Bundesministerium für

Wirtschaft und Arbeit

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1010 Wien

 


 

 

 

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33.500/0004-I/7/2007             MagAch/Fr               245/262          552           01.03.2007

 

 

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem das

Öffnungszeitengesetz 2003 geändert wird

 

 

Der Österreichische Gewerkschaftsbund dankt für die Übermittlung des im Betreff genannten Entwurfes und nimmt hierzu folgendermaßen Stellung:

 

Die Ausweitung der Ladenöffnungszeiten ist als Teil einer Sozialpartnervereinbarung ins Regierungsprogramm aufgenommen worden und ist daher auf Grundlage dieser Sozialpartnervereinbarung zu bewerten.

 

Im Sozialpartnerpapier „Wachstum und Beschäftigung“ vom Dezember 2006 heißt es unter Punkt 11 Ladenöffnungszeiten:

 

·        Beibehaltung der Sonntagsruhe, aber 72-Stunden-Regelung auf gesetzlicher Basis fixieren und Landeshauptleute können Ausnahmeregelungen vornehmen (derzeit ist es genau umgekehrt, 66 gesetzlich, Länder können auf 72 Stunden ausweiten)...

 

·        „Nahversorgung sichert Lebensqualität sowie regionale Arbeitsplätze. Ein Nahversorgungssicherungspaket soll dafür geeignete Instrumente bereitstellen.“

 

An anderer Stelle im Sozialpartnerübereinkommen wurden Vorschläge gemacht, die mit der Verlängerung der Ladenöffnungszeiten im engen Zusammenhang stehen. So heißt es unter anderem im Kapitel Arbeitszeitflexibilisierung:

 

·        Zuschlag für Teilzeitkräfte bei Mehrarbeit

·        Maßnahmen gegen Verletzungen des AZG

·        Vereinfachung der Regelung über Abbau von Zeitguthaben

Und im Kapitel Vereinbarkeit Familie und Beruf:

 

·        Ausbau und Verbesserung der Kinderbetreuungsplätze

 

Der nun vorliegende Entwurf entspricht in wesentlichen Punkten nicht dem Sozialpartnervorschlägen vom Dezember 2006, und auch die notwendigen familienpolitischen und arbeitszeitrechtlichen Begleitmaßnahmen sind noch nicht umgesetzt.

 

Nicht einmal die im Sozialpartnervorschlag angesprochene Verordnungskompetenz der Landeshauptleute zur Festlegung eines engeren Öffnungszeitenrahmens ist enthalten. Ebenso fehlen begleitende Maßnahmen zur Sicherung der Nahversorgung.

 

Der ÖGB wird den geplanten Ausweitungen der Öffnungszeiten auf 72 Stunden pro Woche nur dann zustimmen, wenn gleichzeitig die damit unmittelbar in Zusammenhang stehenden Punkte des Sozialpartnerübereinkommens umgesetzt werden.

 

Der ÖGB spricht sich also nicht grundsätzlich gegen Änderungen im Öffnungszeitengesetz aus, fordert aber, dass die Ausdehnungen zusammen mit den angeführten Begleitmaßnahmen in Kraft tritt.

 

 

Zu den Bestimmungen im Einzelnen:

 

§ 4 Abs 1 sieht wieder tägliche Grenzen für die Morgen- und Abendöffnung vor. Wir betrachten diese Entwicklung als insgesamt positiv, weisen jedoch darauf hin, dass es damit für fast alle Bundesländer neben der Ausweitung der Rahmenöffnungszeit auch zu einer Ausweitung der Abend- und Samstagöffnung kommt. Zu begrüßen ist vor allem die Verlegung der Öffnungszeit am Morgen von 5.00 Uhr auf 6.00 Uhr.

 

In § 4 Abs 2 des bestehenden Ladenöffnungszeitengesetzes ist den Landeshauptleuten bisher eine Möglichkeit eingeräumt unter bestimmten Voraussetzungen Offenhaltezeiten mittels Verordnung festzulegen. Diese Möglichkeit würde mit der vorgeschlagenen Änderung gestrichen. Hier hat der Landeshauptmann keine Möglichkeit mehr, mittels Verordnung in die Öffnungszeiten gestaltend einzugreifen.

