Vorblatt

Problem:

Mit dem Hausbetreuungsgesetz wurde die Rechtsgrundlage für eine 24-Stunden-Betreuung zu Hause geschaffen. Aufgrund der Einkommenssituation der pflegebedürftigen Menschen bestehen jedoch Finanzierungslücken.

Ziel:

Zur Finanzierung der 24-Stunden-Betreuung soll auch im Bundespflegegeldgesetz die Möglichkeit der Gewährung einer Zuwendung geschaffen werden. Überdies sollen Bestimmungen im Bundespflegegeldgesetz aufgrund der neuen Rechtsgrundlage verbessert werden.

Inhalt:

-       Schaffung der Möglichkeit von Zuwendungen aus dem Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung zur Finanzierung der 24-Stunden-Betreuung.

-       Verbesserung der Ruhensbestimmungen bei stationären Krankenhausaufenthalten pflegebedürftiger Menschen.

-       Berücksichtigung der Informationen der Betreuungskräfte sowie der Betreuungsdokumentationen und Haushaltsbücher im Rahmen der Pflegegeldbegutachtung.

Alternativen:

Beibehaltung des derzeitigen unbefriedigenden Zustands.

Finanzielle Auswirkungen:

Auf die finanziellen Erläuterungen im Allgemeinen Teil wird verwiesen.

Auswirkungen auf die Beschäftigung und den Wirtschaftsstandort Österreich:

Keine

Verhältnis zu Rechtsvorschriften der Europäischen Union:

Gegeben


Erläuterungen

Allgemeiner Teil

Hauptgesichtspunkte des Entwurfes:

Aufgrund der demografischen Entwicklung gewinnt die Absicherung des Risikos der Pflegebedürftigkeit in Österreich zunehmend an Bedeutung und stellt daher eine große Herausforderung für die Zukunft dar.

Mehr als 80 % aller pflegebedürftigen Menschen werden im häuslichen Bereich von ihren Angehörigen pflegerisch betreut, die damit einen gesellschaftspolitisch äußert wertvollen Beitrag leisten. Um die Position pflegender Angehöriger zu stärken und den pflegebedürftigen Menschen so lang wie möglich ein selbst bestimmtes und eigenständiges Leben zu Hause zu ermöglichen, sollen als ein wesentlicher Schritt die folgenden Verbesserungen durchgeführt werden.

Auch das Regierungsprogramm für die XXIII. Gesetzgebungsperiode sieht Verbesserungen für pflegebedürftige Personen und ihre Angehörigen, wie die Weiterentwicklung von bedarfsgerechten Betreuungs- und Pflegemodellen nach den Bedürfnissen von Betroffenen und Angehörigen, z.B. für die 24-Stunden-Betreuung, vor.

Mit dem Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen über die Betreuung von Personen in privaten Haushalten erlassen werden (Hausbetreuungsgesetz – HBeG) werden neue legale vertragliche Betreuungsverhältnisse für eine 24-Stunden-Betreuung zu Hause unter Zugrundelegung eines eigenen Betreuungsbegriffes und von Qualitätsanforderungen geschaffen, wobei hinsichtlich des persönlichen Geltungsbereiches an eine bestimmte Pflegegeldanspruchsberechtigung angeknüpft wird.

Im Bundespflegegeldgesetz soll eine Möglichkeit geschaffen werden, pflegebedürftigen Menschen oder ihren Angehörigen Zuwendungen aus dem Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung zur Förderung der 24-Stunden-Betreuung zu Hause zu gewähren.

Darüber hinaus erschiene es zweckmäßig, diese neuen Betreuungsverhältnisse im Bereich der Ausnahmetatbestände vom grundsätzlichen Ruhen des Pflegegeldes bei stationären Krankenhaus-, Rehabilitations- oder Kuraufenthalten, sowie bei der Pflegegeldbegutachtung entsprechend zu berücksichtigen.

Finanzielle Erläuterungen:

Hinsichtlich der vorgeschlagenen Änderung des § 12 Abs. 3 Z 1 ist festzuhalten, dass dieser Ruhensausnahmetatbestand auch bislang nur in einer marginalen Anzahl von Fällen in Anspruch genommen wurde, und die zu erwartende Anzahl von Betreuungsverhältnissen nach dem Hausbetreuungsgesetz sowie die sich daraus ergebenden Kosten für die pflegebedürftigen Personen maßgeblich von der noch zu entwickelnden Förderungsstruktur aus öffentlichen Mitteln abhängen wird, so dass die zu erwartende Anzahl der den neu gefassten Ruhensausnahmetatbestand in Anspruch Nehmenden und die sich daraus ergebenden Mehrkosten für den Bund derzeit nicht seriös eingeschätzt werden können.

