An die Präsidentin des Nationalrates

Dr. Karl Renner Ring 3

1010 Wien

 

 

 

 

 

GZ: BMSK-90170/0037-III/1/2007

Wien, am 30.04.2007

 

 

 

Betreff:  UWG Novelle zur Umsetzung der EG Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (2005/20/EG)

 

 

 

Sehr geehrte Frau Präsidentin!   

 

Die Sektion Konsumentenschutz im BMSK erlaubt sich, Ihnen beiliegend die Stellungnahme des Bundesministeriums für Soziales und Konsumentenschutz zum Begutachtungsentwurf des UWG zu übermitteln.

 

Mit freundlichen Grüßen

Für den Bundesminister:

 

 

Elektronisch gefertigt.

 


 

 

 

 

 

 

Dr. Thomas Wamprechtshamer

BM für wirtschaftliche Angelegenheiten

 

 

 

 

 

GZ: BMSK-90170/0037-III/1/2007

Wien, am 30.04.2007

 

 

 

Betreff:  Begutachtung UWG-Novelle; Umsetzung der RL 29/2005

 

 

 

Das Bundesministerium für Soziales und Konsumentenschutz bedankt sich bei dieser Gelegenheit für die vorbereitenden Verhandlungen, insb. der Diskussionsveranstaltung am 22.2.2007, sowie die Übermittlung des Begutachtungsentwurfs und erlaubt sich, zum UWG-Novellen-Entwurf zur Umsetzung der RL 29/2005 (UGP) folgende Anmerkungen zu übermitteln. Es wird ersucht, diese im Sinn einer effektiven Gesetzgebung zur Sicherstellung eines fairen Wettbewerbs zum Schutz aller Marktteilnehmer entsprechend zu berücksichtigen.

 

Allgemeine Bemerkungen:

Das BMSK hält daran fest, dass bereits der aktuelle Entwurf des UWG wichtige Regelungen zur wirksamen Bekämpfung unlauterer Geschäftspraktiken enthalten müsste und erinnert noch einmal an folgende Tatsachen:

Insbesondere im Internet dauern unlautere Angebote seit ca einem Jahr in großem Ausmaß an bzw. sind massiv im Ansteigen. Das Bestehen eines Gewinnabschöpfungsanspruchs könnte hier durchaus – neben zweifellos notwendiger weiterer Verbesserungserfordernisse im Fernabsatzrecht – zielführend im Sinne einer abschreckenden Wirkung sein. 

Das Regierungsübereinkommen sieht im Bereich der Internetkriminalität, die darüber hinaus in verschiedensten Bereichen zunehmend Probleme schafft, Handlungsbedarf und sieht Maßnahmen gegen die Internetkriminalität zum Schutz der Verbraucher und der Wirtschaft vor (s. S. 148).

Kürzlich hat der Nationalrat einen Entschließungsantrag (aller 5 Parteien) zur Internetkriminalität und insb. unseriöse und rechtswidrige Internetdienste  angenommen, wonach die Bundesregierung zur Setzung von Maßnahmen aufgefordert wird (115/A(E).

Schließlich ist auch zu beachten, dass wirksame Sanktionen auch ein Gebot der RL 2005/29/EG sind (vgl Art 13 der RL).

 

Die Aussicht auf eine anschließende Neugestaltung des UWG ist zwar erfreulich. Angesichts des langen Zeithorizonts, der notwendigerweise damit verbunden sein wird (zu rechnen ist wohl mit 2-3 Jahren), ist keineswegs verständlich, warum nicht bereits jetzt Regelungen aufgenommen werden sollen, die bereits seit langem gefordert wurden und wo es bereits Vorbilder im benachbarten Ausland gibt. Das BMSK hat dem BMWA dazu bereits einen konkreten Textvorschlag für einen Gewinnabschöpfungsanspruch vorgelegt, der sich ua auch am Patentgesetz, also an bewährten österreichischen Lösungen im Wirtschaftsrecht orientiert. Dabei ist auch  auf die in § 10 dtUWG normierte Bestimmung hinzuweisen, aus deren Anwendungsschwierigkeiten unbedingt gelernt werden sollte. Eine Beschränkung auf vorsätzliches Handeln erscheint vor diesem Hintergrund nicht sinnvoll, da dies regelmäßig zu kaum überwindlichen Beweisschwierigkeiten für den Kläger führt.

 

Die Aufnahme der Gewinnabschöpfung in die aktuelle Novelle hätte überdies den Vorteil, dass in den nächsten Jahren bereits Erfahrungen gesammelt und evaluiert werden und dann bereits Eingang in ein neu gestaltetes UWG finden könnten.

