Vorblatt

Probleme:

Aufgrund der demografischen Entwicklung in Österreich gewinnt die Betreuung und Pflege betreuungsbedürftiger Menschen zunehmend an Bedeutung. Ein Aspekt dabei ist die Rund-um-die-Uhr-Betreuung daheim, für die die gesetzlichen Regelungen derzeit unzureichend sind.

Ziele:

Schaffung einer Rechtsgrundlage für die Rund-um-die-Uhr-Betreuung daheim unter Berücksichtigung der arbeits-, sozial- und berufsrechtlichen Vorschriften.

Inhalt:

‑       Betreuung von Personen, die Pflegegeld ab der Pflegestufe 3 nach dem Bundespflegegeldgesetz (BPGG) oder vergleichbaren Regelungen der Länder beziehen, wenn die vereinbarte Arbeitszeit mindestens 75% der Normalarbeitszeit beträgt, und Einbeziehung der Betreuung von Personen niedrigerer Pflegestufen mit Demenzerkrankungen, deren Zustand dennoch eine ständige Betreuung erfordert,

‑       Klarstellung, dass Betreuungstätigkeit in Form von selbständiger und unselbständiger Beschäftigung ausgeübt werden kann,

‑       Schaffung neuer Arbeitszeitregelungen auf der Grundlage des Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetzes mit besonderen Regelungen über die Bewertung bestimmter Zeiten der Arbeitsbereitschaft,

‑       Qualitätssicherungsmaßnahmen,

‑       Präzisierung der Vorschriften über die Ausübung eines freien Gewerbes im Bereich der Personenbetreuung mit einfachen Haushilfstätigkeiten.

Alternative:

Beibehaltung der derzeitigen unbefriedigenden Rechtslage.

Finanzielle Auswirkungen:

Der vorliegende Entwurf ist für die Gebietskörperschaften an sich kostenneutral. Zusätzlicher Finanzierungsbedarf kann sich erst aus Verhandlungen über eine Neuregelung der Finanzierung der Pflege und Betreuung ergeben, die derzeit im Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz geführt werden.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Durch die vorliegenden Vorschriften wird die Rund-um-die-Uhr-Betreuung daheim aus der Illegalität herausgeholt. Durch die Präzisierung des bereits derzeit möglichen freien Gewerbes im Bereich der Personenbetreuung wird der Markt für derartige Dienstleistungen weiter geöffnet.

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Hausangestellte sind von der Arbeitszeitrichtlinie der EU ausgenommen.


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Das Regierungsprogramm für die XXIII. Gesetzgebungsperiode enthält im Kapitel „Soziales“ Vorgaben für den „Aufbau einer leistungsfähigen und intelligent differenzierten Versorgungslandschaft“ im Bereich der Pflege und Altenbetreuung. Es gilt hier vor allem, um den steigenden Bedarf an Arbeitskräften in der Betreuung und Pflege abdecken zu können, bereits bestehende Betreuungs- und Pflegemodelle weiter zu entwickeln und eine Rechtsgrundlage für eine bedarfsgerechte Rund-um-die-Uhr-Betreuung daheim zu schaffen.

Dabei sind Arbeitsrecht, Sozialrecht und Berufsrecht an die Besonderheiten der selbständigen und unselbständigen Beschäftigung für Betreuungsleistungen im privaten Haushalt eines/einer Pflegegeldbezieher/in anzupassen. Für die Betreuung daheim ist ein eigener Beschäftigungstypus möglichst auf der Basis selbständiger Beschäftigung zu entwickeln. Bei einer Förderung durch die öffentliche Hand wird Betreuungsausmaß, Pflegebedürftigkeit und soziale Lage berücksichtigt.

Für die arbeits-, sozial- und berufsrechtliche Neuregelung sieht ein Vorhabensbericht der Bundesregierung folgende Eckpunkte vor:

‑       Einbeziehung der Betreuung von Personen, die Pflegegeld ab der Pflegestufe 3 nach dem Bundespflegegeldgesetz (BPGG) beziehen, wenn die vereinbarte Arbeitszeit mindestens 75% der Normalarbeitszeit beträgt,

‑       Klarstellung, dass Betreuungstätigkeit in Form von selbständiger und unselbständiger Beschäftigung ausgeübt werden kann,

‑       Schaffung neuer Arbeitszeitregelungen auf der Grundlage des Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetzes sowie besondere Regelungen über die Bewertung bestimmter Zeiten der Arbeitsbereitschaft,

‑       Prüfung der Notwendigkeit sonstiger arbeitsrechtlicher Sonderregelungen,

‑       Qualitätssicherungsmaßnahmen als Voraussetzung für die Inanspruchnahme öffentlicher Förderungen,

‑       Präzisierung der Vorschriften über die Ausübung eines freien Gewerbes im Bereich der Personenbetreuung mit einfachen Haushilfstätigkeiten.

