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BMWA-56.121/0001-C1/4/2007 Rp  21/07/MSt/Va/            4296                  04.05.2007

2.04.2007

 

 

UWG-Novelle 2007, Stellungnahme

 

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Die Wirtschaftskammer Österreich gibt zum gegenständlichen Entwurf für eine Novelle des UWG folgende Stellungnahme ab:

 

Allgemeine Bemerkungen

Zunächst ist dankend anzuerkennen, dass das BMWA den vorliegenden Gesetzesentwurf in einer sehr sorgfältigen Weise vorbereitet und sich um eine sachgerechte Umsetzung der RL über unlautere Geschäftspraktiken(RL) bemüht hat, die – wie bekannt – doch einige Schwächen aufweist bzw andere Ansätze als das geltende österreichische UWG verfolgt.

 

Es ist auch ausdrücklich zu begrüßen, dass sich das BMWA mit dem vorliegenden Vorschlag auf eine Umsetzung der RL beschränkt und nicht durch die RL vorgegebene Aspekte im Interesse einer fundierten, sachlichen und ohne Zeitdruck zu führenden Diskussion einem umfassenderen Reformprojekt vorbehalten möchte.

 

Zu den einzelnen Bestimmungen ist Folgendes anzumerken:

 

Zu § 1 Abs 1

Die WKÖ bekennt sich zu einem funktionierenden Schutz gegen unlauteren Wettbewerb und betont die Wichtigkeit des Rechtes gegen unlauteren Wettbewerb im Interesse und zum Schutz von Unternehmen, die sich im Wettbewerb gesetzeskonform verhalten. Das österreichische UWG hatte – historisch gesehen – ursprünglich vorrangig den Schutz von Unternehmen gegen sittenwidrig handelnde Mitbewerber zum Ziel, auch wenn es unzweifelhaft ist, dass es heute auch dem Verbraucherschutz dient.

 

Die UGP-RL verfolgt – was auch seitens der WKÖ immer kritisiert wurde – im Gegensatz dazu allerdings einen anderen Ansatz und sieht als Ziel vorrangig bzw ausschließlich den Schutz von Verbrauchern vor. Aus unserer Sicht ist es daher wichtig, dass die Umsetzung der RL nicht dazu führt, das bestehende Recht gegen unlauteren Wettbewerb auf den Verbraucherschutzaspekt zu beschränken bzw den Schutz von Unternehmen einzuschränken. Diesem Anliegen möchte der Entwurf auch unzweifelhaft Rechnung tragen. Die Aufrechterhaltung des status quo soll daher durch die Bestimmung des § 1 Abs 1 Z 1 sichergestellt werden. Es wird zwar auch in Z 1 der Begriff „sittenwidrige Handlungen“ durch „unlautere Geschäftspraktiken“ ersetzt, es sollen aber – wie auch die EB ausführen – entsprechend der bisherigen Rechtssprechung Tatbestände wie zB sittenwidriger Rechtsbruch, Behinderung, Eindringen in fremde Kundenkreise etc. weiterhin vom UWG erfasst werden.

 

Der Begriff „Geschäftspraktik“ ist nach der RL-Definition relativ strikt gefasst und stellt auf Handlungen ab, die unmittelbar mit der Absatzförderung zusammenhängen. Bisher von § 1 UWG erfasste, dem Unternehmerschutz dienende Tatbestände wie zB „sittenwidriges Abwerben von Mitarbeitern“, zielen allerdings nicht unmittelbar, sondern allenfalls mittelbar auf die Absatzförderung ab. Der Entwurf trägt diesem Aspekt durch die in § 1 Abs 4 Z 2 vorgesehene Definition Rechnung, wonach es im durch die RL nicht geregelten Bereich auch nur auf den mittelbaren Zusammenhang mit der Absatzförderung ankommen soll.

