren vorgestellt wurden. Diese Studie, die im Eigentum, im Besitz des ÖIF ist, wie jede andere Studie auch, die seitens unseres Hauses gefördert wird, ist Ihnen seitens des ÖIF in dieser Zusammenfassung zur Verfügung gestellt worden. (Abg. Dr. Nieder­wieser: Da haben Sie aber einen schlechten Vertrag ausgehandelt!) Das ÖIF hat sich


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vorbehalten, alle anderen wichtigen Inhalte und Ziele in den nächsten Monaten wissenschaftlich zu publizieren und darzustellen.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Auf eines möchte ich schon auch noch hinweisen, weil hier der Kärntner Landeshauptmann zitiert wurde, dass das Kindergeld den Arbeitsmarkt – ich weiß nicht, wie das Kollege Öllinger gesagt hat – „ausräumen“ soll oder so ähnlich. Ein schreckliches Wort! (Abg. Öllinger: Genau das war der Begriff!)

Ich weiß nicht, welche Meldungen Sie vom Landeshauptmann kennen, ich kenne nur die, dass er ganz klar gesagt hat, dass das Kindergeld eine enorme Verbesserung für die Situation der Frau bringt, und das ist unsere Vorstellung, denn damit wird der Weg zurück in den Beruf ermöglicht. Das ist das, was mir zur Verfügung steht. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Wenn Sie von tagesmütterfrei sprechen, so ist mir nicht bekannt, dass es einen tages­mütterfreien Ort in Kärnten gibt. Was mir bekannt ist, ist, dass erst vor einigen Wochen die Regierung in Kärnten mit den Stimmen der ÖVP und des BZÖ das Projekt der mobilen Tagesmütter-Betreuung beschlossen hat. (Die Abgeordneten Steibl und Mag. Regler: Sehr gut!) Hier ist Kärnten federführend und auch wieder Vorbild für sämtliche andere Bundesländer in Österreich. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

Daher bitte ich wirklich, auch einmal zur Kenntnis zu nehmen, dass es hier etwas gibt, mit dem ein Großteil der Eltern zufrieden ist. Diese Familienleistung werden wir auch weiterentwickeln und wenn notwendig auch noch weiter verbessern. Ich werde aber an dieser Form der Familienpolitik festhalten, einer Politik, die verschiedene Maßnahmen setzt, damit einerseits Beruf und Familie vereinbar sind, aber andererseits auch die Leistungen, die zu Hause für die Familien erbracht werden, dementsprechend abgegolten und wertgeschätzt werden. – In diesem Sinne danke. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

20.10

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Lentsch. – Bitte. (Abg. Öllinger: Es ist ohnehin gut, dass Sie nicht alle Aussagen Ihres Bruders kennen! – Bundesministerin Haubner: Es ist gut, dass ich nicht alle Ihre Aussagen kenne!)

 


20.10.13

Abgeordnete Edeltraud Lentsch (ÖVP): Herr Präsident! Geschätzte Frau Bundes­ministerin! Sehr geehrte Damen und Herren! Hohes Haus! Das Kinderbetreuungsgeld für alle ist eine echte Erfolgsgeschichte. Das ist eine Tatsache, die inzwischen auch denen bewusst sein sollte, die dagegen gestimmt haben. 75 Prozent der Frauen sind mit diesem Kinderbetreuungsgeld zufrieden. Die Frau Bundesministerin hat das vorhin bereits angeschnitten. 170 000 Frauen beziehen zurzeit in Österreich Kinderbetreu­ungs­geld. Das sind mehr als doppelt so viele wie vor dem Jahr 2000. (Beifall bei der ÖVP und bei Abgeordneten der Freiheitlichen – BZÖ.)

Somit kann man mit Fug und Recht behaupten, dass dieses Kinderbetreuungsgeld ein Meilenstein in der Familienpolitik ist, und wir ändern heute das Gesetz zum Kinder­betreuungsgeld, weil wir es noch besser und noch perfekter machen wollen. Mit dieser Änderung wird das erhöhte Kindergeld für Mehrlingsgeburten jedenfalls die volle Periode ausbezahlt. Wir haben damit einen weiteren wichtigen Schritt gesetzt, denn wir von der ÖVP, wir wollen es den Frauen leichter machen. Wir von der ÖVP sind auch davon überzeugt, dass die Arbeit in der Familie sehr wichtig ist, und wir von der ÖVP sind auch davon überzeugt, dass die Kinder das Recht auf beide Elternteile haben. (Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.)


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Frau Kuntzl, wir werden Ihrem Antrag deswegen nicht zustimmen, weil wir glauben, dass die Mütter auch eine gewisse Zeit bei ihren Kindern bleiben sollten.

Geschätzte Damen und Herren! Mittlerweile weiß ganz Europa, dass wir zu wenig Kinder haben, ja wir haben nicht nur zu wenig Kinder, es fehlt uns in der Zwischenzeit eine ganze Elterngeneration. Das ist eine Dramatik, die auch Ihnen bewusst sein sollte. Die Politik kann natürlich nur Rahmenbedingungen schaffen, um es den Familien leichter zu machen. Angesichts dieser Entwicklung sollten auch die Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ und den Grünen endlich umdenken. Da kämpfen sich junge Mütter ab, und Sie kommen dann permanent mit der Feminismuskeule aus den sieb­ziger Jahren daher. (Abg. Öllinger: Danke!) Wenn ich da nur an Ihren Ausspruch denke, wir wollten die Frauen zurück an den Herd drängen: Das wird Ihnen niemand mehr abnehmen. Sie sollten wirklich umdenken, und wir werden weiter allen helfen, die Kinder zur Welt bringen und Familien gründen wollen. Und dieses Gesetz wird dazu beitragen, Herr Öllinger! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

20.13


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Riepl.

 


20.13.11

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Wir diskutieren jetzt eine Änderung des Kinderbetreuungsgeldgesetzes – es ist schon darauf hingewiesen worden –, der wir als sozialdemokratische Fraktion zustim­men, weil damit unter anderem auch sichergestellt wird, dass der Zuschlag bei Mehrlingsgeburten auch dann erhalten bleibt, wenn es in der Folge zur Geburt eines weiteren Kindes kommt, und darüber hinaus auch eine leichte Entbürokratisierung beim Inkasso der E-Card-Gebühr erfolgt, weil dann der Betrag direkt vom Kinder­betreuungsgeld abgezogen wird. (Abg. Steibl: Sehr gut!)

Andererseits lehnen die Regierungsparteien Verbesserungen, die wir als Vorschlag und als Antrag eingebracht haben, ab. Das kam nicht ganz überraschend für uns, jedenfalls meinen wir aber, dass wir gute Vorschläge hätten, mit denen eine weitere Verbesserung des Kinderbetreuungsgeldes möglich wäre.

In dieser Diskussion sollte man noch einmal darauf hinweisen, was bei der Einführung des Kinderbetreuungsgeldes von Seiten der Regierungsparteien als Auswirkungen genannt wurde. Es wurde damals gesagt, die Geburtenrate soll dadurch angehoben werden, und die Wahlfreiheit der Eltern bezüglich Betreuung der Kinder sollte erhöht und dadurch die Erwerbsbeteiligung gesteigert werden, und beides, das sollte man heute feststellen, ist nicht eingetreten, auch wenn hier anders argumentiert wurde. Beides wurde nicht erreicht. (Abg. Steibl: Durch das Karenzgeld aber auch nicht!)

Das Kinderbetreuungsgeld in der heutigen Form hat nicht dazu beigetragen, Beruf und Familie besser zu vereinbaren, auch wenn die Frau Bundesministerin jetzt sagt, die Wahlfreiheit hätte sich verbessert. Das ist aus der Studie, aus den Unterlagen nicht herauszulesen. Sie hat sich nur verbessert für die Bauern und die Selbständigen. (Abg. Donabauer: Sind das keine Menschen?) Für die Arbeitnehmerinnen, wenn Sie genau lesen, Frau Bundesministerin, hat sie sich nicht verbessert. (Beifall bei der SPÖ.)

Ausdrücklich steht drinnen, dass es zu wenig Anreize für Väter gibt. Es ist also auch wichtig, darauf hinzuweisen, dass damit nicht das erreicht wurde, was wir wollten. Ich denke, hier sollten auch Sie, Frau Bundesministerin, nach der Devise des Herrn Abgeordneten Walch vorgehen: Zuerst lesen, verstehen und dann reden!

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr verehrte Damen und Herren! Wir sind für eine flexible Gestaltung des Bezugs des Kinderbetreuungsgeldes, wir sind für ein Recht auf Elternteilzeitarbeit bis zum ersten Schuljahr. Wir wollen einen Kündigungsschutz, der


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nicht zur Falle werden kann, und wir wollen vor allem flächendeckende Kinderbetreu­ungs­einrichtungen mit Qualität. (Abg. Steibl: Gibt es die Flächendeckung in den SP-Gemeinden?)

All das sind Vorschläge, die unser Antrag beinhaltet, dem Sie aber leider nicht zustim­men können.

Ich gebe aber zu, Frau Kollegin Steibl, Ihre Worte: Reden wir noch einmal darüber, schauen wir uns das noch einmal an!, das sind neue Töne in der Diskussion, aber ich glaube nicht ganz, dass das wirklich ernst gemeint ist.

Sehr verehrte Damen und Herren! Die Vorrednerin hat gerade gesagt – und damit bin ich bei meinem Schlusssatz –, die Mütter sollen ihrer Meinung nach bei den Kindern bleiben. Ich denke: Besser wäre, wir lassen die Mütter und Väter selbst entscheiden, wie lange wer für die Kinderbetreuung zuständig ist. Wir haben dafür zu sorgen, dass es genug Alternativen gibt. Dafür treten wir ein. (Beifall bei der SPÖ.)

20.16


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Marek. – Bitte.

 


20.16.31

Abgeordnete Christine Marek (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine werten Kolleginnen und Kollegen! Die Tatsache, dass wir seit Einführung des Kinder­betreuungsgeldes mit den Erfahrungen, die wir damit machen, auch immer wieder Verbesserungen durchführen, sind ja ein gutes Zeichen und der Beweis dafür, dass wir aufgeschlossen für Verbesserungen sind, die wir jederzeit gerne durchführen. Ich denke einmal, Gesprächsverweigerung kann man uns sicher nicht vorwerfen, Verbes­serungen sind immer möglich, und das machen wir gern im Sinne der betroffenen Familien. (Beifall bei der ÖVP.)

Irgendwie habe ich bei der Debatte das Gefühl, dass die SPÖ kritisiert, dass nicht alles, was die SPÖ über viele, viele Jahre versäumt und nicht gemacht hat, jetzt in einem Wurf mit einem tollen Projekt, wie es das Kinderbetreuungsgeld ist, nachgeholt wird. Das kann man halt nicht. Grundsätzlich möchte ich allerdings schon festhalten: Das Kinderbetreuungsgeld ist um ein Vielfaches besser als all das, was unter SPÖ-Regierungen, unter Regierungen, die von Ihnen geführt wurden, realisiert und umge­setzt wurde.

Noch einmal ein paar grundsätzliche Dinge zur Erinnerung: Das Karenzgeld bis Ende 2001 war eine an Erwerbstätigkeit gebundene Versicherungsleistung. Andere Eltern hatten keinen Anspruch; die Erziehungsleistung war irrelevant für das Karenz­geld. 80 000 Personen waren Karenzgeldbezieher, eine Erwerbstätigkeit de facto ausgeschlossen. Natürlich hat es die Teilzeitkarenz gegeben, aber die war auch mit einem reduzierten Geldbezug verbunden. Das muss man auch klar sagen. (Beifall bei der ÖVP.)

Seit 2002 gibt es nun das Kinderbetreuungsgeld. Im September 2005 war die Zahl der Bezieherinnen und Bezieher mehr als doppelt so hoch wie davor beim Karenzgeld. Auch das ist etwas, was man sagen sollte.

Ein Wort noch zu Kathi Pfeffer: Kathi, du hast von Kinderbildung gesprochen. Das ist an sich für mich ein Begriff, der durchaus gut klingt, allerdings für uns nicht nur in öffentlichen Einrichtungen stattfindet, sondern zum Beispiel auch in der Familie mit Tagesmüttern oder in individuellen, flexiblen Einrichtungen. Dafür stehen wir: für die Menschen mit ihren individuellen Bedürfnissen. Die stehen für uns im Mittelpunkt, und


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für die schaffen wir verantwortungsbewusst Rahmenbedingungen. (Beifall bei der ÖVP.)

20.18


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Trunk. (Abg. Neudeck: Das wird jetzt wieder polemisch!)

 


20.18.58

Abgeordnete Mag. Melitta Trunk (SPÖ): Ich sage ja nicht: Willkommen, Westen­thaler! Das liegt mir fern.

Frau Ministerin Haubner! Zum Ersten eine Klarstellung: Sie haben gesagt, Sie hätten nicht gewusst, was Ihr Bruder, Landeshauptmann Haider, seinerzeit bei der Einführung des Kindergeldes gemeint hat. Frau Kollegin Haubner, wir waren beide gemeinsam bei einer Diskussion, in der Sie damals Ihrem Bruder heftig widersprochen haben, als er gemeint hat: Dieses Kindergeld sei eine effiziente und wirksame Maßnahme zur Entlastung des Arbeitsmarktes. Sie haben sich damals dafür eingesetzt, und da waren wir teilweise auf dem gleichen Weg, und haben gesagt: Kinderbetreuung braucht einen Mix von öffentlicher Betreuung, von Kindergeld oder Karenzgeld und dergleichen. Dieser Satz, dieses Zitat ist nicht nur einmal gefallen, sondern war in allen Medien zu lesen.

Dass hinter diesem Zitat, Frau Ministerin Haubner, viel mehr steckt, beweist die Tatsache, dass unter Ihrer Verantwortung die Mittel des Bundes zur Schaffung und Initiierung von Kinderbetreuungseinrichtungen in Österreich um 98 Prozent gekürzt wurden. Um 98 Prozent gekürzt! (Abg. Neudeck: Da bleibt ja nicht einmal mehr die Mehrwertsteuer übrig!)

Das waren jene Bundesmittel, die es unter SPÖ-Verantwortung für Länder und Gemeinden zur Schaffung und Errichtung von Kinderbetreuungsplätzen gegeben hat. Sie wissen es! Und auf die Frage, welche Kinderbetreuungsplätze in Kärnten geschaf­fen wurden, geben Sie mir dann eine Auflistung aller zweisprachigen Kindergärten als Antwort, die ohnehin nach dem Volksgruppenförderungsgesetz gefördert gehören. Nur so viel dazu!

Die SPÖ steht ein für ein Kinderbetreuungsgeld-plus, bei dem die Eltern über Zeit, Dauer und Höhe frei entscheiden können, und die SPÖ steht vor allem dafür ein, dass Kinderbetreuung finanziell nicht nur eine Sache der Kommunen und/oder Länder ist, sondern dass es eine Bundesaufgabe ist, mit Bundesmitteln, Steuermitteln flächen­deckende, familiengerechte Kinderbetreuungseinrichtungen zu schaffen, denn Sie, die Sie auch aus den Kommunen und Ländern kommen, wissen, dass sich das die Gemeinden allein nicht leisten können. Dafür steht die SPÖ also ein. Ohne die entsprechenden Rahmenbedingungen ist das nicht machbar. Das sagen auch die Industriellenvereinigung, die Wirtschaftskammer und sämtliche Statistiken. Das ist noch ein weiter steiniger Weg.

Letztlich werden wir auch im Bereich des Arbeitsmarktes, der Wirtschaft und der Unternehmen – und da gibt es gute Modelle einer Unternehmerin in Tirol zum Beispiel – familiengerechte Arbeitszeitregelungen brauchen, um in ferner Zukunft ein familien- und kindergerechtes Österreich real lebbar und erlebbar zu machen. – Danke schön. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Neudeck: Das war heute nicht besonders polemisch!)

20.21


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist Herr Abgeordneter Prinz gemeldet. – Bitte.

 



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20.21.57

Abgeordneter Nikolaus Prinz (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Kollegin Trunk hat ihre Ausführungen damit begonnen, was einmal irgendwer wann wo gesagt hat. – Wenn wir alles zitieren würden, was Sie oder Ihre Kolleginnen und Kollegen irgendwann einmal gesagt haben! Da stimmt viel von dem nicht, was gesagt worden ist. Und: Vergessen Sie auch einmal ein bissel die Sippenhaftung. Im Übrigen: Wenn Sie sich schon bei den Zahlen nicht auskennen, könnte man locker sagen: Eine ÖVP/BZÖ-Regierung bringt mit 2 Prozent mehr zusam­men als eine SPÖ-Regierung mit 98 Prozent. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen – BZÖ.)

Meine Damen und Herren, die Debatten über das Kinderbetreuungsgeld haben leider immer noch den gleichen Charakter. Auf der einen Seite die Befürworter, die ganz bewusst die Familienorientierung in den Vordergrund stellen, und auf der anderen Seite die Kritiker, die schon die Kleinsten der Kleinen außerhäuslicher Betreuung überantworten wollen. Leider geht es in diesen Debatten aber immer viel zu wenig um die Bedürfnisse der Kinder. Würden wir die Ein- bis Dreijährigen fragen, was sie möchten, würden sie sich sicherlich für die Betreuung durch Vater und Mutter aus­sprechen und gegen die ausschließliche Betreuung in Hort und Kindergarten. Kinder brauchen die Fürsorge und Betreuung durch ihre Eltern. Wir alle wissen das, und dennoch gibt es immer noch diese ideologische Auseinandersetzung über die Köpfe der Kinder hinweg.

Die Vorteile, die aus der Studie des Österreichischen Familienforschungsinstituts hervorgehen, sind schon von den Kolleginnen entsprechend dargelegt worden. Daher darf ich gleich weitergehen zu dem, was für mich eigentlich der wichtigste Punkt ist, nämlich dass die Einführung des Kinderbetreuungsgeldes die Familienorientierung stärker gefördert hat. Und da scheiden sich leider die Geister. Ich sage Ihnen, meine Damen und Herren von der linken Reichshälfte in diesem Haus: Das ist das wichtigste Ergebnis, denn das entspricht genau dem Wunsch der Kinder. Eine stärkere Familien­orientierung, mehr Zeit für Kinder und ihre Bedürfnisse. Wer selber Kinder hat, weiß, wie kostbar und wichtig diese Zeit ist.

Indem wir heute das Kinderbetreuungsgeldgesetz evaluieren und eine Lücke schließen, die sich für Mehrkindfamilien aufgetan hat, beweist diese Bundesregierung, dass sie Familienpolitik mit Herz und Verstand betreibt. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

20.24


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Rossmann. – Bitte.

 


20.24.19

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Hohes Haus! Frau Kollegin Trunk, ich möchte hier wirklich klarstellen: Wir und auch der Herr Landeshauptmann haben das Kindergeld nie als Entlastung des Arbeits­marktes gesehen. Wir haben es maximal als Entlastung und Ausgleich für all jene Familien gesehen, die die Kinder, wann immer es möglich ist, gerne selbst erziehen, die gerne zu Hause sind, die gerne den Kindern Nestwärme und ein gesundes soziales Fundament für die Zukunft mitgeben wollen. Dass das stimmt, hat eine Umfrage mit einem Sample von 170 000 Eltern bewiesen. Von 170 000 Eltern haben 150 000 gesagt: Wir wollen unsere Kinder selbst erziehen. Das sind die Fakten und das sind die Tatsachen! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

Uns freut jedoch, dass die SPÖ nun die Liebe zum Kindergeld entdeckt hat, nachdem sie bei dessen Einführung noch dagegen gestimmt hat, und sich jetzt auch so intensiv


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damit befasst. Ich weiß nicht, stimmen Sie jetzt mit oder stimmen Sie nicht mit, da kennen wir uns noch nicht aus, wir jedenfalls sind gerne bereit, etwas zu adaptieren, wenn es etwas zu adaptieren gibt, und das unterscheidet uns von Ihnen.

Uns unterscheidet überhaupt einiges: Während Sie damals das Karenzgeld nur für erwerbstätige Frauen ermöglicht haben, haben wir das Karenzgeld für alle Frauen, ob Bäuerinnen, Selbständige oder Studenten, eingeführt. Während Sie zwei Kategorien von Frauen geschaffen haben, nämlich Mütter mit Karenzgeld und solche ohne, haben wir das Karenzgeld für alle Mütter geschaffen. Während Sie unter einer Frauen­ministerin Prammer das Karenzgeld von zwei Jahren auf eineinhalb Jahre gekürzt haben, haben wir die Bezugsdauer wieder erhöht und sie sogar, wenn die Väter in Karenz gehen, auf drei Jahre verdoppelt. Bitte, nehmen Sie das endlich zur Kenntnis! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Während Sie beim Karenzgeld nur Ersatzzeiten für die Pension ermöglicht haben, haben wir unter BZÖ-Ministerin Haubner nicht nur Ersatzzeiten, sondern echte pensionsbegründende Zeiten ermöglicht, nämlich sage und schreibe in der Höhe von 1 360 €. Das ist mehr, als viele Frauen überhaupt verdienen. (Abg. Riepl: Und die Pensionen gekürzt!) – Ja, das wollen Sie alles nicht hören.

Während unter SPÖ-Frauenministerin Prammer bei der Pensionsreform statt 8 Jahren plötzlich 15 Jahre herauskommen, die die Frauen berufstätig sein müssen, um über­haupt eine Pension zu erwerben, haben wir unter Sozialministerin Uschi Haubner die Möglichkeit geschaffen, dass bei zwei Kindern die Frauen bereits mit sieben Jahren Pensionszeiten erwerben. (Abg. Riepl: Und die Pensionen haben Sie gekürzt!) – Das wollen Sie alles nicht hören, das weiß ich!

Während die SPÖ unter der Kärntner Vorsitzenden Frau Schaunig gegen das Baby­geld ist, führen wir unter Landeshauptmann Dr. Jörg Haider mit 1. Juli 800 € Babygeld für jedes neugeborene Baby ein. (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Das ist Ihre soziale Politik!)

Während von der SPÖ Familienpolitik als reine Frauenpolitik gesehen wird, sagen wir: Bei uns hat beides Platz! Und so sind wir auch zu Spitzenreitern geworden bei der Frauenerwerbsquote in Europa, und zugleich ist der Geburtenrückgang gestoppt worden. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

Abschließend kann ich nur sagen: Wir können nur hoffen, dass die SPÖ in unserem Land nicht so schnell wieder für Frauen- und Familienpolitik die Verantwortung tragen wird. Und ich kann sagen: Wir werden alles dazu beitragen, um das zu verhindern. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

20.28


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung, die ich über jeden Ausschussantrag getrennt vor­nehme.

Zuerst kommen wir zur Abstimmung über den Entwurf betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Kinderbetreuungsgeldgesetz geändert wird, samt Titel und Eingang in 1490 der Beilagen.

Ich ersuche jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das Gesetz ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.