 

Regelungsbedarf besteht auch hinsichtlich eines zu fordernden Auskunftsanspruches gegenüber Anbietern von Post-, Telekommunikationsdiensten und Diensten der Informationsgesellschaft auf Herausgabe von Name und Anschrift von Unternehmen (zB bei Geheimnummern, Postfächern uä). Diese Regelung wurde vom Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb vorgeschlagen und liegt dem BMWA als Textfassung, die gemeinsam mit  BAK und BMSK akkordiert wurde, vor. Die Diskussion in der AG UWG hat gezeigt, dass mit Ausnahme des BMWA und der WKÖ dieser Anspruch von allen Beteiligten befürwortet wurde.  Auch hier ist in keiner Weise verständlich, warum sich das BMWA diesbezüglich einer Verbesserung der Durchsetzung von Ansprüchen entgegenstellt.

 

Das BMWA wird daher noch einmal nachdrücklich aufgefordert, diesen beiden Forderungen, die auch unmittelbar im Lichte einer effektiven Umsetzung der RL 2005/29/EG geboten sind, nachzukommen.

 

Schließlich hat das BMSK dem BMWA während der Finalisierung des Begutachtungsentwurfs noch einen Änderungsvorschlag übermittelt, der die Urteilsveröffentlichung betrifft.

Wenn im UWG-Verbandsklagsverfahren die Urteilsveröffentlichung zugesprochen wird, muss die betreibende Partei die Kosten dafür vorweg auslegen und erhält diese ersetzt (vgl. § 25 Abs 6 UWG). Ist der Verpflichtete zahlungsschwach/zahlungsunfähig, wird der Berechtigte daher von einer Veröffentlichung Abstand nehmen.

 

Die Vorauszahlung der Kosten sollte daher in § 25 Abs 6 UWG normiert werden. Nach Vorbild des § 353 Abs 2 EO könnte in § 25 Abs 6 ein Satzteil eingefügt werden: § 25 Abs 6: Das Gericht erster Instanz hat auf Antrag der obsiegenden Partei die Kosten der Veröffentlichung festzusetzen und dem Verpflichteten die Vorauszahlung der Kosten aufzutragen."

Da keine Gelegenheit war, diese Forderung in der AG UWG zu besprechen, wird ersucht, diese spezifische, für eine effektive Durchsetzung aber wichtige Bestimmung bei der Sitzung am 7.5.2007 zu besprechen.

 

Zu den einzelnen Bestimmungen:  

 

Zu § 1  Abs 1 Z 1

In den Verhandlungen im Rahmen der Arbeitsgruppe UWG zur Umsetzung der UGP-RL war es einhelliges Ziel der Umsetzung, den umfassenden und einheitlichen (dh nicht zwischen B2B und B2C differenzierenden) Ansatz des UWG beizubehalten, obwohl die RL UGP nur das Verhältnis B2C erfasst. Dies impliziert auch eine umfassende Betrachtung der Wettbewerbsbeeinträchtigung, wie sie derzeit von Lehre und Rechtsprechung gesehen wird und von einer Schutzzwecktrias, zu der auch die VerbraucherInnen und die Allgemeinheit (Wiltschek, Kommentar UWG zu

§ 1, Rz 429) zu zählen sind, ausgeht.

Um die Spaltung des UWG durch die Umsetzung der UGP-RL auf ein Mindestmaß zu beschränken und so eine weitgehende Kohärenz des Gesetzes zu wahren, sollte der Anwendungsbereich der Generalklausel vor diesem Hintergrund beibehalten werden. Man könnte sich entweder an § 1 des deutschen UWG orientieren („Dieses Gesetz dient dem Schutz der Mitbewerber, der Verbraucherinnen und Verbraucher  sowie der sonstigen Marktteilnehmer“) oder den Begriff „Marktteilnehmer“ (statt „Unternehmer“) verwenden, wie dies auch die früheren Entwürfe vorgesehen haben.

 

Das Argument, das zur Ersetzung des Begriffs  Unternehmer  durch Marktteilnehmer geführt hat, nämlich dass dies mit dem Anwendungsbereich der RL 2005/29/EG nicht vereinbar wäre, da hier keine Beeinträchtigung des Wettbewerbs verlangt werden darf, ist nicht stichhaltig, solange in § 1 Abs 1 Z 2 auf dieses Kriterium verzichtet und damit dem Anwendungsbereich der RL Rechnung getragen wird. Zutreffend ist, dass durch die Bezugnahme auf Marktteilnehmer eine Überschneidung von § 1 ABs 1 Z 1 und Z 2 entstehen kann, die uE allerdings unschädlich ist bzw im Gegenteil im Lichte des Ziels der AG UWG geradezu gewollt ist.

