Amt der Wiener Landesregierung

 

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MD-VD - 956-1/07                                                            Wien, 20. Juli 2007

Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem

die Gewerbeordnung 1994 geändert wird;

Begutachtung;

Stellungnahme

 

zu BMWA-30.680/0002-I/7/2007

 

 

An das

Bundesministerium für

Wirtschaft und Arbeit

 

 

Zu dem mit Schreiben vom 22. Mai 2007 übermittelten Entwurf eines Bundesgesetzes wird nach Anhörung des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien wie folgt Stellung genommen:

 

Zu § 13:

 

Anlässlich der Gewerbereferententagung 2006 wurde von Seiten des Bundeslandes Wien in Pkt. 6 bereits das Problem dargestellt, dass den Gewerbebehörden faktisch nur „nicht der beschränkten Auskunftspflicht unterliegende“ Verurteilungen zugänglich sind und die Vollziehung des § 13 Abs. 1 GewO 1994 daher im Bereich von Freiheits-

strafen unter drei Monaten nicht lückenlos gewährleistet ist. Es wird daher ersucht, die von Seiten des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit seinerzeit zugesagten Bemühungen um eine Änderung des Tilgungsgesetztes 1972 weiter zu verfolgen.

 

Zu den Gewerbeausschlussgründen des § 13 Abs. 5 GewO wäre weiters eine Regelung zu Frage wünschenswert, ob ein Gewerbeausschluss auch dann vorliegt, wenn es nach der erfolgten rechtskräftigen Abweisung des Konkursantrages mangels eines zur Deckung der Kosten des Konkursverfahrens voraussichtlich hinreichenden Vermögens später doch noch zur Eröffnung des Konkursverfahrens kommt (und dieses nicht wieder in der Folge wegen Vermögenslosigkeit eingestellt wird). Schließlich bedarf auch die Behandlung des Schuldenregulierungsverfahrens im gegebenen Zusammenhang einer gesetzlichen Klarstellung.

 

Die Vollziehung des § 13 Abs. 5 wird insofern zu Schwierigkeiten führen, als es für Strafen nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz bislang kein Strafregister gibt und die Gewerbebehörden daher etwa im Rahmen einer Gewerbeanmeldung nicht prüfen können, ob ein derartiger Ausschlussgrund tatsächlich vorliegt. Schließlich müsste wohl bei jeder Gewerbeanmeldung einer natürlichen Person ein historischer Firmenbuchauszug angefordert werden, was zu unvertretbarem bürokratischen Aufwand und entsprechenden Mehrkosten führen würde.

 

Solange daher für die Gewerbebehörden keine  Ersichtlichmachung von Strafen nach dem Verbandsverantwortlichkeitsgesetz gewährleistet ist, wird eine Implementierung dieses Gesetzes in das System des § 13 GewO strikt abgelehnt.

 

Wenn im § 13 Abs. 5 Z 1 bzw. Abs. 7 Z 1 auf den „Zeitpunkt der Verwirklichung“ von Ausschlusstatbeständen abgestellt wird, ist nicht klar, ob damit der Zeitpunkt der Begehung eines Delikts im Sinne des § 13 Abs. 1 oder der Zeitpunkt des Eintritts der Rechtskraft der entsprechenden gerichtlichen Verurteilung gemeint ist. Ist wird ersucht, dies in den Erläuterungen klar zu stellen.

 

Ferner wird angeregt, im letzten Satz des § 13 Abs. 5 bzw. Abs. 7 nicht nur auf das Gewerbe der Versicherungsvermittlung, sondern - wie etwa im § 13 Abs. 4 - auf Gewerbe, die Tätigkeiten der Versicherungsvermittlung beinhalten, abzustellen.

 

Zu § 14 Abs. 2:

 

Der gängigen mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit  akkordierten Vollzugspraxis folgend wird ersucht, das Wort Bescheinigung durch „Feststellungsbescheid“ zu ersetzen.

 

Zu § 14 Abs. 3:

 

Es wird angeregt, den Begriff der „Familienangehörigen“ im Sinne des Art 2 Z 2 der RL 2004/38 EG im Gesetz (zumindest durch einen Hinweis auf die betreffende Richtlinie) näher zu bestimmen.

 

Zu § 20 Abs. 3a:

 

Diese Bestimmung wird als überschießend empfunden, zumal der dadurch verursachte bürokratische Aufwand in keinerlei Verhältnis zum Schutzzweck der Norm steht. Da der Gesetzgeber kein Verfahren zur Verleihung des Gütesiegels vorsieht (siehe dazu die Erläuternden Bemerkungen), ist nicht verständlich, weshalb bei Wegfall der Voraussetzungen des § 20 Abs. 3 ein eigenes, aufwändiges Entziehungsverfahren durchzuführen ist.