Nun gelangen wir zur Abstimmung über den Antrag des Familienausschusses, seinen Bericht 1491 der Beilagen zur Kenntnis zu nehmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiezu ihre Zustimmung geben wollen, um ein entsprechendes Zeichen. – Es ist dies mit Mehrheit geschehen.

20.29.29 33. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungs­vorlage (1413 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienstgesetz, das Rechts­pfleger­gesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Land- und Forst­arbeiter-Dienst­rechtsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bundes-Be­diens­teten­schutzgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienst­rechts­gesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, das Apothekengesetz, das Gesundheits- und Kranken­pflege­gesetz, das Hebammengesetz, das Kardiotechnikergesetz, das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz, das MTD-Gesetz, das MTF-SHD-Gesetz sowie das Sanitätergesetz geändert werden (Bundes-Behindertengleichstellungs-Begleit­gesetz) (1482 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 33. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Erster Debattenredner ist Herr Abgeordneter Dr. Huainigg. – Bitte.

 


20.30.30

Abgeordneter Dr. Franz-Joseph Huainigg (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Minister! Werte Kollegen! Sie bekommen heute von mir eine kleine Überraschung, eine süße Überraschung, ein persönliches Geschenk von mir – eine Tafel Schokolade. (Allgemeiner Beifall.)

Wenn Sie die Tafel anschauen, sehen Sie, dass die Schleife besonders gestaltet ist. Es gibt darauf Rollstuhlfahrer, die über Rampen fahren und einen Blumenstrauß oder einen Strauß aus Paragraphen überreichend herbeirollen. Der Name „Zotter“ ist nicht in Buchstaben geschrieben, sondern in Gebärdenzeichen. Und den Titel der Schoko­lade „Barrierefreiheit Schmeckt“ kann man nur in Brailleschrift lesen; eine „Brailleline“, könnte man auch sagen.

Schokolade ersetzt natürlich kein Gesetz – soll sie auch nicht. Gesetze werden hier beschlossen. Das Gleichstellungsgesetz haben wir hier beschlossen, es ist seit 1. Jänner in Kraft. Aber Aktionen wie diese sollen das Gleichstellungsgesetz unter die Leute bringen, sollen es ins Gespräch bringen. Ich habe solche Tafeln Schokolade auch an viele Einrichtungen, Institutionen, Entscheidungsträger verschickt, und das hilft mit, Türen und Tore zu öffnen.

Ich möchte auch Sie einladen, die Schokolade mit anderen zu teilen und beim gemeinsamen Genuss darüber nachzudenken, was man im eigenen Bereich tun kann, um Barrierefreiheit umzusetzen.

Wir beschließen heute einen weiteren wichtigen Schritt zur Gleichstellung behinderter Menschen, Berufszugänge werden geöffnet. Es soll nicht mehr so sein, dass


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behinderte Menschen nach Schubladen eingeteilt werden: Jemand, der im Rollstuhl sitzt, wird Portier, jemand, der gehörlos ist, kommt ins Archiv, und jemand, der blind ist, wird Telefonist. Jeder behinderte Mensch soll entsprechend seinen Fähigkeiten und Talenten Jobperspektiven bekommen und die Berufsausbildung, die ihm zusteht.

Bei mir war es auch so, ich hätte Buchhalter werden sollen, das war vorgesehen – da hätten Sie einiges versäumt, zumindest gäbe es heute keine Schokolade. (Allgemeine Heiterkeit und allgemeiner Beifall.)

Die körperliche Eignung wird aus allen Dienstrechten gestrichen und damit soll es auch möglich sein, dass zum Beispiel ein blinder Mensch Richter wird oder ein gehörloser Mensch Lehrer oder auch ein blinder oder ein Rollstuhl fahrender Mensch den Beruf eines Lehrers ausübt. Das war bis vor kurzem noch undenkbar. Ich glaube, dass damit ein ganz wichtiger Schritt gesetzt wird.

Aber auch hier gilt natürlich, dass dieses Gesetz mit Leben erfüllt werden muss. Ich möchte behinderte Menschen ermutigen, ihren Weg zu gehen.

Zum Schluss möchte ich einen Entschließungsantrag einbringen, der das Notariats­aktgesetz betrifft. Blinde Menschen müssen, wenn sie einen Vertrag unterschreiben, einen Notariatsakt ausfüllen, damit die Unterschrift rechtsgültig ist. Blinde Menschen empfinden dies als Diskriminierung. Im Begleitgesetz war auch in der Begutachtung eine Ausnahmebestimmung für blinde Unternehmer enthalten. Und es hat sich in der Begutachtung gezeigt, dass das zu wenig weit reichend ist, und deswegen ist es zurückgezogen worden und wird jetzt völlig neu diskutiert. Es soll eine sehr umfas­sende Neuregelung geben.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Huainigg, Dr. Helene Partik-Pablé, Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Notariatsakt als Service-Angebot für behinderte Menschen

Die Bundesministerin für Justiz wird ersucht, unter Einbeziehung von Behinderten­vertretern und der Österreichischen Notariatskammer, eine grundlegende Reform des § 1 Abs. 1 lit. e Notariatsaktgesetz und zwar in Richtung, den Notariatsakt für be­stimmte Gruppen von behinderten Menschen nicht als eine Zwangsform, sondern – im Interesse der behinderten Menschen – als Serviceangebot zu gestalten, dem National­rat zu übermitteln.

*****

Danke. (Allgemeiner Beifall.)

20.36


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Dr. Huainigg, Dr. Partik-Pablé, Öllinger, Kolleginnen und Kollegen ist ausreichend unterstützt und steht daher mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Dr. Huainigg, Dr. Helene Partik-Pablé, Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Notariatsakt als Service-Angebot für behinderte Menschen


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Nach § 1 Abs. 1 lit. e Notariatsaktgesetz besteht derzeit grundsätzlich eine Notariats­aktspflicht für die Errichtung von Urkunden über Rechtsgeschäfte unter Lebenden, die von blinden Personen bzw. von gehörlosen Personen, die nicht lesen, oder stummen Personen, die nicht schreiben können, geschlossen werden, sofern es sich nicht um Geschäfte des täglichen Lebens handelt, die von einer Vertrauensperson mitunter­fertigt werden, oder um die Begründung eines Girokontos; auf die bei Fehlen eines an sich erforderlichen Notariatsaktes daraus resultierende Ungültigkeit des Rechts­geschäftes kann sich nach § 1 Abs. 3 NotariatsaktG nur die behinderte Person berufen. Dieses zum Schutz der behinderten Menschen vorgesehene erhöhte Form­erfordernis ist nach § 4a des Notariatstarifgesetzes idF des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 98/2001 auch gebührenbefreit worden.

Im Jahr 2004 wurden von allen österreichischen Notaren unter dem Titel der oben angesprochenen Notariatsaktspflicht mit Gebührenbefreiung 262 Notariatsakte mit Beteiligung von behinderten Personen an cyberDOC gemeldet. Das bedeutet, dass von einer Jahresgesamturkundenzahl von 88.827 (100 %) nur 0,29 % von Menschen mit Behinderung stammen. Für das Jahr 2005 wurden 225 Urkunden gemeldet. Dies zeigt, dass die Zahl dieser Urkunden von Menschen mit Behinderung pro Jahr marginal ist.

Nach eingehender Diskussion des Bundesministeriums für Justiz mit den ein­schlägigen Interessensvertretungen der sehbehinderten und blinden Menschen, der Österreichischen Arbeitsgemeinschaft für Rehabilitation als Dachorganisation der Behindertenverbände und der Österreichischen Notariatskammer wurde ersichtlich, dass es dem Gedanken der Behindertengleichstellung, der Führung eines selbst­bestimmten Lebens von Menschen mit Behinderungen und einer zeitgemäßen Wahrung der Rechtssicherheit besser entspricht, den betroffenen behinderten Men­schen als Mittel des Rechtsschutzes und der Rechtssicherheit auf ihren freien Wunsch das Institut des Notariatsaktes als Serviceleistung des Österreichischen Notariates zur Verfügung zu stellen. Das bislang bestehende Institut des Notariatsaktszwanges zum Schutz behinderter Menschen erscheint vor dem Hintergrund der bekannten jährlichen Fallzahlen und der seit der Novelle BGBl. I Nr. 98/2001 bestehenden zahlreichen Ausnahmen von der grundsätzlichen Notariatsaktspflicht aus Rechtssicherheits­überlegun­gen und aus Gründen der Grundsätze der Behindertengleichstellung weitestgehend überkommen.

Die Umwandlung der bisherigen Notariatsaktspflicht in ein Recht der behinderten Person auf Inanspruchnahme der gebührenbefreiten Serviceleistung eines Notariats­aktes erscheint aus rechtspolitischen und rechtsdogmatischen Gründen auch im Hinblick darauf gerechtfertigt, als es sich bei dem bisherigen Tatbestand des § 1 Abs. 1 lit. e NotariatsaktG um eine Personenschutznorm und im Gegensatz dazu bei den übrigen Tatbeständen - § 1 Abs. 1 lit. a bis d – um Schutznormen zugunsten Dritter – insb. Gläubigerschutz – handelt.

Im Begutachtungsentwurf des Begleitgesetzes zum Behindertengleichstellungsgesetz war auch eine Änderung des Notariatsaktsgesetzes vorgesehen, nach der die Notariats­aktspflicht für behinderte Menschen in bestimmten Fällen entfallen sollte. Diese Änderung wird derzeit jedoch noch nicht vorgeschlagen. Die Ergebnisse im Begutachtungsverfahren haben gezeigt, dass diesbezüglich noch weitere legislative Überlegungen unter Einbeziehung von Vertretern der Behindertenverbände und der Österreichischen Notariatskammer seitens des Bundesministeriums für Justiz anzustellen sind.

Die unterzeichneten Abgeordneten stellen daher folgenden


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Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesministerin für Justiz wird ersucht, unter Einbeziehung von Behinderten­vertretern und der Österreichischen Notariatskammer, eine grundlegende Reform des § 1 Abs. 1 lit. e Notariatsaktgesetz und zwar in Richtung, den Notariatsakt für be­stimmte Gruppen von behinderten Menschen nicht als eine Zwangsform, sondern – im Interesse der behinderten Menschen – als Serviceangebot zu gestalten, dem National­rat zu übermitteln.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als nächste Rednerin zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Lapp. – Bitte.

 


20.37.08

Abgeordnete Mag. Christine Lapp (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Hohes Haus! Sehr geehrter Herr Kollege Dr. Huainigg, wir bedanken uns recht herzlich für den Zuckerschub, den Sie uns nach zwei anstrengenden Tagen vor dem nahenden Ende dieser Plenarsitzung zur Verfügung gestellt haben.

Es ist das ein sehr wichtiges Zeichen, nur: Schokolade schmilzt im Mund – und wir treten dafür ein, dass die Politik für behinderte Menschen mit Nachdruck weiter ver­breitet wird (Zwischenruf der Abg. Steibl) und dass die Politik für behinderte Menschen dazu beiträgt, dass behinderte Menschen in unserer Gesellschaft anerkannt sind. (Beifall bei der SPÖ. – Abg. Mag. Molterer: Das darf nicht wahr sein! Das ist stillos!)

Das Behindertengleichstellungsgesetz gilt seit 1. Jänner 2006. Wir haben heute hier ein Begleitgesetz vorliegen, dem wir zustimmen werden – auch den Anträgen, die von Seiten der Grünen und von Seiten der ÖVP eingebracht wurden, stimmen wir zu.

Es gab vor vielen Jahren, vor sieben Jahren, eine Arbeitsgruppe, in der es darum ging, in den gesetzlichen Bestimmungen zu „fahnden“, um diskriminierende Tatbestände abzuschaffen. Auch hier setzen wir jetzt, nach acht, neun Jahren, einen weiteren Schritt, aber leider nicht den ganzen Schritt. Sie haben wieder einmal gezeigt, dass zwar ein Schritt gelungen, aber der große Wurf noch weit entfernt ist. (Zwischenruf des Abg. Neudeck.)

Sehr geehrte Damen und Herren! Denn der Zugang zu Bildung, der Zugang zu Arbeit ist für behinderte Menschen nach wie vor mit sehr vielen Stolpersteinen und mit sehr vielen Barrieren verbunden. Es ist wichtig, dass wir nicht nur an das Herz und an die Sensibilität in der Gesellschaft appellieren, sondern dass behinderte Menschen gleich­berechtigt teilhaben können.

Die Streichung eines Paragraphen gelang uns im Ausschuss, dafür bedanke ich mich auch recht herzlich, nämlich dass die Kolleginnen und Kollegen der Regierungs­fraktionen eingesehen haben, dass es bei den Heilmasseuren nicht darum geht – so war es in der Regierungsvorlage enthalten –, dass man intelligent sein muss, wenn man diesen Beruf ausüben möchte, und psychisch stabil. Diese Formulierung konnten wir streichen, wofür ich mich noch einmal recht herzlich bei den KollegInnen bedanke.

Es bleibt jedoch noch sehr viel zu tun. Vielleicht gibt uns die Schokolade des Kollegen Dr. Huainigg etwas Kraft, aber ich glaube, wir hätten da eine größere Tafel gebraucht. (Beifall bei der SPÖ. – Zwischenruf der Abg. Steibl. – Abg. Neudeck: Mein Gott, na! –


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Abg. Scheibner: Das ist unglaublich! Das ist so niveaulos, was Sie da immer vorlesen! – Abg. Neudeck: Ich hoffe, sie bleibt Ihnen im Hals stecken!)

20.39


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Als Nächster zu Wort gemeldet ist Herr Abgeordneter Walch. – Bitte.

 


20.39.58

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Huainigg, besten Dank für die Tafel Schokolade. Meine Vorrednerin hat das, was Kollege Huainigg damit gemeint hat, sicherlich nicht verstanden. (Beifall bei den Frei­heitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Kollege Huainigg hat gemeint: Für Menschen mit Behinderung ist noch nie so viel gemacht worden, wie diese Bundesregierung für sie gemacht hat, und das ist jede Menge.

Frau Kollegin Lapp stellt sich hier heraus und spricht vom Zugang zum Arbeitsmarkt und so weiter. Wo waren Sie eigentlich, als wir hier diese Gesetze beschlossen haben? Wo waren Sie, als wir die Behindertenmilliarde beschlossen haben? Wo waren Sie, als wir den erleichterten Zugang zum Arbeitsmarkt beschlossen haben? (Zwi­schenrufe des Abg. Dr. Matznetter.) – Hör zu, Kollege, du kennst dich ja in diesem Bereich nicht so genau aus! Ich muss euch da aufklären.

Wo waren Sie, als die Gebärdensprache entsprechende Anerkennung gefunden hat? Wo waren Sie, als das Pflegegeld ab der Geburt des Kindes eingeführt wurde? Und wir haben noch viel mehr gemacht! Und dieser Antrag ist ein weiterer Schritt, für Menschen mit Behinderung Verbesserungen durchzuführen.

Kollege Huainigg hat im Namen der Menschen mit Behinderung Dank an diese Bun­desregierung ausgesprochen. Ich bedanke mich auch recht herzlich. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Wir werden auch dieses Programm für Menschen mit Behinderung so fortführen. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP. – Abg. Dr. Matznetter: Das ist doch unglaublich! Sie müssen sich ja nicht bedanken! Die Behinderten sollen sich bedan­ken!)

20.41


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Herr Abgeordneter Öllinger. (Anhaltende Zwischenrufe.)

 


20.41.38

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich verstehe diese große Aufregung nicht. Kollege Huainigg wollte uns die Zustimmung zu diesem Bundes-Behindertengleichstellungs-Begleitgesetz versüßen – dafür bedanke ich mich, das war sehr nett und aufmerksam von ihm, auch eine sehr persönliche Geste. Dennoch muss auch ich dem Kollegen Huainigg, der wahrscheinlich gerade auf dem Weg zu seinem Platz ist, sagen: Ja, gut, wir haben eine formale Gleichstellung geschafft, aber die inhaltliche Gleichstellung ist mit den hier vorliegenden Änderungen noch nicht geschafft.

Wir lassen die körperliche Eignung als Voraussetzung zum Zugang zu bestimmten Berufen wegfallen – gut so, überhaupt keine Frage, nur: Ob behinderte Menschen dadurch tatsächlich in die Lage versetzt werden, diese Berufe ausüben zu können und


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zu dürfen, bleibt offen. Das ist wahrscheinlich nur teilweise durch ein Gesetz zu regeln. Trotzdem wäre es auch gut gewesen, man hätte sich jenseits der formalen Gedanken auch einige Gedanken darüber gemacht, wie man tatsächlich Gleichstellung schaffen kann.

Kollege Walch, es ist zwar nett, wenn du den Kollegen Huainigg interpretierst, aber er hat sich ohnehin selbst interpretiert. Ich finde, er braucht nicht die Interpretation durch einen anderen Menschen. Er hat etwas zu uns gesagt, er hat eine Botschaft an uns gerichtet, die ich verstanden habe, die wir alle verstanden haben. (Abg. Neudeck: Die Kollegin Lapp hat es nicht verstanden!) Da braucht es nicht den Kollegen Walch, der den Kollegen Huainigg interpretiert. (Abg. Neudeck: Kollege Öllinger, Sie haben es verstanden, Kollegin Lapp nicht! – Zwischenrufe bei ÖVP und SPÖ.) Entschuldigung, aber das ist auch ein wichtiger Punkt im Umgang miteinander. Es kann jeder, der hier heraußen steht, für sich selbst sprechen. (Abg. Grillitsch: Das war jetzt aber an die Adresse von Frau Lapp!) – Nein, das war nicht an die Adresse von Frau Lapp.

Frau Lapp wollte zum Ausdruck bringen – ich verstehe die große Emotion, die es jetzt gibt, überhaupt nicht –, dass die Durchsetzung der tatsächlichen Gleichstellung von Behinderten noch eines erheblichen Stücks Arbeit bedarf (Abg. Grillitsch: Sie brauchen nicht die Frau Lapp zu interpretieren!), und sie hat das mit einer etwas größeren Schokolade versinnbildlicht. (Abg. Neudeck: Warum darf Walch Huainigg nicht interpretieren, Sie Lapp schon?) Das war durchaus nicht bösartig gemeint.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es ist auch schon angesprochen worden, wie knapp wir an großen Peinlichkeiten auch bei der Beschlussfassung dieses Gesetzes im Ausschuss vorbeigeschrammt sind – ich bin auch sehr froh darüber, dass das kurzfristig abzustellen war. Das beweist diese ursprünglich noch enthaltene Passage beim Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz, wo nicht nur die physische Fähigkeit, sondern neben der entsprechenden Intelligenz – es kommt ja noch dicker, als Kollegin Lapp das gesagt hat – auch psychische Stabilität als Voraussetzung enthalten war.

Ich bin sehr froh darüber, dass das geändert werden konnte, aber es beweist, wie knapp wir in manchen Punkten vorbeigeschrammt sind. Ich habe Ihnen – Sie werden sich erinnern – auch noch andere Passagen in diesem Gesetz genannt, wo ich der Meinung bin, dass die Zugangsvoraussetzungen, aber auch die Aberkennung von Voraussetzungen zur Ausübung von bestimmten Berufen nicht abhängig gemacht werden sollten davon, ob der Landeshauptmann zustimmt oder ablehnt. Das ist – Entschuldigung, wir haben heute schon einmal die Jahrhunderte gezählt, Herr Kollege Grillitsch – 19. Jahrhundert.

Die Aberkennung von bestimmten beruflichen Ausübungsfähigkeiten in manchen Punkten vom Landeshauptmann abhängig zu machen, das ist jenseitig. (Abg. Grillitsch: Das ist oft schwierig, ja!) Wir haben daher auch angeregt, dass bei einer zukünftigen Novellierung auch das geändert werden soll.

Gleichzeitig sage ich Ihnen aber auch noch – das ist der Punkt, den auch Kollegin Lapp schon angesprochen hat –: Es braucht weitere Maßnahmen, denn im Regie­rungsprogramm aus dem Jahr 2003 sind auch noch andere Punkte angeführt, bei denen Änderungen notwendig sind, die Sie aber noch nicht in Angriff genommen haben.

Deshalb bringe ich folgenden Antrag ein:


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Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haidlmayr, Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend weitere notwendige Maßnahmen im Zusammenhang mit der Beschlussfassung des Bundes-Behindertengleichstellungs-Begleitgesetzes

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage betreffend ein Bündelgesetz auf Grundlage der Ergebnisse der Arbeitsgruppe im Verfassungsdienst aus dem Jahr 1999 über die Diskriminierung behinderter Menschen in den verschiedenen Materiengesetzen, insbesondere für die Bereiche Bildung und Verkehr, zuzuleiten.

*****

Damit ist auch schon klargestellt, wo es noch Änderungsbedarf gibt. Im Bereich Bildung haben wir noch nicht die Gleichstellung, im Bereich Verkehr ebenso noch nicht. Und das, was bisher vorliegt, reicht nicht dafür aus, hier tatsächlich einiger­maßen von einer Gleichstellung von Behinderten sprechen zu können. Neben dieser formalen Änderung, der wir natürlich zustimmen, braucht es noch etwas mehr, meine sehr geehrten Damen und Herren! (Beifall bei den Grünen und der SPÖ.)

20.47


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Entschließungsantrag der Abgeordneten Haidlmayr, Öllinger, Kolleginnen und Kollegen ist ausreichend unter­stützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Entschließungsantrag

der Abgeordneten Haidlmayr, Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend weitere notwendige Maßnahmen im Zusammenhang mit der Beschlussfassung des Bundes-Behindertengleichstellungs-Begleitgesetzes, eingebracht im Zuge der Debatte über den Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage 1413 d.B. – Bundes-Behindertengleichstellungs-Begleitgesetz (1482 d.B.)

Im Regierungsprogramm aus dem Jahr 2003 setzte sich die Bundesregierung folgende Ziele:

„Erarbeitung eines Bundesbehindertengleichstellungsgesetzes unter Einbeziehung der Betroffenen, sowie Vorlage eines Bündelgesetzes auf Grundlage der Ergebnisse aus 1999 einer Arbeitsgruppe im Verfassungsdienst über die Diskriminierung behinderter Menschen in den verschiedenen Gesetzesmaterien;

Durchforstung der Berufsausbildungs-, -ausübungs- und Zugangsgesetze auf Diskri­minierung behinderter Menschen;

Sicherstellung einer barrierefreien Nutzung bei Um- und Neubauten im gesamten öffentlichen Bereich inklusive des öffentlichen Verkehrs und der Verkehrsflächen;

Ermöglichung eines barrierefreien Zugangs zum E-Government und E-Learning;

Verbesserung der Voraussetzungen für Gebärden- und Lautsprache.“


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Mit der Beschlussfassung über ein Bundesbehindertengleichstellungsgesetz sowie seines Begleitgesetzes wurden bereits Schritte zur Schaffung einer diskriminierungs­freien Rechtsordnung gesetzt.