Der vorliegende Gesetzesentwurf setzt diese Vorgaben auf Grundlage der Ergebnisse einer Arbeitsgruppe um, in der neben den beteiligten Bundesministerien die Sozialpartner und die etablierten Trägerorganisationen vertreten waren, wobei die arbeitsrechtlichen und qualitätssichernden Maßnahmen in einem neuen Hausbetreuungsgesetz (Artikel 1) festgesetzt werden.

Der 1. Abschnitt (Geltungsbereich) enthält die Klarstellung, dass die Betreuung sowohl im Rahmen selbständiger oder unselbständiger Erwerbstätigkeit erfolgen kann, den Geltungsbereich der arbeitsrechtlichen Sonderregelungen sowie eine Definition der Betreuungstätigkeiten.

In den arbeitsrechtlichen Bestimmungen des 2. Abschnittes werden Arbeitszeitmodelle zugelassen, die die derzeit illegale durchgehende Betreuung während 14 Tagen durch meist ausländische Arbeitnehmer/innen unter Beachtung des unbedingt notwendigen Schutzes der Arbeitnehmer/innen auf eine rechtliche Grundlage stellen. Für andere Betreuungsformen gilt weiterhin das bewährte Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz (HGHAG).

Die Entlohnung richtet sich wie bisher nach den Mindestlohntarifen bzw. Kollektivverträgen. Es wird davon ausgegangen, dass rasch neue Mindestlohntarife beantragt bzw. Änderungen in den Kollektivverträgen vorgenommen werden, die eine gesonderte Bewertung der in den vereinbarten Arbeitszeitmodellen anfallenden Bereitschaftszeiten enthalten.

Der 3. Abschnitt enthält Maßnahmen zur Qualitätssicherung in der Betreuung, die ergänzend zu den in anderen gesetzlichen Regelungen geltenden Maßnahmen für die Ausübung der Betreuungstätigkeit festgesetzt werden. Soweit sich die Qualitätssicherungsmaßnahmen an den/die Pflegebedürftige/n richten, sind sie im BPGG vorgesehen bzw. weiter zu entwickeln. Ausübungsvorschriften für das freie Gewerbe werden in der Novelle zur Gewerbeordnung getroffen. Im neuen HBeG werden daher nur ergänzende Maßnahmen betreffend Handlungsleitlinien, Zusammenarbeit und Verschwiegenheit festgesetzt.

Zur Vereinbarkeit mit EU-Recht ist festzuhalten, dass die Arbeitszeitrichtlinie 2003/88/EG für alle Tätigkeiten im Sinne der Arbeitsschutzrahmenrichtlinie 89/391/EWG zur Anwendung kommt. Diese nimmt Hausangestellte aus der Definition der Arbeitnehmer/innen aus. Somit kommt die 48‑Stunden‑Grenze der Arbeitszeitrichtlinie für die Beschäftigung in Privathaushalten nicht zur Anwendung. Dies muss auch dann gelten, wenn ein Arbeitsverhältnis zu einer Trägerorganisation besteht, die Arbeitnehmer/innen jedoch für die Zeit der Betreuung in die Hausgemeinschaft aufgenommen und somit funktional als Hausangestellte tätig werden.

Artikel 2 enthält eine Änderung der Gewerbeordnung zur Präzisierung des freien Gewerbes im Bereich der Personenbetreuung und beabsichtigt eine exemplarische Aufzählung jener Tätigkeiten, die im Rahmen eines freien Gewerbes im Bereich der Personenbetreuung ausgeübt werden können.

Finanzielle Erläuterungen:

Der vorliegende Entwurf ist für die Gebietskörperschaften an sich kostenneutral. Zusätzlicher Finanzierungsbedarf kann sich erst aus Verhandlungen über eine Neuregelung der Finanzierung der Pflege und Betreuung ergeben, die derzeit im Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz geführt werden.