 

Durch die vorgeschlagene Änderung des § 4 Abs 2 würde die Offenhaltezeit bundeseinheitlich geregelt und in einigen Bundesländern massiv ausgedehnt. Für die Bundesländer Oberösterreich, Salzburg, Kärnten, Steiermark bedeutet dieser Vorschlag eine ex lege Verlagerung der Offenhaltezeiten von derzeit 19.30 Uhr auf 21.00 Uhr und an Samstagen von derzeit 17.00 Uhr auf 18.00 Uhr. Auch in den Bundesländern Wien, Burgenland und Vorarlberg wäre eine generelle Ausdehnung von derzeit einmal bzw. zweimal 21.00 pro Woche auf alle Tage gegeben. Diese per Gesetz geplante Vereinheitlichung begünstigt große Ketten und gefährdet damit die Nahversorgung. Für die im Handel beschäftigten ArbeitnehmerInnen würde das massive Änderungen/Ausweitungen bei der Arbeitszeit mit sich bringen.

 

Wir schlagen daher vor, die Öffnungszeiten bundesweit einheitlich von 6.00 Uhr bis 19.30, sowie am Samstag bis 17.00 Uhr zu regeln und den Landeshauptleuten das Recht einzuräumen, durch Verordnung die Öffnung bis 21.00 an Werktagen außer Samstag und an Samstagen bis 18.00 Uhr zu ermöglichen.

 

In § 4 Abs 3 ÖZG wird ex lege eine Offenhaltezeit von 72 Stunden statt bisher 66 Stunden geregelt. Hinsichtlich der Verkaufsstellen von Bäckereibetrieben, Naturblumen, Süßwaren und Obst kann der/die Landeshauptmann/-frau nach wie vor bestimmen, dass diese genannten Verkaufsstellen an Samstagen auch nach 18.00 Uhr offen gehalten werden können. Wünschenswert wäre für die in der Novelle § 4 Abs 3 genannten Verkaufsstellen ebenfalls eine maximale Stundenanzahl als Obergrenze einzuführen. Denkbar wären maximal 80 Stunden.

 

Die Ausdehnung der Rahmenöffnungszeit auf 72 Stunden wird dazu führen, dass zusätzliche Arbeitsleistungen in den „Randzeiten“ am Morgen und am Abend anfallen und dass die verlängerte Öffnungszeit personell abgedeckt werden muss. Bereits jetzt zeigt sich das Phänomen der „zerrissenen Arbeitstage“, das heißt, dass etliche Handelsbeschäftigte eine deutlich längere Abwesenheitszeit vom Wohnort als Arbeitszeit haben und dass diese Arbeitszeit überlange Unterbrechungen aufweist. Dieses Phänomen dürfte sich durch die geplanten Änderungen verstärken. Daher ist aus unserer Sicht eine ausdrückliche Ermächtigung für die Landeshauptleute zur Einschränkung der maximalen Öffnungszeiten unerlässlich.

 

§ 4 Abs 5 bedeutet, dass während der Sommerzeit vom/von der Landeshauptmann/-frau ein Ladenschluss nach 21.00 Uhr angeordnet werden kann. Neu ist die Formulierung, dass dies nur für besonders wichtige Tourismusorte oder touristisch besonders wichtige Teile von Orten oder für Gebiete, in denen bedeutende örtliche Veranstaltungen stattfinden, gilt.

 

Mittels dieser Bestimmung soll offenbar eine Rechtsgrundlage für Tourismusregelungen im Allgemeinen und für „Einkaufsevents“ im Besonderen geschaffen werden.

 

Dafür bedarf es auch aus unserer Sicht endlich einer sauberen Rechtsgrundlage. Die vorliegende Regelung ist aber zu unbestimmt und zu weitgehend. Besonders widersinnig erscheint uns, dass derartige Regelungen nur für den Sommertourismus nicht aber für den wirtschaftlich zumindest gleich bedeutenden Wintertourismus möglich sein sollen.

 

Der vorliegende Vorschlag würde während der Sommerzeit eine unbegrenzte Zahl an Veranstaltungen im gesamten Bundesgebiet zulassen und könnte als unbegrenzte Umgehungsregelung für die eigentliche Öffnungszeitengrenze mit 21.00 Uhr benutzt werden. Zudem wird den derzeitigen Problemstellungen im Zusammenhang mit diversen Verkaufsveranstaltungen nicht Rechnung getragen.