Um den Weg fortzusetzen, ist allerdings noch eine Reihe von weiteren Bündel­gesetzen, insbesondere für den Bildungs- und Verkehrsbereich, notwendig.

Die unterfertigten Abgeordneten stellen daher folgenden

Entschließungsantrag:

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die Bundesregierung wird aufgefordert, dem Nationalrat eine Regierungsvorlage betref­fend ein Bündelgesetz auf Grundlage der Ergebnisse der Arbeitsgruppe im Verfassungsdienst aus dem Jahr 1999 über die Diskriminierung behinderter Menschen in den verschiedenen Materiengesetzen, insbesondere für die Bereiche Bildung und Verkehr, zuzuleiten.

*****

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Mag. Scheucher-Pichler. – Bitte.

 


20.47.41

Abgeordnete Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Kollege Öllinger, ja, natürlich gibt es noch sehr viel zu tun, aber ich denke, wir haben in den letzten Jahren in der Behindertenarbeit wichtige und richtige Schritte gesetzt. Ich zitiere jetzt unseren Behindertensprecher, den Behindertensprecher der ÖVP-Fraktion, Franz-Joseph Huainigg, auf den wir sehr stolz sind, weil er ganz entscheidend dazu beigetragen hat, dass das möglich war, auch innerhalb unserer Fraktion. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Franz-Joseph Huainigg sagt immer wieder: Behindertenarbeit ist ein Weg! – Ich glaube, dass das eine sehr kluge Aussage ist, denn es braucht ja nicht nur gesetzliche Maßnahmen, sondern auch ein Umdenken in den Köpfen vieler Menschen und auch eine Sensibilisierung für dieses Thema.

Ich denke, gerade unter dieser Regierung sind in den letzten Jahren ganz ent­scheidende Schritte in die richtige Richtung gemacht worden. Es wurde ja heute bereits erwähnt: integrative Berufsausbildung, Anerkennung der Gebärdensprache, Einsetzung eines Behindertenanwaltes. Mit der heutigen Beschlussfassung dieses so genannten Bündelgesetzes setzen wir weitere wichtige Maßnahmen, die das Behin­dertengleichstellungsgesetz vervollständigen.

Vielleicht wurde die Diskussion am Beginn ein bisschen kontroversiell geführt, ohne dass es eigentlich so gewollt war – das sage ich einmal so. Ich möchte mich beim Kollegen Franz-Joseph Huainigg nicht für die Schokolade bedanken, sondern dafür, dass er in all diesen Jahren seiner Arbeit hier mit so viel Kompetenz und Sachlichkeit, mit so viel Engagement und Sensibilität und auch aus seiner eigenen Betroffenheit heraus Lobbying für die Behindertenarbeit und für die behinderten Menschen in diesem Land gemacht hat und macht. Ich glaube, darauf kommt es an. Und dafür dir, Franz-Joseph, wirklich ein herzliches Dankeschön. (Beifall bei der ÖVP und den Frei­heitlichen – BZÖ.)


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Ich weiß nicht, ob es Ihnen auch so geht, aber ich sage es ganz ehrlich: Ich bin immer wieder beeindruckt und auch berührt von seiner Art, mit dem Thema umzugehen. Ich sage es noch einmal: auch aus seiner eigenen Betroffenheit heraus. Er ist für mich hier wirklich immer wieder Vorbild mit seiner Arbeit und seinem Engagement.

Ich komme jetzt zum bereits angekündigten Abänderungsantrag. Wir tragen damit der Diskussion im Ausschuss Rechnung. Ich gebe ganz ehrlich zu – auch Franz-Joseph Huainigg hat das gesagt –, das wurde von uns überlesen. Wir tragen dem Rechnung, und ich bringe folgenden Antrag ein:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Elisabeth Scheucher-Pichler, Walch betreffend die Regie­rungs­vorlage 1413 der Beilagen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Beamten-Dienstrechtsgesetz 1979, das Vertragsbedienstetengesetz 1948, das Richterdienst­gesetz, das Rechtspflegergesetz, das Ausschreibungsgesetz 1989, das Land- und Forst­arbeiter-Dienstrechtsgesetz, das Bundesbahn-Pensionsgesetz, das Bundes-Bedienstetenschutzgesetz, das Land- und forstwirtschaftliche Landeslehrer-Dienst­rechts­gesetz, das Landeslehrer-Dienstrechtsgesetz, das Schulunterrichtsgesetz für Berufstätige, das Apothekengesetz, das Gesundheits- und Krankenpflegegesetz, das Hebammengesetz, das Kardiotechnikergesetz, das Medizinischer Masseur- und Heilmasseurgesetz, das MTD-Gesetz, das MTF-SHD-Gesetz sowie das Sanitäter­gesetz geändert werden (Bundes-Behindertengleichstellungs-Begleitgesetz)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die oben bezeichnete Regierungsvorlage wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 16 lautet Z 6:

„6. In § 19 Abs. 1 Z 2 wird die Wortfolge ,körperliche und geistige‘ durch das Wort ,gesundheitliche‘ ersetzt und es entfällt die Wortfolge ,gemäß § 8 Abs. 3 und 4‘.“

2. In Artikel 16 lautet Z 13:

„13. In § 18 Abs. 1 Z 2, § 36 Z 2, § 39 Abs. 3, § 46 Abs. 1 Z 3, § 51 Abs. 1 Z 2 und § 63 Abs. 3 entfällt jeweils der Klammerausdruck ,(§ 8 Abs. 3 und 4)‘.“

Begründung:

Da § 8 Abs. 3 und 4 MMHmG entfallen, sind auch die entsprechenden Verweise zu streichen.

*****

Ich bitte um Ihre Zustimmung.

Ich sage es noch einmal: Ich glaube, wir alle wissen, dass es noch viel zu tun gibt.

Mir ist noch sehr gut der Kampf der blinden Klagenfurter Juristin in Erinnerung, die damals quer durch die Medien darum gekämpft hat, Richterin zu werden, und die mittlerweile sehr erfolgreich im Klagenfurter Magistrat tätig ist.

Hier gibt es noch viel zu tun, aber diese Regierung hat die richtigen Maßnahmen, die richtigen Schritte gesetzt. Und ich möchte mich bei allen dafür bedanken, die dazu beigetragen haben. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

20.51



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153. Sitzung / Seite 152

Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Der soeben verlesene Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Scheucher-Pichler, Walch ist ausreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Zu Wort gemeldet ist Frau Abgeordnete Königsberger-Ludwig. – Bitte.

 


20.51.54

Abgeordnete Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ): Herr Präsident! Frau Ministerin! Geschätzte Kolleginnen und Kollegen des Hohen Hauses! Auch ich begrüße es sehr, dass es ein Umdenken in der Gesellschaft, was den Umgang mit behinderten Menschen betrifft, gegeben hat. Ich freue mich auch sehr, dass es uns allen gemeinsam gelingt, daran zu arbeiten, die Barrieren, die im Umgang mit behinderten Menschen sehr oft vor allem in den Köpfen bestehen, auszuräumen. Ich begrüße das sehr, und ich denke, wir alle, die wir hier im Nationalrat sitzen, sollten in unseren Bereichen auch immer dafür eintreten, dass sich noch viele, viele Verbesserungen für behinderte Menschen ergeben. Ich glaube, diesbezüglich sind wir alle einer Meinung.

Das heutige Gesetz, das wir jetzt verabschieden, das Bundes-Behinderten­gleich­stellungs-Begleitgesetz, bringt noch eine weitere Verbesserung, nämlich für behinderte Menschen auf dem Arbeitsmarkt. Wir sind natürlich mit diesem Gesetz einverstanden. Wir begrüßen alle Maßnahmen, die dazu beitragen, dass sich für behinderte Menschen mehr Gleichberechtigung ergeben kann, dass behinderte Menschen mehr am Leben teilnehmen können und dass vor allem auch behinderte Menschen in ihren eigenen Lebensbereichen selbst bestimmt arbeiten können.

Trotzdem muss es erlaubt sein – ich denke, dafür sind wir auch hier –, dass wir auch den Finger auf die Wunden legen, die es noch gibt. Im Behindertenbereich sind einfach noch Dinge zu verändern – das hat Kollegin Lapp ja schon angesprochen –, sei es im Bereich der Bildung, Erziehung oder der Kultur, wo noch sehr viele Hürden für die behinderten Menschen, aber auch für deren Angehörige zu nehmen sind. Es gibt noch sehr viele offene Fragen im Bereich der Mobilität, im Bereich des Verkehrs, auch im Bereich von Wohnen, und es gibt vor allem auch viele Fragen hinsichtlich barrierefreies Bauen und barrierefreie öffentliche Räume.

Wir alle sollten gemeinsam, wie ich meine, daran arbeiten, dass eine tatsächliche Gleichstellung, eine Gleichberechtigung für behinderte Menschen nicht nur schöne Worte sind, sondern tatsächlich auch gelebt werden kann. Denn all diese Bereiche, die ich angesprochen habe, sind einfach Lebensbereiche, in denen auch behinderte Men­schen zu Hause sind. Und unser Anliegen muss es sein, dass ein wirksames Gleichstellungsgesetz einfach nicht nur in eine Richtung geht, nämlich nicht nur Benach­teiligungen zu beseitigen, vor allem aber nicht Mitleid mit behinderten Men­schen zu haben, sondern Gleichberechtigung im Behindertenbereich muss bedeuten, dass behinderte Menschen an allen Lebensbereichen teilhaben können und dass sie vor allem ein selbst bestimmtes Leben führen können. (Beifall bei der SPÖ.)

20.54


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort gelangt Frau Abgeordnete Mittermüller. – Bitte.

 


20.54.27

Abgeordnete Marialuise Mittermüller (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Mit der Regierungsvorlage 1413 der Beilagen wird der Diskriminierungsschutz für behinderte Menschen in Österreich weiter verstärkt und verankert. In 19 Rechtsmaterien werden die Begriffe „körperliche, geistige oder ge­sund­heitliche Eignung“ durch die nicht diskriminierenden Begriffe „Eignung“ bezie­hungs­weise „persönliche und fachliche Eignung“ ersetzt. Damit wird ein wesentlicher


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Schritt zur Antidiskriminierung behinderter Menschen in Österreich und zur Beseitigung von Barrieren bei ihrer Berufsausübung gesetzt.

Eingeleitet wurde diese Bewusstseinsbildung für die Belange behinderter Menschen in Österreich durch das Behindertengleichstellungsgesetz. Dieses Gesetz wurde von Mag. Herbert Haupt vorbereitet und von unserer Bundesministerin Ursula Haubner umgesetzt.

Unser Behindertengleichstellungsgesetz ist europaweit ein Vorbild, weil es auch Rechtsansprüche bis hin zu Schadenersatz für Behinderte beinhaltet. Die ständige Kritik der Opposition ist also sicher unbegründet.

Jetzt erleichtern wir behinderten Menschen den Zugang zu Berufen, denn bisher konnten zum Beispiel blinde Menschen den Richterberuf nicht ergreifen – in Zukunft können sie es.

Abschließend ist Frau Bundesminister Haubner, Kollegem Huainigg und all jenen, die an der vorbildlichen Behindertenpolitik in Österreich mitgewirkt haben, zu danken. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

20.56


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Von der Regierungsbank aus zu Wort gemeldet hat sich Frau Bundesminister Haubner. – Bitte.

 


20.56.20

Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Ursula Haubner: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich sehe es als sehr positiv, dass es heute bei diesem Gesetz ebenfalls zu einer einstimmigen Beschluss­fassung des Nationalrates kommt. Sie zeigen damit, dass Barrierefreiheit und Abbau von Barrieren jedem Einzelnen von Ihnen ein echtes Anliegen sind.

Barrierefreiheit ins Gespräch zu bringen, das kann auf verschiedenste Art geschehen. Eine der, wenn Sie so wollen, süßesten und charmantesten Arten war es, uns hier mit der Schokolade wieder ins Bewusstsein zu rufen, dass wir noch viel tun müssen, obwohl natürlich einiges schon geschehen ist.

Mit dem hier vorliegenden so genannten Bündelgesetz führen wir ganz konsequent das weiter, was wir beim Behinderteneinstellungs- beziehungsweise beim Behinderten­gleich­stel­lungs­gesetz begonnen haben und was seit 1. Jänner 2006 in Kraft ist.

Wichtig ist es, in diesem Gesetz den Berufszugang für Menschen mit Beeinträch­tigungen in den öffentlichen Dienst, aber auch in zahlreiche andere Berufe zu erleichtern.

Die rechtliche Situation im Zusammenhang mit der Umsetzung des Bundesbehin­derten­gleichstellungspaketes ist gut angelaufen. Insbesondere, meine Damen und Herren, das Schlichtungsverfahren bei den Bundessozialämtern wird in der Praxis als besonders niederschwelliger Zugang zum Recht gerne und gut angenommen. Die Möglichkeit, im formfreien Rahmen Gespräche zu Konfliktlösungen zu führen, wird sehr geschätzt. Seit dem 1. Jänner 2006 wurden 43 Schlichtungsanträge gestellt, 18 davon sind bereits erledigt. 63 Prozent der Anträge betreffen arbeitsrechtlichen Diskriminie­rungs­schutz und 37 Prozent den Bereich des Bundesbehindertengleichstellungs­gesetzes. Sie sehen an den Zahlen: Es ist das ein Gesetz, das lebendig ist, das angenommen wird und das genau das tut, wofür es geschaffen wurde, nämlich Menschen rasch zu ihrem Recht verhelfen.

Ich denke, die heutige Beschlussfassung ist ein weiterer wichtiger Baustein in einer Entwicklung der Chancengleichheit und des gleichen Zugangs von Menschen mit


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Behinderungen zum Beruf, aber auch zur Teilhabe am gesellschaftlichen Leben. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

20.59


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1482 der Beilagen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Scheucher-Pichler, Walch, Kolleginnen und Kolle­gen einen Abänderungsantrag eingebracht.

Da nur dieser eine Antrag vorliegt, lasse ich sogleich über den Gesetzentwurf in der Fassung des Ausschussberichtes unter Berücksichtigung des Abänderungsantrages der Abgeordneten Mag. Scheucher-Pichler, Walch, Kolleginnen und Kollegen ab­stimmen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die hiefür sind, um ein Zeichen. – Es ist dies einstimmig angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Es ist dies ebenfalls einstimmig in dritter Lesung angenommen.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Dr. Huainigg, Dr. Partik-Pablé, Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend Notariatsakt als Service-Angebot für behinderte Menschen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist einstimmig angenommen. (E 190.)

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Entschließungsantrag der Abge­ordneten Haidlmayr, Kolleginnen und Kollegen betreffend weitere notwendige Maßnah­men im Zusammenhang mit der Beschlussfassung des Bundes-Behindertengleich­stellungs-Begleitgesetzes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für den Entschließungsantrag sind, um ein Zeichen. – Das ist die Minderheit und damit abgelehnt.

21.00.3834. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1408 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungs­gesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosen­versicherungsgesetz 1977 und das Sonderunterstützungsgesetz geändert wer­den (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006 – SRÄG 2006) (1483 d.B.)

 


Präsident Dipl.-Ing. Thomas Prinzhorn: Wir gelangen nun zum 34. Punkt der Tagesordnung.

Erste Debattenrednerin ist Frau Abgeordnete Silhavy. – Bitte, Sie sind am Wort.

 


21.01.02

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bun­desministerin! Hohes Haus! Das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006 enthält eine Vielzahl von Regelungen die e-card betreffend, die Neuregelung des Ausgleichsfonds,


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zu der Sie ja mehr oder weniger gezwungen wurden, die Verankerung von frauen­politischen Maßnahmen, Reparaturen beim Wochengeld und beim Krankenversiche­rungsschutz sowie Rahmenfristerstreckungen bei der Arbeitslosenversicherung – aber leider nur die Selbständigen betreffend, nicht die Einbeziehung der freien Dienst­neh­merInnen, die schon einmal im Ansatz vorgesehen war, aber dann in der Regie­rungsvorlage nicht mehr enthalten war. (Präsident Dr. Khol übernimmt wieder den Vorsitz.)

Sie haben aber ursprünglich – und zwar in der Regierungsvorlage – etwas übersehen oder übersehen wollen – das weiß ich jetzt nicht –, nämlich die Mitversicherung der Lebensgefährten.

Ich tue mir jetzt als Erstrednerin ein bisschen schwer, weil mir ein Antrag zwar angekündigt wurde, dieser aber noch nicht hier eingebracht ist. Ich nehme aber trotzdem schon Bezug darauf, weil nach allen Verhandlungen anzunehmen ist, dass er von einem der nächsten Redner oder Rednerinnen der Regierungsfraktionen auch eingebracht wird. (Abg. Dr. Rasinger: Wer weiß!) Dieser Antrag sieht nun die Reparatur der Mitversicherung von LebensgefährtInnen vor, allerdings ist er wieder diskriminierend, nämlich die gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaften betreffend, und ich bin wirklich sehr enttäuscht, dass Sie weiterhin diese Formen einer Lebens­gemeinschaft diskriminieren wollen. (Abg. Scheibner: Wer wird diskriminiert?)

Des Weiteren haben Sie in der Regierungsvorlage einen Punkt, den ich über einen Abänderungsantrag dennoch versuche abzuändern. Ich werde versuchen, Sie zu überzeugen, dass Sie dieser Abänderung zustimmen.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Heidrun Silhavy und KollegInnen

zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales 1483 dB über die Regierungs­vorlage (1408 der Beilagen) betreffend ein Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

1. Z 18 entfällt

2. Die bisherige Z 19 bis 36 erhalten die Bezeichnungen Ziffern 18 bis 35.

*****

Worum geht es da? – Das ist wahrscheinlich relativ schwer nachzuvollziehen, vor allem wenn man sich die Materie nicht angeschaut hat, Herr Kollege Scheibner. (Abg. Scheibner: Ich habe sie mir angeschaut! Ich habe sie auch verhandelt! Es wird niemand diskriminiert!) – Ja, wissen Sie denn auch, worum es geht? (Abg. Scheibner bejaht.) – Das ist hervorragend! Dann nehme ich ja an, Sie werden zustimmen.

Es geht nämlich darum, dass die Versehrtenrente bei gleichzeitigem Kranken­geldbezug bei den Eisenbahnern bisher ab der 19. Woche ausgezahlt wurde, nach der Regierungsvorlage wird sie jetzt erst ab der 27. Woche ausbezahlt. Auch wenn eine Differenz zwischen Entgeltfortzahlung und Krankengeld da ist und das Krankengeld niedriger ist als die Versehrtenrente, wird bei Schwerstversehrten diese Differenz zur Rente nicht mehr wie bisher ab der 19. Woche ausgezahlt. Wir finden das wirklich sehr


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ungerecht, und das ist auch budgetär absolut keine notwendige Maßnahme, weil es ungefähr 40 Personen betrifft, die Schwerstversehrte sind, und ich würde mir sehr wünschen, Herr Kollege Scheibner – wenn Sie schon sagen, Sie haben das durch­gelesen und Sie kennen sich aus –, dass Sie unserem Abänderungsantrag zustimmen. (Beifall bei der SPÖ.)

21.04


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Frau Abgeordneter Heidrun Silhavy verlesene Antrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy und KollegInnen zum Bericht des Aus­schusses für Arbeit und Soziales 1483 der Beilagen ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Heidrun Silhavy und KollegInnen

zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales 1483 dB über die Regie­rungsvorlage (1408 der Beilagen) betreffend ein Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006

Der Nationalrat wolle in 2. Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

1. Z 18 entfällt.

2. Die bisherigen Z 19 bis 36 erhalten die Bezeichnugen Z 18 bis 35.

Begründung:

Nach der bisherigen Rechtslage beziehen Eisenbahner die Versehrtenrente ab Wegfall des Entgeltfortzahlungsanspruchs. Das ist gemäß § 16 Abs. 1 AVB spätestens mit der 19. Woche der Fall. Danach wird die Versehrtenrente ausbezahlt. Bei gleichzeitigem Bezug von Krankengeld und Versehrtenrente ruht die Versehrtenrente im Ausmaß des Krankengeldanspruchs. Der darüber hinaus gehende Betrag wird aber ausbezahlt.

Aufgrund der vorliegenden Regierungsvorlage soll die Versehrtenrente bei gleich­zeitigem Krankengeldbezug erst mit der 27. Woche ausbezahlt werden.

D.h. Schwerstversehrte, deren Versehrtenrente höher als das Krankengeld ist, erhalten den Differenzbetrag zwischen der 19. und 27. Woche nicht mehr ausbezahlt.

Nachdem von dieser Regelung lediglich rund 40 Schwerstversehrte jährlich betroffen sind und die Änderung zum Einem für diese eine unangemessene Härte darstellt, zum Anderen dafür auch keine budgetäre Notwendigkeit besteht, soll diese Bestimmung wieder entfallen

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Mag. Tancsits. Seine Wunschredezeit beträgt 4 Minuten – ich stelle die Uhr auf 2 Minuten ein.

 



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21.04.31

Abgeordneter Mag. Walter Tancsits (ÖVP): Herr Präsident! Frau Minister! Hohes Haus! Wir behandeln das Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006: eine Fülle von not­wendigen Anpassungen, Verbesserungen, Fortschritten in der Sozialpolitik, wie es eben eine lebendige Materie erfordert.

Ich möchte drei Punkte hervorheben. Der erste betrifft die e-card, die Möglichkeit, private Daten speichern zu lassen, die Möglichkeit – vor allem dem Wunsch der Seniorenverbände entsprechend – des Festhaltens eines Pensionsanspruches. Ich halte es für symptomatisch, dass alle Bedenken, die einige von uns bei Einführung der e-card hatten, die Menschen würden Angst davor haben, der gläserne Mensch und so weiter, ausgeräumt wurden und wir sogar mit dem Gegenteil konfrontiert sind.

Die Ansprüche – das, was man sich noch wünscht – sind eigentlich viel höher als die technische Machbarkeit im Zuge des Einführungsprozesses. Aus Datenschutzgründen sind wir hier sehr zurückhaltend. – Insgesamt ist die e-card also eine Erfolgsstory der Sozialversicherung und dieser Bundesregierung. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Zweitens möchte ich – meine Vorrednerin hat es auch getan – auf die Frauen­förderungsmaßnahmen im Bereich der Sozialversicherung hinweisen, die hier normiert werden, auf die Aufforderung an die entsendenden selbst-verwalteten Institutionen, bei der Entsendung auch auf die Quoten zu schauen. – Das ist notwendig!

Wir ziehen hier in der Sozialversicherung auf Druck des Gesetzgebers die Maßnahmen des Bundesdienstes nach. – Das ist gut so und leider auch notwendig, weil es ja ein Bereich ist, der in erster Linie von roten Gewerkschaften dominiert wird. Wir wissen ja: Je röter die Interessenvertretung, umso schlechter die Verhältnisse für Frauen in diesen Arbeitsbereichen. (Rufe bei der SPÖ.) Sie wissen das ja auch, nicht?! – Frau Kollegin Csörgits zum Beispiel hat kein Penthouse, nehme ich an.