Die Kosten für pflegebedürftige Personen bzw. deren Angehörige ergeben sich aus der künftigen Gestaltung der Mindestlohntarife und Kollektivverträge.

Kompetenzgrundlage:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht stützt sich das im Entwurf vorliegende Bundesgesetz auf Art. 10 Abs. 1 Z 8 (Angelegenheiten des Gewerbes und der Industrie) und Art. 10 Abs. 1 Z 11 (Arbeitsrecht) B‑VG.

Besonderer Teil

Zu Art. 1 (Hausbetreuungsgesetz)

Zu § 1:

In § 1 werden die grundsätzlichen Rahmenbedingungen für die Ausübung der Betreuung von bedürftigen Personen in deren Privathaushalten neben der entsprechenden Bestimmung in der Gewerbeordnung 1994 (siehe Artikel 2) festgelegt. Lebt die betreuungsbedürftige Person für die Dauer der Betreuung bei Angehörigen, ist dies gleichzeit auch der Privathaushalt der zu betreuenden Person.

Nach Abs. 1 kann die Betreuung sowohl im Rahmen einer selbständigen als auch einer unselbständigen Erwerbstätigkeit ausgeübt werden. Im Folgenden sollen die einzelnen Möglichkeiten der Durchführung der Betreuung dargestellt werden.

Betreuungstätigkeit auf selbständiger Basis:

Für die Ausübung der Betreuung auf selbständiger Basis bildet die Regelung über das freie Gewerbe der Personenbetreuung nach § 159 Gewerbeordnung 1994 eine klare rechtliche Grundlage.

Selbständige Erwerbstätigkeit zeichnet sich durch das Fehlen der beiden Kriterien der persönlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeit des/der Leistungserbringer/in von einer anderen Person aus. Die Tätigkeiten werden in persönlicher und wirtschaftlicher Selbständigkeit unter Übernahme des Unternehmerrisikos erbracht.

Betreuungstätigkeit in einem Arbeitsverhältnis zur zu betreuenden Person oder einem/einer Angehörigen:

Die Betreuungstätigkeit kann aber auch im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses zur zu betreuenden Person oder einem/einer ihrer Angehörigen erbracht werden.

Die rechtliche Abgrenzung von selbständiger und unselbständiger Erwerbstätigkeit hat unverändert nach den bisher von Lehre und Judikatur entwickelten Grundsätzen zu erfolgen.

Betreuungstätigkeit in einem Arbeitsverhältnis zu Anbieter/innen sozialer Dienste:

Dieses Bundesgesetz gilt aber auch dann, wenn die Betreuungstätigkeiten von Arbeitnehmer/innen von Anbieter/innen sozialer Dienste in Privathaushalten erbracht werden (zur Definition siehe die Erläuterungen zu Abs. 2).

Abs. 2 setzt die Voraussetzungen für die Geltung der arbeitsrechtlichen Sonderbestimmungen fest, die bei Betreuung von Personen in deren Privatwohnungen im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses gelten sollen. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, ist die Beschäftigung zwar nicht unzulässig, es gelten jedoch die allgemeinen arbeitsrechtlichen Bestimmungen, also insbesondere das Hausgehilfen- und Hausangestelltengesetz (HGHAG) oder das Arbeitszeitgesetz (AZG).

Z 1 stellt zunächst klar, dass Jugendliche von den Sonderbestimmungen nicht erfasst sind, da die weit gehenden Möglichkeiten zur Ausdehnung der Arbeitszeit mit dem besonderen Schutzbedürfnis dieser Arbeitnehmer/innen nicht vereinbar wären.

Lit. a und b definieren die erfassten Arbeitsverhältnisse nach dem/der Arbeitgeber/in. Nach lit. a gelten die Sonderbestimmungen für Dienstverhältnisse zur zu betreuenden Person selbst bzw. deren Angehörigen. Diese Dienstverhältnisse fallen nach geltendem Recht in der Regel unter das HGHAG.

Nach lit. b sollen diese Sonderregelungen auch für Arbeitsverhältnisse zu sozialen Diensten gelten. Damit kann die 24‑Stunden-Betreuung auch durch diese Anbieter/innen erfolgen. Nicht erfasst sind hingegen Arbeitsverhältnisse zu Arbeitgeber/innen, die Betreuungsleistungen im Rahmen eines freien Gewerbes nach § 159 der Gewerbeordnung 1994 anbieten. Beschäftigen solche Gewerbetreibenden Arbeitnehmer/innen, ist das allgemeine Arbeitsrecht, insbesondere das AZG anzuwenden.