 

Um das Ziel, nämlich die Beibehaltung der bestehenden Rechtslage außerhalb des Anwendungsbereiches der RL, noch klarer zum Ausdruck zu bringen sollte aus unserer Sicht – anstelle der vom BMWA vorgeschlagenen Lösung über die Definition von Geschäftspraktik – allerdings in Z 1 des § 1 Abs 1 auch auf sonstige unlautere Handlungen abgestellt werden. In diesem Sinne sollte § 1 Abs 1 somit lauten

 

§ 1. (1) Wer im geschäftlichen Verkehr

        1. eine unlautere Geschäftspraktik oder sonstige unlautere Handlung anwendet, die geeignet ist, den Wettbewerb zum Nachteil von Unternehmen nicht nur unerheblich zu beeinflussen, oder

           2. eine unlautere Geschäftspraktik anwendet, die in Bezug auf das jeweilige Produkt geeignet ist, das wirtschaftliche Verhalten des Durchschnittsverbrauchers, den sie erreicht oder an den sie sich richtet, wesentlich zu beeinflussen, kann auf Unterlassung und bei Verschulden auf Schadenersatz in Anspruch genommen werden.“

 

Dementsprechend wäre in § 1 Abs 4 Z 2 die Bezugnahme auf den durch die RL nicht geregelten Bereich zu streichen.

 

Zu § 1a – Aggressive Geschäftspraktiken

Mit der Bestimmung über aggressive Geschäftspraktiken werden die Art 8 und 9 der RL umgesetzt. § 1a erfasst aggressive Geschäftspraktiken nur gegenüber Verbrauchern. Aus unserer Sicht ist es wichtig, dass aggressiven Geschäftspraktiken auch gegenüber Unternehmen auf Basis des UWG Einhalt geboten werden kann. Die EB zu § 1a führen aus, dass aggressive Geschäftspraktiken, die gegen Unternehmen gerichtet sind, unter die Generalklausel des § 1 Abs 1 Z 1 fallen sollen. Es wäre wünschenswert, dass der Schutz von Unternehmen im Interesse von KMU und EPU auch in § 1a ausdrücklich zum Ausdruck kommt. Aus unserer Sicht schiene es allerdings überzogen, die Bestimmung des § 1a Abs 2 (Berücksichtigung von Hindernissen nicht vertraglicher Art, mit denen die Ausübung vertraglicher Rechte verhindert werden soll) auch im B2B-Verhältnis zu verankern. Die gesetzliche Verankerung auch des Schutzes von Unternehmen vor aggressiven Geschäftspraktiken könnte in der folgenden Form erfolgen:

 

„Aggressive Geschäftspraktiken

     § 1a. (1) Eine Geschäftspraktik gilt als aggressiv, wenn sie geeignet ist, die Entscheidungs- oder Verhaltensfreiheit eines Markteilnehmers in Bezug auf das Produkt durch Belästigung, Nötigung oder durch unzulässige Beeinflussung erheblich zu beeinträchtigen und ihn dazu zu veranlassen, eine geschäftliche Entscheidung zu treffen, die er andernfalls nicht getroffen hätte.

     (2) Bei der Feststellung, ob gegenüber einem Verbraucher eine aggressive Geschäftspraktik vorliegt, ist insbesondere auch auf belastende oder unverhältnismäßige Hindernisse nichtvertraglicher Art abzustellen, mit denen der Unternehmer den Verbraucher an der Ausübung seiner vertraglichen Rechte – insbesondere am Recht, den Vertrag zu kündigen oder zu einem anderen Produkt oder einem anderen Unternehmen zu wechseln – zu hindern versucht.

     (3) Jedenfalls als aggressiv gelten die im Anhang unter Punkt 24-31 angeführten aggressiven Geschäftspraktiken gegenüber Verbrauchern.“

 

Zu § 2 – Irreführende Geschäftspraktiken

Die Umsetzung der UGP-RL, die eine Vollharmonisierung vorsieht, erfordert auch eine Änderung des § 2 über irreführende Geschäftspraktiken. Dies hat auch zum Entfall des in der bisherigen demonstrativen Auflistung enthaltenen Tatbestandes der Irreführung über den Ursprung einer Ware geführt. Es sollte aus unserer Sicht zumindest in den EB klargestellt werden, dass irreführende Herkunftsangaben auch weiterhin von § 2 erfasst werden und zwar von der Z 2 (wesentliche Merkmale des Produktes).