Der dritte Punkt, den ich hervorheben will: Wir regeln in diesem Bereich den Aus­gleichs- und Strukturfonds der Sozialversicherungen, der Krankenversicherungen.

Was hat es alles geheißen, meine Damen und Herren? – Zwei-Klassen-Medizin, verschlechterter Zugang zur Gesundheit, Krankenhäuser werden zugesperrt werden, die Finanzierung der Krankenversicherung ist nicht mehr sichergestellt. – Und heute haben wir mit den Maßnahmen, die jetzt beschlossen werden und die im Hauptverband einstimmig über die Bühne gegangen sind, einmal einen operativen Überschuss von 20 Millionen €! – Das ist ein Ergebnis, zu dem man dieser Bundesregierung und auch der Führung des Hauptverbandes nur gratulieren kann! (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

Meine Damen und Herren! Das Gegenteil ist der Fall! Unfallkrankenhäuser wurden neu gebaut, die e-card – habe ich schon erwähnt – hat den Zugang wesentlich erleichtert, bürokratische Schikanen für die Patienten und Versicherten wurden abgeschafft, keine Beitragserhöhungen, keine neuen Selbstbehalte. Bei dieser Bundesregierung ist die soziale Sicherheit in guten Händen. Wir sind dafür die beste Adresse. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

21.08


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Lackner. Seine Redezeit beträgt 3 Minuten; ich stelle die Uhr ebenfalls auf 2 Minuten ein.

 


21.08.36

Abgeordneter Manfred Lackner (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Geschätzte Damen und Herren! Herr Kollege Tancsits, bei Ihrer euphorischen Rede dürfte Ihnen doch entgangen sein, dass das Problem der Finanzierung der Kran-


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kenkassen doch nicht so ganz geregelt ist, denn wenn Sie die 100 Millionen €-Anleihe bei der AUVA mit einbeziehen, dann schaut das Ergebnis schon ein bisschen anders aus.

Sie sagen: Keine Beitragserhöhungen! – Na ja, vielleicht haben Sie das auch ver­gessen: Bei den Pensionistinnen und Pensionisten haben Sie ein Prozent – zweimal 0,5 Prozent. – Also wenn Sie sich hier herausstellen, dann sollten Sie zumindest nicht solch einen schlampigen Umgang mit der Wahrheit pflegen, wie das bei Ihnen gang und gäbe ist, Herr Kollege Tancsits! (Beifall bei der SPÖ.)

Herr Kollege Tancsits, ich beziehe mich jetzt auch auf diesen Ausgleichsfonds und auf die Regelung, die durchaus akzeptabel ist, der wir ja auch zustimmen könnten, wenn Sie es uns nicht wieder so schwer machen würden mit diesem Abänderungsantrag, der damit inkludiert ist, wo Sie schon wieder einem Verfassungsgerichtshoferkenntnis nicht nachkommen, denn diese Regelung, Herr Kollege Tancsits, ist ja auch auf Grund eines Verfassungsgerichtshoferkenntnisses notwendig geworden. Und Sie wissen es ganz genau: Die Kassenplünderungsaktion war der Anlass dafür, dass wir uns heute noch einmal mit der Neuregelung beschäftigen müssen.

Ein anderer Punkt ist die Überweisung der fälligen Tabaksteuer. Sie wissen auch, dass das mit dem Finanzausgleich, mit den 90 Millionen nicht ganz so geklappt hat, weil im ersten Jahr rund 12,6 Millionen € eingegangen sind. Da fehlt eigentlich noch ein Stück, damit es für die Krankenanstaltenfinanzierung wirksam wird. Und Sie wissen auch, Sie haben eine große Chance vertan bei der Mindestfestsetzung der Tabakpreise. Die EU-Kommission hat Ihnen das auch gesagt.

Es wäre durchaus möglich gewesen, dies mit Erhöhung der Verbrauchssteuern vorzunehmen. Das Gesundheitswesen hätte mehr Geld bekommen. Sie haben sich für die andere Variante entschieden und haben gleichzeitig dafür gesorgt, dass die EU ein Verfahren gegen Sie einleiten wird. – Danke für Ihre Aufmerksamkeit. (Beifall bei der SPÖ.)

21.10


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Walch. Wunsch­redezeit: 3 Minuten.

 


21.10.50

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Tancsits hat schon richtig gesagt, es gibt wieder viele positive Änderungen im Sozialrechts-Ände­rungsgesetz 2006, bei der e-card, die eine Art Ausweis für Pensionisten wird, und vieles andere mehr.

Kollegin Silhavy hat die Neuregelung bei den Mitversicherten angesprochen. Natürlich hat die Koalition einen entsprechenden Abänderungsantrag vorbereitet, den ich hier­mit einbringe. Ich ersuche den Herrn Präsidenten um Verteilung des Abänderungs­antrages, aber ich werde diesen Antrag in seinen Grundzügen erläutern.

Der Verfassungsgerichtshof hat am 10. Oktober 2005 die Möglichkeit der Mitver­sicherung von Lebensgefährten aufgehoben, und zwar mit der Begründung, dass diese Versicherungsmöglichkeit nur andersgeschlechtlichen, nicht aber gleichgeschlecht­lichen Partnern offen steht.

Wir haben die Lösung erarbeitet. Diese lautet wie folgt:

„Als Angehörige/r gilt auch eine mit dem/der Versicherten nicht verwandte Person, die seit mindestens zehn Monaten mit ihm/ihr in Hausgemeinschaft lebt und mit ihm/ihr seit dieser Zeit unentgeltlich den Haushalt führt, ... wenn


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a) sie sich der Erziehung eines oder mehrerer im gemeinsamen Haushalt lebender Kinder nach Abs. 4 erster Satz widmet oder sich durch mindestens vier Jahre hindurch der Kindererziehung gewidmet hat;

b) sie Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 4 nach § 5 des Bundespflegegeldgesetzes oder nach den Bestimmungen der Landespflege­geld­gesetzes hat;“

„Personen, die nach § 123 Abs. 8 lit. b in der am 31. Juli 2006 geltenden Fassung als Angehörige anspruchsberechtigt sind und zu diesem Zeitpunkt bereits das 27. Lebens­jahr vollendet haben, bleiben weiterhin als Angehörige anspruchsberechtigt ...

Personen, die nach § 123 Abs. 8 lit. b in der am 31. Juli 2006 geltenden Fassung als Angehörige anspruchsberechtigt sind und zu diesem Zeitpunkt das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben weiterhin als Angehörige anspruchsberechtigt, so lange sich der maßgebliche Sachverhalt nicht ändert, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2009.“ 

Mit dieser Gesetzesänderung wird der Mitversicherung Rechnung getragen und besonders auf Familien Rücksicht genommen. – Danke. (Beifall bei den Freiheit­lichen – BZÖ und der ÖVP.)

21.13


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem Walch in seinen Grundzügen erläuterte Abänderungsantrag der Abgeordneten Mag. Tancsits, Walch und Kolleginnen/Kollegen zum Gesetzentwurf im Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales 1483 der Beilagen über die Regierungsvorlage 1408 der Beilagen betreffend ein Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006 ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung. Er wird gemäß § 53 Abs. 4 GOG an die Abgeordneten verteilt.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Mag. Tancsits, Walch und Kolleginnen/Kollegen

zum Gesetzentwurf im Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales 1483 der Beilagen über die Regierungsvorlage 1408 der Beilagen betreffend ein Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006

Der Nationalrat wolle in zweiter Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

a) Nach der Z 7a wird folgende Z 7b eingefügt:

»7b. Im § 51d Abs. 3 Z 2 wird nach dem Ausdruck „hindurch“ der Ausdruck „der Kindererziehung“ eingefügt.«

b) Nach der Z 11 wird folgende Z 11a eingefügt:

»11a. § 123 Abs. 7a lautet:

„(7a) Als Angehörige/r gilt auch eine mit dem/der Versicherten nicht verwandte Person, die seit mindestens zehn Monaten mit ihm/ihr in Hausgemeinschaft lebt und ihm/ihr seit dieser Zeit unentgeltlich den Haushalt führt, wenn ein/eine im gemeinsamen Haushalt lebende/r arbeitsfähige/r Ehegatte/Ehegattin nicht vorhanden ist, wenn


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a) sie sich der Erziehung eines oder mehrerer im gemeinsamen Haushalt lebender Kinder nach Abs. 4 erster Satz widmet oder sich durch mindestens vier Jahre hindurch der Kindererziehung gewidmet hat;

b) sie Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 4 nach § 5 des Bundespflegegeldgesetzes oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeld­gesetze hat;

c) sie den Versicherten/die Versicherte mit Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 4 nach dem Bundespflegegeldgesetz oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldgesetze pflegt.“«

c) § 628 Abs. 1 Z 2 in der Fassung der Z 36 lautet:

»2. mit 1. August 2006 die §§ 51d Abs. 3 Z 2 und 123 Abs. 7a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2006;«

d) Die bisherigen Z 2 bis 12 des § 628 Abs. 1 in der Fassung der Z 36 werden in Z 3 bis 13 umbenannt.

e) Im § 628 in der Fassung der Z 36 werden nach Abs. 3 folgende Abs. 3a und 3b eingefügt:

»(3a) Personen, die nach § 123 Abs. 8 lit. b in der am 31. Juli 2006 geltenden Fassung als Angehörige anspruchsberechtigt sind und zu diesem Zeitpunkt bereits das 27. Lebensjahr vollendet haben, bleiben weiterhin als Angehörige anspruchsberechtigt, so lange sich der maßgebliche Sachverhalt nicht ändert.

(3b) Personen, die nach § 123 Abs. 8 lit. b in der am 31. Juli 2006 geltenden Fassung als Angehörige anspruchsberechtigt sind und zu diesem Zeitpunkt das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben weiterhin als Angehörige anspruchsberechtigt, so lange sich der maßgebliche Sachverhalt nicht ändert, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2009.«

Art. 2 (Änderung des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

a) Nach der Z 1 werden folgende Z 1a bis 1c eingefügt:

»1a. Im § 10 Abs. 1 Z 3 entfällt der Ausdruck „andersgeschlechtliche“.

1b. Im § 27c Abs. 3 Z 2 wird nach dem Ausdruck „hindurch“ der Ausdruck „der Kindererziehung“ eingefügt.

1c. § 83 Abs. 8 lautet:

„(8) Als Angehörige/r gilt auch eine mit dem/der Versicherten nicht verwandte Person, die seit mindestens zehn Monaten mit ihm/ihr in Hausgemeinschaft lebt und ihm/ihr seit dieser Zeit unentgeltlich den Haushalt führt, wenn ein/eine im gemeinsamen Haushalt lebende/r arbeitsfähige/r Ehegatte/Ehegattin nicht vorhanden ist, wenn

a) sie sich der Erziehung eines oder mehrerer im gemeinsamen Haushalt lebender Kinder nach Abs. 4 erster Satz widmet oder sich durch mindestens vier Jahre hindurch der Kindererziehung gewidmet hat;

b) sie Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 4 nach § 5 des Bundes­pflegegeldgesetzes oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldgesetze hat;

c) sie den Versicherten/die Versicherte mit Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 4 nach dem Bundespflegegeldgesetz oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldgesetze pflegt.“«

b) Nach der Z 4 wird folgende Z 4a eingefügt:


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»4a. § 311 Abs. 6 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 132/2005 lautet:

„(6) Die Amtsdauer der am 31. Dezember 2005 bestehenden Verwaltungskörper der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft verlängert sich bis zum Ablauf des 31. Dezember 2007. Abweichend von § 202 währt die Amtsdauer der zum 1. Jänner 2008 zu bildenden Verwaltungskörper drei Jahre.“«

c) § 314 Abs. 1 in der Fassung der Z 5 lautet:

Ȥ 314. (1) Es treten in Kraft:

1. mit 1. Juli 2006 die §§ 198 Abs. 1 und 311 Abs. 6 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2006;

2. mit 1. August 2006 die §§ 10 Abs. 1 Z 3, 27c Abs. 3 Z 2 und 83 Abs. 8 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2006;

3. mit 1. Jänner 2007 § 2 Abs. 1 Z 2 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2006;

4. rückwirkend mit 1. Jänner 1999 § 162 Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2006.«

d) Dem § 314 in der Fassung der Z 5 werden folgende Abs. 3 und 4 angefügt:

»(3) Personen, die nach § 83 Abs. 8 in der am 31. Juli 2006 geltenden Fassung als Angehörige anspruchsberechtigt sind und zu diesem Zeitpunkt bereits das 27. Lebensjahr vollendet haben, bleiben weiterhin als Angehörige anspruchsberechtigt, so lange sich der maßgebliche Sachverhalt nicht ändert.

(4) Personen, die nach § 83 Abs. 8 in der am 31. Juli 2006 geltenden Fassung als Angehörige anspruchsberechtigt sind und zu diesem Zeitpunkt das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben weiterhin als Angehörige anspruchsberechtigt, so lange sich der maßgebliche Sachverhalt nicht ändert, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2009.«

Art. 3 (Änderung des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

a) Z 1 lautet:

»Im § 24b Abs. 3 Z 2 wird nach dem Ausdruck „hindurch“ der Ausdruck „der Kindererziehung“ eingefügt.«

b) Die bisherige Z 1 erhält die Bezeichnung 1a.

c) Nach Z 1a wird folgende Z 1b eingefügt:

»1b. Nach § 78 Abs. 6 wird folgender Abs.6a eingefügt:

„(6a) Als Angehörige/r gilt auch eine mit dem/der Versicherten nicht verwandte Person, die seit mindestens zehn Monaten mit ihm/ihr in Hausgemeinschaft lebt und ihm/ihr seit dieser Zeit unentgeltlich den Haushalt führt, wenn ein/eine im gemeinsamen Haushalt lebende/r arbeitsfähige/r Ehegatte/Ehegattin nicht vorhanden ist, wenn

a) sie sich der Erziehung eines oder mehrerer im gemeinsamen Haushalt lebender Kinder nach Abs. 4 erster Satz widmet oder sich durch mindestens vier Jahre hindurch der Kindererziehung gewidmet hat;

b) sie Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 4 nach § 5 des Bun­despflegegeldgesetzes oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldgesetze hat;


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c) sie den Versicherten/die Versicherte mit Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 4 nach dem Bundespflegegeldgesetz oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldgesetze pflegt.“«

d) Nach Z 4 wird folgende Z 4a eingefügt:

»4a. § 300 Abs. 7 lautet:

„(7) Die Amtsdauer der am 31. Dezember 2005 bestehenden Verwaltungskörper der Sozialversicherungsanstalt der Bauern verlängert sich bis zum Ablauf des 31. Dezember 2007. Abweichend von § 190 währt die Amtsdauer der zum 1. Jänner 2008 zu bildenden Verwaltungskörper drei Jahre.“«

e) § 304 Abs. 1 in der Fassung der Z 5 lautet:

Ȥ 304. (1) Es treten in Kraft:

1. mit 1. Juli 2006 die §§ 186 Abs. 1 und 300 Abs. 7 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2006;

2. mit 1. August 2006 die §§ 24b Abs. 3 Z 2 und 78 Abs. 6a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2006;

3. mit 1. Jänner 2007 § 38 Abs. 8 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2006;

4. rückwirkend mit 1. Jänner 1999 die §§ 149a Abs. 4 und 154 Abs. 4 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2006.«

f) Dem § 304 in der Fassung der Z 5 werden folgende Abs. 3 und 4 angefügt:

»(3) Personen, die nach § 78 Abs. 7 Z 1 in der am 31. Juli 2006 geltenden Fassung als Angehörige anspruchsberechtigt sind und zu diesem Zeitpunkt bereits das 27. Lebensjahr vollendet haben, bleiben weiterhin als Angehörige anspruchsberechtigt, so lange sich der maßgebliche Sachverhalt nicht ändert.

(4) Personen, die nach § 78 Abs. 7 Z 1 in der am 31. Juli 2006 geltenden Fassung als Angehörige anspruchsberechtigt sind und zu diesem Zeitpunkt das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben weiterhin als Angehörige anspruchsberechtigt, so lange sich der maßgebliche Sachverhalt nicht ändert, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2009.«

Art. 4 (Änderung des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

a) Z 1 lautet:

»Im § 20b Abs 3 Z 2 wird nach dem Ausdruck „hindurch“ der Ausdruck „der Kindererziehung“ eingefügt.«

b) Z 2 lautet: Nach § 56 Abs. 6 wird folgender Abs. 6a eingefügt:

»„(6a) Als Angehörige/r gilt auch eine mit dem/der Versicherten nicht verwandte Person, die seit mindestens zehn Monaten mit ihm/ihr in Hausgemeinschaft lebt und ihm/ihr seit dieser Zeit unentgeltlich den Haushalt führt, wenn ein/eine im gemein­samen Haushalt lebende/r arbeitsfähige/r Ehegatte/Ehegattin nicht vorhanden ist, wenn

a) sie sich der Erziehung eines oder mehrerer im gemeinsamen Haushalt lebender Kinder nach Abs. 4 erster Satz widmet oder sich durch mindestens vier Jahre hindurch der Kindererziehung gewidmet hat;


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b) sie Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 4 nach § 5 des Bundespflegegeldgesetzes oder nach den Bestimmungen der Landespflege­geld­gesetze hat;

c) sie den Versicherten/die Versicherte mit Anspruch auf Pflegegeld zumindest in Höhe der Stufe 4 nach dem Bundespflegegeldgesetz oder nach den Bestimmungen der Landespflegegeldgesetze pflegt.“«

c) Die bisherige Z 1 erhält die Bezeichnung „2a“.

d) § 216 samt Überschrift in der Fassung der Z 4 lautet:

»Schlussbestimmungen zu Art. 4 des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2006

Ȥ 216. Es treten in Kraft:

1. mit 1. Juli 2006 § 133 Abs. 1 in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2006;

2. mit 1. August 2006 die §§ 20b Abs. 3 Z 2 und 56 Abs. 6a in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. xx/2006.«

e) § 216 in der Fassung der Z 4 erhält die Bezeichnung (1); folgende Abs. 2 und 3 werden angefügt:

»(2) Personen, die nach § 56 Abs. 6 in der am 31. Juli 2006 geltenden Fassung als Angehörige anspruchsberechtigt sind und zu diesem Zeitpunkt bereits das 27. Lebensjahr vollendet haben, bleiben weiterhin als Angehörige anspruchsberechtigt, so lange sich der maßgebliche Sachverhalt nicht ändert.

(3) Personen, die nach § 56 Abs. 6 in der am 31. Juli 2006 geltenden Fassung als Angehörige anspruchsberechtigt sind und zu diesem Zeitpunkt das 27. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bleiben weiterhin als Angehörige anspruchsberechtigt, so lange sich der maßgebliche Sachverhalt nicht ändert, längstens jedoch bis zum Ablauf des 31. Dezember 2009.«

Begründung

Zu Art. 1 Z 7b, 11a, 36, Art. 2 Z 1a bis 1c und 5, Art. 3 Z 1, 1a, 1b und 5 und Art. 4 Z 1, 2 und 4 (§§ 51d Abs. 3 Z 2, 123 Abs. 7a, 628 Abs. 1 Z 2 bis 13 und Abs. 3a und 3b ASVG, §§ 10 Abs. 1 Z 3, 83 Abs. 8 und 314 Abs. 1, Abs. 3a und 3b GSVG, §§ 24b Abs. 3 Z 2, 78 Abs. 6a, 304 Abs. 1, Abs. 3 und 4 BSVG und §§ 20b Abs. 3 Z 2, 56 Abs. 6a und § 216 Abs. 1 bis 3 B-KUVG):

Die Gewährung einer Mitversicherung in der Krankenversicherung bedeutet eine Finanzierung der Krankenversicherungsleistungen an den Mitversicherten durch die Versichertengemeinschaft. Sie kann daher nur einem Personenkreis gewährt werden, bei dem diese Belastung der Versichertengemeinschaft auf bestimmten Gründen zumutbar ist.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit dem Erkenntnis zu G 87-88/05 vom 10. Oktober 2005 die Möglichkeit der Gewährung einer Mitversicherung von Lebensgefährten durch die Satzung eines finanziell ausreichend dotierten Versicherungsträgers mit Wirkung vom 1. August 2006 als verfassungswidrig aufgehoben. Begründet wurde dies damit, dass diese Versicherungsmöglichkeit nur andersgeschlechtlichen, nicht aber gleich­geschlechtlichen Paaren offensteht. Gleichzeitig hat er aber ausdrücklich klargestellt, dass die seitens der Bundesregierung ins Treffen geführten familienpolitischen Motive für die Gewährung einer Mitversicherung auf Kosten der Versichertengemeinschaft zur Grundlage einer Neuregelung der Mitversicherung von Lebensgefährten gemacht


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werden kann, wenn die Mitversicherung auf Fälle von Kindererziehung eingeschränkt wird.

Die Antragsteller gehen davon aus, dass die Aufhebung der Mitversiche­rungs­möglichkeit für Lebensgefährten jedenfalls nicht ab 1. August 2006 schlagend werden darf, um eine plötzliche Belastung der Paare, die ihre Lebensplanung auch auf diese Mitversicherungsmöglichkeit abgestellt haben, zu vermeiden.

Gleichzeitig sind die Antragsteller aber der Ansicht, dass es der Versicherten­gemeinschaft grundsätzlich nicht zugemutet werden kann, die bloße Existenz von Lebensgemeinschaften ohne Kinder, in denen ein Partner nur den Haushalt führt (egal ob diese zwischen gleich- oder verschiedengeschlechtlichen Personen bestehen) finanziell durch eine Mitversicherung zu fördern. Dies umso mehr, als gerade das Fehlen von gegenseitigen Rechten und Pflichten ein Wesensmerkmal einer Lebens­gemeinschaft ist, also nicht einmal der versicherte Lebensgefährte selbst – geschweige den die Versichertengemeinschaft – irgendeine Verpflichtung hat, die Kranken­versicherung seines Partners sicherzustellen. Anzumerken ist auch, dass die über die Mitversicherung zwischen kinderlosen Lebensgefährten vorliegenden Altersangaben nahelegen, dass es sich dabei überwiegend um Fälle handelt, in denen der Wegfall der Mitversicherung als Kind kostengünstig kompensiert wird.

Sehr wohl aber halten sie die begünstigte Mitversicherung von Ehegatten ohne Kinder oder Pflegeleistungen für der Versichertengemeinschaft zumutbar und sachlich gerechtfertigt. Dies aus folgenden Überlegungen:

Die Ehe ist nach wie vor die beste Grundlage von stabilen Familien und die best­mögliche Ausgangssituation für Kinder. Die Versichertengemeinschaft profitiert auf lange Sicht von jedem Kind, das künftig durch (möglichst hohe) Beiträge die Versicherung aufrechterhält.

