An das

Bundesministerium für Wirtschaft und Arbeit

Abteilung I/7

 

z.H. Herrn Dr. Walter Malousek

 

Stubenring 1

1011 Wien

 

 

 

vorab per email: post@I7.bmwa.gv.at

 

 

Betr.:       Entwurf eines Bundesgesetzes, mit dem die

Gewerbeordnung 1994 geändert wird;

GZ BMWA-30.680/0002-I/7/2007

 

 

Wien, am 25. Juli 2007

 

Sehr geehrter Herr Dr. Malousek!

 

Der Handelsverband bedankt sich für die Übersendung des im Betreff genannten Entwurfs und beehrt sich, wie folgt Stellung zu nehmen.

 

Diese Stellungnahme geht unter einem dem Parlament per email: begutachtungsverfahren@parlament.gv.at zu.

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Handelsverband

 

 

 

 

Dr. Stefan Mumelter

Geschäftsführer

 

 


Der Handelsverband dankt für die Übersendung des Entwurfs eines Bundesgesetzes, mit dem die Gewerbeordnung 1994 geändert wird und schlägt folgende Änderungen zum gegenständlichen Gesetzesentwurf vor, welche die GewO 1994 idF BGBl. I Nr. 161/2006 wie folgt abändern:

 

Aufsuchen von Privatpersonen

 


Geltende Version

 

§ 57. (1) Das Aufsuchen von Privatpersonen zum Zwecke des Sammelns von Bestellungen auf Waren ist hinsichtlich des Vertriebes von Nahrungsergänzungsmitteln, Giften, Arzneimitteln, Heilbehelfen, Uhren aus Edelmetall, Gold-, Silber- und Platinwaren, Juwelen und Edelsteinen, Waffen und Munition, pyrotechnischen Artikeln, kosmetischen Mitteln, Grabsteinen und Grabdenkmälern und deren Zubehör sowie Kränzen und sonstigem Gräberschmuck verboten.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Vorgeschlagene Version

 

§ 57. (1) Das Aufsuchen von Privatpersonen zum Zwecke des Sammelns von Bestellungen auf Waren ist hinsichtlich des Vertriebes von Nahrungsergänzungsmitteln, Giften, Arzneimitteln, Heilbehelfen, Uhren aus Edelmetall, Gold-, Silber- und Platinwaren, Juwelen und Edelsteinen, Waffen und Munition, pyrotechnischen Artikeln, kosmetischen Mitteln, Grabsteinen und Grabdenkmälern und deren Zubehör sowie Kränzen und sonstigem Gräberschmuck verboten.

 

Begründung:

 

Diese Bestimmung hat konsumenten­schützerischen Hintergrund. Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH[1] ist das dem Konsumentenschutz zugrunde zu legende Konsumentenbild das des mündigen Konsumenten.

Der Gerichtshof spricht vom “normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher”.

 


 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 


Dieses Bild ist auch den hier abzuändernden Bestimmungen der GewO – mit Rücksichtnahme auf die Besonderheit der Verkaufssituation im Direktvertrieb – zu Grunde zu legen.

Außer in den seltenen Fällen, in denen das Verbot des Direktverkaufes aus Gründen der öffentlichen Ordnung und Sicherheit berechtigt ist (z.B. haben wir zweifellos keinen Einwand zum Verbot im § 57 (1) GewO hinsichtlich der Waffen und der Munition), setzen Produktverbote unverhältnismäßige protektionistische Maßnahmen fest, die den Handel ohne Rechtfertigung hindern und daher gemeinschaftsrechtswidrig sind. Es ist zum Beispiel nicht verständlich, warum § 57 GewO den Direktverkauf von Kosmetik, Nahrungsergänzungsmitteln oder von Schmucksachen aus Silber verbietet.

Es gibt keine zwingenden Anforderung, die das Produktverbot hier einem prüfenden Blick auf § 57 (1) GewO standhalten würden.

Insbesondere sind solche Verbote nicht gerechtfertigt für den Verkauf von Silberschmuck und ähnlichen Waren.

Wenn der Verbraucher durch einen Direktverkäufer angesprochen wird, kann man annehmen, dass er über allgemeines Wissen um den Wert des Silbers und seiner Eigenschaften und die Eigenschaften und Werthaltigkeit von Silberschmuck verfügt. Dies gilt für den durchschnittlich umsichtigen Verbraucher sowie für den, der sich leichter einem Fremdeinfluss aussetzt (dem, unter anderen Umständen, so könnte argumentiert werden, spezieller Schutz zukommen solle).

Außerdem ist Silberschmuck ein Produkt, das in der Gesamtbevölkerung nunmehr weithin bekannt ist und jetzt beträchtlich preiswerter ist als zu der Zeit, als Verbote zuerst durch staatliche Behörden auferlegt wurden. Das senkt die Kaufschranken für den Verbraucher beträchtlich. Folglich ist selbst dann, wenn der Verbraucher durch einen Direktverkäufer überrascht wird, der den Erwerb des Silbers in einer Direktverkaufsituation vorschlägt, dieser Verbraucher durch die im Allgemeinen anwendbaren Richtlinien für den Direktverkauf genügend ausgerüstet, um seine Interessen zu schützen.