 

Seit einigen Jahren besteht die Praxis, so genannte „Einkaufsevents“ zu organisieren. Um ein Öffnen der Geschäfte über 21.00 hinaus zu ermögliche behalf man sich bislang mit einer legistischen „Krücke“: In einigen Landesverordnungen ist vorgesehen, dass Verkaufsstellen in unmittelbarer Nähe eines Marktes zu den Marktzeiten offen halten dürfen, wenn sie Gegenstände des Marktverkehrs verkaufen. In etlichen Marktgemeinden wurden auf Betreiben örtlicher Kaufleute durch die BürgermeisterInnen so genannte „Weitere Gelegenheitsmärkte“ im Sinne des § 286 GewO durch den/die jeweilige/n BürgermeisterIn verordnet und somit durch die Hintertür das Öffnen der Geschäfte ermöglicht.

 

Die Folge war eine extreme Nutzung dieser Möglichkeiten (z.B. wurde in Bischofshofen ein Einkaufszentrum zum Marktgebiet erklärt um eine Filialeröffnung am Feiertag zu ermöglichen), sowie das Entstehen juristischer und kollektivvertraglich ungeregelter Graubereiche.

 

Die nunmehrige Novelle bietet die Chance einer ordentlichen Regelung in Verbindung mit einer vorhergehenden kollektivvertraglichen Regelung der Rahmenbedingungen.

 

In Bezug auf die Vorschläge zum Öffnungszeitengesetz regen wir an, dass anstelle des vorliegenden § 4 Abs 5 die bisherigen Zulassungsnormen für Tourismusregelungen beibehalten werden, weil diese ausreichend sind.

 

Zusätzlich sollte eine anlassbezogene, zeitlich und örtlich begrenzte Zulassungsnorm für „Besondere Verkaufsveranstaltungen“ eingeführt werden. Die Abhaltung kann durch Kaufleute, Gemeinschaften von Kaufleuten oder Interessenverbänden beantragt und vom/von der Landeshauptmann/-frau nach Anhörung der Interessenvertretungen verordnet werden.

 

Gleichzeitig regen wir an, im Öffnungszeitengesetz die Frage des Offenhaltens von Geschäften in unmittelbarer Nähe von Märkten ebenfalls bundeseinheitlich zu regeln. Jedenfalls ist sicherzustellen, dass nicht mehr unter missbräuchlicher Anwendung des § 286 GewO in Form von „Gelegenheitsmärkten“ bundesweit geöffnet werden kann.

 

Ein entsprechender Vorschlag der GPA zu beiden Themenbereichen findet sich in der Beilage.

 

Abschließend betonen wir nochmals, dass eine sozial verträgliche Neugestaltung der Öffnungszeiten erst in Zusammenhang mit den angesprochenen Änderungen im Arbeitszeitgesetz erfolgen soll, was zeitlich auch eine vorhergehende Regelung der kollektivvertraglichen Rahmenbedingungen ermöglicht. Dies ist notwendig um für die Veränderungsprozesse auf der betrieblichen Ebene Rechtssicherheit für alle Beteiligten zu schaffen.

 

 

 

 

 

Rudolf Hundstorfer                                                                                Dr. Richard Leutner

Präsident                                                                                               Leitender Sekretär

 

Beilage


Beilage zur Stellungnahme des ÖGB

Vorschläge zur Regelung besonderer Verkaufsveranstaltungen

Abhaltung besonderer Verkaufsveranstaltungen

(1)   Auf Antrag kann der Landeshauptmann die Abhaltung einer besonderen Verkaufsveranstaltung aufgrund eines bestimmten Anlasses oder zur Belebung von Ortskernen für Verkaufsstellen von Handelsunternehmungen für bestimmte Teile eines Gemeindegebietes im jeweiligen Bundesland an Werktagen außer Samstagen bis 22:00 Uhr genehmigen. Für ein Gemeindegebiet kann eine besondere Verkaufsveranstaltung bis zum Höchstausmaß von zwei Veranstaltungen pro Kalenderjahr verordnet werden. Für die Gemeinde Wien gilt das angeführte Höchstausmaß für den jeweiligen Gemeindebezirk.

(2)   Einkaufszentren gelten nicht als Ortsteile oder Teile eines Gemeindebezirks.