In einer Ehe besteht eine gegenseitige Unterhaltspflicht und ein entsprechender Versorgungsanspruch des nicht berufstätigen Ehegatten; das unterscheidet sie maßgeblich von der rechtlich unverbindlichen Lebensgemeinschaft.

Die Ehe weist eine erhöhte Bestandssicherheit im Vergleich zu bloßen Lebens­gemeinschaften auf. Es ist daher mit höherer Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass Ehegatten sich gegenseitig auch schlechte Zeiten wie z.B. bei Pflegebedarf unterstützen und diese Lasten nicht sofort unmittelbar für die Versicherten­gemeinschaft schlagend werden.

In der ganz überwiegenden Zahl der Fälle werden in Ehen Kinder erzogen; ein Abstellen auf diesen Normalfall ist daher auch verfassungsrechtlich zulässig.

Die Mitversicherung ist ohnehin nur für Ehepaare mit Kindern oder Pflegeleistungen kostenlos, für andere Ehepaare ist sie nur durch einen geringeren Beitrag begünstigt.

In diesem Sinne werden folgende Regelungen vorgeschlagen:

Lebensgefährten, die derzeit mitversichert sind, bleiben jedenfalls bis zum 1. Jänner 2010 kostenlos mitversichert. Damit soll das Vertrauen in die bestehende Regelung geschützt und ausreichend Zeit für eine Anpassung der Lebensplanung an die neuen Mitversicherungsbedingungen gewährt werden.

Lebensgefährten, die das 27. Lebensjahr bereits überschritten haben, behalten den Anspruch auf Mitversicherung ohne zeitliche Obergrenze – also im Extremfall bis zu


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ihrem Tod. Damit soll berücksichtigt werden, dass bis zur Altersgrenze von 27 Jahren grundsätzlich eine Mitversicherung als Kind möglich ist. Für ältere Jahrgänge ist die Weitergeltung der Mitversicherung auch deshalb angezeigt, weil Personen, die sich bislang der Haushaltsführung gewidmet haben (zumal sie im ganz überwiegenden Fall weiblich sind), mit steigendem Lebensalter nur noch deutlich eingeschränkte Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben und in ihrem berechtigten Interesse auf Achtung ihrer Lebensplanung geschützt werden sollen.

Angesichts dessen, dass das Modell der „Hausfrauen-Partnerschaften“ ohne Kinder bei der Jugend (abgesehen von den genannten Missbrauchsfällen) kaum noch anzu­treffen ist soll im Dauerrecht die Mitversicherung von Lebensgefährten künftig von Leistungen abhängig gemacht werden, die der Versichertengemeinschaft zumindest indirekt zugutekommen, jedenfalls aber im Interesse der Gesellschaft gelegen sind. Ein Anspruch auf kostenlose Mitversicherung soll daher künftig bestehen, wenn mit der/dem Versicherten nicht verwandten Personen, die mit diesem seit mindestens zehn Monaten in Hausgemeinschaft leben und ihr/ihm unentgeltlich den Haushalt führen in dieser Partnerschaft Kinder erziehen, der nicht selbst versicherte Partner pflege­bedürftig ist oder Pflegeleistungen erbringt (über Stufe 4 des Bundespflege­geld­gesetzes bzw. der Landespflegegeldgesetze). Die Möglichkeit zur Mitversicherung besteht nur für eine einzige Person. Diese Abgrenzung entspricht den bisher für die Befreiung von der Beitragspflicht nach § 51d geltenden Voraussetzungen. In all diesen Fällen ist die Finanzierung über die Versichertengemeinschaft begründbar, weil Kindererziehung und häusliche Pflege im allgemeinen Interesse liegen und auch finanzielle Mehrbelastungen der Allgemeinheit durch eine externe Leistungserbringung vermeiden helfen. Eine Mitversicherung soll künftig auch zustehen, wenn der Mitver­sicherte sich früher der Kindererziehung gewidmet hat, also nicht selbst berufstätig und damit selbst versichert war. Die bisherige Einschränkung auf eine in derselben Partnerschaft stattgefundene Kindererziehung soll zum Schutz der – im klassischen Fall – Hausfrauen aufgegeben werden, die nach Verwitwung, Scheidung oder Tren­nung nach der Beendigung der Kindererziehung mit einem anderen Partner einen gemeinsamen Haushalt teilen. Lebensgefährten, die ohne gemeinsame Kinder nicht berufstätig sind steht die Selbstversicherung – zu aus sozialen Gründen absenkbaren Beiträgen – offen. Im Sinne einer Einheitlichkeit zwischen den Sozialversicherungs­gesetzen soll anders als bisher die Mitversicherungsmöglichkeit von mit der/dem Versicherten nicht verwandten Personen nicht in der Satzung, sondern bereits durch Gesetz normiert werden.

Die Parallelbestimmungen im BSVG und B-KUVG sind nur formal nicht vom Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes betroffen. Aus inhaltlicher Sicht treffen die für die Aufhebung der §§ 128 Abs. 8 lit. b ASVG und § 83 Abs. 8 GSVG relevanten Gründe des Verfassungsgerichtshofes auch auf § 78 Abs. 7 Z 1 BSVG und § 56 Abs. 6 B-KUVG zu, weshalb die Änderungen in diesen Bestimmungen entsprechend nach­vollzogen werden sollen.

Zu Art. 2 Z 4a und Art. 3 Z 4a (§ 311 Abs. 6 GSVG und § 300 Abs. 7 BSVG):

Im Jahr 2005 wurde die mit 31. Dezember 2005 endende Amtsdauer der bestehenden Verwaltungskörper der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft sowie der Sozialversicherungsanstalt der Bauern wegen der geplanten Fusion der beiden Sozial­versicherungsträger um ein Jahr verlängert.

Da die für eine Zusammenführung der beiden Sozialversicherungsträger erforderlichen Rahmenbedingungen bislang noch nicht fixiert werden konnten und daher die geplante Fusion zum 1. Jänner 2007 nicht verwirklicht werden kann, ist eine nochmalige


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Verlängerung der Funktionsperiode der bestehenden Verwaltungskörper notwendig geworden.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dobnigg. Seine Wunschredezeit beträgt 3 Minuten.

 


21.14.23

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen! Werte Kollegen! Im Rahmen des Sozialrechts-Änderungsgesetzes be­schäf­tige ich mich mit einem speziellen Thema, nämlich der Mitversicherung von Lebensgefährtinnen und Lebensgefährten. Der Verfassungsgerichtshof hat mit Ende Juli 2006 den § 123 Abs. 8 lit. b ASVG zur Gänze aufgehoben, mit dem Ergebnis, dass es ab diesem Zeitpunkt keine Möglichkeit zur Mitversicherung mehr gibt.

Da dies ein unhaltbarer sozialer Missstand wäre, der unter allen Umständen vermieden werden muss, brauchen wir eine rasche und soziale Lösung. Da wir von Seiten der SPÖ das Versäumnis der Regierung aufgezeigt, kritisiert sowie Änderungen gefordert haben, legten nun – wir haben es gerade gehört – Kollege Walch und Kollege Tancsits gemeinsam einen Abänderungsantrag vor. Dieser Antrag ist sicherlich eine Verbesserung gegenüber der Regierungsvorlage, löst aber dennoch bei weitem nicht alle Probleme in diesem Zusammenhang.

Zum Beispiel ist unter anderem die Einführung einer Altersgrenze – wir haben es gerade vorher vernommen – von 27 Jahren in Ihrem Antrag als Kriterium, ob Mitver­sicherung möglich ist oder nicht, für uns absolut nicht nachvollziehbar. Ihre Begrün­dung, dass man ab dem 27. Lebensjahr auf dem Arbeitsmarkt schwer vermittelbar sei, ist entweder an den Haaren herbeigezogen oder eine Bankrotterklärung Ihrer eigenen Arbeitsmarktpolitik.

Mit dieser Bestimmung im § 628 regeln Sie die Mitversicherung wieder nur für andersgeschlechtliche, aber nicht für gleichgeschlechtliche Lebensgemeinschaften. (Abg. Scheibner: Wo?) Damit schreiben Sie neuerlich genau jene Diskriminierung fort, die der Verfassungsgerichtshof als gleichheitswidrig aufgehoben hat. Und aus diesem Grund können wir der Regierungsvorlage in Form Ihres Abänderungsantrages nicht zustimmen.

Ich bringe deshalb einen Abänderungsantrag der SPÖ-Fraktion ein. Der Abän­derungsantrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen und Kollegen wird ebenfalls in wenigen Minuten verteilt.

In seinen Eckpunkten sieht er vor, dass es eben keine sinnlose, ja willkürliche und diskriminierende Altersgrenze für die Anerkennung einer Mitversicherung gibt. Mitversicherung soll es geben unabhängig davon, ob Kinderlosigkeit vorliegt oder nicht. Und das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes muss umgesetzt werden. Das heißt, es darf bei der Frage der Mitversicherung keinen Unterschied zwischen gleich­geschlechtlichen und andersgeschlechtlichen Lebensgemeinschaften geben.

Ich lade Sie daher ein, werte Kolleginnen und Kollegen der Regierungsparteien, unseren Abänderungsantrag zu unterstützen, damit wir dieses Problem gemeinsam umfassend und im Sinne des Verfassungsgerichtshofes lösen können. (Beifall bei der SPÖ.)

21.17


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von Herrn Abgeordnetem Dobnigg in den Kern­punkten erläuterte Abänderungsantrag der Abgeordneten Heidrun Silhavy, Kolleginnen


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und Kollegen zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales 1483 dB über die Regierungsvorlage (1408 der Beilagen) betreffend ein Sozialrechts-Änderungs­ge­setz 2006 wird verteilt. Er ist hinreichend unterstützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Heidrun Silhavy und KollegInnen

zum Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales 1483 dB über die Regierungs­vorlage (1408 der Beilagen) betreffend ein Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006

Der Nationalrat wolle in 2.Lesung beschließen:

Der eingangs bezeichnete Gesetzesantrag wird wie folgt geändert:

Art. 1 (Änderung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geän­dert:

a) Nach Z 11 wird folgende Z 11a eingefügt:

„11a. § 123 Abs. 8 lit b lautet:

b) mit dem (der) Versicherten nicht verwandte Personen den im Abs. 7 genannten Angehörigen unter den dort bezeichneten Voraussetzungen gleichgestellt sind.“

b) In Z 36 wird in § 628 Abs. 1 folgende Z 1a eingefügt:

„1a. mit 1. August 2006 § 123 Abs. 8 lit b;“

Art. 2 (Änderung des Gewerblichen Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

a) Nach Z 1 wird folgende Z 1a eingefügt:

„1a. § 83 Abs. 8 lautet:

„(8) Durch die Satzung kann nach Maßgabe der finanziellen Leistungsfähigkeit des Versicherungsträgers bestimmt werden, dass eine mit dem (der) Versicherten nicht verwandte bzw. nicht verschwägerte Person, die seit mindestens zehn Monaten mit ihm (ihr) in Hausgemeinschaft lebt und ihm (ihr) seit dieser Zeit unentgeltlich den Haushalt führt, den in Abs. 2 genannten Angehörigen gleichgestellt wird, wenn ein im gemeinsamen Haushalt lebender arbeitsfähiger Ehegatte nicht vorhanden ist. Angehöriger aus diesem Grund kann nur eine einzige Person sein.“

b) In Z 5 wird in § 314 Abs. 1 folgende Z 1a eingefügt:

„1a. mit 1. August 2006 § 83 Abs. 8;“

Art. 3 (Änderung des Bauern-Sozialversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

Nach Z 1 wird folgende Z 1a eingefügt:

„1a. Im § 78 Abs. 7 Z 1 BSVG entfällt das Wort „andersgeschlechtliche“.

Art. 4 (Änderung des Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetzes) wird wie folgt geändert:

a) Z 1 lautet wie folgt:

„1. Im § 56 Abs. 6 B-KUVG entfällt das Wort „andersgeschlechtliche“.

b) Die bisherigen Z 1 bis 4 erhalten die Bezeichnung 2 bis 5.


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Begründung:

Der VfGH hat die Bestimmung des § 123 Abs. 8 lit b ASVG und § 83 Abs. 8 GSVG mit 31.7.2006 aufgehoben. Damit besteht ab 1.8.2006 keine Mitversicherung für LebensgefährtInnen. Dies ist sozialpolitisch nicht tragbar. Der Abänderungsantrag soll die Mitversicherung gewährleisten.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Öllinger. Seine Wunschredezeit beträgt 5 Minuten.

 


21.17.50

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Es fällt einem schwer, zu einem derart unterschiedlichen Bündel von Novellierungen kurz Stellung zu nehmen, aber ich versuche es.

Punkt 1: Die vorgeschlagenen Änderungen die e-card betreffend finden unsere Unterstützung, obwohl sie nicht von dem Gedanken beseelt sind, den Kollege Tancsits da ausbreiten wollte, dass nämlich ein Ansturm von verschiedenen Gruppen auf die e-card eingesetzt habe.

Kollege Tancsits, ich habe schon erklärt, es ist ganz klar, dass die PensionistInnen das fordern, weil sie sich auch entsprechende Vergünstigungen, Minderungen, Abschläge et cetera dadurch erwarten und eine einfachere Administration. Aber es ist nicht so, Kollege Tancsits, dass in der Vergangenheit die von Ihnen vorgeschlagenen Erweiterungen der e-card sinnvoll oder praktikabel gewesen wären.

Sie haben vorgeschlagen – es war nicht unser Vorschlag –, Gesundheitsdaten abzu­speichern. – Nicht praktikabel, nicht sinnvoll, datenschutzwidrig.

Sie haben vorgeschlagen, Notfallsdaten auf der Karte abzuspeichern. – Nicht praktikabel, nicht sinnvoll, datenschutzwidrig.

Sie, die Regierungsparteien, haben vorgeschlagen, dass man die e-card mit einer Bankomatkarte verknüpft. Und Ihnen allen war ganz offensichtlich klar – oder auch nicht –, dass das eine mit dem anderen nicht geht, schon von der technischen Funktionalität her. Trotzdem wollten Sie das haben, weil die Banken das haben wollten, und haben versucht, uns einzureden, dass es sinnvoll sei. – Also, so schaut es mit den sinnvollen Änderungen und Erweiterungen aus!

Dass es daneben jetzt auch Erweiterungen bei der e-card für SozialhilfebezieherInnen gibt, das ist nicht zuletzt auch auf einen Aufschrei von Gruppierungen zurückzuführen, die zu Recht gesagt haben, man kann nicht 99 Prozent die e-card geben, aber einem Prozent nicht, denn das erfüllt den Tatbestand der Diskriminierung.

Damit wäre ich eigentlich bei dem Punkt, wo ich überleiten könnte zu dem, was Sie jetzt in Ihrem Abänderungsantrag vorschlagen, der wiederum den Tatbestand der verdeckten Diskriminierung erfüllt. Aber ich bin noch nicht so weit, denn es gibt noch einen anderen Punkt, wozu ich eigentlich einen Abänderungsantrag einbringen möchte. Es geht um Pflegekinder bei der Ersatzzeitenanrechnung. Ich kürze es ab, denn die Zeit ist knapp.

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen


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Der Nationalrat wolle beschließen:

Die gegenständliche Regierungsvorlage wird folgendermaßen abgeändert:

Nach Z. 18 wird folgende Z. 18a eingefügt:

18a. In § 227a Abs. 2 Ziffer 6 entfällt die Wortfolge „sofern die Übernahme der unent­geltlichen Pflege nach dem 31. Dezember 1987 erfolgte.“

*****

Kurze Begründung noch einmal: Es gibt auch Pflegekinder, die vorher gepflegt wurden, bei denen auch nachweisbar ist, dass sie gepflegt wurden beziehungsweise die Pflegeeltern die Pflege erbracht haben. Die sind nach wie vor ausgenommen. Wir ersuchen Sie, diesem Umstand Rechnung zu tragen. Die haben gepflegt, können es nachweisen, und die sollten daher auch in die Ersatzzeitenregelung aufgenommen werden. – Das war der Sinn des Antrages.

Jetzt komme ich aber zu dem Abänderungsantrag, der uns vor einer Stunde ereilt hat. Ich bin nicht ganz der Meinung des Kollegen Dobnigg, dass da einiges verbessert wurde. Da wurde meiner Ansicht nach in den entscheidenden Punkten überhaupt nichts verbessert! Und ich sage jetzt dem Kollegen Scheibner, wo nichts verbessert wurde.

Der Verfassungsgerichtshof hat die Bestimmung des § 123 Absatz 8 als verfas­sungswidrig aufgehoben, mit einer zeitlichen Befristung. Sie haben erstens bis zum Ende gewartet, um eine Korrektur durchzuführen. Sie hätten es mit uns diskutieren können. Sie wollten es nicht diskutieren, weil Sie etwas zu verstecken gehabt haben; zumindest hat Kollege Tancsits im Ausschuss diesen Anschein erweckt. Der wollte nicht richtig darüber diskutieren und hat gegrollt. Das war mein Eindruck. Das war nur Groll.

Der springende Punkt ist, dass die Bundesregierung damals dem Verfassungs­gerichtshof gegenüber geltend gemacht hat – und der Verfassungsgerichtshof merkt das auch in seinem Urteil an –, sie – also die Bundesregierung – wolle einen Unterscheidungsgrund in der Absicht der Förderung von Familien mit Kindern sehen, die es aber, wie die Bundesregierung jetzt sagt, in gleichgeschlechtlichen Gemein­schaften nicht geben könne.

Was machen Sie? – Sie bringen jetzt einen Abänderungsantrag ein, in dem nichts mehr drinnen steht von Andersgeschlechtlichen oder Heterosexuellen oder Gleich­geschlechtlichen, sondern Sie bringen einen Abänderungsantrag ein, in dem auf das Kriterium des Vorhandenseins von Kindern abgestellt wird, und damit sagen Sie das, was die Bundesregierung gegenüber dem VfGH zum Ausdruck gebracht hat. Damit sind gleichgeschlechtliche Gemeinschaften ausgeschlossen, weil es laut Bundes­regierung die Förderung von Familien mit Kindern in gleichgeschlechtlichen Gemein­schaften nicht geben kann. (Abg. Scheibner: Stimmt ja nicht!)

Jetzt weiß ich natürlich auch, dass es im Extremfall auch Personen in homosexuellen Beziehungen geben kann, die vorher in einer heterosexuellen gelebt haben, in der heterosexuellen Partnerschaft vier Jahre lang ein Kind betreut haben, und zwar zu Hause betreut haben, und die dann sozusagen gewechselt haben in eine homo­sexuelle Partnerschaft. Da sie vier Jahre ein Kind betreut haben, hätten sie die Möglichkeit, wenn sie weiterhin zu Hause bleiben und nicht arbeiten gehen, die Mitversicherung geltend zu machen. Nur, Herr Kollege Scheibner, seien wir ganz offen, Sie wissen genauso gut wie ich, diese Männer, auch wenn sie in heterosexuellen Partnerschaften gelebt haben, die vier Jahre lang zu Hause geblieben sind und das


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Kind betreut haben, die gibt es in der Vergangenheit nicht. Die hat es nicht gegeben. (Abg. Scheibner: Es können ja auch Frauen sein!) – Ja, das können Frauen auch sein. Selbstverständlich können es Frauen auch sein. (Abg. Scheibner: Ich verstehe nicht, wieso Sie da so grinsen!)

Aber der Punkt ist ganz eindeutig der – das gebe ich Ihnen sogar zu –, dass dieses Kriterium, das Sie jetzt anführen, de facto den Ausschluss von homosexuellen Part­nerschaften von der Mitversicherung bedeutet, aber nicht so sehr den Ausschluss von lesbischen Partnerschaften. Nur, diskriminierungsfrei ist das mit Sicherheit nicht, Herr Kollege Scheibner (Abg. Scheibner: Doch, selbstverständlich!), das sei hier bei dieser Gelegenheit festgestellt. Und vor allem das Kriterium einer umfassenden Gleich­stellung von homosexuellen und heterosexuellen Partnerschaften erfüllt auch diese vorgeschlagene Änderung mit Sicherheit nicht. (Abg. Scheibner: Sehr widersprüchlich, was Sie da sagen!) Es enthält Kriterien von versteckter Diskriminierung, die den Mitgliedern der Oppositionsparteien ganz eindeutig auch im Ausschuss zur Kenntnis gebracht wurden. Und das, Herr Kollege Scheibner, ... (Abg. Scheibner: Da hat es diese Regelung noch nicht gegeben!) – Es wurde in den Grundzügen angedeutet, wohin die Regelung gehen soll. Und das ist nicht sauber. (Beifall bei den Grünen.)

21.25


Präsident Dr. Andreas Khol: Der von den Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen eingebrachte Abänderungsantrag betreffend die Regierungsvorlage (1408 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungsgesetz et cetera geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006), ist hinreichend unter­stützt und steht mit in Verhandlung.

Der Antrag hat folgenden Gesamtwortlaut:

Abänderungsantrag

der Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend die Regierungs­vorlage (1408 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Allgemeine Sozialversicherungs­gesetz, das Gewerbliche Sozialversicherungsgesetz, das Bauern-Sozialversicherungs­gesetz, das Beamten-Kranken- und Unfallversicherungsgesetz, das Arbeitslosenver­siche­rungs­gesetz 1977 und das  Sonderunterstützungsgesetz geändert werden (Sozialrechts-Änderungsgesetz 2006 – SRÄG 2006) (1483 d.B.)

Der Nationalrat wolle beschließen:

Die gegenständliche Regierungsvorlage wird folgendermaßen abgeändert:

Nach Z. 18 wird folgende Z. 18a eingefügt:

18a. In § 227a Abs. 2 Ziffer 6 entfällt die Wortfolge „ ,sofern die Übernahme der unentgeltlichen Pflege nach dem 31. Dezember 1987 erfolgte“.

Begründung:

Bei der Ersatzzeitenanrechnung für Kindererziehung in der Pensionsversicherung gibt es bei Pflegekindern eine Einschränkung: Wenn die Übernahme der unentgeltlichen Pflege vor dem 31.12.1987 erfolgte, gibt es für diese Zeit keine Ersatzzeiten­anrechnung. Bei allen anderen Kindern, auch Wahl- und Stiefkindern, existiert hingegen keine solche Stichtagsregelung, d.h. hier werden alle Zeiten als Ersatzzeiten angerechnet.


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Diese Regelung ist nicht nachvollziehbar und führt dazu, dass Frauen Ersatzzeiten nicht angerechnet bekommen, obwohl sie in der Zeit vor 1988 ein Kind in unent­geltliche Pflege übernommen (und etwa später adoptiert haben). Daher soll mit dem gegenständlichen Antrag die Stichtagsregelung, die die Ersatzzeitenanrechnung einschränkt, aufgehoben werden.