Insbesondere für die Figur des Rechtsbruchs, deren Subsumtion unter die Richtlinie 2005/29/EG zumindest unklar ist, ist es wichtig, diesen bisherigen Anwendungsbereich beizubehalten.

Es gibt Schutzgesetze für Verbraucher, die unabhängig von einer Beeinflussung  des konkreten Verbraucherverhaltens bestehen: Hier wäre zB die Insolvenzabsicherung bei Pauschalreisen zu nennen, das das Vermögen des Verbrauchers vor einer Insolvenz des Reiseveranstalters unabhängig davon schützt ob der Reisende sich des Problems des möglichen Anzahlungsverlustes überhaupt bewusst ist. Ebenso bestehen verbraucherrelevante Verbote bzw Ausübungsvorschriften aufgrund der Gewerbeordnung (zB das Versandhandelsverbot gem. § 50 Abs 2 GewO, das Aufsuchen von Privatpersonen zu bestimmten Zwecken oder die Entgegennahme von Bestellungen gem. § 57 und 59 GewO, Ausübungsvorschriften für Piercen und Tätowieren (VO gem. § 69 Abs 1 GewO)).  

Abhängig von der Weiterentwicklung der Rechtsprechung zum Rechtsbruch kommt es in derartigen Fällen zu einer Verminderung des derzeit bestehenden Schutzniveaus: § 1 Abs 1 Z 1 ist in der Fassung des Begutachtungsentwurfs nur mehr auf B2B Praktiken, die sich unmittelbar an Mitbewerber richten, anzuwenden;  § 1 Abs 1 Z 2 ist nur anzuwenden, wenn eine Kaufentscheidung des Verbrauchers wesentlich beeinflusst wird. Alle anderen Formen des Rechtsbruchs (s. Beispiel oben) wären nicht mehr ahndbar.

Zusammenfassend sollte daher der Begriff „Unternehmer“ durch „Marktteilnehmer“ ersetzt werden.

 

 Es handelt sich dabei nicht um eine Ausweitung des Verbraucherschutzes über bestehendes Recht hinaus, da nur die auch bisher vom UWG erfasste Unlauterkeit gegen den Wettbewerb zu Lasten von Verbrauchern abgedeckt ist.

 

Zu § 1 Abs 2:

Der letzte eingeschobene Halbsatz „die für den Unternehmer vernünftigerweise vorhersehbar ist“, bezieht sich sprachlich auf die Gruppe, sollte sich aber auf das wirtschaftliche Verhalten beziehen.

Der Satz muss daher lauten: …so ist das wirtschaftliche Verhalten, das für den Unternehmer vernünftigerweise vorhersehbar ist, aus der Perspektive eines durchschnittlichen Mitglieds dieser Gruppe zu beurteilen.

 

Weiters wird ersucht, den Begriff „Gebrechen“ durch „Beeinträchtigungen zu ersetzen.

 

Zu § 1 Abs 4 Z.5

Die Begriffserklärung „Aufforderung zum Kauf“ wäre entsprechend dem Richtlinientext  zu ergänzen, da sie in der vorliegenden Fassung nicht verständlich ist:

Jede kommerzielle Kommunikation, welche die  „Merkmale des Produkts und den Preis in einer Weise angibt“,…

 

Zu § 1 Abs 4 Ziffer 6 letzte Zeile:

Wir erlauben uns, auf einen Tippfehler beim Wort „einschränkt“ hinzuweisen. Es wäre um „ge“ zu ergänzen, sodass es im Kontext „wesentlich eingeschränkt wird“ heißt.

 

Zu § 1a Abs 1, 2. Zeile:

Im Lichte der Diskussion am 22.2.2007, wonach die befürchtete Spaltung des UWG in Verbraucherangelegenheiten und Unternehmerangelegenheiten aus Gründen der Kohärenz des Gesetzes möglichst gering gehalten werde soll, erlauben wir uns darauf hinzuweisen, dass aus Verbrauchersicht kein Einwand gegen die Verwendung des Begriffs „Marktteilnehmers“ (statt „Durchschnittsverbraucher“) – wie dies im Verhandlungsprozess überlegt wurde - bestehen würde.

 

Zu § 1a

Der nunmehr vorgeschlagene Art 1a enthält keine vollständige Umsetzung des Art 9. Die dort genannten Verhaltensweisen sind zum Teil strafrechtlich sanktioniert, wodurch sich eine zusätzliche Unterlassungsverpflichtung erübrigt.