 

In § 2 Abs 6 des Entwurfes werden jene Informationen angeführt, die bei einer Aufforderung zum Kauf als wesentlich im Sinne des § 2 Abs 4 gelten. Dem Text des Abs 6 ist allerdings eine Einschränkung im Hinblick auf das verwendete Kommunikationsmittel nicht deutlich zu entnehmen. Es wäre wünschenswert diesen Aspekt auch im Gesetzestext in Abs 6 Rechnung zu tragen.

 

Zu § 14

Aus unserer Sicht erfordert die gegenständliche RL keinesfalls die Verankerung einer Klagslegitimation des Vereins für Konsumenteninformation. Die Klagsbefugnis der Bundesarbeitskammer für Arbeiter und Angestellte trägt den europarechtlichen Vorgaben im ausreichenden Masse Rechnung. Wir weisen zudem darauf hin, dass unlängst der Kreis der klagsbefugten Einrichtungen durch die Aufnahme der Bundeswettbewerbsbehörde erweitert wurde. Der letzte Satz des § 14 Abs 1 wäre zu streichen.

 

Aus unserer Sicht wäre es jedenfalls erforderlich, über Alternativen zur Klagsbefugnis des VKI zu diskutieren.

 

Zum Anhang – Irreführende Geschäftspraktiken

Bei den Z 6 und 7 dürfte es zu einer fehlerhaften Nummerierung gekommen sein.

 

Zum Anhang – Aggressive Geschäftspraktiken

Die Bundessparte Information und Consulting (BSIC) hat im Hinblick auf die Z 3 (Anrufe zu Werbezwecken) Folgendes herangetragen:

 

Nach § 107 Telekommunikationsgesetz sind Anrufe zu Werbezwecken ohne vorherige Einwilligung des Teilnehmers unzulässig. Diese Bestimmung ist nicht durch eine EU-rechtliche Regelung erforderlich. Die DatenschutzRL für elektronische Kommunikation (2002/58/EG) verlangt lediglich, dass die Mitgliedstaaten eine vorherige Einwilligung für die Verwendung von automatischen Anrufsystemen ohne menschlichen Eingriff vorsehen.

 

Die RL 2005/29/EG über unlautere Geschäftspraktiken sieht im rechtsverbindlichen Anhang vor, dass ausschließlich Werben durch hartnäckiges und unerwünschtes Ansprechen über Telefon […] als verbotene aggressive Geschäftspraktik gilt (Z 26 Anhang I zur RL). Somit wäre nach der RL über unlautere Geschäftspraktiken Telefonwerbung, die nicht die Grenze der Hartnäckigkeit erreicht, zulässig.

 

Die RL über unlautere Geschäftspraktiken zielt auf eine Vollharmonisierung ab. Die Mitgliedsstaaten dürfen nicht strengere nationale Vorschriften erlassen. Die Ausnahme des Art. 3 Abs 5 der RL ermöglicht zwar ein Beibehalten strengerer Vorschriften für einen Zeitraum von bis zu sechs Jahren. Die Inanspruchnahme dieser Regelung erfordert allerdings eine Verhältnismäßigkeit.

 

Aus Sicht der BSIC muss die Vorschrift des § 107 TKG der RL über unlautere Geschäftspraktiken angepasst werden, sodass Telefonwerbung grundsätzlich erlaubt ist. Da die Herstellung eines richtlinienkonformen Rechtszustandes in sechs Jahren die gleichen Auswirkungen entfaltet wie zum jetzigen Zeitpunkt, wäre die Beibehaltung dieser Vorschrift jedenfalls unverhältnismäßig.

 

Als klare Maßnahme zur Umsetzung der Richtlinie fordert die BSIC eine Novelle des TKG im Zuge der vorliegenden UWG Novelle 2007. Die WKÖ ist der Auffassung, dass diese Frage ohne Zweifel einer legistischen Klarstellung bedarf.

 

 

 

Die Stellungnahme wurde auch an begutachtungsverfahren@parlament.gv.at übermittelt.

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

 

 

Dr. Christoph Leitl                                                                  Dr. Reinhold Mitterlehner

Präsident                                                                                     Generalsekretär-Stv.