*****

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Donabauer. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.26.21

Abgeordneter Karl Donabauer (ÖVP): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Meine Damen und Herren! Hohes Haus! Die österreichische Sozialpolitik war und ist immer dafür bekannt, dass sie in ganz Europa herzeigbar ist. Ich denke, dass gerade in den letzten Jahren enorm viel geleistet wurde. Ich erinnere nur an das Kinder­betreuungsgeld, heute schon eingehend diskutiert, Abfertigung neu, Familienhospiz­karenz, Pensionsreform: zeitgerecht, damit man nicht dann kürzen muss, wenn es unpassend ist. Ich lese in den Zeitungen, dass angeblich Betriebspensionen gekürzt werden sollen. Ich kann mir das alles nicht vorstellen, aber ich lese das in den Zeitungen. – Wir haben von der Regierung vorgesorgt, dass das alles nicht passiert.

Ich denke, dass vor allem das Gesundheitsreformgesetz wirklich eine gelungene Ge­setzesmaßnahme war und auch mit verantwortlich dafür ist, dass die Sozialver­sicherungen insgesamt heuer eine positive Gebarung ausweisen. Auch wenn Sie es nicht gerne hören, muss ich sagen, die Dinge sind einfach geglückt.

Was mir natürlich einen Nachdenkprozess abverlangt, ist: Wie kann es denn sein, dass man in der Planung für das Jahr 2005 560 Millionen € Abgang ausweist und dann in der Abschlussrechnung doch ein Plus von 20 Millionen? Jetzt könnte man sagen: Ja, da sind 100 Millionen von der AUVA beigeholt worden, keine Frage. Aber diese Differenz dürfte es bei einer sorgfältigen Führung einer Sozialversicherungsanstalt nicht geben. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ. – Abg. Gradwohl: Du musst ja wissen, wovon du sprichst, Karl!)

Es wird Sie nicht freuen, ich weiß, aber Sie können es ja besser machen. Es ist doch eigenartig, was man sieht, wenn man sich anschaut, welche Kassen positiv gebaren und welche es noch immer nicht geschafft haben. Ganz eigenartig!

In diesem Gesetz ist auch verankert, dass Frauen in Zukunft sowohl in der Selbst­verwaltung als auch in leitenden Positionen besser vertreten sein sollen. Ich kenne eine Sozialversicherung, zum Beispiel die der Bauern, die dieses Problem schon lange bewältigt, und ich denke, dass wir hier durchaus herzeigbar sind.

Es ist die Berufskrankheitenliste erweitert worden. Herr Kollege Öllinger, das hätten Sie auch erwähnen können, denn ich denke, dass das eine gute zusätzliche Maßnahme ist. (Abg. Öllinger: Zu wenig!)

Herr Kräuter wird sich ärgern, weil er ein notorische Kritiker der e-card ist. Diese e-card ist ein Produkt, das europaweit anerkannt ist. Vertreter anderer Länder kommen zu uns und studieren das Projekt und wollen es endlich anwenden. Wir haben es, und wir sind heute dabei, diese e-card zu evaluieren und auch für weitere Aufgaben verfügbar zu machen. Frau Bundesminister! Ich denke, dass das eine sehr, sehr positive Entwick­lung ist.


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Ich verweise auch darauf, dass in diesem Abänderungsantrag die Verlängerung der Funktionszeiten für die bäuerliche und gewerbliche Sozialversicherung um ein Jahr verankert ist.

Sie wissen, wir planen, einen gemeinsamen Träger zu entwickeln. Das ist uns bis zur Stunde noch nicht gelungen. (Zwischenruf des Abg. Gradwohl.) Sie haben uns nicht dabei geholfen, deshalb ist es nicht gelungen. Sie hätten die Möglichkeit gehabt, den einen oder anderen guten Beitrag zu leisten, aber das haben Sie verabsäumt. Wir warten aber nicht darauf und werden diese Entwicklung sicherlich in der nächsten Zeit einleiten. Ich würde Sie bitten, dass wir das auch erledigen.

Frau Bundesminister! Bei all dem Positiven fehlt mir doch eines, und das muss ich sagen: Ich habe mir erwartet, dass die Ersatzzeitenregelung in G- und BSVG doch noch erledigt wird. Das ist mehrmals zugesagt! Aber noch ist nicht der letzte Tag, und ich denke, noch besteht die Chance, dass wir auch diese offene Frage lösen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

21.30


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Mittermüller. Ihre Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


21.30.44

Abgeordnete Marialuise Mittermüller (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminister! Hohes Haus! Die Regierungsvorlage zum Sozialrechts-Änderungs­gesetz beinhaltet eine Reihe von Anpassungen und auch Verbesserungen für die Anwendung der e-card. (Abg. Riepl: Aber die Pensionen sind gekürzt worden von Ihnen!) So kann diese künftig auch als Pensionsausweis verwendet werden.

Ein für mögliche Betroffene wichtiger Gesetzesteil ist die Erweiterung der Berufs­krankheitenliste. Bisher sind 52 Erkrankungen erfasst, erweitert wurde die Liste um die bösartige Herzerkrankung durch Asbest und die verschärfte Meldepflicht von Arbeitsunfällen. Damit verbessern wir den Schutz der Arbeitnehmer in Österreich und zeigen, dass uns dieser Schutz ein ständiges Anliegen ist. (Abg. Riepl: Aber die Pensionen haben Sie gekürzt!)

Wesentlich ist uns auch die Sicherstellung der Mitversicherung von Lebenspartnern, welche innerhalb dieser Partnerschaften Kindererziehungs- und Pflegeleistungen erbringen. – Wohl unbestritten eine wichtige Leistung in unserer Gesellschaft, und daher hoffen wir auf breite Zustimmung zu unserem Abänderungsantrag.

Mit der heutigen Beschlussfassung werden wieder wichtige Schritte in die richtige Richtung gesetzt. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP. – Abg. Riepl: Aber die Pensionen haben Sie gekürzt!)

21.32


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Doppler. 3 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


21.32.13

Abgeordneter Anton Doppler (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Minister! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Hohes Haus! Das Sozialrechts-Änderungsgesetz bringt eine Fülle von Änderungen, Anpassungen und Verbes­serungen. Ein positiv eingeschlagener Weg dieser Regierung wird fortgesetzt.

Die Berufskrankheitenliste des ASVG wurde um die bösartigen Neubildungen des Herzbeutels durch Asbest erweitert.


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Weiters beinhaltet die Vorlage die gesetzliche Verankerung von besonderen Förder­maßnahmen für Frauen im Sinne des Bundesgleichstellungsgesetzes sowie die Beachtung der Frauenquote bei der Entsendung von Versicherungsvertreterinnen in den Selbstverwaltungskörper und die Einräumung eines Vorschlagsrechtes für die Bestellung eines Mitgliedes des Sozial- und Gesundheitsforums Österreich.

Besonderes Augenmerk galt auch dem Bereich der Arbeitskräfteüberlassung. Nach dem Arbeitskräfteüberlassungsgesetz werden Verbesserungen und Klarstellungen getroffen.

Eine wesentliche Klarstellung erfolgt auch im Bereich der Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Nunmehr soll der Beschäftiger in allen Fällen verpflichtet werden, bei Arbeitsunfällen und Berufserkrankungen eine Meldung an den Unfallversiche­rungsträger zu erstatten. In der Regel kann der Beschäftiger den Unfallhergang oder die Ursache der Berufskrankheit besser erklären, während der Überlasser dies­bezügliche Informationen von Dritten erhält.

Zudem hat der Beschäftiger die Möglichkeit, die notwendigen Konsequenzen zur weitge­henden Verhinderung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten zu ziehen, sodass die vorgesehene Regelung jedenfalls ein weiterer Schritt zur effektiveren Gestaltung des Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerschutzes ist.

Ich danke dem Ministerium, der Frau Minister, der Regierung und allen Beamten für die vorsorgliche Gesetzesänderung und bitte um Ihre geschätzte Zustimmung. – Danke. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

21.34


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet hat sich nun Frau Bundesministerin Haubner. – Bitte.

 


21.34.17

Bundesministerin für soziale Sicherheit, Generationen und Konsumentenschutz Ursula Haubner: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die wichtigsten Änderungen im Sozialrechts-Änderungsgesetz wurden schon von den Vorrednern angeführt, ich möchte vielleicht noch auf einige besonders hinweisen.

Es kommt auch zu einer Verlängerung der Schutzfrist nach dem Ausscheiden aus der Krankenversicherung von drei auf sechs Wochen. Mit dieser Maßnahme wird eine Versicherungslücke geschlossen, was absolut notwendig gewesen ist.

Außerdem wird durch die Einführung einer Günstigkeitsregel für die Bemessung von Wochengeld für Notstandshilfebezieherinnen eine weitere Verbesserung geschaffen. Diese Maßnahme basiert auf einer Anrechnung der Arbeiterkammer.

Ein Drittes, was mir sehr wichtig erscheint und was ebenfalls schon von den Vorred­nern gesagt wurde: die bürgerfreundliche Verbesserung für Pensionistinnen und Pensionist­sionisten im Zusammenhang mit der Datenspeicherung auf der e-card. Ich weiß als Generationenministerin, dass das ein langjähriger Wunsch der Senioren­organisationen ist; auch im Bundesseniorenbeirat wurden diese Anregungen und Forderungen immer wieder an mich herangetragen. Das ist ein weiterer wichtiger Schritt gerade auch für mehr Bürgernähe.

Die gesetzliche Verankerung von besonderen Frauenfördermaßnahmen in den Sozial­versicherungen ist ein notwendiges Muss. Wenn man sich die Verhältnisse in den Gehaltsgruppen von Abteilungsleitern, Direktoren und leitenden Angestellten ansieht, dann weiß man, dass hier dringender Handlungsbedarf gegeben ist. Bei den Abteilungsleitern und Direktoren gibt es 71,4 Prozent Männer und 28,5 Prozent Frauen, und bei den leitenden Angestellten, in Führungsfunktionen, sind 92,5 Prozent


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Männer und 7,5 Prozent Frauen. Daher begrüße ich es sehr, dass seitens der Frauenministerin diese Anregung auch umgesetzt wird.

Zu dem, was Frau Kollegin Silhavy gesagt hat, zu ihrem Abänderungsantrag, möchte ich nur feststellen, dass es sich hier um eine Klarstellung handelt, um eine legistische Klarstellung, die auf Wunsch der Versicherungsanstalt für Eisenbahn und Bergbau geschehen ist, und dass das inhaltlich zu keinem anderen Ergebnis führt, sondern der jetzigen Rechtslage entspricht.

Zum Abänderungsantrag bezüglich Mitversicherung möchte ich sagen, ich begrüße gerade als Familienministerin diese Reparatur, diese notwendige Reparatur, denn diese Vorgangsweise stellt ganz klar auf Leistungen ab, die einen Mehrwert für die Gesellschaft bringen, nämlich auf Kindererziehung und Pflege und Betreuung von Angehörigen, und das entspricht einer nachhaltigen sozialen Politik für alle Gene­rationen. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

21.37


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort gemeldet ist als Nächster Herr Abgeordneter Scheibner. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.37.48

Abgeordneter Herbert Scheibner (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Ich wollte noch auf die Kritik eingehen, die von Abgeordneten der Opposition zu unserer Regelung bezüglich der Mitversicherung vorgebracht worden ist. Für uns war klar, dass die durch das VfGH-Erkenntnis aufgehobene Bestimmung repariert werden muss. Wir wollen selbstverständlich die auch begünstigte Mitversiche­rung von Partnern in Lebensgemeinschaften und in der Ehe weiter haben, aber in einer gerechten und nachvollziehbaren Art und Weise, nämlich in dem Sinn – wie das der Verfassungsgerichtshof in seinem Erkenntnis und dessen Begründung auch aufgezeigt hat –, diese begünstigte Mitversicherung als Familienleistung zu konstruieren.

Wie Frau Sozialministerin Haubner schon gesagt hat, geht es hier um eine Privilegierung, um eine Subventionierung durch Sozialversicherungsbeiträge von uns allen, und die muss nachvollziehbar sein. Wir haben es gestern bei der Diskussion über die Patchworkfamilien schon gesagt: Wie erwachsene Menschen zusammen­leben, auf welche Art und Weise und in welchen Zusammensetzungen, das ist deren Privatsache. Da soll sich der Staat nicht einmischen. Da soll es keine Regeln geben, keine Diskriminierungen, aber auch keine Privilegierungen. Nur dort, wo es ein Interesse gibt, wo es notwendig ist, soll der Staat auch privilegierend, unterstützend mit Steuergeld einwirken, und das ist eben nur dort, wo Kinder zu versorgen sind oder wo andere Pflegeleistungen notwendig sind. Und genau auf diese Regelungen haben wir das abgestimmt. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ.)

Wenn Paare – egal, ob mit oder ohne Trauschein – Pflegeleistungen zu erfüllen haben, wenn sie Kinder zu versorgen haben oder versorgt haben, ist es nachvollziehbar, dass der nicht berufstätige Partner in den Genuss der Gratismitversicherung kommt. Das soll in Zukunft auch so bleiben, dazu stehen wir! Aber wenn das nicht der Fall ist, wenn ein Paar zusammenlebt und aus freien Stücken entscheidet, dass einer der Partner keiner Beschäftigung nachgeht, dann soll er sich selbst versichern können und dann soll aber auch der normale Beitrag zu zahlen sein, denn es ist nicht zu argumentieren, dass wir alle, dass alle anderen Versicherten mit ihren Beiträgen diese freie Ent­scheidung mitsubventionieren.

Herr Kollege Öllinger, es ist keine schleichende Diskriminierung von wem auch immer, denn es ist klargestellt, dass jede Gemeinschaft, die Kinder versorgt, dass jede Gemein­schaft, die Pflegeleistungen erbringt, in den Genuss der beitragsfreien


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Mitversicherung kommt. Das ist eine klare Regelung, und ich glaube, dass diese auch vor jedem Verfassungsgerichtshof hält.

Es gibt eine Privilegierung, das gebe ich zu, und das ist die Ehe, die Gemeinschaft der Ehe mit Trauschein: Wenn in einer Ehe keine Kinder vorhanden sind, gibt es zwar nicht die Gratismitversicherung, aber zumindest eine begünstigte Mitversicherung. Jetzt können Sie sagen: Das ist nicht ganz konsequent! Wir haben das sehr intensiv diskutiert, und es wurde natürlich auch die Meinung vertreten, das zu streichen, wiewohl ich eines sagen kann: Diese Materie, diese Regelung ist hier im Parlament entstanden. Das ist eine sehr positive Sache und hat sehr lange gedauert, das gebe ich zu. Wir hätten das gerne schon früher miteingebracht, aber wir haben wirklich bis zum Schluss verhandelt, weil es uns wichtig war, eine gute Lösung zu finden.

Es ist argumentierbar, dass es in der Ehe andere Regelungen gibt als in anderen Lebens­gemeinschaften, weil es in der Ehe wechselseitige Verpflichtungen gibt, Versor­gungsverpflichtungen, die auch dem Staat zugute kommen, weil man Sozialleistungen spart. Und dass es dort, wo es Verpflichtungen gibt, auch Privilegierungen geben kann, das ist in diesem Fall auch nachvollziehbar. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Wir haben ein Übergangsrecht geschaffen, dass jene, die darauf vertraut haben, dass es diese Privilegierungen gibt, auch weiterhin darauf vertrauen können, dass also niemandem etwas weggenommen wird, dass es aber neue Ansprüche eben nur dort geben kann, wo Kinder zu versorgen sind oder Pflegeleistungen erbracht werden.

Eine schwierige Materie – ich danke allen, die dazu beigetragen haben, diese Sache zu lösen. Es ist niemandem leicht gefallen, aber ich glaube, es ist eine gute Lösung, ein guter Kompromiss, der im Sinne von Familienleistungen wirklich zukunftstauglich, gut und richtungsweisend ist. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abge­ordneten der ÖVP.)

21.42


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nunmehr zur Abstimmung über den Gesetzentwurf in 1483 der Beila­gen.

Hiezu haben die Abgeordneten Mag. Tancsits, Walch, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag eingebracht.

Weiters haben die Abgeordneten Silhavy, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag und einen Abänderungsantrag eingebracht.

Ferner haben die Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatzantrag eingebracht.

Darüber hinaus hat Abgeordneter Dr. Matznetter ein Verlangen auf getrennte Abstim­mung gestellt.

Ich lasse zunächst über die von den erwähnten Zusatz- beziehungsweise Abände­rungsanträgen sowie dem Verlangen auf getrennte Abstimmung betroffenen Teile des Gesetzentwurfes entsprechend der Reihenfolge des Gesetzestextes und dann über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang abstimmen.

Die Abgeordneten Mag. Tancsits, Walch, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz­antrag betreffend die Einfügung einer Ziffer 7b in Artikel 1 eingebracht.


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Ferner haben die Abgeordneten Mag. Tancsits, Walch, Kolleginnen und Kollegen einen Zusatzantrag eingebracht, der die Einfügung einer neuen Ziffer 11a (§ 123 Abs. 7a) in Artikel 1 zum Inhalt hat.

Wer dafür eintritt, den bitte ich um ein Zeichen. – Das ist mehrheitlich angenommen.

Die Abgeordneten Silhavy, Kolleginnen und Kollegen haben ebenfalls einen Zusatz­antrag auf Einfügung einer Ziffer 11a, jedoch betreffend § 123 Abs. 8 lit. b eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Die Abgeordneten Silhavy, Kolleginnen und Kollegen haben einen Abänderungsantrag betreffend Entfall von Artikel 1 Ziffer 18 samt entsprechender Umnummerierungen eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Wir kommen nun zur Abstimmung über Artikel 1 Z 18 in der Fassung des Aus­schussberichtes.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dem ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Öllinger, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betreffend die Einfügung einer Ziffer 18a in Artikel 1 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Die Abgeordneten Silhavy, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betref­fend Artikel 1 Z 36 § 628 Abs. 1 Z 1a eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung geben, um ein ent­sprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Daher abgelehnt.

Die Abgeordneten Mag. Tancsits, Walch, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz­antrag betreffend Artikel 1 Z 36 § 628 Abs. 1 Z 2 samt den dadurch notwendigen Umnummerierungen, und Abs. 3a und 3b sowie Artikel 2 ZZ 1a und 1b eingebracht.

Ich bitte jene Abgeordneten, die sich dafür aussprechen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Daher angenommen.

Die Abgeordneten Mag. Tancsits, Walch, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betreffend Artikel 2 § 83 Abs. 8 eingebracht.

Ich bitte jene Mitglieder des Hohen Hauses, die dem ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Kollege Scheuch, stehen Sie oder sitzen Sie? (Abg. Dipl.-Ing. Scheuch: Ich stehe!) Gut. – Das ist die Mehrheit. Daher angenommen.

Die Abgeordneten Silhavy, Kolleginnen und Kollegen haben ebenfalls einen Zusatz­antrag betreffend Artikel 2 § 83 Abs. 8 eingebracht.

Wer hiefür ist, den bitte ich um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Die Abgeordneten Mag. Tancsits, Walch, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betreffend die Einfügung einer Z 4a in Artikel 2 eingebracht


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Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Daher angenommen.

Die Abgeordneten Silhavy, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betreffend Artikel 2 § 314 Abs. 1 Z 1a eingebracht

Ich bitte jene Abgeordneten, die dem zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Abgelehnt.

Die Abgeordneten Mag. Tancsits, Walch, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 2 § 314 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Angenommen.

Die Abgeordneten Silhavy, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betreffend Artikel 3 Z 1a eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Daher abgelehnt.

Die Abgeordneten Mag. Tancsits, Walch, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 3 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dafür eintreten, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Daher angenommen.

Die Abgeordneten Silhavy, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatzantrag betreffend Artikel 4 eingebracht.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung geben, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Minderheit. Daher abgelehnt.

Die Abgeordneten Mag. Tancsits, Walch, Kolleginnen und Kollegen haben einen Zusatz- beziehungsweise Abänderungsantrag betreffend Artikel 4 eingebracht

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem zustimmen, um ein entsprechendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Daher angenommen.

Schließlich komme ich zur Abstimmung über die restlichen, noch nicht abgestimmten Teile des Gesetzentwurfes samt Titel und Eingang in der Fassung des Ausschuss­berichtes.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem ihre Zustimmung erteilen, um ein bejahendes Zeichen. – Das ist die Mehrheit. Daher angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung für den vorliegenden Gesetzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Das ist mit Mehrheit angenommen.

Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

21.48.5335. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1365 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Ausländerbeschäftigungsgesetz geän­dert wird (2. EU-Erweiterungs-Anpassungsgesetz) (1486 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nunmehr zum 35. Punkt der Tages­ordnung.


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Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet ist als Erster Herr Abgeordneter Öllinger. Seine Wunschredezeit beträgt 5 Minuten. – Bitte, Herr Abgeordneter.

 


21.49.20

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde es ganz kurz machen. – Im Sinne einer Gleichstellung mit den anderen Erweite­rungsländern und auch, weil wir der Meinung sind, dass das sehr unterschiedlich gestaltete Regime des Arbeitsmarktes betreffend die Erweiterungsländer sind, halten wir das für den falschen Ansatz. Sie sagen zwar, das sei ein differenzierter Ansatz, aber das schafft völlig unterschiedliche Kategorien von Zugängen für unseren Arbeits­markt für Personen aus diesen Erweiterungsländern. Es hat die Ausbreitung von Saisonniers, von Erntehelfern, von Hospitanten und Hospitantinnen, von Praktikanten und Praktikantinnen begünstigt.

Wir halten das nicht für einen praktikablen Weg, sondern sind im Prinzip der Meinung, nur die rechtliche Gleichstellung für Personen aus den Erweiterungsländern mit Per­sonen, die hier schon auf dem Arbeitsmarkt sind, nur der umfassende Versuch, aus einem Schwarzarbeitsmarktverhältnis reguläre Arbeitsverhältnisse zu machen, wären eine Besserung. (Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterlehner.) Herr Kollege Mitterlehner, ich weiß nicht, weshalb Sie sich so aufregen; Sie sind verdeckt, Kollege Stummvoll nimmt Ihnen irgendwie die Sicht.

Wir sind der Meinung, dass die vorgeschlagene und von Ihnen vertretene Regelung nicht gut ist, und deshalb würden wir eine Gleichstellung auf dem Arbeitsmarkt befürworten. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

21.51


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächste Rednerin ist Frau Abgeordnete Höllerer. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


21.51.13

Abgeordnete Anna Höllerer (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Bundesministerin! Hohes Haus! Das Prinzip Arbeitnehmerfreizügigkeit ist eine wesentliche Säule des Grundverständnisses der Europäischen Union, und jedem Unionsbürger steht es grundsätzlich frei, in jedem EU-Mitgliedstaat einer Erwerbs­tätigkeit nachzugehen. Diese Grundfreiheit bietet natürlich Chancen und Entwick­lungsmöglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger der Europäischen Union, doch sind in diesem Zusammenhang auch die Auswirkungen auf die einzelnen Mitgliedsländer zu berücksichtigen. Österreich ist ein kleiner Staat und hat keine unbegrenzten Mög­lichkeiten, was die Aufnahmefähigkeit des Arbeitsmarktes anlangt, und um negative Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt und den Wirtschaftsstandort in Österreich zu verhindern, braucht es dieses Instrumentarium der Übergangsregelungen, wie sie hier im Ausländerbeschäftigungsgesetz vorgesehen sind.