Die Umschreibung der Anbieter/innen sozialer Dienste orientiert sich an den Geltungsbereichsbestimmungen der Satzungserklärung des branchenweit geltenden Kollektivvertrages für Arbeitnehmer/innen, die von Mitgliedern der Berufsvereinigung von Arbeitgeber/innen für Gesundheits- und Sozialberufe beschäftigt werden, bzw. des früheren Mindestlohntarifs für Arbeitnehmer/innen in Betrieben sozialer Dienste. Mit dieser sehr weiten Definition sollen alle gemeinnützigen Anbieter/innen in diesem Bereich erfasst werden.

Nach Z 2 lit. a kommen die Sonderregelungen nur für die Betreuung von Personen zur Anwendung, die Anspruch auf Pflegegeld ab der Stufe 3 nach dem BPGG oder eine gleichwertige Leistung haben. Dies entspricht nach § 4 Abs. 2 BPGG einem durchschnittlichen monatlichen Pflegebedarf von mehr als 120 Stunden. Bei geringerem Pflegebedarf wird in der Regel eine Betreuung durch mobile Dienste machbar und auch finanzierbar sein.

Eine Ausnahme davon legt lit. b für Personen mit nachweislicher Demenzerkrankung fest, für die ein ständiger Betreuungsbedarf trotz Einstufung in eine niedrigere Pflegestufe besteht. Damit sind Tätigkeiten gemeint, die nicht in die Definition des Pflegebedarfs nach dem BPGG fallen und daher bei der Einstufung nicht berücksichtigt werden. Ist also ein/e Demenzkranke/r nur in die Pflegestufe 1 oder 2 eingestuft, besteht aber die Notwendigkeit einer ständigen Anwesenheit, sind die Sonderbestimmungen dennoch anwendbar. Als Nachweis über das Vorliegen einer Demenzerkrankung ist eine fachärztliche Bestätigung anzusehen, vorzugsweise durch eine neurologische oder psychiatrische Fachabteilung eines Krankenhauses oder durch eine gerontopsychiatrische oder psychiatriatische Tagesklinik bzw. Ambulanz oder durch ein gerontopsychiatrisches Zentrum.

Z 3 grenzt die Geltung der Sonderregelungen ausdrücklich auf Modelle mit einer durchgehenden Betreuung von bis zu 14 Tagen ein. Die zeitliche Inanspruchnahme der Arbeitnehmer/innen sowie die teilweise Bewertung von Zeiten der Arbeitsbereitschaft als neutrale Zeiten erscheinen nur dann sachlich gerechtfertigt, wenn jeder Arbeitsperiode eine Freizeitperiode in derselben Dauer folgt und somit die erforderlichen Erholphasen gesichert sind. Für andere Betreuungsformen gilt weiterhin das bewährte HGHAG.

Z 4 setzt die Vorgabe des Vorhabensberichtes der Bundesregierung um, dass „eine Reduktion des Betreuungsausmaßes nur auf maximal 75% der Normalarbeitszeit zum Schutz mobiler Dienste“ zulässig sein soll.

Nach geltendem Recht beträgt die Normalarbeitszeit nach dem HGHAG 128 Stunden in zwei aufeinander folgenden Wochen oder durchschnittlich 64 Stunden pro Woche, wenn dem Haushalt Personen angehören, die einer ständigen Betreuung bedürfen (§ 5 Abs. 1 und 7 HGHAG). 75% dieser Normalarbeitszeit ergeben 48 Stunden.

Z 5 stellt schließlich die Voraussetzung auf, dass die Betreuungskraft in die Hausgemeinschaft der zu betreuenden Person aufgenommen wird. Nur unter dieser Voraussetzung ist eine 24‑Stunden-Betreuung überhaupt möglich. Diese Voraussetzung muss für die Dauer der Betreuung erfüllt werden, also für die bis zu vierzehntägige Arbeitsperiode.