Ausreichende Verbraucherinformationen über die Produkte, die aus Edelmetallen, aus Steinen oder von anderen Materialien hergestellt werden, sind in der Lage, die Interessen des Verbrauchers zu schützen, ohne den innergemeinschaftlichen Handel zu behindern. Verbraucher sind außerdem in der Lage, ausreichend informierte Entscheidungen

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Hinsichtlich dieser Waren sind auch in Privathaushalten stattfindende Werbeveranstaltungen einschließlich Werbe- und Beratungspartys, die sich an Privatpersonen richten, verboten, gleichgültig, ob die Werbeveranstaltung von Gewerbetreibenden selbst oder von jemand anderem organisiert wird

 


über Erwerbe der Artikel zu treffen, die aus Edelmetallen hergestellt werden, die auf den allgemeinen technischen und Produkt-Informationen basieren.

Im Licht des Urteils des EuGH vom 8. Juli 2004 (C-166/03), Kommission gegen Frankreich erscheint ein Verweis auf den Edelmetallgehalt bei Gold als ausreichend, um Konsumenteninteressen im Handel mit Edelmetallen zu schützen.

Da österreichische Verbraucher ausreichende Informationen und Erfahrungen über Silberprodukte und Kosmetika haben und somit dem Bild des „mündigen Verbrauchers“ entsprechen wie es der EuGH in ständiger Rechtsprechung entwickelt hat, erscheinen überzogene Schutznahmen wie ein Verbot des Direktvertriebs dieser Waren im § 57 (1) GewO als unverhältnismäßig.

Gerade der Handel mit Silberwaren bzw. kosmetischen Mitteln und Nahrungs­ergänzungs­mitteln ist heute weit verbreitet sowie an vielen Verkaufsstellen möglich und erlaubt, wo ein viel niedrigeres Beratungsniveau gegeben ist als im Direktvertrieb. Ein Verbot des Handels dieser Waren im Direktvertrieb ist daher weder ordnungs- noch konsumentenpolitisch vertretbar.

 

 

Hinsichtlich dieser Waren sind auch in Privathaushalten stattfindende Werbeveranstaltungen einschließlich Werbe- und Beratungspartys, die sich an Privatpersonen richten, verboten, gleichgültig, ob die Werbeveranstaltung von Gewerbetreibenden selbst oder von jemand anderem organisiert wird

 

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Geltende Version

 

Weiters verboten ist das Aufsuchen von Privatpersonen, wenn hiebei in irgendeiner Form der Eindruck erweckt wird, daß das für die bestellten Waren geforderte Entgelt zumindest zum Teil gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken zugute kommt.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

(2) Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat, wenn es Gründe der öffentlichen Sicherheit erfordern, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres, wenn es Gründe der Volksgesundheit oder des Konsumentenschutzes erfordern, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz, wenn es Gründe des Jugendschutzes erfordern, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie, oder wenn es - neben den Fällen des Abs. 1 - wegen der besonderen Gefahr einer Irreführung oder Benachteiligung der Bevölkerung erforderlich ist, mit Verordnung auch weitere Waren zu bezeichnen, hinsichtlich derer das Aufsuchen von Privatpersonen jedenfalls verboten ist. Für in einer solchen Verordnung bezeichnete Waren gilt auch das im Abs. 1 festgelegte Verbot von Werbeveranstaltungen.

 

 


Vorgeschlagene Version

 

Weiters verboten ist das Aufsuchen von Privatpersonen, wenn hiebei in irgendeiner Form der Eindruck erweckt wird, daß das für die bestellten Waren geforderte Entgelt zumindest zum Teil gemeinnützigen, mildtätigen oder kirchlichen Zwecken zugute kommt.

 

Begründung:

 

Diese Bestimmung ist zu streichen, weil sie systemwidrig ist: Diente sie lauterkeitsrechtlichen Zwecken ist der Schutzzweck der Norm bereits in den Bestimmungen des Gesetzes über den unlauteren Wettbewerb verwirklicht und wird dort wirksam umgesetzt. Auch sonstige zu vermutende Normzwecke sind mit gewerberechtlichen Mitteln kaum zu verfolgen.

 

 

(2) Der Bundesminister für wirtschaftliche Angelegenheiten hat, wenn es Gründe der öffentlichen Sicherheit erfordern, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Inneres, wenn es Gründe der Volksgesundheit oder des Konsumentenschutzes erfordern, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Gesundheit, Sport und Konsumentenschutz, wenn es Gründe des Jugendschutzes erfordern, im Einvernehmen mit dem Bundesminister für Umwelt, Jugend und Familie, oder wenn es - neben den Fällen des Abs. 1 - wegen der besonderen Gefahr einer Irreführung oder Benachteiligung der Bevölkerung erforderlich ist, mit Verordnung auch weitere Waren zu bezeichnen, hinsichtlich derer das Aufsuchen von Privatpersonen jedenfalls verboten ist. Für in einer solchen Verordnung bezeichnete Waren gilt auch das im Abs. 1 festgelegte Verbot von Werbeveranstaltungen.