Hinsichtlich der in

1.      lit a angeführten Kriterien „Zeitpunkt, Ort, Art und Dauer des Einsatzes“ der Belästigung, Nötigung oder unzulässigen Beeinflussung sowie der unter

2.      lit c) normierten Ausnützung einer Unglücksituation wäre aber jedenfalls Umsetzungsbedarf gegeben.

 

Zu § 2

Da die in Abs 3 vorgenommene Normierung keine sichtbare Abweichung von dem Grundtatbestand des  § Abs 1  aufweist, wird vorgeschlagen, die Ziffern 1 und 2 in Abs 1 zu integrieren.

 

Zu § 2 Abs 6 Z.2

Um eine Normierung in Einklang mit den Bestimmungen des § 5 c KSchG und § 5 ECG zu erreichen, wird vorgeschlagen, den angeführten Namen noch um einen Klammerausdruck „(Firma)“ zu ergänzen, sodass es heißt:

Name (Firma) und geographische Anschrift des Unternehmens….

 

Zu § 14

Die Erweiterung der Klagebefugnis des Vereins für Konsumenteninformation ist zwar zu begrüßen. Die Formulierung in §14 Abs 1 ist allerdings insofern unklar, als sie so verstanden werden könnte, dass die unlauteren Geschäftspraktiken im Sinne von § 1 Abs 1 Z 1 (die ja neben irreführenden und aggressiven GP auch „sonstige“ unlautere Praktiken umfasst) auf irreführende und aggressive Geschäftspraktiken eingeschränkt wäre. Diesfalls wäre keine richtlinienkonforme Umsetzung gegeben.

Der Anwendungsbereich der RL umfasst unlautere Praktiken, das sind insbesondere irreführende und aggressive Praktiken; daneben kann es auch sonstige unlautere Praktiken geben.

Der VKI ist die einzige ausschließlich und umfassend Konsumenteninteressen wahrnehmende Organisation, weshalb eine Klagsbefugnis uE im Sinne der RL geboten ist (vgl Art 11 Abs 1 der RL). Eine Klagsbefugnis der Bundesarbeitskammer kann nicht als ausreichend erachtet werden. Die Bundesarbeitskammer vertritt nicht nur nicht alle Verbraucher, sondern kann bei der Wahrnehmung der Verbraucherinteressen auch in Interessenskonflikte mit Arbeitnehmern kommen.

Um dieses Umsetzungsmanko zu beseitigen, müsste in § 14 Abs 1 und Abs 2 zumindest die Wendung „aggressiver und irreführender Geschäftspraktiken“ durch „unlauterer Geschäftspraktiken ersetzt werden.

Darüber hinaus wird im Sinne der Rechtssicherheit nachdrücklich gefordert, die Klagsbefugnis des VKI wie jene der Bundesarbeitskammer auf § 1 insgesamt auszuweiten, um Abgrenzungsschwierigkeiten zu vermeiden und die Einheitlichkeit der Rechtsprechung, die bislang nur zu § 1 Abs 1 Z 1 entwickelt wurde,  sicherzustellen. 

 

Zum Anhang:

Der Anhang differenziert ebenso wie die Richtlinie 2005/29/EG zwischen irreführenden und aggressiven Praktiken, ohne dass eine erkennbare damit verbundene Rechtsfolge verbunden wäre. In Verbindung mit § 4 UWG, der die Versendung irreführender Mitteilungen unter bestimmten Bedingungen als

gerichtlichen Straftatbestand qualifiziert, könnte diese Differenzierung allerdings zu ungewünschten Konsequenzen führen. Dieser Tatbestand wird nämlich im Anhang nicht als irreführende, sondern als aggressive Geschäftspraktik bezeichnet (Z 8 der aggressiven Geschäftspraktiken). Die Erläuterungen enthalten zwar die Aussage, dass die Bezeichnung im Anhang keine Auswirkungen auf eine Subsumtion unter §§ 1a, 2 oder 4 UWG habe. Da aber der Wortlaut des Gesetzes so klar gegen diese Aussage spricht und im Lichte der Tatsache, dass die RL keinerlei Konsequenzen an die Bezeichnung hängt, wird noch einmal dringend empfohlen, die Überschriften „irreführende“ und „aggressive“ Geschäftspraktiken im Anhang zu streichen und durch „unlautere Geschäftspraktiken“ zu ersetzen.

 

Zu Z 8 der aggressiven Geschäftspraktiken im Anhang:

In Buchstabe a beginnt der Satz mit „wobei“. Dieses bezieht sich aber sowohl auf Buchstabe a als auch b, sodass es voranzustellen wäre:

„…Vorteil gewinnen, wobei

a)…

b)…“

 

Mit freundlichen Grüßen

Für den Bundesminister:

 

Elektronisch gefertigt.