Die in Abs. 3 enthaltene Definition der Betreuung orientiert sich zum einen an der gewerberechtlichen Umschreibung des freien Gewerbes der Personenbetreuung. Die Betreuung umfasst damit im Wesentlichen die Haushaltsführung für die zu betreuende Person sowie die Unterstützung bei der Lebensführung. Darüber hinaus wird auch die ständige Anwesenheit insbesondere bei Demenzkranken aufgenommen. Wesentlich ist aber, dass dieses Bundesgesetz auf Tätigkeiten im Sinne des dem Gesundheits- und Krankenpflegegesetz unterliegenden gehobenen Dienstes für die Gesundheits- und Krankenpflege sowie der Pflegehilfe nicht anzuwenden ist.

Zu § 3:

Diese Bestimmung enthält die zumeist arbeitszeitrechtlichen Sonderbestimmungen für Arbeitsverhältnisse zur zu betreuenden Person bzw. deren Angehörigen. Nach Abs. 1 kommt auf diese grundsätzlich das HGHAG zur Anwendung, wie es in der Regel schon bisher der Fall war, die Arbeitszeitbestimmungen des § 5 HGHAG und des § 6 Abs. 1 bis 3 HGHAG werden jedoch durch die Regelungen der folgenden Absätze ersetzt. Aufrecht bleiben die Bestimmungen über die Freizeit zur Erfüllung religiöser Pflichten und über das Feiertagsentgelt (§ 6 Abs. 4 und 5 HGHAG).

Die Arbeitszeitgrenze von 128 Stunden in zwei aufeinander folgenden Wochen des Abs. 2 entspricht § 5 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 7 HGHAG. Die Definition der Arbeitszeit bezieht analog zu § 5 Abs. 1 HGHAG Arbeitsbereitschaft grundsätzlich ein, sieht davon aber eine Ausnahme vor. Wird diese Arbeitszeit durch Zeiten der Arbeitsbereitschaft überschritten, bei denen außer dem vereinbarten Aufenthalt in ihrem Wohnraum im Verband des Privathaushaltes oder in näherer häuslicher Umgebung keine Einschränkungen in der Gestaltung der Zeit bestehen, so gelten diese Zeiten nicht als Arbeitszeit. Unter „näherer häuslicher Umgebung“ ist eine geringe räumliche Entfernung vom Arbeitsort zu verstehen, die nach der Judikatur (z.B. OGH 18.3.1992, Arb 11.018; OGH 29.8.2002, Arb 12.266) noch zu einer Bewertung als Arbeitsbereitschaft und nicht als Rufbereitschaft führt. Arbeitsbereitschaft wird in vielen Fällen daher nur teilweise als Arbeitszeit gelten. Arbeitseinsätze während der Arbeitsbereitschaft sind auf die Arbeitszeit selbstverständlich zur Gänze anzurechnen.

Nach den derzeit geltenden Mindestlohntarifen werden diese über das Höchstausmaß der Arbeitszeit hinaus gehenden Zeiten nicht zu entlohnen sein. Künftige Mindestlohntarife können jedoch auch für diese Zeiten eine möglicherweise geringere Entlohnung als für „Kernarbeitszeiten“ vorsehen.

Durch diese Regelung wird eine weit gehend durchgehende Betreuung während der bis zu vierzehntägigen Arbeitsperiode ermöglicht. Aus Gründen des unbedingt erforderlichen Arbeitnehmerschutzes sind jedoch Ausnahmen notwendig. Abs. 3 übernimmt die Ruhepausenregelung des § 5 Abs. 3 HGHAG. Diese Zeiten müssen auch frei von Arbeitsbereitschaft sein. Während dieser Pausen muss es den Arbeitnehmer/innen daher auch möglich sein, den Arbeitsort zu verlassen.

Weitere zehn Stunden pro Tag müssen nach Abs. 4 frei von Inanspruchnahme sein. Diese Regelung löst die tägliche Ruhezeit nach § 5 Abs. 3 HGHAG ab. Die Summe aus „Kernarbeitszeit“ und Arbeitseinsätzen während der Arbeitsbereitschaft darf in einem Zeitraum von jeweils 24 Stunden daher 13 Stunden nicht überschreiten.

Im Unterschied zum geltenden HGHAG sind freie Sonntage und freie Halbtage nicht vorgeschrieben, da diese durch die folgende bis zu vierzehntägige Ruhezeit kompensiert werden.