 


Geltende Version

 

(3) Hinsichtlich anderer Waren ist das Aufsuchen von Privatpersonen zum Zwecke des Sammelns von Bestellungen den Gewerbetreibenden, die zum Verkauf dieser Waren berechtigt sind, und ihren Bevollmächtigten (Handlungsreisenden) innerhalb des Verwaltungsbezirkes, zu dem die Gemeinde des Standortes gehört, gestattet, hingegen außerhalb des Verwaltungsbezirkes, zu dem die Gemeinde des Standortes gehört, nur in einzelnen Fällen auf ausdrückliche, schriftliche, auf bestimmte Waren lautende, an den Gewerbetreibenden gerichtete Aufforderung gestattet.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Es ist dem Gewerbetreibenden nicht gestattet, die Aufforderung durch Versendung vorgedruckter Aufforderungsschreiben auf andere Art als im Postweg herbeizuführen; es ist verboten, sie mit Preisausschreiben oder ähnlichen Veranstaltungen zu verbinden. Das Aufforderungsschreiben muß von der Person, die aufgesucht werden will, eigenhändig unterfertigt und dem Gewerbetreibenden im Postweg zugekommen sein. Der Gewerbetreibende oder sein Bevollmächtigter (Handlungsreisender) muß dieses Aufforderungsschreiben beim Aufsuchen von Bestellungen bei dieser Person mitführen.


Vorgeschlagene Version

 

(3) Hinsichtlich anderer Waren ist das Aufsuchen von Privatpersonen zum Zwecke des Sammelns von Bestellungen den Gewerbetreibenden, die zum Verkauf dieser Waren berechtigt sind, und ihren Bevollmächtigten (Handlungsreisenden) innerhalb des Verwaltungsbezirkes, zu dem die Gemeinde des Standortes gehört, gestattet, hingegen außerhalb des Verwaltungsbezirkes, zu dem die Gemeinde des Standortes gehört, nur in einzelnen Fällen auf ausdrückliche, schriftliche, auf bestimmte Waren lautende, an den Gewerbetreibenden gerichtete Aufforderung gestattet.

 

Begründung:

 

Der zweite Halbsatz ist zu streichen. Sie stammt – leicht modifiziert - noch aus dem vazierenden Haustürhandel und entspricht schon jahrzehntelang nicht mehr den rechtlichen und faktischen Gegebenheiten des modernen Direktvertriebs. Die Mitgliedsunternehmen des Handelsverbands Plattform Direktvertrieb und ihre Vertriebspartner sind alle längst europa- und weltweit tätig. Die Reglementierung einer „verwaltungsbezirksübergreifenden Tätigkeit“ erscheint als nicht mehr zeitgemäß.

 

Es ist dem Gewerbetreibenden nicht gestattet, die Aufforderung durch Versendung vorgedruckter Aufforderungsschreiben auf andere Art als im Postweg herbeizuführen; es ist verboten, sie mit Preisausschreiben oder ähnlichen Veranstaltungen zu verbinden. Das Aufforderungsschreiben muß von der Person, die aufgesucht werden will, eigenhändig unterfertigt und dem Gewerbetreibenden im Postweg zugekommen sein. Der Gewerbetreibende oder sein Bevollmächtigter (Handlungsreisender) muß dieses Aufforderungsschreiben beim Aufsuchen von Bestellungen bei dieser Person mitführen.


Geltende Version

 

Die Gewerbetreibenden und die Bevollmächtigten müssen amtliche Legitimationen (§ 62) mit sich führen und

diese auf Verlangen der behördlichen Organe vorweisen.

 

(4) § 55 Abs. 2 findet sinngemäß Anwendung.


Vorgeschlagene Version

 

Die Gewerbetreibenden und die Bevollmächtigten müssen amtliche Legitimationen (§ 62) mit sich führen und diese auf Verlangen der behördlichen Organe vorweisen.

 

(4) § 55 Abs. 2 findet sinngemäß Anwendung.

 

Begründung:

 

Notwendige Rechtsbereinigung in Folge der Gewerberechtsnovelle BGBl 2002 I/111, mit der dem § 55 GewO formell derogiert wurde

 

 


 

 

 

Mit freundlichen Grüßen

 

 

Handelsverband

 

 

 

Dr. Stefan Mumelter

Geschäftsführer



[1] Rs C-329/02 P, Urteil des Gerichtshofes (Zweite Kammer) vom 16. September 2004, SAT.1/HABM, Slg. 2004 Seite I-08317

„Sind die Waren oder Dienstleistungen, auf die sich die Anmeldung bezieht, für alle Verbraucher bestimmt, so ist davon auszugehen, dass das maßgebliche Publikum die normal informierten und angemessen aufmerksamen und verständigen Durchschnittsverbraucher sind.“ (Rz 24)

Jüngst auch in:

Rs T-12/04, Urteil des Gerichts (Zweite Kammer) vom 30. November 2005, „Almdudler-Limonade“ A. & S. Klein/HABM