Zum § 21b:

Nach vorliegenden Schätzungen kommen rd. 4 000 bis 8 000 Personen für eine Förderung gemäß § 21b BPGG in Betracht. Es ist budgetäre Vorsorge für den Aufwand durch Überschreitungsermächtigungen in den Bundesfinanzgesetzen 2007 und 2008 von maximal 18,5 Mio. Euro im Jahr 2007 und von maximal 34,0 Mio. Euro im Jahr 2008 getroffen. Die Überschreitungsermächtigungen setzen voraus, dass auch die anderen Gebietskörperschaften einen angemessenen Beitrag zur Finanzierung der 24-Stunden-Betreuung leisten. Danach ist geplant die Maßnahme zu evaluieren. Vom Ergebnis dieser Evaluierung sind die Kosten der weiteren Jahre abhängig.

Hinsichtlich der Berücksichtigung der Informationen der Betreuungskräfte sowie der Betreuungsdokumentationen und Haushaltsbücher im Pflegegeldverfahren sind, da schon bislang idR Hausbesuche durchgeführt und zur Verfügung gestellte Pflegedokumentationen zu berücksichtigen sind, keine nennenswerten Mehrkosten zu erwarten.

Kompetenzgrundlage:

In kompetenzrechtlicher Hinsicht gründet sich die vorgeschlagene Änderung des Bundespflegegeldgesetzes auf die Kompetenzbestimmungen des Art. I BPGG und des Art. 17 B-VG (Privatwirtschaftsverwaltung).

Besonderer Teil

Zu Z 1 (§ 12 Abs. 3 Z 1):

Mit dem Bundesgesetz, mit dem Bestimmungen über die Betreuung von Personen in privaten Haushalten erlassen werden (Hausbetreuungsgesetz – HBeG), und der damit in Zusammenhang stehenden Änderung der §§ 159 und 160 der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) werden neue legale vertragliche Betreuungsverhältnisse für eine 24-Stunden-Betreuung zu Hause geschaffen, die durch die Ausnahmebestimmung vom grundsätzlichen Ruhen des Pflegegeldanspruches bei stationären Krankenhaus-, Rehabilitations- und Kuraufenthalten nicht vollständig erfasst sind. Dennoch handelt es sich hierbei um entgeltliche bis zu 24-Stunden-Betreuungsverhältnisse, die in der Regel auf Dauer abgeschlossen werden und auch im Fall eines stationären Aufenthaltes im Sinne des § 12 Abs. 1 Z 1 nicht aufgelöst werden können; auch in diesen Konstellationen fallen daher während des stationären Aufenthaltes weiterlaufende pflegebedingte Kosten an, so dass eine Einbeziehung dieser Betreuungsverhältnisse in die Ausnahmebestimmung des § 12 Abs. 3 Z 1 angezeigt erschien.

Mit der vorgeschlagenen Änderung sollen nun auch alle gem. § 1 Abs. 2 HBeG und gem. § 159 GewO 1994 möglichen vertraglichen Betreuungsverhältnisse eines Pflegegeldbeziehers bzw. seines Angehörigen erfasst werden.

Das schon bislang dem § 12 Abs. 3 Z 1 innewohnende Konzept der Weiterauszahlung des Pflegegeldes bei nachgewiesenen pflegebedingten Aufwendungen für zunächst längstens drei Monate und die Abfederung von Härtefällen durch die Möglichkeit der Weiterauszahlung des Pflegegeldes über diesen Zeitraum hinaus – z. B. bei länger dauerndem Krankenhausaufenthalt und gleich darauf folgender Anschlussrehabilitation – soll für alle Fallgruppen des Ausnahmetatbestandes des § 12 Abs. 3 Z 1 als bereits erprobtes und bewährtes Instrument weiter beibehalten werden.

Zu Z 2 (§ 21b):

Mit dieser Bestimmung soll eine Möglichkeit geschaffen werden, pflegebedürftigen Menschen oder ihren Angehörigen Zuwendungen aus dem Unterstützungsfonds für Menschen mit Behinderung zur Förderung der 24-Stunden-Betreuung zu Hause zu gewähren.

Gefördert werden sollen dabei in einer ersten Phase ausschließlich 24-Stunden-Betreuungsverhältnisse im Sinne einer Rund-um-die-Uhr-Betreuung, die bei einer Anspruchsberechtigung auf ein Pflegegeld der Stufen 5, 6 oder 7 im Regelfall schon ex definitione gegeben sein wird.