Dauer und Lage der „Kernarbeitszeit“ und der Arbeitsbereitschaft sind jedenfalls zu vereinbaren, da § 19d AZG auch auf Hausgehilf/innen zur Anwendung kommt.

Abs. 5 sieht vor, dass Übertretungen dieser Bestimmungen nach den Grundsätzen des HGHAG zu bestrafen sind. Zur Anwendung kann nur der zweite Strafsatz des § 23 HGHAG (218 Euro) kommen, da der erste Strafsatz nur für die Verletzung eines allfälligen Verbotes der Beschäftigung minderjähriger Dienstnehmer/innen gilt und auf die Beschäftigung von Jugendlichen nach § 1 Abs. 2 Z 1 nicht das HBeG, sondern weiterhin das HGHAG zur Anwendung kommt.

Abs. 6 enthält eine Sonderregelung zum Beendigungsrecht. Nach den allgemeinen arbeitsrechtlichen Grundsätzen beendet der Tod des/der Arbeitgeber/in das Arbeitsverhältnis nicht. Die Erben treten im Wege der Gesamtrechtsnachfolge in das Arbeitsverhältnis ein. Nach der Judikatur (OGH 12.7.1977, Arb 9604) tritt nur dann eine Beendigung ein, wenn die Arbeitsleistung ausschließlich und unmittelbar auf die Person des/der Arbeitgeber/in bezogen war. Keine gesicherte Judikatur besteht jedoch für den Fall, dass Arbeitgeber/in nicht die zu betreuende Person selbst, sondern ein/e Angehörige/r war. Eine ergänzende Regelung erscheint sinnvoll.

Weitere arbeitsrechtliche Sonderbestimmungen werden nicht vorgesehen. In allen übrigen Bereichen gilt daher das „allgemeine“ Arbeitsrecht, wie z.B. Mutterschutzgesetz und Urlaubsgesetz.

Zu § 4:

Diese Bestimmung enthält arbeitszeitrechtliche Regelungen für Arbeitsverhältnisse zu Trägerorganisationen. Um es auch den sozialen Diensten zu ermöglichen, eine 24‑Stunden-Betreuung anzubieten, werden diese Arbeitnehmer/innen durch Abs. 1 in die Arbeitszeitbestimmungen nach § 3 Abs. 2 bis 4 aufgenommen. Diese Bestimmungen gelten an Stelle des AZG und des ARG. Die entgeltrechtliche Bewertung dieser Zeiten wird in der Regel durch Kollektivvertrag erfolgen.

Da auch hier die Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 zur Anwendung kommen, insbesondere die Regelungen über die Mindestarbeitszeit und das Wohnen im Privathaushalt, wird vermieden, dass etwa Arbeitnehmer/innen der mobilen Dienste aus dem AZG in das HBeG wechseln.

Andere arbeitsrechtliche Bestimmungen bleiben unverändert. Somit gelten beispielsweise die Kündigungsfristen nach dem Angestelltengesetz bzw. dem ABGB weiter. Auch eine Übernahme der Sonderregelung für den Todesfall nach § 3 Abs. 6 erfolgt nicht.

Abs. 2 Z 1 stellt sicher, dass die Trägerorganisation die Aufzeichnungspflichten nach dem AZG einzuhalten hat, um diese Arbeitsverhältnisse nicht der Kontrolle der Arbeitsinspektion zu entziehen. Die Führung der Aufzeichnungen durch Arbeitnehmer/innen ist nach § 26 AZG möglich, die Aufbewahrung hat jedoch im Betrieb, also bei der Trägerorganisation zu erfolgen.

Nach Z 2 sind Arbeitszeitübertretungen nicht nach § 23 HGHAG, sondern nach den strengeren Bestimmungen des § 28 Abs. 1 AZG zu bestrafen.

Zu § 5:

Allgemein ist zu Qualitätssicherungsmaßnahmen zu sagen, dass diese nicht abschließend geregelt werden, sondern nur in jenem Umfang, in dem sie ‑ anknüpfend an die Ausübung der Betreuungstätigkeit – sinnvoller Weise normiert werden können. Für Arbeitnehmer/innen handelt es sich dabei um Verpflichtungen aus dem Arbeitsvertrag. Dies schließt weitere Qualitätssicherungsmaßnahmen im Rahmen der Pflegeberatung und anderen Angeboten, die sich an die pflegebedürftige Person richten, ebenso wenig aus wie weitere Kriterien der Qualitätssicherung, die im Zusammenhang mit Transferleistungen oder Förderungen vorausgesetzt werden.