Das zeigen auch die Berechnungen des Wirtschaftsforschungsinstitutes. Bereits vor der EU-Erweiterung im Jahr 2004 wurde im Ausländerbeschäftigungsgesetz eine Über­gangslösung von insgesamt sieben Jahren festgelegt. Diese soll nun analog Anwen­dung auf die Beitrittsländer Rumänien und Bulgarien finden. Der EU-Beitritt dieser beiden Staaten ist mit 1. Jänner 2007 fixiert. Ausstehende Reformen könnten dazu führen, dass der Beitritt noch um ein Jahr hinausgeschoben wird. Von österreichischer Seite befürworten wir den Beitritt dieser beiden Beitrittskandidaten, da bereits intensive Wirtschaftskontakte bestehen, aber im Sinne der Aufnahmefähigkeit des österreichi­schen Arbeitsmarktes braucht es diese Übergangsarrangements, wie sie hier festgeschrieben werden.


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Es ist ein gutes Gesetz, das hier zur Beschlussfassung vorliegt, und wir werden selbstverständlich zustimmen. (Beifall bei der ÖVP und den Freiheitlichen – BZÖ.)

21.53


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Dr. Leutner. Er wünscht, 3 Minuten zu sprechen. – Bitte.

 


21.53.23

Abgeordneter Dr. Richard Leutner (SPÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Meine Damen und Herren! Meine Vorrednerin ist schon darauf eingegangen: Es geht darum, Rumänien und Bulgarien in die Übergangsfristen auf dem Arbeitsmarkt einzubeziehen. Wir können für unsere Fraktion diesem Gesetz zustimmen, weil wir glauben, dass diese Übergangsfristen bei der zu erwartenden Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt unerlässlich sind.

Ein gravierendes Problem – wir haben im Ausschuss darauf verwiesen – ist allerdings offen geblieben, nämlich die hier schon oft diskutierte Scheinselbständigkeit. Es geht darum, dass Menschen, die ganz normale ArbeitnehmerInnen sind, formal als Unter­nehmer in Österreich tätig werden – unter Umgehung des Ausländerbeschäftigungs­gesetzes! Da braucht es neue gesetzliche Maßnahmen, denn der Nachweis der Scheinselbständigkeit muss von den Behörden geführt werden, und nur dann, wenn dieser gelingt, ist es möglich, unerlaubte Ausländerbeschäftigung festzustellen.

Meine Damen und Herren! Diesen Nachweis zu erbringen, ist für die Behörden deshalb so schwierig, weil sie dafür Informationen brauchen, nämlich Informationen über die tatsächlichen Verhältnisse zwischen Beschäftiger und Beschäftigten, und diese geben die Parteien aus nahe liegenden Gründen nicht. Wir haben im Ausschuss den Vorschlag gemacht, hier eine Beweislastumkehr festzulegen, also eine gesetzliche Vermutung des Vorliegens der Arbeitnehmereigenschaft, wenn bestimmte Merkmale da sind, die für ein Arbeitsverhältnis sprechen.

Ich glaube, eine solche Bestimmung könnte geeignet sein, neue Formen der Geset­zesumgehung zu bekämpfen. Wir sollten uns für eine derartige Regelung in der nächsten Zeit stark machen. – Vielen Dank. (Beifall bei der SPÖ.)

21.55


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner hiezu: Herr Abgeordneter Walch. 3 Minuten. – Bitte.

 


21.55.25

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Ein Wort zum Kollegen Öllinger: Ich verstehe eigentlich nicht, wieso du sagst, du willst die sieben­jährige Übergangsfrist nicht. Du weißt ganz genau, was das für den Arbeitsmarkt in Österreich bedeuten würde. Wenn jetzt Billigstarbeitskräfte mit dem Kollektivvertrag in Österreich arbeiten, wäre der Wirtschaftsstandort gefährdet. Ich verstehe einfach nicht, welche Interessen du vertrittst. – Wir vertreten die Interessen der Arbeitnehmer, des Wirtschaftsstandortes Österreich! (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

Wir schützen den Arbeitsmarkt mit der siebenjährigen Übergangsfrist so wie bei der ersten EU-Erweiterung, und das ist der richtige Weg. Inzwischen können in Bulgarien und in Rumänien die Löhne ansteigen, so wie in Tschechien. (Zwischenruf des Abg. Öllinger.) Kollege Öllinger, hör zu!; du musst mit den Arbeitnehmern an der Basis draußen reden, die erzählen dir etwas anderes. – Wir schützen den Arbeitsmarkt. Wir wollen die Zahl der Arbeitslosen in Österreich nicht erhöhen, sondern reduzieren. Wir haben genug Arbeit in Österreich, und daher sagen wir: Zuerst werden unsere Leute


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eingesetzt, und wenn wir dann Schlüsselfachkräfte brauchen, dann können wir jeder­zeit auf andere zurückgreifen.

Was mich ganz besonders freut, ist, dass Kollege Leutner die Interessen der Arbeitnehmer vertritt. Ich würde mir wünschen, dass der Gewerkschaftsbund das öfters so machen würde. – Danke. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und der ÖVP.)

21.56


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1365 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Kollege Grünewald, sind Sie dafür oder sind Sie dagegen? (Abg. Dr. Grünewald: Ich sitze!) Sie sitzen. – Das ist also mehrstimmig beschlossen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die dem vorliegenden Gesetzentwurf auch in dritter Lesung ihre Zustimmung erteilen, um ein diesbezügliches Zeichen. – Auch das erfolgt mit Mehrheit. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung mehrheitlich angenommen.

21.57.4536. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1432 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Arbeitszeitgesetz und das Arbeits­ruhegesetz geändert werden (1485 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen nun zum 36. Punkt der Tagesordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Zu Wort gemeldet hat sich Herr Abgeordneter Riepl. Seine Wunschredezeit: 4 Minuten. – Bitte.

 


21.58.11

Abgeordneter Franz Riepl (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Wir dis­kutieren jetzt eine Änderung des Arbeitsruhegesetzes und des Arbeitszeitgesetzes insbesondere für Arbeitnehmer im Bereich des Straßentransportes. Mit dieser Änderung wird einiges an arbeitsrechtlichen Bestimmungen Wirklichkeit, und ich denke, dass auch eine gewisse Kritik an dieser Vorlage zulässig ist.

Frau Bundesministerin! Wenn davon gesprochen wird, dass die Höchstarbeitszeit für Bedienstete im Straßentransport bis zu 60 Stunden pro Woche erweitert werden kann, dann muss ich sagen: Das ist ja keine Kleinigkeit. Man sollte hier doch überlegen, ob das der richtige Weg ist.

Wenn gleichzeitig durch Gesetz – und ich betone, nicht weil die Kollektiv­vertrags­partner meinen, das sei sinnvoll – eine Teilung der Pausen auf 15 Minuten ermöglicht wird, dann fragt man sich: Wo ist der Erholungswert, wenn für Lenker von Schwer­transporten, für Lenker von LKWs die Pause per Gesetz auf 15 Minuten reduziert werden kann?

Man kann auch nicht mehr von einem Erholungswert sprechen, wenn gleichzeitig eine Streichung der Verlängerung der Ruhezeit bei Unterbrechung der täglichen Ruhezeit stattfindet. Es geht hier um eine Streichung von zwei Stunden, um eine Kürzung der täglichen Ruhezeit, wenn sie unterbrochen wird. Das ist, glaube ich, ebenfalls ein


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Punkt, der nicht in die richtige Richtung zielt und eigentlich zu mehr Belastung der Arbeitnehmer und nicht zu einer Entlastung der Arbeitnehmer führt.

Wenn, sehr verehrte Damen und Herren, mit diesem Gesetz auch noch die Nacht bezie­hungsweise die Nachtzeit neu definiert wird, wenn wir erstmals in einem öster­reichischen Bundesgesetz stehen haben, dass Nacht nur von 0.00 Uhr bis 04.00 Uhr stattfindet, nicht vorher und nicht nachher, dann frage ich die, die in der Öster­reichischen Volkspartei mit Gesundheitsfragen befasst sind, beispielsweise den Abgeordneten Rasinger, was sie dazu sagen, dass sie plötzlich heute bei einem Gesetz mitstimmen, wo definiert wird, dass die Nacht nur noch vier Stunden hat. (Zwischenrufe bei der ÖVP.)

Ich denke, da wird für eine Berufsgruppe, die besonderen Belastungen ausgesetzt ist, bei denen man insbesondere für die Verkehrssicherheit wichtige Arbeit leisten, eine neue Nachtdefinition eingeführt, die man eigentlich nur ablehnen kann. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen. – Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterlehner.)

Herr Abgeordneter Mitterlehner, ich habe mehrere Experten, auch Mitarbeiter Ihres Hauses, der Wirtschaftskammer, gefragt, wann für sie die Nacht beginnt und endet, aber kein einziger Ihrer Mitarbeiter hat mir gesagt, dass sie um 0.00 Uhr beginnt und um 04.00 endet. (Neuerlicher Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterlehner.) Also das ist bar jeder Realität, was Sie hier heute beschließen. Und das kann nur zum Vorteil der Wirtschaft und zum Nachteil der Menschen, die im Straßenverkehr tätig sind, sein.

Sehr verehrte Damen und Herren! Die Förderung des Gesundheitszustandes von Lenkern ist mit dieser Novelle in gar keiner Weise gewährleistet. Eine Erhöhung der Verkehrssicherheit, was die Fahrer betrifft, ist mit dieser Novelle ebenfalls nicht gewährleistet.

Hinzu kommt noch, dass wir eine Situation haben, wo immer mehr selbständige Lenker in Werkverträgen oder auf Werkvertragsbasis tätig sind, und da gilt das Arbeits­zeitgesetz und das Arbeitsruhegesetz nicht oder noch nicht, weil hier nicht sofort eine entsprechende EU-Richtlinie, die erst 2009 zwingend eine Einbeziehung mit sich bringt, umgesetzt wird.

Ich denke, das sind insgesamt gesehen Gründe genug, dieser Vorlage nicht zu zuzustimmen. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

22.02


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Walch. Auch seine Redezeit beträgt 3 Minuten. – Bitte, Herr Kollege. (Abg. Öllinger – in Richtung des sich zum Rednerpult begebenden Abg. Walch –: Erkläre einmal, warum das super ist!)

 


22.02.26

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche - BZÖ): Sehr geehrter Herr Präsident! Werte Frau Bundesminister! Werte Kolleginnen und Kollegen! An die Adresse des Kollegen Riepl: Wer macht denn die Gesetze in der EU? Sind nicht auch Kollegen von dir dort? Wie haben denn die dort gestimmt? Das ist nämlich ein EU-Anpassungs­gesetz! Sitzen nicht auch Gewerkschafter dort? Wieso gehst du nicht zu ihnen und sagst ihnen: Freunde, ihr sollt Österreich vertreten!? (Zwischenrufe bei der SPÖ.) – Das ist einmal das Erste, wenn du schon Kritik übst.

Noch eines sage ich dir: Bitte lese einmal diesen Antrag genau! Darin steht, dass die Lenkzeit ausgeweitet werden kann – aber über den Kollektivvertrag und eine Betriebs­vereinbarung. Das steht doch drinnen, oder? Da stehen alle Möglichkeiten offen. Der Arbeitgeber wird doch nicht hergehen und sagen: Weil es so lustig ist, arbeite so viel!, er muss ja auch bezahlen.


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Werte Kolleginnen und Kollegen von der SPÖ, Sie sollten nicht einfach hergehen und nur Kritik üben. Wir wissen, dass es heutzutage so auf dem Arbeitsmarkt ist, dass man, wenn Arbeit da ist, halt arbeiten muss. (Abg. Riepl: Rund um die Uhr arbeiten!) Aber in diesem Gesetzentwurf ist genau vorgeschrieben, welche Zeiten man einhalten muss, wie lange die Ruhezeiten dauern.

Was mir an diesem Entwurf besonders gefällt, ist, dass das Arbeitsinspektorat bei Übertretung feststellt, was passiert ist, und die Übertretung gilt als an jenem Ort begangen, an dem sie festgestellt wurde. Früher war es so – ich habe viele Kontakte mit dem Arbeitsinspektorat und weiß das daher –: Wenn eine Firma aus einem EU-Land hier arbeitete und ich eine Anzeige dort gemacht habe, dann bekam ich mein Lebtag nie etwas zurück. Aber wenn das am Tatort erfolgt, dann hat das Wirkung.

Daher würde ich dich ersuchen: Überleg dir das noch einmal! Stimm diesem Entwurf zu – im Interesse der Sozialpartner, denn es verhandeln ja die Kollektivvertragspartner. Deine Kolleginnen und Kollegen verhandeln ja wieder, ob das ausgeweitet wird oder nicht. Ich glaube, dass das in die richtige Richtung geht. (Beifall bei den Frei­heitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.04


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Öllinger. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.04.34

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Kollege Walch hat uns gerade ein ziemlich trauriges Kapitel vorgeführt, nämlich die einfache Milchmädchenrechnung: Man soll doch eigentlich zufrieden sein, wenn man für 80 Stunden Arbeit mehr bezahlt bekommt als für 40 Stunden Arbeit. (Abg. Walch: Das habe ich nicht gesagt!) Das mag schon sein, aber da geht es nicht nur um das Geld, das der einzelne Arbeitnehmer erhalten soll, sondern es geht hier, Kollege Walch – falls das für dich vollkommen neu sein sollte; das kann ich mir sogar vorstellen –, auch um die Verkehrssicherheit. Es geht um die Verkehrssicherheit, die dann auf europäischen Straßen nicht mehr gewährleistet ist.

Lieber Kollege Walch, wenn du einmal die APA-Meldungen von einer Woche oder von zwei Wochen durchackerst, dann wirst du sehen, dass Unsicherheiten im Straßen­verkehr durch LKWs häufig nicht nur durch das schlechte Rollmaterial verursacht werden, sondern auch durch übermüdete Lenker. Ganz klar, denn nach wie vor ist es im Transportbereich ganz wichtig, das man die Leute maximal fahren lässt. Das halten wir für falsch und für nicht angemessen, und zwar nicht nur für die Betroffenen, die Lenker und Lenkerinnen, sondern auch für diejenigen, die es erwischen kann, wenn ein LKW irgendwo hineinkracht, wenn ein übermüdeter Lenker in einem Tunnel – und das hatten wir in den letzten Jahren ein paar Mal – einen Unfall baut. Dann, lieber Kollege Walch, höre ich mir gerne deine Rede hier an, wenn du sagst: Ja, an das haben wir halt nicht gedacht, aber es ist trotzdem super, denn der hat ja ohnehin mehr bezahlt bekommen! Jetzt ist er halt hin und mit ihm noch einige andere auch! – Das kann es nicht sein!

Das, was uns vorliegt, Kollege Walch, ist die Umsetzung einer EU-Richtlinie auf nied­rigstem innerstaatlichen Niveau. Gerade in diesem Hohen Haus habe ich sehr oft gehört: Wir sind doch stolz darauf, dass wir wesentlich besser europäische Richtlinien umsetzen und einen höheren innerstaatlichen Regelungsbereich und -bedarf haben. (Zwischenruf des Abg. Dr. Mitterlehner.)

Ja, ich weiß, Kollege Mitterlehner will das nicht haben, dem sind die EU-Richtlinien vielleicht schon zu hoch. Dadurch sind wir in der Situation, dass die Nacht jetzt nur


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mehr von 0.00 Uhr bis 04.00 Uhr dauert, obwohl ein jeder und eine jede weiß, dass sie länger dauert, und obwohl ein jeder und eine jede weiß, dass Nachtarbeit nicht nur zwischen 0.00 Uhr und 04.00 Uhr stattfindet.

Wir haben jetzt schlechtere Pausenregelungen, schlechtere Arbeitsruheregelungen, schlechtere Nachtarbeitsregelungen – und trotzdem gibt es Kollegen wie den Kollegen Walch, die sagen: Das ist eigentlich eine Super-Umsetzung! – Gute Nacht, Kollege Walch! (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ. – Zwischenruf des Abg. Walch.)

22.07


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Wattaul. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


22.07.30

Abgeordneter Anton Wattaul (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Frau Minister! Selbstverständlich ist das eine EU-Anpassung. Herr Kollege, eines muss ich Ihnen schon sagen: Wir sind im internationalen Verkehr tätig, und selbstverständlich gilt die Einsatzzeitenregelung in jedem Land in gleicher Weise. Das heißt nicht, dass es eine Umsetzung auf niedrigstem Niveau ist, sondern es ist genau jene Umsetzung, die man vereinbart hat und die für ganz Europa gilt. Es können erstmals ausländische Lenker, die in Österreich fahren, auch bestraft werden.

Sie haben gesagt, es sind 60 Stunden. Das stimmt auch wieder nicht, denn es sind maximal 60 Stunden. Wir haben einen Durchrechnungszeitraum. Innerhalb von sechs Wochen darf die maximale Einsatzzeit 48 Stunden nicht überschreiten. Das heißt, man kann in einzelnen Wochen 60 Stunden fahren, dafür müssen aber Ersatzruhezeiten gegeben werden. (Abg. Öllinger: Na das ist ein Trost!)

Ein Problem sehe ich aber wirklich dabei, und zwar stimmt es, dass man diese EU-Richtlinie nicht im Arbeits- und Sozialrecht, sondern in der Straßenverkehrsordnung regeln sollte. Warum? Weil natürlich ein selbständiger Lenker nicht inbegriffen ist. Da haben wir in Österreich noch ein zweites Problem: Auf Grund eines Bartenstein-Erlas­ses darf ein selbständiger Frächter in Österreich nicht fahren, und deshalb haben wir eine Wettbewerbsungleichheit, denn in Holland beispielsweise oder in anderen EU-Ländern ist es nämlich einem selbständigen Frächter erlaubt, selbst zu fahren. Ich glaube, dass das repariert gehört und in der Straßenverkehrsordnung geregelt werden sollte. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ sowie bei Abgeordneten der ÖVP.)

22.09


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzter Redner hiezu: Herr Abgeordneter Spindelberger. Wunschredezeit: 3 Minuten. – Bitte.

 


22.09.21

Abgeordneter Erwin Spindelberger (SPÖ): Kollege Walch, mir wäre es recht, wenn du nirgendwo in der Öffentlichkeit sagen würdest, dass du Betriebsrat bist und dass du, wie du hier behauptest, Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vertrittst. (Zwischenruf des Abg. Walch.) Ich sage nur: Lesen – denken – reden! Das sind deine Sprüche.

Ich glaube, dir ist bei dieser ganzen Gesetzeswerdung beziehungsweise bei dieser Änderung des Arbeitszeitgesetzes und des Arbeitsruhegesetzes gar nicht klar, was da drinnen steht. Für mich bedeutet das schon ein Gehen an die Grenzen politischer Fahrlässigkeit, denn das ist ein bedenklicher Rückschritt, den wir da im Bereich des Arbeitszeitrechts machen – und für mich sogar ein Bruch des EU-Rechts, denn es steht ausdrücklich in der EU-Richtlinie drinnen, das es zu keinen Verschlechterungen des Schutzniveaus der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer kommen darf. Doch was passiert mit dieser Änderung? Nicht in einem, nicht in zwei, sondern in vielen Punkten


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werden die derzeit bestehenden Regelungen, die wir haben, verschlechtert. Und das ist nicht im Interesse derer, die auch du als Betriebsrat vertreten sollst, nämlich die, die hinter dem Lenkrad des Lastwagens sitzen.

Das dient auch nicht der Verkehrssicherheit, wie es Kollege Öllinger schon gesagt hat, und das ist auf das Schärfste abzulehnen.

Es kann ja wirklich nicht sein, dass wir die Höchstarbeitszeit auf 60 Stunden aus­dehnen. Weil der Kollege Wattaul gesagt hat, wir hätten ja einen Durchrechnungs­zeitraum und es seien ohnehin nur 48 Stunden, muss ich ihm sagen: Aber wenn in der 59. Stunde etwas passiert, so ist das mehr als schlimm. Das sollten Sie einmal bedenken, meine Damen und Herren! (Abg. Wattaul: Sollen wir jetzt ein Arbeitsverbot aussprechen?)

Wenn wir die Nachtarbeit jetzt auf 0.00 Uhr bis 04.00 Uhr einschränken und Ver­schlech­terungen bei den Ruhezeiten und bei den Ruhepausen beschließen, dann muss ich sagen: Da seid ihr von allen guten Geistern verlassen! Wie kann man so einer Änderung zustimmen? Alle Studien der Arbeitsmediziner ... (Zwischenruf des Abg. Walch.) Horch einmal zu, damit du es verstehst, lieber Kollege Walch! – Alle Arbeitsmediziner sagen uns, dass zwischen 22.00 Uhr und 05.00 Uhr die Konzen­trationsprobleme die größten sind und die Leistungsfähigkeit gewaltig sinkt. Genau bei jenen, die die rollenden Bomben auf der Straße fahren, ändern wir das?! Das ist mehr als eine fahrlässige Auseinandersetzung dieser Problematik.

Weil du, Kollege Walch, gesagt hast, das alles könnten ohnehin die Sozialpartner aus­ver­handeln, muss ich dir sagen: Lese den Passus, wo drinnen steht, dass durch diese Gesetzesänderung den Sozialpartnern auch die Möglichkeit genommen wird, diese Flexibilisierung mit Maßnahmen des Gesundheitsschutzes in Einklang zu bringen.

Mit dieser forcierten Änderung zeigt man wieder einmal deutlich – und das hat auch der zuständige Arbeitsminister im Ausschuss zum Ausdruck gebracht –, dass die Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Füßen getreten werden. Und das tut mir Leid. (Beifall bei der SPÖ sowie bei Abgeordneten der Grünen.)

22.12


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Ein Schlusswort wird nicht gewünscht.

Wir gelangen zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1485 der Beilagen.

Wer diesem Entwurf zustimmt, den bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Das ist die Mehrheit und damit angenommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung diesem Entwurf zustimmt, den bitte ich um ein entsprechen­des Zeichen. – Der Entwurf ist auch in dritter Lesung mit Mehrheit angenommen.

22.12.4937. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über die Regierungsvorlage (1349 d.B.): Bundesgesetz, mit dem das Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetz geändert wird (1487 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir gelangen zum 37. Punkt der Tagesordnung.


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Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die erste Wortmeldung kommt von Herrn Abgeordnetem Schopf. 3 Minuten Wunsch­redezeit. – Bitte.

 


22.13.18

Abgeordneter Walter Schopf (SPÖ): Sehr verehrter Herr Präsident! Frau Bundes­ministerin! Liebe Kolleginnen! Liebe Kollegen! (Unruhe im Saal.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol (das Glockenzeichen gebend): Bitte um ein wenig Aufmerksamkeit!