 

Dem intendierten Schutzzweck der Norm könnte nach Ansicht des Amtes der Wiener Landesregierung auch durch eine entsprechende Strafbestimmung Genüge getan werden. Ferner könnten entsprechende Verstöße wohl auch nach den einschlägigen wettbewerbsrechtlichen Bestimmungen verfolgt werden.

 

Es wird daher im Sinne des Effizienzgebots angeregt, diesen Absatz zu streichen.


Zu § 87 Abs. 7:

 

Auf Grund des klaren Wortlautes dieser Bestimmung geht das Amt der Wiener Landesregierung davon aus, dass die Gerichte nicht nur bei Nichteröffnung des Konkurses mangels Kostendeckung gemäß § 13 Abs. 3 Z 1 GewO eine Mitteilungspflicht trifft. Es wird daher angeregt, dies in den Erläuternden Bemerkungen zu dieser Bestimmung klar zu stellen, zumal auch die Fälle des § 13 Abs. 4 (Konkurseröffnung etc.) gemeint sein dürften.

 

Zu § 93 Abs. 2 :

 

Diese Bestimmung lässt offen, wie die Gewerbebehörden bei „im Wege der Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft“ angezeigten Meldungen tatsächlich Kenntnis von der erfolgten Ruhendmeldung bzw. Wiederaufnahme der Gewerbeausübung erlangen. Es wird daher angeregt, nach dem Strichpunkt des ersten Satzes folgende Formulierung einzufügen:

 

„Die jeweilige Landeskammer der gewerblichen Wirtschaft ist verpflichtet, bei ihr eingelangte Anzeigen unverzüglich an die zuständige Gewerbebehörde weiter zu leiten.“

 

Zu § 116 Abs. 5:

 

Es wird angeregt, insbesondere den Begriff der „Eignung“ im Sinne einer einheitlichen Vollziehung dieser Bestimmung einer näheren Erläuterung im Gesetz zuzuführen.

 

Zu § 117 Abs. 7:

 

Diese Bestimmung wirft insbesondere folgende Fragen auf:

 

Nach der derzeitigen Formulierung des § 117 Abs. 7 ist im Zusammenhang mit der Übergangsbestimmung des § 382 Abs. 30 davon auszugehen, dass nur Personen, welche das Gewerbe nach In Kraft Treten der Novelle das Gewerbe neu anmelden, eine entsprechende Haftpflichtversicherung benötigen. Da dieses Ergebnis wohl nicht im Sinne des Gesetzgebers ist, wird angeregt, für Inhaber bereits bestehender Gewerbeberechtigungen insofern eine Übergangsbestimmung zu schaffen, als diese etwa bis sechs Monate nach In Kraft Treten der Novelle das Bestehen einer solchen Versicherung nachweisen müssen. Ferner wäre im Gesetz klar zu stellen, wie mit solchen Gewerbetreibenden zu verfahren ist, welche innerhalb dieser Frist keine Versicherung nachweisen. Denkbar wäre etwa die Einleitung eines Entziehungsverfahrens.

 

Der bloße Hinweis auf die sinngemäße Anwendbarkeit der Bestimmungen des § 137c Abs 3 bis 5 ist zum einen aus legistischen Gründen abzulehnen. Zum anderen ist etwa unklar, ob ein eigenes Verzeichnis für Immobilientreuhänder (nach Muster des Versicherungsvermittlerregisters) geführt werden soll bzw. ob auch der Nachweis getrennter Kundenkonten zu führen ist. Sollte kein eigenes Register für Immobilientreuhänder geplant sein (wovon ausgegangen wird), so erscheint wiederum fraglich, wie etwa bei Wegfall einer Versicherung vorzugehen ist.

 

Die im Entwurf vorgenommene sinngemäße Anwendbarmachung des § 137c Abs. 3 bis 5 wird daher abgelehnt. Vielmehr sollten aus Rechtssicherheitsgründen ausdrückliche gesetzliche Regelungen für Immobilientreuhänder geschaffen werden.

 

Schließlich wird angeregt im Gesetz Aussagen darüber zu treffen, wie bei Ruhendmeldung bzw. Wiederbetriebsmeldung des Gewerbes der Immobilientreuhänder vorzugehen ist.