Die Gewerbeordnung sieht für die selbständige Ausübung der Personenbetreuung im Rahmen der Ausübungsvorschriften vor, dass diese Gewerbetreibenden mit der betreuungsbedürftigen Person eine Vereinbarung über Handlungsleitlinien für den Alltag und den Notfall abzuschließen haben; darauf wird in § 5 Abs. 1 Bezug genommen.

Dementsprechend sieht auch Abs. 2 vor, dass vergleichbare Anweisungen von einer in einem Arbeitsverhältnis beschäftigten Betreuungskraft einzuhalten sind. Es ist selbstverständlich, dass Arbeitnehmer/innen Weisungen der Arbeitgeber/innen zu befolgen haben. Dies gilt z.B. auch für die Anweisung zur Führung eines Haushaltsbuches. Ziel der Regelung des Abs. 2 ist es jedoch auch, darauf hinzuweisen, dass solche Handlungsanleitungen seitens des/der Arbeitgeber/in notwendig und sinnvoll sind, dies gerade dann, wenn die Betreuungskraft sich weit gehend allein mit der betreuungsbedürftigen Person im Haushalt aufhält und diese – im Notfall oder bei akuter Verschlechterung des Zustands – nicht in der Lage ist, zu diesem Zeitpunkt noch Anweisungen zu geben.

Zu § 6:

Diese Regelung verpflichtet die Betreuungskraft zu einem Zusammenwirken mit anderen in die Betreuung involvierten Personen; hier geht es vor allem um entsprechende Informationen z.B. bei Ablöse der Betreuungskraft für eine bestimmte Zeit durch betreuende Angehörige.

Zu § 7:

Im Hinblick auf die höchstpersönlichen Dienstleistungen und die damit der Betreuungskraft zukommenden Einblicke in das Privat- und Familienleben bzw. in sonstige Lebensumstände soll diese ausdrücklich zur Verschwiegenheit verpflichtet werden.

Zu § 8:

Das Bundesgesetz tritt mit 1. Juli 2007 in Kraft. Auf Arbeitsverhältnisse, die zu diesem Zeitpunkt bereits bestanden haben, können aus verfassungsrechtlichen Überlegungen die Regelungen dieses Bundesgesetzes nur dann zur Anwendung kommen, wenn die Arbeitsvertragsparteien dies im Einvernehmen schriftlich vereinbaren.

 

Zu Artikel 2 (Änderung der Gewerbeordnung 1994)

Zu § 159:

Durch die im Abs. 1 vorgenommene beispielhafte Auflistung von Tätigkeiten soll klargestellt werden, welcher Umfang der selbständigen Berufsauübung im gewerblichen Bereich hinsichtlich der Personenbetreuung in Betracht kommt. Durch das Spektrum an Tätigkeiten wird weiter klargestellt, wie im Rahmen dieses Berufes die im Regierungsprogramm angeführte Rund-um-die-Uhr-Betreuung daheim erfolgen kann.

Es fällt auch in den Aufgabenbereich des Personenbetreuers, Leistungen anderer Personenbetreuer zu beurteilen. Grundsätzlich bedarf die Erbringung sämtlicher zu verrichtender Tätigkeiten und Dienstleistungen der vorherigen Absprache mit der zu betreuenden Person.

Zu § 160:

Die normierten Qualitätssicherungsmaßnahmen im Umfang der in Abs. 2 Z 1 geregelten Handlungsleitlinien werden formal in einer vertraglichen Festlegung der wesentlichen Inhalte der Betreuungstätigkeit bestehen. Dies umfasst auch eine Auflistung jener Tätigkeiten und Dienstleistungen, die verrichtet werden sollen, allfällige Anwesenheitspflichten sowie die Häufigkeit, mit der diese zu verrichten sind, und eine Festlegung der Vorgangsweise in Notfällen, beispielsweise wann welche Person bzw. Einrichtungen in welcher Situation zu kontaktieren sind.

Die vorgesehenen Qualitätssicherungsmaßnahmen dienen daher auch der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit bei der Betreuung im Alltag und Notfall. Die Führung des Haushaltsbuches dient sowohl dem Schutz der betreuten Person als auch des Gewerbetreibenden.