 


Abgeordneter Walter Schopf (fortsetzend): In dieser Regierungsvorlage geht es um die Novellierung des Insolvenz-Entgeltsicherungsgesetzes. Grund dieser Novellierung ist – wie kann es anders sein? – ein Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom 13. Oktober 2005.

Meine Damen und Herren! Die Konsequenzen nach dieser Beschlussfassung sind die, dass in Zukunft die Möglichkeit existiert, eine Rückverrechnung für die Jahre von 2000 bis 2003 vorzunehmen. Es können diese Rückverrechnung insgesamt 40 Unterneh­mungen, 40 Betriebe in Anspruch nehmen. Wenn man sich die Zahlen der in diesen Betrieben Beschäftigten genau ansieht, so kann man feststellen, dass zirka 4 000 Kolleginnen und Kollegen von dieser Rückverrechnung betroffen sind, da diese Unter­nehmungen bereits Anträge gestellt haben. Es handelt sich um eine Gesamtsumme von insgesamt 1,1 Millionen €. Das bedeutet im Konkreten für den jeweiligen Arbeit­nehmer und die jeweilige Arbeitnehmerin eine Summe von 245 € inklusive der Zinsen für diesen Zeitraum.

Meine Damen und Herren! Ich möchte diese Gelegenheit aber auch dazu nützen, die Wichtigkeit und die Bedeutung dieses Fonds zu unterstreichen und zu verdeutlichen. (Rufe bei der ÖVP: AMAG! – Abg. Dr. Fekter: Ist die AMAG-Stiftung auch herinnen?) Es sind leider immer wieder viele Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen auf Grund von Insolvenzen betroffen.

Es hat auch gestern wieder – und das ist doch sehr interessant – Vizekanzler Gorbach gesagt, dass es im letzten Jahr fast 36 000 Betriebsneugründungen gab. Das ist richtig! Er sagte aber nicht dazu, dass wir allein im letzten Jahr über 33 000 Kolleginnen und Kollegen hatten, die beim Fonds einen Antrag gestellt haben, dass Löhne, Gehälter, Sonderzahlungen, Überstunden, Kündigungsentschädigung et cetera bezahlt werden. (Abg. Mag. Molterer: Die AMAG-Mitarbeiter haben auch einen Antrag gestellt?)

Wenn man sich die Summen ansieht, meine Damen und Herren, dann sieht man, dass es allein im letzten Jahr ... (Abg. Mag. Molterer: Aber die AMAG-Mitarbeiter haben nichts zu reden!) Herr Molterer, können Sie einmal zuhören, bitte! – Auch in der AMAG kämpfen wir für eine gute, für eine österreichische Lösung. Das ist der Unterschied zu Ihnen! Wenn es nach Ihnen gegangen wäre, wäre die AMAG schon längst – Sie wissen ganz genau, wo. (Beifall bei der SPÖ. – Anhaltende Zwischenrufe bei der ÖVP.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol (das Glockenzeichen gebend): Herr Kollege Wöginger und Herr Kollege Kainz: Zwischenrufe nicht stehend, sondern nur vom eigenen Platz aus machen!

Herr Abgeordneter Schopf ist am Wort

 


Abgeordneter Walter Schopf (fortsetzend): Ich möchte mich bei den Beschäftigten der IAF Service GmbH  – das ist jene GmbH, die für die Abwicklung, für die Durch­führung, für die Auszahlung zuständig ist – sehr herzlich bedanken. Es ist uns in den


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letzten Monaten, in den letzten Jahren gelungen, dass mittlerweile nach gut sechs Wochen immer die erste Auszahlung erfolgt ist und die gesamte Akte immer nach vier Monaten abgeschlossen worden ist. Ich denke, dafür gebührt den dort Beschäftigten ein besonderes Dankeschön. (Beifall bei der SPÖ.)

22.16


Präsident Dr. Andreas Khol: Nächster Redner ist Herr Abgeordneter Walch. 2 Minu­ten Redezeit. – Bitte.

 


22.16.58

Abgeordneter Maximilian Walch (Freiheitliche - BZÖ): Herr Präsident! Frau Bundes­minister! Werte Kolleginnen und Kollegen! Kollege Schopf, die Arbeitgeber speisen den Insolvenzausgleichsfonds, und von diesem Geld, das alle Arbeitgeber einzahlen, werden, wenn eine Firma in Konkurs oder in den Ausgleich geht, offene Löhne bezahlt. Wenn dort zu viel eingezahlt worden ist, steht den Einzahlenden, glaube ich, das Recht zu, ihr Geld wieder zurückzubekommen.

Mir würde es auch gefallen, wenn unser Beitrag, der in die Karibik gegangen ist, vom Gewerkschaftsbund wieder an uns zurückgezahlt werden würde. Das wäre auch gerecht. (Beifall bei den Freiheitlichen – BZÖ und bei der ÖVP.)

22.17


Präsident Dr. Andreas Khol: Die letzte Wortmeldung zu diesem Punkt kommt von Herrn Abgeordnetem Öllinger. 4 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.17.41

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Nach dem qualitativ wertvollen Beitrag des Kollegen Walch habe ich es schwer, das sehe ich schon ein. Trotzdem zwei Anmer­kungen.

Erste Anmerkung: Es handelt sich hierbei um eine Korrektur, die nach einem Verfas­sungs­gerichtshofurteil – aufpassen!, schon wieder ein Verfassungsgerichtshofurteil – notwendig wurde.

Zweite Anmerkung: Ich würde mir wünschen, Kollege Walch, dass wir auch das Prob­lem der freien DienstnehmerInnen, die derzeit nicht von der Insolvenzent­geltsicherung erfasst sind, regeln und dass Sie von den Regierungsparteien dazu auch Bereitschaft zeigen. (Beifall bei den Grünen sowie bei Abgeordneten der SPÖ.)

22.18


Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist dazu niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Der Herr Berichterstatter wünscht kein Schlusswort.

Wir gelangen nun zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1349 der Beilagen.

Ich bitte jene Damen und Herren, die für diesen Gesetzentwurf eintreten, um ein Zeichen der Zustimmung. – Der Gesetzentwurf ist in zweiter Lesung einstimmig ange­nommen.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Wer auch in dritter Lesung diesem Gesetzentwurf zustimmt, den bitte ich um ein diesbezügliches Zeichen. – Der Gesetzentwurf ist auch in dritter Lesung einstimmig angenommen.


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22.18.56 38. Punkt

Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales über den Antrag 820/A der Abgeordneten Mag. Walter Tancsits, Heidrun Silhavy, Maximilian Walch, Karl Öllinger, Kolleginnen und Kollegen betreffend ein Bundesgesetz, mit dem das Notarversicherungsgesetz 1972 geändert wird (12. Novelle zum NVG 1972) (1479 d.B.)

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Wir kommen nunmehr zum 38. Punkt der Tages­ordnung.

Auf eine mündliche Berichterstattung wurde verzichtet.

Die Debatte wird eingeleitet von Herrn Abgeordnetem Dr. Fasslabend. Er wünscht eine dreiminütige Redezeit. – Bitte.

 


22.19.25

Abgeordneter Dr. Werner Fasslabend (ÖVP): Sehr geehrter Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Notare zählen zweifellos zu den angesehensten Berufsständen in Österreich. Die Grundlage dafür sind eine gedie­gene Ausbildung, ein hohes Fachwissen, Gewissenhaftigkeit im täglichen Arbeits­ablauf, besonders hohe Vertrauenswürdigkeit, Glaubwürdigkeit und Verantwortungs­bewusstsein.

Genau das kommt auch bei diesem Pensionsregelungsentwurf zum Tragen, der ja im Wesentlichen von der Standesvertretung ausgearbeitet wurde und der höhere Durch­rechnungszeiten, ein höheres Regelpensionsalter, Abschläge, wenn man vorzeitig geht, und eine Sicherung der Mindestpension vorsieht.

Es freut uns, dass dieses hohe Verantwortungsbewusstsein auch von Ihnen, meine Damen und Herren von der Opposition, mitgetragen wird, weil Sie damit indirekt auch die Richtigkeit unserer Pensionsreform im Allgemeinen anerkennen (ironische Heiterkeit bei der SPÖ) und zum Ausdruck bringen, dass man letztendlich bei diesen Grundsätzen nicht nein sagen kann. (Abg. Gradwohl: Der war gut!) – Wir bedanken uns für diese Haltung der Opposition. (Beifall bei der ÖVP.)

22.20


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Silhavy. 5 Minuten Redezeit. – Bitte.

 


22.20.51

Abgeordnete Heidrun Silhavy (SPÖ): Herr Präsident! Hohes Haus! Frau Bundes­ministerin! Herr Kollege Fasslabend, wir haben dieses Thema bereits im Ausschuss ausführlich diskutiert, aber da nicht alle Damen und Herren des Hohen Hauses am Ausschuss teilnehmen, vielleicht ein paar Punkte dazu:

Die Notarversicherung ist von der Pensionsharmonisierung ausgenommen. – Die Notare haben ein eigenes System. Sie zahlen sich dieses System auch selbst – es fließen keine Budgetmittel hinein –, und es ist ein anderes System als das ASVG-Pensionssystem.

Ich darf Sie daran erinnern: Es gibt in der Notarversicherung noch einen Grundbetrag, es gibt pro Versicherungsmonat noch einen Steigerungsbetrag, und zwar im Ausmaß von 2,38 €, und es gibt darüber hinaus dann noch die Zusatzpension. Die Veränderungen, die Sie angesprochen haben, Herr Dr. Fasslabend, sind nur für diese Zusatzleistung gedacht.


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Sie haben ja selbst auch erwähnt: Im Gegensatz zum ASVG gibt es eine Mindest­pension bei Direktpensionen, die 2 253 € ausmacht. – Vergleichen Sie das mit einer normalen ASVG-Pension!

Es ist also keine indirekte Bestätigung Ihrer unseriösen und nach wie vor ungerechten Pensionskürzungsaktion, sondern es ist eine Maßnahme, die auf einem ganz anderen System und auch auf Beschlüssen der Selbstverwaltung beruht. – Ich möchte jetzt noch betonen, dass wir die demokratischen Beschlüsse auch zur Kenntnis nehmen! Dass diese Maßnahmen notwendig sind, wissen Sie auch, weil der Verfassungs­gerichtshof da Bestimmungen aufgehoben hat.

Ich möchte also noch einmal betonen: Wir wären froh, wenn wir im ASVG eine solche Mindestsicherung und eine Mindestpension in dieser Höhe hätten und wenn die Menschen, die ASVG-versichert sind, nicht von Arbeitslosigkeit betroffen wären, also wenn sie auch diese Rahmenbedingungen hätten.

Wir stimmen zu, weil wir seriös sind und es ernst meinen, aber wir haben es uns auch nicht leicht gemacht, weil wir ja auch verfassungsrechtliche Bedenken hatten. Wir haben sogar noch darum gebeten, ein Verfassungsgutachten zu bekommen, und haben ein solches Gutachten dann auch von zwei Verfassungsrechtlern erhalten, was uns dann letzten Endes die Zustimmung ermöglicht hat.

Also noch einmal: Wir haben es uns nicht einfach gemacht, aber ich verwahre mich gegen Ihren Vergleich und meine, dass die Behauptung absolut unseriös ist – also wider besseres Wissen! Das mag in der Politik schon möglich sein, aber ich denke mir, wenn man seriös über Sozialpolitik redet, dann sollte man diese Ansätze auch aner­kennen – und auch, dass wir das demokratiepolitische Prinzip der Selbstverwaltung wohl anders schätzen und ehren, als Ihre Fraktion das in diesem Haus tut. Ich bedauere das. (Abg. Neugebauer: Oh! Oh! Oh!) – Na, da brauchen wir uns nur ein paar Beispiele anzusehen, wo Sie mit einfachen Gesetzesänderungen auf einmal alles umgedreht haben.

Kollege Neugebauer, ich möchte da nicht in offenen Wunden von dir rühren – denn ich denke oder hoffe zumindest, es sind offene Wunden in deinem demokratiepolitischen Gefühl –, aber es unterscheidet uns, dass wir zu den demokratiepolitischen Beschlüs­sen der Selbstverwaltung stehen und sie auch mittragen – auch in Zeiten, wo wir sie nicht mittragen müssten. – Ich möchte das jetzt wirklich einmal betonen! (Beifall bei der SPÖ.)

Ich würde mir daher diese Seriosität zumindest in der Diskussion hier im Hohen Hause wünschen. Noch einmal, wie gesagt: Wir freuen uns vor allem auch sehr, dass die Mindestpensionen gesichert sind, und wir würden uns wünschen, dass wir in anderen Bereichen, zum Beispiel bei den ASVG-Pensionen, auch über Pensionen in dieser Höhe – nämlich 2 200 € bei Direktpensionen und bei Witwenpension 1 500 € , da brauche ich nicht jedem Sozialpolitiker unter Ihnen zu sagen, was das heißt! – sprechen könnten. (Abg. Gahr: Was gibt es Neues?) – Es gibt Neues, wenn Sie endlich einmal zu der Erkenntnis kämen, dass Ihre Pensionskürzungsmaßnahmen ungerecht und unfair sind. Aber ich hoffe und gehe davon aus, dass das wahr­scheinlich nicht der Fall sein wird, sondern dass die Wählerinnen und Wähler Ihnen die Antwort auf Ihre Politik geben werden, die unsozial war. (Abg. Gahr: Was gibt es Neues?)

Wir sind für eine faire, ehrliche Politik, und wir respektieren auch die Selbst­verwaltungen. (Beifall bei der SPÖ und bei Abgeordneten der Grünen.)

22.25



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
153. Sitzung / Seite 189

Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Frau Abgeordnete Rossmann. Wunschredezeit: 2 Minuten. – Bitte.

 


22.25.17

Abgeordnete Mares Rossmann (Freiheitliche - BZÖ): Meine Vorredner haben schon vieles dargelegt. Ich kann es daher ganz kurz machen:

Auch wir stehen zu dem hohen Verantwortungsbewusstsein der Notare und – ich möchte es ergänzen – durchaus auch zu der Freude an der Tätigkeit.

Die Bevölkerung in Österreich kann sich glücklich schätzen, dass die langjährige Erfahrung der Notare so lange zur Verfügung steht und die stufenweise Erhöhung des Regelpensionsalters von 65 auf 70 Jahre der Wunsch der Notariatskammer war.

Ich glaube, das ist auch eine Erfahrung in der Kanzlei: Man kann für die Kanzlei die Erfahrung weiter einbringen, und letzten Endes profitieren auch die Klienten von dieser großen Erfahrung.

Ich glaube, es ist zu berücksichtigen, dass das auf ausdrücklichen Wunsch der Notariatskammer in dieser Form zustande gekommen ist. (Beifall bei den Freiheitlichen BZÖ.)

22.26


Präsident Dr. Andreas Khol: Nunmehr spricht Herr Abgeordneter Öllinger 3 Minu­ten. – Bitte.

 


22.26.00

Abgeordneter Karl Öllinger (Grüne): Bitte keine Zwischenrufe, sonst dauert es länger! Ich kann es an und für sich ganz kurz machen: Die springenden Punkte, warum wir diesem Gesetz zustimmen ... (Abg. Mag. Molterer: Der einzige Grund ist, weil niemand von den Grünen mehr da ist!) – Ah, jetzt wird es schon länger, Kollege Molterer!

Die springenden Punkte sind: Erstens wird das Prinzip der Selbstverwaltung einge­halten, und zweitens ist das eine Reform, die zeigt, dass das Umlageverfahren nach wie vor aufrechterhalten werden kann und dass im Umlageverfahren auch sehr hohe Pensionen garantiert werden können.

Kommen Sie mir jetzt bitte nicht damit, dass das nur damit zusammenhängt, dass die jetzt bis 70 arbeiten müssen, denn der springende Punkt ist: Die Lebensarbeitszeiten und die Beitragszeiten von Notaren sind nicht länger als die von anderen Berufs­gruppen. – Es sind eher kürzere Beitragszeiten.

Wesentlich ist: Das Umlageverfahren bleibt, und es lässt sich eine Reform innerhalb des Umlageverfahrens machen. Man braucht nicht auf das Kapitaldeckungsverfahren auszuweichen, Herr Kollege Stummvoll. Das ist wesentlich weniger geeignet, eine Zukunftssicherung herzustellen, als das Umlageverfahren.

Das könnten Sie auch sehen, wenn Sie eine Pensionskassen-Regelung hätten – die haben Sie aber nicht – oder wenn Sie eine Pensionskassen-Regelung hier mitgemacht hätten. Dann könnten Sie selbst sehen, wie gut beziehungsweise wie schlecht die Pensionskassen bilanzieren und wie wenig man bei einer Pensionskasse heraus­bekommt. – Das wissen alle, die da dabei sind.

Also: Das Kapitaldeckungsverfahren ist nicht besonders gut, das Umlageverfahren ist sehr gut und sehr zukunftsfähig. (Abg. Mag. Molterer: Wenn man bei den Pensionist­sionskassen das dazuzahlt, was man beim Umlageverfahren dazuzahlt, dann schaut das ganz anders aus!) – Das beweist die Neuregelung bei den Notaren, und deshalb – und nur deshalb! – stimmen wir dieser Neuregelung zu: weil sich die Notare das auch


Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
153. Sitzung / Seite 190

selbst – nämlich im Rahmen der Selbstverwaltung – geregelt haben. (Beifall und Bravoruf bei den Grünen.)

22.28


Präsident Dr. Andreas Khol: Herr Abgeordneter Dobnigg spricht jetzt zu uns. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


22.28.38

Abgeordneter Karl Dobnigg (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesministerin! Werte Kolleginnen und Kollegen! Es wurde schon mehrfach darauf hingewiesen und ange­sprochen, dass der Verfassungsgerichtshof auch Bestimmungen des Notarversiche­rungs­gesetzes als verfassungswidrig aufgehoben hat. Die Bemessung der Zusatz­pensionen, die Höhe der Pensionsabschläge oder die diesbezüglichen Übergangs­bestim­mungen müssen daher heute unter anderem neu geregelt werden.

Die SPÖ hat sehr viele und sehr intensive Gespräche mit Vertretern der Notarver­sicherung geführt, ebenso mit Vertreterinnen und Vertretern der Pensionistinnen und Pensionisten. Zusätzlich konnten auch anfängliche verfassungsrechtliche Bedenken durch die Einholung mehrerer Gutachten ausgeräumt werden, und deshalb wird auch die SPÖ dieser Novelle zustimmen.

Diese Zustimmung wird jedoch speziell nur für diese Versicherung gegeben und be­deutet nicht, dass die SPÖ mit der Pensionskürzungsreform dieser Bundesregierung einverstanden ist, denn gerade die ASVG-Versicherten wurden von dieser Bundes­regierung sehr stark vernachlässigt beziehungsweise bestraft (Abg. Rädler: Wo steht das?) – allein die reale Pensionskürzung in den letzten vier Jahren betrug rund 11 Prozent. (Abg. Dr. Stummvoll: Warten wir ab, was der ÖBG alles kürzen wird!)

So wie bei den Notaren die Mindestpension wertgesichert wird, so soll es in Zukunft auch bei den ASVG-Versicherten werden. – Eine jahrelange Forderung der SPÖ war es bisher schon. Auch der ehemalige Sozialminister Haupt hat schon darauf hinge­wiesen und Zustimmung signalisiert, aber leider ist es nie dazu gekommen.

Die Forderung der SPÖ wird natürlich in Zukunft weiterhin in diese Richtung gehen. (Beifall bei der SPÖ.)

22.30


Präsident Dr. Andreas Khol: Letzte Rednerin ist Frau Abgeordnete Mag. Grossmann. 3 Minuten Wunschredezeit. – Bitte.

 


22.30.26

Abgeordnete Mag. Elisabeth Grossmann (SPÖ): Herr Präsident! Frau Bundesminis­terin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Heute kommt mir die undankbare Rolle der letzten Rednerin zu, aber keine Angst, ich werde meine Redezeit nicht aus­schöpfen. (Demonstrativer Beifall bei Abgeordneten der ÖVP.) – Danke für den Applaus! Meine Kollegin Heidrun Silhavy und mein Kollege Karl Dobnigg haben ja schon in klaren Worten ausgeführt, warum wir dem nun reparierten Notarversiche­rungsgesetz zustimmen werden.

Ich möchte aber schon noch Folgendes ein für alle Mal klarstellen: dass nämlich die Zustimmung zu diesem einen Gesetz die sonstigen Grauslichkeiten, die Sie der restlichen Bevölkerung durch Ihre Pensionsgesetze zugemutet haben, wirklich um nichts – aber schon wirklich um gar nichts – mildert. (Widerspruch bei der ÖVP.)

Herr Kollege Fasslabend! Ihre eigenwillige Interpretation hätte uns schon fast dazu provoziert, doch nicht zuzustimmen, aber wir lassen uns nicht provozieren. Uns geht es um die Sache. Uns geht es um die Menschen. Und deshalb werden wir dennoch zustimmen.

Da schon alles gesagt wurde und unser Abstimmungsverhalten schon eingehend erläutert wurde, bleibt mir nur noch, Ihnen eine schöne Heimreise zu wünschen, falls Sie eine vor sich haben, und einen schönen Feiertag. (Zwischenruf der Abg. Steibl.) Frau Kollegin! Erholen Sie sich gut! Ein schönes verlängertes Wochenende und einen schönen Abend! (Beifall bei der SPÖ und den Grünen.)

22.31



Nationalrat, XXII.GP
Stenographisches Protokoll
153. Sitzung / Seite 191

Präsident Dr. Andreas Khol: Zu Wort ist niemand mehr gemeldet. Die Debatte ist geschlossen.

Auf ein Schlusswort wird verzichtet.

Wir gelangen daher zur Abstimmung über den Gesetzentwurf samt Titel und Eingang in 1479 der Beilagen.

Bei Zustimmung ersuche ich um ein Zeichen. – Das wird einstimmig erteilt.

Wir kommen sogleich zur dritten Lesung.

Ich bitte jene Damen und Herren, die auch in dritter Lesung zustimmen, um ein Zeichen. – Auch das wird einstimmig gegeben. Der Gesetzentwurf ist somit auch in dritter Lesung angenommen.

Die Tagesordnung ist erschöpft.

22.32.39 Einlauf

 


Präsident Dr. Andreas Khol: Ich gebe noch bekannt, dass in der heutigen Sitzung der Selbständige Antrag 834/A (E) eingebracht wurde.

Ferner sind die Anfragen 4302/J bis 4321/J eingelangt.

*****

Die nächste Sitzung des Nationalrates, die für Mittwoch, den 21. Juni 2006, 9 Uhr, in Aussicht genommen ist, wird auf schriftlichem Wege einberufen werden.

Ich wünsche allen eine gute Nacht!

Diese Sitzung ist geschlossen.

22.33.08Schluss der Sitzung: 22.33 Uhr

 

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1017 Wien