 

Zu § 137d:

 

Es wird darauf hingewiesen, dass der Vollzug dieser Bestimmung für die Bezirksverwaltungsbehörden mit zusätzlichem personellem und administrativem Aufwand verbunden ist. Auch bleiben die in Aussicht genommen Vollzugsmodalitäten - insbesondere was die notwendigen, seitens des Bundes beizustellenden technischen Voraussetzungen anbelangt - im Dunkeln.


Zu § 156:

 

Bemerkt wird, dass es sich bei den in Rede stehenden Gewerbetreibenden um solche handeln dürfte, die in den Anwendungsbereich des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes 1996 fallen. Es kann daher prima vista nicht nachvollzogen werden, weshalb die diesbezüglichen Bestimmungen in der Gewerbeordnung 1994 Niederschlag finden. Da das Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit jedoch vom Bestehen eines solchen freien Gewerbes auszugehen scheint, wird um kurze Erläuterung in den Materialien ersucht. 

 

Ferner wird aus systematischen Gründen angeregt, eine Regelung der Haftungshöchstbeträge anstatt eines Verweises auf das EKHG explizit in § 156 GewO aufzunehmen.

 

Schließlich ist völlig offen, ob es sich um eine Antrittsvoraussetzung (wie etwa bei den Immobilientreuhändern und Versicherungsvermittlern) oder um eine bloße Ausübungsvorschrift handelt. Im ersteren Fall wären entsprechende Klarstellungen zu treffen bzw. wird diesbezüglich auch auf die Stellungnahme zu § 117 Abs. 7 verwiesen.

 

Zu § 340 Abs. 1 letzter Satz:

 

Diese Bestimmung wird entschieden abgelehnt. Zum einen bieten sowohl die geltenden Verwaltungsstrafbestimmungen der Gewerbeordnung 1994 als auch das Wettbewerbsrecht ausreichend Möglichkeiten, dem KonsumentInnenschutz Genüge zu tun. Das Genauigkeitsgebot des § 339 GewO 1994 bietet den Gewerbebehörden auch ausreichend Möglichkeiten, irreführende bzw. unverständliche Gewerbewortlaute hintan zu halten. Ferner bedeutet diese Bestimmung auf Grund der im neuen UGB vorgenommenen Liberalisierung im Bereich der Firmenwortlaute einen massiven Rückschritt.

 

Die derzeitige Formulierung würde mit großer Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass mehr als die Hälfte der Gewerbeanmeldungen im Firmenbuch eingetragener Unternehmer negativ entschieden werden müsste. Ob dies im Interesse des Wirtschaftsstandortes Österreich gelegen ist, darf bezweifelt  werden. 

 

Zu § 369 GewO:

 

Der verwendete Begriff des „wirtschaftlichen Eigentümers“ ist unklar. Um eine gesetzliche Grundlage dafür zu schaffen, dass auch Gegenstände für verfallen erklärt werden können, die nicht im Eigentum des Täters oder eines Mitschuldigen stehen, wäre es ausreichend, den expliziten Verweis auf den Strafcharakter des Verfalles aus § 369 GewO zu streichen und generell den Ausspruch des Verfalls bestimmter Gegenstände für zulässig zu erklären. Diesfalls wäre es auch möglich, ohne Bestrafung einer konkreten Person unter den Voraussetzungen des § 17 Abs. 3 VStG den Verfall auszusprechen.

 

Zu § 373h:

 

Im Sinne einer einheitlichen Vollziehung dieser an Bedeutung zunehmenden Bestimmung der Gewerbeordnung wird angeregt, seitens des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit entweder im Wege einer eigenen Verordnung (wie etwa im neuen § 20a Abs. 3 letzter Satz GewO 1994) Regelungen über die nähere Ausgestaltung solcher Bescheinigungen zu treffen. Die in Aussicht genommene Formulierung des § 373h lässt den Bezirksverwaltungsbehörden bei der Gestaltung von Bescheinigungen unnötigerweise sehr großen Spielraum, weshalb nicht zuletzt auch im Interesse der betroffenen Unternehmer koordinierende Maßahmen des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit für sinnvoll erachtet werden.

 

 

                                                                      Für den Landesamtsdirektor:

 

 

 

Mag. Jürgen Fischer                                          Mag. Robert Hejkrlik

                                                                                       Senatsrat


Ergeht an:

1.  Präsidium des Nationalrates

 

2.  alle Ämter der Landes-

regierungen

 

3.  Verbindungsstelle der

Bundesländer

 

4.  MA 63

(zu MA 63 - 4203/07)

mit dem Ersuchen um Weiter-

leitung an die einbezogenen

Dienststellen