(3)   Als besondere Verkaufsveranstaltungen bzw. Anlässe gelten nicht:

a)     Märkte und weitere Gelegenheitsmärkte gemäß § 286 GewO

b)     Messen und messeähnliche Veranstaltungen

(4)   Der Antrag zur Abhaltung einer weiteren Verkaufsveranstaltung kann eingebracht werden von:

a)     Der zuständigen freiwilligen oder gesetzlichen Interessenvertretung der Arbeitgeber oder der Arbeitnehmer.

b)     Vereinigungen von Handelsunternehmern oder anderen Interessenverbänden Gewerbetreibender,

c)      sowie Vereinigungen von regionaler Bedeutung, die sich zum Ziel gesetzt haben, das kulturelle oder wirtschaftliche Leben von Gemeinden zu fördern.

d)     Aufgrund einer Einigung zwischen den gesetzlichen oder freiwilligen Interessenvertretungen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber kann auch der zuständige Bürgermeister einen Antrag einbringen. Im Bundesland Wien hat dieses Recht der jeweils zuständige Bezirksvorsteher.

(5)   Der Antrag hat mindestens folgende Angaben zu enthalten:

a)     Zweck und Anlass der besonderen Verkaufsveranstaltung,

b)     die genaue Beschreibung des Gebietes in welchem die Veranstaltung abgehalten werden soll, die Zahl der betroffenen Unternehmen und die ungefähre Zahl der ArbeitnehmerInnen, welche zur Arbeitsleistung im Rahmen dieser besonderen Verkaufsveranstaltung herangezogen werden, sowie

c)      den Tag und die Öffnungszeiten für die besondere Verkaufsveranstaltung.

d)     Im Falle der Antragstellung gemäß § 6a Abs 3 lit d)  ist darüber hinaus die Einigung der angeführten Interessenvertretungen in Schriftform dem Antrag beizulegen

(6)   Sofern durch Verordnung des Landeshauptmannes nichts anderes festgelegt wurde ist der Antrag spätestens zwölf Wochen vor Abhaltung der Veranstaltung beim jeweiligen Amt der Landesregierung einzubringen.

(7)   Der Antrag auf Abhaltung einer besonderen Verkaufsveranstaltung ist nicht zu genehmigen wenn,

a)     der Antrag nicht fristgemäß oder ordnungsgemäß eingebracht wurde,

b)     der besondere Anlass für die besondere Verkaufsveranstaltung nicht gegeben erscheint,

c)      das Höchstausmaß der zulässigen Veranstaltungen für diese Gemeinde oder Teile von Gemeinden (Gemeindebezirk) bereits erreicht ist,

d)     der Antragsteller im Rahmen derartiger Veranstaltungen sich wiederholt erheblicher arbeitsrechtlicher oder gewerberechtlicher Vergehen schuldig gemacht hat,

e)     die öffentliche Ruhe und Ordnung oder der Schutz der Gesundheit von Menschen gefährdet erscheint.

f)        sich die jeweilige Gemeindevertretung mehrheitlich oder sich die gesetzlichen Interessenvertretungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer einvernehmlich gegen die Abhaltung dieser Veranstaltung aussprechen.

g)     Für diese Gemeinde aufgrund einer Verordnung des Landeshauptmannes für den beantragten Tag ein weitergehendes Offenhalten aufgrund dieses Bundesgesetzes gestattet wurde.

(8)   Die näheren Regelungen für das  Antrags- und das Genehmigungsverfahren für besondere Verkaufsveranstaltungen sind durch den Landeshauptmann im Verordnungswege zu erlassen.

(9)   Vor Erlass der Genehmigung sind die gesetzlichen Interessenvertretungen der Arbeitnehmer und Arbeitgeber anzuhören. Die Anhörungspflicht entfällt, wenn der Antrag gemeinsam von den gesetzlichen oder freiwilligen Interessenvertretungen der Arbeitgeber und Arbeitnehmer aufgrund einer bestehenden, schriftlichen Vereinbarung eingebracht wird, oder eine Antragstellung gemäß § 6a Abs 3 lit d ÖZG erfolgte.“

Sonderbestimmungen für
Verkaufsstellen in unmittelbarer Nähe von Märkten

Für das Offenhalten von Verkaufsstellen in unmittelbarer Nähe von Märkten oder marktähnliche Veranstaltungen im Sinne der jeweiligen Marktordnung sind die Bestimmungen des § 4 Öffnungszeitengesetz anzuwenden, soweit nachstehend nichts anderes bestimmt ist.

Eine weitergehende Öffnung von Verkaufsstellen in unmittelbarer Nähe des Marktgebietes zu den Marktzeiten ist nur bei ständigen, temporären Märkten oder Jahrmärkten an Werktagen gestattet, wenn ausschließlich Waren die Gegenstand des Marktverkehrs sind, angeboten und verkauft werden.