Bundesministerium für Finanzen
BMF - III/5 (III/5)
Herrn Mag. Philipp Viski Hanka
Himmelpfortgasse 4-8
Postfach 2
1015 Wien

 

Ihr Zeichen                    Ihre Nachricht vom                 Unser Zeichen     Sachbearbeiter, DW         Wien, am 25. April 2007

Mag. Hanka                   23. März 2007                        HAP                     Dr. Proidl, 211 DW                                 
                                                                                                                 E-Mail: h.proidl@veoe.at

 

Stellungnahme zum Begutachtungsverfahren über die Umsetzung der EU-Richtlinie 2004/39/EG ("MiFID")

 

 

Sehr geehrter Herr Magister,

 

wir danken für die Übermittlung des Gesetzesentwurfes vom 23. März 2007 und die Möglichkeit zur Stellungnahme.

 

Wir begrüßen grundsätzlich die richtliniennahe Umsetzung der Bestimmungen der Richtlinie 2004/39/EG über Märkte für Finanzinstrumente (im Folgenden „MiFID“) inkl. der begleitenden Regelwerke und einschlägiger Bestimmungen der Richtlinie 2006/49/EG über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten (im Folgenden „CAD“). 

 

Wir erlauben uns allerdings, auf Abweichungen zwischen MiFID und dem vorliegenden Begutachtungsentwurf in § 2 Abs. 1 Z.11 WAG (im Folgenden „Nebentätigkeitsausnahme“) hinzuweisen. Dieser Ausnahme kommt für Energieunternehmen, wie in den Erläuterungen auch explizit ausgeführt wird, besondere Bedeutung zu: Z.11 verweist auf die Neben- und Haupttätigkeiten, wobei diese Bewertung auf der Ebene der Unternehmensgruppe erfolgt. Gemäß den Erläuterungen zur Nebentätigkeitsausnahme ist die Haupttätigkeit der Energie(handels)unternehmen in der Erzeugung und Versorgung wieder zu finden. Der im Gesetzestext geforderte „sachliche Zusammenhang“ zur Haupttätigkeit wird dabei folgendermaßen präzisiert:

„Sofern derartige Dienstleistungen FÜR die Kunden der Haupttätigkeit erbracht werden, unterliegen diese Dienstleistungen der Ausnahmebestimmung.“

 

Grundsätzlich könnte hier ein bloß entfernter, mittelbarer Zusammenhang gemeint sein, andererseits wäre jedoch auch die Forderung einer direkten Zurechnung denkbar. Diese akademisch erscheinende Frage entfaltet in der von Ihnen erwähnten Verwaltung von Energieportfolios praktische Relevanz: Die vorliegende Formulierung definiert einen Ausnahmetatbestand, wenn unmittelbar „für“ die Kunden der Haupttätigkeit, in unserem Falle Stromendverbraucher, erbracht, wirft genau daher allerdings die Frage auf, wie die Versorgung des Kunden vom beschaffenden Unternehmen über ein Mitglied der Unternehmensgruppe einzuordnen ist. Wir schlagen daher vor, die über die MiFID hinausgehende Erwähnung dieses sachlichen Zusammenhangs im vorliegenden Text zu ergänzen mit: “Die für Kunden der Haupttätigkeit zu erbringenden Wertpapierdienstleistungen in Bezug auf Derivatkontrakte gemäß § 1 Z 6 lit. e bis g und j haben in einem mittelbaren oder unmittelbaren sachlichen Zusammenhang mit der Haupttätigkeit zu stehen“, um der klar ersichtlichen Absicht, der Energieversorgung dienende Tätigkeiten auch in der nationalen Umsetzung aus dem Geltungsbereich der MiFID und CAD herauszunehmen, vollends gerecht zu werden.

Damit wird sichergestellt, dass nach der Intention von MiFID und CAD europaweit einheitliche adäquate Regelungen für eine angemessene Behandlung von Energie(handels)unternehmen gefunden werden, die die spezifischen Gegebenheiten der Energiebranche einbeziehen.

 

Weiters möchten wir noch einmal, wie schon in unserer Stellungnahme zur Novelle Bankwesengesetz und begleitender Gesetze vom 2. Mai 2006, darauf hinweisen, dass die folgenden Ausnahmeregelungen, die für die Energiebranche von maßgeblicher Bedeutung sind, sich nicht in Ihren Begutachtungsentwürfen wiederfinden:

 

·         ·Artikel 45 CAD zur Ausnahme von Meldepflichten bei Großveranlagungen in Finanzinstrumenten, die in Annex I, Abschnitt C, Nr 5-10 MiFID, aufgelistet sind und

 

·         ·Artikel 48 CAD zur generellen Ausnahme von Eigenmittelberechnungen und -anforderungen für Unternehmen, deren Haupttätigkeit in Wertpapierdienstleistungen und Anlagetätigkeiten in Bezug auf Finanzinstrumente, die in Annex I, Abschnitt C, Nr. 5-10 MiFID, aufgelistet sind. Die Mitgliedstaaten sind verpflichtet, bei Vorliegen klar definierter Voraussetzungen entsprechende Ausnahmen von den Eigenkapitalanforderungen vorzusehen.

 

Diese Ausnahmeregelungen tragen insbesondere dem Umstand Rechnung, dass mit der Aufnahme von Warenderivaten in den Katalog der Finanzinstrumente nunmehr auch Warenhändler (und damit Energie(handels)unternehmen), die bis dato nur im Finanz- und Bankenbereich geltenden Eigenkapitalvorschriften erfüllen müssten, die für die Energieunternehmen nicht anwendbar sind. Aus diesem Grund wurden die Ausnahmeregelungen für Warenderivathändler in den betreffenden Richtlinien aufgenommen und dementsprechend wird die Europäische Kommission sich in naher Zukunft, spätestens aber bis zum 31. Dezember 2010, auch mit der Frage beschäftigen, ob es überhaupt angebracht ist, die Vorgaben der MiFID und damit auch der CAD auf Energie(handels)unternehmen bzw. Energieversorger anzuwenden (Art 48 Z2 lit b CAD). Bis zu diesem Zeitpunkt halten wir es für unerlässlich, eine Übergangsregelung in Form der oben angesprochenen generellen Ausnahmen zu etablieren, um nicht die Liquidität und Effizienz des Energiehandels - und damit einen wesentlichen Wettbewerbsbaustein im liberalisierten Energiemarkt - zu gefährden. Wir fordern deshalb, die Ausnahmeregelungen der Artikel 45 und 48 CAD in das Bankwesengesetz aufzunehmen.

 

 

Wir ersuchen um Berücksichtigung unserer Stellungnahme.

 

 

 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

VERBAND DER ELEKTRIZITÄTSUNTERNEHMEN
ÖSTERREICHS

 

 

 

 

 

                  GD Dr. Leo Windtner eh                         Dr. Barbara Schmidt eh

                                 Präsident                                           Generalsekretärin