Es ist beabsichtigt, das Fördermodell nach einem Zeitraum von 1,5 bis 2 Jahren zu evaluieren. Nach Maßgabe des Evaluierungsergebnisses wäre zu entscheiden, inwieweit eine Ausweitung auf andere Pflegegeldstufen möglich ist, insb. auch im Hinblick auf pflegebedürftige Menschen mit demenziellen Erkrankungen.

Als Nachweis des Bestehens eines Betreuungsverhältnisses gemäß § 1 Abs. 1 HBeG soll der diesem zu Grunde liegende entsprechende Betreuungsvertrag dienen.

Um die nötige Qualität der Betreuung zu sichern, soll eine theoretische Ausbildung des Betreuers/der Betreuerin verlangt werden. Diese soll im Wesentlichen der theoretischen Ausbildung eines Heimhelfers/einer Heimhelferin nach der Vereinbarung zwischen Bund und Ländern über Sozialbetreuungsberufe entsprechen. Um die Ausbildung einer ausreichenden Zahl von Betreuungskräften zu ermöglichen, soll eine Übergangsfrist von einem Jahr eingeräumt werden.

Ein Beitrag des Bundes zur Förderung der 24-Stunden-Betreuung soll auch voraussetzen, dass sich die übrigen Gebietskörperschaften, wie Länder und Gemeinden, an der Finanzierung einer 24-Stunden-Betreuung angemessen beteiligen. Dazu werden derzeit Verhandlungen im Rahmen der Arbeitsgruppe Neugestaltung der Pflegevorsorge geführt.

Grundsätzlich soll die Auszahlung der Zuwendung an die pflegebedürftige Person oder an deren Angehörigen, je nachdem, wer den zu Grunde liegenden Betreuungsvertrag abgeschlossen hat, erfolgen. Aus verwaltungsökonomischen Gründen können die Zuwendungen auch an andere Gebietskörperschaften, Körperschaften öffentlichen Rechts oder Sozialversicherungsträger ausbezahlt werden, wenn eine entsprechende Vereinbarung zwischen dem Bund und der jeweiligen Körperschaft vorliegt.

Die näheren Bestimmungen über die Voraussetzungen für die Gewährung einer Zuwendung sollen in Form von Richtlinien des Bundesministers für Soziales und Konsumentenschutz erlassen werden.

Zu Z 3 (§ 25a Abs. 4):

Da mit dem HBeG und der Änderung von §§ 159 und 160 GewO 1994 ein rechtlicher Rahmen für eine bis zu 24-Stunden-Betreuung zu Hause und damit verbunden auch ein eigener Betreuungsbegriff und diesbezügliche Qualitätsanforderungen geschaffen wurden, erschiene es zweckmäßig, auch die Informationen der Betreuungskräfte im Sinne des HBeG und der GewO 1994 sowie die allenfalls zur Verfügung gestellten Betreuungsdokumentationen und Haushaltsbücher zur Beurteilung der konkreten Pflegesituation bei der Pflegegeldbegutachtung zu berücksichtigen. Damit soll die Erfassung der gesamtheitlichen Pflegesituation mit dem Ziel einer an der konkreten Lebensrealität pflegebedürftiger Menschen orientierten Einstufungspraxis gewährleistet werden.

Die Betreuungskräfte im Sinne des HBeG und der GewO 1994, die im Rahmen der 24-Stunden-Betreuung wohl einen umfassenden Überblick hinsichtlich der konkreten Pflege- und Betreuungssituation haben werden, sind dabei nach dem vorgeschlagenen § 25a Abs. 4 im Pflegegeldverfahren jedenfalls gesetzlich zur Auskunft verpflichtet, so dass es einer Entbindung von der grundsätzlichen Verschwiegenheitspflicht nach § 7 HBeG oder § 160 Abs. 1 GewO 1994 in diesen Fällen nicht bedarf; hieraus entstehende Kosten werden nicht ersetzt.

Zu Z 4 (§ 49 Abs. 11)

In Akkordanz zum Inkrafttreten des Hausbetreuungsgesetzes und §§ 159 und 160 der Gewerbeordnung 1994 mit 1. Juli 2007 sollen die gegenständlichen Maßnahmen im Bundespflegegeldgesetz, die sich letztlich allesamt aus der neuen arbeitsrechtlichen Situation aufgrund des HBeG und der GewO 1994 ergeben haben, ebenfalls mit 1. Juli 2007 in Kraft treten.